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eingetragen von Sigmar Salzburg am 25.08.2019 um 16.53

Sternekoch serviert bedrohten Thunfisch zum Abendessen

Frankreichs Präsident Macron spielt den Umweltschützer. Für das Dinner der Staats- und Regierungschefs gilt das offenbar nicht mehr.

tagesspiegel.de 24.8.2019

Die gute Nachricht: In der immer noch bedrohten Rechtschreibung ist der von den Reformisten ausgesetzte „Tunfisch“ (Tätigkeitsfisch) am Aussterben.


eingetragen von Monika Chinwuba am 21.08.2004 um 15.17

"Ziemlich leidenschaftslos", wie Werner Fahnenstich, bin ich bei Schreibungen wie Tunfisch anstatt Thunfisch (siehe Davids gute Erklärung) nicht, und bei dem Gedanken an die vor hundert Jahren verordnete Auslassung des 'h' in Tür, Tor, Tat beschleicht mich ein Bedauern.

Das Verständnis von Worten der _gesprochenen Sprache_ orientiert sich beim Verständnis an Lautfolgen, also über das _Gehör_ des Zuhörenden, sowie der Beobachtung von Mimik und Gesten des Sprechenden, also über das Auge. Der neuzeitliche Mensch hat für die Freuden des Gehörs die Musik auserwählt, und hört - wie David in seinem Beitrag über Thunfisch ausführt - die Lautunterschiede der verschiedenen 'T' (mit hoch gepresster Zunge am hinteren Kieferrand oder einem schwachen Auslaufen der Zunge am vorderen Kieferrand oder fast an den Zähnen) nicht mehr. Die Sinngebung des Wortes ist eine andere, wenn z. B. ein Laut wie das 'T' unterschiedlich gesprochen wird.

Schriftsprache kann ohne das Gehör des Lesers auskommen, muß dann aber die Lautunterschiede der Worte als Buchstabenfolge deutlich machen. Um auf das von Herrn Fahnenstich erwähnte 'verlorene h' zurückzukommen: nach der Reform von 1901 konnte man das Schriftbild für die Begriffe TOR für 'große Tür' (indogerm. dhuer, dhur; griech. thyra) und TOR für die dumme Person (mittelhochdt. toere) nicht mehr auseinanderhalten.

Ein Tor ist halt ein dummer Mensch; man muß ihn bedauern, weil er nicht verantwortlich entscheiden kann. Ein 'Thor' (Schreibweise vor 1901 für große Tür) hingegen unterscheidet mit dem 'h' in der Schriftsprache nicht nur den bezeichneten Gegenstand, sondern macht mit dem 'h' den semantischen Unterschied deutlich, daß dieser Gegenstand die Freiheit der persönlichen Entscheidung (auf oder zu, einladend oder verschlossen, geh' ich 'rein oder laß ich's lieber) in sich trägt, ganz im Gegensatz zum armen Tor, der solche verantwortlichen Entscheidungen nicht treffen kann.

Das bedeutet: nicht nur der Laut, sondern auch das Schriftbild gibt feine semantische Unterschiede wieder. So machte das ehemalige Wort "That/thun" für Tat/Tun durch den h-Hinweis deutlich, daß jeder selbst für seine Taten verantwortlich ist. Dies ist schon lange nicht mehr der Fall. Psychologen und Soziologen sehen heute die Natur oder die Umwelt oder die Bürokratie als Verursacher schlechter Taten an. Diese Ansicht stimmt mit der heutigen Schreibung überein - die Entscheidungskomponente 'h' fehlt im Wort und ändert damit auch den Begriff. Möglicherweise hat sich auch die Aussprache leicht verändert. Ein weiteres Beispiel ist das 'Ph' in Photo/Foto. Während durch die Schreibung Photo darauf hingewiesen wurde, daß es um ein Zusammenwirken von Kunde und Handwerker geht, um einen gemeinsamen Erfolg zu erzielen, bezeugt die heutige Schreibung 'Foto', daß die Bedingung des Zusammenwirkens obsolet wurde: gute Fotos gibt es heute auch, ohne daß eine andere Person sich - zusammenwirkend mit dem Fotografen - in Position setzt.

Ob mein kurzer Vortrag schon beweist, daß Schreibung verändertes Denken wiedergibt, aber auch das Denkvermögen beeinflußen oder ändern kann, vermag nur der aufmerksame Leser zu beurteilen. Als Beobachter des Verhältnisses zwischen Denken und Schriftsprache bin ich davon überzeugt, daß ein Zusammenhang besteht.

Zuletzt möchte ich an Alfred Korzybski erinnern: "Jede Landkarte wird für einen bestimmten Zweck hergestellt. Keine Landkarte kann das ganze Gelände darstellen." So ist es auch mit der Schriftsprache, hier speziell dem geschriebenen Wort. Aber eine Rechtschreibung, der keine gesellschaftspolitischen Veränderungsabsichten nachgesagt werden sollen, muß sich, nachdem sich so viel Widerstand breit macht, vor der endgültigen Entscheidung auch mit der Semantik der Schriftsprache auseinandersetzen. Ich werfe hier ein: was ist die Bedeutung von 'e'?


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Monika Chinwuba


eingetragen von David am 21.08.2004 um 01.32

Ganz platt gefragt: Warum sollte ich den Thunfisch ohne das -h- schreiben?
Weil man es nicht hört?
Weil man es sich also vermeintlich sparen kann?

Mein Vorname wird mit Auslautverhärtung gesprochen. Trotzdem bin ich dagegen, daß er auf einmal mit einem -t- am Ende geschrieben wird, denn - und so platt das jetzt auch klingen mag - es ist eben ein Name, einer aus einer anderen Sprachfamilie noch dazu, und deshalb wird er eben bestenfalls in meiner Sprache umschrieben wiedergegeben. Natürlich gibt es auch in unterschiedlichen Sprachen unterschiedliche Versionen und Schreibweisen eines Namens, wie z.B. bei Jacques und Jakob, Jean und Johann bzw. Johannes (den es auch als Johannis gibt - wenn ich nicht irre), Charles und Karl bzw. Carl usw. Die unterschiedlichen Schreibweisen machen aber eben auch die Verschiedenheit der Namen aus, also machen sie zu unterschiedlichen Namen.
Ein Freund von mir beispielsweise heißt Matthias. Schriebe ich ihn "Mattias", hörte man zwar da keinen Unterschied, aber es wäre dann eben ein anderer Name.
Ebenso Kathrin gegenüber Katrin.
Um auf meinen Namen zurückzukommen, so wird er im nahezu gesamten indoeuropäischen Sprachraum gleichgeschrieben.
(Und im Hebräischen wird David auch mit einem -t- am Ende geschrieben, soweit ich weiß; allerdings ist der Name in der Form, wie er hierzulande und im gesamten indoeuropäischen Sprachraum geläufig ist, meines Wissens nach aus der griechischen Form übernommen, die eben ein Delta, also ein -d-, am Ende hat.)
Also der langen Rede kurzer Sinn: David wird mit -d- am Ende geschrieben - und das aus gutem Grund.

Und jetzt zum Thunfisch:
Der Thunfisch heißt deswegen so, weil der Gattungsname dieses Tieres "Thunnus" ist. Im Deutschen heißt er auch "Thun". "Thunnus" wiederum leitet sich ab aus dem griechischen Wort (hier der Infinitiv) "thýnein", was "sich ungestüm/schnell bewegen, stürmen" bedeutet. Im Griechischen heißt der Fisch auch "ho thýnnos".
Hier kann ich das nur umschrieben wiedergeben, aber der Kundige weiß sofort, daß der Lautwert des griechischen Theta -th- ist. Demzufolge gehört es also zum Namen dieses Fisches, daß er eben in lateinischer Schrift mit einem -th- geschrieben wird.

Wo ist also das Problem?

Sollen wir in Zukunft also lieber "Dahwitt"/"Dahwieht" oder "Mattieass" schreiben, beziehungsweise "Kattriehn" oder "Kattrin", "Karrl", "Jaakopp" oder "Johanness" (womöglich noch mit Bindestrich zwecks besserer Lesbarkeit: "Jo-Hanness"), nur weil man das dann schreib- und lernschwachen Grundschülern besser beibringen könnte??

Nein, da bin ich dagegen!
Laßt dem Thunfisch seinen Namen!


eingetragen von Klaus Eicheler am 20.08.2004 um 22.36

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Werner Fahnenstich
... Tunfisch, Jogurt und Majonäse ...
Ja, Wörter verändern sich. Darf ich ein Bild als Antwort anbieten?

Ein mäandrierender Fluß verändert seinen Lauf, langsam aber stetig. Genau so verändern sich Schreibweisen, was man z. B. am Telephon/Telefon beobachten kann (übrigens schrieb die Süddeutsche Zeitung mit am längsten „Telephon“).

Hier geht es aber um das Festlegen einer Schreibung per Dekret. Um im Bild zu bleiben: Betonkanalisierung von Flußläufen – weil schnurgerade logischer ist.
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Klaus Eicheler


eingetragen von Detlef Lindenthal am 20.08.2004 um 19.38

Majo oder Majonese, wen juckt det.

1944 sollte es Fysik heißen und Frisör; erstere hat sich nicht durchgesetzt, letzerer zuweilen: die einschlägigen Geschäfte hier heißen Haargenau, Haareszeit und Frisör. Wenn sie irgendwann alle Frisör heißen, dann kommen wieder welche, die ihren Laden Friseur nennen. Das ist wie mit den breiten und den schmalen Krawatten und wie mit Ebbe und Flut und Tag und Nacht, sozusagen „naturidentischer“ Wechsel.

Aber wieso heißt das denn jetzt Ketschup; bekommen Kinder einen dicken Fehler spendiert, wenn sie Ketschap oder Ketschapp schreiben? Oder Kedschab? Die Lehrer machen doch vor, daß etliches (und daraus schlußzufolgern: alles) erlaubt ist, Hauptsache anders.
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Detlef Lindenthal


eingetragen von Werner Fahnenstich am 20.08.2004 um 19.23

Guten abend allerseits,

Während ich mich normalerweise, mangels ausreichender Grammatikkenntnisse, lesenderweise hier aufhalte, möchte ich heute auch einmal eine Frage loswerden.
Über die s-ss-ß-Problematik, die unsägliche Auseinanderschreibung von Substantiven und die Substantivierung von Adverbien sowie die Kommaregeln wird hier seit langem ausführlich und trefflich diskutiert. Ein Thema vermisse ich: Tunfisch, Jogurt und Majonäse (vielleicht gibt es noch ein paar mehr).
Meine Meinung: Während ich mit den erstgenannten Themen mit Ihnen einer Meinung bin, finde ich mich bei den letztgenannten ziemlich leidenschaftlos. Das paßt bestens zu dem inzwischen abgeschafften h bei Tür, Tor, Tat u.s.w. Dagegen gab es seinerzeit auch Opposition, aber wir haben uns daran gewöhnt wie an die erst kürzlich eingeführten Schreibweisen für Telefon, Foto... u.s.w.

Wie steht diese Runde dazu?

Gruß in ebendiese
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Werner Fahnenstich


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