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eingetragen von Sigmar Salzburg am 02.12.2010 um 06.11
Die Deutschen auf der Suche nach Orientierung: Der ''Routenplaner'' ist der meistgesuchte Begriff - Lena die meistgesuchte deutsche Person des Jahres 2010
München (ots) - Yahoo! Deutschland präsentiert die Suchtrends des Jahres 2010
… Bleibt alles anders - und falsch. Wie buchstabiert man das? Hier muss der Vorjahres-Siegerverschreiber, die bei Schnäppchenjägern beliebte Kaffeekette "Tschibo", ihren ersten Platz an "Googl" abgeben. Ob die Sucher auf "Yutube" (Platz 3) und "Ebey"(Platz 4) fündig wurden, sei dahingestellt. Ebenso, ob man bei "Fecbook" seine Freunde wirklich traf. Und dass uns eine weitere Rechtschreibreform zu drohen scheint, zeigt der neuerdings beliebte Umlaut "ie": So suchte man bei Yahoo! nach "StudieVZ" (Platz 6), "Suchmaschienen" (Platz 9) und "Bundesliega" (Platz 10)…
finanznachrichten.de 1.12.2010
eingetragen von Christian F. Langewische am 08.10.2004 um 15.10
Wenn ein edles und vernünftiges Ansinnen wie die Rückkehr zur bewährten Schreibung angeblich in einem Nobelrestaurant ausgedacht wurde, dann möchte ich nicht wissen, in welcher üblen und zwielichtigen Spelunke so ein geradezu kriminelles Unterfangen wie die Rechtschreibreform erfunden wurde... ;-)
Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Ruth Salber-Buchmüller
Wowereit glaubte auch zu wittern, daß einige
Chefredakteure sich das(eben die Rückkehr) in einem
NOBELRESTAURANT ausgedacht haben.
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Christian F. Langewische
eingetragen von Matthias Dräger am 08.10.2004 um 04.40
Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Ruth Salber-Buchmüller
Wowereit glaubte auch zu wittern, daß einige
Chefredakteure sich das(eben die Rückkehr) in einem
NOBELRESTAURANT ausgedacht haben.
Ach ja, da sind wir mittlerweile beim Argumentationsniveau angekommen? Haben sich Chefredakteure Wowereit (SPD) zuliebe höchstens noch im Wiener-Wald-Restaurant zu treffen?
Wann merken die vernünftigen Leute endlich, daß wir mit der Rechtschreibreform auch den Industriestandort Deutschland beschädigen?
Nach einer Untersuchung im Auftrag der Bertelsmann-Stiftung hängt Deutschland im Vergleich mit den anderen europäischen Nationen seit dem Jahr 2000 auf Platz 21 (von 21).
Kann man sich das vorstellen? Ich nicht.
eingetragen von Ruth Salber-Buchmüller am 07.10.2004 um 19.10
Wowereit glaubte auch zu wittern, daß einige
Chefredakteure sich das(eben die Rückkehr) in einem
NOBELRESTAURANT ausgedacht haben.
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Ruth Salber-Buchmueller
eingetragen von Norbert Lindenthal am 07.10.2004 um 18.45
Zitat:
Ursprünglich
Donnerstag 7. Oktober 2004, 15:27 Uhr Kinder sollten nicht dafür bestraft werden, dass einige Chefredakteure die neue Rechtschreibung für falsch hielten, erklärte Wowereit.
In unserer Schöpfung gibt es nicht so schnell etwas Leistungsfähigeres als einen fröhlichen Kinderkopf. An Wowereits Stelle würde ich einmal über die große innere Welt von Kindern laut nachdenken und ihrer Zukunft aus dem Weg gehen. Kinder sind es doch, die viele, viele Sprachen nebeneinander verstehen, sie auseinanderhalten und in ihnen navigieren. Kinder sind es, die nach Strafen immer wieder einen Ausweg suchen. Kinder wissen in der Tiefe ihres Bewußtseins, daß sie Wowereit überleben werden und dann auch noch ihre eigenen Ideen für eine lebendige Welt haben werden. Als 14jähriger Klassensprecher sagte ich mal Eltern auf Nachfrage, ohne Noten würden „wir“ gar keine Leistung bringen. Das habe ich mir längst anders überlegt. Verkrümel sich die KMK! Raus aus den grauen Ghettos. Laßt Kinder vorführen, daß sie mit Schloss und schließen ebenso gut zurechtkommen wie mit Schloß und aufgeschlossen.
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Norbert Lindenthal
eingetragen von margel am 07.10.2004 um 18.21
Wowereit, im Tricksen erfahren und vom BVG gerüffelt, setzt den größten Blödsinn in Umlauf. Die Schulkinder dürften nicht dafür bestraft werden, daß einige Chefredakteure die reformierte Schreibung für falsch hielten. Worin besteht diese "Strafe"? Lieber würde er wohl die Chefredakteure bestrafen.- Niedersachsen wird mit Ausschluß aus dem Kreise der Rechtschaffenen gedroht. Das Land müsse darauf gefaßt sein, in Zukunft nur noch Beschlüsse nachzuvollziehen, an deren Zustandekommen es nicht beteiligt war. Wo sollen denn solche Beschlüsse gefaßt werden? In der KMK oder der MPK, beides verfassungsrechtlich inexistente Gebilde? Man fragt sich wirklich, was solch ein sogenannter Spitzenpolitiker über die verfassungsmäßige Ordnung der BRD und ihre Institutionen weiß. Seine höchst lückenhaften Kenntnisse hat er ja schon als Bundesratspräsident in der denkwürdigen Abstimmung über das Zuwanderungsgesetz bewiesen.
eingetragen von Norbert Lindenthal am 07.10.2004 um 13.51
Donnerstag 7. Oktober 2004, 15:27 Uhr
Länder werden Rechtschreibreform nicht kippen
Berlin (AP) Die Bundesländer werden die Rechtschreibreform nicht kippen. Zu Beginn der Ministerpräsidentenkonferenz am Donnerstag in Berlin zeichnete sich ab, dass die Neuerungen lediglich überarbeitet werden. Mehrere Regierungschefs erklärten, ein einheitliches Votum, das zur Aufhebung der Rechtschreibreform notwendig wäre, sei nicht in Sicht. Für Zoff sorgte nach wie vor der Austritt Niedersachsens aus der Kultusministerkonferenz (KMK). Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) verteidigte den Schritt gegen anhaltend scharfe Kritik.
Da ein einstimmiger Beschluss für einen völligen Verzicht auf die Rechtschreibreform nicht zu erwarten ist, dreht sich die Debatte nun um Detailänderungen und darum, ob der 1. August 2005 als Termin zur verbindlichen Einführung der neuen Regeln verschoben wird. Wahrscheinlich wird die nach jahrelanger Diskussion überarbeitete Rechtschreibung noch weitere Korrekturen erfahren.
Der Vorsitzende der Ministerpräsidentenkonferenz, Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD), verwies auf das geschlossene Votum der Kultusministerkonferenz zur Einführung der Reform. Danach seien einige Landeschefs unsicher geworden. «Es gilt das Einstimmigkeitsprinzip. Es wird keinen Beschluss geben zur Aufhebung der Reform», sagte Wowereit in der ARD. Kinder sollten nicht dafür bestraft werden, dass einige Chefredakteure die neue Rechtschreibung für falsch hielten, erklärte Wowereit. «Wir brauchen keine Rolle rückwärts.»
Wulff betonte, er sei ein absoluter Gegner der Reform. Doch sehe er keine Mehrheit, zu den alten Schreibweisen zurückzukehren. Es müsse ernsthaft versucht werden, einen Konsens zu finden und bestimmte Fehldeutungen in der Sprache zu korrigieren, die Kulturgut sei. Der thüringische Regierungschef Dieter Althaus (CDU) unterstrich: «Die KMK muss den Prozess der Begleitung der Rechtschreibreform forcieren». Die Zusammensetzung des dafür eingerichteten «Rates für deutsche Rechtschreibung» müsse zügig geklärt werden. Es dürfe nicht zu einer unterschiedlichen Anwendung von Schriftsprache in Schule und Medien kommen.
Mit dem Austritt Niedersachsens aus der KMK spiele Wulff ein gefährliches Spiel, sagte Wowereit im Berliner Inforadio. Das Land riskiere, von Entscheidungen ausgeschlossen zu werden. «Dann ist Niedersachsen raus aus der Debatte und kann nur nachvollziehen, was die anderen beschlossen haben.» Auch aus den eigenen Reihen erntete Wulff weiter Kritik. Die baden-württembergische Kultusministerin Annette Schavan (CDU) warf ihm «schlagzeilenträchtige Politik» vor, die «in der Sache überhaupt nicht nützlich ist». Wulff blieb bei seiner Kritik an der KMK.
Die Ministerpräsidenten entscheiden zudem über die Erhöhung der Rundfunkgebühren. Das Votum wird am Freitag erwartet. Die Gebühren sollen einem Kompromissvorschlag von sechs Bundesländern ab April 2005 um 86 Cent monatlich steigen, was ARD und ZDF zu wenig ist. Die unabhängige Gebührenkommission hatte eine Erhöhung um 1,09 Euro vorgeschlagen. Es wäre das erste Mal, dass die Ministerpräsidenten der Vorgabe nicht folgten.
Er halte den Kompromiss der Gruppe der Ministerpräsidenten für umsetzbar, sagte Althaus. «Ich vermute, dass die 86-Cent-Lösung eine Mehrheit findet.» Es seien noch kleinere Fragen zu klären, darunter die geringeren Gebühren für Hotels. Wichtig sei angesichts des allgemeinen Sparzwangs in Deutschland, dass auch die Rundfunkanstalten kürzungspotential nutzten.
eingetragen von Norbert Lindenthal am 06.10.2004 um 20.54
Mittwoch 6. Oktober 2004, 21:00 Uhr
Länderchefs beraten über Rechtschreibreform und Rundfunkgebühr Nachtvorschau
Berlin (AP) Die Ministerpräsidenten der Bundesländer treffen sich am (morgigen) Donnerstag (14.00 Uhr) in Berlin, um sich über den Stand der Föderalismusdebatte zu informieren und über die Rechtschreibreform zu beraten. Die Länder sind sich noch uneins, ob sie an der neuen Rechtschreibung festhalten, die Reform modifizieren oder zur alten Norm zurückkehren wollen. Zuvor hatte Niedersachsen das Länder-Abkommen über die Kultusministerkonferenz aufgekündigt. Eine Entscheidung der Länderchefs über eine Erhöhung der Rundfunkgebühren wird erst am Freitag erwartet.
Zur Abstimmung steht ein Kompromissvorschlag der Rundfunkkommission, nach dem die Bürger ab April 2005 monatlich 86 Cent mehr für Fernsehen und Radio zahlen sollen. Eine solche Anhebung bliebe unter der Empfehlung der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten (Kef), die eine Erhöhung um 1,09 Euro vorgeschlagen hatte.
Als Gastgeber hat Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit den jährlich wechselnden Vorsitz über die Ministerpräsidentenkonferenz übernommen.
eingetragen von Norbert Lindenthal am 06.10.2004 um 10.11
Mittwoch 6. Oktober 2004, 09:00 Uhr
Wie das Ungeheuer von Loch Ness
Frankfurt/Main (AP) Am Dienstag schritt der niedersächsische Ministerpräsident Christian Wulff zur kurz zuvor angekündigten Tat: In Hannover kündigte der CDU-Politiker das Länder-Abkommen zur Kultusministerkonferenz. Bei einem weiteren Herzensanliegen steckte Wulff inzwischen zurück: Er kämpft nicht länger für eine vollständige Rücknahme der umstrittenen Rechtschreibreform, sondern setzt auf Kompromisse. Ausschlaggebend dafür dürften die geringen Erfolgschancen seines ursprünglichen Wunsches sein, mit dem er sich im Kreise seiner Kollegen stets in einer kleinen Minderheit befand.
Seit Jahren taucht das Thema Rechtschreibreform wie das Ungeheuer von Loch Ness immer wieder aus der Versenkung auf - vor allem im so genannten Sommerloch, das Gegner der Reform immer wieder nutzen, um auf ihr Anliegen aufmerksam zu machen. In diesem Jahr waren sie dank einer Medien-Offensive der bisher nicht gerade als Allianz aufgetretenen Verlage Axel Springer und Spiegel erfolgreicher als in den Jahren zuvor: Wie ein Paukenschlag krachte deren Ankündigung, zur alten Rechtschreibung zurückzukehren, Anfang August in die nachrichtenarme Zeit. So sah sich die Politik gezwungen, die Reform wieder auf die Tagesordnung zu setzen.
Erst Anfang Juni hatte die Kultusministerkonferenz einstimmig - also auch mit Zustimmung Niedersachsens - beschlossen, dass die bereits seit sechs Jahren angewandten neuen Regeln ab August 2005 verbindlich werden - wenn auch nur in Schule und Verwaltung, ansonsten kann auch weiterhin jeder schreiben, wie er will.
Diese Entscheidung hätte eigentlich einen Schlusspunkt unter die jahrelange Diskussion um die Reform setzen sollen, in deren Verlauf es Volksbegehren und -entscheide gegeben und die sogar das Bundesverfassungsgericht beschäftigt hatte. Nachdem es im Sommer 2000 mit der Rückkehr der «Frankfurter Allgemeinen Zeitung» zur alten Rechtschreibung nochmals eine größere Diskussion gegeben hatte, war es seither eher ruhig um die neuen Regeln geworden - zumindest hatte der weiter brodelnde Protest der Gegner das politische Geschehen und die Öffentlichkeit nicht mehr in größerem Maße bestimmt.
Doch damit war es in diesem Sommer erst einmal vorbei: Der bayerische Regierungschef Edmund Stoiber setzte das Thema Rechtschreibreform auf die Tagesordnung der Ministerpräsidentenkonferenz, die am Donnerstag und Freitag in Berlin tagt. Die Entscheidung der Ministerpräsidenten dürfte die ihrer Kultusminister vorwegnehmen, die eine Woche später im Saarland tagen und auf Antrag des Saarlandes ebenfalls erneut über die Reform beraten.
Dass Bayern und das Saarland für die Tagesordnungspunkte Rechtschreibreform bei beiden Konferenzen sorgten, liegt daran, dass diese beiden Länder als einzige mehr oder weniger offen Wulffs Vorstoß unterstützten. Auch die Ministerpräsidenten von Sachsen-Anhalt und Baden-Württemberg äußerten zaghaft Sympathie, ansonsten sprachen sich die Länder mit Verweis auf die Kosten und die Schüler, die seit Jahren nach den neuen Regeln schreiben, deutlich gegen eine Rücknahme der Reform aus.
Dem Vernehmen nach haben sich nun auch bereits die Chefs der Staatskanzleien bei einem Treffen für ein Festhalten an der Rechtschreibreform ausgesprochen. Offenbar sind weiterhin nur Niedersachsen, Bayern und das Saarland gegen ein In-Kraft-Treten der Reform in ihrer derzeitigen Form - wobei allerdings auch das Saarland und Bayern bereits von Kompromissen sprachen, die gefunden werden müssten.
Somit zeichnet sich vor den beiden wichtigen Konferenzen ab, dass die zuständigen Politiker an der Reform festhalten werden - wie weit diese dann noch modifiziert wird, bleibt abzuwarten. Bereits im Juni hat die Kultusministerkonferenz zur «Weiterentwicklung der Rechtschreibung» die Einrichtung eines «Rats für deutsche Rechtschreibung» beschlossen, der die für die Reform zuständige Zwischenstaatliche Kommission ablösen soll und in dem auch Kritiker der Reform sitzen sollen.
Doch diese geben sich damit nicht zufrieden: Der Rat sei nur eine Fortsetzung der Kommission und werde zu keiner zufrieden stellenden Lösung führen, argumentieren sie. Und haben deswegen einen unabhängigen «Rat für deutsche Rechtschreibung» gegründet, in dem nur Kritiker der Reform sitzen. Zudem hat der Axel-Springer-Verlag inzwischen mit der sukzessiven Rückkehr zu den alten Schreibweisen begonnen. Wie auch immer: Der Streit dürfte mit der Ministerpräsidentenkonferenz am Freitag noch nicht zu Ende sein.
eingetragen von Dominik Schumacher am 04.10.2004 um 21.53
Montag 4. Oktober 2004, 19:40 Uhr
Bayern will mehr Gewicht für große Länder in der KMK
Berlin (AP) Bayern wünscht einen nach Bevölkerung gewichteten Einfluss der Bundesländer in der Kultusministerkonferenz. Der bayerische Wissenschaftsminister Thomas Goppel (CSU) sagte der «tageszeitung» (Dienstagausgabe), es sei wichtig, dass im Abstimmungsmodus «künftig die Einwohnerzahl der Länder berücksichtigt wird». Damit würden bevölkerungsreiche Länder wie Bayern und Nordrhein-Westfalen in der KMK ein größeres Stimmrecht erhalten. Goppel begründete seinen Vorstoß damit, dass das Entstehen von «Zufallsmehrheiten» verhindert werden solle.
Die niedersächsische Regierung will am (morgigen) Dienstag die Kündigung der Mitgliedschaft des Landes in der KMK beschließen. Der Zeitung «Die Welt» (Dienstagausgabe) liegt nach eigenen Angaben ein Konzeptpapier für die Beschlussfassung vor, wonach der Schritt zum Ziel hat, «Neuverhandlungen auszulösen und die KMK zu anderen Bedingungen fortzusetzen». Die bisherigen Aktivitäten der KMK zur Selbstreform hätten letztlich zu keinem befriedigenden Ergebnis in Bezug auf Aufgabenkritik und Effizienzsteigerung geführt.
eingetragen von Dominik Schumacher am 04.10.2004 um 05.46
Montag 4. Oktober 2004, 06:58 Uhr
Unideologisch im Kampf gegen Bildungsnotstand (Das AP-Porträt)
Mainz (AP) Bildungspolitiker haben derzeit noch weniger Freunde als sonst. Miserable Noten in internationalen Vergleichstests für deutsche Schüler und Lehrer, Streit um die Rechtschreibreform und jetzt auch noch um die Kultusministerkonferenz (KMK): KMK-Präsidentin Doris Ahnen (SPD) ist um ihren Job nicht zu beneiden.
Ahnen, eine sportlich-zierliche Blondine, mag auf viele Menschen eher wie eine Junglehrerin als wie eine Ministerin wirken. Doch wer der Chefin des rheinland-pfälzischen Bildungsressorts gegenüber sitzt, merkt rasch, dass diese Frau sich nicht die Butter vom Brot nehmen lässt. Mit Tüchtigkeit und Zähigkeit hat die 40-Jährige bislang ihren Weg gemacht, Eigenschaften, die sie in einer nicht immer fair geführten Bildungsdiskussion gut brauchen kann.
Seit rund dreieinhalb Jahren ist Ahnen Bildungsministerin in Mainz. Ministerpräsident Kurt Beck holte die junge Frau im Mai 2001 in sein Kabinett und übergab ihr zugleich das anspruchsvollste Projekt seiner Regierung: Den Aufbau eines flächendeckenden Netzes von rund 300 Ganztagsschulen im Land. Damit war Ahnen für den von Beck versprochenen «Quantensprung in der Bildungspolitik» verantwortlich. 235 Ganztagsschulen gibt es inzwischen in Rheinland-Pfalz. Die letzten 65 sollen im kommenden Jahr entstehen.
«Es geht darum, in dieser Schule intensiveres Lernen und Leben der Kinder zu ermöglichen», betonte die SPD-Politikerin mit Blick auf die Ganztagsschule. Von Anfang an waren die rheinland-pfälzischen Ganztagsschulen nicht als Aufbewahrungsanstalten am Nachmittag konzipiert. Förderangebote, Hausaufgabenbetreuung und Schulprojekte müssen genauso verbindlich stattfinden wie Freizeitangebote etwa von Seiten örtlicher Sportvereine.
Doch Ahnens Gestaltungswille erschöpft sich nicht allein in diesem Großprojekt. Unter ihrer Verantwortung baute das Land zugleich die Hochbegabtenförderung aus. Bis 2006 sollen landesweit drei Internationale Schulen für besonders begabte Kinder entstehen. Zudem startete sie ein Modellprojekt für Hochbegabtenförderung schon in der Grundschule. Fremdsprachenunterricht wird es in Rheinland-Pfalz künftig ab der ersten Klasse geben. «Ein Kind wird nur dann mehr gefördert, wenn es gefordert wird», erklärte die Ministerin kürzlich in einem Interview.
Von alten bildungspolitischen Grabenkämpfen hält sich Ahnen dagegen lieber fern. Als nach der Vorstellung des jüngsten OECD-Bildungsberichts die Debatte um die Gesamtschule wieder einmal aufflammte, hielt Ahnen sich auffällig zurück. Die 40-Jährige ist repräsentativ für eine junge Politikergeneration in der SPD, die nicht mehr ideologisch, sondern nur noch pragmatisch an Probleme heran geht.
Dass sie dennoch das Thema Chancengleichheit nicht aus den Augen verliert, mag auch an der eigenen Vita liegen. Die Tochter eines Vertreters hat früh den Vater verloren. Die Mutter musste als Schuhverkäuferin in Trier vier Töchter durchbringen. Doris Ahnen war die erste in der Familie, die das Abitur ablegte. Auch wenn sie keine eigenen Kinder hat, sind ihr die Nöte einer berufstätigen Mutter bestens vertraut.
Nach dem Studium wurde sie 1990 persönliche Referentin des damaligen Mainzer Unipräsidenten Jürgen Zöllner, ihr vielleicht größter Glücksfall im Leben. Denn ein Jahr später wurde Zöllner Wissenschaftsminister in Rheinland-Pfalz und Ahnen zunächst Leiterin des Ministerbüros, fünf Jahre später Staatssekretärin. Viele Beobachter gehen davon aus, dass der Posten der Bildungsministerin nicht der Endpunkt von Ahnens Karriere sein wird.
In den vergangenen Monaten wurde sie immer mal wieder für einen Posten auf Bundesebene gehandelt, mal als mögliche Familienministerin, mal als Nachfolgerin von Bundesbildungsministerin Edelgard Bulmahn (SPD). Aufstiegspotenzial gibt es aber auch in Rheinland-Pfalz. Die Landes-SPD machte Ahnen im vergangenen März zur Parteivize und damit zur Stellvertreterin von Kurt Beck, ein kleiner Hinweis auf das, was ihr auch die rheinland-pfälzischen Genossen zutrauen.
eingetragen von Dominik Schumacher am 03.10.2004 um 12.44
Sonntag 3. Oktober 2004, 13:04 Uhr
«BamS» wieder in alter Rechtschreibung
Hamburg (AP) Der Axel Springer Verlag ist zu den alten Rechtschreibregeln zurückgekehrt. Als erstes Blatt erschien die «Bild am Sonntag» in der alten Schreibweise. «Wir sind alles andere als dickköpfig, denn wir korrigieren eine frühere Entscheidung», schrieb «BamS»-Chefredakteur Claus Strunz. Er antwortete damit auf einen Brief, in dem eine Leserin die Entscheidung kritisierte. Die neuen Regeln hätten Chaos und Unsicherheit ausgelöst, fügte Strunz hinzu.
Mit den alten Regeln schreiben «BamS»-Redakteure wieder «Abschluß» statt «Abschluss», «Spaghetti» statt «Spagetti» und «recht haben» statt «Recht haben». Am (morgigen) Montag sollen «Bild»-Zeitung, «Welt» und alle weiteren Tageszeitungen des Verlages folgen, am 10. Oktober «Welt am Sonntag» und «B.Z. am Sonntag». Axel Springer hatte die neuen Regeln vor fünf Jahren eingeführt.
Bei der «Süddeutschen Zeitung» und dem «Spiegel», die ebenfalls eine Umstellung auf die alte Rechtschreibung angekündigt hatten, steht noch kein Termin für eine Umstellung fest. Die «Frankfurter Allgemeine» war bereits vor vier Jahren von den neuen Regeln wieder abgerückt.
Vom Donnerstag an werden sich die Ministerpräsidenten der Länder auf einer Konferenz in Berlin unter anderem mit der Rechtschreibreform befassen. Bislang ist vorgesehen, die neuen Regeln vom 1. August 2005 an als verbindlich zu erklären. Mehrere unionsregierte Bundesländer wollen die Reform aber kippen.
eingetragen von Dominik Schumacher am 02.10.2004 um 12.55
Samstag 2. Oktober 2004, 13:31 Uhr
Merkel lobt Wulffs KMK-Vorstoß
Berlin/Oldenburg (AP) Die CDU-Bundesvorsitzende Angela Merkel hat den Vorstoß des niedersächsischen Ministerpräsidenten Christian Wulff gegen die Kultusministerkonferenz (KMK) in ihrer bisherigen Form ausdrücklich begrüßt. «Die KMK hat in den letzten Jahren erhebliche Fortschritte erreicht, aber durch die Initiative von Niedersachsen kann man diesen Prozess noch beschleunigen», sagte Merkel der «Welt am Sonntag» nach einem Vorabbericht zum Vorhaben ihres Parteifreundes.
Wulff selbst kündigte derweil an, am Dienstag das Abkommen zur KMK zu kündigen. An diesem Tag werde man im Kabinett die Vertragskündigung aussprechen und den anderen 15 Ländern mitteilen, sagte der CDU-Politiker der «Nordwest-Zeitung» (Samstagausgabe). Nach der Kündigung werde es Verhandlungen über eine Reform des Ländergremiums geben. «Wir werden uns verständigen, aber nicht zu den bisherigen Bedingungen», sagte Wulff. «Die Aufgeregtheit, dass der Untergang des Föderalismus anstehe, gehört ins Neandertal. Die Keule rauszuholen, passt nicht in eine zivilisierte Gesellschaft.»
Der nordrhein-westfälische SPD-Fraktionsvorsitzende Edgar Moron wandte sich gegen eine Auflösung der KMK. Eine «Modernisierung und eine effektivere Struktur» des Gremiums sei aber bedenkenswert, sagte er der «Welt am Sonntag». Zugleich kündigte Moron eine bildungspolitische Offensive seiner Partei noch vor der Landtagswahl im Mai 2005. Nordrhein-Westfalen wolle Vorreiter werden für den Versuch,zuerst allein stehenden Müttern oder Vätern Betreuungsplätze für Kinder vom ersten Lebensjahr an anzubieten. Um den Dauerstreit um Bildungsreformen zu beenden, hält Moron eine «Allparteienkoalition wie bei den Sozialreformen» für erstrebenswert. Dabei könne ein Appell nützen: «Ein Wort des Bundespräsidenten zur Bildungspolitik - und das Hickhack und die Scheindebatten könnten schnell ein Ende finden.»
eingetragen von Dominik Schumacher am 01.10.2004 um 19.15
Freitag 1. Oktober 2004, 17:45 Uhr
Springer-Zeitungen kehren zur alten Rechtschreibung zurück
Berlin (ddp). Rund zwei Monate nach ihrer Ankündigung kehren die Zeitungen des Verlags Axel Springer ab Sonntag zur alten Rechtschreibung zurück. Den Anfang macht nach Angaben der Axel Springer AG die «Bild am Sonntag» am Tag der Deutschen Einheit. Die Tageszeitungen «Bild», «Die Welt», «Hamburger Abendblatt», «Berliner Morgenpost» sowie «B.Z.» seien am Montag auf die «klassische Rechtschreibung» umgestellt. Die Sonntagstitel «Welt am Sonntag» und «B.Z. am Sonntag» folgten am 10. Oktober. Die Zeitschriften würden sukzessive umgestellt.
Der «Spiegel»-Verlag und die Axel Springer AG hatten am 6. August gemeinsam angekündigt, in allen Print- und Online-Publikationen schnellstmöglich zu den alten Regeln zurückkehren zu wollen. Der «Spiegel» hat hierfür aber noch keinen Termin, wie ein Sprecher des Magazins am Freitag auf ddp-Anfrage sagte. Man sei noch in der Diskussion.
Auch die «Süddeutsche Zeitung» hatte angekündigt, mit der neuen Rechtschreibung «definitiv nicht so weitermachen zu wollen». An diesem Stand habe sich nichts Wesentliches geändert, sagte der Sprecher des Süddeutschen Verlages, Sebastian Berger. Man wolle nun beobachten, was bei den politischen Entscheidungen der Kultusminister und der Ministerpräsidenten herauskomme. Dann werde die Zeitung versuchen, «mit möglichst vielen Partnern einen Konsens zu finden», betonte Berger. Es werde aber auf alle Fälle auf eine «modifizierte neue Rechtschreibung hinauslaufen». Einen konkreten Entscheidungstermin gebe es aber noch nicht. Das Thema wird die Ministerpräsidenten und die Kultusminister noch im Oktober beschäftigen.
eingetragen von DS am 26.09.2004 um 12.06
Sonntag 26. September 2004, 13:44 Uhr
Weitere Konfusion im Tauziehen um Bildungspolitik
Frankfurt/Main (AP) Es war der FDP-Politiker Jürgen Möllemann, der einst ein Bild für die Kultusministerkonferenz prägte: Diese arbeite gelegentlich mit dem «Tempo einer Griechischen Landschildkröte», hatte der gelernte Lehrer einmal gesagt. Auch FDP-Chef Guido Westerwelle bezeichnet die «schnarchnasige KMK» gerne als «Bremser-Gremium», ihre Abschaffung steht im FDP-Parteiprogramm. Immer wieder gibt es Kritik an dem Gremium, die vom Streit um die Rechtschreibreform noch forciert wurde. Die nun angedrohte Auflösung der KMK sorgt aber im Tauziehen zwischen Bund und Ländern um die Bildungspolitik für zusätzliche Konfusion.
Der Anstoß zur Auflösung der Kultusministerkonferenz in ihrer jetzigen Form mit dem Ziel einer Reform kam am Wochenende vom niedersächsischen Ministerpräsidenten Christian Wulff. Der CDU-Politiker steht mit dem Gremium seit einiger Zeit auf Kriegsfuß: «Ich bin fassungslos, in welcher Art und Weise die KMK jeden Versuch bekämpft, zu einer Korrektur der missratenen Rechtschreibreform zum kommen. Das ist an Borniertheit und Abgehobenheit nicht mehr zu überbieten», sagte Wulff vor einer Woche und erklärte, «ganz unabhängig vom Ringen um die Rechtschreibreform» denke er über einen Ausstieg aus der KMK nach.
Der niedersächsische SPD-Landesvorsitzende Wolfgang Jüttner verspottet nun den eine Woche später tatsächlich angekündigten Ausstieg als Trotzreaktion Wulffs «nach seiner schweren persönlichen Niederlage bei der Rechtschreibreform». Schließlich hätten die Staatskanzleichefs bei ihrem Treffen am letzten Freitag gegen Wulffs Willen beschlossen, an der Rechtschreibreform festzuhalten - was als Vorlage für die Ministerpräsidentenkonferenz am 6. Oktober gilt, die wiederum die Entscheidung der KMK zur Rechtschreibreform am 15. Oktober bestimmen wird.
Doch ganz unabhängig davon, was Wulffs Gründe für seine Kritik an dem Gremium sind - sein Vorhaben sorgt für komplettes Chaos im ohnehin angespannten Verhältnis zwischen Bund und Ländern in Bildungsfragen. So sagt Wulffs thüringischer CDU-Kollege Dieter Althaus, es sei unklar, was Niedersachsen mit diesem Schritt erreichen wolle. Die Länder bräuchten ein Gremium zur Abstimmung in Bildungsfragen, sonst werde der Bund immer mehr Kompetenzen übernehmen. Die hessische Kultusministerin Karin Wolff spricht von einem «Schuss vor den Bug des Föderalismus» und wirft ihrem Parteifreund Wulff Fahrlässigkeit vor.
Denn eigentlich versuchen die Länder momentan im zaghaften Reformprozess nach dem Pisa-Schock, ihre Bildungskompetenzen gegen den Bund zu verteidigen. Auch Bundesbildungsministerin Edelgard Bulmahn (SPD) stellt die KMK grundsätzlich in Frage und sieht diese als ungeeignet an, «zeitgerecht wichtige Weichenstellungen zu leisten».
Während Bulmahn versucht, die Zuständigkeit des Bundes bei Bildungsfragen auszubauen, bemühen sich die Länder um das Gegenteil: Mit einer Klage gegen Bulmahns Junior-Professur wegen Kompetenzüberschreitung waren einige unionsgeführte Länder erfolgreich, der baden-württembergische Ministerpräsident Erwin Teufel will gar das Hochschulrahmengesetz abschaffen und die alleinige Verantwortung der Bundesländer für den Hochschulbereich.
Unverständnis über Wulffs Absichten herrscht auch bei der KMK selbst: Niedersachsen habe in der Vergangenheit keinerlei Kritik geäußert und alle Beschlüsse mitgetragen, sagt KMK-Generalsekretär Erich Thies. Unklar sei vor allem, ob sich Wulffs Kritik gegen die Kultusministerkonferenz allgemein oder gegen das Sekretariat richte. In beiden Fällen gebe es allerdings keinen Staatsvertrag, der gekündigt werden könne, betont Thies.
Zum Vorwurf Wulffs, die Kultusministerkonferenz sei immer bürokratischer und teuer geworden, er wolle einen Teil der 2,5 Millionen Euro, die Niedersachsen jährlich dafür zahle, lieber in Schulen investieren, sagt Thies, Niedersachsen trage etwa zehn Prozent der rund 15 Millionen Euro, mit denen die Länder das Sekretariat finanzieren - also 1,5 Millionen Euro. Über den KMK-Haushalt würden rund 50 Millionen Euro abgewickelt, darunter seien auch Gelder der EU, des Auswärtigen Amtes und der Kulturstiftung der Länder, die das KMK-Sekretariat für zentralisierte Dienstleistungen der Länder verwalte - etwa den Pädagogischen Austauschdienst.
Dieser Dienst organisiere jährlich Austausche mit rund 35.000 Teilnehmern in 90 Staaten der Welt, betont KMK-Präsidentin Doris Ahnen. «Da kann man nicht einfach von Bürokratie sprechen, sondern muss sich umfassend informieren. Dafür stehe ich jederzeit gerne zur Verfügung.»
Frohlockend äußert sich nun die FDP, die ihre alte Forderung in greifbarer Nähe sieht: Man werde nun in den Landesregierungen, an denen die FDP beteiligt sei, darauf dringen, sich dem Vorhaben Niedersachsens anzuschließen, sagt Bildungspolitikerin Ulrike Flach. Die Erfolgsaussichten sind etwa in Rheinland-Pfalz eher gering einzuschätzen: Dort heißt die Bildungsministerin Doris Ahnen.
eingetragen von Fritz Koch am 25.09.2004 um 12.59
Bayern belegt bei der Zulassung zum Studium und zum Staatsdienst in Bayern Abitur- und Staaatexamenszeugnisse aus anderen Bundesländern mit einem Malus (einer Notenverschlechterung) von 0,3 (genauen aktuellen Wert weiß ich nicht). Begründet wird das damit, daß in Bayern der Prozentsatz der Abiturienten und der Staatsexamen viel niedriger sei als in den übrigen Bundesländern.
eingetragen von Norbert Lindenthal am 25.09.2004 um 12.26
Samstag 25. September 2004, 14:03 Uhr
Rechtschreibreform, Zeugnisse und Bildungsstandards
Berlin (AFP) - Die Kultusministerkonferenz (KMK) steht nicht erst seit dem angekündigten Ausstieg des Landes Niedersachsen in der Kritik. In den vergangenen Jahren geriet das Gremium, das für die Koordination der Bildungspolitik in Deutschland zuständig ist, immer wieder unter Beschuss. So rügten Politiker etwa die "Kleinstaaterei" der KMK und forderten mitunter sogar die Abschaffung des Gremiums. AFP nennt im Folgenden die wichtigsten Eckdaten zur KMK:
Die Ständige Konferenz der Kultusminister der Länder ist ein Zusammenschluss der für Bildung und Erziehung, Hochschulen und Forschung sowie kulturelle Angelegenheiten zuständigen Minister und Senatoren der Länder. Die KMK wurde 1948, also noch vor Gründung der Bundesrepublik, ins Leben gerufen. Sie ging aus einer "Konferenz der deutschen Erziehungsminister" hervor, die im Februar 1948 zunächst unter Beteiligung aller damaligen Besatzungszonen entstand. Nachdem den Ministern aus der sowjetischen Zone die weitere Teilnahme verwehrt wurde, konstituierte sich die KMK als ständige Einrichtung der Länder. Nach der Wiedervereinigung traten auch die Vertreter der ostdeutschen Länder im Dezember 1990 der Kultusministerkonferenz bei.
In Deutschland liegt die Kulturhoheit, also die Zuständigkeit für Bildung und Kultur, bei den Ländern. Die KMK sieht ihre Aufgabe deshalb darin, in Belangen von länderübergreifender Bedeutung "das notwendige Maß an Gemeinsamkeit in Bildung, Wissenschaft und Kultur" zu schaffen. Dies betrifft unter anderem die Übereinstimmung oder Vergleichbarkeit von Zeugnissen und Abschlüssen sowie die Sicherung einheitlicher Bildungsstandards.
Drei- bis viermal im Jahr tritt die Kultusministerkonferenz zu Plenarsitzungen auf Ministerebene zusammen. Jedes Land hat eine Stimme. Für Beschlüsse ist Einstimmigkeit der Länder erforderlich. Jedes Jahr wird ein neuer Präsident oder eine Präsidentin gewählt. Derzeit hat die rheinland-pfälzische Bildungsministerin Doris Ahnen (SPD) den Vorsitz.
Unter anderem beschloss die KMK die verbindliche Einführung der neuen Rechtschreibregeln an den Schulen zum 1. August 2005. Nach dem schlechten Abschneiden deutscher Schüler bei der internationalen PISA-Studie vereinbarten die Kultusminister zudem nationale Bildungsstandards für den mittleren Schulabschluss nach der zehnten Klasse in den Fächern Deutsch, Mathematik und die erste Fremdsprache. Die KMK organisiert auch den Pädagogischen Austauschdienst (PAD), der als einzige staatliche Einrichtung für den internationalen Austausch im Schulbereich verantwortlich ist.
eingetragen von margel am 25.09.2004 um 07.55
Vielleicht hatten sie es wirklich nicht geglaubt, die Damen und Herren von der KMK, daß Chr. Wulff ernst machen würde. Seine Geradlinigkeit und sein konsequentes Handeln ehren den niedersächsischen Ministerpräsidenten angesichts so vieler taktisch und parteipolitisch herumeiernder, ignoranter Schwätzer in Sachen Rechtschreibreform. Er hat sich wirklich mit der Materie befaßt, und sein Urteil lautet: Auf den Müll und die KMK gleich mit! Das wird eine Aufregung geben! Wo bleibt nun der schöne Rat für deutsche Rechtschreibung? Und vor allem: Was wird Karin Wolff dazu sagen? "Verantwortungslos" bietet sich schon mal an, auch "Vernichtung von Arbeitsplätzen". - Der unvergessene Kurt Reumann von der FAZ hat schon ganz früh vorausgesehen, daß das Durchzwängen der Reform zum Harakiri der KMK werden könnte. Ein Selbstmordattentat auf die deutsche Sprache.
eingetragen von Norbert Lindenthal am 25.09.2004 um 07.05
Samstag 25. September 2004, 06:30 Uhr
Niedersachsen tritt aus der Kultusministerkonferenz aus
Osnabrück (AP) Niedersachsen wird nach den Worten von Ministerpräsident Christian Wulff aus der Kultusministerkonferenz (KMK) austreten. Wulff sagte der «Neuen Osnabrücker Zeitung» (Samstagausgabe), sein Land werde den Staatsvertrag über das Gremium in den nächsten Wochen kündigen. Die Kündigung bedeutet automatisch das Ende der Kultusministerkonferenz in ihrer bisherigen Form, weil sie sich dann binnen Jahresfrist auflösen muss. Wulff hatte diesen Schritt bereits vor knapp einer Woche angedroht.
Zur Begründung sagte Wulff der Zeitung, viele in der KMK seien überfordert, alten Vorstellungen verhaftet und nicht aufgeschlossen. Mit der Kündigung habe man ein Jahr Zeit, eine neue Koordinierung zu verhandeln, die effizienter, sparsamer und offener für neue Entwicklungen sein muss, fügte der CDU-Politiker hinzu.
Er wolle gern einen Teil der 2,5 Millionen Euro, die sein Land jährlich der KMK zahle, für die Qualitätsverbesserung an Schulen einsetzen, «statt für eine Bürokratie von 250 Leuten, die zum Teil nicht anderes tun, als vom grünen Tisch aus Konzepte theoretisch zu entwerfen und dann gegen gewichtige Einwände rechthaberisch zu verteidigen», wurde Wulff zitiert. Der niedersächsische Ministerpräsident hat sich in den vergangenen Monaten an die Spitze der Gegner der Rechtschreibreform gestellt und seitdem die Kultusministerkonferenz immer wieder heftig kritisiert.
Der niedersächsische Regierungssprecher Olaf Glaeseker fügte auf AP-Anfrage hinzu, Ziel der Kündigung sei eine Neuverhandlung des aus der Frühzeit der Bundesrepublik stammenden Staatsvertrages.
http://www.kmk.org/
eingetragen von Norbert Lindenthal am 19.09.2004 um 08.34
Sonntag 19. September 2004, 07:30 Uhr
Rechtschreibreform stiftet weiter Verwirrung - «Grammatisches Telefon» in Aachen schafft Abhilfe und bietet Beratung an
Aachen (ddp-nrw). «Schreibt man nach der neuen Rechtschreibung 'kleinkariert' oder 'klein kariert'?» Die Antwort kommt prompt: «Eine Person ist 'kleinkariert', ein Hemd jedoch hat ein 'klein kariertes' Muster.» Solche Dialoge sind beim «Grammatischen Telefon» von Christian Stetter, Professor für germanistische Linguistik an der RWTH Aachen, und seinen zwei studentischen Mitarbeitern alltäglich. Die «orthografische Notrufzentrale» hilft geplagten Textern schon seit 1981, der Massenandrang begann jedoch erst mit der Einführung der neuen Rechtschreibung. Inzwischen bearbeitet das Team des germanistischen Instituts mehr als 3000 Anfragen pro Jahr.
Doch mit der Ankündigung von Springer und Spiegel Verlag, ab Oktober 2004 wieder zur alten Rechtschreibung zurückzukehren, ändert sich die Art der Fragen, wie Stetter erläutert. Nun wollen die Anrufer nicht mehr wissen, wie die neue Schreibweise lautet, sondern wie es nach der alten richtig war.
Stetter berichtet von einer großen Verunsicherung in der Bevölkerung. So setzten sich einige Verlage über den Beschluss der Kultusministerkonferenz (KMK) hinweg. Der Duden jedoch folgt der KMK und verzichtet in seiner neuen Ausgabe sogar darauf, auf die alte Schreibweise zu verweisen. Nun rufen nicht mehr die Leute an, die noch keinen neuen Duden haben, sondern diejenigen, die keinen Zugriff auf einen alten haben.
Die ohnehin schon geringe Akzeptanz der Reform bei der Bevölkerung werde weiter abnehmen, prognostiziert Stetter. Die Nachfrage beim «Grammatischen Telefon» dagegen werde ihr hohes Niveau halten oder sogar noch zunehmen. Kein Wunder, denn das Angebot ist kostenlos und damit einzigartig in Deutschland.
Obgleich das Angebot dem Institut keine Einnahmen einbringt, profitieren nicht nur Sekretärinnen, Texter und Schüler von der Einrichtung. Denn das Forschungszentrum für Kommunikation und Schriftkultur e.V. (Foks) des germanistischen Instituts sammelt die Anfragen anonym und verwertet diese Daten im Rahmen von Forschungsprojekten. Die Ergebnisse werden wiederum publiziert und fließen in Weiterbildungsveranstaltungen ein. Diese Seminare, welche auf Anfrage auch betriebsintern durchgeführt werden, sind allerdings kostenpflichtig.
Darüber hinaus bietet das «Grammatische Telefon» an, ganze Texte hinsichtlich Orthografie und Stil zu optimieren. Dieser Service ist aber nur bei sehr kurzen Texten (bis 1000 Zeichen) kostenfrei. Bei längeren Dokumenten wird eine Gebühr von 42 Euro für rund 10 Seiten berechnet. (0241-80 60 74, montags-freitags 10 bis 12 Uhr; www.grammatisches-telefon.de)
eingetragen von Norbert Lindenthal am 01.09.2004 um 12.10
Mittwoch 1. September 2004, 13:41 Uhr
Braunschweig verordnet Verwaltung wieder alte Rechtschreibung
Braunschweig (AFP) - Die Stadtverwaltung Braunschweig kehrt zur alten Rechtschreibung zurück. Wie Oberbürgermeister Gert Hoffmann (CDU) am Mittwoch mitteilte, fand er für seinen Vorstoß gegen die neue Orthographie im Verwaltungsausschuss der Kommune eine Mehrheit. Braunschweig sei damit seines Wissens nach die bundesweit erste und einzige Stadt, die sich von der Rechtschreibreform wieder verabschiede, sagte Hoffmann auf Anfrage.
Mitarbeiter der Stadtverwaltung, die sich in der neuen Rechtschreibung sicherer fühlten, dürfen dem Beschluss zufolge bis zu einer bundesweiten Entscheidung weiter die reformierte Schreibweise anwenden: "Die Regel soll aber wieder die alte Rechtschreibung sein", sagte Hoffmann. Der CDU-Politiker verspricht sich von dem Vorstoß eine Signalwirkung für die öffentliche Debatte.
eingetragen von Dominik Schumacher am 30.08.2004 um 19.28
Montag 30. August 2004, 20:54 Uhr
Böhmer will Rechtschreibung auf Prüfstand stellen
Magdeburg (ddp-lsa). Ministerpräsident Wolfgang Böhmer (CDU) plädiert dafür, die Übergangszeit für die Rechtschreibreform über den 1. August 2005 hinaus um ein Jahr zu verlängern. «In dieser Zeit sollten Fachleute beraten und danach sagen, welche Regeln der neuen Rechtschreibung übernommen werden sollten und welche nicht», sagte er der «Magdeburger Volksstimme» (Dienstagausgabe). Einem Beschluss der Kultusminister-Konferenz zufolge soll die Rechtschreibreform am 1. August 2005 nach sechsjähriger Erprobungszeit in Schulen und Ämtern verbindlich gelten. Die Ministerpräsidenten der Länder wollen im Oktober beraten, ob sie an dem Zeitplan festhalten.
Im «Volksstimme»-Interview sagte Böhmer, in dem gewonnenen Jahr sollten Fachleute die Rechtschreibreform auf den Prüfstand stellen und Kompromiss-Vorschläge erarbeiten. Der Regierungschef betonte, er persönlich habe die Rechtschreibreform nie aufgegriffen: «Aber das kann natürlich nicht entscheidend sein. Man kann nicht locker sagen, nun machen wir wieder alles rückgängig.» Gleichwohl müssten die Fachleute «über einige der neuen Regeln tiefer nachdenken», fügte er hinzu.
eingetragen von Dominik Schumacher am 30.08.2004 um 14.08
Montag 30. August 2004, 15:21 Uhr
Streit um Rechtschreibung entzweit auch Schriftsteller
Berlin (AP) Der Streit um die Rechtschreibreform reißt auch unter Schriftstellern und Sprachwissenschaftlern tiefe Gräben auf. Während Prominente wie Günter Grass, Elfriede Jelinek oder Siegfried Lenz am Montag die komplette Rücknahme der Reform verlangten, warb ihre Interessensvertretung, die Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung, erneut für ihren Kompromissvorschlag von 2003. Dieser sieht vor, die Reform auf die «brauchbaren» Neuerungen zu begrenzen und andere, die Sprache entstellende Eingriffe wieder rückgängig zu machen.
Von einer Spaltung könne aber keine Rede sein, betonte Friedrich Dieckmann von der Berliner Akademie der Künste. Eine Rückkehr zur alten Orthografie wäre zwar die beste Lösung, aber politisch unrealistisch, ergänzte der Potsdamer Sprachwissenschaftler Peter Eisenberg, der den Kompromissvorschlag der Darmstädter Akademie federführend erarbeitet hatte. Ziel sei es, den «Rechtschreibfrieden» wieder herzustellen und eine Spaltung zu vermeiden.
Der Kompromissvorschlag der Akademie stammt aus dem Frühjahr 2003. Neuen Auftrieb versprechen sich die Experten von der Ankündigung der Großverlage Springer und Spiegel, zu den alten Regeln zurückzukehren, sowie vom neuen Duden, der in vielen Fällen die alte Schreibweise wieder für zulässig erklärt. Das Konzept läuft auf eine Reform der Reform hinaus: So sollen «besonders sichtbare Züge» der Neuregelung, wie die Ersetzung des «ß» nach Kurzvokalen durch «ss», bestehen bleiben. Dadurch werde vermieden, dass etwa Schulbücher neu gedruckt werden müssten.
Dort, wo die Neuregelung gegen die Sprachstruktur verstoße, die Ausdrucksvielfalt beschädige und zu falschen Schreibweisen verleite, «hört der Spaß jedoch auf», betonte Eisenberg. Dies gelte vor allem für die Getrennt- und Zusammenschreibung, die Groß- und Kleinschreibung, die Silbentrennung und die Schreibweise von Fremdwörtern. Die Akademie schlägt vor, einen Rat zu berufen, der bis zum Sommer 2005 ein entsprechendes Regelwerk ausarbeiten soll.
Viele prominente Schriftsteller halten dies jedoch für zu kurz gegriffen: Sie verlangen, das Projekt jetzt insgesamt zu stoppen - und stellen sich damit offen gegen die eigene Akademie. Nötig sei «eine völlige Rücknahme der überflüssigen, inhaltlich verfehlten und sehr viel Geld und Arbeitskraft kostenden Rechtschreibreform», hieß es in einer Erklärung, die der Schriftsteller Wulf Kirsten unmittelbar vor der Berliner Pressekonferenz der Darmstädter Akademie in Weimar veröffentlichte.
Die Reform betreffe nicht nur die Schulbuchkonzerne, sondern auch Literaturverlage. Diese gerieten bei einer endgültigen Durchsetzung der Neuregelung in die Zwangslage, Neuauflagen ihrer Bücher entweder in der bisherigen, dann von Amts wegen fehlerhaften Schreibung nachzudrucken, oder mit hohen Kosten neu zu setzen, erklärten die Akademiemitglieder.
Unterzeichnet ist das Papier von so bekannten Literaten wie Reiner Kunze, Elisabeth Borchers, Vicco von Bülow (»Loriot»), Tankred Dorst, Joachim Fest, Christoph Meckel und Martin Walser. Insgesamt finden sich die Namen von 37 Mitgliedern der Berliner Akademie der Künste und der Darmstädter Akademie für Sprache und Dichtung auf der Erklärung - darunter auch der Übersetzer Friedhelm Kemp und der Sprachwissenschaftler Harald Weinrich. Bemerkenswert: Beide hatten ursprünglich der Orthografie-Kommission der Akademie angehört.
http://www.deutscheakademie.de
Erklärungen und Stellungnahmen (älter)
Photos vom Glückert-Haus
eingetragen von Dominik Schumacher am 30.08.2004 um 12.51
Montag 30. August 2004, 11:13 Uhr
Akademiemitglieder fordern Rücknahme der Rechtschreibreform
Weimar (AP) Mitglieder der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung und der Berliner Akademie der Künste haben eine völlige Rücknahme der nach ihrer Ansicht «innerlich verfehlten und sehr viel Geld und Arbeitskraft kostenden Rechtschreibreform» gefordert. Dies entspräche dem erkennbaren Willen der großen Mehrheit der Bürger in Deutschland, Österreich und der Schweiz und wäre deshalb ein wichtiger Beitrag zur demokratischen Kultur, hieß es in einer am Montag in Weimar veröffentlichten Pressemitteilung.
Die Rechtschreibreform betreffe im Verlagswesen nicht nur die Schulbuchkonzerne, sondern auch Literaturverlage. Diese gerieten bei einer endgültigen Durchsetzung der «Neuregelung» in die Zwangslage, Neuauflagen ihrer Bücher entweder in der bisherigen, dann von Amts wegen fehlerhaften Schreibung nachzudrucken oder mit hohen Kosten neu zu setzen, erklärten die Akademiemitglieder. Seit 1996 habe die Reform zur Aussonderung zahlloser Kinder- und Jugendbücher aus Bibliotheken geführt. Sie werde am Ende der Übergangsfrist zu einer schlagartigen Wertminderung aller privaten wie öffentlichen Buchbestände führen, die als orthografisch «fehlerhaft» und für Schüler nicht empfehlenswert gelten.
Neben den Akademiemitgliedern Wulf Kirsten, Michael Krüger, Reiner Kunze und Guntram Vesper als Erstunterzeichner haben unter anderem Nobelpreisträger Günter Grass, Vicco von Bülow, Joachim Fest, Elfriede Jelinek, Joachim Kaiser, Günter Kunert, Siegfried Lenz, Hans Maier und Martin Walser die Stellungnahme unterschrieben. Insgesamt unterschrieben 37 Mitglieder der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung und der Berliner Akademie der Künste.
eingetragen von Norbert Lindenthal am 23.08.2004 um 15.22
Montag 23. August 2004, 15:43 Uhr
Grass Ehrenmitglied im selbsternannten Rat für Rechtschreibung
Großhesselohe/Bonn (ddp). Der selbsternannte «Rat für deutsche Rechtschreibung» hat neue prominente Ehrenmitglieder gewonnen. Wie die am Samstag in München gegründete Protestinitiative um den Rechtschreibreformkritiker Friedrich Denk am Montag mitteilte, wollen unter anderen Vicco von Bülow, Hans Magnus Enzensberger, Günter Grass, Thomas Hürlimann, Siegfried Lenz und Literaturkritiker Marcel Reich-Ranicki den Rat als Ehrenmitglieder unterstützen. Als erste Aktion des Rats sei am 23. September eine Großveranstaltung «Für die Einheit der Orthographie» im oberbayerischen Weilheim geplant.
Unterdessen tagten am Montag in Wien Vertreter Deutschlands, der Schweiz und Österreichs, um ein Konzept für die Arbeit des offiziellen Rats für deutsche Rechtschreibung zu erstellen. Seine Einsetzung hatte die Kultusministerkonferenz (KMK) Anfang Juni beschlossen. Das Treffen sei wie bereits vor Wochen geplant verlaufen, eine konkretes Ergebnis liege aber noch nicht vor, sagte eine Sprecherin der KMK am Montagnachmittag. Der Rat soll laut KMK durch ein hohes Maß an Pluralität gekennzeichnet sein und auch Kritiker des derzeitigen Regelwerks einbeziehen. Er soll noch im Herbst seine Arbeit aufnehmen.
Die Münchner Initiative hatte bei ihrer Gründung erklärt, die Kultusminister besäßen nicht das Recht, «eine weitere Rechtschreibkommission zu berufen, deren einzige Aufgabe es sein kann, das offenkundige Scheitern der Rechtschreibreform hinauszuzögern».
eingetragen von Norbert Lindenthal am 22.08.2004 um 16.33
Sonntag 22. August 2004, 17:47 Uhr
Reformgegner gründen «Rat für deutsche Rechtschreibung»
München (AP) Einen Tag vor dem ersten Treffen von Spitzenbeamten zur Zukunft der Rechtschreibung haben Reformgegner am Sonntag in München einen unabhängigen «Rat für deutsche Rechtschreibung» ausgerufen. Das Gremium mit Mitgliedern aus Deutschland, Österreich und der Schweiz will sich für die Wiederherstellung der Schreibweisen vor der Reform einsetzen und dem «Grundsatz Geltung verschaffen, dass die Sprache dem Volk gehört», hieß es in einer Pressemitteilung. Am (morgigen) Montag sollen in Wien Beratungen zur Nachfolge der Zwischenstaatlichen Kommission beginnen.
Zum Vorsitzenden des als Verein gegründeten unabhängigen Rats wurde der Journalist Hans Krieger gewählt, seine Stellvertreter sind der Geschäftsführer der IG Autorinnen Autoren in Wien, Gerhard Ruiss, und der Schweizer Gymnasiallehrer Stefan Stirnemann. Zu den Gründungsmitgliedern zählen daneben auch der Weilheimer Deutschlehrer Friedrich Denk und der Verleger Walter Lachenmann. Erste Ehrenmitglieder sind unter anderem der Sprachwissenschaftler Theodor Ickler und die Schriftsteller Elfriede Jelinek, Wulf Kirsten, Günter Kunert und Reiner Kunze.
Die Gründungsversammlung sprach den Kultusministern das Recht ab, «eine weitere Rechtschreibkommission zu berufen, deren einzige Aufgabe es sein kann, das offenkundige Scheitern der Rechtschreibreform hinauszuzögern», wie es in der Pressemitteilung hieß. Die Rückkehr zur bewährten Rechtschreibung, die allen, auch den Schülern, nach wie vor bekannt sei, sei der einfachste, sicherste und wirtschaftlich vernünftigste Weg zu einer zweckmäßigen und modernen Orthografie. «Nur so werden die Kultusminister auch ihrer Verantwortung gegenüber den heutigen und künftigen Schülern gerecht.»
In Wien treffen am Montag Spitzenbeamte aus Deutschland, Österreich, der Schweiz und Liechtenstein zusammen, um über die Zukunft der Reform zu beraten. Dabei geht es vor allem um Aufgaben, Zusammensetzung und Befugnisse des «Rats für deutsche Rechtschreibung», der die Zwischenstaatliche Kommission für deutsche Rechtschreibung ablösen soll. In diesem Rat sollen auch Kritiker des derzeitigen Regelwerks sitzen. Die Kultusministerkonferenz (KMK) arbeitet mit Hochdruck an dem Thema. Noch im September wolle man vorschlagen, wer dem Rat angehören solle, sagte die baden-württembergische Kultusministerin Annette Schavan (CDU) dem «Focus». Im Oktober könnte das Gremium dann die Arbeit aufnehmen, heißt es in dem Bericht.
Die deutschen Ministerpräsidenten stehen einer «Focus»-Umfrage zufolge mehrheitlich hinter der neuen Rechtschreibung. Lediglich Niedersachsen, das Saarland und Sachsen-Anhalt sprechen sich demnach gegen die neuen Regeln aus. Die Umfrage habe ergeben, dass auch der Vorschlag des saarländischen Kultusministers Jürgen Schreier (CDU), die Übergangszeit zu verlängern und alte sowie neue Rechtschreibung parallel existieren zu lassen, keine Mehrheit findet. Neun der 16 Länder sprachen sich demnach gegen Schreiers Plan aus, fünf haben sich noch nicht entschieden; Niedersachsen will ohne Übergangszeit zur alten Orthografie zurück. Die Ministerpräsidenten wollen am 7. und 8. Oktober nochmals über die eigentlich bereits Anfang Juni beschlossene verbindliche Umsetzung der Reform zum 1. August 2005 beraten. Eine Rücknahme gilt als sehr unwahrscheinlich.
eingetragen von Sigmar Salzburg am 21.08.2004 um 12.10
„Die umstrittene Rechtschreibreform wird aller Voraussicht nach wie geplant im Oktober endgültig umgesetzt. Die Konferenz der Ministerpräsidenten werde am 7. und 8. des Monats die Umsetzung beschließen, berichtet das Nachrichtenmagazin «Focus». Eine Umfrage unter den Ministerpräsidenten habe ergeben, dass nur Niedersachsen, das Saarland und Sachsen-Anhalt sich gegen die neuen Schreibregeln aussprechen, schreibt das Magazin.
Die schleswig-holsteinische Ministerpräsidentin Simonis wird für Schleswig-Holstein der endgültigen Einführung der neuen Regeln zustimmen wollen. Es sollten maßgebliche Vertreter der Bürgerinitiative von 1998, möglichst unterstützt von angesehenen Persönlichkeiten aus Literatur und Wissenschaft, rechtzeitig öffentlichen Protest und Widerspruch einlegen und ausdrücklich der Landesregierung das Recht absprechen, für die Schleswig-Holsteiner solche weitreichenden Entscheidungen zu treffen.
__________________
Sigmar Salzburg
eingetragen von Norbert Lindenthal am 21.08.2004 um 11.48
Samstag 21. August 2004, 11:50 Uhr
«Focus»: Rechtschreibreform wird im Oktober umgesetzt
München (ddp). Die umstrittene Rechtschreibreform wird aller Voraussicht nach wie geplant im Oktober endgültig umgesetzt. Die Konferenz der Ministerpräsidenten werde am 7. und 8. des Monats die Umsetzung beschließen, berichtet das Nachrichtenmagazin «Focus». Eine Umfrage unter den Ministerpräsidenten habe ergeben, dass nur Niedersachsen, das Saarland und Sachsen-Anhalt sich gegen die neuen Schreibregeln aussprechen, schreibt das Magazin.
Auch der Vorschlag des saarländischen Kultusministers Jürgen Schreier (CDU), die Übergangszeit über den 1. August 2005 hinaus zu verlängern und alte sowie neue Rechtschreibung parallel existieren zu lassen, finde keine Mehrheit. 9 der 16 Länder sprachen sich den Angaben zufolge gegen Schreiers Plan aus, 5 haben sich noch nicht entschieden, Niedersachsen will ohne Übergangszeit zur alten Orthografie zurück.
Die Kultusministerkonferenz (KMK) arbeite unterdessen mit Hochdruck daran, den neuen «Rat für deutsche Rechtschreibung» zusammenzustellen. Das Expertengremium soll die Entwicklung der Schriftsprache künftig beobachten und die Regeln anpassen. «Im September noch wollen wir einen Vorschlag vorlegen, wer dazugehören soll», kündigte Baden-Württembergs Kultusministerin Annette Schavan (CDU) im Magazin an. Es sollen auch Vertreter aus Österreich und der Schweiz mitarbeiten. Im Oktober könnte das Gremium dann die Arbeit aufnehmen.
eingetragen von Norbert Lindenthal am 19.08.2004 um 16.49
Donnerstag 19. August 2004, 14:49 Uhr
«10 gute Gründe» für die Rechtschreibreform - Landesregierung lässt sich auf Machtkampf mit Großverlagen ein
Wiesbaden (ddp-hes). Die hessische Landesregierung geht beim Thema Rechtschreibreform in die Offensive. Auf der Homepage www.hessen.de nennt das Kabinett von Ministerpräsident Roland Koch (CDU) auf satten neun Seiten «10 gute Gründe für die Rechtschreibreform». Zugleich begründet die CDU-Regierung mit ebenso vielen Argumenten, «warum es kein Zurück geben kann».
Doch die Offensive beschränkt sich nicht nur auf den Bereich Information. Denn die konservative Landesregierung wirft einigen ihr eigentlich nahe stehenden Verlagen, die für die alten Regeln fechten, den Fehdehandschuh hin. Hintergrund ist die Ankündigung mehrerer Großverlage, zu den alten Rechtschreibregeln zurück zu kehren. Die «Frankfurter Allgemeine Zeitung» praktiziert dies bereits seit längerer Zeit. Koch hatte dagegen frühzeitig ein Festhalten an den neuen Regeln betont. Kochs Stellvertreterin und Kultusministerin Wolff Karin Wolff (CDU) wird ganz deutlich: «Nicht Zeitungsüberschriften bestimmen die Inhalte einer guten Politik, sondern die Richtigkeit des Inhalts muss die Orientierungsgröße für die Politik sein.»
Ausdrücklich kritisiert sie «die von einigen Chefredakteuren angezettelte» Debatte, die nach Ansicht der Ministerin «Verunsicherung und Unklarheit schürt». Dabei gehe es nicht um Inhalte, sondern um «die Machtfrage, wer in diesem Land Politik gestaltet». Den kritisierten Chefredakteuren schreibt die CDU-Politikerin zudem ins Stammbuch, dass die Neuregelung seinerzeit gründlich vorbereitet und von Zustimmung begleitet war.
Außerdem bekennt sie mit Blick auf die internationale Abstimmung der neuen Regeln mit der Schweiz, Österreich und Liechtenstein: «Zu seinem international gegebenen Wort muss man stehen.» Und auch einen Seitenhieb auf die im eigenen Lande beheimatete FAZ kann sich Wolff nicht verkneifen: «Die alte Rechtschreibung hat sich nicht bewährt», widerspricht sie der renommierten Tageszeitung.
Als sachliche Argumente für die neue Rechtschreibung nennt Wolff unter anderem deren Einfachheit, eine bessere Erlernbarkeit sowie Handhabung, die neue s-Schreibung und das Stärken des Großschreibungsprinzips bei Substantiven. Das Reformwerk wird außerdem als «pädagogisch sinnvoll» und weitgehend problemlos im schulischen Belastungstest gepriesen. Als letzter Pluspunkt folgt ein in diesen Tagen schwer wiegendes Argument: «Die Rückkehr zur alten Rechtschreibung würde die Unfähigkeit Deutschlands zu Reformen bestätigen.»
Die Sachargumente ausgetauscht sieht derweil der Vorsitzende der Gesellschaft für deutsche Sprache, Rudolf Hoberg. Den Reformgegnern hält er sogar falsche Argumentation vor. «Ich sehe keinen großen Spielraum mehr für Kompromisse», betont er. Gleichwohl plädiert Hoberg dafür, eine für alle Seiten gesichtswahrende Lösung zu «versuchen». Änderungen, so schlägt er vor, sollten erst nach etlichen Jahren vorgenommen werden - und zwar an Punkten, die bis dahin tatsächlich gesellschaftlich nicht akzeptiert sind.
eingetragen von Norbert Lindenthal am 18.08.2004 um 07.10
Mittwoch 18. August 2004, 07:30 Uhr
Grass für schrittweise Rücknahme der Rechtschreibreform
Bremen (AP) Der Schriftsteller Günter Grass hat die Kultusministerkonferenz im Zusammenhang mit den Auseinandersetzungen um die Rechtschreibreform scharf kritisiert. Sie sei «inkompetent, entscheidungsschwach in der Regel oder allenfalls blockierend tätig» und habe in diesem Fall «die Sachen einfach laufen lassen», sagte Grass im Nordwestradio laut einer am Mittwoch veröffentlichten Mitteilung.
Grass nannte die Reform einen überflüssigen und schädlichen administrativen Zugriff innerhalb eines lebendigen Sprachkörpers. «Daß mit ß oder mit zwei s, das kann man hinnehmen, aber mit dem Getrenntschreiben und der Groß- und Kleinschreibung sind so viele irrationale Entscheidungen getroffen worden, die sind rückgängig zu machen», erklärte Grass. Dies könne auch schrittweise geschehen. Es müsse aber darauf geachtet werden, dass eine Sprache etwas Lebendiges sei.
eingetragen von Dominik Schumacher am 17.08.2004 um 22.04
Dienstag 17. August 2004, 16:19 Uhr
CDU-Länder weiter uneins über Rechtschreibung - Wolff «graust» es
Wiesbaden/Saarbrücken (ddp-hes). Über die Zukunft der Rechtschreibreform herrscht innerhalb der Union weiter tiefe Uneinigkeit. Hessens Kultusministerin Karin Wolff (CDU) erteilte am Dienstag einem Vorstoß ihres Kollegen und Parteifreundes aus dem Saarland, Jürgen Schreier, eine klare Absage. Schreier hatte gefordert, die alte Rechtschreibung solle auch nach dem Stichtag für die verbindliche Umstellung auf die neuen Regeln am 1. August 2005 weiter Gültigkeit haben. Wolff sagte dazu in Wiesbaden, eine Dauerausnahmeregelung könne es nicht geben.
«Denke ich dabei an die Grundschüler, graust es mir», fügte die Ministerin hinzu. Bei der Rechtschreibung brauche man Verlässlichkeit und keinen Zustand des «beides ist richtig». Was sich in der Schule bewährt habe, werde sie doch jetzt nicht wieder auf den Prüfstand stellen, betonte Wolff. Sie wolle «weder von einem Kippen noch von einem Knicken der Reform» etwas wissen.
Wolffs saarländischer Amtskollege hatte zuvor angekündigt, er wolle bei der nächsten Sitzung der Kultusministerkonferenz (KMK) Mitte Oktober einen Antrag zur Abstimmung bringen, dessen Hauptziel es sei, die vereinbarte Stichtagsregelung aufzuheben. «Die alte Schreibweise muss auf unbestimmte Zeit weiter gelten. Ich schlage vor, dass wir den bisherigen Beschluss der KMK auf diese Weise korrigieren», sagte Schreier der Tageszeitung «Die Welt» (Dienstagausgabe).
eingetragen von Norbert Lindenthal am 16.08.2004 um 20.23
Montag 16. August 2004, 17:50 Uhr
Kompromissvorschlag im Streit um Rechtschreibung
Frankfurt/Main (AP) Mit einem Kompromissvorschlag will das Saarland den Streit um die Rechtschreibreform beilegen. Der saarländische Bildungsminister Jürgen Schreier kündigte für die Sitzung der Kultusministerkonferenz (KMK) Mitte Oktober einen Antrag an, mit dem der bislang geplante Stichtag 1. August 2005 für den endgültigen Übergang von der alten zur neuen Schreibweise aufgehoben werden soll. «Die alte Schreibweise muss auf unbestimmte Zeit weiter gelten. Ich schlage vor, dass wir den bisherigen Beschluss der KMK in dieser Weise korrigieren», sagte der CDU-Politiker der Tageszeitung «Die Welt».
Zudem solle der von der KMK bereits beschlossene Rat für deutsche Rechtschreibung unverzüglich eingesetzt werden und seine Arbeit aufnehmen, um Vorschläge für eine grundsätzliche Überarbeitung der neuen Rechtschreibung zu erarbeiten. «Es ist wichtig, dass das Ergebnis auf Akzeptanz, statt auf Termindiktat gründet», sagte Schreier. Der Minister will schon vor der nächsten Sitzung der Konferenz im saarländischen Mettlach bei den Ländern für seinen Antrag werben. «Enge Gespräche» führe er bereits mit Niedersachsen und Sachsen-Anhalt. Er sehe gute Chancen, weitere Kollegen für seinen Vorschlag zu gewinnen.
Unterdessen sprach sich der Kulturrat gegen die von Oppositionspolitikern geforderte Abschaffung der Kultusministerkonferenz aus. Damit würde den Ländern ihr Abstimmungsorgan für eine bundesweite Bildungs- und Kulturpolitik entzogen, erklärte der Geschäftsführer des Spitzenverbandes, Olaf Zimmermann, am Montag in Berlin. Abgeschafft werden müsse stattdessen das Prinzip der einstimmigen Beschlussfassung in der KMK.
Nach Ansicht Zimmermanns könnte nur so verhindert werden, dass es zu einem «unglücklichen dritten Kompromiss» zwischen alter und neuer Rechtschreibung kommt. Am Wochenende hatte der FDP-Vorsitzende Guido Westerwelle gefordert, die Konferenz der 16 Kultusminister der Länder aufzulösen. Auch der stellvertretende CDU-Vorsitzender Christoph Böhr machte deutlich, dass er eine Auflösung der Konferenz für notwendig halte, falls ihre Arbeitsweise nicht reformiert werde.
http://www.kulturrat.de/
eingetragen von Dominik Schumacher am 16.08.2004 um 05.59
Sonntag 15. August 2004, 15:49 Uhr
Härtere Gangart - Bei der Rechtschreibreform verlangen Westerwelle und Böhr Auflösung der Kultusministerkonferenz
Berlin (ddp). Im Streit um die Rechtschreibreform werden die Töne zunehmend schärfer. FDP-Chef Guido Westerwelle und CDU-Vize Christoph Böhr forderten am Wochenende die Abschaffung der Kultusministerkonferenz. Zugleich appellierte Böhr an die Ministerpräsidenten der Bundesländer, zu einer einheitlichen Haltung zu gelangen. Die Ministerpräsidentenkonferenz wird sich vom 6. bis 8. Oktober mit dem Thema befassen.
Westerwelle nannte die Kultusministerkonferenz ein «Bremser-Gremium», das aufgelöst gehöre, «lieber heute als morgen». Das «schnarchnasige» Gremium habe sich mit Hunderten von Beamten zehn Jahre lang «mit der intellektuell erhebenden Frage beschäftigen, ob man Flanelllappen mit zwei oder drei l schreiben soll; aber gleichzeitig bekommt sie weder die Verkürzung der Ausbildungszeiten noch den gravierenden Unterrichtsausfall in den Griff», bemängelte Westerwelle.
Böhr unterstrich, die großen Zukunftsaufgaben der Bildungspolitik seien «mit diesem Gremium nicht zu lösen». Das habe die Rechtschreibreform überdeutlich gezeigt. «Wenn es der Kultusministerkonferenz nicht gelingt, Struktur und Arbeitsstil von Grund auf zu verändern, muss sie aufgelöst werden», warnte er.
Von den Ministerpräsidenten verlangte Böhr, einer Rückkehr zu den alten Regeln im Zweifelsfall zuzustimmen. «Wenn klar ist, dass eine Mehrheit der Ministerpräsidenten die Rechtschreibreform nicht aufrecht erhalten will, dann müssen auch die anderen mitziehen und den Weg frei machen», sagte Böhr. Er erkennen keinen Sinn darin, dass Kinder Rechtschreibregeln lernen müssen, die sich in einem täglich größer werdenden Teil der Zeitungen und Zeitschriften nicht wiederfänden.
Dagegen sprach sich Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Peer Steinbrück (SPD) klar gegen eine Aufhebung der Rechtschreibreform aus. Auf der Ministerpräsidentenkonferenz werde er sich «mit Nachdruck» gegen eine Rückkehr zur alten Orthographie einsetzen. Dies würde die Verwirrung «nur noch steigern». Die Kritiker der Reform interessierten sich auch «erschreckend wenig» für das Wohl der Kinder, die bereits seit Jahren «problemlos» die neuen Regeln lernten.
Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) hatte die Rechtschreibreform nach eigenen Angaben auf die Tagesordnung der Ministerpräsidentenkonferenz gesetzt. Er unterstrich, spätestens seit der Entscheidung der großen Verlagshäuser seien die bisherigen Beschlüsse zur Rechtschreibreform gescheitert. Die Politik müsse jetzt einen Kompromiss bis Mitte 2005 finden. Dabei sollte geprüft werden, welche Elemente der neuen Rechtschreibung sich bewährt hätten und wie weit zur alten Rechtschreibung zurückgekehrt werden solle, schlug Stoiber vor. (Quellen: Westerwelle und Böhr in «Bild am Sonntag»; Steinbrück im «Focus»; Stoiber in «Welt am Sonntag»)
eingetragen von Dominik Schumacher am 16.08.2004 um 05.48
Sonntag 15. August 2004, 15:10 Uhr
Rechtschreibreform erschüttert Kultusministerkonferenz - Böhr und Westerwelle fordern Abschaffung - Zöllner: «Gespenstische»
Mainz (ddp-rps). Im Streit um die Rechtschreibreform ist nun auch die Kultusministerkonferenz (KMK) in die Kritik geraten. Der rheinland-pfälzische CDU-Chef und CDU-Bundesvize Christoph Böhr forderte am Wochenende gemeinsam mit FDP-Chef Guido Westerwelle die Abschaffung der KMK. Der rheinland-pfälzische Kulturminister Jürgen Zöllner (SPD) bezeichnete dagegen diesen Vorschlag als «gespenstisch» und «absurd». Zöllner verteidigte zudem die Rechtschreibreform. Böhr forderte dagegen die Ministerpräsidenten auf, einer Rückkehr zu den klassischen Regeln zuzustimmen.
Böhr sagte der «Bild am Sonntag», die großen Zukunftsaufgaben der Bildungspolitik seien mit der KMK «nicht zu lösen». Das habe die Rechtschreibreform überdeutlich gezeigt. «Wenn es der Kultusministerkonferenz nicht gelingt, Struktur und Arbeitsstil von Grund auf zu verändern, muss sie aufgelöst werden», forderte Böhr.
An die Ministerpräsidenten appellierte Böhr, einer Rückkehr zu den klassischen Regeln nicht im Weg zu stehen. Wenn eine Mehrheit der Länderchefs die Reform nicht aufrecht erhalten wolle, »dann müssen auch die anderen mitziehen und den Weg frei machen«, sagte Böhr. Er könne »keinen Sinn darin erkennen, dass unsere Kinder Rechtschreibregeln lernen müssen, die sich in einem täglich größer werdenden Teil der Zeitungen und Zeitschriften nicht wiederfinden«.
FDP-Chef Westerwelle nannte in derselben Zeitung die KMK ein «Bremser-Gremium», das «lieber heute als morgen» aufgelöst gehöre. «Da darf sich eine schnarchnasige Kultusministerkonferenz mit Hunderten von Beamten zehn Jahre lang mit der intellektuell erhebenden Frage beschäftigen, ob man Flanelllappen mit zwei oder drei l schreiben soll; aber gleichzeitig bekommt sie weder die Verkürzung der Ausbildungszeiten noch den gravierenden Unterrichtsausfall in den Griff«, kritisierte der FDP-Chef.
Kulturminister Zöllner warf den beiden Politikern dagegen eine »gespenstische" Diskussion im Sommerloch vor. Die KMK sei, so wie in anderen Politikbereichen auch, die länderübergreifende Konferenz der Kultusminister. Solange es diesen Politikbereich in den Ländern gebe, sei auch die KMK «zwangsläufig», die Diskussion über ihre Abschaffung «absurd und irrational», sagte Zöllner, der auch Koordinator der SPD-Länder in der Bildungs- und Wissenschaftspolitik ist. Anderenfalls müssten die Länder ganz aufgelöst werden oder auf die Bildungspolitik verzichten.
Zöllner verteidigte zudem die Rechtschreibreform. Die Reform «verursacht kein Durcheinander, sondern bringt in eine Ansammlung von Ungereimtheiten wenigstens etwas Ordnung», sagte der Minister. (Weitere Quellen: Zöllner in Mitteilung)
eingetragen von Norbert Lindenthal am 11.08.2004 um 23.26
Mittwoch 11. August 2004, 15:40 Uhr
Herrmann fordert Kompromiss bei Rechtschreibreform
München (ddp-bay). Der bayerische CSU-Fraktionschef Joachim Herrmann setzt sich für einen Kompromiss im Streit über die Rechtschreibreform ein. Herrmann sagte am Mittwoch in München, die neuen Regeln hätten zwar «sicher einige Schwächen». Andere Reformergebnisse seien aber «durchaus einleuchtend».
Herrmann betonte, er halte deshalb eine völlige Rücknahme der Rechtschreibreform für verkehrt. Notwendig sei nun vielmehr eine «möglichst ergebnisoffene Diskussion», die einen Kompromiss zum Ziel habe.
Herrmann, der Vater von drei Kindern im schulpflichtigen Alter ist, sieht die Probleme im praktischen Umgang mit den Reformregeln unter anderem «in der verwirrenden Getrenntschreibung, die zwar 'zusammenfügen' zusammen, aber 'aneinander fügen' auseinander schreibt». Hinzu kämen unklare Vorschriften über Groß- und Kleinschreibung.
Der CSU-Fraktionschef fügte hinzu: «Dass 'bankrott sein' klein und 'Bankrott gehen' aber groß geschrieben wird, kann vielleicht ein schlauer Germanist erklären. Der Erleichterung des richtigen Schreibens - ein erklärtes Reformziel - dient diese Regel aber wohl nicht.»
eingetragen von Norbert Lindenthal am 11.08.2004 um 18.36
Mittwoch 11. August 2004, 16:14 Uhr
«Rheinischer Merkur» rückt von neuer Rechtschreibung ab
Bonn (AP) Auch die Wochenzeitung «Rheinischer Merkur» will nicht mehr nach den neuen Rechtschreibregeln schreiben. Man werde zur «klassischen Rechtschreibung» zurückkehren, teilte Chefredakteur Michael Rutz am Mittwoch mit. «Die Rechtschreibreform atmet in Teilen den Geist der Unbildung und enthält, betrachtet man sie im Ganzen, neben einigen sinnvollen Neuerungen zu viel Widersinn, als dass sie unverändert 2005 in Kraft gesetzt werden dürfte», erklärte Rutz.
Deshalb werde man die Ergebnisse der von den Kultusministern angekündigten «Reform der Reform» von der Position der «einleuchtenderen und anspruchsvolleren klassischen Rechtschreibung aus abwarten», hieß es in der Mitteilung. Dies geschehe auch, um den publizistischen Druck auf die notwendigen Reform-Korrekturen zu erhöhen. Erst nach Vorliegen des Kompromisses werde man endgültig über die Übernahme neuer Regeln entscheiden.
eingetragen von Norbert Lindenthal am 10.08.2004 um 23.06
Dienstag 10. August 2004, 17:05 Uhr
Limbach: Rechtschreibstreit führt im Ausland zu Verunsicherung
Hamburg (ddp). Der jüngste Streit um die deutsche Rechtschreibung hat nach Ansicht der Präsidentin des Goethe-Instituts, Jutta Limbach, im Ausland erhebliche Verunsicherung entfacht. Limbach sagte dem Onlinedienst tagesschau.de, «jetzt wird gefragt: Was soll nun gelten? Kommt die Rolle rückwärts? Was ist dann der Ausgangspunkt, der Duden von 1991?» Die Debatte wirke sich auch ungünstig auf Kampagnen im Ausland aus, mit denen das Goethe-Institut die deutsche Sprache vermitteln wolle, kritisierte Limbach.
Die Entscheidung des «Spiegel»-Verlags und der Axel Springer AG, zur alten Rechtschreibung zurückzukehren, bezeichnete Limbach als «Widerstand nach Ladenschluss». Die «Frankfurter Allgemeine Zeitung» sei wesentlich konsequenter von Anfang an bei der alten Schreibweise geblieben. Die Präsidentin betonte, Korrekturen der Rechtschreibreform seien notwendig. Sie müssten aber «sachlich vorgenommen» werden.
eingetragen von Dominik Schumacher am 10.08.2004 um 22.37
Dienstag 10. August 2004, 17:51 Uhr
Auch SPD-Politiker gegen Rechtschreibreform
Frankfurt/Main (AP) Auch prominente SPD-Politiker haben sich jetzt für eine Rücknahme der Rechtschreibreform ausgesprochen. Bislang war die Reform vor allem von Unions- und FDP-Vertretern attackiert worden. Unterstützung für die Reform kam am Dienstag aus der Wirtschaft und vom Goethe-Institut, das in vielen Ländern der Welt Deutschkurse anbietet. Die hessische Kultusministerin Karin Wolff (CDU) griff in einem Interview die Reformkritiker scharf an.
Der SPD-Innenexperte Dieter Wiefelspütz betonte in der «Bild»-Zeitung (Dienstagausgabe), er wolle sich nicht von «irgendwelchen Bürokraten» vorschreiben lassen, wie er zu schreiben habe. Auch SPD-Rechtsexperte Volker Neumann forderte eine Rückkehr zu den alten Schreibweisen. «Fast die gesamte deutschsprachige Literatur ist nach den bewährten Regeln verfasst», sagte er dem Blatt. Der wirtschaftspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Rainer Wend, wurde mit der Erklärung zitiert, statt der versprochenen Vereinfachung trete große Verunsicherung ein. Auch Musiker, Schauspieler und Sportler kritisierten in «Bild» die Reform.
Wolff erklärte im «Mannheimer Morgen», es gebe wichtigere Dinge. «Die Debatte ärgert mich, zumal diejenigen, die sich jetzt zu Wort melden, wie Schriftsteller und Verlage, ihre Bedenken schon vor Jahren hätten anmelden können.» Den Verlagen, die eine Rückkehr zur alten Schreibweise angekündigt haben, warf sie vor, ein «Machtspiel» zu inszenieren.
Dass es in Österreich und der Schweiz keinen Proteststurm gegen das neue Regelwerk gibt, erklärt sich Wolff mit der allgemeinen Stimmungslage in Deutschland. «Die Rechtschreibreform ist ein Stellvertreter-Thema für all die anderen Reformen, mit denen wir Deutsche uns zurzeit schwer tun», sagte sie.
Der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Industrie- und Handelskammertages, Martin Wansleben, wandte sich gegen eine Rücknahme der Reform. Er sagte der «Berliner Zeitung», eine komplette Rolle rückwärts würde die Verwirrung perfekt machen und Millionenkosten verursachen.
Auch das Goethe-Institut will die Reform beibehalten. «Aus der Sicht der Deutschschüler des Goethe-Instituts gibt es seit Einführung des neuen Regelwerkes keine Anhaltspunkte, die besondere Schwierigkeiten im Gebrauch belegen», sagte die Präsidentin der Einrichtung, Jutta Limbach, der Nachrichten-Website tagesschau.de. Die Debatte sei zudem ungünstig für im Ausland gestartete Institutskampagnen für die deutsche Sprache.
Die Kultusministerkonferenz (KMK) rief alle Beteiligten zur Versachlichung auf. Sie kündigte die baldige Einsetzung des geplanten Rates für deutsche Rechtschreibung an, der im Herbst die Arbeit aufnehmen soll. Er sei «durch ein hohes Maß an Pluralität gekennzeichnet». In ihm sollen Institutionen, Journalisten und Schriftsteller vertreten sein, darunter auch Reformkritiker.
Letzte Woche hatten mehrere Medien fünf Jahre nach der Einführung der neuen Schreibweisen eine Rückkehr zur alten Rechtschreibung angekündigt. Dazu gehören der «Spiegel», die Blätter des Axel-Springer-Verlages und die «Süddeutsche Zeitung». Die ARD teilte dagegen am Dienstag mit, sie werde nicht von der reformierten Schreibweise abrücken. Auch ZDF-Sprecher Alexander Stock geht davon aus, dass sein Sender bei den neuen Regeln bleibt. Die Verlagsgruppe «Handelsblatt» teilte mit, ihre Publikationen würden weiter in neuer Rechtschreibung erscheinen.
eingetragen von Norbert Lindenthal am 10.08.2004 um 05.24
Dienstag 10. August 2004, 03:30 Uhr
Auch SPD-Politiker für Abkehr von Rechtschreibreform
Frankfurt/Main (AP) Mehrere SPD-Politiker haben sich für eine Rücknahme der Rechtschreibreform ausgesprochen. Der SPD-Rechtsexperte Volker Neumann forderte in der «Bild»-Zeitung (Dienstagausgabe) eine Rückkehr zur alten Rechtschreibung. Zur Begründung sagte er, fast die ganze deutschsprachige Literatur sei nach den «bewährten Regeln verfasst. Der wirtschaftspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Rainer Wend, sagte derselben Zeitung, statt der versprochenen Vereinfachung trete das Gegenteil ein - nämlich große Verunsicherung.
Der innepolitische Sprecher der Fraktion, Dieter Wiefelspütz, sagte ebenfalls der «Bild-Zeitung», er denke nicht daran, sich von Bürokraten vorschreiben zu lassen, wie er richtig zu schreiben habe. Der Axel-Springer-Verlag will die alte Rechtschreibung in den nächsten vier Wochen einführen.
Dagegen wandte sich der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) gegen eine Rücknahme der Reform. DIHK-Hauptgeschäftsführer Martin Wansleben sagte der «Berliner Zeitung» (Dienstagausgabe), eine komplette Rolle rückwärts würde die Verwirrung perfekt machen und Millionen-Kosten verursachen.
Die hessische Kultusministerin Karin Wolff kritisierte unterdessen die Kritiker der Rechtschreibreform scharf. Dem «Mannheimer Morgen» (Dienstagausgabe) sagte die CDU-Politikerin, die Debatte sei ärgerlich, weil Schriftsteller und Verlage ihre Bedenken schon vor Jahren hätten anmelden können. Sie würde sich wünschen, dass sich «viele, die sich so ereifern, um wichtigere Dinge kümmern würden». Den Zeitungsverlagen, die eine Rückkehr zur alten Schreibweise angekündigt haben, warf die Ministerin vor, ein «Machtspiel» zu inszenieren.
Dass in Österreich und der Schweiz ein Proteststurm gegen das neue Regelwerk ausgeblieben ist, erklärt sich Wolff mit der allgemeinen Stimmungslage in Deutschland. «Die Rechtschreibreform ist ein Stellvertreter-Thema für all die anderen Reformen, mit denen wir Deutsche uns zurzeit schwer tun», wurde sie zitiert. Überdies sei es ein Thema, das «toll ins Sommerloch passt».
eingetragen von Norbert Lindenthal am 10.08.2004 um 05.22
Dienstag 10. August 2004, 03:45 Uhr
Sprachkritiker Schneider: Rechtschreibreform ist kaputt
Hamburg (ddp). Der Sprachkritiker und Journalistenlehrer Wolf Schneider sieht die Rechtschreibreform als gescheitert an. «Die Reform ist kaputt», sagte Schneider der «Bild»-Zeitung (Dienstagausgabe). \"Daran kommen auch die Ministerpräsidenten und Kultusminister der Länder nicht mehr vorbei.» Die Politik müsse jetzt «umdenken, dem Druck weichen und auf die Mehrheit der Deutschen hören, die diese Reform ablehnen».
Nach Ansicht Schneiders sind die neuen Schreibregeln «reine Fummelei an unserer Sprache, eine Belästigung aller erwachsenen Mitglieder der deutschen Sprachgemeinschaft». Schneider bestritt, dass eine Rückkehr zur alten Schreibweise mit Kosten von angeblich 250 Millionen Euro zu teuer sei: «Das ist eine reine Propagandazahl. Die Kosten können - wie bei der Einführung der Reform - über Jahre gestreckt werden.»
eingetragen von Norbert Lindenthal am 09.08.2004 um 17.03
Montag 9. August 2004, 16:25 Uhr
Klett: Rückkehr zur alten Rechtschreibung kostet 250 Millionen Euro
Stuttgart (ddp). Der Schulbuchverlag Ernst Klett GmbH erwartet im Fall einer Rückkehr zur alten Rechtschreibung für seine Branche Umsatzausfälle von 250 Millionen Euro. Das entspreche knapp dem Jahresumsatz der Branche, sagte Geschäftsführer Johannes Leßmann am Montag in Stuttgart. Allein bei Klett müssten 3000 Schulbuchtitel erneut umgestellt werden. Ein Regress komme nicht in Frage. Das Bundesverfassungsgericht habe 1998 die Ausfälle der Branche bei der damaligen Umstellung als unternehmerisches Risiko gewertet.
Leßmann erwartet nach eigenen Worten, dass die Kultusminister als Kompromiss im Rechtschreibstreit eine Reihe von Ausnahmen für die Getrennt- und Zusammenschreibung festlegen werden. Bei differenzierter Betrachtungsweise werde man feststellen, dass Gegner und Befürworter der neuen Rechtschreibung «nicht so weit aueinander» seien. Die «Fundamentalisten» in beiden Lagern seien allerdings nicht kompromissfähig.
Leßmann lehnte eine inhaltliche Stellungnahme zum Rechtschreibstreit ab. Sein Unternehmen sei Dienstleister der öffentlichen Hand und folge deren Vorgaben. Klett-Chef Michael Klett hatte vergangene Woche in einem Zeitungsinterview erklärt, ihm passten die Kosten der Änderungen als Schulbuchverleger überhaupt nicht, als mündiger Bürger und literarischer Verleger sei er aber glücklich über die Rückkehr der Verlage Springer und «Spiegel» zur alten Rechtschreibung.
eingetragen von Dominik Schumacher am 09.08.2004 um 10.55
Montag 9. August 2004, 09:31 Uhr
»Amtliche Sache« - Wulff für alte Rechtschreibung als Basis der Weiterentwicklung - Ahnen gegen Volksabstimmung über Reform
Berlin (ddp). Im Streit um die Rechtschreibreform plädiert Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) dafür, das Normenwerk auf Basis der alten Regeln weiterzuentwickeln. Er hoffe, dass «die Ministerpräsidenten noch einmal die Kraft finden, gemeinsam die alte Rechtschreibung zur Ausgangsbasis» für «sinnvolle Weiterentwicklungen» zu nehmen, sagte Wulff am Montag.
Es sei «nie zu spät», eine falsche Reform zurückzunehmen, fügte der CDU-Politiker hinzu. Viele Regelungen der Reform seien «nicht einsichtig und haben keine Akzeptanz bei den Bürgern gefunden».
Der Präsident des Deutschen Lehrerverbandes, Josef Kraus, sagte, er erwarte, dass die Ministerpräsidenten das Thema auf ihrer Tagung im Herbst behandeln und «dann hoffentlich eine rasche Entscheidung finden - wie immer sie auch aussehen mag». An den Schulen hoffe man auf ein Ende der Debatten und wünsche sich «wieder Klarheit» über die Rechtschreibnormen. Kraus betonte zugleich, seiner Auffassung nach sollten die Ministerpräsidenten die Kultusminister verpflichten, die derzeit geltende Übergangsphase, in der sowohl die alte als auch die neue Rechtschreibung gelte, über 2005 hinaus um mindestens fünf Jahre zu verlängern.
Der Leiter der Duden-Redaktion, Matthias Wermke, zeigte sich demgegenüber «fast sicher», dass es bei der vorgesehenen Umsetzung 2005 bleiben werde. Der derzeitige «Aufstand» gegen die Reform werde keine große Wirkung haben, da dahinter kein Konzept stehe, betonte Wermke. Er unterstrich zugleich unter Verweis auf die Reform von 1903, dass die Rechtschreibung im Deutschen «immer eine amtliche Sache» gewesen sei. Auch damals sei die Reform von Politikern verabschiedet worden. 1998 habe das Bundesverfassungsgericht zudem bestätigt, dass die Einführung von Rechtschreibregeln an den Schulen «Sache der Kultusminister» sei.
Die Präsidentin der Kultusministerkonferenz (KMK), Doris Ahnen (SPD), wandte sich gegen eine Volksabstimmung über die Rechtschreibreform. Die Mehrzahl der Bürger in Deutschland habe «ganz andere Sorgen», sagte die SPD-Politikerin. Sie verwies auf einen «einstimmigen Beschluss» in der KMK, die Rechtschreibreform zum Sommer 2005 einzuführen. «Zur guten Demokratie gehört auch Verlässlichkeit. Wir können nicht alle drei Tage die Pferde wechseln», betonte die rheinland-pfälzische Kultusministerin.
Der Chefredakteur der «Bild am Sonntag», Claus Strunz, sprach sich dagegen für eine Volksabstimmung über die Reform aus. Er betonte zugleich, die Rückkehr zur alten Schreibweise sei eine Initiative der Chefredakteure. Diese wüssten aus der «direkten Auseinandersetzung mit ihren Lesern», dass diese Rechtschreibreform «nicht funktioniert».
Der «Spiegel»-Verlag und die Axel Springer AG hatten am Freitag mitgeteilt, in allen Print- und Online-Publikationen schnellstmöglich auf die alte Rechtschreibung umstellen zu wollen. Auch die «Süddeutsche Zeitung» kündigte an, von der neuen Rechtschreibung wieder abzurücken.
(Quellen: Kraus im Deutschlandfunk; Wermke im ARD-»Morgenmagazin\"; Wulff im Bayerischen Rundfunk; Ahnen, Rüttgers und Strunz am Sonntagabend in der ARD»)
eingetragen von Norbert Lindenthal am 09.08.2004 um 05.41
Sonntag 8. August 2004, 12:34 Uhr
Die Fronten im Streit um die Rechtschreibung
Frankfurt/Main (AP) Im Streit um die Rechtschreibreform sind die Fronten unübersichtlich. Nicht nur zwischen den Verlagen, sondern auch bei den Bundesländern und Parteien gibt es widersprüchliche Meinungen. AP gibt im Folgenden einen Überblick über die wichtigsten Positionen.
Bundesländer:
Vorreiter im politischen Kampf gegen die Rechtschreibreform ist der niedersächsische Ministerpräsident Christian Wulff (CDU). Unterstützt wird er von seinem saarländischen Amts- und Parteikollegen Peter Müller. Der bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber, derzeit Vorsitzender der Ministerpräsidentenkonferenz, kündigte an, sich weiter für die Abschaffung der Reform einzusetzen - obwohl die CSU in der Kultusministerkonferenz wie alle anderen Länder für die neue Rechtschreibung gestimmt hatte. Die SPD-regierten Bundesländer sind für die Beibehaltung der neuen Schreibweisen. Auch in den CDU-regierten Ländern gibt es teils deutlichen Widerstand gegen eine Rücknahme der Reform - vor allem in Ostdeutschland, aber auch Hamburg und Hessen hatten sich zuletzt für die neue Rechtschreibung ausgesprochen. Die Wahrscheinlichkeit, dass die Reform tatsächlich zurückgenommen wird, tendiert damit gegen Null: Nötig dafür wäre ein einstimmiger Beschluss der Kultus- und der Ministerpräsidentenkonferenz.
Parteien:
CDU-Generalsekretär Laurenz Meyer begrüßte am Wochenende die Rückkehr der Großverlage zur alten Rechtschreibung. Auch FDP-Chef Guido Westerwelle und der Vorsitzende der FDP-Bundestagsfraktion, Wolfgang Gerhardt, machten ihre Ablehnung der Reform deutlich. Die parteilose Kulturstaatsministerin Christina Weiss sprach sich bereits im Juni für Änderungen aus. Bundesforschungsministerin Edelgard Bulmahn (SPD) kritisierte dagegen das «Hin und Her» um die Rechtschreibung als unerträglich.
Zeitungen und Verlage:
Die «Frankfurter Allgemeine Zeitung» verabschiedete sich als erste große Zeitung bereits 2000 nach einem Jahr von der neuen Rechtschreibung. Die Großverlage Spiegel und Axel Springer (»Bild», «Welt») erklärten am Freitag ihre Abrücken von der Reform - allerdings noch ohne Termin. Die «Süddeutsche Zeitung» will folgen. Sowohl der Bauer- als auch der Jahreszeiten-Verlag äußerten Sympathie für den Vorstoß von Spiegel und Springer. Der Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger erwartet eine «Signalwirkung» für andere Medien. Der Bundesvorsitzende des Deutschen Journalistenverbandes, Michael Konken, erklärte, die Rechtschreibreform sei nicht mehr zu halten. Trotzdem wollen Burda (»Focus»), Gruner & Jahr (»Stern), Holtzbrinck (»Die Zeit») sowie Tageszeitungen wie die «TAZ», «Frankfurter Rundschau» und «Tagesspiegel» zunächst bei der neuen Rechtschreibung bleiben. Die Nachrichtenagenturen AP und dpa wollen zunächst die Reaktion der Kunden abwarten.
Bildungsinstitutionen:
Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) ist für die Beibehaltung der Reform und verweist darauf, dass die Kinder seit Einführung der neuen Rechtschreibung weniger Fehler machten. Der Deutsche Philologenverband mahnte einen schnellen Kompromiss an. Der Deutsche Lehrerverband (DL) forderte dagegen die Rückkehr zur alten Rechtschreibung.
Schriftsteller und Publizisten:
Krimiautorin Ingrid Noll will sich sinnvollen Reformen nicht verweigern. Literaturkritiker Marcel Reich-Ranicki plädiert für die alte Rechtschreibung mit kleinen Korrekturen. Bereits 1996 hatten sich rund 100 namhafte Schriftsteller auf der Frankfurter Buchmesse für den Stopp der Reform ausgesprochen.
Ausland:
Im deutschsprachigen Ausland reagierte man verwundert und ablehnend auf eine mögliche Rücknahme der Reformen. Eine Kehrtwende würde in den Schulen zu Chaos führen, sagte etwa der Präsident der Schweizerischen Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren (EDK), Ulrich Stöckling, am Wochenende und forderte die deutsche Kultusministerkonferenz auf, den Forderungen nach einer Wiedereinführung der alten Schreibweise nicht nachzugeben.
eingetragen von Norbert Lindenthal am 07.08.2004 um 16.52
Samstag 7. August 2004, 14:59 Uhr
Schavan gegen generelle Rücknahme der Rechtschreibreform
München (ddp-bay). Die baden-württembergische Kultusministerin Annette Schavan (CDU) ist gegen die generelle Rücknahme der Rechtschreibreform. Sie sehe weder in der Kultusminister- noch in der Ministerpräsidentenkonferenz eine Mehrheit für ein schlichtes Zurück zum alten Regelwerk, sagte Schavan in Stuttgart. Das gemeinsame Regelwerk für den deutschen Sprachraum bezeichnete sie als «sinnvoll».
Gleichzeitig wies die Ministerin, die die unionsgeführten Länder in der Kultusministerkonferenz (KMK) koordiniert, darauf hin, dass die Bundesverbände der Zeitschriften- und Zeitungsverleger an der Entstehung der Rechtschreibreform beteiligt waren. Die Verbände hätten die KMK bereits im vergangenen Jahr gebeten, den vierten Bericht der zwischenstaatlichen Kommission zügig zu verabschieden und hätten die dort gemachten Vorschläge begrüßt. Schavan betonte: «Die Kultusministerkonferenz muss sich auf so klare Voten verlassen können.»
Die Ministerin betonte ferner, dass die KMK auch die Einsetzung eines Rats der deutschen Rechtschreibung beschlossen habe, der die Aufgaben der früheren Duden-Redaktion übernehmen und die Entwicklung von Sprache sowie der Rechtschreibreform begleiten und gegebenenfalls praxisnah korrigieren soll. Schavan kündigte an, dass die KMK der Ministerpräsidentenkonferenz Vorschläge für die Zusammensetzung des Rats und die damit verbundenen Möglichkeiten zur Entwicklung des Regelwerks machen werde.
Der «Spiegel»-Verlag und die Axel Springer AG hatten am Freitag mitgeteilt, in allen Print- und Online-Publikationen schnellstmöglich auf die alte Rechtschreibung umstellen zu wollen. Auch die «Süddeutsche Zeitung» kündigte an, von der neuen Rechtschreibung wieder abzurücken.
eingetragen von Norbert Lindenthal am 07.08.2004 um 16.34
Samstag 7. August 2004, 12:56 Uhr
Kulturrat: KMK muss wieder Herr der Rechtschreibreform werden
Berlin (ddp). Der Deutsche Kulturrat fordert die Kultusministerkonferenz (KMK) auf, wieder Herr des Verfahrens bei der Rechtschreibreform zu werden. Kulturrat-Geschäftsführer Olaf Zimmermann, sagte am Samstag in Berlin, die KMK müsse jetzt endlich wieder das Heft des Handelns übernehmen und ihrer eigenen Demontage entgegenwirken. Zimmermann betonte: «Eine Entscheidung muss her, so - oder so, aber jetzt und nicht erst in zwei Monaten.»
Anfang Juni hatte die KMK einstimmig entschieden, den Übergangszeitraum für die Rechtschreibreform zum 1. August 2005 enden zu lassen und damit die Rechtschreibreform für verbindlich zu erklären. Dass nun einzelne Ministerpräsidenten den Beschluss ihrer eigenen Kulturminister widerrufen, sei ein «bedenkliches Zeichen und eine deutliche Schwächung» des Gremiums, sagte Zimmermann.
Die Auseinandersetzung um die neuen Rechtschreibregeln nehme «immer skurrilere Formen» an. Es sei schon interessant zu sehen, dass sich gerade die «Bild»-Zeitung als «Institution zur Rettung der Schreibkultur in Deutschland aufspielt. Ob sich da nicht der Bock zum Gärtner gemacht hat?»
eingetragen von Norbert Lindenthal am 07.08.2004 um 15.48
Politiker will entsprechenden Antrag in Bundesrat einbringen
Westerwelle will mit Springer an Front kämpfen
veröffentlicht: 07.08.04 - 09:05
Die alte und neue Rechtschreibung. Welche siegt? Foto: AP
Frankfurt/Main (rpo). Der FDP-Vorsitzende Guido Westerwelle hält die neue Rechtschreibung für überflüssig und will für die Rücknahme der Reform kämpfen. Der Politiker will einen entsprechenden Antrag in den Bundesrat bringen - mit Edmund Stoibers Hilfe.
"Die neue Rechtschreibung ist so überflüssig wie ein Kropf", sagte er der "Welt am Sonntag". Daher könne und sollte sie rückgängig gemacht werden. Westerwelle forderte den bayerischen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber auf, im Bundesrat einen entsprechenden Antrag einzureichen. "Jetzt geht das noch. Ich werde dafür kämpfen", sagte der FDP-Chef.
Am Freitag hatten die Großverlage Axel Springer und Spiegel überraschend die Rückkehr zu den alten Regeln angekündigt. Grund sei die mangelnde Akzeptanz der Rechtschreibreform in der Bevölkerung. Die "Süddeutsche Zeitung" will sich anschließen; die "FAZ" boykottiert die Reform schon seit Jahren.
eingetragen von Norbert Lindenthal am 07.08.2004 um 06.56
Samstag 7. August 2004, 06:16 Uhr
Politiker streiten über Rücknahme der Rechtschreibreform
Berlin (AFP) - Die von mehreren Großverlagen angekündigte Rückkehr zur alten Rechtschreibung hat in Deutschland eine heftige Debatte ausgelöst. "Ich bin gegen eine Reform der Reform", sagte Thüringens Ministerpräsident Dieter Althaus (CDU) der "Berliner Zeitung" (Samstagsausgabe). Der brandenburgische Bildungsminister Steffen Reichesprach sich ebenfalls für die Beibehaltung der neuen Regeln aus. Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) sagte, angesichts der Abkehr großer Verlage von der neuen Rechtschreibung bestehe Handlunsgbedarf. FDP-Chef Guido Westerwelle forderte die Rücknahme der Rechtschreibreform.
"Für die nachfolgende Generation bringt die Rechtschreibreform wesentliche Vereinfachungen", sagte Reiche der "Berliner Zeitung". Das zeige sich bereits heute in den Grundschulen. Eine Abkehr von der Rechtschreibreform wäre laut Reiche wegen der Anschaffungen neuer Schulbücher zudem ein finanzielles Problem.
Der Berliner Kultursenator Thomas Flierl (PDS) sagte der "Berliner Zeitung", wenn jetzt mehrere Zeitungen und Verlage zur alten Rechtschreibung zurückkehren, "werden sich auch die Kultusminister in dieser Frage neu positionieren müssen". Er bekräftigte seinen Wunsch einer vorsichtigen Revision der Reform, um deren hässlichste Fehler auszumerzen. "Die Hauptsache ist jetzt die Vermeidung von Kleinstaaterei und die Herstellung einer einheitlichen Rechtschreibung. Das muss vor allem mit Österreich und der Schweiz abgestimmt werden."
Stoiber, der derzeit Vorsitzender der Ministerpräsidentenkonferenz ist, forderte eine eingehende Überprüfung der Rechtschreibreform. Er habe das Thema bereits auf die Tagesordnung der Ministerpräsidenten gesetzt, erklärte er in München. "Ich bin davon überzeugt, dass es die Beratungen der Ministerpräsidenten wesentlich beeinflussen wird, wenn jetzt auch große Verlagshäuser zur alten Rechtschreibung zurückkehren", erklärte Stoiber. Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) hatte zuvor gesagt, er wolle die "komplette Rücknahme" der Reform auf der Ministerpräsidentenkonferenz im Oktober durchsetzen.
Stoiber sagte, die Unsicherheit über das richtige Schreiben werde "immer offensichtlicher". Es müsse geprüft werden, ob Teile der Rechtschreibreform beibehalten und andere Teile aufgegeben werden könnten. "Auf jeden Fall besteht Handlungsbedarf. Es kann nicht sein, dass im Ergebnis jeder schreibt wie er will und es keine akzeptierte Ordnung mehr gibt."
Westerwelle nannte die Reform "Unfug". "Die neue Rechtschreibung ist so überflüssig wie ein Kropf", sagte der FDP-Chef der "Welt am Sonntag". "Die kann und sollte man rückgängig machen." Er selbst werde dafür kämpfen.
Der Literaturkritiker Marcel Reich-Ranicki nannte die neue Rechtschreibung "dämlich". Im Südwestrundfunk forderte er die Wiedereinführung der alten Schreibweise, allerdings mit Änderungen. So sprach er sich nach dem Vorbild der Schweiz für die endgültige Abschaffung des "ß" aus.
Der Geschäftsführer der Rechtschreibkommission, Klaus Heller, sagte der "Hannoverschen Allgemeinen Zeitung" (Wochenendausgabe), die Rückkehr einiger Verlage zur alten Rechtschreibung sei ein "Erpressungsversuch". Er halte das Vorgehen für "unmoralisch". "Die Rechtschreibreform ist ein jahrzehntelanger demokratischer Prozess gewesen. Jetzt wird versucht, diesen einfach auszuhebeln."
Die Axel Springer AG und der Spiegel-Verlag hatten am Freitag erklärt, sie wollten "schnellstmöglich" auf die alte Rechtschreibung umstellen. Der Süddeutsche Verlag will sich anschließen. Auch die Bauer-Verlagsgruppe schließt eine Änderung nicht aus, will aber noch abwarten.
eingetragen von Norbert Lindenthal am 07.08.2004 um 01.52
Samstag 7. August 2004, 01:28 Uhr
Kritik an Rückkehr zu alter Rechtschreibung
Hannover (AP) Der Geschäftsführer der Rechtschreibkommission, Klaus Heller, hat die Rückkehr einiger Verlage zur alten Rechtschreibung scharf kritisiert und als Erpressungsversuch gebrandmarkt. Heller sagte der «Hannoverschen Allgemeinen Zeitung», der Boykott der neuen Regeln sei zwar nicht ungesetzlich. «Ich halte es aber für unmoralisch. Die Rechtschreibreform ist ein jahrzehntelanger demokratischer Prozess gewesen. Jetzt wird versucht, diesen einfach auszuhebeln.»
Heller befürchtet ein Chaos: «Es kann doch nicht sein, dass in der Schule etwas gelehrt wird, das anders ist als das, was man liest.»
Auch führende ostdeutsche Politiker wandten sich gegen eine Rücknahme der Rechtschreibreform. «Ich bin gegen eine Reform der Reform», sagte der Ministerpräsident von Thüringen, Dieter Althaus (CDU), der «Berliner Zeitung». Der brandenburgische Bildungsminister Steffen Reiche (SPD) sprach sich ebenfalls für die Beibehaltung der neuen Regeln aus. «Für die nachfolgende Generation bringt die Rechtschreibreform wesentliche Vereinfachungen. Das zeigt sich bereits heute in den Grundschulen», sagte er. Er verwies darauf, dass durch die Rechtschreibreform viele Ausnahmeregelungen sinnvollerweise aufgegeben worden seien.
Eine Abkehr von der Rechtschreibreform wäre auch ein finanzielles Problem, wie Reiche sagte. «In den vergangenen Jahren sind viele Schulbücher neu gedruckt und gekauft worden.»
Der Berliner Kultursenator Thomas Flierl (PDS) sagte: «Wenn jetzt mehrere Zeitungen und Verlage zur alten Rechtschreibung zurückkehren, werden sich auch die Kultusminister in dieser Frage neu positionieren müssen. Er bekräftigte er seinen Wunsch einer vorsichtigen Revision der Reform, um deren hässlichste Fehler auszumerzen. «Die Hauptsache ist jetzt die Vermeidung von Kleinstaaterei und die Herstellung einer einheitlichen Rechtschreibung. Das muss vor allem mit Österreich und der Schweiz abgestimmt werden.»
Die Großverlage Axel Springer und Spiegel hatten am Freitag überraschend die Rückkehr zu den alten Regeln angekündigt. Grund sei die mangelnde Akzeptanz der Rechtschreibreform in der Bevölkerung. Die «Süddeutsche Zeitung» will sich anschließen; die «FAZ» boykottiert die Reform schon seit Jahren. Die Präsidentin der Kultusministerkonferenz reagierte entrüstet.
eingetragen von Norbert Lindenthal am 06.08.2004 um 22.18
Freitag 6. August 2004, 12:55 Uhr
Springer kehrt zur alten Rechtschreibung zurück
Hamburg (AFP) - Die Axel Springer AG und der Spiegel-Verlag kehren in ihren Print- und Online-Publikationen zur alten Rechtschreibung zurück. In einer gemeinsamen Erklärung appellierten die beiden Verlage an andere Medienunternehmen sowie an die Nachrichtenagenturen, sich diesem Schritt anzuschließen. Die Schreibweise bei Springer und Spiegel soll "schnellstmöglich" wieder umgestellt werden. Ziel sei die Wiederherstellung einer einheitlichen deutschen Rechtschreibung.
Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) begrüßte die Ankündigung. "Der Ministerpräsident sieht das als einen wichtigen Schritt auf dem Weg zur Korrektur dieser total gescheiterten Rechtschreibreform", sagte ein Sprecher der niedersächsischen Staatskanzlei in Hannover. Wulff sehe sich jetzt in seinem Ziel gestärkt, die "komplette Rücknahme" der Rechtschreibreform auf der Ministerpräsidentenkonferenz im Oktober durchsetzen zu können.
Wulff hatte im Juni die politische Debatte um eine Rückkehr zur alten Rechtschreibung neu entfacht. Nach der bisherigen Planung sollen die umstrittenen neuen Regel ab August 2005 an allen Schulen und Universitäten verbindlich gelten.
eingetragen von Norbert Lindenthal am 06.08.2004 um 21.58
Freitag 6. August 2004, 13:01 Uhr
Der lange Kampf ums richtige Schreiben
Frankfurt/Main (AP) Der Kampf für und gegen die Rechtschreibreform im deutschsprachigen Raum hat eine lange Geschichte:
1901: Eine «Orthografische Konferenz» in Berlin legt für Schulen eine einheitliche Rechtschreibung fest. Das Wörterbuch des Lehrers Konrad Duden gilt als verbindlich.
1992: Nach vielen gescheiterten Anläufen, das Schreiben zu vereinfachen, legen Sprachwissenschaftler aus Deutschland, Österreich und der Schweiz einen weiteren Vorschlag zur Neuregelung vor.
November 1994: Kultusbeamte aus den deutschsprachigen Staaten billigen den Vorschlag.
Juli 1995: Das Regelwerk wird veröffentlicht. Landespolitiker erheben Einspruch gegen einzelne Wortschreibungen.
Dezember 1995: Die Kultusminister stimmen einer überarbeiteten Fassung zu.
1. Juli 1996: In Wien unterzeichnen Vertreter der deutschsprachigen Staaten eine gemeinsame Absichtserklärung. Die neuen Regeln sollen ab 1. August 1998 in Schulen und Behörden gelten. Bis August 2005 sollen die alten Schreibweisen geduldet werden.
6. Oktober 1996: Rund 100 namhafte Schriftsteller fordern auf der Frankfurter Buchmesse den Stopp der Reform. In neu erschienenen Wörterbüchern sorgen Widersprüche für Verwirrung.
25. März 1997: In Mannheim konstituiert sich die Zwischenstaatliche Kommission, die an Stelle des Dudens Zweifelsfälle regeln soll.
29. Juli 1997: Das Verwaltungsgericht Wiesbaden gibt dem Eilantrag eines Vaters gegen den Unterricht nach den neuen Regeln statt. In der Folge entscheiden zahlreiche weitere Verwaltungsgerichte teils für, teils gegen klagende Eltern.
20. Oktober 1997: Niedersachsen setzt den Unterricht nach den neuen Regeln aus, weil das Oberverwaltungsgericht Lüneburg die Einführung der Reform ohne Gesetz für rechtswidrig hält.
Januar 1998: Die Mannheimer Kommission schlägt einige Änderungen vor, um Ungereimtheiten zu beseitigen. Die Kultusminister lehnen ab.
3. Juni 1998: In Schleswig-Holstein haben Reformgegner über 220.000 Unterschriften gesammelt und so einen Volksentscheid erzwungen.
14. Juli 1998: Das Bundesverfassungsgericht sieht keinen Verstoss gegen Grundrechte; die Reform kann wie geplant am 1. August in Kraft treten.
1. August 1998: Nordrhein-Westfalen, Saarland, Rheinland-Pfalz, Hessen, Thüringen, Sachsen-Anhalt, Sachsen und Brandenburg führen die neue Rechtschreibung im öffentlichen Dienst ein.
27. September 1998: Die Wähler von Schleswig-Holstein entscheiden sich bei einer Volksabstimmung mit 56,4 Prozent gegen die neuen Rechtschreibregeln.
16. Februar 1999: Ein Vater aus Elmshorn klagt auf Anwendung der Rechtschreibreform auch an Schulen in Schleswig-Holstein.
24. März 1999: Das Bundesverwaltungsgericht weist die 1997 eingereichte Klage eines Berliner Schülers ab und lässt die neuen Schreibregeln damit auch in der Hauptstadt zu.
29. März 1999: Das Verwaltungsgericht Schleswig-Holstein weist die Klage des Elmshorner Vaters auf Einführung der Reform zurück.
10. Mai 1999: Gegner der Rechtschreibreform starten ein Volksbegehren in Berlin.
16. und 19. Juli 1999: In Mecklenburg-Vorpommern und Bremen werden Volksbegehren gegen die Rechtschreibreform eingeleitet.
29. Juli 1999: Das Bundesverfassungsgericht weist den Antrag des Elmshorner Vaters auf einstweilige Anordnung zur Einführung der neuen Rechtschreibung an den Schulen in Schleswig-Holstein zurück.
1. August 1999: Die Rechtschreibreform wird bei den deutschen Nachrichtenagenturen und damit auch im Zeitungswesen verbindlich eingeführt.
17. September 1999: Der Kieler Landtag beschliesst Einführung der Rechtschreibreform für Schleswig-Holstein.
26. Juli 2000: Ein Jahr nach In-Kraft-Treten der Rechtschreibreform kehrt mit der «Frankfurter Allgemeinen Zeitung» (FAZ) eine der renommiertesten deutschen Tageszeitungen zur alten Rechtschreibung zurück. Schriftsteller begrüssen den Schritt.
1. Oktober 2000: Der Deutsche Hochschulverband kehrt in seinem gesamten Schriftverkehr sowie mit der Zeitschrift «Forschung & Lehre» ebenfalls zur bisherigen Rechtschreibung zurück.
4. Juni 2004: Beschluss der Kultusministerkonferenz: Vom 1. August 2005 an gilt in den Schulen grundsätzlich die neue Rechtschreibung. Mit dem Ende der bis dahin laufenden Übergangsfrist treten nur noch geringfügige Änderungen in Kraft.
13. Juni 2004: Politiker von CDU und FDP schliessen sich der Forderung des niedersächsischen Ministerpräsidenten Christian Wulff an, die Rechtschreibreform abzuschaffen.
17. Juni 2004: Auch Kulturstaatsministerin Christina Weiss spricht sich für eine Änderung aus.
26. Juli 2004: Die Bundesregierung wendet sich gegen Bestrebungen mehrerer unionsregierter Länder, die Rechtschreibreform zu kippen.
6. August 2004: Die Axel Springer AG und der Spiegel-Verlag kehren zur alten Rechtschreibung zurück.
eingetragen von Norbert Lindenthal am 06.08.2004 um 21.47
Freitag 6. August 2004, 17:47 Uhr
Stoiber für Überprüfung der Rechtschreibreform
München (ddp-bay). Der bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) ist für eine eingehende Überprüfung der Rechtschreibreform. Stoiber betonte am Freitag in München, es bestehe Handlungsbedarf. Es könne nicht sein, «dass im Ergebnis jeder schreibt, wie er will, und es keine akzeptierte Ordnung mehr gibt».
Stoiber ist derzeit Vorsitzender der Ministerpräsidentenkonferenz. Er verwies darauf, dass er das Thema Rechtschreibreform bereits auf die Tagesordnung der Regierungschefs gesetzt habe. Der CSU-Chef fügte hinzu: «Ich bin davon überzeugt, dass es die Beratungen der Ministerpräsidenten wesentlich beeinflussen wird, wenn jetzt auch große Verlagshäuser zur alten Rechtschreibung zurückkehren.»
Stoiber betonte zugleich: «Wir gehen ohne Vorfestlegung und ergebnisoffen in die Diskussion. Nachdem sich die kritischen Stimmen zu den Erfahrungen mit der Rechtschreibreform jedoch mehren, wird immer offensichtlicher, dass mit der Rechtschreibreform erhebliche Unsicherheit über das richtige Schreiben eingetreten ist.» Es sei nun auch zu prüfen, «ob Lösungen möglich sind, mit denen Teile der bisherigen Rechtschreibreform beibehalten und andere Teile aufgegeben werden können».
eingetragen von Norbert Lindenthal am 06.08.2004 um 21.43
Freitag 6. August 2004, 17:40 Uhr
NRW behält Rechtschreibreform bei - Auch große Zeitungshäuser sehen vorerst keinen Änderungsbedarf
Düsseldorf (ddp-nrw). Das Land Nordrhein-Westfalen sieht nach der Rückkehr von Springer-Verlag und «Spiegel»-Verlag zur klassischen alten Rechtschreibung keinen Anlass für eine Änderung der Rechtschreibreform. Auch die großen Zeitungsverlage in NRW wollen die neue Rechtschreibung beibehalten.
Die Reform habe sich an den Schulen des Landes bewährt. Daher sei es «unsinnig», die Regelungen wieder rückgängig zu machen, sagte Landesschulministerin Ute Schäfer (SPD) am Freitag in Düsseldorf. Die Rechtschreibreform sei ohnehin nur verbindlich für Schulen und Behörden.
Pressehäuser, Schriftsteller und Privatpersonen hätten weiter die freie Wahl, die alten Regeln zu benutzen. An den NRW-Schulen seien die Reaktionen auf die neuen Rechtschreibregeln aber bisher positiv, hob Schäfer hervor. Einer Rücknahme der Reform erteilte sie auch aus Kostengründen eine Absage. Der bürokratischen Aufwand dazu sei schlicht zu hoch.
Die großen Zeitungsverlage in NRW sehen nach dem Vorstoß von Springer und «Spiegel» vorerst keinen Änderungsbedarf. «Wir entscheiden das nicht im Taifun des Sommerlochs», sagte der Sprecher der Zeitungs- und Zeitschriftengruppe WAZ, Peter Klossek. Die Publikationen der WAZ-Gruppe würden so lange an den neuen Rechtschreibregeln festhalten, bis eine für alle endgültige und einheitliche Rechtschreibregelung gelte.
Auch der Zeitungsverlag M. Dumont Schauberg (unter anderem «Kölner Stadt-Anzeiger») wird in seinen Publikationen die reformierte Rechtschreibung beibehalten, wie eine Sprecherin des Verlags sagte.
Die CDU-Fraktion im Düsseldorfer Landtag erklärte dagegen, die neue Rechtschreibung habe sich nicht in vollem Umfang bewährt. Daher sei eine Rückkehr und Wiederherstellung der Schreibsicherheit und damit auch Sprachsicherheit für alle die sinnvollste Lösung, sagte der CDU-Schulexperte Bernhard Recker.
Die FDP-Landtagsfraktion nannte den Vorstoß von Springer und «Spiegel» einen «Schritt in die richtige Richtung». NRW-Ministerpräsident Peer Steinbrück (SPD) sei jetzt gefordert, bei der anstehenden Konferenz der Ministerpräsidenten für eine Abschaffung der neuen Rechtschreibregeln einzutreten, erklärte der bildungspolitische Fraktionssprecher Ralf Witzel. (Quellen: Schäfer und Verlagssprecher auf Anfrage, CDU und FDP in Pressemitteilungen)
eingetragen von Norbert Lindenthal am 06.08.2004 um 20.29
Freitag 6. August 2004, 13:10 Uhr
Wulff begrüßt Rückkehr zur alten Rechtschreibung
Hannover (AP) Der niedersächsische Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) hat die Rückkehr des Spiegel-Verlags und der Axel Springer AG zur alten Rechtschreibung begrüßt. Die Entscheidung der beiden Verlage sei ein gewichtiger Schritt in Richtung der Korrektur der total gescheiterten Rechtschreibreform, erklärte der CDU-Politiker am Freitag in Hannover.
Auf der nächsten Ministerpräsidentenkonferenz werde er für eine Rücknahme der Reform kämpfen und freue sich deshalb über jeden neuen Mitstreiter. «Die eingerissene völlige Beliebigkeit beim Schreiben, die immer krasser werdenden Unterschiede zwischen gelernten und gelesenem Deutsch» müssten schnellst möglich beendet werden, sagte Wulff.
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