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-- DUDEN 2004 (http://Rechtschreibung.com/Forum/showthread.php?threadid=1038)


eingetragen von Calva Dos am 18.04.2005 um 13.06

Smile

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Detlef Lindenthal
Die angeblich amtliche Regelung erlaubt in ihren zueinander widersprüchlichen §§ 108 und 110 etliche Trennfugen, und der Duden wählt daraus willkürlich aus. Damit ist der Duden
unsystematisch,
unwissenschaftlich,
grober Unfug,
jugendgefährdend,
beamtenveralbernd,
antidemokratisch, er
untergräbt das Grundvertrauen im und in den Staat und ist damit
umstürzlerisch.


Vielleicht sollte man den Duden der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien (BPjM) vorlegen. Mit etwas Glück wird dieses Werk indiziert und darf nur noch in Baumschulen benutzt werden


eingetragen von Detlef Lindenthal am 18.04.2005 um 11.02

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Sigmar Salzburg
Der immer neue Familienspaß: der Reform-Duden.

Wo gibt es preiswerte „Orthos-kopien"?

Duden _23, Mannheim 2004, bietet als Trennfugen u.a. an:
Film- kopie,
foto- kopieren,
mikros- kopieren,
Teles- kopantenne ...
Daktylos- kopie,
Demos- kopie
(aber nur Demo- kratie).

Die angeblich amtliche Regelung erlaubt in ihren zueinander widersprüchlichen §§ 108 und 110 etliche Trennfugen, und der Duden wählt daraus willkürlich aus. Damit ist der Duden
unsystematisch,
unwissenschaftlich,
grober Unfug,
jugendgefährdend,
beamtenveralbernd,
antidemokratisch, er
untergräbt das Grundvertrauen im und in den Staat und ist damit
umstürzlerisch.
__________________
Detlef Lindenthal


eingetragen von Sigmar Salzburg am 17.04.2005 um 20.26

Der immer neue Familienspaß: der Reform-Duden.

Wo gibt es preiswerte „Orthos-kopien"?
__________________
Sigmar Salzburg


eingetragen von Theodor Ickler am 19.02.2005 um 15.30

Schon in ihrer Stellungnahme zur Vorlage von 1992 begrüßte die Gesellschaft für deutsche Sprache das Weglassen des Kommas in Sätzen wie:
"Er ist bereit zu diesem Unternehmen seinen Beitrag zu leisten." Insgesamt war die GfdS aber damals noch nicht so tief gesunken wie wenige Jahre später unter Hoberg und Frank-Cyrus.
__________________
Th. Ickler


eingetragen von Matthias Dräger am 19.02.2005 um 13.56

Habe gerade etwas zur Zeichensetzung nachsehen müssen (erweiterter Infinitiv mit „zu“) und dabei zur Kontrolle auch einen Neu-Duden zur Hand genommen. Dabei sehe ich vom Duden für möglich gehaltene Mustersätze, wie:

Etwas Schlimmeres als seine Kinder zu enttäuschen konnte ihm nicht passieren.
Wir versuchten die Torte mit Sahne zu verzieren.
Sie stand ein Glas in der Hand an der Theke
Wir empfehlen ihm zu folgen.

(Alle Beispiele Duden 2000, S. 68)

Wenn ich an meine eigene Schulzeit zurückdenke, mit welcher Sorgfalt und Umsicht die Lehrer uns begegneten und den Unterricht gestalteten - das wird einem erst später richtig bewußt, und gerade die herausragenden Lehrer haben mich natürlich am stärksten beeindruckt und geprägt - bemerke ich in mir eine kalte Wut aufsteigen: daß die, die die Besten der Besten sein sollten, Schülern solchen Müll in die Hand geben.

Will man in Zukunft gute, verständliche Texte von den Schülern erhalten, wird man um eine Rückkehr zur bestens bewährten und auch in der Presse weiterhin praktizierten (!) Zeichensetzung nicht herumkommen.

Natürlich wird man - „man“, das ist der mit Verbandsvertretern besetzte Rat, „besetzt“ ist hier im doppelten Sinne zu verstehen - versuchen, das hinauszuzögern, die Wiedereinführung der alten Zeichenregeln schrittweise machen, wie bei der Orthographie bereits praktiziert.


eingetragen von Sigmar Salzburg am 26.01.2005 um 15.08

Gerade stolpere ich in der Zeitung über dieses Wort. Als Adjektiv finde ich es weder im neuen noch im alten Duden – und auch nicht in den übrigen Wörterbüchern, die mir gerade zur Hand sind.
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Sigmar Salzburg


eingetragen von Peter Müller am 14.01.2005 um 05.53

Wie wertlos die Regel "Zusammenschreibung, wenn das Adjektiv gesteigert oder erweitert werden kann" bei Fügungen mit Adjektiven ist, zeigt der Duden in K56, wo er sich mit seinem eigenen Beispiel in wenigen Zeilen selbst widerlegt:

"In Zweifelsfällen, die nicht eindeutig zu klären sind, ist Getrennt- oder Zusammenschreibung zulässig.

Der Motor muss erst richtig warm laufen (hier wird richtig als Erweiterung zu warm aufgefasst)."

Wenn "warm" in "warm laufen" erweitert werden kann, wie das Beispiel zeigt, ist es nach Reformerlogik doch gerade kein Zweifelsfall und muß getrennt geschrieben werden! Und das in K56 dann folgende Beipiel kann es gar nicht geben:
"Der Motor muss erst richtig warmlaufen (hier wird richtig auf die ganze Fügung warmlaufen bezogen)."

Das Beispiel beweist, daß entscheidend ist, ob das Adjektiv tatsächlich erweitert ist und nicht, ob es erweitert werden kann.
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Peter Müller


eingetragen von margel am 13.01.2005 um 09.57

Wer noch verfehlt sein Ziel?


eingetragen von Werner Fahnenstich am 13.01.2005 um 09.47

Metro verfehlt selbst gestecktes Ziel.

(Frankfurter Rundschau, 13.1.05)

Gruß in die Runde


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Werner Fahnenstich


eingetragen von Theodor Ickler am 13.01.2005 um 04.32

Es ist eine Zumutung, bei jedem Vorkommen eines solchen Falles nachdenken zu müssen, ob vielleicht ein Artikel weggefallen ist. In Wirklichkeit hat die Wortbildung vom Typ Partizip I + inkorporiertes Objekt überhaupt nichts damit zu tun, ob eine Wortgruppe "zugrunde liegt" oder nicht. Ganz ähnlich ist bei -ig, -isch- und -lich ein völlig sachfremdes Kriterium eingeführt worden. Da ist auch nichts zu retten - diese fehlerhaften Regeln, die wir hauptsächlich dem weggetauchten Herrn Schaeder verdanken, müssen restlos weg. Erstaunlich, welche Eiertänze man aufführt, um das schlichte Versagen nicht eingestehen zu müssen: ein halbherziges Wiederzulassen, widerstrebende Zugeständnisse an die Kritiker, halbe Sachen (finite Verbformen immer noch nicht neu behandelt) usw.
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Th. Ickler


eingetragen von Peter Müller am 12.01.2005 um 23.37

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Bernhard Schühly
blutdrucksenkend
schalldämpfend
Bildungen mit ..-fördernd oder ..-hemmend?
Erscheinen die alle konsequent als „Zweiteiler“, oder geht es hier auch drunter und drüber? Was ja nichts Neues wäre.

blutdrucksenkend und schalldämpfend gehören zu der Gruppe von Zusammensetzungen mit einem Substantiv als erstem Bestandteil, bei denen der Artikel oder eine Wortgruppe eingespart werden:blutdrucksenkend (den Blutdruck senkend), schalldämpfend (den Schall dämpfend). Bei dieser Gruppe ist Zusammenschreibung obligatorisch (K59 bzw. § 36[1]).

Es gibt allerdings viele Grenzfälle und damit seit der von der Reform forcierten Getrenntschreibung kaum nachvollziehbare Unterschiede, es geht in der Tat drunter und drüber:

Arbeit suchend / arbeit[s]suchend, aber nur: wohnung[s]suchend, stellensuchend
Blut bildend / blutbildend, aber nur: geistbildend
Blut stillend / blutstillend, aber nur: schmerzstillend
Kopf stehend / kopfstehend, aber nur: kopfschüttelnd
Kosten senkend / kostensenkend, aber nur: kostendeckend
Kräfte raubend / kräfteraubend, aber nur: kräftezehrend, kräfteschonend
Krebs erregend / krebserregend, aber nur: krankheitserregend
Krieg führend / kriegführend, aber nur: prozessführend
Feuer speiend / feuerspeiend, aber nur: feuerwerkend
Hilfe suchend / hilfesuchend, aber nur: hilferufend
Maß haltend / maßhaltend, aber nur: maßgebend
Musik liebend / musikliebend, aber nur: tierliebend
Sinn stiftend / sinnstiftend, aber nur: sinnentstellend usw.

schalldämpfend ist im Duden nicht aufgeführt (dafür aber Schalldämpfer), schalldämmend (wie auch wärmedämmend) hingegen schon. Die mit -fördernd und -hemmend aufgeführten Zusammensetzungen betreffen allesamt solche mit Fugenelement; bei diesen gibt es natürlich bezüglich der Zusammenschreibung keine Zweifelsfälle: gesundheitsfördernd, verkaufsfördernd, wachstumsfördernd (Erdöl födernd/erdölfördernd ist ein ganz anders gelagerter Fall); entwicklungshemmend, entzündungshemmend, wachstumshemmend.
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Peter Müller


eingetragen von margel am 12.01.2005 um 21.48

Kräfte! "Kräfte zehrender Streit..." (Ostfriesen-Zeitung vom 12.01.)


eingetragen von Bernhard Schühly am 11.01.2005 um 21.33

blutdrucksenkend
schalldämpfend
Bildungen mit ..-fördernd oder ..-hemmend?
Erscheinen die alle konsequent als „Zweiteiler“, oder geht es hier auch drunter und drüber? Was ja nichts Neues wäre.
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Bernhard Schühly


eingetragen von Peter Müller am 11.01.2005 um 14.53

Bei der Beschäftigung mit den beliebig zusammen oder getrennt zu schreibenden Fügungen vom Typus Substantiv + Partizip I sind mir im Duden zahlreiche Unregelmäßigkeiten aufgefallen.

Die Hinweise auf K58 und K59 variieren ohne ersichtlichen Grund: es gibt sie meist auf beide Nummern (z.B. grauenerregend) oder nur auf K58 (stromführend), teils nur auf K59 (erfolgversprechend), teils gar nicht (leidtragend), im Fall von kostensenkend variieren sie sogar innerhalb der gleichen Fügung (unter Stichwort Kosten Hinweis auf K58 und K59, unter Stichwort Kosten senkend nur auf K58).

Manchmal werden sowohl unter dem Stichwort des Substantivs wie unter dem der Fügung Beispiele genannt (z.B. Ekel erregend), manchmal nur beim Substantiv (Feuer speiend), manchmal nur bei der Fügung (Epoche machend), manchmal gar nicht (Gras fressend); das gleiche gilt für die Hinweise auf die K-Nummern.

Manchmal wird im Stichwort des Substantivs auf die Fügung verwiesen (z.B. Respekt), manchmal umgekehrt von der Fügung auf das Substantiv (Glück bringend); meist gibt es keinen Verweis.

Aufsicht Führende (wie auch Zivildienst Leistende) ist nur in substantivierter Form aufgeführt, die Stichwörter Deutsch sprechend, Gefahr bringend, Schmutz abweisend, Wasser abstoßend, Wasser abweisend fehlen ganz.

Im Stichwort Walzer ist das Beispiel Walzer tanzend nur getrennt aufgeführt, obwohl das amtliche Wörterverzeichnis beide Formen verzeichnet.

Alle Stichwörter sind in der getrennten Variante aufgeführt außer blutbildend, blutreinigend, blutsaugend, blutstillend.

Und ganz originell: In einigen Fällen sind die Stichwörter der Fügungen alphabetisch so eingereiht, wie wenn sie zusammengeschrieben wären (also weit nach dem Stichwort für das Substantiv, wo man sie gar nicht mehr vermuten würde): Buch führend, Gras fressend, Heil bringend, Holz verarbeitend, Laub tragend, Leid tragend, Not leidend, Rat suchend, Raum sparend, Walfang treibend, Zeit raubend, Zeit sparend - jedenfalls auf der CD, die Buchform habe ich zurzeit nicht zur Hand.
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Peter Müller


eingetragen von Ursula Morin am 08.01.2005 um 23.08

Ich wüßte da eine ganz einfache Regel: Adjektive schreibt man (unabhängig von der Herkunft der "Einzelteile") zusammen und klein. Die prädikative und adverbiale Verwendung will ich hier mal außen vor lassen - dennoch könnte man das Regelwerk da erheblich kürzen, aber das war wohl nicht der Sinn der Sache. Der "klassische" Duden Nr. 9 schildert die Wortbildungsmöglichkeiten hier sehr anschaulich (auf einer halben Seite etwa), hatte aber auch nicht das Brett der GZS dabei vor dem Kopf.


eingetragen von Detlef Lindenthal am 08.01.2005 um 08.45

Es drängen sich hier zwei Fragen auf, deren Besprechung n.m.M. in unserem Forum bisher noch zu unvollständig erfolgte:

a.) Sind die früher in deutschen Büchern vorhandenen, dann aber im Duden _21 ff. nicht mehr aufgeführten Wörter noch weiterhin erlaubt? Gibt es sozusagen einen Bestandschutz für bisher wichtige Wörter?

b.) Da es zwischen
Duden _21, Mannheim 1996,
Duden _22, Mannheim 2000, und
Duden _23, Mannheim 2004, erhebliche Unterschiede bezüglich nicht mehr oder doch wieder aufgeführter Wörter gibt, ist die Frage wesentlich, ob das Nichtaufführen von Wörtern in Wörterbüchern einen Einfluß auf den Rechtschreibunterricht in Schulen hat und, wenn ja, welchen.
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Detlef Lindenthal


eingetragen von Peter Müller am 08.01.2005 um 04.53

Im Zusammenhang mit der von der Arbeitsgruppe der deutschsprachigen Nachrichtenagenturen dem Rat abzuliefernden Stellungnahme zur Zusammen-/Getrenntschreibung habe ich mich mit der Problematik der Schreibweise von "Grauen erregend / grauenerregend" beschäftigt. Ich stelle im folgenden meine Erkenntnisse zur kritischen Begutachtung ins Forum ein.

Der Duden führt "Grauen erregend, auch grauenerregend" auf und verweist auf K58 und K59. K58: "Partizipien richten sich nach den zugrunde liegenden Verbindungen mit Verben. Hier ist jedoch neben der Getrenntschreibung auch die Zusammenschreibung zulässig.
teilnehmend (wegen: teilnehmen)
irregeleitet (wegen: irreleiten)
allein stehend (auch: alleinstehend)
verloren gegangen (auch: verlorengegangen)
Eisen verarbeitend (auch: eisenverarbeitend)
Erdöl fördernd (auch: erdölfördernd)"

Dies bedeutet vollkommene Beliebigkeit. Der Fall wäre damit eigentlich bereits erledigt.

Der Duden verweist aber auch auf K59: "Zusammensetzungen mit einem Substantiv als erstem Bestandteil sind oft Verkürzungen von Wortgruppen. Es wird dabei ein Artikel oder eine Präposition (ein Verhältniswort) eingespart <§ 36 (1)>.
mondbeschienen (= vom Mond beschienen)
sagenumwoben (= von Sagen umwoben)
herzerquickend (= das Herz erquickend)
meterhoch (= einen/mehrere Meter hoch)"

Das trifft auf grauenerregend ganz klar nicht zu (sonst wäre Zusammenschreibung obligatorisch), also muß sich der Hinweis auf den zweiten Teil von K59 beziehen:

"Je nach dem Zusammenhang können Wortgruppen oder Zusammensetzungen vorliegen.
eine [großen] Gewinn bringende Investition
eine [äußerst] gewinnbringende Investition"

Die Beliebigkeit wird hier also relativiert. Die eckigen Klammern weisen offensichtlich darauf hin, daß der Schreibende sich für getrennt oder zusammen entscheiden solle, je nachdem er den ersten Teil oder die Fügung als ganze erweitern würde. Prof. Ickler hat schon in einem ähnlich gelagerten Fall (zusammen bzw. getrennt je nachdem die Fügung erweitert ist oder erweitert werden könnte) darauf hingewiesen, daß der durchschnittliche Schreibende damit überfordert sein dürfte. Die normale Rechtschreibung entscheidet nur für zusammen oder getrennt, wenn die ganze Fügung bzw. ihr erster Teil tatsächlich erweitert ist.

Stützt das amtliche Regelwerk diese Interpretationen des Dudens? Es führt "Grauen erregend, grauenerregend" auf und verweist auf § 36 E2(1): "Lässt sich in einzelnen Fällen der Gruppen aus Substantiv, Adjektiv, Adverb oder Pronomen + Adjektiv/Partizip zwischen § 36 und § 36 E1 keine klare Entscheidung für Getrennt- oder Zusammenschreibung treffen, so bleibt es dem Schreibenden überlassen, ob er sie als Wortgruppe oder als Zusammensetzung verstanden wissen will." Daraus folgt, daß das amtliche Regelwerk der Meinung ist, aus § 36 bis § 36 E1 lasse sich keine klare Entscheidung ableiten.

Die systematische Probe von § 36 bis § 36 E1 ergibt:

§ 36: "Substantive, Adjektive, Verbstämme, Adverbien oder Pronomen können mit Adjektiven oder Partizipien Zusammensetzungen bilden. Man schreibt sie zusammen.

Dies betrifft

(1) Zusammensetzungen, bei denen der erste Bestandteil für eine Wortgruppe steht, zum Beispiel:
bahnbrechend (= sich eine Bahn brechend), freudestrahlend (= vor Freude strahlend), herzerquickend (= das Herz erquickend) ..."

Resultat: Kein Hinweis auf Zusammenschreibung, da "grauen" in "grauenerregend", wie bereits mit Bezug zum Duden erwähnt, nicht für eine Wortgruppe steht.

"(2) Zusammensetzungen, bei denen der erste oder der zweite Bestandteil in dieser Form nicht selbständig vorkommt, zum Beispiel:
einfach; letztmalig, redselig, schwindsüchtig, [der] schwerwiegendere [Vorwurf], [die] zeitsparendste [Lösung]"

Resultat: Kein Hinweis auf Zusammenschreibung, da sowohl "Grauen" wie "erregen" selbständig vorkommen.

"(3) Zusammensetzungen, bei denen das dem Partizip zugrunde liegende Verb entsprechend § 33 bzw. § 34 mit dem ersten Bestandteil zusammengeschrieben wird, zum Beispiel:
wehklagend (wegen wehklagen); herunterfallend; irreführend; teilnehmend ..."

Resultat: Kein Hinweis auf Zusammenschreibung, da "Grauen erregen" nicht zusammengeschrieben wird.

Die Abschnitte 4 bis 6 betreffen Verbindungen mit andern Wortarten als Substantiven, haben für den vorliegenden Fall also keine Bewandtnis.

"E1: In den Fällen, die nicht durch § 36 (1) bis (6) geregelt sind, schreibt man getrennt. Siehe auch § 36 E2.

Dies betrifft

(1) Fälle, bei denen das dem Partizip zugrunde liegende Verb vom ersten Bestandteil getrennt geschrieben wird, und zwar
beisammen gewesen (wegen beisammen sein), zurück gewesen"

Klarer Hinweis auf Getrenntschreibung, da "Grauen erregen" getrennt geschrieben wird.

Die Abschnitte 2 und 3 betreffen Verbindungen mit andern Wortarten als Substantiven, haben für den vorliegenden Fall also keine Bewandtnis.

"(4) Fälle, bei denen der erste Bestandteil erweitert oder gesteigert ist bzw. erweitert oder gesteigert werden kann, zum Beispiel:
vor Freude strahlend, gegen Hitze beständig, zwei Finger breit, drei Meter hoch ..."

Klarer Hinweis auf Getrenntschreibung, da "Grauen" erweitert werden kann: "großes Grauen erregend"

Ein Computerprogramm wäre schon nach E1 am Ziel. Es hätte keinen Zweifel: die Fügung ist getrennt zu schreiben, da die Generalregel besagt, daß getrennt zu schreiben ist, was nicht ausdrücklich zusammengeschrieben wird. Selbst wenn das Programm besonders akribisch geschrieben wäre, wäre es nach E1(1), spätestens aber nach E1[4] am Ziel, da nun auch noch explizit (redundant im Computerjargon) Getrenntschreibung gefordert wird.

Das amtliche Regelwerk ist aber durchaus nicht am Ziel und kommt - unlogischerweise, wie das Computerprogramm gar nicht mehr bemerken würde - erst jetzt zur generellen Freistellung der Schreibweise:

Es wird nochmals auf § 36 E2 verwiesen, diesmal die ganze E2. Gemäß § 36 E2(1) kann der Schreibende selbst entscheiden, ob er eine Fügung als Zusammensetzung oder Wortgruppe verstanden haben will, wenn aus den vorangehenden Paragraphen und Abschnitten kein klarer Entscheid abgeleitet werden kann,
"ebenso bei Positivformen bestimmter Verbindungen mit Partizip, zum Beispiel: ein Zeit sparendes Verfahren (nach dem Infinitiv: Dieses Verfahren kann Zeit sparen) oder ein zeitsparendes Verfahren (nach den Steigerungsformen: ein zeitsparenderes Verfahren, das zeitsparendste Verfahren". Dies ergibt eine relative Beliebigkeit wie in Duden K59. Es bleibt aber offen, was unter "bestimmten Verbindungen" zu verstehen ist.

E2(2) bringt dann die absolute Beliebigkeit wie Duden K58: "Bei Verbindungen aus Einzelwort und adjektivisch gebrauchtem Partizip ist neben der Getrenntschreibung nach § 36 E1(1) auch Zusammenschreibung möglich, wenn die Verbindung der beiden Wörter als Einheit aufgefasst
werden soll, zum Beispiel: die Rat suchenden Bürger oder die ratsuchenden Bürger." Es bleibt offen, was unter "adjektivisch" genau gemeint ist; gehört der prädikative Gebrauch dazu (z.B. "der Fall ist grauenerregend", wo einzig Zusammenschreibung grammatisch richtig wäre)?

Fazit: Zunächst kein Hinweis auf Zusammenschreibung, dann zwei Hinweise auf Getrenntschreibung; dann relative und schließlich vollkommene Beliebigkeit. Der Aufbau der Regel ist im Duden logischer, weil er die absolute Beliebigkeit, die alle folgenden Überlegungen überflüssig macht, als erstes anführt.

Unnötig zu sagen, daß nur Getrenntschreibung richtig ist, wenn "Grauen" tatsächlich erweitert ist (höchstes Grauen erregend) und nur Zusammenschreibung, wenn die Fügung als ganze tatsächlich erweitert (höchst grauenerregend) oder gesteigert (noch grauenerregender) ist.

Interessant ist, wie andere Fügungen vom Muster Substantiv + Partizip I (die nicht unter § 36 [1] bis [3] fallen und sowohl zusammen wie getrennt aufgeführt sind) in den Wörterverzeichnissen behandelt werden.

Im amtlichen Wörterverzeichnis sind von den Zusammensetzungen mit -erregend neben grauenerregend nur aufsehen- und besorgniserregend aufgeführt, konsequent mit dem gleichen Hinweis auf § 36 E2(1). Diesen gibt es auch bei den Konstruktionen furchteinflößend, gewinnbringend, vertrauenerweckend und wasserabweisend. Bei der Mehrheit solcher Zusammensetzungen wird jedoch auf § 36 E2(2) hingewiesen, also den adjektivischen Gebrauch: aufsichtführend, eisen-, metallverarbeitend, feuerspeiend, fleischfressend, gefahrbringend, handeltreibend, hilfe-, ratsuchend, laubtragend, notleidend, radfahrend, unheilverkündend, walzertanzend.

Im Duden gibt es bei den Zusammensetzungen mit -erregend wie bei grauenerregend die Hinweise auf K58 und K59 bei besorgnis-, furcht-, krebs-, mitleid-, schauder-, schrecken-, schwindel- und staunenerregend, aber seltsamerweise nur auf K58 bei aufsehenerregend und nur auf K59 bei ekel- und entsetzenerregend.

Von den übrigen Konstruktionen dieses Typus führt der Duden (ohne Anspruch auf Vollständigkeit) mit Hinweis auf K58 und K59 achtunggebietend, blutbildend, blutreinigend, blutsaugend, blutstillend, frucht-, gefahr-, gewinn-, glück-, heil-, profit-, unheil-, verderbenbringend, glückverheißend, fruchttragend, furcht-, respekteinflößend, hitze-, wasserabweisend, kostensenkend, kosten-, kräfte-, kraft-, platz-, raum-, zeitsparend, kräfte-, kraft-, zeitraubend, musikliebend, unheilkündend, unheilverkündend, wasserabstoßend auf, mit Hinweis lediglich auf K58 ackerbau-, handel-, sport-, walfangtreibend, arbeit-, erholung-, hilfe-, kredit-, ratsuchend, beifallheischend, betten-, buch-, kohle-, stromführend, blasenziehend, daten-, eisen-, fisch-, holz-, leder-, metall-, papierverarbeitend, diensthabend, dienstleistend, diensttuend, ehrfurchtgebietend, eisenschaffend, epochemachend, erdölexportierend, erdölfördernd, feuerspeiend, fleisch-, gras-, insektenfressend, funkensprühend, händchen-, maßhaltend, kriegführend (Hinweis nur unter Stichwort Krieg!), laub-, sporentragend, leben-, schattenspendend, lebenzerstörend, menschenverachtend, notleidend, sinnstiftend, sporen-, staatenbildend, stressauslösend, stromsparend, wachestehend, vertrauenerweckend; mit Hinweis lediglich auf K59 erfolgversprechend, schmutzabweisend (nur unter Stichwort Schmutz!) und ohne jeden Hinweisbezugnehmend, deutschsprechend, leidtragend, wohingegen die aus dem amtlichen Wörterverzeichnis bekannten aufsichtführend (im Duden nur in substantivierter Form aufgeführt), radfahrend und walzertanzend (unter dem Stichwort Walzer sogar ausdrücklich nur getrennt!) fehlen - im Falle von radfahrend wohl, um die Diskussion radfahren/Auto fahren nicht zu komplizieren.

Selbstverständlich lassen sich Tausende weitere Zusammensetzungen bilden, blutspendend, fallenstellend usw.

mit weiteren Beispielen und kleineren Korrekturen

– geändert durch Peter Müller am 11.01.2005, 15.48 –
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Peter Müller


eingetragen von Fritz Koch am 28.12.2004 um 13.28

Platten, Rohre, Leitungen, Eisenbahnschienen usw., "legen" oder "verlegen" sie das?
Wenn sie diese Dinge "verlegen", erklärt das, warum man sie oft nicht wiederfindet, z.B. die Leitungen in der Erde. (Nur der Baggerfahrer findet sie immer versehentlich.)
Wenn sie diese Dinge "legen" und dabei schon müde geworden sind, kann es sein, daß sie sie "lahm" (=müde) "legen". Wenn sie unterschiedlich ermüdet sind, "legt" der eine die Sachen "lahmer" als der andere und der ganz andere "am lahmsten".


eingetragen von Giesbert Rainhagen am 28.12.2004 um 13.06

Es fällt leicht, was er sagt. Es fällt nicht. Schwerelos treibt es in der nächtlichen Stille.


eingetragen von Theodor Ickler am 28.12.2004 um 12.04

Was mich betrifft, so weise ich den Vorwurf der "Mittäterschaft durch Schweigen" zurück - einen Vorwurf, den ausgerechnet mir wohl noch niemand gemacht hat. Ich drücke mich immer klar und deutlich aus, zugleich so sachlich, daß ich von der anderen Seite ernst genommen werden kann. Doch genug der überflüssigen Worte! Hier ist die Neufassung meiner Übersicht:


Zur Revision der Neuregelung seit Juni 2004

Im Juni 2004 beschlossen die Kultusminister, den vierten Bericht der Zwischenstaatlichen Kommission mit einigen weiteren Änderungen und Ergänzungen anzunehmen. Der volle Umfang dieser ersten amtlichen Revision (nach mehreren inoffiziellen, durch Absprachen mit Duden und Bertelsmann in die Wörterbücher eingeführten) war zunächst nur aus dem Ende August 2004 erschienenen neuen Duden abzulesen. Die Neufassung der amtlichen Regeln samt neuem Wörterverzeichnis erschien Ende November auf der Internet-Seite der Kommission und ist bisher nur in dieser Form greifbar. Den Kultusministern hat sie, wie der Generalsekretär der KMK mitteilt, nicht noch einmal zur Billigung vorgelegen.
Neu eingeführt ist der Begriff des Verbzusatzes, auf dessen Unentbehrlichkeit die Kritiker der Reform von Anfang an hingewiesen haben.
Der besonders problematische Paragraph 34 ist weitgehend neu gefaßt. Die Liste der Verbzusätze ist um mehr als ein Dutzend Elemente erweitert und zugleich geöffnet worden, so daß sie nunmehr nur noch als Beispielsammlung anzusehen ist. Damit werden Tausende von Zusammenschreibungen wieder möglich, die seit 1996 untersagt waren.
Wie sich bereits im vierten Bericht der Zwischenstaatlichen Kommission abzeichnete, werden in die Regeln zur Getrennt- und Zusammenschreibung die Kriterien der Betonung und der Bedeutung eingeführt, von denen die gesamte Neuregelung eigentlich nichts wissen wollte. Die Kritiker hatten seit je auf die Wichtigkeit und praktische Nützlichkeit von Betonung und Bedeutungsunterscheidung hingewiesen.
Die Reformkommission scheint sich allerdings der Tragweite dieser Zugeständnisse ebensowenig bewußt zu sein wie die Dudenredaktion.
Ein Hauptproblem der Neuregelung war von Anfang an die Unterscheidung von Verbzusatz und adverbialer Erweiterung. Die Neuregelung von 1996 stellte bekanntlich Verbzusatzkonstruktionen wie übrigbleiben, fertigstellen oder heiligsprechen mit den gänzlich anders gebauten adverbialen Erweiterungen freundlich grüßen, gründlich säubern usw. gleich und unterwarf sie der völlig aus der Luft gegriffenen Regel, wonach Verbindungen mit Adjektiven auf -ig, -lich oder -isch getrennt zu schreiben seien: heilig sprechen usw. - Eine zweite Regel besagte, daß Getrenntschreibung eintrete, wenn der adjektivische Bestandteil steigerbar oder erweiterbar ist. (Diese Regel widerspricht großenteils der vorigen, da heilig usw. in solchen Verbindungen gerade nicht steigerbar oder erweiterbar ist.)
Dieses unbefriedigende Ergebnis führte schon 1997 dazu, daß die Kommission Änderungen für „unumgänglich notwendig“ hielt. Sie wurden jedoch von der KMK untersagt.
In der Neubearbeitung wird nun endlich festgehalten:
„Partikeln (Präpositionen, Adverbien), Adjektive oder Substantive können als Verbzusatz mit Verben trennbare Zusammensetzungen bilden. [...] Der Verbzusatz trägt den Hauptakzent.“ [§ 34] „Kennzeichnend für den Gebrauch als Adverbial ist, dass es nicht den Hauptakzent trägt und zwischen Adverbial und Verb weitere Satzbestandteile stehen können.“ [§ 34 (1) E1]
Auch nach diesen Kriterien, die beide aus der Reformkritik übernommen wurden, ist die Getrenntschreibung bei fertigstellen usw. nicht gerechtfertigt, sie bleibt eine Ausnahmeregel. Dasselbe gilt aber auch für anders gebaute Verbzusätze. Das amtliche Wörterverzeichnis und der neue Duden sehen ausdrücklich vor, daß lahm legen getrennt geschrieben wird. Der Zusatz lahm trägt den Hauptakzent und ist nicht durch weitere Satzbestandteile vom Verb zu trennen. Außerdem ist er aber auch nicht steiger- oder erweiterbar, denn in Wendungen wie völlig lahmlegen – woran die Reformer gedacht haben mögen – bezieht sich die Intensivierung auf den gesamten Komplex. Man kann nicht fragen: „Wie hat er den Verkehr gelegt? Lahm.“ Und schon gar nicht: „Wie lahm hat er den Verkehr gelegt?“
Folglich spricht hier und in zahllosen ähnlichen Fällen alles für die bisher übliche Zusammenschreibung. Sie wäre sogar über den bisherigen Duden hinaus noch auszuweiten, um der tatsächlichen Sprachpraxis gerecht zu werden: ernstnehmen usw.
Die Semantik wird in der folgenden neuen Regel herangezogen:
„Bei Verbindungen aus Einzelwort und adjektivisch gebrauchtem Partizip ist neben der Getrenntschreibung nach § 36 E1(1) auch Zusammenschreibung möglich, wenn die Verbindung der beiden Wörter als Einheit aufgefasst werden soll.“ [E2(2)]
Daraus ergeben sich die herkömmlichen Zusammensetzungen ratsuchend, alleinerziehend, ernstgemeint usw. Diese drei werden als Beispiele angeführt, das Wörterverzeichnis enthält rund 90 weitere, und im neuen Duden sind über 400 Beispiele wiedergewonnener Zusammenschreibung enthalten. Tausende von weiteren lassen sich nach demselben Muster bilden.
Damit wird die Grundregel nach § 36, wonach partizipale Verbindungen ebenso getrennt geschrieben werden wie das zugrunde liegende Verb, praktisch aufgehoben. Die Neufassung fällt aber immer noch hinter den alten Duden zurück; sie ist insofern unhaltbar, als sie die syntaktischen Bedingungen, unter denen Getrennt- bzw. Zusammenschreibung angebracht sind, nicht spezifiziert. Im vierten Bericht war immerhin schon erkannt worden, daß prädikative Verwendung des verbal konstruierten partizipialen Gefüges nicht zulässig ist: Sie ist allein erziehend. Diese Einsicht ist inzwischen wieder abhanden gekommen. Stattdessen findet man den Hinweis auf „adjektivischen“ Gebrauch des Partizips, woraus im Wörterverzeichnis schlicht der adjektivische Gebrauch des gesamten Gefüges wird, ebenso im neuen Duden. Das ist verwirrend.
Im neuen amtlichen Wörterverzeichnis, aber noch nicht im neuen Duden steht auch das wiederhergestellte zurückgewesen. Damit wäre die Zusammenschreibung auch mit Formen von sein wieder zulässig, entgegen § 34, wo es immer noch heißt: „Verbindungen mit sein gelten nicht als Zusammensetzung. Dementsprechend schreibt man stets getrennt.“
Die Wiederzulassung von auswendiggelernt, niedriggehängt, weniggelesen, kleinlichdenkend (alle im Wörterverzeichnis, aber noch nicht im Duden) hebt das erwähnte Verbot von Zusammenschreibung mit Adjektiven auf -ig, -isch und -lich auf.
Auch das Verbot von Zusammensetzungen mit Wörtern auf -einander und -wärts ist aufgehoben: auseinanderlaufend, vorwärtsblickend (amtl. Verzeichnis, zahlreiche weitere im neuen Duden).
Ferner ist die neue Einsicht noch nicht zu Ende gedacht. Wenn kennengelernt, sitzengeblieben, auseinanderlaufend, vorwärtsblickend oder zufriedenstellend wieder zulässig sind, muß dasselbe auch für kennenlernen, sitzenbleiben, auseinandersetzen, abwärtsgehen und zufriedenstellen gelten, wie es ja teilweise bereits im ersten Bericht der Kommission Ende 1997 vorgesehen war. Dasselbe gilt für partizipiales Erstglied: verlorengegangen ist auch laut Wörterverzeichnis wieder zulässig; das sollte wohl auch für das Verb verlorengehen gelten. Alles andere wäre weder Schülern noch gar Erwachsenen plausibel zu machen. Auf dieser Linie bleibt noch sehr viel zu tun.
Insgesamt muß man feststellen, daß die Neuregelung der Getrennt- und Zusammenschreibung nur noch ein Trümmerhaufen ist, in dem nichts mehr zusammenpaßt.

Unter § 57 wird das Beispielwort In-Kraft-Treten weiterhin mit Bindestrichen geschrieben, obwohl dies in der Neufassung von § 43 ausdrücklich ausgeschlossen wird und auch der vierte Bericht diesen Fall ausführlich dargelegt hat.
Die Beispiele sind teilweise (aber nicht in §§ 84 und 86) von DM auf Euro umgestellt.
Die reformierte Kommasetzung läuft großenteils auf Weglaßbarkeit von Kommas hinaus. Dem wird zwar durch Ratschläge zur Vermeidung von Mißverständnissen wieder entgegengewirkt, aber man fragt sich, welchen Sinn eine Neuregelung hat, die folgenden Satz als immerhin zulässig ermöglicht:
Er geht um das Haus zu finden zur Polizei. (Neues Beispiel unter § 76)
Adverbiale Infinitivsätze sollten grundsätzlich mit Kommas abgegrenzt werden, damit solche Torheiten gar nicht erst entstehen.



Das Wörterverzeichnis

Im Wörterverzeichnis fehlen jetzt die Sternchen, die auf reformbedingte Neuschreibungen hinwiesen. Der entsprechende Hinweis in den Vorbemerkungen ist gestrichen. Daher ist es nicht mehr so leicht, die Zahl der Neuschreibungen festzustellen.
Etwa 90mal wird die Zusammenschreibung von Komposita mit präpositionalem Kern ausdrücklich wieder zugelassen unter Hinweis auf den „adjektivischen“ Charakter (s.o.).
Die Unterscheidung von Haupt- und Nebenvarianten ist aufgegeben.
Das Wörterverzeichnis enthält den Eintrag
„achtfach § 36(2), 8fach § 41 E, 8-fach § 40(3); das Achtfache, das 8fache, das 8-Fache, um das Achtfache [größer] § 57(1)“
Die Bindestrichschreibung ist neu, die Herleitung aus § 40(3) ist unzutreffend, da es sich nicht um eine Zusammensetzung, sondern um eine Ableitung handelt. Die Reformer haben hier im Gefolge des vierten Berichts einen neuen Ausnahmetatbestand geschaffen. Der neue Duden extrapoliert mit Recht eine neue Unterregel, die nur für dieses eine Element gilt:
„K 30 3. Der Wortbestandteil »-fach« kann mit oder ohne Bindestrich an die Ziffer angehängt werden.
ý 8fach oder 8-fach, 8,5fach oder 8,5-fach
Bei Substantivierungen ist nach dem Bindestrich großzuschreiben.
ý das 8fache oder 8-Fache (aber: die 8fache oder 8-fache Menge)“

Es ist nicht einzusehen, warum derselbe Bindestrich nicht z. B. auch bei 80-er usw. stehen und warum er bei 8-mal nicht ebenfalls fakultativ sein soll. Laut Erörterung im vierten Bericht „ist der Wortbestandteil einer Grauzone zwischen unselbstständigem Grundmorphem und Suffix zuzuordnen.“ Dasselbe ließe sich aber auch von -jährig, -äugig und vielen anderen Bestandteilen sagen.

In den exklusiven Beratungsgesprächen zwischen der Kommission und den beiden führenden Wörterbuchredaktionen war vereinbart worden, daß neben der Maß auch die süddeutsche Mass zulässig sein sollte; im Duden 2000 taucht sie zum erstenmal auf. Das neue Wörterverzeichnis weiß nichts davon. Statt dessen führt sie den Spass ein, als österreichische Variante, die zwar im ÖWB (und bei Bertelsmann) bereits verzeichnet, durch die Neuregelung aber nicht gedeckt war und auch in den Berichten der Kommission nicht diskutiert ist.

Die korrekte Schreibweise von Hohe(r)priester, Hohe(s)lied ist nicht mehr feststellbar, weil der Eintrag aus dem Wörterverzeichnis gestrichen wurde. Zuletzt war dieses Problem im dritten Bericht der Kommission erörtert worden, aber nicht mehr im vierten Bericht. Langeweile fehlt weiterhin, weshalb die Wörterbücher bis heute zu verschiedenen Angaben kommen (Duden: aus langer Weile; Bertelsmann: aus Langerweile usw.). Wir werden nie erfahren, welche Lösung der inzwischen aufgelösten Kommission vorschwebte.

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Th. Ickler


eingetragen von Peter Müller am 28.12.2004 um 11.35

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Karin Pfeiffer-Stolz
Frage: Sind die wiederhergestellten Zusammensetzungen obligatorisch oder nur eine „Variante“ der Getrenntschreibung?

Liebe Frau Karin Pfeiffer-Stolz, sie sind eine „Variante“, also nicht obligatorisch, sondern wieder erlaubt. Aber nicht etwa, um Bedeutungsunterschiede auszudrücken! Das wird exemplarisch klar aus dem Eintrag im Duden für „nahestehend“: „ein nahe stehendes, auch nahestehendes Haus; ein mir nahe stehender, auch nahestehender Mensch“. Aus diesem Eintrag, der im amtlichen Wörterverzeichnis wie gesagt fehlt, wird überdies klar, daß die Liste natürlich nicht abschließend ist. Es ist offensichtlich, daß einfach jede mit einem Partizip gebildete Fügung, die flektiert verwendet wird, zusammengeschrieben werden darf, also auch ein frischgebackenes/frisch gebackenes Brötchen, ein frischgebackenes/frisch gebackenes Ehepaar... (fehlt auch im amtlichen Wörterverzeichnis). Man darf nun also schreiben: der sitzengebliebene Schüler, man muß aber schreiben: der Schüler ist sitzen geblieben. Die Reform hat sich damit natürlich ad absurdum geführt; und das ist doch gut so.

(Eine „darüber hinaus gehende“ Frage muß man nach meinem Verständnis allerdings auch nach normaler Rechtschreibung getrennt schreiben, weil „hinaus“ durch „darüber“ erweitert ist.)

Sollte tatsächlich die Bedeutung wieder ins Spiel kommen (wie Prof. Ickler in seinem „Versuch eines Überblicks“ vemutet hat), müßten natürlich auch die unflektierten Verbindungen Verb(infinitiv)+Partizip und die Verbindungen Verb(infinitiv)+Verb wieder eingeführt werden (sitzenbleiben, fallenlassen usw.) und es müßte auf den Bedeutungsunterschied hingewiesen werden. Genau dies hat Zehetmair offenbar im Sinn; er hat ja verlauten lassen, auseinander setzen und auseinandersetzen müsse wieder auseinandergehalten werden können. Das würde aber einen weiteren Eckstein aus der Reformschreibung herausbrechen, und angesichts der Zusammensetzung des Rats würde es mich wundern, wenn er damit durchkäme.

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Peter Müller


eingetragen von Karin Pfeiffer-Stolz am 28.12.2004 um 08.38

Meinem Vorsatz bin ich treu geblieben und habe mir keinen Duden 2004 gekauft.
Frage: Sind die wiederhergestellten Zusammensetzungen obligatorisch oder nur eine „Variante“ der Getrenntschreibung?

Leider kommt die Revision bei den Sprachbenutzern, auch den Lehrern, nicht an. Ich möchte gern etwas für die Aufklärung leisten. Die Liste von Peter Müller werde ich dazu benutzen. Deshalb meine vorgenannte Frage.

Der normale Schreiber ist sehr verunsichert. Wir bekamen aus dem Steuerbüro einen Brief: "... für alle darüber hinaus gehenden Fragen stehen wir Ihnen gern zur Verfügung ...“
Darüber aufgeklärt, daß „hinausgehend“ auch nach der Reformschreibung zusammengeschrieben werde, gestand die Schreiberin dieser Zeilen, sie sei völlig verwirrt.

Man sieht, als Botschaft der Reformschreibung ist nur dreierlei im Schreibvolk angekommen, das aber unverrückbar und mit aller Wucht:

„Schreibe getrennt!“
„Schreibe groß!“
„Ersetze ß durch ss!“
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Karin Pfeiffer-Stolz


eingetragen von Theodor Ickler am 28.12.2004 um 06.22

Ja, die hatten wir ja schon automatisch gezählt. Dabei war mir allerdings das Juwel "zurückgewesen" entgangen. Vielen Dank!

Sollen auch die entsprechenden Verben wiederhergestellt werden? Das ist eine der Fragen, die Herr Zehetmair stellen muß. Der Begriff des "Adjektivischen" ist völlig unklar.

Paradox vor allem, daß echte Adjektive weiterhin getrennt geschrieben werden, adjektivisch gebrauchte Partizipien aber (auch) zusammen: "allgemein gültig", aber "allgemeinbildend".

Das ist sinnlos und kann Schülern nicht vermittelt werden. Die Kommission, die es verbrochen hat, kann man nicht mehr fragen, sie hat sich verkrümelt.
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Th. Ickler


eingetragen von Peter Müller am 28.12.2004 um 03.28

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Theodor Ickler
Im neuen Duden gibt es außer den aufgezählten noch weitere wiederhergestellte Zusammensetzungen, z. B. "gerngesehen", die aber nicht durch ausdrücklichen Hinweis auf K 58 begründet werden und daher nur schwer auffindbar sind.
Die wiederhergestellten Zusammensetzungen im amtlichen Wörterverzeichnis sind leichter aufzufinden (Hinweis auf § 36 E2[2] - "adjektivisch auch"). Es sind die folgenden:

abhandengekommen
alleinstehend, …erziehend
allgemeinbildend
andersdenkend
aufsichtführend
auseinanderlaufend
auswendiggelernt
beisammengewesen
blankpoliert
blaugestreift
blondgelockt
breitgefächert
buntgestreift
dichtbehaart
doppeltwirkend
dunkelgefärbt
dünnbesiedelt
einzelnstehend
eisenverarbeitend
engbefreundet
ernstgemeint
feingemahlen
fernliegend
fettgedruckt
feuerspeiend
fleischfressend
frischgestrichen
frühverstorben
gargekocht
gefahrbringend
gefangengenommen
genaugenommen
gerngesehen
getrenntlebend, …geschrieben
grellbeleuchtet
großangelegt, großgeschrieben
gutgegangen, …gelaunt, …gemeint, …geschrieben
handeltreibend
hartgekocht
heißersehnt
hilfesuchend
instandgesetzt
kennengelernt
klardenkend
kleingeschrieben
kleinlichdenkend
langgestreckt
laubtragend
lautredend
leerstehend
leichtbehindert
linksabbiegend
metallverarbeitend
neueröffnet
nichtssagend
niedriggehängt, …gesinnt
notleidend
obenstehend
parallellaufend
radfahrend
ratsuchend
rechtsabbiegend
reichgeschmückt
richtiggehend
rotglühend
scheelblickend
schlechtgelaunt
schwachbevölkert
schwerbehindert
selbstgebacken
sitzengeblieben
sogenannt
spätgeboren
starkbesiedelt
strenggenommen
tiefempfunden
treuergeben
übelgelaunt
unheilverkündend
untenstehend
verlorengegeben, …gegangen
vielgelesen, …befahren
vollgefüllt, …geladen
vorwärtsblickend
walzertanzend
weichgeklopft
weißblühend
weniggelesen, …befahren
zartfühlend
zurückgewesen

"zurückgewesen"? Dafür fehlen so alltägliche Zusammensetzungen wie nahestehend, naheliegend.
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Peter Müller


eingetragen von Ursula Morin am 27.12.2004 um 21.22

Der neue Duden ist wirklich preisverdächtig - er müßte das Bundesverdienstkreuz für die beste Eiertänzerei in der Bananenrepublik Deutschland erhalten. Dazu finden sich zahllose Beispiele, wie z.B. "Platz sparend, auch platzsparend" und da man sich nun schon darauf eingelassen hat, auch gleich mit Anweisungen, wann man keinesfalls so oder so schreiben darf. Etwas beleidigend ist das schon für einen Muttersprachler, aber die sind ja bald ausgestorben, hofft man wohl. Nicht nur beleidigend, sondern geradezu erschreckend ist es, wie sich eine vormals recht seriöse Institution wie der Duden innerhalb so kurzer Zeit so gründlich desavouieren konnte.

Der "Sowohl-als-auch"-Duden hat dennoch gewisse Vorzüge. Man kann damit Deutschlehrer ärgern und auch Neudeutsch-Korrektoren ... habe gerade vor das "platzsparend" ein "äußerst" plaziert, weil ich weiß, daß mein Korrektor gerne "Platz sparend" schreibt ("eine Platz sparende Lösung" z.B.). Mal sehen, ob er mir mein "platzsparend" diesmal in Ruhe läßt. Wüßte allerdings gerne, wieviel Haareraufen das verursacht und wie viele Wörterbücher er dazu braucht .... (in Abwandlung eines hier kürzlich veröffentlichten Zitats: Mit leerem Kopf fällt das Haareraufen leichter ....)


eingetragen von Theodor Ickler am 27.12.2004 um 04.34

Im neuen Duden gibt es außer den aufgezählten noch weitere wiederhergestellte Zusammensetzungen, z. B. "gerngesehen", die aber nicht durch ausdrücklichen Hinweis auf K 58 begründet werden und daher nur schwer auffindbar sind.
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Th. Ickler


eingetragen von margel am 10.12.2004 um 22.21

Beim Duden-Quiz kann man ein Wörterbuch als "Handheld" gewinnen.


eingetragen von Karin Pfeiffer-Stolz am 10.12.2004 um 20.28

Der Arena-Verlag bietet einen „immer währenden Adventskalender zum Aufstellen“ an.
Unter dem Motto: Was immer währt, wird endlich gut: der „währende“ Adventskalender.
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Karin Pfeiffer-Stolz


eingetragen von Theodor Ickler am 10.12.2004 um 19.53

Die Reformer haben aus unserer Kritik einiges gelernt. So haben sie den Begriff des "Verbzusatzes" eingeführt, ferner das Kriterium der Betonung und schließlich auch schon die Bedeutung rehabilitiert, von der sie eigentlich nichts wissen wollten. Fehlt nur noch ein richtiges Verständnis der Prädikation, damit solche Monstrositäten wie "ist zufrieden stellend" ausgeschlossen werden. Aber das bahnt sich auch schon an.
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Th. Ickler


eingetragen von margel am 10.12.2004 um 17.25

Ja, Frau Morin, das Verständnis von Orthographie, das der Reform zugrunde liegt, ist ein rein mechanistisch-technizistisches. Von bedeutungsunterscheidenden Schreibungen wollten die Reformer nichts wissen. Dies zeigt sich vor allem in den Regeln zur Getrennt- und Zusammenschreibung; am absurdesten dabei wohl die -ig, -lich, -lisch-Regel. Daß Rechtschreibung auch etwas mit einem unterschiedlich ausgeprägten, entwicklungsfähigen Sprachgefühl zu tun hat, mit reicheren oder ärmeren Leseerfahrungen, mit Bildung also - das durfte eine Ideologie der Gleichheit (=Nivellierung) nicht zugeben. Das erklärte Ziel war, daß jeder nach dem Ende der Pflichtschulzeit die Rechtschreibung perfekt beherrschen können sollte. Mit den angeblichen Erleichterungen verschwand dann auch das zu Erleichternde. Die unendlichen Nachbesserungen, die ausnahmslos zurück zur bewährten Orthographie führen, beweisen am eindrücklichsten den grundverkehrten, man könnte sagen: perversen, Ansatz der Reform und deren Scheitern.


eingetragen von Fritz Koch am 10.12.2004 um 17.04

Beispiele "allein" und "wohl":

Im Duden werden keine Wortarten angegeben, im Kleinen Wahrig sehr wohl.
Im Duden werden Bedeutungsvarianten nur in Form von Beispielen erklärt, im kleinen Wahrig als numerierte Positionen (mit Beispielen).

Kl. Wahrig: "allein":
1 (Adv.) getrennt, für sich;
1.1 einzeln;
1.1.1 ohne Zeugen;
1.2 ohne Hilfe;
1.3 nur, ausschließlich;
1.4 einsam;
2 (Konj.) (meist poet.) aber, doch;

Kl. Wahrig: "wohl":
1 (Adv.) nicht übel, recht gut, angenehm;
2 (Adv.) durchaus, völlig, sicher, gewiss, ohne weiteres;
3 (Adv.) (einschränkend) anscheinend, vielleicht, vermutlich, wahrscheinlich, möglicherweise;
4 (Konj.) zwar, freilich, allerdings;

Wer die Wortart- und Bedeutungs-Unterscheidungen grundsätzlich und genau lernen will, kann das aus dem Kleinen Wahrig wesentlich besser als aus dem Duden.


eingetragen von Ursula Morin am 10.12.2004 um 16.05

Ich habe noch nie verstanden, weshalb man sich im Amtlichen Regelwerk so angestrengt hat, unterschiedliche Schreibweisen für Adjektive in Abhängigkeit von ihren Bestandteilen vorzugeben. Man hat da wohl den Wald vor lauter Bäumen nicht gesehen - oder was kann der Grund dafür sein, Adjektive zu trennen?

In den wenigen mir bekannten europäischen Sprachen schreibt man Adjektive immer zusammen oder wenigstens mit Bindestrich (das wird wohl nach der Xten Anpassung unserer Rechtschreibung auch noch kommen). Wie wär's mit wohl-bekannt, wohl-habend usw., bis wir dann in zehn Jahren oder so wieder beim Ausgangspunkt angelangt wären.

Wenn man das als Laie so zusammenfassen könnte, dann sind die unsäglichen und nicht nachvollziehbaren Regeln wohl entstanden, weil man nichts von der semantischen Funktion der verschiedenen Wortarten und von den Ausdrucksmöglichkeiten, die darin liegen, verstanden hat. Aber wie haben es die Experten der Rechtschreibkommission eigentlich geschafft, sich so völlig von jeder Kenntnis der Sprachstrukturen fernzuhalten? Das erfordert sicher ein ganz besonders dickes - will sagen, ideologisches - Brett vor dem Kopf.


eingetragen von Theodor Ickler am 10.12.2004 um 08.59

„In Verbindung mit einem adjektivisch gebrauchten Partizip kann getrennt oder zusammengeschrieben werden:
- ein wohl behütetes, auch wohlbehütetes Geheimnis
- eine wohl versorgte, auch wohlversorgte Frau
- ein wohl durchdachter, auch wohldurchdachter, wohl überlegter, auch wohlüberlegter Plan
- wohl erzogene, auch wohlerzogene, aber nur noch wohlerzogenere Kinder
- wohl geformte, auch wohlgeformte, aber nur noch wohlgeformtere Sätze
- wohl genährte, auch wohlgenährte Babys, aber nur die wohlgenährtes|ten Babys
- wohl schmeckende, auch wohlschmeckende, aber nur wohlschmeckendere, die wohlschmeckends|ten Gerichte“

(Duden - Die deutsche Rechtschreibung, 23. Aufl. Mannheim 2004)

Ebenso in der Neufassung der amtlichen Regeln. Aber schmeckend ist nicht „adjektivisch gebraucht“ und kann auch nicht gesteigert werden, sondern erst die gesamte Verbindung ist ein Adjektiv.

„In Verbindung mit einem Adjektiv wird getrennt geschrieben, wenn »wohl« erweiterbar oder steigerbar ist:
- die wohl bekannten, besser bekannten, am besten bekannten, aber bestbekannten Autoren“


Daher kennt der Duden immer noch nicht wieder wohlbekannt. Auch hier ist Kritik angebracht, denn zum geläufigen wohlbekannt gibt es keine Steigerung. besser bekannt usw. sind Steigerungsformen zu gut bekannt. So kommt es zu zweideutigen Übersetzungen:
Nachdem in einem Restaurant der teuerste Trüffel der Welt verschimmelt war, meldete die Zeitung: „Internationale Spitzenköche stichelten, es sei 'wohl bekannt', dass Trüffel nur einige Zeit reif seien und dann faulen.“ (dpa nach NN 10.12.2004)

Es ist bisher nicht gelungen, für Zusammensetzungen mit wohl und wieder eine einheitliche und lernbare Regel zu finden. Man sieht nicht ein, warum wohlbehütet auch wieder zusammengeschrieben werden darf, wohl bekannt aber nicht. Was für (angeblich) „adjektivisch gebrauchte“ Zweitglieder gilt, sollte doch für echte Adjektive erst recht gelten.

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Th. Ickler


eingetragen von Theodor Ickler am 09.12.2004 um 17.52

Duden-Homepage:


Die neue Rechtschreibung

Die wesentlichen Regelergänzungen im Überblick

Im Folgenden sind die wichtigsten Präzisierungen und Ergänzungen zusammengefasst, die im Juni 2004 von der Kultusministerkonferenz für das Regelwerk der deutschen Rechtschreibung beschlossen wurden. Die Paragrafen- und Ziffernangaben in Klammern beziehen sich auf den amtlichen Regeltext, der an diesen Stellen überarbeitet wurde.

Getrennt- und Zusammenschreibung

Die Liste der Partikeln, die trennbare Zusammensetzungen mit Verben bilden können, wird um die folgenden Adverbien ergänzt: dahinter-, darauf-/drauf-, darauflos-/drauflos-, darin-/drin-, darüber-/drüber-, darum-/drum-, darunter-/drunter-, davor-, draus-, hinter-, hinterdrein-, nebenher-, vornüber-. [§ 34 (1)]
Neben die bisher allein korrekte Getrenntschreibung der Verbindung Leid tun tritt die Schreibvariante leidtun (in Distanzstellung: es tut mir leid). [§ 34 (3), § 34 E3 (5), § 55 (4)]
In Wortverbindungen mit einem adjektivisch gebrauchten Partizip als zweitem Bestandteil wird die Schreibung weitgehend freigegeben: Fleisch fressende/fleischfressende Pflanzen, eine so genannte/sogenannte Supernova. [§ 36 E2]
Schreibung mit Bindestrich

Verbindungen aus Ziffern und dem Wortbestandteil -fach können neu auch mit Bindestrich geschrieben werden: 8fach/8-fach, das 8fache/8-Fache. [§ 40 [3], § 41]

Groß- und Kleinschreibung

In einer Reihe fester Wortverbindungen aus Präposition und dekliniertem Adjektiv (ohne vorausgehenden Artikel) ist neben der Kleinschreibung neu auch die Großschreibung des Adjektivs erlaubt: von neuem/Neuem, von weitem/Weitem, bis auf weiteres/Weiteres, ohne weiteres/Weiteres, seit längerem/Längerem, binnen kurzem/ Kurzem. [§ 58 (3)]
Im fachsprachlichen Gebrauch können Adjektive, die mit dem folgenden Substantiv einen Gesamtbegriff bilden, großgeschrieben werden: Gelbe Karte, Goldener Schnitt, Kleine Anfrage. [§ 64]
Schreibvarianten

Außerdem soll es künftig bei Schreibvarianten vom Typ Geographie/Geografie (Fremdworteindeutschung) keine explizite Unterscheidung mehr zwischen Haupt- und Nebenvariante geben, beide Schreibweisen gelten als völlig gleichberechtigt. Im amtlichen Wörterverzeichnis sollen allerdings die neuen Schreibungen immer an erster Stelle gezeigt werden.

Anmerkung von Th. I.: Man sieht hier, wie im revidierten Regelwerk selbst, die Unklarheit von § 36: Wieso ist denn das Partizip als zweiter Bestandteil von "fleischfressend" bzw. "sogenannt" adjektivisch? Das Ganze ist ein Adjektiv! Es geht doch nicht um fressende Pflanzen und genannte Supernovae.

Übrigens könnte man auch fragen, warum die "fleischfressenden Pflanzen" nicht groß geschrieben werden wie neuerdings die "Fliegenden Fische"...(oder diese klein)

Wetten, daß nicht nur das amtliche Wörterverzeichnis, sondern auch unsere unendlich devoten Wörterbücher die eingedeutschten Formen immer an erster Stelle anführen werden!
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Th. Ickler


eingetragen von Sigmar Salzburg am 25.11.2004 um 08.37

placer = 1. stellen; setzen; legen; e-n Platz anweisen 2. sich setzen; in Dienst treten

Duden 9. Aufl. 1926, nur:
placieren (auf-, anstellen; unterbringen)

Duden 15. Aufl. 1961:
placieren (plaßieren, auch plazieren)(aufstellen, an einen bestimmten Platz stellen; kaufmänn.: Kapitalien anlegen, unterbringen… )“…

plazieren (eingedeutscht für: placieren; vergl. d.)

Duden 19. Aufl. 1986:
plazieren, (auch noch: ) placieren (frz.) (aufstellen, an einen bestimmten Platz stellen;…)

Duden 23. Aufl. 2004:
platzieren, (frz.) (aufstellen, an einen bestimmten Platz stellen;…) …

plazieren usw. alte Schreibung für platzieren usw.

(„Sprache entwickelt sich eben“)

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Sigmar Salzburg


eingetragen von Bernhard Schühly am 22.11.2004 um 18.20

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Ursula Morin
Im neuen Duden ist zu lesen, daß "man" dabei an "Quantum" denkt.
Ich dachte, durch den neuen Duden werden solche ethymologischen Rückführungen und damit die Möglichkeiten, sich die Schreibung und Trennung eines Wortes aufgrund seiner Wurzeln zu erschließen, gerade unterbunden!!!
Man denke nur an Fi-lo-so-fie und die anderen Wörter mit altsprachlichen Wurzeln. Also erst Kopf ausschalten, dann schreiben...?
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Bernhard Schühly


eingetragen von Ursula Morin am 21.11.2004 um 22.12

Ich erlaube mir, hier einen Leserbrief an die Zeitschrift TV Hören und Sehen einzustellen, den ich gerade per E-Mail verschickt habe (ich wäre allerdings sehr erstaunt, wenn ich darauf eine Antwort erhalten würde):


Liebe Redaktion,
ich habe gerade mit Interesse Ihre Kolumne "Ein Wort und seine Geschichte", die von Herrn Dr. Wermke vom Duden-Verlag betreut wird und in jeder Ausgabe erscheinen soll.

könnten Sie Herrn Dr. Wermke nicht bitten, etwas zur Entstehungsgeschichte des neuen Wortes "Quäntchen" zu erzählen. Vor allem wüßte ich gerne, wie es zur Einführung dieses Wortes gekommen ist, d.h. welche Unterlagen über die Häufigkeit der Anwendung man dazu benutzt hat. Im neuen Duden ist zu lesen, daß "man" dabei an "Quantum" denkt. Es wäre interessant zu wissen, wer hier mit "man" gemeint ist (ich habe das Wort bisher nicht gekannt, aber es wurden doch dazu sicher Meinungsumfragen abgehalten).

Ich würde mich freuen, wenn Sie diese Anfrage berücksichtigen könnten.

Mit herzlichen Grüßen
Ursula Morin

cc. Duden-Redaktion



eingetragen von Sigmar Salzburg am 12.11.2004 um 09.55

Normal-Duden (1986) : „Handvoll, die; -,-; eine, zwei, etliche, einige, ein paar - “

Adelung schreibt (Ausgabe 1808): „Mit Zahlwörtern bleibt es unverändert. Vier Handvoll Erde. Eine Handvoll Volks, figürlich, sehr wenig".

Landschaftlich ist die Wandlung zu einem eigenständigen Wort noch deutlicher:
Der Sagenkreis um Löhlitz:
... Eine andere Magd tat sich beim Gänserupfen immer einige Hämpfl (= „Handvoll“)
Flaumfedern weg, denn das Mädchen war arm und mußte sich sein Brautbett ...

Der Neu-Duden (2004) hingegen unterschlägt seine frühere Eintragung „zwei, etliche, einige, ein paar Handvoll“ und bringt im groß aufgemachten Kasten „Hand“ lediglich „- er hat die eine Hand voll Kirschen, (auch als Mengenangabe getrennt: ) eine Hand voll Kirschen essen “

Die Hehlerbande beim Duden vertuscht also mit vollem Wissen den orthographischenWörterklau.
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Sigmar Salzburg


eingetragen von Bernhard Schühly am 10.11.2004 um 23.02

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Ursula Morin
Woher diese "Omanie" im Hinblick auf Silbentrennungen wohl kommt?
Nicht vergessen: Es gibt jetzt auch die "-osofie" mit einem Wortbestandteil vornedran, der wohl von lateinisch "filius" kommen muß. Also handelt das vielleicht von dem kleinen Sohnemann, der mit Erstaunen ("oh!") sein erstes Mädchen (mit Namen Sofie) entdeckt hat. Klingt zwar sehr romantisch, aber auch philosophisch...?
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Bernhard Schühly


eingetragen von Ursula Morin am 10.11.2004 um 20.08

Ich denke, als Schwabe kann ich mir diese Überschrift erlauben.

Obwohl nicht besonders religiös, schreckt es mich doch, was die Reformer dem lieben Gott angetan haben:
The- okratie, the- ologisch, The- omanie usw. Alles nachzulesen im neuen Duden ...

Woher diese "Omanie" im Hinblick auf Silbentrennungen wohl kommt? Es gibt heute so gute Layoutprogramme, daß es auf einen Buchstaben mehr oder weniger auf der Zeile wirklich nicht ankommt. Beim Korrekturlesen stören solche Trennungen aber arg. Sollten auch die Korrektoren zu den Zielgruppen der Reformer gehören, die zum Abschuß freigegeben sind?




eingetragen von Christian Dörner am 08.11.2004 um 19.26

In der Tat erlaubt der Duden 2004 in jedem Falle die Großschreibung der Substantivierung:

»• an|de|re, and|re
Im Allgemeinen wird »andere, andre« kleingeschrieben K 77:
- der, die, das and[e]re
- eine, keine, jeder, alles and[e]re
- die, keine, alle and[e]ren, andern
- ein, kein and[e]rer
- ein, kein, etwas, allerlei, nichts and[e]res
- der eine, der and[e]re
- einer, eins nach dem and[e]ren
- und and[e]re, und and[e]res (Abk. u. a.)
- und and[e]re mehr, und and[e]res mehr (Abk. u. a. m.)
- von etwas and[e]rem, anderm sprechen
- unter and[e]rem, anderm (Abk. u. a.)
- zum einen ..., zum and[e]ren
- sich eines and[e]ren, andern besinnen
- ich bin and[e]ren, andern Sinnes
- and[e]res gedrucktes Material
- and[e]re ähnliche Fälle
- andere Gute
- ein andermal, aber ein and[e]res Mal
- das and[e]re Mal
- ein um das and[e]re Mal
- ein und das and[e]re Mal

Bei Substantivierung ist auch Großschreibung möglich K 77, beispielsweise
- der, die, das and[e]re, auch And[e]re
- die Suche nach dem and[e]ren, auch And[e]ren (nach einer neuen Welt)«


Im Duden 2000 lautete der damals sehr kryptisch formulierte letzte Absatz noch so:

»Großgeschrieben werden kann, wenn »andere, andre« qualifizierend, also im Sinne von »etwas Andersartiges« verstanden wird:
- die Suche nach dem and[e]ren, auch And[e]ren (nach einer neuen Welt)
- der Dialog mit dem and[e]ren, auch And[e]ren (dem Gegenüber; Philos.)«

Nun ist klargestellt, daß man immer groß schreiben dürfen soll.
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Christian Dörner


eingetragen von Karin Pfeiffer-Stolz am 08.11.2004 um 18.44

Kann mir jemand sagen, ob – wie es jemand behauptet – der Duden 2004 es neuerdings gestattet, „Anderes“ groß zu schreiben, und zwar in diesem Zusammenhang:

„Das ist wohl etwas Anderes als [der Begriff] erträglich.“

Ich besitze keinen Duden 2004.
Danke für Hilfe.
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Karin Pfeiffer-Stolz


eingetragen von Fritz Koch am 02.10.2004 um 22.29

Die Endsilbe -nis dient zur Bildung von Namenwörtern aus Tätigkeitswörten oder Eigenschaftswörtern und unterliegt als Ausnahme nicht dem Stammprinzip der gebeugten Formen (der "Mehrzahlprobe") (seit 1902).

Kompromiß ist ein Fremdwort aus dem Lateinischen von compromissum; alle von -missum gebildeten Fremdwörter behalten das ß bzw. ss.

Matt ist ein Eigenschaftswort und unterliegt dem Stammprinzip der gebeugten Formen (der "Mehrzahlprobe").

Hat ist eine Zeitwortform von haben und hat die Endung -t der dritten Person Einzahl Gegenwart der Begriffszeitwörter.
– geändert durch Fritz Koch am 03.10.2004, 09.44 –


eingetragen von Detlef Lindenthal am 02.10.2004 um 20.37

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von margel:
Klar und übersichtlich...
...stehen die Regeln betr. die Kennzeichnung kurzer Vokale in den §§ 2 - 5 des amtlichen Regelwerks.
Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Stephan Fleischhauer:
Wer sich hier besonders hervortun möchte, sollte erst einmal zeigen, wie sich die komplizierten Regeln der Stammschreibung auf eine solche Weise didaktisch aufbereiten lassen, daß man sie einem Grundschüler vermitteln kann.
Lieber Stephan,

bitte glaube margel nicht. Ich habe nachgesehen: Die vier genannten „Paragraphen“ (soll mit ihnen ein Gesetz imitiert werden?) sind zueinander widersprüchlich, und vollständig sind sie auch nicht und widersprechen dadurch den Wörterbüchern.

Zur Lernbarkeit der Rechtschreibung:
Man lernt sie durch Lesen, nicht durch Regeln.
Und soviel habe ich von Informatik verstanden, daß eine Regel nicht weiter vereinfacht werden kann, als sie vereinfacht werden kann. Denn wenn sie weiter vereinfacht wird, dann ist sie keine Regel mehr, sondern birgt einen Widerspruch und ist Unsinn. Ich will aber andererseits nicht verhehlen, daß solches in anderen Kulturkreisen (bei der Feuerwehr, in Parteien, im Beamtenstaat ...) zuweilen anders gesehen wird.
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Detlef Lindenthal


eingetragen von margel am 02.10.2004 um 18.14

Ich hatte den Duden-Newsletter zitiert, um zu zeigen, daß auch die Experten recht nachlässig mit den Regeln verfahren. Es fehlte eben der wichtige Zusatz "betonter" (kurzer Vokal). - Ich will doch nicht das Regelwerk verteidigen, schon gar nicht "spöttisch". Und den Schulkindern sollen gefälligst die Reformer bzw. ihre willigen Vollstrecker die feinen Unterschiede beibringen.


eingetragen von Stephan Fleischhauer am 02.10.2004 um 17.40

Daß Konsonanten nach kurzem Vokal verdoppelt werden, ist als vereinfachte Darstellung ganz in Ordnung. Die spöttischen Kommentare aus unseren Reihen sind ganz überflüssig. Wer sich hier besonders hervortun möchte, sollte erst einmal zeigen, wie sich die komplizierten Regeln der Stammschreibung auf eine solche Weise didaktisch aufbereiten lassen, daß man sie einem Grundschüler vermitteln kann. LiebeR margel, lieber Herr Koch, wie würden Sie einem Viertkläßler erklären, warum man nicht Geheimniss (bzw. Geheimniß), aber Kompromiss (Kompromiß), warum man matt, aber hat schreibt usw.? Wahrscheinlich müßten Sie recht weit ausholen.


eingetragen von margel am 02.10.2004 um 12.28

...stehen die Regeln betr. die Kennzeichnung kurzer Vokale in den §§ 2 - 5 des amtlichen Regelwerks.


eingetragen von Stephan Fleischhauer am 02.10.2004 um 11.17

Kennt hier eigentlich jemand die Regeln, wann Konsonanten verdoppelt werden?


eingetragen von Fritz Koch am 01.10.2004 um 20.33

Und das stimmlose s wird nach kurzem Vokal verdoppelt.
Deshalb schreibt man auch dess, dass, biss, usw.

Kurzer Vokal wird durch Konsonantenverdoppelung ausgedrückt. Deshalb schreibt man Lehrerinn, Ärztinn, inn, mitt, usw.

Das wären doch echte Schreib-Erleichterungen und Schreiber-Leichterungen.
Vor allem wäre es noch viel logischer als die alte Schreibweise, und es gäbe noch viel weniger Ausnahmen.


eingetragen von margel am 01.10.2004 um 19.52

Im neuesten "Newsletter" belehrt uns der Duden, daß das stimmlose s nach einem kurzen Vokal verdoppelt werde. - Darum schreibt man ja auch Geheimniss.


eingetragen von margel am 28.09.2004 um 07.38

Der Landesschülerbeirat Baden-Württemberg: "Wir wollen wissen: Wie schreibt man etwas richtig? - und nicht: Wie schreibt man etwas im Moment richtig?"


eingetragen von Theo Grunden am 28.09.2004 um 07.24

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Theodor Ickler
Das "unveränderte amtliche Regelwerk" im Anhang des neuen Duden ist bekanntlich nicht unverändert. Es ist aber auch nicht amtlich.
(...)
Es gibt also noch gar kein amtliches Regelwerk.

Wenn nun gleichzeitig die Korrigiervorschrift für Lehrer unverändert gilt, müßten sie in dem Satz

„Die momentane Sitation in den sogenannten allgemeinbildenden Schulen ist, so leid es mir tut, noch längst nicht zufriedenstellend.“

heute noch vier Schreibweisen markieren und als „veraltet/überholt“ kennzeichnen, obwohl dieses „veraltet/überholt“ hier eigentlich schon selbst wieder veraltet/überholt ist. (Eigentlich, aber eben noch nicht amtlich).


eingetragen von Theodor Ickler am 27.09.2004 um 12.39

Das "unveränderte amtliche Regelwerk" im Anhang des neuen Duden ist bekanntlich nicht unverändert. Es ist aber auch nicht amtlich. Am 22. September 2004 schrieb mir der Generalsekretär der KMK, Prof. Dr. Erich Thies, u. a. folgendes:

"Wie Sie wissen, hat die Kultusministerkonferenz dem 4. Bericht der Zwischenstaatlichen Kommission für deutsche Rechtschreibung sowie einem ergänzenden Bericht der Kommission am 04.06.2004 zugestimmt.
Die Kommission für deutsche Rechtschreibung ist derzeit damit befasst, das Regelwerk von 1996 auf der Grundlage der genannten Berichte förmlich zu überarbeiten. Über diese Fassung ist dann mit Österreich und der Schweiz Einvernehmen herzustellen."

Es gibt also noch gar kein amtliches Regelwerk.

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Th. Ickler


eingetragen von Reinhard Markner am 23.09.2004 um 11.04

Duden 2004 (wie schon Duden 2000) gibt als alte Trennung su|blim usw. an.


eingetragen von Detlef Lindenthal am 20.09.2004 um 12.45

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Stephan Fleischhauer
Gibt es überhaupt Trennprogramme, die zuverlässig funktionieren? Bei Word werden sehr häufig Trennmöglichkeiten übersehen
Zwei Trennwerker sind mir bekannt, die zuverlässig arbeiten; der eine wurde von Werner Breuch in Damp geschrieben und vertrieben, der andere Trennwerker wird von der Firma Inso angeboten und ist eingebaut z.B. in VivaPress (Nachbau von QuarkXPress).
QuarkXPress hatte, als ich noch damit arbeitete, eine derart fehlerhafte Silbentrennung, daß die Arbeit damit keinen Spaß machte („ansch- ließend“).
VivaPress hingegen macht pro Buch derart wenig Fehler, daß auf ein nochmaliges Prüflesen verzichtet werden kann.
Bill Gates' Word ist nach wie vor in mehrfacher Hinsicht derart fehlerhaft, daß einem kultivierten Menschen die Arbeit mit Word nicht zu empfehlen ist.
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Detlef Lindenthal


eingetragen von Stephan Fleischhauer am 20.09.2004 um 10.50

Vielleich hatte ich mich nicht deutlich ausgedrückt, aber es ging mir darum, ob die Trennprogramme auch Druk-kerzeugnis (bzw. Dru-ckerzeugnis) ausspucken. Das so ein Wort niemals vorkommt, war mir klar. Aber vielleicht ist es dem Computer weniger klar. Und es mag noch andere, wirklichkeitsnahe Beispiele von mehrdeutigen Zusammensetzungen/Ableitungen geben.
Andere Frage: Gibt es überhaupt Trennprogramme, die zuverlässig funktionieren? Bei Word werden sehr häufig Trennmöglichkeiten übersehen. Und man sieht ja auch in ansonsten recht ordentlichen Büchern die abenteuerlichsten Trennungen.


eingetragen von Theodor Ickler am 20.09.2004 um 08.21

Das Beispielwort Drucker-zeugnis, vor dem wir jahrzehntelang gewarnt worden sind, mußte bisher als künstliche Erfindung gelten, aber vor einigen Tagen habe ich es tatsächlich mit dieser Trennung gefunden! Und zwar in Rudolf E. Keller: Die deutsche Sprache. Hamburg 1995, S. 348. Die Augen gingen mir über vor Freude, aber, ehrlich gesagt, den Lesefluß hat die Trennung nicht sonderlich gestört.
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Th. Ickler


eingetragen von Stephan Fleischhauer am 20.09.2004 um 07.34

Zur automatischen Silbentrennung
Angenommen, man würde wie die Schweizer das ß abschaffen, jedoch dudengemäß trennen (schlie-ssen), dann hätten die Textverarbeitungsprogramme ein Problem. Bei Wörtern wie Busse, Masse müßten sie den Benutzer zur manuellen Trennung auffordern. Die Schweizer trennen tatsächlich schlies-sen, habe es in Zeitungen gesehen. (Herrn Markner vielen Dank für den Hinweis.) Andererseit gibt es auch sonst Probleme. Wie z.B. trennt der Computer Druckerzeugnis?


eingetragen von Ruth Salber-Buchmüller am 19.09.2004 um 15.02

Im FAZ-FORUM ist eine recht rege Diskussion um die RSR.
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Ruth Salber-Buchmueller


eingetragen von Karsten Bolz am 19.09.2004 um 15.02

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Stephan Fleischhauer
Gerade in diesem Zusammenhang wäre es doch interessant, wie die Textverarbeitungsprogramme mit der Worttrennung umgehen. Gibt es darüber irgendwelche Informationen?

Ja, gibt es. Ein weitverbreitetes Korrekturprogramm ist Corrigo. In deren Werbetext heißt es: Corrigo wurde zunächst für die Redaktionsarbeit in Verlagen entwickelt […] Wahl zwischen Schreibvarianten (unter anderem konservativ, progressiv, und dpa-Schreibweise); Feineinstellung persönlicher Schreibstile; einheitliche Anwendung der einmal gewählten Schreibung.. Die Auswahl der Trennmöglichkeiten (hin-ein vs. hi-nein usw. bis zu Feinheiten der st-Trennung) ist darin sicher gegeben. Andere professionelle Systeme werden ähnlich arbeiten.
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Karsten Bolz


eingetragen von margel am 19.09.2004 um 14.46

Mit einem "guten Stück Zeitgeschichte" meint der Duden sicher die Aufnahme kurzlebiger, zeitgebundener Begriffe. Man kann aber auch in dem Zwittergebilde "Duden" selbst das Symptom einer großen zeitgeistigen Verwirrung sehen, das späteren Betrachtern treffliches Material für ihre Diagnose der Reform und ihrer verderblichen Folgen liefern wird. Das Kapitel "Der Duden und die Rechtschreibreform" ist ja erst ansatzweise geschrieben. Es wird wohl das traurigste und gleichzeitig lehrreichste dieses Narreteispiels werden.


eingetragen von Karsten Bolz am 19.09.2004 um 14.16

...wird Herrn Wermke nicht so sehr erfreuen:

[...] es wurden auch einige Details der Reform überarbeitet. Und dies wird wohl nicht der letzte Schluss der Diskussion gewesen sein. Der Duden, der in der nun vorgelegten Fassung ein nochmals übersichtlicheres und benutzerfreundlicheres Layout erhalten hat, wird vielleicht deshalb in der näheren Zukunft[sic!] häufigere Neuauflagen erleben als in der Vergangenheit. Doch daraus den Schluss zu ziehen, man sollte vielleicht mit der Neuanschaffung bis zur 24. Auflage warten, wäre in jedem Fall ein Fehler. Denn das Buch bietet nicht nur die aktuellen Regeln der Rechtschreibung, Grammatik und Zeichensetzung, es dokumentiert außerdem "ein gutes Stück Zeitgeschichte",[sic!] wie es zutreffend in einer Pressverlautbarung des Verlages heißt.
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Karsten Bolz


eingetragen von Karsten Bolz am 19.09.2004 um 14.10

Duden ist jetzt bei amazon auf Platz 32 abgerutscht. Meine Kurzrezension ist jetzt auch dort zu lesen:

Als „druckfrisches Altpapier" muß wohl bezeichnet werden, was jetzt als 23. Auflage des Dudens in den Regalen des Buchhandels liegt. Er bringt „Verwirrung komplett", denn er ist auf halber Strecke zwischen der „Rechtschreibreform" und der klassischen Erwachsenenorthographie stehengeblieben. Tausende der bisher von der Neuregelung verbotenen Wörter sind wiederhergestellt, offensichtlich wurden aber wesentliche Einträge vergessen, wie z. B. „leichtverdaulich" oder „schwerlöslich". Immer noch zwingt uns dieser Duden zu grammatisch falschen Schreibungen wie „Pleite gehen" und verbietet Schreibungen wie „fertiggestellt" oder „saubergehalten". Im Anblick der zusammenbrechenden Rechtschreibreform, verursacht durch die Rückkehr maßgeblicher Zeitungsverlage und anderer Printmedien zur klassischen Rechtschreibung, wäre ein Rechtschreibwörterbuch wünschenswert, das ebendiese beschreibt. Da selbst bei einem Festhalten der Kultusminister an dieser „Reform" kurzfristig mit weitergehenden Änderungen zu rechnen ist, kann dieser Duden nur als kurzfristige Dokumentation einer Übergangsreform oder als Briefbeschwerer dienen. Ein verläßliches Wörterbuch selbst für die nahe Zukunft ist es allemal nicht. Geneigte Interessenten erwerben deshalb lieber die nach Auskunft der Dudenredaktion noch lieferbare 20. Auflage. Diese enthält zwar nicht die neuesten Einträge wie „Billigflieger", „Ziegelbrennerin" oder „Ich-AG", aber zur richtigen Schreibung wird diese Wörter wohl kaum jemand nachschlagen müssen.
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Karsten Bolz


eingetragen von Stephan Fleischhauer am 16.09.2004 um 13.14

Gerade in diesem Zusammenhang wäre es doch interessant, wie die Textverarbeitungsprogramme mit der Worttrennung umgehen. Gibt es darüber irgendwelche Informationen?


eingetragen von Karin Pfeiffer-Stolz am 16.09.2004 um 11.21

Die Angaben der Trennstellen im Duden führen sich selbst ad absurdum und sind im Grunde überflüssig. Wenn nach fast jedem Buchstaben getrennt werden darf, wozu muß das dann durch senkrechte Striche gekennzeichnet werden?
Was uns da vorgeführt wird, ist eine Eulenspiegelei, über die man nur noch lachen kann.
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Karin Pfeiffer-Stolz


eingetragen von Christian Dörner am 16.09.2004 um 11.03

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Stephan Fleischhauer
Lieber Herr Markner,
Ihren Einwand hatte ich nicht ganz verstanden. Der Duden 2004 nennt ja nicht alle Trennstellen, die aufgrund des amtlichen Regelwerks möglich sind.
Nun, auch wenn Fehler vorhanden sein mögen, so erhebt der Duden inzwischen eigentlich Anspruch auf Vollständigkeit. Die einschlägigen Paragraphen im amtlichen Regelwerk sind leider unklar formuliert, so daß sich aus ihnen nicht immer ableiten läßt, welche Trennungen im einzelnen zulässig sind und welche nicht. Ich erinnere in diesem Zusammenhang nur an den Duden 1996, der auch die Nichttrennung von -str- in Fremdwörtern zuließ, also Indu|strie usw., sowie an die inzwischen wieder aus dem Bertelsmann entfernten Trennungen Hämog|lobin usw., während Daneb|rog beibehalten werden soll ...
Daß auch bei Fremdwörtern die Trennung nicht beliebig sein soll, zeigt z. B. die Anführung von Pro-gramm in § 111.
Die Worttrennung am Zeilenende, eigentlich völlig nebensächlich, hat sich inzwischen zum Stolperstein für die neuen Wörterbücher entwickelt, so daß eine 60seitige Liste mit Trennungen erarbeitet wurde, um die Angaben in den verschiedenen Wörterbüchern zu synchronisieren. Diese Liste ist bis heute leider nicht in die Hände der Reformkritiker gelangt, so daß wir aus den Einträgen im Duden nur rekonstruieren können, was in dieser Liste wohl zu finden ist.
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Christian Dörner


eingetragen von Reinhard Markner am 16.09.2004 um 10.53

Zitat:
Der Duden 2004 nennt ja nicht alle Trennstellen, die aufgrund des amtlichen Regelwerks möglich sind.
Das sehe ich auch so, aber die Duden-Redaktion bestreitet es ausdrücklich, seit 2000 etliche Trennstellen neu aufgenommen und die betreffende Stelle im Vorwort "Zur Wörterbuchbenutzung" geändert wurde. Nunmehr heißt es, es seien "alle Trennmöglichkeiten" aufgeführt.


eingetragen von Stephan Fleischhauer am 16.09.2004 um 09.52

Lieber Herr Markner,
Ihren Einwand hatte ich nicht ganz verstanden. Der Duden 2004 nennt ja nicht alle Trennstellen, die aufgrund des amtlichen Regelwerks möglich sind.


eingetragen von Bernhard Schühly am 15.09.2004 um 22.31

Ich habe gehört, daß im neuen Duden zum Beispiel der "Teuro" hereingekommen ist. Aber: Ist das überhaupt ein richtiges Wort oder nicht viel mehr eine Wortspielerei?
Als Substantiv - so ist es glaube ich aufgeführt - müßte man es konkret beschreiben können. Was also ist ein "Teuro"? Ein Zahlungsmittel? Wieviel ist es dann wert? Wird das benutzt zur Abwicklung von Kaufverträgen bei besonders wertvollen Waren?
Oder ein neuer Euphemismus? Aber für was? Falschgeld vielleicht?
Man beginnt zu erkennen, daß dieses Wort nur in einem einzigen Kontext einen Sinn macht, nämlich um schlagwortartig darauf hinzuweisen, daß mit der Einführung der neuen europäischen Währung die meisten Güter teurer geworden sind: "Der Euro ist zum Teuro geworden". Für sich allein ist dieses neue "Wort" nichts.

Das erinnert mich auch an eine Werbeaktion von Karstadt:
Damals wurden dort die Waren angepriesen mit Slogans, in die man möglichst viele Wörter mit der Vorsilbe "auf-" einbaute und anschließen ein K davor setzte:
Dann stand dort z.B. "Achtung kaufgepaßt!", "Wir haben kaufsehenerregende Preise!", "Jetzt geht es kaufwärts" u.s.w. Diese "Wörter" hätten ja dann auch in den Duden gehört...

Ein anderes hingegen hätte mehr Berechtigung, bedarf aber trotzdem nicht des Eintrags:
Zu Ihrem 75. Geburtstag hat die Marke TEMPO ihren Papiertaschentüchern das Prädikat "durchschnupfsicher" verliehen. Man mag, wie es die SZ in einer Glosse getan hat, darüber spötteln, ob es nicht genügt hätte, auf die Packung - wie in den fremdsprachigen Aufschriften - einfach "reißfest" zu schreiben. Aber eines steht fest und das zeigt an, wie die Deutsche Sprache still und selbstständig und ganz ohne den Duden wachsen kann:
Dieses Wort wurde aus deutschen Wörtern bzw. Wortwurzeln mit Zuhilfenahme der für die Deutsche Sprache charakteristischen Wortbildungsregeln korrekt erstellt und ist deshalb auch für alle, die es bisher noch nie gehört haben, aber diese Regeln kennen, sofort verständlich zu hören bzw. zu lesen, zu deuten, zu sprechen und zu schreiben. Und gerade deshalb bedarf es gar nicht seiner Aufname in den Duden.

Bernhard Schühly


eingetragen von Matthias Dräger am 15.09.2004 um 19.44

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Theodor Ickler
Welche Überlegung mag den Duden dazu geführt haben, schon 1996 malari-akrank, Malari-aerreger und seit 2000 auch Sepi-azeichnung zu trennen?

Sie sprechen im Zusammenhang mit dem Duden von „Überlegungen“? Für mich sind die diversen Ausgaben des DUDENS seit 1996 eher Produkte eines fehlgeleiteten Devotionalienhandels.


eingetragen von Reinhard Markner am 15.09.2004 um 17.33

Zitat:
Der Duden ist, was die Worttrennung betrifft, für Korrekturzwecke eigentlich unbrauchbar. Gerade weil er nur Empfehlungen gibt, macht er sich lächerlich.
Das galt 1996, seit 2000 nicht mehr.

Kurios ist auch die Trennung I-ota. Iota ist bloß die Nebenvariante zu Jota. Man darf also auch einzelne Vokale abtrennen, die gar keine sind.


eingetragen von Fritz Koch am 15.09.2004 um 17.15

finde ich schön, weil es mit Pause gesprochen bairisch klingt.
he, rein! he, raus! ist schön, weil es mit Pause gesprochen norddeutsch klingt.
hi-nein! klingt als Verneinung auch nicht schlecht.


eingetragen von Stephan Fleischhauer am 15.09.2004 um 17.03

Der Duden ist, was die Worttrennung betrifft, für Korrekturzwecke eigentlich unbrauchbar. Gerade weil er nur Empfehlungen gibt, macht er sich lächerlich. Man kann sich fragen, warum die Reformer nicht die Trennung an jeder Stelle zugelassen haben. Dann wäre nicht nur Manusk-ript, sondern auch Sk-ript möglich. Das wäre schon fast wieder akzeptabel.
Der Duden muß eben genug Unsinniges der Reform umsetzen, damit es nicht so aussieht, als würde er z.T. bei der alten Schreibung bleiben. Ich nehme an, daß auch die Presse weiterhin aufwändig, selbstständig, Orthografie und Raum sparend schreiben und auf diese Weise für den äußeren Schein - und zugleich für die Fortsetzung der "Variantenführung" - sorgen wird.
Um zur Worttrennung zurückzukommen: Sind eigentlich sämtliche "amtlichen" Trennstellen in den Textprogrammen der Druckmedien enthalten? Richten sich die Programme nach den Dudenempfehlungen? Trennen die Zeitungen abwechselnd hin-auf und hi-nauf, oder sind Voreinstellungen möglich?


eingetragen von Ruth Salber-Buchmüller am 15.09.2004 um 15.37

WELT 15.09.04
OECD-Studie löst neue Bildungsdebatte aus

"Der Bund hat schon eine "Leadfunktion", was den
Schwerpunkt angeht", sagt Schröder.
Steht das Wort auch im Neuen Duden?
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Ruth Salber-Buchmueller


eingetragen von Theodor Ickler am 15.09.2004 um 15.15

Welche Überlegung mag den Duden dazu geführt haben, schon 1996 malari-akrank, Malari-aerreger und seit 2000 auch Sepi-azeichnung zu trennen?
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Th. Ickler


eingetragen von Theodor Ickler am 14.09.2004 um 08.40

Während ein Mitglied der Zwischenstaatlichen Kommission aussagt, es gebe überhaupt noch kein endgültiges revidiertes Regelwerk, bekräftigt ein anderes Mitglied, das gebe es sehr wohl, es werde aber als internes Dokument behandelt und nicht herausgegeben. Die Dudenauslegung wird von keinem der beiden angezweifelt, aber es fragt sich, ob sie sich mit dem neuen Duden überhaupt schon so genau beschäftigt haben. Die Dudenredaktion soll ziemlich verzweifelt sein, weil es eine stimmige Auslegung der neuesten Regeln überhaupt nicht geben könne.
Man hört auch von neuem Streit innerhalb der Kommission, besonders Heller soll einiges zu hören bekommen. Nun, das ist ja nichts Neues.
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Th. Ickler


eingetragen von Christoph Kukulies am 14.09.2004 um 08.33

Wenn man beim kleinen Test auf "Eingaben überprüfen" klickt, kommt nicht die Auswertung, sondern man wird gleich zum großen
Test weitergereicht (weiter gereicht?)
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Christoph Kukulies


eingetragen von Dominik Schumacher am 13.09.2004 um 19.09

Beherrschen Sie die neueste Rechtschreibreform (2004)?
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eingetragen von Theodor Ickler am 12.09.2004 um 13.57

Es ist das Ziel der Reform und daher auch des reformhörigen Dudens, Bildungsinhalte so zu verstecken, daß sie nicht mehr auffindbar sind und daher niemandem mehr zum Vorteil gereichen können. Der Haß auf die Gebildeten ist wohl noch stärker als die Fürsorge für die Bildungsfernen, sonst würde man letzteren nicht diesen Streich spielen. Das alles zeigt sich besonders kraß in der Silbentrennung: Manusk-ript usw. Der Duden selbst und sogar Augst trennen zwar nicht so, aber sie "erlauben" es, d. h. lassen den Ratsuchenden ins offene Messer laufen und sich blamieren. Wie weit muß man zurückgehen, um einen vergleichbaren Kulturbruch zu finden? Vielleicht bis zur Völkerwanderung, die das Ende der antiken Bildung einleitete?

(Sonntagsgedanken beim Blättern im neuen Duden)
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Th. Ickler


eingetragen von Karin Pfeiffer-Stolz am 12.09.2004 um 10.33

Da hilft nur eines: sich kaltschnäuzig schnäuzen und das Schnäuztuch kein zweitesmal verwänden.
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Karin Pfeiffer-Stolz


eingetragen von Christian Dörner am 11.09.2004 um 10.17

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Reinhard Markner
Die "Zusammenstellung künftiger Neuschreibungen" auf http://www.duden.de ist nicht neu, wie schon das Wort "künftig" zeigt. Sie bildet die bisherige Variantenhierarchie ab, z. B. "Geographie, auch: Geografie".
Das Wort künftig steht noch auf der Webseite, weil die Dudenredaktion ihre alte Liste als Ausgangspunkt genommen hat und diese (wie auch in der gedruckten Ausgabe) schlampig umgearbeitet hat. Daher auch noch die Variantenführung bei Fremdwörtern. Die seit dem Duden 2004 wieder in die deutsche Schriftsprache zurückgekehrten Wörter sowie folgender Hinweis wurden hingegen vor ein paar Tagen neu aufgenommen:

»Neu hinzugekommene Schreibvarianten sind mit ›auch:‹ angekündigt; wenn eine Variante künftig als bevorzugt gelten soll, wurde sie mit einem * kenntlich gemacht.

In manchen Fachsprachen werden Adjektive in festen Verbindungen mit Substantiven großgeschrieben, obwohl keine Eigennamen, sondern reine Sachbezeichnungen vorliegen. Diese Wortverbindungen sind mit ** gekennzeichnet.«

Selbstverständlich ist jedoch die Variantenführung nicht von so großer Wichtigkeit, daß man zu lange Zeit dafür verwenden sollte.
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Christian Dörner


eingetragen von Theodor Ickler am 11.09.2004 um 02.30

Als eigener Regelungsgegenstand ist die "gezielte Variantenführung" abgeschafft, aber durch verschiedene Notationsweisen wird immer noch eine Gewichtung zwischen den Varianten suggeriert.

Allerdings ist der vierte Bericht - der ja wenigstens dem Anschein nach möglichst wenig aufgeben will - in diesem Punkt nicht sehr klar, und wir warten auf weitere Präzisierung.
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Th. Ickler


eingetragen von Reinhard Markner am 10.09.2004 um 22.49

Die "Zusammenstellung künftiger Neuschreibungen" auf http://www.duden.de ist nicht neu, wie schon das Wort "künftig" zeigt. Sie bildet die bisherige Variantenhierarchie ab, z. B. "Geographie, auch: Geografie".

Indem man die eine Schreibvariante "Stichwort", die andere hingegen "Schreibvariante" nennt, setzt man übrigens auch Prioritäten.


eingetragen von margel am 10.09.2004 um 15.47

Am bezeichnendsten für den tiefen Fall des Duden finde ich immer solche Beispiele: "schnäuzen - heute zu Schnäuzchen, Schnauze/ belämmert - heute zu Lamm/ Quäntchen - heute zu Quantum. - Dieses "heute zu" spricht Bände. Richtig müßte da stehen: Ein gewisser Herr Augst hat sich etwas zusammengesponnen...und wir Duden-Leute, die wir es natürlich besser wissen, lassen uns am Nasenring führen.


eingetragen von Christian Dörner am 10.09.2004 um 09.52

Interessanterweise ist in den Benutzungshinweisen zum Duden 2004 weder von Fremdwörtern noch von Vorzugsschreibungen überhaupt die Rede.

Im Duden 2000 hieß es noch so:

»c) Wo die Rechtschreibregeln mehrere Schreibungen zulassen, wird das Stichwort zunächst in bevorzugter oder empfohlener Schreibung angesetzt; die Schreibvariante erscheint unmittelbar nach dem Stichwort und gegebenenfalls auch als Verweiseintrag an der entsprechenden Alphabetstelle. Soweit die Stichwörter in der amtlichen Wortliste verzeichnet sind und dort eine Vorzugsschreibung markiert ist, richtet sich der Duden nach dieser Vorgabe. In den anderen Fällen wird die Schreibung als Hauptvariante betrachtet, die nach Einschätzung der Dudenredaktion am häufigsten gebraucht wird.«

Im Duden 2004 wird daraus dies:

»c) Wo die Rechtschreibregeln mehrere Schreibungen zulassen, wird das Stichwort in der Regel zunächst in der neuen Schreibung angesetzt; die Schreibvariante erscheint unmittelbar nach dem Stichwort und gegebenenfalls auch als Verweiseintrag an der entsprechenden Alphabetstelle.«

Eine Vorzugsschreibung soll es also – unabhängig vom Fremdwortcharakter – laut Duden überhaupt nicht mehr geben. Der entsprechende Abschnitt über die Aufgabe der Schreibvarianten bei Fremdwörtern ist, wie gesagt, im Duden 2004 aus einem bestimmten Grund nicht abgedruckt worden.
Um so verwunderlicher ist die jetzige Liste auf der Homepage, die weder eine Grundlage im amtlichen Regelwerk noch in der gedruckten sowie CD-Version des Dudens 2004 hat.

Wir wissen des weiteren nicht immer, was die Dudenredaktion im einzelnen eigenmächtig geregelt hat und was in Abstimmung mit der Kommission passiert ist.
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Christian Dörner


eingetragen von Reinhard Markner am 10.09.2004 um 08.08

Ich finde die Fakten interessanter als die Deklarationen. Die Verweise "auch", "vgl.", "s. a." signalisieren jeweils eine Variantenhierarchie, ob nun Fremdwörter betroffen sind oder nicht. Die Vorzugsschreibungen sind "so genannte Laub tragende Bäume" und "heiß geliebte Foneme".


eingetragen von Theodor Ickler am 10.09.2004 um 07.25

Die Variantenführung bezog sich, wie gesagt, nur auf Fremdwörter. Welchen Status die anderen Empfehlungen des Duden haben, ist vollkommen unklar. Die Redaktion erlaubt sich auch sonst eigenmächtige Empfehlungen (mit dem D-Symbol gekennzeichnet). Ich habe mal angefragt und warte auf Antwort.

Was soll ein korrigierender Lehrer mit "Empfehlungen" anfangen? Wie kann "laubtragend" eine Variante neben empfehlenswerterem "Laub tragend" sein, wo beide Formulierungen doch ganz verschiedenen grammatischen Status und verschiedene Verwendungsweisen haben?

Doch warten wir es ab, es wird sich schon klären.
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Th. Ickler


eingetragen von Christian Dörner am 09.09.2004 um 22.40

Auf der soeben aktualisierten Homepage des Dudenverlags wird nun klargestellt, daß es – entgegen den (noch immer auf der Homepage zu findenen) ursprünglichen Beschlüssen – weiterhin bevorzugte und zweitrangige Varianten geben soll:

http://www.duden.de/neue_rechtschreibung/beispiele/beispiele.html

Interessanterweise sollen sämtliche wiedereingeführten »alten« Schreibungen (wie anderslautend usw.) nur die Nebenvarianten sein, während die getrennt geschriebenen Wortgruppen die Hauptschreibweisen darstellen sollen.

Damit ist nun endlich auch klar, warum der neue Rechtschreibduden den Absatz über die Schreibvarianten aus seiner Übersicht der »Präzisierungen und Ergänzungen« entfernt hat.
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Christian Dörner


eingetragen von Reinhard Markner am 09.09.2004 um 07.36

Zitat:
Jedenfalls müssen die Wörterbücher das entsprechende Markierungs- und Verweissystem beseitigen.
Das ist im Duden jedoch unterblieben. Es ist bloß geringfügig modifiziert worden.

Im Falle von -fach hat sich der Duden dafür entschieden, 8fach und 8-fach mit einem "od." zu verbinden. Das wäre ein geeignetes Mittel gewesen, auch in den anderen Fällen eine Gleichrangigkeit der Varianten zu signalisieren.


eingetragen von Theodor Ickler am 09.09.2004 um 04.04

Aus meinem Kommentar zum vierten Bericht:

Das vor Jahrzehnten entwickelte Konzept der „gezielten Variantenführung“ wird einerseits aufgegeben. Die unterschiedlichen Kennzeichnungen im amtlichen Wörterverzeichnis waren in der Tat „schwer durchschaubar“, nämlich offenbar willkürlich. Ihr Status war zudem völlig unklar, denn sogar die Reformer selbst benutzten teilweise die „Nebenvariante“ (z. B. Orthografie). Andererseits soll die eingedeutschte Variante im Regelwerk künftig an erster Stelle angeführt werden – was jedoch die Wörterbuchredaktionen zu nichts verpflichtet. In der Reihenfolge schlägt sich der Wunsch der Kommission nieder, die Eindeutschung zu beschleunigen. In klarem Widerspruch dazu steht die Absicht, „den Prozess der Integration vorurteilsfrei zu beobachten, ihn also nicht vorzubestimmen“. Auch in der Zusammenfassung am Ende des Berichts wird der Widerspruch zwischen Beobachtung und Lenkungsanspruch nicht aufgelöst. Jedenfalls müssen die Wörterbücher das entsprechende Markierungs- und Verweissystem beseitigen. Im Österreichischen Wörterbuch (s. Anlage 2 zum vierten Bericht) werden die erheblichen Folgen dieser Maßnahme bereits sichtbar.
Im amtlichen Regelwerk ist nicht klar, ob Haupt- und Nebenvarianten nur bei Fremdwörtern vorgesehen sind (s. die Zeichenerklärung zum amtlichen Wörterverzeichnis; tatsächlich wird dieselbe Kennzeichnung auch auf heimische Wörter angewandt: „sodass, auch so dass“; vgl. noch Beete/Bete, Leibung/Laibung, Ständel[wurz]/Stendel[wurz] u. a.). Sogar die Schweizer Berater haben offenbar angenommen, die Variantenführung sei auch für heimische Wörter vorgesehen. Dem widerspricht nun die Kommission in ihrer Zusammenfassung:
„In der schweizerischen Stellungnahme heißt es: «Was den Einzelfall -fach betrifft, so wurde insbesondere von den Vertretern der Medien und der Verwaltung empfohlen, die Schreibung mit Bindestrich zur Hauptvariante zu machen.» Da es bei heimischen Wörtern keine Unterscheidung von Haupt- und Nebenvarianten gibt, sieht die Kommission in diesem Fall keinen Bedarf, ihren Vorschlag zu verändern.“
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Th. Ickler


eingetragen von Peter Müller am 08.09.2004 um 17.12

Zitat:
Die Variantenführung ist auch bei den eindeutschenden Schreibweisen nur scheinbar aufgegeben worden. So stehen zwar "Graf, Graph" (1 und 2) unvermittelt nebeneinander (wer wüßte sonst auch, was gemeint ist ?), aber unter "Graph" (1 und 2) steht dann "vgl. Graf". Damit ist die Schreibung "Graph" als zweitrangig gekennzeichnet.
Das entspricht der Anweisung, die eingedeutschte Form zuerst zu nennen, unabhängig vom Alphabet und – angeblich – unabhängig von der Einstufung Haupt-/Nebenvariante. Aber selbst dies wird nicht durchgehend eingehalten: bei charmant, Chicorée, Friseur, Kathode, Necessaire, Spaghetti, Thunfisch verweist die eingedeutschte Variante auf die nicht eingedeutschte. Bei manchen Wörtern sind die Erklärungen bei beiden Varianten aufgeführt (also ohne Verweis auf die je andere): Bouquet/Bukett, Shrimp/Schrimp, Yacht/Jacht, Yoga/Joga.

Die nicht eingedeutschte Variante ist bei Necessaire (und Kommuniqué) eine gräßliche Mischschreibweise, richtig wären Nécessaire und Communiqué (dieses wird noch als alte Schreibung aufgeführt). Besonderheit: Das nicht eingedeutschte Wagon, das in der klassischen Rechtschreibung bereits ausgemerzt war (nur noch: Waggon), ist in der „reformierten“ neu aufgenommen worden. Nebenbei gefunden: Potential ist als Eintrag vergessen worden.
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Peter Müller


eingetragen von Reinhard Markner am 08.09.2004 um 16.55

Das Vorwort des Regelwerks ist im Duden, wie schon 2000, nicht abgedruckt. Hier heißt es über die Variantenführung im Wörterverzeichnis: „Sofern sich bei Varianten eine Hauptvariante (im Sinne einer empfohlenen, zu bevorzugenden Schreibung) und eine Nebenvariante (im Sinne einer auch möglichen Schreibung) unterscheiden lassen, wird auf die Hauptvariante verwiesen, zum Beispiel: Anchovis s. Anschovis, während bei der Hauptvariante die Nebenvariante nur genannt wird: Anschovis, auch Anchovis.“ Möglicherweise soll dieser Passus geändert werden.

Die Variantenführung erstreckte sich, wie ich schon einmal angemerkt habe, nicht nur auf integrierende und nichtintegrierte Schreibweisen, sondern auch auf die sechs Lemmata Beete, Funsel, Kog, Leibung, Sammet und Ständel[wurz].

Der Duden hat aus dem "s." des Wörterverzeichnisses nach vorgängiger Praxis in der Regel "vgl." gemacht. Die Behandlung der Nebenvarianten Anchovis und Bete hat sich im Duden 2004 überhaupt nicht geändert. Geändert hat sich im Duden 2000 (!) gegenüber dem Duden 1996, daß von Anschovis ein Weg zurück zu Anchovis führt. Die reformgemäße Variantenführung ist also gegenüber der strikt einbahnstraßenartigen des Dudens abgemildert.


eingetragen von Theodor Ickler am 08.09.2004 um 16.04

Die Reformkommission hat in ihren Berichten klargestellt, daß die gezielte Variantenführung überhaupt nur für Fremdwörter (und ihre Eindeutschungen) gelten soll. Das ging aus dem amtlichen Regelwerk nicht eindeutig hervor, vgl. meinen Kritischen Kommentar dazu.
Das häufige "auch" habe ich natürlich bemerkt, aber keine Interpretation dazu gefunden. Wenn man sich die Stellen ansieht, an denen früher Variantenführung betrieben wurde, sieht man, daß sie im allgemeinen verschwunden ist. Der Rest sind uninterpretierte Gestaltungsmerkmale wie Reihenfolge und Verweise.
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Th. Ickler


eingetragen von Reinhard Markner am 08.09.2004 um 11.31

Die Variantenführung ist auch bei den eindeutschenden Schreibweisen nur scheinbar aufgegeben worden. So stehen zwar "Graf, Graph" (1 und 2) unvermittelt nebeneinander (wer wüßte sonst auch, was gemeint ist ?), aber unter "Graph" (1 und 2) steht dann "vgl. Graf". Damit ist die Schreibung "Graph" als zweitrangig gekennzeichnet.


eingetragen von Peter Müller am 08.09.2004 um 02.26

Zitat:
Auf das Vorwort folgt eine Liste der "wichtigsten Regelergänzungen". Darin fehlt jedoch eine Änderung, die wahrscheinlich sogar die meisten redaktionellen Eingriffe verursacht hat: Die sogenannte Variantenführung ist aufgegeben, das heißt, alle Schreibweisen eines Wortes sind nun gleichberechtigt. ... Dafür sind nun die Neuschreibungen stets an erster Stelle angeführt, was gewiß den Eindruck erwecken soll, sie seien die moderneren und besseren. So steht Epoche machend vor dem erst jetzt wiederzugelassenen epochemachend.
Lieber Herr Ickler, soweit ich das verstanden habe, ist die Variantenführung nur bei den Eindeutschungen aufgegeben worden. Das wird dadurch ausgedrückt, daß zwischen den Varianten lediglich ein Komma steht. In den andern Bereichen gibt es die Variantenführung weiterhin, die Varianten sind mit "auch" getrennt, z.B. bei dem von Ihnen angeführten Epoche machend, auch epochemachend. Es sind denn auch nicht durchgehend (aber was ist schon durchgehend in diesem Werk!) die neuen Schreibweisen als erste aufgeführt, z.B. bei blutbildend, blutreinigend, blutsaugend, vielsagend, vielversprechend (im Gegensatz z.B. zu viel gereist).
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Peter Müller


eingetragen von Karsten Bolz am 07.09.2004 um 15.56

Zitat:
blutstillend, Chansonnier, Ordonnanz, weitgehend sowie halbblind und ähnlichen Zusammensetzungen ist allerdings die herkömmliche Schreibung Hauptstichwort...

Sind da der Chansonnier und die Ordonnanz fehlerhafterweise reingerutscht? Oder verstehe ich den Zusammenhang nicht richtig? ;-)
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Karsten Bolz


eingetragen von Reinhard Markner am 07.09.2004 um 12.25

Nein, hier hat sich nichts geändert.


eingetragen von Monika Chinwuba am 07.09.2004 um 12.21

Ich besitze keinen neuen Duden (immerhin muß ich erst ab 2005 neu schreiben und hoffe, daß es nicht dazu kommt).

Kann mir jemand sagen, ob das Wort "infolge" im neuen Duden als "in Folge"-Schreibung angegeben wird?
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Monika Chinwuba


eingetragen von Theodor Ickler am 07.09.2004 um 03.16

(Fortsetzung)

Wie andere Aufbereitungen der Reform arbeitet der Duden im Bereich der Groß- und Kleinschreibung mit dem Begriff der "Paarformeln zur Bezeichnung von Personen" (K 72) und bezieht sich auf § 57 (1) des amtlichen Textes. Dort kommt dieser Begriff jedoch gar nicht vor. Vielleicht hat er in früheren Diskussionen eine Rolle gespielt, und die Reformer haben vergessen, ihn in das Regelwerk aufzunehmen. Der österreichische Reformer Richard Schrodt (Mitglied der Zwischenstaatlichen Kommission) behauptet in exegetischen Schriften, "universalgrammatisch" stünden nach Präpositionen nur Nomina. Demnach wäre schon von hier nach dort abweichend und nur von Hier nach Dort zuzulassen. Wenn diese Auffassung, mit der auch der Schweizer Reformer Peter Gallmann sympathisiert, sich durchsetzt, wird es nicht bei den jetzt verfügten Änderungen bleiben. Über die Beseitigung weiterer "Ausnahmen" wird, wie man hört, bereits nachgedacht, so daß in Kürze wohl auch mit unter Anderem, vor Allem usw. zu rechnen ist. Da alle Mitglieder der Reformkommission die Kleinschreibung als ihr Hauptziel ansehen, muß die exzessive Großschreibung als Versuch angesehen werden, einen völlig unhaltbaren Zustand herbeizuführen, der die Kleinschreibung als einzigen Ausweg erscheinen läßt.

Der neue Duden arbeitet die unerhörte Schwierigkeit der reformierten Kommasetzung nicht hinreichend deutlich heraus. So muß jetzt in Es ist nötig aufzustehen ein Komma gesetzt werden, in Es ist Zeit aufzustehen hingegen nicht. Indem die Redaktion die Leser mit solchen Subtilitäten verschont, fördert sie das falsche Bild von der "vereinfachten" Zeichensetzung.

Die Silbentrennung hat sich infolge der Reform vom wahrhaft marginalen Bereich zum zentralen Problem entwickelt. Die Konkurrenten auf dem Wörterbuchmarkt wetteiferten jahrelang darin, wer die meisten Trennstellen gemäß den neuen Regeln verzeichnet: a-brupt, as-tigmatisch, Fide-ikommiss, Hämog-lobin, Pog-rom. Nach dem Sinn der Silbentrennung wurde gar nicht mehr gefragt. Auf diesem Weg in die Barbarei geht der neue Duden weiter als je zuvor. (Hämog-lobin ist allerdings wieder beseitigt, nachdem der Reformer und Bertelsmannautor Klaus Heller es 1996 als Trumpfkarte gegen den konkurrierenden Duden aus der Tasche gezogen hatte.) Man könnte von einer systematischen Verdummung sprechen: A-nurie, Ap-lanat, Apop-tose, Apos-t-roph (aber nur: apo-plektisch, apo-tropäisch, apo-kryph), au cont-raire, Herost-rat, Kont-rition, Le-gas-thenie, Metas-tase, Me-töke, Monoph-thong, Parap-luie, Pseu-depigrafen ...

Das Paradoxe der neuen Silbentrennung besteht in der Annahme, daß jemand Fremd- und Fachwörter zwar gebrauchen, aber zugleich nicht wissen soll, wie sie aufgebaut sind: Me-tempsychose, A-bort, Prog-nose, A-norexia nervosa. Dennoch ist nicht einmal die mechanische Abtrennung des letzten von mehreren Konsonantenbuchstaben konsequent durchgeführt: Att-rappe, Att-ribut sind weiterhin nicht erlaubt, obwohl ihre Zusammensetzung nicht leichter zu durchschauen ist als viele andere (Ap-proach - nur so zulässig). Den haarsträubenden Trennungen Kon-s-k-ription, De-s-k-ription steht Pro-s-kription gegenüber.

Es ist schon früh gezeigt worden, daß die scheinbare Vereinfachung in Wirklichkeit zu neuen Problemen führt. Wer Tonsil-lektomie, Hyste-rektomie, Mas-tektomie; A-narchie, Hie-rarchie, Oli-garchie; Res-pekt, Epis-kop usw. trennt, wie es der Duden vorsieht, gibt sich erstens als Stümper zu erkennen und läßt sich zweitens die Einsicht in den wahren Aufbau der Fremdwörter entgehen. Auf lange Sicht wäre es ökonomischer, sich die Bestandteile -ektomie, -archie, -spekt, -skop usw. anzueignen, um sie in entsprechenden Wortreihen wiederzuerkennen und anzuwenden. Mit Lektomie, Rektomie, Tektomie, Narchie und Rarchie kann man nichts anfangen. Indem das Wörterbuch solchen Unsinn gleichberechtigt neben die morphologisch korrekten Trennungen stellt, tut es dem ratsuchenden Benutzer keinen Gefallen, sondern verweigert ihm die Auskunft, um derentwillen er überhaupt nachschlägt. Das gilt auch für die Erstglieder in Lehnwortbildungen. hyper- und hypo- sind erklärt, ana- und pro- nicht. pros- fehlt ganz, es gibt auch keine entsprechenden Wortbildungen außer der künstlich verdunkelten Prosodie (mit der Trennung Pro-sodie!), also auch nicht die Proskynese.

Die neue Abtrennbarkeit einzelner Vokalbuchstaben ist weitestgehend berücksichtigt: Bilderbuche-he, Gottesa-cker, Buche-cker usw. Das amtliche Regelwerk empfiehlt zwar, irreführende Trennungen zu vermeiden, und gibt Beispiele wie Altbauer-haltung, Sprecher-ziehung, Seeu-fer an. K 168 interpretiert diese Empfehlung (die aber keinen Regelstatus hat): "Trennungen, die den Leseablauf stören oder den Wortsinn entstellen, sollte man vermeiden. Sie sind jedoch nicht falsch." Dazu werden u. a. die bekannten, einigermaßen harmlosen Spargel-der angeführt. Aber die Abtrennung einzelner Buchstaben stört den Leseablauf immer, und genau dies war der Grund, warum man bisher davon Abstand genommen hatte. Was soll es da noch heißen, sie sei "nicht falsch"? Eine merkwürdige Auffassung vom Rechtschreiben und von der Sanktionierung durch orthographische Regelwerke. - Unbegreifliche Trennungen wie o-stinato irritierten schon in der vorigen Auflage und haben sich noch vermehrt.
Die Trennungen Kore-akrieg, Bi-omüll, Ge-odreieck, The-okrat usw. sind immer noch nicht korrigiert. Da einzelne Vokale zwar am Anfang (o-der), aber nicht am Ende eines Wortes (Kore-a) abgetrennt werden, setzt die Redaktion mit solchen Trennungen voraus, daß die betreffenden Wörter nicht einmal als Zusammensetzungen erkannt werden - eine absurde Annahme. Allerdings gilt in Zusammensetzungen nicht, daß die Abtrennung von Endbuchstaben keinen Platz einspare und daher "nicht sinnvoll" sei. Das wird nirgendwo diskutiert und ist im Regelwerk nicht berücksichtigt.
Für die Inkonsequenzen bei der Silbentrennung seien noch einige wenige Beispiele angeführt. Es kann jetzt getrennt werden A-nämie, A-neurysma, a-nonym, A-nurie usw., aber weiterhin nur An-algesie, An-alphabet. In entgegengesetzter Richtung ist An-omie verhunzt. Bei Ext-rawunsch ist eine neue Trennstelle vorgesehen, bei Extrazimmer nicht. Das allgemein bekannte und im Deutschen produktive Fremdsuffix ex- wird mutwillig zerrissen: e-xulzerieren, E-xuvie, E-xarch; nur bei Ex-artikulation gibt es eine Ausnahme. Ext-ruder ist in der anderen Richtung verunklart. En-anthem ist sprachrichtig getrennt, E-xanthem nicht. Vier Trennstellen statt einer einzigen hat jetzt E-x-e-d-ra. Welchem "Wenigschreiber" soll das nützen? Der Laie, dem die Reform entgegenkommen will, benutzt solche Wörter nicht, und der Fachmann würde sich blamieren, wenn er sie so mißhandelte. Übrigens macht das in Flattersatz gedruckte Wörterbuch niemals Gebrauch von der Abtrennbarkeit einzelner Anfangsbuchstaben und zeigt damit indirekt, was die Redaktion davon hält.

Dudenchef Matthias Wermke schrieb kürzlich, die Reform nütze "denjenigen, die sich mit ihren
Bewerbungsschreiben nicht blamieren wollen" (Südwestpresse vom 14.08.2004). Deshalb sollen Trennungen wie A-bitur, A-blativ, A-bort usw. "zulässig" sein. Wer zum Vorstellungsgespräch in Freizeitkleidung erscheint, tut ebenfalls nichts Verbotenes, wird sich aber, wenn er dann nicht eingestellt wird, kaum darauf berufen können. Auch wenn es amtlich "erlaubt" ist, seine Unwissenheit zur Schau zu stellen, wird man sich damit blamieren.

Neu sind einige Kästen, die dem weniger kundigen Benutzer beim falschen Nachschlagen zu Hilfe kommen. Doch gerade hier kann die Ausführung nicht befriedigen. Wer zum Beispiel das Wort Ekstase an der richtigen Stelle sucht, bekommt auch die sinnlose Trennung Eks-tase geboten; wer aber irrigerweise unter Ex- sucht, ist nicht besser dran: Hier belehrt ihn ein Kasten: "Das aus dem Griechischen stammende Wort wird mit Eks- und nicht mit Ex- geschrieben, obwohl es den gleichen Anlaut hat wie Export oder extra." So kann der Benutzer niemals erfahren, wie das Wort wirklich aufgebaut ist.

Die Redaktion hat weiterhin nicht den Mut, den Absurditäten der Neuregelung entgegenzutreten. An den "Etymogeleien", die ausschließlich auf das Konto des Reformers Gerhard Augst gehen, wird nichts geändert. Wer künftig sprachrichtig einbleuen, schneuzen, oder Zierat schreibt, macht einen "Fehler". Man muß schreiben ... Füße, die behände sind, Schaden zu tun ... (Lutherbibel, Spr 6,18 laut http://www.bibelserver.de) usw., mag es noch so widersinnig sein. Wie die Rechtschreibkommission selbst hält die Dudenredaktion selbständig und selbstständig für orthographische Varianten (Duden benutzt nur die letztere, Bertelsmann inzwischen wieder ausschließlich die ältere erste). In Wirklichkeit handelt es sich um verschiedene Wortbildungen, die mit Rechtschreibung nichts zu tun haben. Die Dreibuchstabenregel wird weiterhin durch empfohlene Bindestriche ihrer Lächerlichkeit überführt: Eisschnell-Läufer usw. Unter fetttriefend wird auf K 70 verwiesen, es ist aber nicht einzusehen, worin der Bezug besteht. Besser wäre K 25, wo das Beispiel ausdrücklich angeführt ist. Aufgrund der neuen Dreibuchstabenregel ergeben sich ungleich häufiger als bisher solche Zusammenballungen von drei gleichen Buchstaben, obwohl nur einer gesprochen wird. Bei Adjektiven ergibt sich eine weitere Schwierigkeit, die von der Rechtschreibkommission seit Jahren erörtert, aber nicht gelöst worden ist: die Frage nämlich, ob bei Entzerrung durch den Bindestrich Großschreibung des substantivischen Erstgliedes eintritt: Genuss-süchtig, Fett-triefend. Nach dem vorliegenden Duden ist das tatsächlich der Fall, und deshalb kommen die Reformer (wie schon im ersten Bericht) zu der seltsamen Ausnahmebestimmung, daß der Bindestrich bei Adjektiven und Partizipien als Zweitglied "zwar zulässig, aber nicht empfehlenswert" sei. Der tiefste Grund der neueren Diskussion liegt darin, daß im amtlichen Regelwerk unter § 45 (4) ist nach wie vor kein Adjektiv als Beispiel angegeben ist.

Die deutschtümelnde Zusammenschreibung englischer Fremdwörter bringt so unerfreuliche Gebilde hervor wie Slidingtackling, Suddendeath. Eigennamen werden von der Reform nicht angetastet, daher bleibt die Litfaßsäule unverändert. Die Eindeutschung Kolofonium (nach der griechischen Stadt Kolophon) geht auf die irrige Meinung zurück, das Wort gehöre in die Reihe Fonem, fonetisch (so die Neuschreibung); beim ebenfalls griechischen Edaphon wiederum ist keine Veränderung vorgesehen. Neben der neuen Zusammenschreibung nochmal hält der Duden weiterhin auch die bisher übliche Getrenntschreibung für zulässig; das widerspricht jedoch der ausdrücklichen Vorschrift in § 54 (4). Es scheint sich aber weniger um einen Fehler der Dudenredaktion als um eine weiterhin bestehende Unschlüssigkeit der Reformkommission zu handeln. Der Fachsprachenvorbehalt rehabilitiert zwar manche Großschreibung, greift aber anscheinend nicht beim sportsprachlichen linksaußen, rechtsaußen: hier darf nur getrennt geschrieben werden.

Wer den neuen Duden kaufen will, sollte wissen, was er bekommt und was ihm vorenthalten wird. In der vorigen Auflage waren die bisher üblichen Schreibweisen meistens noch enthalten; zahllose Male hieß es "alte Schreibung" oder "alte Trennung". Die Neubearbeitung hat fast alle Hinweise dieser Art getilgt, und die (immer noch gültigen!) "alten" Schreibweisen sind nicht mehr rekonstruierbar, z. B. Handvoll, Mundvoll, Aide-mémoire. Man erfährt, daß nun zwischen Factoryoutlet und Factory-Outlet gewählt werden kann, aber nicht mehr, daß die bisherige Schreibweise Factory-outlet war. Irishcoffee steht vor dem ebenfalls neuen Irish Coffee, das bisher übliche Irish coffee ist nicht mehr zugelassen, aber auch nicht mehr auffindbar. (Wie der Verlag mitteilt, ist die nichtreformierte Dudenausgabe von 1991 bei Direktbestellung immer noch lieferbar; es könnte sich lohnen.)

Gelegentlich wird die Aussprache falsch angegeben (Chinese mit stimmlosem s). Im übrigen begnügt man sich, wie in den Benutzungshinweisen dargelegt, mit recht niedrigem Standard: Shakespeare mit langem e, Fastfood mit t am Ende usw. Man kann sich demnach denken, wie etwa Grand Old Lady transkribiert ist: [gr?nt o:lt le:di]. Bemerkenswerterweise waren im letzten nichtreformierten Duden wenigstens die stimmhaften Auslaute noch wiedergegeben. Die Redaktion rechnet offenbar mit schwindenden Englischkenntnissen der deutschen Bevölkerung, während sie in Wirklichkeit immer besser werden. Auch dies paßt zum barbarischen Vorgehen bei Silbentrennung und Volksetymologie, das die Bildungsbemühungen der Schule vorsätzlich unterläuft.

Nicht alle Neuerungen sind durch Rotdruck gekennzeichnet. So sind zum Beispiel der Fliegergruß Glückab! und der Bergmannsgruß Glückauf! nun zusammenzuschreiben, während sie in der vorigen Auflage wie im alten Duden noch getrennt geschrieben waren. Dagegen bleibt Glück zu! getrennt. Welche höhere Einsicht zu solchen Änderungen geführt haben mag, ist nicht nachzuvollziehen. Die eingedeutschten Schreibweisen Gräkum und Tschardasch sollen laut amtlichem Wörterverzeichnis nicht mehr zulässig sein, nur noch Graecum und Csárdás oder das neueingeführte Csardas. Der Duden folgert eigenmächtig, daß dies auch für die Bezeichnung des ungarischen Pferdehirten gelten soll: Tschikosch war in der vorigen Auflage immerhin neben Csikós und dem hinzuerfundenen, daher rotgedruckten Csikos noch zulässig, jetzt ist es nur noch "alte Schreibung". Was das Graecum betrifft, so fehlt jeder Hinweis darauf, daß die latinisierende Schreibweise nun die einzig zulässige sein soll. Solche Versäumnisse tragen dazu bei, das volle Ausmaß der reformbedingten Schreibänderungen zu verschleiern.

Die Kultusminister werden wohl erst durch den vorliegenden Band erkennen, worauf sie sich eingelassen haben. Es ist zu hoffen, daß die Sprachgemeinschaft, die aus sicherem Instinkt das ganze Reformprojekt stets abgelehnt hat, nicht mehr mit den jüngsten Einfällen einer Kommission belästigt wird, deren Inkompetenz das vorliegende Werk so überdeutlich bloßlegt.

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Th. Ickler


eingetragen von Theodor Ickler am 07.09.2004 um 03.14

Das unmögliche Wörterbuch

(Eine gekürzte Fassung erschien in der FAZ vom 28.8.04)

Duden: Die deutsche Rechtschreibung. 23., völlig neu bearbeitete und erweiterte Auflage. Mannheim u. a. 2004. 1152 S., geb., 20,00 Euro.

Unmittelbar vor dem Ende der Rechtschreibreform einen neuen Duden herauszubringen ist zweifellos mutig. Der Bertelsmann-Verlag verzichtet vorläufig darauf, seine "Deutsche Rechtschreibung" neu zu bearbeiten. Er reagiert damit auf den Beschluß der Kultusminister vom Juni dieses Jahres, erstmals die amtliche Neuregelung in zentralen Bereichen zu verändern, und will in anderen Publikationen sogar zur bewährten Rechtschreibung zurückkehren. Der neue Duden muß längst in Arbeit gewesen sein, als bekannt wurde, daß die Änderungen sich nicht im Rahmen des vierten Berichtes der Rechtschreibkommission halten sollten. Dieser Bericht war nach breiten Protesten der Öffentlichkeit überraschenderweise nicht verabschiedet worden. Die Verfasser suchten daraufhin ihr Heil in einer überstürzten Rettungsaktion, die sich hauptsächlich als unendliche Vermehrung der Varianten auswirkt, in einigen Bereichen jedoch zu einer grundsätzlichen und folgenreichen Umkehr führt.

Äußerlich scheint zunächst alles beim alten zu bleiben. Dem Wörterverzeichnis sind in bewährter Weise die von der Dudenredaktion formulierten Richtlinien vorangestellt und wie in der vorigen Auflage als Kennziffern K 1 bis K 169 durchnumeriert. Die Zahl entspricht also ziemlich genau den 171 orthographischen Richtlinien des alten Duden (die übrigen galten anderen Problemen); der Versuch, durch geänderte Numerierung eine Verminderung der Regeln vorzutäuschen, wird nicht noch einmal unternommen.

Am Ende des Bandes ist laut Ankündigung der "unveränderte und vollständige 'Teil I: Regeln' der amtlichen Neuregelung" abgedruckt. Das entspricht aber nicht der Wahrheit. Man findet dort vielmehr gerade den in zentralen Bereichen stark veränderten Regeltext. Da die amtliche Neufassung der Regeln - falls die vor ihrer Auflösung stehende Kommission sie überhaupt fertiggestellt hat - noch nicht veröffentlicht ist, läßt sich nicht beurteilen, ob der Text, der übrigens wiederum in abweisend winziger Schrift gesetzt ist, den Absichten der Kultusminister entspricht. Das gilt auch für die vielen geänderten Wörterbucheinträge. In der Einleitung zum Gesamtwerk ist nur von "Präzisierungen und Ergänzungen" die Rede, ganz im Sinne der kultusministeriellen Sprachregelung. In Wirklichkeit machen die Änderungen alle zwischen 1996 und 2004 veröffentlichten Wörterbücher wertlos.

Die Dudenredakteure dürften wissen, daß mit diesem Wörterbuch die letzte Runde der Rechtschreibreform eingeläutet ist. Sie spielen die orthographischen Probleme nach Möglichkeit herunter und werben statt dessen mit den obligaten "5.000 neuen Wörtern". Die hohe Zahl der "125.000 Stichwörter" geht natürlich vor allem auf das Konto von orthographisch unergiebigen Zusammensetzungen. Einiges stammt aus dem unerschöpflichen Fundus des Vulgären: fremdficken, die Verarsche. Hinzu kommen die Stammformen starker Verben (glitt, ritt), die erstmals als eigene Einträge geführt sind. Im Duden-Universalwörterbuch, das nun wohl auch bald neu erscheint, haben über 5.000 weibliche Personenbezeichnungen (Erbsenzählerin, Kolonnenspringerin, Schrotthändlerin) andere, wichtigere Wörter verdrängt. So weit geht der Rechtschreibduden noch nicht, doch findet man auch im vorliegenden Band entlegene Einträge wie Ziegelbrennerin, Voltairianierin oder mechanisch hinzugefügte weibliche Personenbezeichnungen wie Globalisierungsgegnerin, Globetrotterin und Glockengießerin. Politisch korrekt (und neu) ist außerdem der Hinweis, daß man Schokokuss sagen soll und nicht N...kuss; auch unter Mohrenkopf und dem selten verwendeten Mohrenwäsche steht "oft als diskriminierend empfunden" - ein Zusatz, der wohl kaum auf tatsächlicher Beobachtung beruht. Berliner und Frankfurter darf man weiterhin ungerügt essen. Wie in früheren Ausgaben straft der Duden die Nazigrößen Hitler, Goebbels und Göring (alle orthographisch relevant) sowie SA und SS durch Nichterwähnung, während Lenin, Stalin, Honecker und der SSD der DDR eingetragen sind - eine wenig souveräne Art der Vergangenheitsbewältigung.

Auf das Vorwort folgt eine Liste der "wichtigsten Regelergänzungen". Darin fehlt jedoch eine Änderung, die wahrscheinlich sogar die meisten redaktionellen Eingriffe verursacht hat: Die sogenannte Variantenführung ist aufgegeben, das heißt, alle Schreibweisen eines Wortes sind nun gleichberechtigt. Es war ja auch nicht einzusehen, warum Geographie gegenüber Geografie den Vorzug verdienen sollte, während es sich bei Pornografie und Pornographie gerade umgekehrt verhielt. Dafür sind nun die Neuschreibungen stets an erster Stelle angeführt, was gewiß den Eindruck erwecken soll, sie seien die moderneren und besseren. So steht Epoche machend vor dem erst jetzt wiederzugelassenen epochemachend. Bei blutbildend, blutreinigend, blutsaugend, blutstillend, Chansonnier, Ordonnanz, weitgehend sowie halbblind und ähnlichen Zusammensetzungen ist allerdings die herkömmliche Schreibung Hauptstichwort, und die Getrenntschreibung folgt als neue, rotgedruckte Variante.

Damit wenden wir uns der ersten wirklich auffallenden Änderung zu, der Getrennt- und Zusammenschreibung, die man zu Recht das Kuckucksei der Reform genannt hat. Paragraph 34, der die "trennbaren Verben" behandelt, ist weitgehend neu gefaßt. Unter dem Eindruck der sprachwissenschaftlichen Kritik wird erstmals der Begriff des "Verbzusatzes" eingeführt und das Kriterium der Betonung sowohl in die Regel als auch in die Erläuterungen aufgenommen. Die Reformer hatten sich bisher dagegen gewehrt, daß die Betonung als "ein der gesprochenen Sprache entnommenes Kriterium auf die geschriebene Sprache angewendet werden soll" (so der Reformer Burkhard Schaeder).

Die Liste der hundert Verbzusätze ist nicht nur um weitere Partikeln vermehrt (dahinter, darauf/drauf, darauflos/drauflos, darin/drin, darüber/drüber, darum/drum, darunter/drunter, davor, draus, hinter, hinterdrein, nebenher, vornüber), sondern außerdem geöffnet, so daß sie nunmehr mit einem ominösen "usw." schließt. Da es um obligatorische Zusammenschreibung geht, kann man nur richtig schreiben, wenn man weiß, auf welche Wörter sich diese Vorschrift erstreckt. Noch im Frühjahr 2004 hatten die Reformer gegenüber ihren Auftraggebern darauf bestanden, die Liste müsse geschlossen bleiben, um nicht der Beliebigkeit Tür und Tor zu öffnen. Die nachträgliche, hastig eingearbeitete Änderung verrät sich noch an der linkischen Formulierung: "Zusammensetzungen aus Partikel + Verb mit den folgenden ersten Bestandteilen, zum Beispiel ..."

Die hinzugefügten Verbzusätze werden im Wörterverzeichnis ganz unterschiedlich behandelt. Der Informationskasten zu darauf ist falsch, da er immer noch die inzwischen aufgehobene Unterscheidung der vollen und der synkopierten Form (drauf) enthält und außerdem die Ausnahmeregel K 58 auf einen Fall von Getrenntschreibung anwendet, den es aufgrund der Revision nicht mehr gibt. Der Kasten zu darin/drin enthält ebenfalls noch die unkorrigierte Reformregel. hinterdrein laufen soll auch getrennt geschrieben werden können (Rotdruck), obwohl dies durch die Aufnahme in § 34 gerade unterbunden wird. darauflos fehlt als Eintrag gänzlich und ist unter drauflos falsch dargestellt. Zu draus und drum scheint der Duden kein einziges Beispielwort gefunden zu haben, bei hinter gibt es weiterhin nur ein paar seltene Dialektwörter (hinteressen).

Auf den Kopf gestellt wird ferner die Neuregelung von Zusammensetzungen mit einem Partizip gemäß § 36. Dieser umfangreiche Paragraph ist nun erst recht unverständlich, aber der Duden bringt das Entscheidende dankenswerterweise in die klarere - und klar widersprüchliche - Fassung der Richtlinie K 58: "Partizipien richten sich nach den zugrunde liegenden Verbindungen mit Verben. Hier ist jedoch neben der Getrenntschreibung auch die Zusammenschreibung zulässig (§ 36 (39 U: E1, E2)." Also richten sich die Partizipien gerade nicht nach den zugrundeliegenden Verben! Man kann sie nun wieder zusammenschreiben, und zwar nicht nur die steigerbaren, die unterderhand schon längst wiederhergestellt sind (aufsehenerregend), sondern auch die umfangreiche Restgruppe (blutsaugend, eisenverarbeitend, fleischfressend). Nicht unbedingt vorhersehbar war, daß dies auch für Zusammensetzungen mit dem Partizip Perfekt als Zweitglied gelten soll (verlorengegangen - hier kommt noch ein Verstoß gegen § 36 E3 (4) [Partizip als Erstglied] hinzu). Beides zusammen ergibt Hunderte von wiederhergestellten Wörtern. Es folgt eine Liste der zusammengesetzten Partizipien, die durch die Reform von 1996 aus den deutschen Wortschatz getilgt, im Duden 2004 aber ausdrücklich wiederhergestellt sind:

abscheuerregend, achtunggebietend, ackerbautreibend, alleinerziehend, alleinseligmachend, alleinstehend, allgemeinbildend, andersdenkend, anderslautend, aneinandergrenzend, arbeitsuchend, aufeinanderfolgend, aufsehenerregend, aufsichtführend, aufwärtsfahrend, auseinanderfallend, außenliegend, beieinanderstehend, beifallheischend, bekanntwerdend, besorgniserregend, besserverdienend, bezugnehmend, blasenziehend, blutbildend, (blutreinigend), blutsaugend, (blutstillend), buchführend, buntschillernd, darauffolgend, datenverarbeitend, diensthabend, dienstleistend, diensttuend, doppeltwirkend, ehrfurchtgebietend, eierlegend, eisenschaffend, eisenverarbeitend, ekelerregend, enganliegend, entsetzenerregend, epochemachend, erdölexportierend, erdölfördernd, erfolgversprechend, erholungsuchend, (ernstzunehmend), fernliegend, festkochend, feuerspeiend, fischverarbeitend, fleischfressend, flottgehend, freilaufend, freilebend, freistehend, frohgelaunt, fruchtbringend, fruchttragend, funkensprühend, furchteinflößend, furchterregend, gefahrbringend, gegeneinanderstehend, getrenntlebend, (gewinnbringend), gleichbleibend, gleichdenkend, gleichlautend, glückbringend, glückverheißend, (grauenerregend), gutaussehend, gutsitzend, gutverdienend, haftenbleibend, händchenhaltend, handeltreibend, heilbringend, hellleuchtend, helllodernd, hierhergehörend, hilfesuchend, hintereinanderlaufend, hitzeabweisend, hochwachsend, holzverarbeitend, immerwährend, ineinanderfließend, insektenfressend, kaltlächelnd, klardenkend, knappsitzend, kohleführend, kostensenkend, kostensparend, kräfteraubend, kräftesparend, kraftraubend, kraftsparend, krebserregend, kreditsuchend, kriegführend, laubtragend, lebendgebärend, lebenspendend, lebenzerstörend, lederverarbeitend, leerstehend, leidtragend, linksstehend, maßhaltend, menschenverachtend, metallverarbeitend, mitleiderregend, naheliegend, nahestehend, nebeneinandersitzend, nichtsahnend, nichtssagend, notleidend, obenstehend, papierverarbeitend, parallellaufend, platzsparend, profitbringend, ratsuchend, raumsparend, rechtsstehend, respekteinflößend, rotglühend, schattenspendend, schaudererregend, scheelblickend, schlechtgehend, schleimabsondernd, schräglaufend, schreckenerregend, schwerwiegend, schwindelerregend, segenbringend, segenspendend, sicherwirkend, sinnstiftend, sporenbildend, sporentragend, sporttreibend, staatenbildend, staunenerregend, stressauslösend, stromführend, stromsparend, tiefgehend, tiefgreifend, tiefschürfend, tiefstehend, treusorgend, übelriechend, übelwollend, übereinanderliegend, unheilbringend, unheilkündend, unheilverkündend, untenliegend, untenstehend, untereinanderstehend, verderbenbringend, vertrauenerweckend, vielsagend, vielversprechend, vorwärtsweisend, wachestehend, walfangtreibend, wasserabstoßend, wasserabweisend, weißglühend, weitblickend, weiterbestehen, weitgehend, weitgreifend, weitreichend, weittragend, wichtigtuend, wildlebend, wildwachsend, wohlklingend, wohllautend, wohlmeinend, wohlriechend, wohlschmeckend, wohltönend, zähfließend, zeitsparend, zufriedenstellend, zugrundeliegend

andersgeartet, (andersgesinnt), außengelegen, auswärtsgerichtet, bekanntgeworden, bessergestellt, blankpoliert, blaugestreift, blaugefärbt, blaugefleckt, blindgeboren, blondgelockt, braungebrannt, breitgefächert, buntgefiedert, buntgemischt, dichtbehaart, dichtbevölkert, dichtgedrängt, dünnbesiedelt, dünnbevölkert, einwärtsgebogen, einwärtsgedreht, engbedruckt, engbefreundet, engumgrenzt, ernstgemeint, feingeädert, feingemahlen, feingeschnitten, feingeschwungen, feingesponnen, feingestreift, feinvermahlen, festgefügt, festgeschnürt, festangestellt, festbesoldet, festumrissen, festverwurzelt, fettgedruckt, fleischgeworden, frischgebacken, frühverstorben, frühvollendet, gargekocht, genaugenommen, geradegewachsen, gerngesehen, glattgehobelt, (gleichbeschaffen, gleichgeartet), gleichgestimmt, graugestreift, graumeliert, grellbeleuchtet, grobgemahlen, grobgestrickt, großangelegt, großgemustert, großgewachsen, großkariert, gutbezahlt, gutgebaut, (gutgelaunt), gutgemeint, gutgeordnet, gutgepflegt, (gutgesinnt), gutsituiert, gutunterrichtet, halbverhungert, hartgebrannt, hartgefroren, hartgekocht, heißbegehrt, heißersehnt, heißgelaufen, heißumkämpft, heißumstritten, hochangesehen, hochbegabt, hochbesteuert, hochbezahlt, hochdosiert, hochdotiert, hochentwickelt, hochgebildet, hochgeehrt, hochgelehrt, hochgelobt, hochgespannt, hochgesteckt, hochgestellt, hochgewachsen, hochindustrialisiert, hochkompliziert, hochmotiviert, hochqualifiziert, hochspezialisiert, hochtechnisiert, höhergestellt, ineinandergesteckt, kleingedruckt, kleingemustert, kleingewachsen, kleinkariert, knappgehalten, kurzgebraten, kurzentschlossen, kurzgefasst, kurzgeschnitten, langgehegt, langgestreckt, langgezogen, längsgestreift, leichtbehindert, leichtbeschwingt, leichtbewaffnet, leichtgeschürzt, leichtverletzt, leichtverwundet, liebgeworden, (nahverwandt), nassgeschwitzt, neubearbeitet, neueröffnet, neugeschaffen, (niedriggesinnt), obenerwähnt, obengenannt, obenzitiert, parallelgeschaltet, privatversichert, quergestreift, reichgeschmückt, reichverziert, rotgestreift, rotgeklinkert, rotgestreift, rotgeweint, rückwärtsgewandt, schiefgewickelt, (schlechtgelaunt), schwachbegabt, schwachbetont, schwachbevölkert, schwachbewegt, schwarzgerändert, schwarzgestreift, schwerbeladen, schwerbewaffnet, schwerverletzt, schwerverwundet, selbsternannt, selbstgebacken, selbstgebraut, selbstgedreht, selbstgemacht, selbstgenutzt, selbstgeschneidert, selbstgeschrieben, selbstgestrickt, selbstverdient, sogenannt, spätvollendet, strenggenommen, tiefbewegt, tiefempfunden, tiefergelegt, tieferschüttert, tiefgefühlt, tiefverschneit, totgeboren, treuergeben, treugesinnt, übelberaten, übelgelaunt, übelgesinnt, untenerwähnt, untengenannt, verlorengeglaubt, vielbefahren, vielbeschäftigt, vielbeschworen, vielbesprochen, vieldiskutiert, vielerörtert, vielgefragt, vielgekauft, vielgelesen, vielgepriesen, vielgeschmäht, vielgereist, vielumworben, vielzitiert, vollbeladen, vollbesetzt, vollentwickelt, vollgepfropft, weichgekocht, weißgekleidet, weitgereist, weitverbreitet, weitverzweigt, wohlausgewogen, wohlbedacht, wohlbehütet, wohlberaten, wohldosiert, wohldurchdacht, wohlerhalten, wohlerwogen, wohlerzogen, wohlgeformt, wohlgelitten, wohlgenährt, wohlgeordnet, wohlgeraten, (wohlgesinnt), wohlproportioniert, wohlsituiert, wohlüberlegt, wohlversorgt, wohlverwahrt, wohlvorbereitet, zartbesaitet

Nicht ausdrücklich erwähnt, aber nach derselben Regel ableitbar ist eine unbegrenzte Zahl weiterer Zusammensetzungen wie: abwärtsgegangen (auch mit anderen Verben, ebenso mit aufwärts usw.), leergelaufen, lebendgeboren, bekanntgegeben/-gemacht/-geworden, anheimgefallen, daheimgeblieben, fallengelassen, sitzengelassen, gefangengehalten, kahlgefressen, kennengelernt, lahmgelegt, rechtsgerichtet, saubergehalten, scharfblickend, schiefgegangen, vielgeliebt, vollgetankt, warmgehalten, zivildienstleistend, zufriedengestellt ...

Es ist also - ungeachtet des vielen Rotdrucks - auf den ersten Blick alles wieder so wie vor der Reform, denn selbstverständlich schrieb man seit je, daß zum Beispiel die blutsaugenden Tiere frisches Blut saugend ihr Leben fristen. Allerdings waren die Bedingungen, unter denen getrennt bzw. zusammengeschrieben wurde, früher klarer, denn jetzt wird zu Unrecht völlige Austauschbarkeit suggeriert. Einer der Gründe, warum die "Varianten" keineswegs gleichwertig sind, wird regelmäßig unterdrückt: bei prädikativem Gebrauch (... ist Epoche machend) wäre die Getrenntschreibung ungrammatisch. Dasselbe gilt für jene vielen Zusammensetzungen, die um der gesamthaften Steigerung willen wiedereingeführt sind: "Heil bringend, auch heilbringend". Zwar wird angeführt, daß zu schreiben sei: göttliches Heil bringend, aber eine noch heilbringendere Botschaft. Wiederum fehlt der Hinweis, daß ... ist Heil bringend falsch wäre. Vor der Reform war all dies vollkommen klar und stand so auch in der Dudengrammatik (6. Aufl., S. 190 u. 193; ähnlich in der Bertelsmanngrammatik) sowie in der großen Grammatik des Instituts für deutsche Sprache (vgl. S. 2208 über die Unmöglichkeit prädikativer Verwendung von Part I, außer wenn es "volladjektivisch" ist).

Unentbehrliche Wörter wie schwerbehindert sollten zuerst beseitigt, dann unter Hinweis auf ihre "Fachsprachlichkeit" wiederhergestellt werden; nun genügt die Ableitung von K 58. Auch das Allerweltswort sogenannt gibt es wieder, die Auseinanderreißung ist nicht mehr verbindlich. Aber auch hier darf nicht wie früher zwischen sogenannten Reformen und von manchen Leuten nur so genannten unterschieden werden - ein eklatanter Verlust an Deutlichkeit. Für anspruchsvollere Autoren und Leser ist die nochmals neu geregelte Sprache so unbrauchbar wie die vor acht Jahren konstruierte.

In welches logische Dilemma die hastig geänderte Neuregelung führt, zeigt das folgende Beispiel: Verbindungen wie leichtverletzt waren 1996 gemäß § 36 zugunsten der Getrenntschreibung beseitigt worden. Nun werden sie wiederzugelassen, wenn das Partizip "adjektivisch gebraucht" wird (was immer das heißen mag; eine Erklärung sucht man vergebens). Liegt als zweiter Bestandteil aber tatsächlich ein echtes Adjektiv vor, so ist nur Getrenntschreibung zulässig: leicht verdaulich, schwer löslich. Das ist an sich schon paradox; hinzu kommt aber noch, daß gerade das verbotene leichtverdaulich oft gesamthaft gesteigert wird (noch leichtverdaulicher) und damit als Zusammensetzung seine adjektivische Qualität beweist. Mit dem "adjektivischen Gebrauch" kann nicht der attributive gemeint sein, sonst wären Einträge wie der folgende unverständlich: "da bist du aber schief gewickelt, auch schiefgewickelt". Hier liegt zweifellos ein unbewältigtes Problem der überstürzten Revision verborgen, das seine toxische Wirkung auf den gesamten Wortschatz erst noch entfalten dürfte.

Die ungeheure Vermehrung der Varianten geht hauptsächlich darauf zurück, daß die Reformer keine einzige neue Schreibweise zurücknehmen. Damit wollen sie vor allem den Kultusministern die beruhigende Behauptung ermöglichen, keine richtige Schreibweise werde durch die Revision falsch. Wie wir gesehen haben, trifft das nicht zu; außerdem werden falsche Schreibweisen nunmehr richtig, was für den korrigierenden Lehrer dieselbe Folge hat. Im übrigen ist aber die große Zahl von Varianten, die nicht einmal einer Beobachtung des Sprachwandels, sondern reiner Verlegenheit entstammen, von vornherein fragwürdig. Der führende Reformer Dieter Nerius schrieb schon 1980: "Eine Änderung der Orthographie, die, von einer Übergangszeit abgesehen, darauf gerichtet sein sollte, in der Rechtschreibung große Bereiche der Variabilität zu etablieren, [dürfte] wenig erfolgversprechend sein." (Nerius/Scharnhorst, Hg.: Theoretische Probleme der deutschen Orthographie. Berlin 1980, S. 50)

Trotz der ungeheuren Zahl wiederbelebter Wörter bleibt noch viel zu tun, denn die Revision ist bei weitem nicht konsequent durchgeführt. K 58 erweist sich als schwarzes Loch, in dem zahllose Reformvorschriften auf Nimmerwiedersehen verschwinden. Es gibt keinen Grund, großgeschrieben (in jeder Bedeutung) auszusparen, nachdem fettgedruckt, großgedruckt und das Kleingedruckte bereits wiederhergestellt sind. Die Kästen zu groß und klein, die übrigens aus unerfindlichen Gründen verschieden aufgebaut sind, geben keinen endgültigen Aufschluß. Zum eisernen Bestand der Reform gehört die Vorschrift, Zusammensetzungen mit Wörtern auf -einander und -wärts nicht mehr zuzulassen; und diese Regel wird ausdrücklich beibehalten. Zugleich überspielt aber K 58 sogar dies: aufeinanderfolgend, übereinanderliegend, auswärtsgerichtet, aufwärtsfahrend und viele andere sind wieder da. Deshalb ist nicht einzusehen, warum dieselbe systematische Ausnahme nicht auch für die besonders willkürliche Bestimmung gelten soll, keine Zusammensetzungen mit Adjektiven auf -ig, -lich und -isch zu bilden. Aus der Zwischenstaatlichen Kommission verlautet unterdessen, daß dies in der Tat so beabsichtigt sei: übriggeblieben, fertiggestellt usw. müßten ebenfalls im Sinne der neuen Regel wiederhergestellt werden. Diesen Weg könnte auch das bereits wiederaufgenommene alleinseligmachend weisen, ganz abgesehen von jenem richtiggehend, das als erratischer Eintrag im amtlichen Wörterverzeichnis von Anfang an eine nicht näher begründete Ausnahme darstellte. Eine weitere Ausnahme von der Ausnahme ergibt sich bei Verbindungen der Positionsverben mit bleiben und lassen: sitzengeblieben, stehengelassen usw. sind nicht angeführt, obwohl sie gemäß K 58 korrekt sind.

Die Folgen für die Schule kann man sich leicht denken: Deutschlehrer, die im Wörterverzeichnis nach fertiggestellt, saubergehalten oder sitzengeblieben suchen, finden zwar nichts, aber sie werden sich hüten, solche Schreibweisen als falsch anzustreichen, denn für einen intelligenten Schüler oder dessen rechtskundige Eltern sind sie aus K 58 ableitbar. All dies mag in der alsbald fälligen nächsten Auflage nachgeholt werden, und erst dann ist der Zustand, wie er vor der Reform zur allgemeinen Zufriedenheit der Lesenden und Schreibenden herrschte, vollständig wiederhergestellt. A propos: wiederherstellen darf laut neuester Dudeneinsicht nur zusammen-, wiederherrichten dagegen nur getrennt geschrieben werden, und bei wiederaufbereiten ist beides möglich. Es gibt Dutzende von unvorhersehbaren Entscheidungen dieser Art allein bei wieder-, wohl- und hoch-. Hinzu kommen völlig unrealistische Betonungsangaben, zum Beispiel Anfangsakzent bei zusammengeschriebenem wiederaufbereiten (was außerdem der Darstellung als bloßer orthographischer Variante widerspräche, wenn es zuträfe).

In Fällen wie offengesagt wird Zusammenschreibung sogar entgegen dem bisher Üblichen neu eingeführt. menschenverachtend wird ausdrücklich wiederzugelassen, das auf einem grammatischen Irrtum beruhende Menschen verachtend aber immer noch nicht aufgegeben. Hier besteht weiterer Änderungsbedarf. vollgefressen darf man zusammenschreiben, wenn es "dickleibig" bedeutet, sonst nicht. Damit haben die Reformer ihren allerdings recht seltsamen Grundsatz aufgegeben, die Schreibweise "vom Transport semantischer Informationen entlasten" zu wollen (Reformvorlage 1992, S. 147) - als ob es beim Sprechen und Schreiben um etwas anderes ginge als Bedeutungsvermittlung. Wer hätte übrigens gedacht, daß schmerzstillend anders geschrieben wird als blutstillend, nämlich nur zusammen? Dieselbe Unterscheidung findet man bei kostendeckend gegenüber Kosten senkend, kräftezehrend und Kräfte raubend. Vielleicht hat die Redaktion keine Zeit mehr gehabt, diese Unstimmigkeiten auszuräumen - in einem Leitwörterbuch der deutschen Orthographie wirken sie recht störend.

Abschließend kann man zu diesem Bereich sagen: Durch die Neufassung von § 34 werden Hunderte von "richtigen" Getrenntschreibungen falsch, durch den neuen Paragraphen 36 werden ebensoviele "falsche" Zusammenschreibungen wieder richtig. Die Folgen sind dieselben, ein Desaster für den Deutschunterricht und, nebenbei bemerkt, auch für die Schulbuchverleger, die immer noch verblendet genug sind, die Revision für harmloser zu halten als die entschlossene Umkehr. So wird - um nur ein Beispiel zu nennen - in dem bekannten Sprachbuch "Verstehen und Gestalten" (Bd. 7, 1997, S. 222) erwartet, daß die Schüler hochbegabt und vielversprechend getrennt schreiben. Das ist nun auch offiziell überholt und muß geändert werden.

Beim Bindestrichgebrauch sah die Neuregelung eine überflüssige Generalisierung vor, indem sie den Bindestrich auch für Zusammensetzungen mit arabischen Ziffern verpflichtend machte: 8-jährig, die 8-Jährige. Die jetzt eingeführte Schreibweise 8-fach, das 8-Fache widerspricht allerdings der reformierten Grundregel, daß nur Zusammensetzungen, nicht aber Ableitungen mit Bindestrich geschrieben werden (§ 40f.). Es gibt ja gar kein "Faches". Ein Grund für diese neue Ausnahme ist nicht erkennbar. Im Wörterverzeichnis des neuen Duden ist sie zwar bei achtfach eingetragen, nicht aber unter ...fach und ...fache. Ein weiterer Widerspruch der Neuregelung bleibt erhalten: Auch Bindestrichkomposita sind Komposita (siehe die Vorbemerkungen zum Kapitel C); daher entsprechen die weiterhin zulässigen Schreibweisen wie römisch-katholisch nicht dem generellen Verbot von Zusammensetzungen mit Adjektiven auf -ig, -lich und -isch.

Ein weiterer Stein des Anstoßes war die reformierte Groß- und Kleinschreibung. Im Deutschen werden feste Begriffe in zunehmendem Maße groß geschrieben, weit über das laut Duden zulässige Maß hinaus: Erste Hilfe, Schneller Brüter usw. Dieser modernen Entwicklung stemmte sich die Reform entgegen, indem sie generelle Kleinschreibung verordnete: erste Hilfe, schwarzes Brett, hohes Haus. Sogar die reformfreundlichen Nachrichtenagenturen verweigerten hier die Gefolgschaft. Die Reformer wollen nun für den Gebrauch "in manchen Fachsprachen" die abgeschaffte Großschreibung fester Begriffe wieder zulassen. Bereits in der Einleitung wird darauf hingewiesen, daß zum Beispiel der Goldene Schnitt wieder erlaubt sei. Schlägt man jedoch im Wörterverzeichnis nach, so scheint die Botschaft dort noch nicht angekommen zu sein, denn es wird, gerade unter Hinweis auf den fachsprachlichen Gebrauch ("Math.") ausschließlich Kleinschreibung erlaubt. Dasselbe gilt für das gelbe/Gelbe Trikot, die aktuelle/Aktuelle Stunde, die erste/Erste Hilfe, der letzte/Letzte Wille, die neuen/Neuen Medien und viele Ausdrücke, die nicht schon im Duden-Regelwerk angeführt sind. Die Umarbeitung des Wörterbuchs wurde hier anscheinend vorzeitig abgebrochen. Übrigens ist der Begriff der Fachlichkeit so weit gefaßt, daß eigentlich alles darunterfällt. Das hatte der Reformer Gerhard Augst schon in der Märkischen Allgemeinen Zeitung vom 2.5.2002 zu erkennen gegeben, wo er auch die Wiederherstellung der Ersten Hilfe ankündigte. Eine besonders knapp geratene Anfrage mag kleine Anfrage, ein mißfarbener Star grauer Star genannt werden, aber darum geht es hier natürlich nicht; die fraglichen Ausdrücke sind per se fachsprachlich und daher groß zu schreiben. Einerseits soll die Neuregelung nicht für Fachsprachen gelten, denen damit jeder Grund genommen wird, gegen den Eingriff zu protestieren, andererseits sind doppeltkohlensauer, Gelbe Rübe oder Klitzingeffekt genuine Fachausdrücke, und dennoch wird ihre Schreibweise durch rotgedruckte Einträge neu geregelt. Auch heiligsprechen könnte unter dem Fachsprachenvorbehalt über das ohnehin wankend gewordene Verbot von Zusammenschreibungen mit Adjektiven auf -ig hinweg gerettet werden. Daß die Fliegenden Fische neuerdings groß geschrieben werden sollen, wird ausdrücklich mit dem Hinweis auf das Fachgebiet der Zoologie begründet. Der systematische Unterschied zwischen Erster Hilfe und irgendeiner besonders früh geleisteten ersten Hilfe läßt sich aber mit der Reformschreibung weiterhin nicht zum Ausdruck bringen. Auch regeltechnisch ist die Formulierung mißlungen:"Im nicht fachsprachlichen Zusammenhang ist die Kleinschreibung der Adjektive in solchen Wortgruppen der Normalfall." - Das ist, abgesehen von der seltsamen Formulierung, als Anweisung unbrauchbar und als statistische Beschreibung des Üblichen offensichtlich falsch.

Mit der bereits seit Jahren angekündigten Ausweitung der Großschreibung (bei Weitem, von Neuem, das Meiste) wirft die Reform die Sprachentwicklung tief ins 19. Jahrhundert zurück. Das Antiquierte dieser Regelung wird an Beispielen wie Er sah vom Einen zum Anderen (im Kasten zu ein) unmittelbar deutlich. Die Neuregelung wirkt nach wie vor willkürlich und überflüssig (zu Nutze, zu Schulden kommen lassen, andererseits zurate, vonseiten usw.); teilweise bleibt sie grammatisch falsch (Pleite gehen, Recht haben, Leid tun). Die Revision wurde nicht als Gelegenheit genutzt, wenigstens die gröbsten Irrtümer zu beseitigen. Der alte Fehler der Reformer, die Adjektive feind, freund als Substantive zu verkennen, ist nicht korrigiert; es heißt immer noch jdm. Feind/Todfeind sein. Mit der Frage, aufgrund welches Paragraphen jenseits von gut und böse neuerdings klein geschrieben werden muß, könnte man eine gesellige Runde einen ganzen Abend lang beschäftigen.


(Fortsetzung folgt)
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Th. Ickler


eingetragen von Peter Müller am 06.09.2004 um 22.05

Sie haben natürlich recht. Ist es nicht herrlich, dass wir jetzt drei Schreibweisen für zugrundeliegend haben?

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Peter Müller


eingetragen von Christian Dörner am 06.09.2004 um 21.50

Zu 1.:

Bei aneinandergeraten muß man differenzieren, da Verb und Partizip hier gleich lauten. Das Verb muß nach wie vor getrennt geschrieben werden, also aneinander geraten, das adjektivisch gebrauchte Partizip, z. B. die Polizei trennte die aneinandergeratenen Jugendlichen, darf wieder zusammengeschrieben werden, vgl. auch das usw. unter aneinander sowie K 58 bzw. § 36 E2 (2) des modifizierten amtlichen Regelwerks.

Zu 2.:

Leider läßt sich aus der Liste nicht ableiten, wie der Duden die Anmerkung exakt formuliert hätte, wenn drei Varianten korrekt sind. Aber ich denke, in beiden Fällen (bei Ihrer und bei meiner Version) ist klar, was gemeint ist.
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Christian Dörner


eingetragen von Peter Müller am 06.09.2004 um 21.37

Zwei kleine Unstimmigkeiten:

1) aneinandergeraten gibt's im Duden 2004 nicht, also kein "auch:"

2) zugrundeliegend – zugrunde liegend, auch: zu Grunde liegend (statt: auch: zugrunde liegend, auch: zu Grunde liegend)



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Peter Müller


eingetragen von Christian Dörner am 06.09.2004 um 20.49

Als kleine Ergänzung zu meiner Rezension hier noch kurz die Auflistung der Fehler in der »vergleichenden Gegenüberstellung« im Duden 2004:

aneinandergeraten – aneinander geraten (statt: auch: aneinander geraten)
heißgeliebt – heiß geliebt (statt: auch: heiß geliebt)
jmdm. leid tun – jmdm. Leid tun (statt: jmdm. Leid tun, auch: jmdm. leidtun)
naheliegend – nahe liegend (statt: auch: nahe liegend)
treuergeben – treu ergeben (statt: auch: treu ergeben)
zugrundeliegend – zugrunde liegend, auch: zu Grunde liegend (statt: zugrunde liegend, auch: zu Grunde liegend, auch: zugrundeliegend)
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Christian Dörner


eingetragen von Peter Müller am 06.09.2004 um 20.09

Partizipien

Es fällt auf, dass keine der neu aufgenommenen Zusammensetzungen mit Partizipien einen Infinitiv oder ein Partizip als ersten Teil haben, mit Ausnahme von haftenbleibend und getrenntlebend. Könnte es sein, dass dies Versehen sind und die Reformer solche Verbindungen gar nicht zulassen wollten? Im 4. Zwischenbericht wird nämlich noch die Definition vorgeschlagen: „Verbindungen von Substantiven, Adjektiven, Adverbien oder Pronomen mit adjektivisch gebrauchten Partizipien“. Diese Definition würde Infinitive und Partizipien also ausschliessen. Im amtlichen Regeltext heisst es nun aber: „Verbindungen aus Einzelwort und adjektivisch gebrauchtem Partizip“, womit Verbindungen mit Infinitiven und Partizipien ebenfalls gemeint wären: sitzengelassen, fallengelassen, kennengelernt, gefangengenommen usw.

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Peter Müller


eingetragen von Theodor Ickler am 06.09.2004 um 16.32

Also, ich habe nur die herausgefischt, bei denen Rotdruck zunächst die Trennung signalisierte und dann auch die Zusammenschreibung wiedereingeführt war. Eigentlich hatte ich auch die verbliebenen Fehler (danke!) schon mal korrigiert, aber dann ist vielleicht die vorletzte Fassung eingestellt worden. Es gibt sicher immer noch was zu verbessern, aber interessant ist die Liste allemal. Zunächst schon deshalb, weil sie die Aussagen über angeblich geringfügige Änderungen Lügen straft. Allein die Mengen sind erschütternd, besonders wenn man die am Schluß eröffnete Perspektive auf unzählige weitere hinzunimmt.

Morgen früh gibt es hier die Langfassung meiner Dudenrezension, da kommen noch mehr interessante Einzelheiten vor.
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Th. Ickler


eingetragen von Stephan Fleischhauer am 06.09.2004 um 16.18

Lieber Herr Ickler, haben Sie tatsächlich alle mehrgiedrigen Partizipien aus dem neuen Duden herausgefischt? Ich kann nur staunen. (Wie macht man so etwas?) durcheinanderredend hat es also nicht in den Duden geschafft?
Ich finde diese Liste sehr interessant. Ob wirklich immer zusammengesetzte Partizipien vorliegen, scheint mir irgendwie fraglich. Warum benennt das "ergänzte" Regelwerk überhaupt eine Untergruppe von "adjektivisch gebrauchten" Partizipien, wenn eigentlich so gut wie jedes Partizip da hineinfällt? Z.B. bekanntwerdend, haftenbleibend, auseinanderfallend. Gibt es eine sinnvolle Begrenzung der Aufnahme offensichtlich spontaner Kreationen in die Wörterbücher? Sind hufeisenschmiedend und aufeinanderlosmarschierend noch orthographisch unauffällig?

In Ihre erste Liste (alles Partizipien I) sind versehentlich geraten: genaugenommen, obenerwähnt, obengenannt.


eingetragen von Reinhard Markner am 06.09.2004 um 14.10

Ich komme auf 127716. Bei der Suche mit dem Platzhalter * (a*, b* usw.) wird z. B. "S. P. Q. R." viermal gezählt. Vielleicht hat jemand eine Idee, wie man das abstellen und dadurch zu einem akkurateren Ergebnis kommen kann.


eingetragen von Stephan Fleischhauer am 06.09.2004 um 14.08

Ich kann das leider nicht. Aber wie muß überhaupt gezählt werden? (Alles Fettgedruckte?)


eingetragen von Theodor Ickler am 06.09.2004 um 13.28

Hat jemand die CD und kann mal nachzählen? Bei früheren Wörterbüchern aus demselben Hause haben Kritiker schon sehr bedeutende Überschätzungen der Lemmazahl festgestellt.

Ich konnte bei Stichproben zwar die gelegentliche Einsparung von Platz erkennen, aber keinen so bedeutenden Gewinn, daß es für 5000 neue Einträge gereicht hätte.
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Th. Ickler


eingetragen von Stephan Fleischhauer am 06.09.2004 um 08.53

Der neue Duden enthält ja 5000 Stichwörter mehr. Demnach kann nur beim "Drumherum" der einzelnen Stichwörter gespart worden sein, z.B. Angabe der bisherigen Schreibung.


eingetragen von Theodor Ickler am 06.09.2004 um 06.59

Der Hinweis von Herrn Peter Müller ist berechtigt. Ich werde "blutstillend" in Klammern setzen. Irgendwie muß zum Ausdruck kommen, daß nun "blutbildend, blutsaugend, blutstillend" allesamt gleich, nämlich fakultativ getrennt oder zusammengeschrieben werden, ohne Unterschied. Das entspricht zweifellos nicht mehr dem Regelwerk von 1996. Übrigens hatte sich Bertelsmann hier anders verhalten als der (zumindest am Anfang) verhältnismäßig besonnene Duden.
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Th. Ickler


eingetragen von Fritz Koch am 05.09.2004 um 15.41

denn es wurde bei der Zusammenschreibung der Artikel eingespart.
Aber das Partizip "unsere die Kosten deckenden Einnahmen" oder "unsere Einnahmen sind die Kosten deckend" ist gar nicht mehr gebräuchlich. Diese Begründungsrückgriffe auf frühere Ausgangszustände sind historisierend und neben der heutigen Sprachwirklichkeit. Es ist Blödsinn, die Schüler solche Begründungen zu lehren.
Genaueres dazu in Icklers "Kritischem Kommentar", zu § 36, S. 81


eingetragen von Norbert Schäbler am 05.09.2004 um 14.24

... war das ja auch mit "kostendeckend" und "kostensparend", wobei die Rechtschreibreformer die Schreibung "Kosten sparend" vorschrieben, während "kostendeckend" ein Ganzwort blieb.
Ich habe bisher noch niemand getroffen, der mir diese Feingewichtung plausibel machen konnte.

Als Zusatz weitere Beispiele aus der sog. Peil'schen Wörterliste S.14: "Arbeit suchend, wohnungsuchend, Blut bildend, geistbildend, Dienst habend, dienstverpflichtet, Dienst tuend, dienstunfähig, Feuer speiend, feuerwerkend, hilfeflehend, Hilfe bringend, hilferufend, Hilfe suchend, Kopf stehend, kopfschüttelnd, Krieg führend, prozessführend."
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nos


eingetragen von Peter Müller am 05.09.2004 um 12.29

Ich glaube, in Herrn Icklers höchst verdienstvoller Aufstellung der zusammengesetzten Partizipien gibt es einen kleinen Fehler: blutstillend war erstaunlicherweise nie eliminiert, gehört also nicht in die Liste, dafür gehört blutsaugend hinein.

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Peter Müller


eingetragen von Fritz Koch am 05.09.2004 um 08.38

daß die "neue" Rechtschreibung von 1996 in Wirklichkeit die altmodischere ist, weil sie frühere Zustände wiederherstellt,

und die "alte" Rechtschreibung in Wirklichkeit die modernere ist, weil der Duden die "alte" jetzt als "die ganz neue von 2004" wieder einführt.

Diejenigen Schüler, die noch die modernere "alte" Rechtschreibung gelernt haben, werden den Reform-Schwindel selbst merken, sobald sie mit dem neuen Duden arbeiten.

Schüler sind doch immer dafür zu begeistern, etwas moderneres anstatt etwas altmodischeres zu lernen und zu gebrauchen.


eingetragen von Reinhard Markner am 05.09.2004 um 08.14

Die Zahl dürfte nicht so hoch sein. Es wurde ja viel Platz eingespart durch die Tilgung der "alten Schreibungen".


eingetragen von Theodor Ickler am 05.09.2004 um 03.46

Wenn der Duden bei gleicher Seitenzahl 5000 neue Wörter aufgenommen hat, dürften ebenso viele verschwunden sein. Hat jemand schon einen Eindruck davon?
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Th. Ickler


eingetragen von Fritz Koch am 04.09.2004 um 08.30

Niemand kann diese Einzelwortfestlegungen auswendig wissen, falls es dazu doch noch weiterhin Ausnahmen gibt.
Sinnvoll ist, ab 1.8.05 die Getrennt- und Zusammenschreibung überhaupt nicht in die Notengebung einzubeziehen.
Damit wäre endlich erreicht, was von 1996 an überall in der Presse zu lesen war: "Die Getrennt- und Zusammenschreibung muß noch einmal überarbeitet werden!"

Andernfalls müssen die Schüler bei der Getrennt- und Zusammenschreibung genauso wieder zurück umlernen, wie wenn sie in diesem Punkt gleich zur alten Rechtschreibung zurückkehren würden. Höchstens die Grundschüler sind davon fast nicht betroffen.

Die Schüler werden bald alle bisher in neuer Rechtschreibung gedruckten Bücher als veraltet, weil nicht mehr dem Duden entsprechend, ansehen, sodaß diese doch neu gedruckt und gekauft werden müssen, "damit sich keine falschen Schriftbilder einprägen", wie die Warnung vor "alter" Literatur bisher lautete. Über diese Kosten wird - noch - geschwiegen. Sie sind die gleichen wie für eine Rückkehr zur alten Rechtschreibung.


eingetragen von Theodor Ickler am 04.09.2004 um 06.08

Nach vier Wochen Insel und Internet-Abstinenz muß ich mich erst mal wieder hier zurechtfinden. Vom Nordseestrand aus habe ich trotzdem einiges in die Zeitungen gebracht, zum Teil per Diktat übers Handy mitten zwischen den Dünen. Nicht immer hat es geklappt.
Aber in den frühen Morgenstunden war immerhin noch Zeit, die folgende Liste herzustellen, die manchen interessieren könnte:

Liste der zusammengesetzten Partizipien, die durch die Reform von 1996 aus dem deutschen Wortschatz getilgt, im Duden 2004 aber ausdrücklich wiederhergestellt sind:

abscheuerregend, achtunggebietend, ackerbautreibend, alleinerziehend, alleinseligmachend, alleinstehend, allgemeinbildend, andersdenkend, anderslautend, aneinandergrenzend, arbeitsuchend, aufeinanderfolgend, aufsehenerregend, aufsichtführend, aufwärtsfahrend, auseinanderfallend, außenliegend, beieinanderstehend, beifallheischend, bekanntwerdend, besorgniserregend, besserverdienend, bezugnehmend, blasenziehend, blutbildend, (blutreinigend), blutsaugend, (blutstillend), buchführend, buntschillernd, darauffolgend, datenverarbeitend, diensthabend, dienstleistend, diensttuend, doppeltwirkend, ehrfurchtgebietend, eierlegend, eisenschaffend, eisenverarbeitend, ekelerregend, enganliegend, entsetzenerregend, epochemachend, erdölexportierend, erdölfördernd, erfolgversprechend, erholungsuchend, (ernstzunehmend), fernliegend, festkochend, feuerspeiend, fischverarbeitend, fleischfressend, flottgehend, freilaufend, freilebend, freistehend, frohgelaunt, fruchtbringend, fruchttragend, funkensprühend, furchteinflößend, furchterregend, gefahrbringend, gegeneinanderstehend, getrenntlebend, (gewinnbringend), gleichbleibend, gleichdenkend, gleichlautend, glückbringend, glückverheißend, (grauenerregend), gutaussehend, gutsitzend, gutverdienend, haftenbleibend, händchenhaltend, handeltreibend, heilbringend, hellleuchtend, helllodernd, hierhergehörend, hilfesuchend, hintereinanderlaufend, hitzeabweisend, hochwachsend, holzverarbeitend, immerwährend, ineinanderfließend, insektenfressend, kaltlächelnd, klardenkend, knappsitzend, kohleführend, kostensenkend, kostensparend, kräfteraubend, kräftesparend, kraftraubend, kraftsparend, krebserregend, kreditsuchend, kriegführend, laubtragend, lebendgebärend, lebenspendend, lebenzerstörend, lederverarbeitend, leerstehend, leidtragend, linksstehend, maßhaltend, menschenverachtend, metallverarbeitend, mitleiderregend, naheliegend, nahestehend, nebeneinandersitzend, nichtsahnend, nichtssagend, notleidend, obenstehend, papierverarbeitend, parallellaufend, platzsparend, profitbringend, ratsuchend, raumsparend, rechtsstehend, respekteinflößend, rotglühend, schattenspendend, schaudererregend, scheelblickend, schlechtgehend, schleimabsondernd, schräglaufend, schreckenerregend, schwerwiegend, schwindelerregend, segenbringend, segenspendend, sicherwirkend, sinnstiftend, sporenbildend, sporentragend, sporttreibend, staatenbildend, staunenerregend, stressauslösend, stromführend, stromsparend, tiefgehend, tiefgreifend, tiefschürfend, tiefstehend, treusorgend, übelriechend, übelwollend, übereinanderliegend, unheilbringend, unheilkündend, unheilverkündend, untenliegend, untenstehend, untereinanderstehend, verderbenbringend, vertrauenerweckend, vielsagend, vielversprechend, vorwärtsweisend, wachestehend, walfangtreibend, wasserabstoßend, wasserabweisend, weißglühend, weitblickend, weiterbestehen, weitgehend, weitgreifend, weitreichend, weittragend, wichtigtuend, wildlebend, wildwachsend, wohlklingend, wohllautend, wohlmeinend, wohlriechend, wohlschmeckend, wohltönend, zähfließend, zeitsparend, zufriedenstellend, zugrundeliegend

andersgeartet, (andersgesinnt), außengelegen, auswärtsgerichtet, bekanntgeworden, bessergestellt, blankpoliert, blaugestreift, blaugefärbt, blaugefleckt, blindgeboren, blondgelockt, braungebrannt, breitgefächert, buntgefiedert, buntgemischt, dichtbehaart, dichtbevölkert, dichtgedrängt, dünnbesiedelt, dünnbevölkert, einwärtsgebogen, einwärtsgedreht, engbedruckt, engbefreundet, engumgrenzt, ernstgemeint, feingeädert, feingemahlen, feingeschnitten, feingeschwungen, feingesponnen, feingestreift, feinvermahlen, festgefügt, festgeschnürt, festangestellt, festbesoldet, festumrissen, festverwurzelt, fettgedruckt, fleischgeworden, frischgebacken, frühverstorben, frühvollendet, gargekocht, genaugenommen, geradegewachsen, gerngesehen, glattgehobelt, (gleichbeschaffen, gleichgeartet), gleichgestimmt, graugestreift, graumeliert, grellbeleuchtet, grobgemahlen, grobgestrickt, großangelegt, großgemustert, großgewachsen, großkariert, gutbezahlt, gutgebaut, (gutgelaunt), gutgemeint, gutgeordnet, gutgepflegt, (gutgesinnt), gutsituiert, gutunterrichtet, halbverhungert, hartgebrannt, hartgefroren, hartgekocht, heißbegehrt, heißersehnt, heißgelaufen, heißumkämpft, heißumstritten, hochangesehen, hochbegabt, hochbesteuert, hochbezahlt, hochdosiert, hochdotiert, hochentwickelt, hochgebildet, hochgeehrt, hochgelehrt, hochgelobt, hochgespannt, hochgesteckt, hochgestellt, hochgewachsen, hochindustrialisiert, hochkompliziert, hochmotiviert, hochqualifiziert, hochspezialisiert, hochtechnisiert, höhergestellt, ineinandergesteckt, kleingedruckt, kleingemustert, kleingewachsen, kleinkariert, knappgehalten, kurzgebraten, kurzentschlossen, kurzgefasst, kurzgeschnitten, langgehegt, langgestreckt, langgezogen, längsgestreift, leichtbehindert, leichtbeschwingt, leichtbewaffnet, leichtgeschürzt, leichtverletzt, leichtverwundet, liebgeworden, (nahverwandt), nassgeschwitzt, neubearbeitet, neueröffnet, neugeschaffen, (niedriggesinnt), obenerwähnt, obengenannt, obenzitiert, parallelgeschaltet, privatversichert, quergestreift, reichgeschmückt, reichverziert, rotgestreift, rotgeklinkert, rotgestreift, rotgeweint, rückwärtsgewandt, schiefgewickelt, (schlechtgelaunt), schwachbegabt, schwachbetont, schwachbevölkert, schwachbewegt, schwarzgestreift, schwarzgerändert, schwerbeladen, schwerbewaffnet, schwerverletzt, schwerverwundet, selbsternannt, selbstgebacken, selbstgebraut, selbstgedreht, selbstgemacht, selbstgenutzt, selbstgeschneidert, selbstgeschrieben, selbstgestrickt, selbstverdient, sogenannt, spätvollendet, strenggenommen, tiefbewegt, tiefempfunden, tiefergelegt, tieferschüttert, tiefgefühlt, tiefverschneit, totgeboren, treuergeben, treugesinnt, übelberaten, übelgelaunt, übelgesinnt, untenerwähnt, untengenannt, verlorengeglaubt, vielbefahren, vielbeschäftigt, vielbeschworen, vielbesprochen, vieldiskutiert, vielerörtert, vielgefragt, vielgekauft, vielgelesen, vielgepriesen, vielgeschmäht, vielgereist, vielumworben, vielzitiert vollbeladen, vollbesetzt, vollentwickelt, vollgepfropft, weichgekocht, weißgekleidet, weitgereist, weitverbreitet, weitverzweigt, wohlausgewogen, wohlbedacht, wohlbehütet, wohlberaten, wohldosiert, wohldurchdacht, wohlerhalten, wohlerwogen, wohlerzogen, wohlgeformt, wohlgelitten, wohlgenährt, wohlgeordnet, wohlgeraten, (wohlgesinnt), wohlproportioniert, wohlsituiert, wohlüberlegt, wohlversorgt, wohlverwahrt, wohlvorbereitet, zartbesaitet


Nicht ausdrücklich erwähnt, aber nach derselben Regel ableitbar ist eine unbegrenzte Zahl weiterer Zusammensetzungen wie: abwärtsgegangen (usw., auch mit aufwärts usw.), leergelaufen, lebendgeboren, bekanntgegeben/-gemacht/-geworden, anheimgefallen, daheimgeblieben, fallengelassen, sitzengelassen, gefangengehalten, kahlgefressen, kennengelernt, lahmgelegt, rechtsgerichtet, saubergehalten, scharfblickend, schiefgegangen, vielgeliebt, vollgetankt, warmgehalten, zivildienstleistend, zufriedengestellt



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Th. Ickler


eingetragen von Norbert Lindenthal am 03.09.2004 um 09.59

Duden 2004

Hurraaa!!!

Jetzt ist es amtlich:

        Hurraa, hurraa!         Der aller-, aller-, allerneueste Duden ist da!

Zweifelhaft in allen maßgeblichen Fällen
Für den Neuschreiber hier zu Lande.

Vorbestellungen nehmen alle Buchhandlungen entgegen.

Oder, damit Sie nicht noch lange warten müssen (Duden-Erscheinungstermin August 2004), schreiben Sie an die Redaktion@rechtschreibreform.de und bestellen sofort ein kostenloses Abo der kritischen Netzseite rechtschreibreform.de.

(Freiwillige Unkostenbeiträge sind möglich
und selbstverständlich in schwieriger Zeit gerne willkommen.)


eingetragen von Norbert Lindenthal am 03.09.2004 um 09.55

Duden 2004

Duden 2004


eingetragen von Karsten Bolz am 18.08.2004 um 12.42

...für die Echtheit des E-mails aus dem Duden-Verlag trete ich gerne an. Was ich hierhergestellt habe ist der genaue Wortlaut, dessen Ursprung ich gerne beeide!
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Karsten Bolz


eingetragen von Karsten Bolz am 17.08.2004 um 09.41

Ich habe vor ein paar Tagen eine Anfrage an den Duden-Verlag gesendet. Darin fragte ich:

Sehr geehrte Damen und Herren,

derzeit zeichnet sich ab, daß mehr und mehr Verlage und Printmedien wieder
zur bewährten Rechtschreibung zurückkehren. Meinerseits besteht daher das
Bedürfnis, wieder ein verläßliches Rechtschreibwörterbuch zu erwerben,
welches diese klassische Schreibung beschreibt. Wann wird es aus Ihrem
Hause ein derartiges Werk geben?

Mit freundlichen Grüßen


Heute bekam ich per E-Mail die Antwort:

Sehr geehrter Herr Bolz,

vielen Dank für Ihre E-Mail. Unser DUDEN Band 1 (20. Auflage von 1991) ist
noch mit der alten Rechtschreibung lieferbar. Sie können das Werk über jede
Buchhandlung bestellen (ISBN 3-411-04010, Preis 19,43 €). Weisen Sie aber
den Buchhändler darauf hin, dass der Band direkt in Mannheim beim Verlag
bestellt werden muss, da der Großhändler "vergriffen" meldet.

Mit freundlichen Grüßen

Irene Fromm
BIBLIOGRAPHISCHES INSTITUT &
F. A. BROCKHAUS AG
Vertriebsabteilung
Tel. 0621/39 01 650
Fax 0621/39 01 633
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Karsten Bolz


eingetragen von Karl Sonntag am 07.08.2004 um 17.22

Der DUDEN 2004 ist in einem schrecklichen Zustand. Wer hat ihm das nur angetan?


Alle angegebenen Zeiten sind MEZ   

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