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eingetragen von Norbert Lindenthal am 16.08.2004 um 20.38

16.8.2004

Neues Volksblatt - Kultur

Expertentreffen zur Rechtschreibung – Das Koordinationstreffen zur Rechtschreibreform findet am23. August im Wiener Bildungsministerium statt. Auf Beamtenebene wird dabei u. a. die Installierung eines Rats für deutsche Rechtschreibung vorbereitet. Die derzeit installierte Zwischenstaatliche Kommission läuft 2005 aus. Beraten wird über die Organisationsform und die Aufgaben des neuen Gremiums. Zur Sitzung kommen u. a. die Generalsekretäre der deutschen Kultusministerkonferenz sowie der Schweizerischen Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren. Österreich ist durch die zuständige Sektionschefin Heidrun Strohmeyer vertreten. Die freiheitliche Bildungssprecherin Mares Rossmann hat sich unterdessen für eine Aufschiebung der im August 2005 auslaufenden Übergangsfrist der Reform um drei Jahre und für eine Entschärfung der „ins Auge springenden Fehlentwicklungen“ ausgesprochen. Eine interdisziplinäre Arbeitsgruppe aus Schriftstellern, Journalisten, Lehrer-, Schüler- und Elternvertretern solle die Rechtschreibreform überarbeiten. Dabei könnten auch österreichische Spezifika einfließen.


eingetragen von Norbert Lindenthal am 10.08.2004 um 21.35



10.8.2004

Neues Volksblatt - Kultur

Wie prominente oö. Autorinnen und Autoren zur Rechtschreibreform-Debatte stehen  -  - Schaden zu groß für Schadenfreude -  -  - Von Birgit Thek - „Ich war von Anfang an dagegen und bin nicht unzufrieden mit der jetzigen Situation“, bestätigt Alois Brandstetter, als „Sprachwissenschafter und Schriftsteller, aber auch als Vater bzw. Mann einer Lehrerin“ seine Abneigung gegen die Reform. „Aber der Schaden ist zu groß, als dass ich mir Schadenfreude erlauben könnte“, schränkt er im VOLKSBLATT-Gespräch gleichzeitig ein. „Ich war enttäuscht, dass diese Reform in Österreich in geradezu vorauseilendem Gehorsam exekutiert wurde. Und ich hoffe jetzt, dass wir nicht hier zu Lande dann übrig bleiben und allein dastehen mit dieser Rechtschreibreform als ,das österreichische Deutsch'“.  - Auch die Linzerin Anna Mitgutsch, Vizepräsidentin der IG Autorinnen Autoren, kann der neuen Rechtschreibung ganz und gar nichts abgewinnen: „Ich werde bis an mein Lebensende nach den alten Regeln schreiben. Da habe ich bei meinem Verlag darauf bestanden. Denn die Reform ist völlig alogisch; mich stört auch, dass Fremdwörter eingedeutscht werden“, argumentiert sie und zitiert dafür ihre Kollegin Marie Thérèse Kerschbaumer: „Wer Spaghetti ohne h schreibt, soll nur noch Nudeln essen“. - In der alten Rechtschreibung erscheinen auch die Werke Erich Hackls. „Insofern ist mir die Debatte nicht unsympathisch“, findet der Steyrer jedoch das Ganze „kein echtes Problem, außer wenn „die neuen Regeln dogmatisch sind“. Kritisch führt er Beispiele wie „weiterleben“ und „weiter leben“ dafür an, dass die neue Getrenntschreib-Regelung bei zusammengesetzten Zeitwortformen semantische Unterschiede einfach elimi-niert. Auch die neue Zeichensetzung hält er aus ähnlichen Gründen für problematisch, während er der „ss/ß“-Schreibung durchaus Positives abgewinnen kann.  - Käthe Recheis, die mit ihren Büchern für junge Leser seit In-Kraft-Treten der Reform in der neuen Rechtschreibung publiziert, denkt auch an die Folgen für die Kinder- und Jugendbuchverlage und deren Autoren bei einer allfälligen Rücknahme: „Das würde diese Verlage und damit auch die Autoren finanziell umbringen!“ Dabei würde Recheis durchaus „einzelne Dummheiten wie Stängel, Gämse oder behände“ ausmerzen. Denn dass beispielsweise letzteres Wort von Hand komme, treffe etwa auf ein behendes Reh beileibe nicht zu. Sie plädiert jedoch dafür, jeweils beide Schreibweisen zuzulassen — „mit der Zeit setzt sich ohnehin das Vernünftigere durch“. - Einen „liberaleren Umgang“ mit den Rechtschreibregeln fordert auch der Innviertler Friedrich Ch. Zauner: „Ich komme ganz gut mit der neuen Schreibung zurecht, wobei ich in meinem Schriftstellerleben schon eine ganze Menge an Schreibver-änderungen durchgemacht habe“. Er stößt sich vor allem daran, dass die Reform so „verordnungsmäßig“ durchgeführt wurde. „Als sich vor 20, 25 Jahren die Debatte noch um die Kleinschreibung drehte, da galt ich fast als aufmüpfig, weil ich für die Beibehaltung der bisherigen Regeln eintrat. Nun sind die selben Leute, die mich damals als konservativ gescholten haben, diejenigen, die sich nach der alten Rechtschreibung sehnen“. Zauner ist für fließende Übergänge und gegen alles „Beckmesserische — denn Sprache lebt“.  - Keinerlei Berührungsängste mit den orthografischen Neuerungen hat Franzobel: „Ich war eigentlich von Anfang an ein Befürworter. Denn abgesehen von den Korrekturen, die jedes Computerprogramm durchführt, merkt der Normalverbraucher fast überhaupt nichts davon“. Außerdem sind für ihn Einwände wie „Die Schüler machen nach den neuen Regeln nur 0,7 Prozent weniger Fehler“ nicht stichhaltig — „immerhin besser als nichts“. Franzobel „wundert überhaupt“ die ganze Debatte: „Wenn man sieht, wieviel sich jeweils von einer zur anderen Auflage des Dudens ändert, entspricht das im Ausmaß fast genau der Reform. Außerdem ist auch die alte Regelung erst seit hundert Jahren verbindliche Norm“, gibt Franzobel zu bedenken. „In erster Linie sind ja die Schüler betroffen und nicht die alten Herren wie Marcel Reich-Ranicki oder Martin Walser“. 


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