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eingetragen von Norbert Lindenthal am 07.08.2004 um 17.06

Madsack Mediengruppe
7.8.2004

dpa - Politik

Rechtschreibung erneut auf dem Prüfstand

Hamburg (dpa) - Im erbitterten Streit um die Rechtschreibung in Deutschland hat sich die Mehrheit der Bundesländer für eine Beibehaltung der neuen Regeln ausgesprochen. Lehrerverbände warnten am Samstag vor einer Verunsicherung in den Schulen bei einer Rücknahme der seit sechs Jahren gelehrten Schreibweisen.

Der niedersächsische Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) appellierte nach der angekündigten Rückkehr der Axel Springer AG und des Spiegel- Verlags zur alten Rechtschreibung hingegen an die anderen Länderchefs, bei ihrem Treffen im Oktober «das Scheitern der Rechtschreibreform» einzugestehen.

«Jetzt können wir es wirklich schaffen, mit einem mutigen Sprung zur alten Rechtschreibung zurückzukehren», sagte Wulff der «Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung». Auch der saarländische Ministerpräsident Peter Müller (CDU) und der FDP-Vorsitzende Guido Westerwelle begrüßten den Vorstoß der Verlage. «Die neue Rechtschreibung ist so überflüssig wie ein Kropf», sagte Westerwelle.

Der bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) und Berlins Kultursenator Thomas Flierl (PDS) brachten eine Rücknahme nur von Teilen der Reform ins Gespräch. Die Kultusministerkonferenz (KMK) will sich am 14. und 15. Oktober abermals mit der Rechtschreibung befassen, eine Woche zuvor tagen die Ministerpräsidenten.

Die Kultusminister hatten beschlossen, dass die bereits vor sechs Jahren in Schulen und Ämtern eingeführten neuen Regeln dort vom 1. August 2005 alleine gültig sein sollen. Der Deutsche Kulturrat warnte vor einer Demontage der KMK für den Fall, dass die Länderchefs die Entscheidung an sich ziehen.

12 der 16 Landesregierungen sprachen sich für ein grundsätzliches Festhalten der Rechtschreibreform aus. Thüringens Ministerpräsident Dieter Althaus (CDU) sagte der «Berliner Zeitung»: «Ich bin gegen eine Reform der Reform.» Nach der Befürchtung seines sächsischen Amtskollegen Georg Milbradt (CDU) brächte eine Rückkehr zu den alten Regeln neue Verwirrung.

Die SPD-geführten Länder wollen an der Reform festhalten. Der Vorstoß der beiden Verlage hätte «viel mit Kampagne und Public Relations, wenig mit Inhalt zu tun», kritisierte der rheinland- pfälzische Regierungschef Kurt Beck. Längere Übergangsfristen und einzelne Korrekturen könnten die Debatte jedoch entschärfen, schlug Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck (beide SPD) vor. Bayern und Baden-Württemberg wollen in die anstehenden Beratungen «ergebnisoffen» hineingehen. «Dass in der Rechtschreibreform übers Ziel hinaus geschossen wurde, ist aber offensichtlich», sagte Ministerpräsident Erwin Teufel (CDU).

Lehrer- und Kulturverbände warnten vor einem Chaos an den Schulen und neuen Millionenkosten, wenn die Reform nun wieder rückgängig gemacht würde. «Es gibt keinerlei uns bekannte nennenswerte Probleme, weder bei Schülern noch bei Lehrkräften, die eine Veranlassung gäbe, von der neuen Rechtschreibung wieder Abstand zu nehmen», sagte Eva- Maria Stange, Vorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft im NDR. «Mit einer Reform der Reform werden Kinder zu Versuchskaninchen für die Anhäufung unterschiedlicher Schreibweisen gemacht», sagte Karl-Heinz Wurster, Vorsitzender des Philologenverbands Baden-Württemberg.

Die deutschen Schulbuchverlage hatten im Juli die möglichen Kosten für die Umstellung sämtlicher Bücher bei einer Rücknahme der Reform auf bis zu 250 Millionen Euro geschätzt.

Als eine gefährliche «Angelegenheit des Sommerlochs» kritisierte die Gesellschaft für deutsche Sprache (GfdS) den Schritt der beiden Zeitungsverlage. Literaturkritiker Marcel Reich-Ranicki zeigte sich im dpa-Gespräch hingegen «froh und sehr zufrieden». Auch die «Süddeutsche Zeitung» hatte am Freitag angekündigt, zur alten Rechtschreibung zurückzukehren.

Der Chefredakteur des Nachrichtenmagazins «Der Spiegel», Stefan Aust, verteidigte die Entscheidung seines Hauses und begründete den Entschluss im Inforadio des RBB mit der nach wie vor mangelnden Akzeptanz der neuen Regeln durch die Bevölkerung. Nach einer Forsa- Umfrage im Auftrag von RTL unter 506 Befragten sind 75 Prozent der Bundesbürger für die alte Rechtschreibung, bei den 16- bis 29- Jährigen sind es 66 Prozent.

In der Schweiz und Österreich stieß die Debatte in Deutschland bei Medien und Politikern auf Kritik. So erklärte der Präsident der kantonalen Erziehungsdirektoren (EDK), Hans Ulrich Stöckling, für die Schweizer Schulen wäre eine Rückkehr zur alten deutschen Rechtschreibung eine fatale Entwicklung. Das EDK entspricht etwa der deutschen Kultusministerkonferenz.

Veröffentlicht 07.08.2004 16:09 Uhr
Zuletzt aktualisiert 07.08.2004 16:09 Uhr


eingetragen von Norbert Lindenthal am 06.08.2004 um 22.20

6.8.2004

dpa - Vermischtes

Umfrage: Mehrheit will zurück zu alter Rechtschreibung

Hamburg/Berlin/Saarbrücken (dpa) - Mehr als die Hälfte der Deutschen möchte zur alten Rechtschreibung zurückkehren. Das ergab eine Forsa-Umfrage im Auftrag des Magazins «Stern» in der vergangenen Woche.

Demnach sind 55 Prozent der Bundesbürger gegen die Rechtschreibreform, nur 38 Prozent der 1001 Befragten wollen an den neuen Schreibregeln festhalten. Mit der umstrittenen Reform wird sich im Oktober die Kultusministerkonferenz (KMK) auf Antrag des saarländischen Bildungsministers Jürgen Schreier (CDU) noch einmal befassen.

Anfang Juni hatten die Kultusminister einstimmig beschlossen, die neuen Regeln zum 1. August 2005 verbindlich zu machen. Mehrere Ministerpräsidenten, darunter Christian Wulff (Niedersachsen/CDU) und Peter Müller (Saarland/CDU), wandten sich in der Zwischenzeit gegen diesen Beschluss. Der bildungspolitische Sprecher der SPD-geführten Bundesländer, Wissenschaftsminister Jürgen Zöllner (Rheinland-Pfalz), wertete die Initiative Schreiers vor dem Hintergrund der Saar- Landtagswahl im September als «durchschaubares Wahlkampfmanöver».

Nach Ansicht des Deutschen Journalistenverbandes (DJV) sollte die Rechtschreibreform nicht zurückgenommen werden. Das käme einer völlig unsinnigen Geldvernichtung gleich, sagte der DJV-Bundesvorsitzende Michael Konken in Berlin. Verlage hätten ebenso wie freie Journalisten Millionenbeträge in neue Korrekturprogramme und Lexika investiert.

Saar-Ministerpräsident Müller bekräftigte unterdessen seine Position, wonach die Regelungen der Rechtschreibreform nicht verbindlich werden sollen. «Die Reform ist bei den Menschen nicht angekommen», sagte er mit Blick auf die mehrheitliche Ablehnung der neuen Schreibregeln in Umfragen. Müller sieht für eine Revision der Rechtschreibreform auch Unterstützung aus Österreich und der Schweiz.

Nach der Forsa-Umfrage sind besonders Ältere mit der Reform unzufrieden: 59 Prozent der 45- bis 59-Jährigen und 64 Prozent der über 59-Jährigen lehnen die Reform ab. Dagegen ist bei den unter 30- Jährigen die Hälfte der Befragten für die neue Rechtschreibung.

Veröffentlicht 06.08.2004 13:21 Uhr
Zuletzt aktualisiert 06.08.2004 13:21 Uhr


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