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eingetragen von Sigmar Salzburg am 20.02.2016 um 06.42
Für Umberto Eco ist Büchersammeln ein Akt ökologischer Fürsorge: "Wir haben nicht nur die Wale, die Mönchsrobben und die Bären in den Abruzzen zu retten, sondern auch die Bücher." Wirkliche Leser möchten ihre Lieblingsbücher deshalb nicht nur lesen, sondern auch besitzen und zu Hause ins Regal stellen.
eingetragen von Sigmar Salzburg am 23.05.2007 um 06.19
Neue Rechtschreibung bei Nachrichtenagenturen
Hamburg (ots) - Die deutschsprachigen Nachrichtenagenturen AFP, AP, APA, Dow Jones, ddp, dpa, epd, KNA, Reuters und sid haben ihre Schreibweisen zur Umsetzung der Rechtschreibreform online gestellt. Auf der gemeinsamen Webseite http://www.die-nachrichtenagenturen.de steht seit Montag unter anderem eine Liste mit 1500 Variantenwörtern in der Agenturschreibweise. Die Agenturen werden sie von August an anwenden, wenn in Deutschland die Übergangsfrist für die Änderungen am amtlichen Regelwerk endet, die im vergangenen Jahr auf Vorschlag des Rats für deutsche Rechtschreibung beschlossen worden waren.
Die Zeit bis August ist für die Installation der Korrektursoftware nötig. Die Agenturen haben ihre Schreibentscheidungen in Zusammenarbeit mit den Wörterbuchverlagen Duden und Wahrig entwickelt, die auch Korrekturprogramme zur Umsetzung der Agenturschreibweisen anbieten. Die gemeinsame Webseite bietet neben den Wörterlisten auch Links zu den Agenturen und zum Rechtschreibrat sowie Erläuterungen zu den Variantenwörtern.
AFP, AP, APA, Dow Jones, ddp, dpa, epd, KNA, Reuters und sid schreiben vom August an gemäß dem amtlichen Regelwerk. Sie wollen aber nicht nur richtig, sondern im Interesse ihrer Medienkunden auch einheitlich schreiben. Das amtliche Regelwerk lässt - je nach Zählweise - bei etwa 2500 Wörtern unterschiedliche Schreibweisen wie «kennenlernen» und «kennen lernen» oder «Delphin» und «Delfin» zu. Diese Fälle machen etwa zwei Prozent der Wörter aus, die in den großen Wörterbüchern verzeichnet sind.
Aus diesen 2500 Wörtern haben die Agenturen 1500 ausgewählt, die das gesamte Spektrum abdecken. Weggelassen haben sie zum Beispiel verschiedene Formen desselben Grundworts (wer «selbstständig» schreibt, schreibt auch «unselbstständig» und «Scheinselbstständigkeit»). Bei jedem Variantenwort haben sich die Agenturen für jeweils eine Schreibweise entschieden. Dabei bauen sie auf den Empfehlungen auf, die die beiden Wörterbuchverlage Duden und Wahrig für die Variantenschreibung geben (Duden 1, 24. Auflage, Mannheim 2006; Wahrig «Ein Wort - eine Schreibung», Gütersloh 2006).
Im Interesse einer möglichst einheitlichen Schreibung in den Medien und den Schulen verwenden die Agenturen nur Schreibweisen, die vom amtlichen Regelwerk zugelassen werden. Ebenfalls im Sinne der Einheitlichkeit folgen die Agenturen der Sachkenntnis der Wörterbuchverlage Duden und Wahrig. Wo sie dieselbe Schreibweise empfehlen - das ist bei etwa zwei Dritteln der Variantenwörter der Fall - folgen die Agenturen dieser Empfehlung. Das gilt auch dort, wo die beiden Verlage Neuschreibungen gegenüber den Vor-Reform-Schreibweisen den Vorzug geben.
Wo Wahrig und Duden voneinander abweichende Empfehlungen geben, wählen die Agenturen ganz überwiegend die Vor-Reform-Schreibweise, weil dies von den Medienkunden in einer Befragung im Mai 2006 mit großer Mehrheit gewünscht wurde.
Daraus ergeben sich vor allem drei Konsequenzen. Die Eindeutschung von Fremdwörtern beschränkt sich auf Begriffe, die in den Alltagsgebrauch eingegangen sind («Biografie»). Sie erstreckt sich nicht auf wissenschaftliche Fachbegriffe («Photosynthese»). Die Agenturen nutzen bei Variantenwörtern weiter die Möglichkeit, Bedeutungsunterschiede durch Getrennt- und Zusammenschreibung sichtbar zu machen («sitzenbleiben» in der Schule, aber «sitzen bleiben» auf dem Stuhl). Die Agenturen verzichten auf Zusammenschreibungen, die es vor der Reform nicht gab («Kinder spielen lassen» wie auch «Beziehungen spielen lassen»).
Wo es der Regelhaftigkeit dient, wählen die Agenturen bei voneinander abweichenden Empfehlungen von Duden und Wahrig hin und wieder auch Neuschreibungen (zum Beispiel «konformgehen» in neuer Zusammenschreibung wegen der schon bisher geltenden Zusammenschreibung von «einiggehen»).
Die Agenturen verwenden in knapp 80 Prozent der Fälle Schreibweisen, die auch vor der Reform gültig waren. Zu den gut 20 Prozent Reformschreibweisen zählen vor allem eingedeutschte Fremdwörter («Biografie»), Wörter, bei denen die Vor-Reform-Schreibweise nicht mehr möglich ist («Freud'sche Fehlleistung»), und Wörter, deren Reformschreibweise von beiden Wörterbuchverlagen für sinnvoller erachtet wird («zurate ziehen»).
Die Schweizerische Depeschenagentur SDA hält sich im Unterschied zu den anderen deutschsprachigen Nachrichtenagenturen an den Grundsatz «Bei Varianten die herkömmliche Schreibweise» und wendet in einigen Fällen gemäß den Empfehlungen der Schweizer Orthographischen Konferenz (SOK) die neue Rechtschreibung nicht an.
Originaltext: dpa Deutsche Presse-Agentur GmbH Digitale Pressemappe: http://presseportal.de/story.htx?firmaid=8218 Pressemappe via RSS : feed://presseportal.de/rss/pm_8218.rss2
Pressekontakt: Rückfragen bitte an: dpa Deutsche Presse-Agentur GmbH Pressesprecher Justus Demmer presse@hbg.dpa.de
http://www.ad-hoc-news.de/Aktuelle-Nachrichten/de/11810887/Neue-Rechtschreibung-bei-Nachrichtenagenturen
21.05.2007
eingetragen von Sigmar Salzburg am 17.01.2007 um 16.04
Mittwoch, 17. Januar 2007
MEDIEN NEWS
Studie
Hälfte der Online-Redaktionen ohne Qualitätsrichtlinien
Textqualität mit grosser Bedeutung für Akzeptanz.
Die Bedeutung der Textqualität für die Akzeptanz einer Website bei den Usern wurde zwar inzwischen erkannt -- dennoch besteht Nachholbedarf hinsichtlich der Qualitätssicherungsprozesse innerhalb einer Online-Redaktion. Das Qualitätsmanagement wird in vielen Online-Redaktionen vernachlässigt. Das ist eines der Ergebnisse der Content Studie 2006/2 von aexea Integrierte Kommunikation und Contentmanager.de, die nun als Studienbericht vorliegen.
Über die Hälfte (52,2 Prozent) der Online-Redaktionen arbeiten ohne schriftlich fixierte Qualitätsrichtlinien. Damit wird auf ein wichtiges Instrument verzichtet, das eine gleichbleibend hohe Textqualität garantiert. Auch bei den Freigabeprozessen innerhalb der Online-Redaktionen besteht noch viel Raum zur Optimierung: 25,6 Prozent der Online-Redakteure geben ihren Artikel selbständig frei, ohne einen weiteren Kollegen oder den Chefredakteur zu Rate zu ziehen.
Überraschend ist das Ergebnis, wonach nur in 42,5 Prozent der Unternehmen bzw. Online-Redaktionen die Verwendung von alter und neuer Rechtschreibung verbindlich geregelt ist. Noch erstaunlicher, dass 57,9 Prozent der Befragten kein Hilfsmittel zur Umsetzung der neuen Rechtschreibung zur Verfügung steht. 285 Web-Verantwortliche bezogen im Rahmen der Studie Stellung.
[…]
http://www.persoenlich.com/news/show_news.cfm?newsid=65161
eingetragen von Sigmar Salzburg am 03.03.2006 um 17.10
Salzburger Nachrichten v. 3.3.2006
Wieder Änderung bei Rechtschreibung
03. März 2006 | 13:13
Bei der Rechtschreibreform gibt es wieder Änderungen. Österreich wird dem Beschluss der deutschen Kultusministerkonferenz folgen und ab dem kommenden Schuljahr Neuerungen in den Bereichen Getrennt- und Zusammenschreibung, Groß- und Kleinschreibung, Zeichensetzung und Worttrennung einführen. In einer mehrjährigen Übergangsfrist sollen an den Schulen aber beide Schreibweisen zulässig sein.
Die Änderungen betreffen allerdings nicht die großen Brocken der Reform: Das scharfe ß kommt weiter grundsätzlich nur mehr nach einem langen Vokal. Nach einem kurzen Selbstlaut heißt es weiterhin Kuss oder Fass, "daß" wird generell nur mehr "dass" geschrieben. Das Stammprinzip wird außerdem nach wie vor verstärkt betont (Stängel statt Stengel usw.).
Die Neuerungen betreffen vor allem Getrennt- und Zusammenschreibung bzw. Groß- und Kleinschreibung. Generell gilt: Es soll wieder mehr zusammengeschrieben werden - vor allem dann, wenn ein einheitlicher Wortakzent vorliegt wie "abwärtsfahren" oder "querlesen". Und: Bei feststehenden Begriffen wie "der Blaue Brief" oder "der Runde Tisch" soll wieder "dem allgemeinen Schreibgebrauch" gefolgt und groß geschrieben werden.
Vielfach existieren nun Wahlmöglichkeiten. In manchen Fällen gibt es eine Rückkehr zur alten Rechtschreibung, in anderen dagegen sogar eine von der Reform eigentlich unberührt gelassene Änderung der alten Schreibregeln.
Für die Schüler ändert sich vorerst nichts: Schon bisher waren jene Bereiche, für die jetzt Änderungen angekündigt wurden, von der Reform am 1. August 2005 ausgenommen. Bisher wurde "Toleranz geübt" und sowohl alte als auch neue Schreibweise war zulässig. Eine solche Frist soll auch in den kommenden Schuljahren gelten. Im Gespräch ist derzeit eine mindestens dreijährige Übergangszeit.
© SN/APA.
[Humanität oder schleichende Beibehaltung der Dummschreibung?]
eingetragen von Karsten Bolz am 16.11.2004 um 18.19
Zitat:"Dunkel ist mir seiner Rede Sinn." Wahrscheinlich fand der Autor des Artikels den Begriff "lingua universalis" so toll, daß er ihn unbedingt einbauen mußte, auch wenn der Satz damit vollkommen aus dem Zusammenhang gerissen ist und nichts aussagt.
"Es geht doch nur um den Anschluß der 'deutschen Sprache an die lingua universalis der Gebrauchsanweisungen, der Märkte und Börsen'."?
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Karsten Bolz
eingetragen von Monika Chinwuba am 16.11.2004 um 17.12
Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Fritz Koch
"Es geht doch nur um den Anschluß der 'deutschen Sprache an die lingua universalis der Gebrauchsanweisungen, der Märkte und Börsen'."?
Offensichtlich ist gemeint, daß die KI es bis heute nicht geschafft hat, korrekte Übersetzungsprogramme herzustellen.
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Monika Chinwuba
eingetragen von Fritz Koch am 16.11.2004 um 16.55
"Es geht doch nur um den Anschluß der 'deutschen Sprache an die lingua universalis der Gebrauchsanweisungen, der Märkte und Börsen'."?
Ist Englisch gemeint?
Sollen Gebrauchsanweisungen in Englisch geschrieben werden, weil das Reform-Schriftdeutsch dafür nicht mehr taugt?
eingetragen von Fritz Koch am 14.11.2004 um 09.41
immer vor den Folgen von Bürgerbegehren für die Planungssicherheit in der Stadt gewarnt." (Südd. Zeitg. v. 13./14.11.04, München)
Verallgemeinert: Die Bürger stören nur beim Regieren.
War das nicht das Merkmal des "Absolutismus" als Regierungsform?
eingetragen von Fritz Koch am 13.11.2004 um 11.01
muß auch ein Grund dafür sein, daß die gotischen Kirchen in Frankreich zunächst nach dem Prinzip "Versuch und Irrtum" gebaut wurden und viele einstürzten. (Als der gotische Baustil später nach Deutschland kam, konnten schon die Erfahrungen und Vorbilder aus Frankreich benutzt werden.)
eingetragen von Theodor Ickler am 13.11.2004 um 05.43
Die Inder waren schon immer besonders gescheit. Das zeigt sich glänzend an ihrer Grammatik.
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Th. Ickler
eingetragen von Rolf Genzmann am 12.11.2004 um 22.28
Now thou art an 0 without a figure ... , sagt der Narr zu King Lear.
Leonardo von Pisa 1180 bis 1250, genannt Fibonacci, war der erste im Abendland, der das indische Rechnen im wirklichen, täglichen Leben des Kaufmanns lehrte, Liber abaci 1202.
Als die Null damit ernsthaft ins Abendland einwandern wollte, da wurde sie zuerst einmal verboten: Florenz verbot die Null und zugleich auch die mit der Null einwandernden indisch-arabischen Ziffern im Jahre 1299 bei Strafe von 20 Solidus. Ebenso verfuhr man in Venedig:
„Man verwendet einzig und allein die alten Zahlzeichen, weil man sie nicht so leicht fälschen kann wie jene der neuen Rechenkunst, bei der man mit Leichtigkeit aus einem Zahlzeichen ein anderes machen kann, wie man aus der Null eine 6 oder 9 machen und ähnlich viele andere fälschen könnte.“ - Frankfurt verbietet die Ziffern im Jahre 1494 seinen Schreibern. Antwerpen verbietet sie noch um ca.1500. Und Adam Riese lehrt in seinem Rechenbuch von 1550 beide Verfahren: auf den Linihen und Feder. Feder meint die indische Rechenweise,
Linihen meint das alte Rechnen am Rechentisch, am Abacus.
Eine 0 gab es am Rechentisch nicht, man ließ die Spalte einfach leer. Die Leerheit der Spalte bildete allein schon das „Nichts“ geradezu vollkommen ab, jahrhundertelang, jahrtausendelang bei allen Völkern.
Das neue Rechnen mit der „Feder“ aber verlangte, die folgende Denkschwierigkeit zu überbrücken:
„Die Null ist ein Zeichen, das dasein muß, um auszusagen, daß nichts da ist.“ (Menninger).
Griechen, Römer und abendländische Mönche überwanden diese Denkschwierigkeit nicht.
Ein Denkstein an der Frauenkirche in München hat M.DCZ4 (=1624) - eine Mischform aus römischen Ziffern, dem Buchstaben Z - wohl für Zwanzig - und der arabischen Ziffer 4.
Keller noch beschreibt im Grünen Heinrich, wie Frau Margret rechnet. Mit der „Feder“
konnte sie nicht.
Wenn Arabien die indischen Ziffern ab etwa 800 hatte, dann vergingen mindestens 1000 Jahre, bis das heute übliche Stellenwertsystem langsam entstand und nach und nach in den Schulen für Kinder in Ansätzen halbwegs verständlich lehrbar wurde.
Dieses unser im Kopf automatisiertes System zur Basis 10 scheint recht optimal, weil es zufällig passend neun bedeutliche Figuren und zusätzlich eine „Ziffer“, lat. cifra aus arabisch as-sifr = „die Leere“, besitzt.
Indes zeigt die Rechnung mit den Uhrzeiten, mit Stunden, Minuten und Sekunden, wie es auch noch wesentlich anderes geben kann.
Ich übe gerade ein nichtprofanes Stellenwertverfahren mit zehn Ziffern, aber zur Basis 7.
Da gibt es also 10 = 7, oder auch 207 = 210 = 180 = 177, einfache Stellenbereinigungen.
Zu diesen nichtprofanen Werten kann man an den Haaren herbeiziehen die Rechnungen
207 Johann Wolfgang Goethe und 177 William Shakespeare. Einige Dichter dürften von einem solchen Siebenerverfahren Gebrauch gemacht haben, glaube ich, herausgefunden zu haben. Ein paar Ergebnisse findet man bei (www.rgenzmann.de).
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Rolf Genzmann
eingetragen von Georg Zemanek am 12.11.2004 um 12.38
Bei den Griechen war 1 keine Zahl, sondern die Einheit, die Zahlen waren die Vielfachen davon, also ab 2. Die Bruchzahlen hatten eigenen Status. Die Unbekannte in Rechenaufgaben hieß Arithmos, wenn es um eine Zahl, Dynamis wenn es um eine Fläche ging (wir schreiben heute x²), Kubus, wenn es um Volumen ging (x³). Die vierte Dimension war in Rechenaufgaben als Dynamodynamis, die fünfte als Dynamokubus durchaus behandelbar, aber die Übergänge waren mühsam und mußten argumentativ bewerkstelligt werden. Unser modernes Formelsystem ist erst etwa 1600 (Vietà) fertiggestellt.
Im Vergleich dazu lernen die Schüler heute bereits extrem abstrahierte Begriffe wie 0, negative Zahlen (die Griechen hatten vermutlich kein Thermometer als Metapher). Die Null kommt um 800 in der arabischen Welt auf, wo sie aus Übersetzungen mesopotamischer und indischer Rechenaufgaben bekannt geworden sein dürfte. Winkelgrade kennen die Griechen nicht, sie geben vielmehr das Seitenverhältnis eines passenden rechtwinkligen Dreiecks an, dessen Winkel dann der gemeinte Winkel sei. So werden in griechischer und römischer Zeit etwa auch die Neigungswinkel für Reisesonnenuhren an verschiedenen Orten des Mittelmeerraums angegeben.
Die Zeit gibt man bestenfalls in Teilen eines Tages oder in ganzen Stunden an. Gradeinteilung, Minuten-, Sekundeneinteilung sind im allgemeinen unbekannt.
Zählen und Vergleichen sind die hauptsächlichen Operationen, Dividieren gilt im Mittelalter als promotionsfähige Fertigkeit.
Der Taschenrechner und moderne Pädagogik verhelfen den heutigen Schülern langsam wieder, mittelalterliche Zustände zu erreichen. In den neuesten Bildungsplänen ist das Thema Primzahlen mit Stern versehen: fakultativ!
eingetragen von Fritz Koch am 11.11.2004 um 22.36
braucht man nicht nur im Zehnersystem, sondern auch im Zweier-, Achter-, Sechzehnersystem und denkbaren weiteren.
Man kann auch ohne Null und Stellenschreibweise rechnen, aber viel mühsamer.
eingetragen von Rolf Genzmann am 11.11.2004 um 17.31
Rechnen gibt es nicht mehr in der Schule. Es wurde abgeschafft.
Seit 1972 redet man im ersten Schuljahr von „Mathematik“, ebenso im Kindergarten.
Auch gab es früher mal Rechenhefte mit Rechenkästchen, die heißen jetzt aber Mathematikhefte, und in denen befinden sich Mathematikkästchen.
Die Kinder üben auch nicht mehr das Schreiben von Ziffern in die Rechenkästchen, nein,
es läuft an „ein graphomotorisches Training im linienumgrenzten Raum“.
Apropos Stellenwertsystem:
Wenn man es „mathematisch“ ganz eng sieht, dann gibt es das „Zehnersystem“ frühestens nach der Einwanderung der Null aus Indien über Arabien ins Abendland und seit der Erfindung der Potenzrechnung, etwa ab Cartesius. 1000 = 10 hoch drei; 100 = 10 Quadrat, das weiß jeder, aber 10 = zehn hoch 1, - das kannten selbst die Griechen nicht -, und 1 = 10 hoch null - Teufel auch, wie geht das denn? -, und 10 hoch null ist 1; - das wären also die Tausender, die Hunderter, die Zehner und die Einer, schon verständlicher, aber wirklich verstanden? 10 hoch null soll 1 sein, aber 3 hoch null soll auch 1 sein, da stimmt doch was nicht oder doch? Wie steht es dann bei 10 hoch minus 1, aha 1 Zehntel, und 10 hoch 0 war 1, aber jetzt: 10 hoch minus 0? Oder umgedreht: minus 0 hoch minus 10, wer weiß es, gibt’s das überhaupt? Na ja, 2 hoch 1 ist 2, sagt Bill Gates’ Rechenknecht Excel, 2 hoch minus 1 soll 0,5 sein, 0 hoch 0 aber mag er überhaupt nicht, 0 hoch 1 kennt er gut = 0, aber 0 hoch minus 1 will er auch nicht.
Bis zur französischen Revolution herrschte der Münzfuß Karls des Großen in Frankreich, in England herrschte er noch 200 Jahre länger, fast bis heute. 1 Pfund - 20 Shilling - 12 Pence;
1 Livre - 20 Sou - 12 denier. Man sieht, das reine Zehnersystem ist eine späte Frucht, womöglich erst ab ca. 1867 in Preußen eingeführt. - Trotzdem konnten Babylonier, Ägypter, Griechen und Römer und alle schon rechnen, ohne Null und ohne Stellenwertschrift.
Die römischen Zahlen auf den Denkmälern beweisen beides: Es gab keine Stellenwertschrift, trotzdem konnte man rechnen.
Heute sieht es so aus: „Wir sprechen deutsch, wir schreiben römisch und wir rechnen - indisch!“ - Menninger, Zahlwort und Ziffer, S. 66.
Rechnen ist also viel komplizierter, als man oft leichthin meint.
Menninger: „Sollte man nicht vom grünen Tisch her meinen, der Menschengeist habe, als er sich um das Festhalten von Begriffen bemühte, die Schrift für Wort und Zahl z u g l e i c h
erfunden, ‚sieben’ und ‚7’? Aber das geschah nicht, nicht in unserem abendländischen Kulturkreis, ja es geschah nirgends in der Welt.“
Sehr wichtig in einem sinnvollen Anfangsrechenunterricht wären die Bezeichnungen für die
möglichen Rechenhandlungen, für die Operationen in den Grundrechenarten, in deutscher Sprache, also eine Begriffsbildung auf dem Boden der Muttersprache.
Dividieren und „geteilt durch“ sind keine sinndarstellenden Sprechweisen, noch weniger sinnvoll sind lateinische Komparative wie „plus“ und „minus“, mit deren Verwendung die kleinen Kinder zu nachplappernden Automaten abgerichtet werden. Die Folgen der Abrichtung: Heute lernen die Kinder im ersten Schuljahr nur 4 Prozent des vor der
„Mathematikreform“ einmal möglichen Rechenstoffes. Dazu vergleiche man etwa ein beliebiges „Mathematikbuch Klasse 1“ von heute mit dem alten Rechenbuch „Neues Rechnen 1“ von vor 1972 aus dem Klett-Verlag.
96 % des möglichen Rechenstoffes im ersten Schuljahr werden nicht gelernt, das nennen die
modernen Lehrpläne dann auch noch hochtrabend Mathematik.
Rechnen, etwas ordentlich machen, richtig machen, richtig denken, - das ist steng verboten.
Dafür hat man Mathematikkästchen, Plapperplapper plus, Plapperplapper minus und
graphomotorisches Training im linienumgrenzten Raum.
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Rolf Genzmann
eingetragen von Georg Zemanek am 11.11.2004 um 15.22
ist kein Problem. Es gibt einzelne Fälle, in denen Analphabeten phänomenale numerische Einzelleistungen nachgesagt wurden. Die Fähigkeit, mehrstellige Primzahlen zu nennen, scheint bei einem Paar autistischer Zwillinge so ausgeprägt gewesen zu sein, daß sie dies bis in den achtstelligen Bereich beherrschten. Aber andere Matematik war ihnen fremd.
Von anderen Phänomenen wird berichtet, daß sie im Kopf vielstellige Rechenoperationen tätigen konnten, obwohl ihre sonstige Intelligenz sogar für die Sonderschule ein Problem war.
Rechnen können ist selbst keine einschichtige Tätigkeit. Man muß die Zahlen und Zwischenergebnisse organisieren, durch geeigneten Rechengang die Schritte vereinfachen und üben, üben, üben...
Forscher wollen jetzt herausgefunden haben, daß Rechenkünstler bei der Durchführung von Rechenaufgaben auch das Langzeitgedächtnis einsetzen. Kann ich nur sagen: ja wo sonst sollen denn die (bereits bekannten) Zwischenergebnisse im Kopf gespeichert sein? Der normale Mensch speichert das Einmaleins bis 10x10, ich kann's so etwa bis 25x25, dann wird's bei mir lückenhaft, und Schnellrechner haben eben Kapazität bis noch viel weiter hinaus. Die Ergebnisse, die ich parat habe, sind irgendwie visuell und akustisch verfügbar, bei Zahlen kann ich das ganz schlecht identifizieren. Aber der Sound der Zahlwörter hilft schon beim Merken von Zwischenergebnissen.
Ich bin ein visueller Typ, kann mir Zwischenergebnisse optisch merken, was selbstverständlich Zahlenschreibweise voraussetzt. Aber ich kann mir vorstellen, daß auch die Augen eines Dominospiels (gibt es von 0 bis 9!) als Repräsentanten für Zahlen herhalten können. Ist das dann eine Ziffernschrift?
Ein auditiver Mensch kann mit Sicherheit hohe Kunstfertigkeit in auch komplizierten Rechenoperationen erlangen, ohne schreiben zu müssen. Solche Menschen haben vielleicht einen Akustikspeicher, in dem sie Zwischenergebnisse ablegen können. So können sie häufig auftretende Ziwschenergebnisse auch ins Langzeitgedächtnis transferieren, denn vermutlich ist es dort egal, ob das Original ein Bild (Schrift) oder ein Klang war.
Und zur Prinzipfrage: Wenn ich nicht einmal einstellige Zahlen im Kopf addieren kann, dann muß ich ja sogar zum Addieren zweier Ziffern einer mehrstelligen Addition die Finger zu Hilfe nehmen.
Zum Abschluß: keiner der Schnellrechner ist in der Lage, schnell einmal die Schrödinger-Gleichung (Atomphysik) zu lösen oder ein quantenmechanisches Problem mal eben so nachzurechnen. Pures Rechnenkönnen ist eben noch lange nicht Mathe.
eingetragen von Fritz Koch am 10.11.2004 um 13.50
oder ist es umgekehrt?
eingetragen von 1 am 09.11.2004 um 19.25
FAZ-Leserbrief auf dem Nachrichtenbrett
eingetragen von Detlef Lindenthal am 09.11.2004 um 19.14
Die Sprechsprache ist feiner abgestuft und reicher als die Schriftsprache (welche wiederum andere Vorzüge hat, siehe Märchenbuch, Wörterbuch, Fachbuch, ...). Wenn das Denken erst in der 1. Klasse begänne, wäre das freilich arg pisa. Doch so, ohne Lesen kein Denken, kann der Beitrag von Frau Pfeiffer-Stolz nicht gemeint gewesen sein. Umgekehrt bekommt er Gültigkeit: Vielfältiges Lesen bildet, und es fördert durch die immer möglichen Nachdenkpausen die Vernetzung der Denkinhalte.
Wobei sie nicht wissen müssen, wie eine Null aussieht. Die Stellenwertigkeit kann auch mit Sprache dargestellt werden; wenngleich ich zugebe, daß die Ziffern- und Stellenschreibweise sehr klar und einleuchtend ist. Doch ersetzt nach meiner Erfahrung die Zifferndarstellung nicht die sprachliche Befassung mit Zahlen, zumal bei vielen Kindern das Haupt-Kurzzeitgedächtnis über den Sprachklang arbeitet.
Fritz Koch schrieb:
... können Kinder erst systematisch rechnen lernen, wenn sie die Stellenschreibweise mit Einern, Zehnern, Hundertern usw. beherrschen.)
Übrigens, über die Bedeutung der Sprachsprache für die Wortbildung und Grammatik habe ich den allerersten Sachbeitrag dieses Forums geschrieben; jetzt, nach dreieinhalb Jahren, wäre es doch schön, wenn diese Bedeutung mal untermauert und gemeinsam erörtert werden könnte.
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Detlef Lindenthal
eingetragen von Fritz Koch am 09.11.2004 um 18.48
Unter dieser Überschrift schreibt Erhard Eppler in der Südd. Zeitg. v. 9.11.04 auf Seite 2, Themen des Tages, Außenansicht, über die Notwendigkeit von Volksentscheiden.
eingetragen von Fritz Koch am 09.11.2004 um 16.24
Nach meiner Erfahrung können 4jährige Kinder ähnlich klingende Wörter schon sehr gut unterscheiden, obwohl sie die unterscheidenden Buchstaben nicht schreiben können. Sie können aber das ganze Alphabet lautlich abspeichern und begreifen, daß es für jeden Laut einen Buchstaben (oder eine Buchstabengruppe) gibt, die sie nur noch nicht lesen und schreiben können. Auch die Grammatik können sie schon soweit lernen, wie sie sie brauchen: Die Beugung der Tätigkeitswörter und der Hauptwörter, die regelmäßige Vergangenheitsbildung und die durch Ablaut, das Perfekt mit haben oder sein und die Bildung von Haupt- und Nebensatzgefügen. Sie können sehr gut Gedichte und Lieder lernen und vortragen. Es ist vergleichbar mit der altgriechischen Dichtung, die 800 Jahre lang vor Homer nur mündlich mit Hilfe von 'Formeln' weitergegeben wurde, bis endlich ein für diese Sprache geeignetes Alphabet entwickelt war. (Ausgenommen der vor der Verschriftung vorhanden gewesene w-Laut, den es in der altgriechischen Schrift nicht gibt, aber wieder in der neugriechischen.) Denn die Linear-B-Schrift war für längere Texte nicht geeignet. Quelle: Joachim Latacz, Troja und Homer, 'Wie ist die Troja-Geschichte zu Homer gelangt?' Auch die altindische Hochkultur hat sich lange vor der Verschriftung entwickelt aus einer alten indo-iranischen Sprache, die ein Zweig der vor 5000 Jahren gemeinsamen indogermanischen Sprache war.
(Aber in der Mathematik, wo man auf Schriftlichkeit angewiesen ist, kam der große Durchbruch erst mit der altindischen Erfindung der Null und der Stellenschreibweise. Deswegen können Kinder erst systematisch rechnen lernen, wenn sie die Stellenschreibweise mit Einern, Zehnern, Hundertern usw. beherrschen.)
eingetragen von Detlef Lindenthal am 09.11.2004 um 03.38
Zitat:Einige Anmerkungen stichwortartig:
Ursprünglich eingetragen von Karin Pfeiffer-Stolz
In dem Buch „Der Verlust der Sprachkultur“ von Barry Sanders (S. Fischer Verlag) erfahren wir viel darüber, wie notwendig Sprache ist für das abstrakte Denken. „Für Kinder mit gestörter Sprachentwicklung sind ... räumliche Beziehungen verwirrend. Das heißt, sie haben nicht teil an der reziproken Beziehung zwischen dem, was draußen vor ihnen ist, und dem, was in ihnen ist.“ (s. 100)
Sprechen ist die Voraussetzung für Schreiben. Wenn Kinder nicht genügend im Sprechen geübt sind (Fernsehen etc.), wird es für sie sehr schwierig, das Lesen und Schreiben zu erlernen.
Aber so wie Wörter erst dann zu existieren beginnen, „wenn der gesamte Bestand an gesprochenen Lauten auch niedergeschrieben werden kann“, so beginnt das abstrakte Denken erst mit der Alphabetisierung. Das Wort entsteht durch Lesen, das begriffliche, reflexiv-kritische Denken ebenfalls. Der Rückgang der Literalität sollte uns erschrecken und warnen vor den möglichen Folgen, die wohl keiner der eifrigen Pädagogik-, Gesellschafts- und Sprachreformer je bedacht zu haben scheint.
Lesen und Schreiben sind für viele Kinder wesentliche Austauschmittel und Quellen der Persönlichkeitsbildung; für wesentlicher noch halte ich das Gespräch und das Spiel.
Es gibt wichtige „Sprach“bereiche, die vom Schreibmaschinen-Abc nicht erfaßt werden; so die Dur- und Molltonleitern, die innere Folgung von Akkordkadenzen, die Folge- und Spannungsbögen in einem Musikstück, die Anmut und Eingängigkeit eines Liedes. Auch Analphabeten können großartige Musiker sein. Und auch blinde Nichtleser können wesentliche Denker sein.
Ein weiterer „Sprach“- und Intelligenzbereich, der von Sprache kaum erreicht wird, sind die Freuden, Regungen, Empfindungen und Herzenswünsche eines Menschen – diese „Sprache des Herzens“ ist für ein Menschenleben ungleich einflußreicher als sein abstraktes Denken.
Es geht mir also darum, daß Kinder ganzheitlich ausgebildet werden und in ihrer Gemütsstärke nicht verkümmern.
Wesentlicher Gegenspieler in unserer Zeit sind mit Sicherheit die Reizüberflutung, die Ausbeutung und Vermarktung der menschlichen Sinnenwelt; wie es auch Langeweile, Zielmangel und Sinnleere sein können. Menschliche Zusprache, Einbindung und Geborgenheit, wie Familie, Dorf und Verein usw. sie geben, halte ich für wichtig; im Gegensatz zu den Instantmedien lassen sie dem Kind sein eigenes Zeitmaß und Aufmerksamkeitsraster.
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Detlef Lindenthal
eingetragen von Christian Dörner am 02.11.2004 um 23.03
Auch der aktuelle Fernsehwerbespot der »Computer Bild« ist auf die bewährte Orthographie umgestellt worden.
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Christian Dörner
eingetragen von Karin Pfeiffer-Stolz am 02.11.2004 um 19.57
In dem Buch „Der Verlust der Sprachkultur“ von Barry Sanders (S. Fischer Verlag) erfahren wir viel darüber, wie notwendig Sprache ist für das abstrakte Denken. „Für Kinder mit gestörter Sprachentwicklung sind ... räumliche Beziehungen verwirrend. Das heißt, sie haben nicht teil an der reziproken Beziehung zwischen dem, was draußen vor ihnen ist, und dem, was in ihnen ist.“ (s. 100)
Sprechen ist die Voraussetzung für Schreiben. Wenn Kinder nicht genügend im Sprechen geübt sind (Fernsehen etc.), wird es für sie sehr schwierig, das Lesen und Schreiben zu erlernen.
Aber so wie Wörter erst dann zu existieren beginnen, „wenn der gesamte Bestand an gesprochenen Lauten auch niedergeschrieben werden kann“, so beginnt das abstrakte Denken erst mit der Alphabetisierung. Das Wort entsteht durch Lesen, das begriffliche, reflexiv-kritische Denken ebenfalls. Der Rückgang der Literalität sollte uns erschrecken und warnen vor den möglichen Folgen, die wohl keiner der eifrigen Pädagogik-, Gesellschafts- und Sprachreformer je bedacht zu haben scheint.
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Karin Pfeiffer-Stolz
eingetragen von Matthias Dräger am 02.11.2004 um 19.30
Wie sieht es eigentlich mit der Umstellung bei Springer aus - erscheinen die Zeitschriften auch schon wieder in der bewährten Rechtschreibung? Die Frage kam während eines Gespräches am Wochende auf. Eine Sichtung entsprechender Zeitschriften aus dem Hause Springer aus der aktuellen Zeitschriftenauslage des nächstliegenden Supermarktes ergab heute abend folgendes Bild:
Noch nicht umgestellt (Schlechtschrieb):
Hörzu (Nr. 45 / 29. Oktober 2004
Bild der Frau (Nr. 45 /30. Oktober 2004)
BildWoche (Nr. 45 / 28. Oktober 2004)
SportBild (Nr. 44 /27. Oktober 2004)
Bild Audio Video Foto (Nr. 12 / November 2004)
Umgestellt auf die bewährte Rechtschreibung ist dagegen bereits die ganze Palette der Bild Auto-Zeitschriften:
Auto Bild - (Nr. 44 / 29. Oktober 2004)
Auto Bild - Automarkt (Nr. 23 / 29. Oktober 2004)
Auto Bild - test & tuning (Nr. 11 / November 2004)
Auto Bild - motor sport (Nr. 19 / 8. September 2004)
Auto Bild - alles allrad (Nr. 11 / November 2004)
und die stapelweise ausliegenden Zeitschriften:
Computer Bild (Nr. 23 / ab 1. November 2004)
Computer Bild Spiele (Nr. 12 / 2004)
In den beiden letztgenannten Zeitschriften finden sich Editorals zur Umstellung auf die klassische Rechtschreibung:
Computer Bild Spiele informiert:
Mit diesem Heft wird COMPUTER BILD SPIELE fünf Jahre jung. Als Dankeschön für Ihre Treue als Leser gibt es im DVD-Heft nicht nur brandaktuelle Infos und Tests, sondern gleich 8 Vollversionen, 12 Demos und als Geburtstags-Überraschung ein kompletter Spielfilm: „Ricochet - der Aufprall“ mit Oscar-Preisträger Denzel Washington. Abspielbar auf jedem Video-DVD-Player oder auch mit Ihrem PC (wenn ein Abspielprogamm installiert ist). Mit diesem Heft kehrt COMPUTER BILD SPIELE wieder zur klassischen Rechtschreibung zurück - wie alle anderen Zeitungen und Zeitschriften der Axel Springer AG auch. Ziel dieser Maßnahme ist die Wiederherstellung einer einheitlichen deutschen Rechtschreibung.
Frank Surholt,
Chefredakteur
COMPUTERBILD informiert:
Ab dieser Ausgabe erscheint COMPUTERBILD wieder in der alten Rechtschreibung. Sie fragen sich, warum? Weil die neue Rechtschreibung unsinnige Schreibweisen zur Pflicht machen will, denen sich die Axel Springer AG, der „Spiegel“ und die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ verweigern. Einige Beispiele der „Schlechtschreibreform“: Keiner wünscht sich (hoffentlich) ein frisch gebackenes Ehepaar (neue Rechtschreibung), aber wir gratulieren gerne einem frischgebackenen Ehepaar (alte Rechtschreibung). Auch sollte die deutsche Sprache zwischen einem Schüler, der sitzen bleibt, und einem, der sitzenbleibt, unterscheiden. Oder zwischen einem allein Stehenden und einem Alleinstehenden. Die neue Rechtschreibung hat gute Ansätze, ist aber nicht ausgereift. Der „Rat für deutsche Rechtschreibung“ hat nun die undankbare Aufgabe, die Schnellschußreform zu korrigieren. COMPUTERBILD erhielt 2001 den „Initiativpreis Deutsche Sprache“ und kämpft schon deshalb dafür, daß unser Kulturgut modernisiert, aber nicht sinnentstellt wird. Damit wieder alle dieselbe Sprache schreiben.
Harald Kuppek,
Chefredakteur
eingetragen von margel am 02.11.2004 um 18.57
In den 50er Jahren, schon in der Mittelschule, vertrat manchmal der Rektor einen Lehrer. Er machte mit uns hin und wieder ein Wett-Rechtschreiben an der Tafel. Sieger war, wer es am längsten ohne Fehler schaffte. Da ich schon immer viel gelesen hatte, war ich ziemlich sicher in Orthographie. In Erinnerung ist mir noch, das Wort "brenzlig" richtig geschrieben zu haben. - Ich denke, heute fehlt es vor allem am Üben, besonders in der Unter- und Mittelstufe. Als Lehrer an einer Berufsfachschule für Realschulabsolventen konnte ich über die Jahrzehnte hin beobachten, daß vor allem im sog. bürgerlichen Rechnen (Prozentrechnen, Dreisatz) die mitgebrachten Fähigkeiten rapide nachließen. Allerdings in sehr verschiedenem Maße, auch abhängig von der jeweiligen abgebenden Schule. (Eine rühmliche Ausnahme bildete z.B. eine von Nonnen betriebene Schule...). Auch wenn es ans chemische Rechnen (Stöchiometrie) ging, blieb z.B. das "Mol" manchen Schülern ein Buch mit sieben Siegeln, allen Bemühungen der Veranschaulichung zum Trotz. Allgemein ist wohl eine verminderte Fähigkeit zum begrifflichen Denken festzustellen.
eingetragen von Theodor Ickler am 02.11.2004 um 18.05
Kinder wollen mit drei bis vier Jahren schreiben, weil sie mit Recht etwas Magisches darin sehen. (Lesen tun sie schon früher, wobei natürlich das Konfabulierte keineswegs wirklich dasteht.) Und dann das Geschriebene den Erwachsenen zum Lesen vorlegen und sich daran freuen, wenn es wirklich klappt. Es gibt Kindergärten, die größten Wert darauf legen, den Kindern das Schreiben NICHT beizubringen (um der Schule nicht vorzugreifen!). Das ist ein schweres Verbrechen: vorsätzliches Bremsen des Bildungstriebes bei Unmündigen, Wehrlosen. Mit drei also schreiben die Kinder, dann werden sie jahrelang gewaltsam davon ferngehalten, und dann lernen sie es mühsam mit sechs oder sieben wieder. Eine der vielen Verkorkstheiten des deutschen Bildungswesens. (Ich spreche aus der Erfahrung eines Vaters von drei Mädchen.)
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Th. Ickler
eingetragen von Elke Philburn am 02.11.2004 um 17.01
Ich habe auch immer gern Diktate geschrieben. Das war eine meiner Lieblingsübungen im Deutschunterricht überhaupt. Die Fähigkeit, gleichzeitig zuzuhören und mitzuschreiben, erweist sich schon in den höheren Klassenstufen als ein großer Vorteil, ganz zu schweigen von den Vorlesungs- und Seminarmitschriften im Studium. Ich frage mich manchmal, welche Auswirkungen das fast ausschließliche Schreiben auf der Tastatur hat. Wenn ich mir ansehe, wie "schön" ich noch vor zwölf Jahren geschrieben habe - dazu fehlte mir heute die Geduld. Meist "krakele" ich nur noch - Hauptsache es ist lesbar.
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http://www.vrs-ev.de/
eingetragen von J.-M. Wagner am 02.11.2004 um 15.55
Zitat:Wie wäre es mit Beitrag + Kommentar(e)?
Ursprünglich eingetragen von J.-M. Wagner
Oh, ich habe es gefunden: Alles klärt sich, wenn man auf ganzen Faden (unten links in der Ecke) klickt. Diese Benennung (ganzen Faden) ist nicht selbsterklärend und sollte geändert werden; ich habe aber noch keinen Vorschlag, wie man es statt dessen nennen könnte.
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Jan-Martin Wagner
eingetragen von Karin Pfeiffer-Stolz am 02.11.2004 um 15.52
Kinder schreiben sogar sehr gern Diktate! Lieber als Aufsätze! Ich habe das selbst in den Zeiten festgestellt, als ich noch im Schuldienst war. Wenn ein Erfolgserlebnis winkt, sind sie ganz wild aufs Diktateschreiben. Ich habe in der Grundschule wöchentlich mehrere kleine Diktate geschrieben, allesamt sehr kurz, mit gut geübtem Wortmaterial. Es hagelte Einsen – klar, das war beabsichtigt. Es gab kein einziges Kind in der Klasse, das man als „Legastheniker“ hätte bezeichnen können, obwohl der Einzugsbereich nicht gerade exzellent war: viele benachteiligte Familien, Ausländer.
In der Hauptschule habe ich die Erfahrung gemacht, daß die Schüler bis in die höheren Klassen hinauf ebenfalls gern Diktate schreiben. Ich habe dort die 5-Minuten-Diktate erfunden, um „verkorkste“ Schülerkarrieren zu retten. Ich behaupte heute, daß sie alle bei mir gut schreiben gelernt haben. Und keiner hat sich je über Diktate oder das Schreiben als solches beschwert.
Das regelmäßige Üben von überschaubaren Lerngegenständen ist für Kinder wichtiger als ständiges Hüpfen von einem Thema zum nächsten. Der vermeintliche Zeitverlust durch das Üben entpuppt sich schon bald als großer Vorteil: Die Lernmotivation ist hoch, Gelerntes wird auf andere Bereiche übertragen. Wir können eben nur beispielhaft lernen, und die Aufgabe, sich zu beschränken, ist heute wichtiger denn je, wird aber weniger denn je realisiert.
Zur Lesbarkeit: Da hat vor einigen Jahren eine „Schriftreform“ großes Unheil angerichtet. Die sogenannte Vereinfachte Ausgangsschrift (VA) wurde verordnet, der zweite Schritt wieder einmal vor dem ersten getan: Wer die VA kennt, weiß, welch schrecklich häßlichen, ausgeleierten, angeblich vereinfachten, aber schwer lesbaren (!) Buchstabenbrei sie erzeugt. Man wollte wohl die kindliche Schrift schnell ad acta legen: jedem sein eigenes, individuelles Gekritzel. Schönes, und damit lesbares Schreiben wird, wie eben auch das richtige Schreiben, unmodern. Ich ärgere mich oft über die Lehrerschriften, die mir auf Bestellungen und Adreßbögen zugemutet werden. Man staunt schon, daß so etwas überhaupt möglich ist: Ein Lehrer der schmiert! Wie oft kann ich Kataloganforderungen aus dem Grund nicht bearbeiten, weil ich schlicht und einfach Name, Straße oder Ort des Absenders nicht entziffern kann!
Und da soll das Abendland nicht doch irgendwann untergehen??
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Karin Pfeiffer-Stolz
eingetragen von Matthias Dräger am 02.11.2004 um 13.52
Diktate bildeten Mitte der 60iger Jahre einen festen Bestandteil des Deutschunterrichtes, zumindestens noch in den ersten Klassen des Gymnasiums.
Neben der Konzentrationsfähigkeit wird dabei auch das Tempo geübt: Nur beim Diktat muß der Schüler eine bestimmte (Mindest-)Geschwindigkeit beim Schreiben erreichen, sonst fällt er, weil er zu häufig nachfragen muß, dumm auf.
Meiner Ansicht nach sollte man nicht nur auf richtige Rechtschreibung achten (das ist mit der Rechtschreibreform derzeit nur bedingt möglich), sondern auch darauf, daß die Schüler schön, also gut lesbar schreiben.
eingetragen von Theodor Ickler am 02.11.2004 um 13.32
Die ganze Rechtschreibreform zielt offensichtlich auf den nach Diktat schreibenden Menschen. "Verschriftung des Gehörten" ist ihr unausgesprochenes Ideal.
Das geht so weit, daß die Silbentrennung bei Fremdwörtern "Erleichterungen" für die Sekretärin vorsieht, die den diktierten Text nicht einmal versteht.
Übrigens schreiben Kinder recht gern Diktat, natürlich nur, wenn es nicht dauernd Mißerfolgserlebnisse gibt. Das muß aber auch nicht sein.
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Th. Ickler
eingetragen von Fritz Koch am 02.11.2004 um 13.23
sondern wie das Ergebnis in die Gesamtnote mit eingeht.
In den lebenden Fremdsprachen werden selbstverständlich auch Diktate geschrieben, warum dann nicht auch in der Muttersprache? Man kann Deutsch genauso systematisch lehren und lernen wie eine lebende Fremdsprache. Für Kinder, die bis dahin nur Dialekt gesprochen haben und zuhause weiter sprechen, ist Hochdeutsch sowieso die erste Fremdsprache.
eingetragen von Karin Pfeiffer-Stolz am 02.11.2004 um 11.39
Am Wochenende kam ich aus Basel zurück, wo wir an der Bildungsmesse „WorldDidac“ als Aussteller teilgenommen haben. Wie jedesmal, so wurde ich auch diesmal nach einem Übungsbuch für Rechtschreibung gefragt, in dem die Kinder das richtige Schreiben durch Regeln (verkopft) lernen könnten. Ich empfahl der Dame eines unserer Diktat-Übungshefte mit heiteren Texten und einigen textbezogenen Übungen. Der Aufschrei „Nein! Bloß keine Diktate!“ ließ mich auf den Boden der Realität aufprallen. Ich versuchte es mit Aufklärung (kann es nicht lassen, obwohl ich weiß, daß dies sinnlos ist) und erntete dafür nur Unwilligkeit. Da sprang mir eine beherzte Kundin beiseite und gab mir recht – sie bedanke sich dafür, daß wir bei unseren Veröffentlichungen diverse Modetorheiten nicht mitmachten.
Wir haben bei den Diktatbüchern in den letzten Jahrzehnten ständig sinkende Umsatzzahlen zu verzeichnen. Auch das ist sichtbares Kennzeichen für die fehlende Wertschätzung, die das Rechtschreiben und die Schriftkunst als solche erfährt.
Das Schreiben von Diktaten kann, wie Herr Ickler schreibt, zum Testen der Rechtschreibfähigkeit herangezogen werden. In der Praxis habe ich erfahren, daß Diktate weitaus nützlicher sind: Sie sind zum Beispiel ein hervorragendes Instrument zur Schulung von Konzentration und Merkvermögen. Man muß, was man hört, im Kopf behalten und richtig niederschreiben. Welch unübertreffliches geistiges Training in einem der wichtigsten schulischen Fächer: der deutschen Sprache! Was für eine Schulung des Zuhörenkönnens, der Selbstdisziplin, der Ausdauer! (Statt regelmäßig leichte Übungstexte nach Diktat zu schreiben, bei denen die Schüler gleich auch Wortschatz und Stilelemente aufnehmen, wird vielfach zur Schulung der Konzentration – besonders mit sog. Legasthenikern – spielerisches Material der sinnlosesten Art angeboten: Kästchen, Sternchen und andere Figuren vergleichen, Unterschiede bei Grafiken herausfinden, Linien nachfahren und ähnlichen Schwachsinn, der allenfalls in die Spielecke einer Illustrierten gehört und reine Zeitverschwendung darstellt.)
Das billige, überall anwendbare und äußerst fruchtbare Übungsinstrument „Diktat“ wirft man hingegen mit lässiger Bewegung fort; nicht nur das: Diktate werden als „Folterwerkzeuge“ einer schwarzen Pädagogik abgewertet, wer sie benutzt, ist ein „Folterknecht“. Der Unfug kennt keine Grenzen. Mißbrauch kann man mit allem auf der Welt betreiben, selbst mit der Liebe. Das Diktat ist nichts als ein neutrales Werkzeug zum Lernen und Prüfen.
Eltern, das habe ich festgestellt, sind klüger als Lehrer. Sie kaufen noch gern Diktate, weil sie nicht wissen, wie sie dem Kind sonst das richtige Schreiben beibringen sollen. Damit haben sie recht. Ich wüßte auch keinen effektiveren Weg zur gefestigten Orthographie.
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Karin Pfeiffer-Stolz
eingetragen von Theodor Ickler am 02.11.2004 um 09.38
Jahrzehntelang wurde die Rechtschreibleistung damit abgewertet, daß sie nichts mit Intelligenz zu tun habe. Das ist erstens falsch und zweitens auch deshalb abwegig, weil in der Schule nicht die Intelligenz bewertet wird, sondern die Leistung.
Das Diktat wurde als weltfremde Tätigkeit abgetan, natürlich von Akademikern, die selbst nie nach Diktat schreiben. Millionen Menschen verdienen ihren Lebensunterhalt damit, nach Diktat zu schreiben. Früher diktierte, wer es sich leisten konnte, von Caesar bis Goethe. Heute müssen die meisten Menschen selber schreiben.
Das Diktat ist die Methode der Wahl, um Rechtschreibfähigkeit zu testen.
Die sinnlose Diskussion hat mich immer an die ebenso sinnlose über das Aufsatz- und Referatschreiben erinnert. Auch hier die neunmalkluge ("neun Mal kluge", "9-mal kluge") Abwertung als lebensfremde Tätigkeit - und dagegen die Tatsache, daß täglich in Wirtschaft, Politik und Wissenschaft unzählige Referate gehalten und Aufsätze verfaßt werden.
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Th. Ickler
eingetragen von Fritz Koch am 02.11.2004 um 08.10
und Wortfamilien. Der Rechtschreibunterricht ist sehr systematisch.
(Was man vom Mathematikunterricht beim Lösen von Textaufgaben rein nach Intuition und ohne Dreisatz und Gleichungen überhaupt nicht sagen kann.)
Auf die in der Grundschule gut gelernte deutsche Substantivgroßschreibung färbt dann allerdings in der fünften Klasse die englische Substantivkleinschreibung etwas ab: Dann werden versehentlich auch deutsche Substantive kleingeschrieben.
eingetragen von Matthias Dräger am 02.11.2004 um 05.48
Hamburger Morgenpost, 2. 11. 2004:
Studie belegt: Hamburger Viertklässler liegen weit unter dem Bundesdurchschnitt
Hamburgs Grundschüler brauchen dringend Nachhilfe in Rechtschreibung! Ein aktueller Studienvergleich ergab, dass die Schreibfähigkeit unserer Viertklässler weit unter dem Bundesdurchschnitt liegt. Gemeinsam mit Bremen bildet Hamburg das Schlusslicht. Der Erziehungswissenschaftler Professor Wilfried Bos legt den Finger in die Wunde: "Die Hamburger Schüler liegen zwar in Mathematik und Naturwissenschaften im Durchschnitt, doch in Orthographie derbe darunter."
Zum Vorschein kam der Notstand jetzt durch den Vergleich der Hamburger Grundschulstudie KESS mit den Ergebnissen der internationalen Schülerstudie IGLU. In beiden Tests sollten Viertklässler 45 vorgegebene Wörter schreiben. Mit durchschnittlich 28 Treffern gehören die Jungen und Mädchen aus Bayern und Baden-Württemberg zur Spitze. Hamburg liegt bei 23 Wörtern, Schlusslicht bildet Bremen mit 20 Wörtern.
"Diese Leistungsunterschiede sind gravierend", bewertet Bos. In der Kategorie der schweren Wörter mussten die Kinder etwa "Vieh" und "Fahrradschloss" schreiben, zu den leichteren Aufgaben gehörten "Geburtstag" und "Straße". Über die Gründe für Hamburgs schlechtes Abschneiden sagen die Studien nichts aus. Bos: "An Hamburgs Schulen wurde viel zusätzlich getan für Lesen und kreatives Schreiben, aber nicht für die Rechtschreibung." Offenbar habe es an der Wertschätzung gefehlt.
Eine Erfahrung, die auch viele Eltern gemacht haben. Petra Siebel aus Eimsbüttel: "Es hieß von den Lehrern immer, die Kinder sollen sich textlich entfalten. Gleichzeitig auf die Rechtschreibung zu achten würde sie einschränken." Eine Regel, die an der Schule ihrer Tochter bis in die 7. Klasse hinein vertreten wurde. "Rechtschreibfehler wurden noch nicht einmal angestrichen", so die Mutter. "Und wenn ich meine Tochter aufmerksam machte, wollte sie nicht auf mich hören." Schließlich habe die Lehrerin gesagt, die Schreibweise sei nebensächlich.*
"Diese Methode war lange Zeit modern, macht die Kinder aber luschig", so Deutschlehrerin Heidi Kähler-Dorst (Grundschule Lange Striepen, Hausbruch). "Man muss von Kindern, die dazu in der Lage sind, verlangen, dass sie richtig schreiben."
"An den Schulen wird viel zu viel Unsystematisches und Falsches in den Köpfen der Kinder angehäuft", kritisiert Doktor Inge Blatt, Erziehungswissenschaftlerin an der Uni Hamburg. "Es muss endlich wieder klar sein, dass richtiges Schreiben kein überflüssiger Formalismus ist. "
Info:
DAS SAGT DIE BEHÖRDE
Lehrer sollen von Anfang an auf die richtige Rechtschreibung der Schüler achten. Diese Devise gibt die Bildungsbehörde aus. "Es ist nicht sinnvoll, erst einmal schreiben zu lassen, wie man es hört und später die Rechtschreibung hinzuzunehmen", sagt Hartmut Deutelmoser, Fachreferent für Deutsch an Grundschulen. Es sei besser, schnell vom Lautmalerischen auf Regeln zu wechseln, sonst müssten die Kinder später alles noch einmal lernen. Am Ende von Klasse zwei soll ein Schüler laut Behörde 100 bis 130 Wörter richtig schreiben können. Und zwar individuelle Wörter und Klassenwortschatz. Am Ende von Klasse vier soll das Rechtschreibbewusstsein so ausgeprägt sein, dass richtiges Schreiben nicht mehr als schreibhemmend empfunden wird.
Diktate gelten nicht als zeitgemäß. Deutelmoser "Es gibt viele bessere Methoden, um richtiges Schreiben zu lernen." In Ordnung sei es noch, wenn es mit einer Fehleranalyse des Schülers verbunden sei. "In allen Fächern sollten bei Hausaufgaben und Arbeiten aber auf jeden Fall Fehler angestrichen werden." Am besten sollte der Schüler selbst den Fehler finden.
Sandra Schäfer
http://www.mopo.de/nachrichten/102_panorama_68361.html
* Hervorhebung durch M.D
eingetragen von J.-M. Wagner am 01.11.2004 um 21.16
Zitat:Reaktionen darauf: http://www.chrismon.de/ctexte/2004/10/10-leser.html
Ursprünglich eingetragen von Fritz Koch
erklären eine Essayistin und ein Komiker,
Katharina Rutschky und Bastian Pastewka, in chrismon 10/2004
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Jan-Martin Wagner
eingetragen von J.-M. Wagner am 01.11.2004 um 18.27
...zum neuen Nachrichtenbrett:
Wie schreibt man einen Kommentar, der sich auf eine bestimmte Meldung bezieht und von dem aus ein entsprechender Rückverweis auf die kommentierte Meldung angelegt wird?
Wie kann man überhaupt gezielt auf eine einzelne Meldung verweisen, wenn man z. B. irgend jemanden auf einen speziellen Eintrag hinweisen will?
Oh, ich habe es gefunden: Alles klärt sich, wenn man auf ganzen Faden (unten links in der Ecke) klickt. Diese Benennung (ganzen Faden) ist nicht selbsterklärend und sollte geändert werden; ich habe aber noch keinen Vorschlag, wie man es statt dessen nennen könnte.
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Jan-Martin Wagner
eingetragen von J.-M. Wagner am 01.11.2004 um 17.55
Zitat:Und zwar hier. Anhören kann man es sich unter http://rechtschreibreform.de/Ton/2003073137S.mp3 (bzw. unter http://rechtschreibreform.de/Ton/20030801SWF4.mp3 – oder ist das etwas anderes? Ich kann es mir gerade nicht zur Kontrolle anhören...).
Ursprünglich eingetragen von Matthias Dräger
Übrigens: Am 31. Juli vergangenen Jahres rief abends um kurz nach 17.00 Uhr der Bayerische Rundunk bei mir an mit der Bitte, ob ich für ein Streitgespräch mit Prof. Augst zur Rechtschreibreform zur Verfügung stünde. Ich hatte kaum Zeit, mich auf das Gespräch ordentlich vorzubereiten, das dann um 18.00 life über den Äther ging.
Das Streitgespräch ist hier im Nachrichtenbrett noch irgendwo nachzulesen.
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Jan-Martin Wagner
eingetragen von Fritz Koch am 01.11.2004 um 10.05
Der Springer Verlag sollte behaupten, er schriebe nur Varianten der neuen Rechtschreibung. Die Schüler könnten damit ihre Lehrer in Verwirrung stürzen, und die Diskussion würde statt über "alte" oder "neue" Rechtschreibung nun über "Varianten der neuen Rechtschreibung" weitergehen, bis alle alten Schreibweisen als "Varianten der neuen" wieder zugelassen sind. Niemand sollte mehr sagen: "Ich schreibe in alter Rechtschreibung", sondern: "Ich schreibe Varianten der neuen Rechtschreibung". Auf diese Weise lassen sich die Varianten durchsetzen.
Erstes Etappenziel: Völlige Verwirrung bei den Lehrern, welche alte Schreibweise als Variante zulässig ist. Mittel: Gezielte Desinformationen von Seiten der Reformgegner (politik-erprobt). Bestens geeignete Abteilung dafür: Der nichtamtliche "Rat für deutsche Rechtschreibung".
eingetragen von Matthias Dräger am 01.11.2004 um 10.04
Sehr geehrter Herr Bolz,
die Buchhändler nutzen unterschiedliche Systeme, um zu bestellen und einen Titel zu ermitteln, von der Online-Anbindung an die Barsortimente bis zum Nachschlagen im gedruckten (jährlich erscheinenden) VLB (Verzeichnis lieferbarer Bücher) ist hier alles möglich.
Der Katalog des Börsenvereins verzeichnet bereits den neuen Titel, bringt aber noch die alte Abbildung, auch die Seiten der Barsortimente von KNOE und LIBRI sind noch nicht akutalisiert. Wir werden am Dienstag aber noch einmal bei den Barsortimenten nachfragen, damit die Umstellung auf den neuen Titel dort in den nächsten Tagen erfolgt.
Für Ihre Bestellung geben Sie bitte an: Ickler, Normale deutsche Rechtschreibung, nur 4. erweiterte Auflage 2004 liefern!
eingetragen von Christian Dörner am 01.11.2004 um 09.46
Man muß den Buchhändler darauf hinweisen, daß der Katalog nicht mehr aktuell ist und direkt beim Verlag bestellt werden muß. Das machen sie zwar äußerst ungern, und oft muß man richtig betteln, aber nach knapp zwei Wochen trifft das richtige Exemplar dann wie gewohnt ein.
Die Neuauflage ist im übrigen sehr gelungen. Ich kann sie jedem Interessierten nur empfehlen.
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Christian Dörner
eingetragen von Fritz Koch am 01.11.2004 um 09.39
scheint im Katalog-System nicht zu funktionieren, ist wohl nicht vorgesehen. Die Buchhändler-Computer verstehen nur Nummern. Anscheinend ist der alte Titel noch nicht als vergriffen eingetragen, und sind noch Bestände vorhanden. Buchhändler bestellen bei Großhändlern und nur äußerst ungern bei Verlagen.
eingetragen von Karsten Bolz am 01.11.2004 um 09.10
Ich wollte am Samstag des neue Wörterbuch „Ickler - Normale deutsche Rechtschreibung“ kaufen. Mein Buchhändler fand im Katalog lediglich die zweite(!) Auflage von „Ickler - Das Rechtschreibwörterbuch“. Wie kann ich sichergehen, daß ich die richtige Auflage erhalte?
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Karsten Bolz
eingetragen von Theodor Ickler am 01.11.2004 um 04.57
"Wie die Dogmen zu Ende gehen" (Comment les dogmes finissent) von Joseph Joubert 1835. Dt. Übersetzung in Fritz Schalks Anthologie "Französische Moralisten". (Unbedingt lesenswert, wie überhaupt die Franzosen dieser Zeit, als sie noch nicht dem obskurantistischen Gemisch von Marx, Freud, Saussure und Heidegger verfallen waren!)
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Th. Ickler
eingetragen von Detlef Lindenthal am 31.10.2004 um 22.11
Ein Kapitel aus
margel schrieb:
... Inzwischen halten die Kultusminister an der Reform fest, nicht obwohl, sondern weil sie Mist ist.
Walter Züblin, Das schwierige Kind, Einführung in die Kinderpsychiatrie, Stuttgart 1967, bei Thieme und dtv.
(Priv.-Dozent Dr. med. Züblin war Chefarzt des Kinderpsychiatrischen Dienstes in Bern.)
„Lügen, Pseudologia phantastica
Das Kleinkind macht noch keinen scharfen Unterschied zwischen Vorstellung und Realität. Es kann daher auch nicht lügen, wenn man darunter ein Aussagen versteht, das bewußt etwas sagt, was der Realität nicht entspricht. Dies ist nicht allgemein bekannt und führt nicht selten dazu, daß Kleinkinder zu Unrecht wegen Lügens bestraft werden.
Lügen aus Notwehr ist an sich nicht krankhaft und die normale Waffe des Schwachen. Es kommt vor allem bei Verwahrlosten vor und hat zum Ziel, sich bequem Erwünschtes zu verschaffen und Unangenehmes zu vermeiden. Krankhaft aber ist das Lügen aus Geltungssucht, bei dem je nachdem bewußt falsche Aussagen gemacht werden, dann aber wieder Kombinationen von Vermutungen, bloßen Vorstellungen und bewußt entstellter Wahrheit gegeben werden. Je mehr die Geltungssucht im Vordergrund steht und je mehr konfabuliert wird, desto krankhafter wird das Lügen, das dann als Pseudologie bezeichnet wird. Es handelt sich um einen Versuch, sich in unangepaßter Weise Geltung zu verschaffen, weil man von den übrigen Menschen isoliert ist und sich nicht so geschätzt sieht, wie man es sein möchte. Je nachdem steht das Symptom einmal einer Trotzeinstellung, ein andernmal den Zwangssymptomen nahe. Es ist am häufigsten bei Kindern, besonders älteren Mädchen zu finden, die in die Gemeinschaft nicht aufgenommen sind und denen das Theatralisch-Demonstrative naheliegt. Selbstverständlich führt das pseudologische Verhalten nur zur weiteren Isolation. Gelegentlich bringt es aber nicht nur den Patienten selbst, sondern auch die Mitmenschen in Gefahr, z.B. wenn eine Pseudologin angibt, sexuell mißbraucht worden zu sein. Die Zuhörer glauben derartige Angaben umso eher, als sie sowieso geneigt sind, das vermeintlich bemitleidenswerte Opfer zu schützen. Pseudologien betreffen besonders bei jugendlichen Mädchen sehr oft, aber keineswegs immer, das sexuelle Gebiet. Sie können ebenso sehr finanzielle Verhältnisse, vornehme und geheimnisvolle Abstammung, kriminelle Erlebnisse und vieles andere zum Thema habe. Gelegentlich entstehen pseudologische Phantasiegespinste aus einer noch nicht pathologischen Lüge, die dann aus Angst vor Entdeckung weitergesponnen wird, bis das Kind zwischen Wahrheit und Lüge selbst nicht mehr sicher unterscheiden kann. Wie bei allen anderen Symptomen sind auch hier die Grenzen zwischen normal und krankhaft unscharf. Auch normale Menschen können pseudologische Aussagen machen, besonders wenn sie unter einem starken Affekt stehen, wobei Phänomene der Massenpsychologie oft eine große Rolle spielen. Kinder sind derartigen Erlebnissen entsprechend ihrer verhältnismäßig schwachen Eigenständigkeit stärker ausgeliefert als Erwachsene.
Wenn auch der Inhalt einer Pseudologie oft von seinem Schöpfer selbst wenigstens teilweise geglaubt wird, so wird er doch nach einiger Zeit in der Regel korrigiert. Das Phantasiegebäude des Pseudologen ist meistens nicht fest, sondern wechselt immer wieder.
Die Behandlung des Lügens ist eine erzieherische und hat vor allem darin zu bestehen, dem Kind soviel Sicherheit, Mut und Ehrgefühl zu geben, daß es auf das Lügen verzichten kann. Dazu braucht es einerseits Liebe in einer Form, in der sie vom Kind erfahren werden kann, und andererseits das Vorbild. Mit Strafen allein bringt man das Kind im besten Falle dazu, das Lügen zu vermeiden, wenn es wahrscheinlich ist, daß die Lüge entdeckt wird – ein Verhalten, das man gewöhnlicherweise nicht bloß bei Kindern, sondern auch bei Erwachsenen findet.
Die Behandlung der Pseudologie ist weit schwieriger. Es geht auch hier darum, der pseudoligisierenden Person den Weg zu zeigen, sich in der Gesellschaft durch echte Leistungen eine ihr zustehende Stellung zu verschaffen, sie zur Einsicht zu bringen, daß man, wenn man Liebe will, auch Liebe geben muß. Je nachdem ist diese Aufgabe heilpädagogisch zu lösen oder aber psychiatrisch. Die Hauptschwierigkeit der Behandlung liegt auf jeden Fall in der Neigung des Therapeuten bzw. des Erziehers, dem Patienten seine Pseudologien übelzunehmen, sie ihm moralisierend vorzuwerfen und so den Zugang zum Patienten zu verpassen. In der Behandlung sind erläuternde Kommentare über den Inhalt der Pseudologie (die aber nicht im fragenden, sondern wirklich im kommentieren Sinn gestellt werden müssen) oft von großer Wirksamkeit.“
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Detlef Lindenthal
eingetragen von margel am 31.10.2004 um 18.46
Die Religionsstifter haben sich längst aus dem Staube gemacht. Aber die Amtskirche muß auf Deubel komm raus auf dem eingeschlagenen Weg fortfahren, Andersgläubige (besonders Abweichler aus den eigenen Reihen) verfolgen und beschimpfen. Das Beharren auf der Rechtschreibeform nimmt zusehends wahnhafte Züge an. Inzwischen halten die Kultusminister an der Reform fest, nicht obwohl, sondern weil sie Mist ist.
eingetragen von Fritz Koch am 31.10.2004 um 14.46
sondern für eine Absprache unter den Kultusministern, der auch alle übrigen Reformbefürworter folgen, nämlich sich auf gar keinen Fall auf fachliche Diskussionen über die Rechtschreibung einzulassen. Deswegen haben sie auch den niedersächsischen Ministerpräsidenten Wulff öffentlich so beschimpft, weil er zeigen wollte, daß er sich gründlich mit der Rechtschreibung beschäftigt hat, und weil er aus seinen Kenntnissen eigene logische Schlüsse ziehen wollte.
Das Vermeiden jeder fachlichen Diskussion durch die Verantwortlichen und das öffentliche Beschimpfen der Gegner ist das Besondere an dieser Reform und ihr Kennzeichen, im Gegensatz zu den anderen Reformen, weil bei denen die Verantwortlichen wenigstens so tun, als verstünden sie etwas von der Materie. Insofern ist die Rechtschreibreform eben keine Reform wie jede andere. Und deswegen verhält sich die Bevölkerung bei dieser Reform so widerborstig.
Es gibt nur eine mögliche Erklärung für dieses Verhalten der Kultusminister und Ministerpräsidenten: Sie wissen alle insgeheim, daß sie einen großen Blödsinn gemacht haben (wie der frühere bayerische Kultusminister Zehetmair zugegeben hat), aber aus Gründen der Staatsraison dürfen sie das nicht zugeben, und müssen sie die Sache durchziehen (letzteres, wie die schleswig-holsteinische Ministerpräsidentin Simonis und der Bundeskanzler gesagt haben).
Sie haben die "Rücknahme der Rechtschreibreform" zum politischen Unwort gemacht, das sofort automatische "Unmöglich"-Reaktionen hervorruft. Der einzige Ausweg scheint zu sein, in die offiziell "reformierte" Rechtschreibung die alten besseren Schreibweisen als auch zulässige Varianten hineinzubekommen. Die Springer-Zeitungen könnten die alten Schreibweisen als "Varianten der Reformschreibung" bezeichnen, und pfiffige Schüler könnten das dann auch tun.
Das wirklich Üble und Gefährliche an dieser Sache ist, daß über die Geiselnahme der Schulkinder noch viel mehr und noch ganz andere Dinge gegen den Willen der Bevölkerung durchgesetzt werden können.
– geändert durch Fritz Koch am 01.11.2004, 10.53 –
eingetragen von Detlef Lindenthal am 31.10.2004 um 10.34
Genannte Korkwarzen (oder deren Kollegen) sind in der Lage, neue Wurzeln und auch Blatt- und Zweigtriebe zu bilden.
Solches allerdings auf die Zeitungs- und Kultusschranzenlandschaft übertragen zu wollen wäre unbiotisch; Zeitungs- und Kultusleute haben ein sehr genaues Auswahlverfahren durchlaufen, in welchem jeder auch nur mikroskopische Ansatz zur Wurzelbildung und Eigenständigkeit nachhaltigst ausgemerzt wurde.
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Detlef Lindenthal
eingetragen von Detlef Lindenthal am 31.10.2004 um 10.33
Zitat:Da wäre ich doch mal neugierig, wer in der Kultuslandschaft kein Provinzler ist. Wer hat nach Ihrer Meinung Weltformat?
Ursprünglich eingetragen von margel
Das Selbstbewußtsein der Frau Ahnen ist das Selbstbewußtsein des Provinzlers, der in die große Welt gerät, nichts versteht und trotzdem mitreden möchte. Aber daß sie nicht mit Ickler oder Munske diskutieren will, zeigt, daß sie doch noch zur richtigen Selbsteinschätzung fähig ist. Alle Achtung!
Die von Ihnen gelobte Ahnen-Selbsteinschätzung tröstet erst dann, wenn Frau Ahnen einer Arbeit nachgeht, für die ihr Verstehen hinreicht.
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Detlef Lindenthal
eingetragen von margel am 31.10.2004 um 10.23
Das Selbstbewußtsein der Frau Ahnen ist das Selbstbewußtsein des Provinzlers, der in die große Welt gerät, nichts versteht und trotzdem mitreden möchte. Aber daß sie nicht mit Ickler oder Munske diskutieren will, zeigt, daß sie doch noch zur richtigen Selbsteinschätzung fähig ist. Alle Achtung!
eingetragen von margel am 31.10.2004 um 09.37
Holunder zeichnet sich auch durch sein Lenticellen aus. Das sind sog. Korkwarzen, eine Sonderbildung des Korkkambiums (nicht: Kambriums). Sie dienen der Durchlüftung, d.h. übertragen auf die Zeitungsschreiber: Jeder Wind geht hindurch.
eingetragen von Matthias Dräger am 31.10.2004 um 07.54
Im nächsten „Spiegel“ wird wohl ein Interview mit Doris Ahnen abgedruckt werden.
Was nicht im Spiegel stehen wird: Ursprünglich sollte es ein Dialog/Streitgespräch mit einem Kritiker der Rechtschreibreform werden.
Frau Ahnen wurde zuerst Prof. Ickler als Diskussionspartner vorgeschlagen.
Mit Prof. Ickler wollte die Vorsitzende der KMK, die nach außen hin doch immer gern den Anschein erwecken möchte, die Kritiker „einzubinden“, nicht reden.
Nun ja. Dann wurde ihr Prof. Munske als Gesprächspartner vorgeschlagen. Mit Munske wollte Frau Ahnen auch nicht reden...
Das Gespräch erscheint wohl also als weichgespültes Interview mit zwei Spiegel-Redakteuren.
Übrigens: Am 31. Juli vergangenen Jahres rief abends um kurz nach 17.00 Uhr der Bayerische Rundunk bei mir an mit der Bitte, ob ich für ein Streitgespräch mit Prof. Augst zur Rechtschreibreform zur Verfügung stünde. Ich hatte kaum Zeit, mich auf das Gespräch ordentlich vorzubereiten, das dann um 18.00 life über den Äther ging.
Das Streitgespräch ist hier im Nachrichtenbrett noch irgendwo nachzulesen. Trotz meiner „mangelnden Sprachkompetenz“, die mir hier ein anonymer Gast unterstellen möchte, habe ich mich leidlich geschlagen, der Herr Professor ist auf viele Fragen eine ordentliche Antwort schuldig geblieben, nicht zuletzt auch eine Antwort auf die Frage der Benotung, wenn Schüler so schreiben wie der Nobelpreisträger.
Was ich damit sagen möchte: Wir Reformgegner scheinen jedenfalls doch eine Spur mutiger zu sein als die Reformer und ihre Büttel, die sich einfach nur auf ihre pure Macht verlassen und meinen, damit sei es getan.
Bei ihren öffentlichen Auftritten gibt sich Frau Ahnen immer betont selbstbewußt und spielt eine Sicherheit in der Sache vor, die sie gar nicht haben kann, da sie, was die Rechtschreibreform angeht, bestenfalls ahnungslos ist. Warum sonst sollte sie Prof. Munske aus dem Weg gehen? Was hat Munske ihr getan?
Das Auftreten der Ahnen erinnert mich sehr an junge Holunderschößlinge: etwas Kambium mit einer dünnen Rinde, innen aber nichts als weicher Schaum.
Ob diese Qualitäten reichen, Ministerpräsidentin zu werden, selbst heutzutage, wo alles den Bach runterzugehen scheint?
eingetragen von Theodor Ickler am 30.10.2004 um 08.26
Hamburger Abendblatt vom 30.10.2004:--
Eine Lanze für den Genitiv
Der Verfall der deutschen Sprache sei an der reformierten Rechtschreibung festzumachen, sagen die Reformgegner. Falsch! Denn Grammatik, Stilistik und mündliche Sprache bleiben davon unberührt. Doch die Gemüter der Sprachhüter sind nach wie vor erhitzt. Ganz unaufgeregt hingegen kommt ein neuer Sprachführer im Taschenbuchformat daher: "Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod" von Bastian Sick. Er führt auf unterhaltsame Weise durch das Dickicht sprachlich relevanter Fallstricke - und ist schon auf den Bestseller-Listen von "Focus" und "Stern" gelandet. Ob "Das Elend mit dem Bindestrich", "Die Sucht nach Synonymen", "Die Übermacht der -ierungen" oder "Die unvorhandene Mehrzahl": In diesem Band veröffentlicht Sick noch einmal alle sprachlichen Verfehlungen, die er bereits seit anderthalb Jahren akribisch gesammelt und in der wöchentlichen Spiegel-Online-Kolumne "Zwiebelfisch" vorgestellt und kommentiert hat. Wider den Verfall.
Bastian Sick: Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod. Kiepenheuer & Witsch, 230 Seiten; 8,90 Euro. cr
Kein Gegner der Rechtschreibreform hat je behauptet, an der Rechtschreibreform lasse sich der Sprachverfall festmachen. Daran läßt sich vielmehr etwas ganz anderes festmachen, u. a. die Oberflächlichkeit des Hamburger Abendblattes.
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Th. Ickler
eingetragen von Detlef Lindenthal am 30.10.2004 um 07.07
Zitat:Ah, guter Gedanke! Danke.
Ursprünglich eingetragen von margel
...die Rezension von Prof. Ickler finden Sie, wenn Sie bei google "gerhard augst" eingeben. Sie steht ziemlich am Anfang.
Hier steht der Aufsatz: http://www.rechtschreibreform.com/Seiten2/Wissenschaft/964IcklerLaie.html :
Der erfundene Laie
Nach meiner Meinung genau die richtige Wochenendanfangslektüre.
Such- und Findewörter fürs nächste Mal: gerhard augst wortfamilienwörterbuch ickler
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Detlef Lindenthal
eingetragen von margel am 30.10.2004 um 06.38
...die Rezension von Prof. Ickler finden Sie, wenn Sie bei google "gerhard augst" eingeben. Sie steht ziemlich am Anfang.
eingetragen von Detlef Lindenthal am 30.10.2004 um 06.02
Zitat:Zur Beurteilung der Preiswürdigkeit dieses dicken Buches sollte man noch die 26. Kritik, die von Herrn Prof. Ickler, beachten – hat jemand seinen Text? Ich fand ihn nicht hier in der Datenbank.
Ursprünglich eingetragen von margel
Das Wortfamilien-Wörterbuch von Augst kostete neu DM 258,00. Bei amazon wird es wie folgt angeboten: 1. Als gebrauchte "Rarität" für Euro 170,00 - 2. Als "Sammlerstück" (Neuware!) für Euro 179,20. Sind das nicht phantastische Wertsteigerungen? Was soll also da noch kleinliche Kritik?
Soviel meine ich daraus zu erinnern: daß Gerhard Augst sich das Wörterbuch nicht selbst ausgedacht hat, sondern hauptsächlich aus einem DDR-Werk abgeschrieben und alsdann darin verschlimmbessert hat.
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Detlef Lindenthal
eingetragen von Karsten Bolz am 29.10.2004 um 15.58
Ich habe eher den Verdacht, daß Frau Ahnen hier Wunschdenken verbreitet. Ich kann mir kein "Angebot" vorstellen, welches die Tatsache aus der Welt schaffte, daß die DASD in diesem "Rat" baden ginge, würde sie denn mitmachen. Wenn die Akademie halbwegs ihr Gesicht wahren will, kann sie eigentlich nur zu dem stehen, was Klaus Reichert gegenüber der Presse gesagt hat. Warten wir's ab...
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Karsten Bolz
eingetragen von Theodor Ickler am 29.10.2004 um 14.41
Wie man aus Doris Ahnens neuesten Mitteilungen entnehmen kann, ist die DASD doch wieder gesprächsbereit und wird ein hübsches Angebot kaum ausschlagen können, da sie ja grundsätzlich kompromißbereit ist und sich mit einer zweitbesten Lösung auch dann noch zufriedengeben wollte, als die allerbeste in greifbare Nähe rückte. Bis zur Frühjahrstagung ist es noch weit, da kann das Präsidium allerlei auf den Weg bringen, ohne die Mitglieder zu fragen.
Bei der Herbsttagung kam zwar ein erfreulicheres Ergebnis zustande, aber die Abstimmungen verliefen so chaotisch, daß die meisten hinterher nicht mehr wußten, wofür und wogegen sie eigentlich gestimmt hatten: reingehen, rein- und wieder rausgehen, gar nicht reingehen ...
Insgesamt macht das alles natürlich nicht viel aus.
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Th. Ickler
eingetragen von Fritz Koch am 29.10.2004 um 10.56
für die Verbesserung des Schulsystems, z.B. für mehr Ganztagsschulen und mehr Kindergärten usw., ausgegeben worden wäre, wäre allen damit viel mehr geholfen gewesen. Man kann das Geld nur einmal ausgeben, und jetzt ist es weg. Diese gesamtwirtschaftliche Aufrechnung als Kosten-Nutzen-Ergebnis sollte gemacht werden.
eingetragen von Wolfgang Scheuermann am 29.10.2004 um 10.24
"Auch der Verband deutscher Schriftsteller wird sich nach Angaben der Bundesgeschäftsführerin Sabine Herholz nicht beteiligen. Weitere Angaben wollte Herholz aber nicht machen."
(Aus einer - ausführlichen - Meldung der MZ von gestern abend.)
Es handelt sich offenbar tatsächlich um den gleichen Verband, der 1973 "vernünftiger schreiben" mitveranstaltet hat. Mit an Bord war damals noch das PEN-Zentrum Deutschland. Daß sich jetzt beide gleichzeitig der KMK verweigern, ist ein erfreulicher Vorgang.
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Dr. Wolfgang Scheuermann
eingetragen von Theodor Ickler am 29.10.2004 um 09.29
Der VS war im bisherigen "Beirat". Wenn es sich um den tatsächlichen Nachfolger des alten Verbandes handelt, der 1973 den Frankfurter GEW-Kongreß "vernünftiger schreiben" mitveranstaltet hat, dann darf man eine bemerkenswerte Wandlung feststellen, bemerkenswert gerade wegen der Zugehörigkeit zur Medien-Gewerkschaft. Es sei auch an die ausgezeichneten reformkritischen Beiträge von Dietrich Lade erinnert.
Daß die Union der Akademien der Wissenschaften ihre Mitarbeit ebenfalls verweigert, ist wohl sicher. Damit ist die Lage erfreulich klar: Wer den Mist gemacht hat, muß ihn auch allein wegräumen.
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Th. Ickler
eingetragen von Theodor Ickler am 29.10.2004 um 09.11
Anmerkungen zu einem Artikel der Siegener Zeitung vom 28.10.2004
Augst hat zwar nur wenig zum Inhalt der Rechtschreibreform beigetragen (einbläuen, Quäntchen, Zierrat), dennoch ist sie weitgehend sein Werk. Denn seinem Geschick und seiner Hartnäckigkeit ist es zu verdanken, daß sich heute die Mächtigen unseres Landes für die Durchsetzung der Reform stark machen: Bundeskanzler Schröder, Außenminister Fischer, SPD-Chef Müntefering, alle Ministerpräsidenten und Kultusminister, STERN, FOCUS und taz. Nur wenige haben es geschafft, sich aus diesem Netz zu lösen.
Das Bundesverfassungsgericht hat zwar ausdrücklich festgestellt:
„Soweit dieser Regelung rechtliche Verbindlichkeit zukommt, ist diese auf den Bereich der Schulen beschränkt. Personen außerhalb dieses Bereichs sind rechtlich nicht gehalten, die neuen Rechtschreibregeln zu beachten und die reformierte Schreibung zu verwenden. Sie sind vielmehr frei, wie bisher zu schreiben.“ (Urteil vom 14. Juli 1998, S. 59)
Aber was besagt das schon, wenn die Drahtzieher hinter der Exekutive ihr Machtwort sprechen und dabei die Tatsachen und die Rechtslage nach Belieben verbiegen:
„WAZ-Geschäftsführer Bodo Hombach hält die Rückkehr deutscher Verlage zur alten Rechtschreibung für einen ‚Akt der Selbstüberschätzung’. Das sagte er dem Politikmagazin ‚Cicero’. ‚Ich möchte nicht in der Haut der Kollegen stecken, die geglaubt haben, dass sie die Stimmung im Land kippen können. Sie werden irgendwann zurückrudern und dabei ihr Gesicht wahren müssen’, so Hombach. Über die Rechtschreibreform lasse sich trefflich streiten. Mit der Ankündigung von ‚Spiegel’, ‚Welt’ und ‚Bild’, wieder zur alten Schreibweise zurückzukehren, sei aber eine Grenze überschritten worden. Regeln, die von einer demokratisch legitimierten Institution gesetzt werden, demonstrativ nicht zu befolgen oder aushebeln zu wollen, könne bei einem Staatsnotstand geboten sein. Den hätten die Kultusminister aber ‚sicher nicht ausgelöst’, betonte der ehemalige Kanzleramtsminister und SPD-Politiker in ‚Cicero’.“ (Börsenblatt 27.10.2004)
Hombach interessiert sich so wenig wie Schröder und die anderen Genannten für die Sprache oder gar für die Schulkinder. Die Rechtschreibreform ist eine reine Machtfrage geworden, ein Prüfstein für die Durchsetzbarkeit von Regierungsmaßnahmen gegen jeden Widerstand, sei er sachlich noch so begründet. Den Betreibern der Reform ist es gelungen, das sinnlose, nicht einmal von ihnen selbst so gewollte Regelwerk in diesen Mechanismus einzuschleusen, so daß es sich zu einem politischen Selbstläufer entwickelte.
Seinen Stolz auf diese Leistung hat Augst schon früher in einem autobiographischen Rückblick zum Ausdruck gebracht; über die Unterzeichnung der Wiener Absichtserklärung berichtet er: „Es war für mich ein bewegender Augenblick, aus der zweiten Sitzreihe – neben den Mitstreitern Blüml, Heller, Ebner und Sitta – mitzuerleben, wie neun Beauftragte – darunter leibhaftige Ministerinnen und Minister – die ,Gemeinsame Absichtserklärung zur Neuregelung der deutschen Rechtschreibung‘ am 1. Juli in Wien unterzeichnet haben. 1973 hatte ich zum ersten Mal etwas zur Rechtschreibreform geschrieben. Sah es damals durch den Frankfurter Kongreß ,vernünftiger schreiben‘ nach baldiger Reform aus, so vergingen nun doch noch 23 Jahre schwieriger Arbeit mit einem Auf und Ab der Gefühle, vielen Verunglimpfungen (,Honeckers fünfte Kolonne‘), aber auch Ermutigungen durchzuhalten, vor allem aus der ersten Reihe.“ (H. Strunk [Hg.]: Documenta orthographica, Hildesheim 1998, S. XVIII).
Augst hat es geschafft, in der deutschen Schriftsprache eine Verwirrung herbeizuführen, die in der Sprachgeschichte ohne Beispiel ist. Milliarden Euro an Volksvermögen wurden vernichtet. Die Aufräumarbeiten werden Jahrzehnte dauern. Der Name Augst wird zweifellos in die Geschichte eingehen. Er kann zufrieden sein.
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Th. Ickler
eingetragen von Karsten Bolz am 29.10.2004 um 09.09
Wer oder was soll mit diesem Verein gemeint sein? Im Internet finde ich einen "Verband deutscher Schriftsteller" (VS) in der ver.di. Beim Überfliegen findet man "dass" und "misst". Das kann natürlich auch daran liegen, daß der Gestalter dieser Seiten (wer immer das ist) von der Haltung des Verbandes keine Ahnung hat. Trotzdem irgendwie merkwürdig.
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Karsten Bolz
eingetragen von Wolfgang Scheuermann am 29.10.2004 um 08.40
"Das deutsche Zentrum der internationalen Schriftsteller-Vereinigung PEN erklärte in Darmstadt, die Ergebnisse der Beratungen im neugeschaffenen 'Rat für deutsche Rechtschreibung' stünden bereits vorher fest. Kritiker würden in die Entscheidungsphase nur formal eingebunden. Auch der 'Verband deutscher Schriftsteller' wird sich nach Angaben einer Sprecherin nicht beteiligen."
Sie haben also richtig gehört, lieber Herr Bolz.
Nebenbei: Auch ich lehne die Mitarbeit im "Rat" ab.
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Dr. Wolfgang Scheuermann
eingetragen von Karsten Bolz am 29.10.2004 um 08.28
Heute morgen im Deutschlandfunk (Nachrichten 08.30, aus dem Gedächtnis): Neben dem PEN habe auch der Schriftstellerverband (???) eine Mitarbeit im "Rat" abgelehnt. Habe ich da was falsch verstanden, so ein Verband steht doch gar nicht auf der Einladungsliste?
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Karsten Bolz
eingetragen von margel am 29.10.2004 um 07.22
Wenn nun im Rechtschreibrat gar keine "amtlich anerkannten" Kritiker oder Gegner enthalten sein sollten - müßte dann nicht die ursprünglich vorgesehene Aufgabe neu formuliert werden? Oder werden von den verbleibenden Mitgliedern einfach einige zu Kritikern ernannt? Da das ganze doch nur schlechtes Theater ist, wäre eine solche Rollenverteilung durchaus denkbar. Der mir bis anhin nicht geläufige Begriff "plural" bekäme so seinen tieferen Sinn: Es sind so viele Mitglieder da, daß die Absage einiger weniger gar nichts ausmacht. Schlaue Doris!
eingetragen von Monika Chinwuba am 28.10.2004 um 23.51
Von der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung kassierte der Rat bereits eine Absage. Heute sagte auch das PEN-Zentrum nein zu einer Zusammenarbeit. Man wolle die Kritiker in den Entscheidungsprozess nur formell einbinden, die Resultate der Beratungen stünden bereits fest, begründete das deutsche Zentrum der internationalen Schriftstellervereinigung heute in Darmstadt seine Entscheidung. Quelle: SPON
http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/0,1518,325490,00.html
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Monika Chinwuba
eingetragen von Fritz Koch am 28.10.2004 um 21.36
im amtlichen Rat für Rechtschreibung ablehnen, ihre Begründungen in einer gemeinsamen öffentlichen Erklärung dokumentieren als Gegenerklärung zum amtlichen Rat.
Es zeigt sich immer mehr, daß im amtlichen Rat nur die Hofschranzen und Speichellecker der Kultusminister übrigbleiben.
eingetragen von margel am 28.10.2004 um 18.28
Das Wortfamilien-Wörterbuch von Augst kostete neu DM 258,00. Bei amazon wird es wie folgt angeboten: 1. Als gebrauchte "Rarität" für Euro 170,00 - 2. Als "Sammlerstück" (Neuware!) für Euro 179,20. Sind das nicht phantastische Wertsteigerungen? Was soll also da noch kleinliche Kritik?
eingetragen von Fritz Koch am 28.10.2004 um 17.22
sind viele Bürger zu der Erkenntnis gekommen, daß die Rechtschreibreform kein Gesetz ist, das für alle verbindlich ist. Vorher konnte man das nämlich öfters lesen. Die Reformer wollen unter allen Umständen verhindern, daß die Reform wieder in Frage gestellt wird. Der Springer Verlag hat aber genau das erreicht, und seitdem ist die Zahl der Reformbefürworter wieder stark gesunken. Der Springer Verlag beweist nur praktische Demokratie. Schon das wird von manchen als Putsch und Anmaßung beschimpft. Sind das Demokraten?
eingetragen von Fritz Koch am 28.10.2004 um 17.09
aber niemand würde auf die Idee kommen, die höhere Mathematik und die Quantenphysik zu vereinfachen, weil sie schwer zu verstehen sind. Nicht der Stoff muß vereinfacht werden, sondern die Methoden, ihn zu erklären, müssen verbessert werden. Daß das möglich ist, haben die Lehrbücher der DDR bewiesen, weil sie auch für das Studium neben der Berufstätigkeit gemacht waren. (Leider waren sie zum Teil abstoßend politisch gefärbt.)
eingetragen von Detlef Lindenthal am 28.10.2004 um 17.07
Wenn ich Wirken und Wirkung von Bodo Hombach und Gerhard Augst betrachte, finde ich bestätigt, wie DDR und 3.R funktionieren konnten.
Wie ist das nun eigentlich, geruhen die Forumschreiber, Herrn Reyer und mich als fragenstellende Elemente in den RfdR/KMK zu entsenden?
Und auch in den RfdR sollten Fragensteller gehen. Wenn bei den Leipziger Montagsdemos alle zu Hause geblieben wären, hätte Sachsen heute noch kein Internet.
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Detlef Lindenthal
eingetragen von Theodor Ickler am 28.10.2004 um 15.50
Ich neige dazu, in der Äußerung Hombachs ein Zipfelchen jener Macht zu sehen, die im Hintergrund die Richtlinien der Politik bestimmt. Wahrscheinlich ist auch Schröder nur ein Getriebener und Angestifteter, denn ich kann mir nicht denken, daß er von sich aus bei Stefan Aust anruft, das Bundeskabinett durch ein Machtwort von der Rechtschreibdebatte freihält und schließlich noch einen Brief an den Präsidenten der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung schreibt.
Das Ganze ist eine Machtprobe, wie Hombach klarstellt, und es geht darum, zunächst Deutschland und Europa in ein einziges WAZ-Land zu verwandeln, dann aber vor allem darum, ein Exempel zu statuieren: Es soll keine Möglichkeit geben, die Beschlüsse der Regierung in Frage zu stellen. Das gilt zwar zunächst dieser rot-grünen, kommt aber auch jeder anderen zugute, weshalb die Union sehr gern mitmacht.
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Th. Ickler
eingetragen von Theodor Ickler am 28.10.2004 um 15.42
28.10.2004 kk Siegener Zeitung
*) Steckenpferd war Lehrerausbildung
Prof. Dr. Gerhard Augst nun Emeritus
25 Jahre an Rechtschreibreform mitgewirkt
kk Siegen. „Professor ist ein Beruf, den der liebe Gott an einem Sonntag gemacht hat.“ Prof. Dr. Gerhard Augst weiß, wovon er spricht. Mit gerade einmal 34 Jahren erhielt der Germanist einen Ruf auf eine C 4-Professur auf dem Haardter Berg. Das war 1973. 31 Jahre lang stand er an der Universität Siegen im Dienst von Forschung und Lehre. „Kein einziges Mal bin ich ungern zur Arbeit gefahren.“ Eine erstaunliche Bilanz, die der nunmehrige Emeritus mit einem zufriedenen Lächeln und betörender Eloquenz in der Cafeteria der Hochschule zieht. Inmitten des lärmenden Studierenden-Gewimmels, einen mit Studentenwerks-Emblem verzierten Pott gefüllt mit Kaffee auf dem bloßen Holztisch vor sich habend, lässt der 65-Jährige seine wissenschaftliche Laufbahn Revue passieren. Zufriedenheit dominiert die Bilanz. Dabei ist sie bar jeglicher Arroganz. „Ich habe viel Glück gehabt, war zu jedem entscheidenden Zeitpunkt am richtigen Ort“, resümiert er eher nüchtern.
Das Wirken Augsts spielt sich in eher überschaubarem räumlichen Rahmen ab. Geboren wurde er als Bauernsohn in der Verbandsgemeinde Altenkirchen. Seine Herkunft hat ihn zeitlebens geprägt: „Ich war von der Sprachbarrieren-Geschichte infiziert.“ Wer etwas werden will, muss sich in Wort und Schrift ausdrücken können. Eine Erkenntnis, die den Wissenschaftler, der in Bonn Germanistik und Geschichte für die Sekundarstufe II studierte, in Mainz sein Staatsexamen ablegte und promovierte, und schließlich wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Gießen wurde, veranlasste, sich 25 Jahre lang für eine Vereinfachung der deutschen Rechtschreibung einzusetzen.
1973, gerade frisch habilitiert, kam Augst nach Siegen. Zwei Schwerpunkte setzte er in der Forschung: den Spracherwerb sowie Wortschatz und Wörterbuch. An zwei großen Projekten der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) war er beteiligt. Im einen ging es um die Art und Weise der Nutzung von Wörterbüchern. Die Ergebnisse flössen in die Gestaltung von Duden und Berteismann ein. Im anderen um die Erstellung eines Wortfamilienwörterbuchs der Deutschen Sprache. Sechs Jahre lang waren die Experten damit beschäftigt. Mit 26 Rezensionen wurde das Werk bedacht. „25 waren positiv.“ Die negative kam von einem Gegner der Rechtschreibreform. Die Lager sind halt bis heute gespalten. Gelassen geht der Emeritus damit um.
Trotz seines ruhigen Wesens hat er zu kämpfen gelernt. In seiner Zeit als Prorektor für Forschung und Lehre stand den Fachbereichen 1 bis 4 im Jahr 1988 Ungemach ins Haus. Die Schließung wurde abgewendet, neue Erkenntnis wurden daraus gewonnen. Augst: „Wir haben gemerkt, dass man sich nicht nur auf die Lehrerausbildung stützen darf.“ Unter der Ägide des kürzlich verstorbenen Helmut Kreuzers schlug in der Folge die Geburtsstunde des Medienstudiengangs. Dem ist Augst zwar wohl gesonnen, sein Steckenpferd ist indes die Lehrerbildung. Als Vorsitzender des Zentrums für Lehrerbildung setzte er sich vor allem für die Ausbildung der Grundschulpädagoginnen und -pädagogen ein.
Dreigeteilt war die Lehrerausbildung einmal. Das ist vorbei. GHR - Grundschule, Hauptschule, Realschule: Im Studium ist das neuerdings eins. Allein die Gymnasiallehrerausbildung bleibt separiert. Eine Wende, die Augst nicht im Geringsten behagt. In der Grundschule würden Kinder unterrichtet, in Haupt- und Realschule Jugendliche. In den Augen des Hochschullehrers sind das zwei verschiedene Paar Schuhe. Die Konsequenz sei, dass die GHR-Lehrerinnen und -lehrer weder in der Grundschule noch in den weiterführenden Schulen richtig unterrichten könnten. Lieber denkt der Germanist da schon an die Siegener Errungenschaften in Sachen Sozialkundeunterricht in der Primarstufe zurück. Den Zeiten, in denen die Pädagogen zwischen naturwissenschaftlich/technischer und gesellschaftswissenschaftlicher Ausrichtung wählen konnten, rückte in Siegen ein Modellversuch zu Leibe, der aus einer Kombination beider Ausrichtungen besteht.
Auch wenn er so manche aktuelle Hochschulentwicklung mit Skepsis betrachtet, ist Gerhard Augst beim Abschied mit sich und der Universität Siegen im Reinen. In vielen Gremien hat er mitgewirkt, und das Vertrauen in „seinen“ Fachbereich 3 steht. Der habe schon immer ganz wesentlich für das Forschungsprofil der Universität Siegen verantwortlich gezeichnet. Daran werde der angelaufene Generationenwechsel nichts ändern, zeigt er sich überzeugt. Selbstverständlich hätte auch er Siegen die Treue gehalten, wären die Wege mit zunehmendem Alter nicht beschwerlicher geworden. Die Familie blieb in Biebertal, Augst hatte über drei Jahrzehnte hinweg ein Zweitdomizil in Siegen. Das hat er nun aufgegeben. Zwei Jahre lang will er aber noch prüfen.
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Soweit der Artikel. Ich weiß nicht, ob es tatsächlich 25 positive Besprechungen des Augstschen Wortfamilienwörterbuchs gegeben hat. Wenn es so wäre, sollte man die Germanistik schließen. Augst war lange Zeit Gutachter der DFG, ein mächtiger Mann. Ich habe selbst mit Germanisten gesprochen, die ohne weiteres zugaben, daß sie es mit A. nicht verderben wollten.
Die einzige negative Besprechung kam also von mir. Es war ein langer Diskussionsartikel in der "Zeitschrift für Dialektologie und Linguistik". Beim Verlag Niemeyer, der Augsts (von der DFG gefördertes) Buch verlegt hat, nahm man durchaus zur Kenntnis, was ich einzuwenden hatte: schwerste Bedenken gegen Methode und Kenntnisstand des Verfassers. Kein einziger Einwand ist widerlegt worden. Man war eher peinlich berührt, weil ich eben in aller Unschuld und Unabhängigkeit auf den nackten Kaiser gezeigt und die schlichte Wahrheit ausgesprochen hatte. Man lese das Buch und meine Besprechung und urteile selbst!
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Th. Ickler
eingetragen von Matthias Dräger am 28.10.2004 um 13.51
Der Fehler im Nachrichtenbrett ist immer noch nicht gefunden - und das neue Nachrichtenbrett funktioniert noch nicht so, wie man es vom bisherigen Nachrichtenbrett gewohnt ist, so daß ein Ersatz derzeit leider noch nicht sinnvoll ist. Die Bauarbeiten dauern also noch an.
Bitte legen Sie von wichtigen Beiträgen und Kommentaren zu Hause Kopien an, für den Fall, daß die von Ihnen eingestellte Nachricht versehentlich gelöscht werden sollte.
eingetragen von margel am 28.10.2004 um 10.38
Es fragt sich ja noch, ob man lieber in der Haut von Bodo Hombach stecken möchte. Entweder weiß er es nicht besser, oder er versucht zum xten Male den plumpen Trick: "Demokratisch legitimierte Institution" - wen meint er damit? Was gehen die "Regeln" der KMK die Presse und die Verlage an?
eingetragen von Christoph Kukulies am 28.10.2004 um 08.07
Hombach? Da war doch was?
Und offenbar wieder was neues:
http://www.abendblatt.de/daten/2004/05/04/290715.html
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Christoph Kukulies
eingetragen von Theodor Ickler am 27.10.2004 um 18.43
Börsenblatt
27. Oktober 2004
Hombach sagt Gegnern Niederlage voraus
Verlage könnten die Stimmung im Land nicht kippen
WAZ-Geschäftsführer Bodo Hombach hält die Rückkehr deutscher Verlage zur alten Rechtschreibung für einen „Akt der Selbstüberschätzung“. Das sagte er dem Politikmagazin „Cicero“.
„Ich möchte nicht in der Haut der Kollegen stecken, die geglaubt haben, dass sie die Stimmung im Land kippen können. Sie werden irgendwann zurückrudern und dabei ihr Gesicht wahren müssen“, so Hombach. Über die Rechtschreibreform lasse sich trefflich streiten. Mit der Ankündigung von „Spiegel“, „Welt“ und „Bild“, wieder zur alten Schreibweise zurückzukehren, sei aber eine Grenze überschritten worden. Regeln, die von einer demokratisch legitimierten Institution gesetzt werden, demonstrativ nicht zu befolgen oder aushebeln zu wollen, könne bei einem Staatsnotstand geboten sein. Den hätten die Kultusminister aber „sicher nicht ausgelöst“, betonte der ehemalige Kanzleramtsminister und SPD-Politiker in „Cicero“.
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Th. Ickler
eingetragen von J.-M. Wagner am 26.10.2004 um 22.19
Zitat:Wann ist diese Ausgabe von chrismon erschienen diesen Monat, oder ist das schon länger her?
Ursprünglich eingetragen von Fritz Koch
erklären eine Essayistin und ein Komiker,
Katharina Rutschky und Bastian Pastewka, in chrismon 10/2004
Oh, danke für den Hinweis, J. M., daß es sich lohnt, auch http://www.sprachforschung.org regelmäßig zu besuchen; von dort führte mich der Weg zu http://www.chrismon.de/ctexte/2004/10/cinhalt.html und damit zu den Antwort, daß es sich um die Oktober-Ausgabe handelt.
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Jan-Martin Wagner
eingetragen von Fritz Koch am 26.10.2004 um 15.23
Als Gustav Heinemann Bundespräsident wurde, fühlten wir uns nicht mehr als Untertanen, denn er forderte alle Bürger öffentlich zu Zivilcourage gegen amtliche Willkür auf.
Seit der Rechtschreibreform sollen wir wieder Untertanen sein, und Zivilcourage wird öffentlich beschimpft.
Als äußeres Zeichen wurde die Untertanen-Rechtschreibung verordnet. Nach alter deutscher Tradition haben sich ihr viele Deutsche freiwillig unterworfen. Wer weiter die Freie-Bürger-Rechtschreibung benutzt und sogar fordert, wird öffentlich beschimpft. Aber man kann jetzt bei jedem Deutschen an seiner Rechtschreibung außerhalb der Schule erkennen, wer Untertan oder Freier Bürger ist. Auch bei Zeitungs- und Buchverlagen gilt dieses Erkennungszeichen.
(Wer ganz genau wissen will, wie sich ein richtiger Untertan zu benehmen hat, sollte sich Wolfgang Staudtes Film 'Der Untertan' genau ansehen.)
– geändert durch Fritz Koch am 26.10.2004, 22.48 –
eingetragen von Reinhard Markner am 26.10.2004 um 13.16
Die Melancholie sitzt auf dem Sofa
Wilhelm Genazino nimmt den Büchnerpreis entgegen
Von Julia Schröder
Stuttgarter Zeitung, 25. 10. 2004
Zuweilen gähnt das Leben uns an wie ein leerer Tanzsaal. [. . .]
Dass einer ausgerechnet die Preisverleihungszeremonie in Darmstadt als Anlass für eine Rede über die Segnungen der Langeweile nutzt, darf man wohl getrost eben jener Ironie zuschreiben, die immer wieder (und nicht selten vielleicht ein bisschen zu schnell) mit Wilhelm Genazino in Verbindung gebracht wird. Schließlich besteht der Nachmittag, an dem außerdem noch der Johann-Heinrich-Merck-Preis für literarische Kritik und der Sigmund-Freund-Preis für wissenschaftliche Prosa verliehen werden, aus nicht weniger als sechs Ansprachen - drei Lob-, drei Dankreden -, zu denen auch noch allfällige Grußworte kommen. Der Akademiepräsident Klaus Reichert nutzte die Gelegenheit, ein paar Sottisen über die Rechtschreibreform auszugießen, woraufhin die Bundeskulturbeauftragte Christina Weiss es mit einer Art Verteidigungsrede versuchte, die (wie man in Ansehung der Akademiemitgliedschaft vermuten muss) im Saal auf mehrheitlich taube Ohren gestoßen sein dürfte.
Aber wie sagte Martin Mosebach, Laudator der Merck-Preisträgerin Anita Albus, so passend wie hoffnungsvoll? "Kulturen entwickeln dieselbe schlaue Geschicklichkeit, sich über ihre Unvollkommenheiten hinwegzutrösten wie der einzelne Mensch." Da war er mal wieder, der Moment, an dem sich im zufällig Zusammengefügten so etwas wie Verwandtschaft im Inneren zeigte. [. . .]
Ein Loblied auf die Langeweile
Büchner-Preisverleihung an Wilhelm Genazino
Von dpa-Korrespondent Ingo Senft-Werner
Wiesbadener Kurier, 25. 10. 2004
Ein Loblied auf die Langeweile hat Wilhelm Genazino bei der Verleihung des Georg-Büchner-Preises in Darmstadt gesungen. [. . .]
Akademiepräsident Klaus Reichert sprach indessen "vom Theater um die Rechtschreibreform", das ebenfalls auf der Herbsttagung besprochen wurde. Er kündigte an, dass die Akademie bei diesem Stück nicht mehr auftreten will, da ihr weder die Regie durch die Kultusministerkonferenz noch das Ensemble gefällt.
Herr gib uns Langmut
Von Jürgen Berger
Süddeutsche Zeitung, 25. 10. 2004
Es gab wohl selten Tagungen der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung, auf denen die einzelnen Stränge sich so zielgenau kreuzten wie an diesem Wochenende in Darmstadt. Da ist zum einen die Rechtschreibreform und die Ankündigung der Akademie, sie werde die von der Kultusministerkonferenz angebotenen zwei Sitze im Rat für Rechtschreibung ablehnen und sich nicht als Feigenblatt einer politischen Zwangsverwaltung von Sprache missbrauchen lassen. Die Entscheidung wurde während der Tagung gefällt. Da sind aber auch der diesjährige Büchnerpreisträger und eine während der Herbsttagung anberaumte Diskussion 'Wohin treibt das Theater'. [. . .]
Akademie gegen Schreib-Rat
Kölner Stadt-Anzeiger, 23. 10. 2004
Die Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung lehnt die Mitarbeit im neuen Rat für deutsche Rechtschreibung ab. Der Aufbau des Gremiums mit seinen 36 Mitgliedern sei falsch und dessen Arbeitsbedingungen unzulänglich, sagte Präsident Klaus Reichert auf der Herbsttagung am Freitag in Darmstadt. Die notwendige Anpassung müsse auf anderem Wege erreicht werden: "durch eine neu zu schaffende nichtstaatliche Instanz". Die Akademie sei bereit, an der Bildung einer solchen Arbeitsgruppe mit nicht mehr als sechs Mitgliedern mitzuarbeiten.
Die Präsidentin der Kultusministerkonferenz, Doris Ahnen (SPD) bedauerte die Entscheidung. "Ich verstehe die Kritik nicht", sagte Ahnen. Im Rat seien Wissenschaftler und Vertreter der Schreibpraxis vertreten. Zudem müssten auch Österreich und die Schweiz eingebunden werden. Dadurch erkläre sich die Größe des Rates." Literaturnobelpreisträgerin Elfriede Jelinek hatte zuvor die Akademie aufgefordert, in dem neuen Rat für die deutsche Rechtschreibung nicht mitzuarbeiten. Die Einladung der Kultusminister diene nur dazu, "uns und unsere Vereinigungen zu kompromittieren." Die deutsche Sprache brauche "keine Schriftsprachkammer".
(dpa)
eingetragen von Reinhard Markner am 24.10.2004 um 22.38
Nicht verwandt, verheiratet.
eingetragen von Christian Dörner am 24.10.2004 um 22.18
Ist Katharina Rutschky eigentlich mit Michael Rutschky verwandt, der seit Jahren frei von jeglichen Sachargumenten gegen die Reformkritiker wettert? So häufig scheint mir der Nachname nicht zu sein.
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Christian Dörner
eingetragen von Fritz Koch am 24.10.2004 um 21.33
erklären eine Essayistin und ein Komiker,
Katharina Rutschky und Bastian Pastewka, in chrismon 10/2004
Chrismon: Wann haben Sie das letzte Mal gedacht: "Das war aber spießig!"?
Rutschky: Das ist gar nicht lange her. Das war bei der Diskussion um die Rechtschreibreform. Die ganzen Leserbriefkaskaden und öffentlichen Statements gegen die Reform, die waren für mich spießig.
Chrismon: Was genau war daran spießig?
Rutschky: Das Kleinliche, Pedantische, Ängstliche: Und hinter dieser Ängstlichkeit spürt man eine ziemliche Aggressivität. Und das Ganze ist auch immer irgendwie restriktiv. Mit manchen konnte man über die Rechtschreibreform gar nicht mehr reden. Die Gegnerschaft ist eine Weltanschauung geworden. Dabei: Welcher normale Mensch beschäftigt sich eigentlich mit so einem Unsinn? Der Herr Denk zum Beispiel beschäftigt sich seit zehn Jahren mit der Rechtschreibreform! Der hat sich leider nie gefragt: Ist das deutsche Komma wirklich mein Leben wert? Über so was bin ich erschüttert. Dazu gehört Größenwahn und Sendungsbewußtsein.
Pastewka: Ich glaube auch, dass das Ganze nur deshalb so hochkocht, damit sich viele, viele Spießer profilieren können. Das schau ich mir dann, ehrlich gesagt, auch wieder ganz gern an. Da bin ich ger Voyeur.
Rutschky: Und was sehen Sie? Alte Männer, die sich wichtig tun und denen es auch offenbar an jeglicher Selbstironie fehlt. Reich Ranitzki, Walser oder Herr Muschg zum Beispiel, dem würde ich sagen: "Herr Muschg, Sie sind 71, halten Sie endlich die Klappe! Sie hocken nicht in der Schule und haben seit Jahren die neue Rechtschreibung gelernt!" Das Spießertum hat einen autoritären Charakter, das wird bei der Rechtschreibdebatte sehr deutlich: Was ich gelernt habe, das will ich nicht entwertet sehen durch eine vereinfachte Rechtschreibung, die die Kinder - die ja sowieso nichts taugen - jetzt lernen.
Pastewka: Ich hab die Rechtschreibreform immer nur unter dem Gesichtspunkt der komödiantischen Verwertbarkeit eingeordnet. Aber inzwischen tut es mir fast Leid, dass wir die Kritik an der Rechtschreibreform lange Zeit als Comedians weitertransportiert haben. Da muss ich mich fast dafür entschuldigen. Als ich merkte, dass die Welle gegen die Rechtschreibreform so hochschwappte, hab ich gesagt: Lasst uns sofort aufhören, keine Gags mehr über neue Wortschreibungen - wir machen es nur noch schlimmer. So wichtig ist Rechtschreibung nicht.
Chrismon: Jetzt sind es doch aber gerade die Literaten oder Publizisten wie der Chefredakteur des "Spiegel" oder ein Herausgeber der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung", die gegen die Reform sind. Sind das alles nur Kleingeister?
Pastewka: Nein. Das sind eben Leute, die sich gern mal öffentlich zu Wort melden.
Rutschky: Der Spießer-Impuls tritt auch immer dann auf, wenn ein gewisser Bedeutungsverlust befürchtet wird. Das ist bei den Literaten vielleicht der Fall. Ich kann's auch anders sagen: Jemand wie Grass, dem können Sie noch einen Nobelpreis geben der wird sich trotzdem überall aufplustern. Und das ist spießig. Dass jemand nicht seine Grenzen sehen will und nicht sagen kann: Jetzt machen wir mal halblang, ich blase mich nicht mehr auf. Bei den Schriftstellern gibt es sehr viele, die zu dieser Art moralischer Eitelkeit neigen. Und bei den Medienleuten - da ist das weniger spießig als vielmehr ein Putschversuch. Diese Medienleute sind besoffen von ihrer so genannten Macht. Die wissen nicht mehr genau, was sie können und was nicht. Und dabei entdecken sie plötzlich die so genannte "Mehrheit der Bevölkerung", das ist auch so ein Käse, plötzlich also "vox populi". Irre! Die wollen doch nur Krach machen und dazu noch vornehm sein.
eingetragen von Theodor Ickler am 24.10.2004 um 13.36
Man kann das I entweder nennen, so wie man auch die Null nennen kann, oder man kann es vorführen, wie man auch die 0 vorführen kann. Folglich kann man vom I-Punkt sprechen und sogar vom Punkt auf dem (kleinen) I, oder eben vom i-Punkt usw. Das ist doch logisch. Im Vorführfall handelt es sich eigentlich um ein Zitat, man sollte Anführungszeichen erwarten, aber die werden meist weggelassen.
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Th. Ickler
eingetragen von Detlef Lindenthal am 24.10.2004 um 09.00
Lieber Herr Malorny,
darüber habe ich auch schon nachgedacht. Jedoch haben wir hier, so meine Meinung, den seltenen Fall, daß mit einem neuen Wort, i-Punkt, nicht auf einen Laut oder ein anderes Wort Bezug genommen wird, sondern auf die graphische Darstellung dieses besonderen Buchstabens, und dann muß man auch diese graphische Darstellung geben und nicht eine andere (wenn auch mit ihr im Zusammenhang stehende).
Übrigens beginnen auch manche Fachbegriffe aus Physik, Astronomie, Chemie, Pharmazie, Medizin mit Kleinbuchstaben, auch aus dem griechischen Alphabet.
Ein weiteres Beispiel gibt es in der Typographie; die x-Höhe bezeichnet die Höhe des Kleinbuchstabens x eines Zeichensatzes. X-Höhe wäre etwas anderes.
siehe: http://www.galileodesign.de/glossar/gp/anzeige-7968/FirstLetter-X
– Würden Sie nunmehr meine Entsendung in den RfdR/KMK unsterstützen?
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Detlef Lindenthal
eingetragen von Detlef Lindenthal am 24.10.2004 um 08.51
Mein Kompromißvorschlag ist, daß der sinnvolle Teil der „Reform“ (i-Punkt) beibehalten wird und die nicht sinnvollen und/oder menschenrechtswidrigen Teile der „Reform“ (Wörterverbote, unlernbare Beliebigkeitsschreibungen, Ende der Unterrichtbarkeit der Kommasetzung, Leseerschwernisse, unsinnige Trennungen) zurückgenommen werden.
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Detlef Lindenthal
eingetragen von Klaus Malorny am 24.10.2004 um 08.39
Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Detlef Lindenthal
Nicht daß jetzt alle von mir denken, ich wäre vollständig gegen die „Reform“; sie hat durchaus auch einen Vorteil:
vor der „Reform“ hieß es
I-Punkt (Duden _20, S. 365);
„reformiert“ heißt es nun
i-Punkt (Duden _23, S. 506).
Nur letztere Schreibweise ist richtig, denn der Großbuchstabe I hat keinen Punkt.
Hallo Herr Lindenthal,
man kann sich darüber streiten, ob groß oder klein, ich bin da relativ leidenschaftslos. Jedoch lasse ich Ihr Argument nicht gelten und muß Ihnen widersprechen: Der Inhalt darf m.E. nicht auf die Syntax abfärben, nur weil es zufälligerweise um sie geht. Mit dieser Argumentation könnte ich sonst auch GROSSSCHREIBUNG, kleinschreibung, gnubierhcS-sknil-hcan-sthcer rechtfertigen ;-)
Gruß
Klaus Malorny
eingetragen von Georg Zemanek am 24.10.2004 um 08.10
Herr Lindenthal,
und welchen Kompromißvorschlag würden Sie der Politik anbieten? Z.B. daß alle Substantive vom Staat und alle anderen Schreibweisen in bewährter Weise wie bisher von der Sprachgemeinschaft ohne Vorschrift geregelt werden? Als Verhandlungsmasse bieten sich für die zweite Lesung dann die Adjektive an...
eingetragen von Detlef Lindenthal am 23.10.2004 um 21.19
Zitat:Hiermit bitte ich alle Foristen (insbesondere die, die hier unter mir zu leiden hatten), mich zum Rat für deutsche Rechtschreibung, Abt. KMK, wegzuloben.
Matthias Dräger schrieb:
Experten dringend gesucht!
Einer der beiden Plätze, die jetzt durch die fällige Absage der Darmstädter Akademie für Sprache und Dichtung noch nicht mit zuverlässigen Leuten besetzt sind, könnte doch von dem bekannten Sprecher der Praktiker Bau- und Heimwerkermärkte AG in Kirkel in der Pfalz, Herrn Markus Frey, eingenommen werden.
Prof. Gerhard Augst kennt sicher noch einen anderen guten Bekannten, der sich für den Rat zur Verfügung stellt - und die Sache wäre wieder geritzt, der Schein gewahrt.
Hauptsache, es gibt einen Rat, auf den man alle Hoffnungen setzen kann, alles andere interessiert doch nicht.
Als weiteren Vertreter der „Reform“kritiker möchte ich Herrn Wasmut Reyer, Begründer der Argumentationsanalyse und damit geistigen Vater der neuzeitlichen Rundfunkinterviewtechnik und außerdem verdienten Rechtschreibschützer, vorschlagen.
Denn ich meine, wir sollten die Einladung von Frau Ahnen, daß die gröbsten Fehler der Reform noch beseitigt werden sollen, annehmen.
Zur Ausbesserung der gröbsten Fehler will ich mich dafür einsetzen,
– daß in den Schulen gleich die lesefreundliche Erwachsenen-Kommasetzung gelernt und gelehrt werden darf, wie sie in allen deutschen Zeitungen erforderlich ist;
– daß keine deutschen Wörter verboten werden;
– daß der Versuch mit den verwirrenden, unlernbaren Variantenschreibungen beendet wird (Foto und Photo dürfen bleiben),
– daß auch die Schweizer zwecks Einheitlichkeit das ß benutzen dürfen;
– daß die ss/ß-Frage so beantwortet wird, wie die wenigsten Fehler entstehen (nach so vielen Jahren der Praxis ist mit Sicherheit ein statistisch signifikanter Vergleich möglich, etwa durch Untersuchung von Abituraufsätzen oder Zeitungen);
– daß die Silbentrennung wieder wortgerecht, silbengerecht und lesefreundlich erfolgt (und nicht alla- bendlich, bein- halten, Messer- gebnis, Kons- tanz, konst- ruieren, Sitze- cke, Tee- nageri- dol, Urin- stinkt, Uro- ma, vere- helichen, siehe Duden _23), und Ruma- roma (nicht im Duden).
Und ich werde mich mit Nachdruck dafür einsetzen, daß die im bereits bestehenden Rat für deutsche Rechtschreibung, Ortsgruppe München, versammelten Fachleute regelmäßig gehört und mit Vetorecht an den Entscheidungen beteiligt werden.
Gerne gestalte ich auch die (übrigens seinerzeit von mir vorgeschlagene) Netzseite für den RfdR.
Außerdem freue ich mich darauf, mit echten „Reformern“ fachsimpeln und beratschlagen zu dürfen.
Nicht daß jetzt alle von mir denken, ich wäre vollständig gegen die „Reform“; sie hat durchaus auch einen Vorteil:
vor der „Reform“ hieß es
I-Punkt (Duden _20, S. 365);
„reformiert“ heißt es nun
i-Punkt (Duden _23, S. 506).
Nur letztere Schreibweise ist richtig, denn der Großbuchstabe I hat keinen Punkt.
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Detlef Lindenthal
eingetragen von Monika Chinwuba am 22.10.2004 um 20.50
Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Fritz Koch
die z.B. in der Gebäudemodernisierung viel mit älteren Hausbesitzern zu tun haben, bleiben bei deren gewohnter Rechtschreibung
Das kann ich bestätigen.
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Monika Chinwuba
eingetragen von Matthias Dräger am 22.10.2004 um 20.35
Einer der beiden Plätze, die jetzt durch die fällige Absage der Darmstädter Akademie für Sprache und Dichtung noch nicht mit zuverlässigen Leuten besetzt sind, könnte doch von dem bekannten Sprecher der Praktiker Bau- und Heimwerkermärkte AG in Kirkel in der Pfalz, Herrn Markus Frey, eingenommen werden.
Prof. Gerhard Augst kennt sicher noch einen anderen guten Bekannten, der sich für den Rat zur Verfügung stellt - und die Sache wäre wieder geritzt, der Schein gewahrt.
Hauptsache, es gibt einen Rat, auf den man alle Hoffnungen setzen kann, alles andere interessiert doch nicht.
eingetragen von Fritz Koch am 22.10.2004 um 20.32
im amtlichen Rat für Rechtschreibung ablehnen, könnten stattdessen im nichtamtlichen Rat für Rechtschreibung gemeinsame Gegenvorschläge veröffentlichen. Da die deutsche Rechtschreibung jetzt in zwei Varianten gespalten ist, muß es entsprechend auch zwei Räte für Rechtschreibung geben. Für ein regelrechtes Schisma gehört das so. Vielleicht sollte der nichtamtliche Rat die Institutionen, die die Mitarbeit im amtlichen Rat ablehen, zur Mitarbeit einladen. Alle haben gesehen, daß bei Ignoranten Argumente nichts bewirken, sondern nur Gegendruck wirkt.
eingetragen von margel am 22.10.2004 um 20.13
In den mir zugehenden Katalogen sog. moderner Antiquariate (Taubert, Conlibro, Akzente, Rhenania) wird fast ausnahmslos die normale Rechtschreibung verwendet.
eingetragen von Fritz Koch am 22.10.2004 um 20.06
die z.B. in der Gebäudemodernisierung viel mit älteren Hausbesitzern zu tun haben, bleiben bei deren gewohnter Rechtschreibung, denn die Kunden wählen das Angebot, das am lesbarsten und verständlichsten ist, und seriöse Firmen wollen Mißverständnisse vermeiden und Vertrauen gewinnen. Der Markt richtet es, in diesem Fall die größere Kaufkraft der Älteren.
eingetragen von Ursula Morin am 22.10.2004 um 17.56
Inwieweit diese Umfrage repräsentativ ist, weiß ich nicht. Sie stimmt jedenfalls nicht mit dem Eindruck den ich bei Gesprächen mit meinen Kunden in der Industrie habe. Gut zwei Drittel veröffentlichen weiterhin in bewährter Rechtschreibung.
Es gibt allerdings hier auch große Unterschiede zwischen den Branchen. In der Informationstechnik hat man eine gewisse Vorliebe für die ss-Schreibung, ist aber sonst kaum gewillt (oder in der Lage), sich in die neuen Regeln zu vertiefen.
Bei eher konservativen Branchen und insbesondere bei qualitätsbewußten Kunden mit relativ teuren Produkten wird weiterhin die "klassische Rechtschreibung" bevorzugt. Wem gehört eigentlich das Handelsblatt? Handelt es sich hier vielleicht auch wieder um eine Propagandalüge?
eingetragen von margel am 22.10.2004 um 17.37
Ich glaube, es war H. Spiegel in der F.A.Z., der kürzlich die als Rechtschreibpraktiker apostrophierten Verleger, Lehrer, Journalisten richtig als Opfer der Reform bezeichnete. Das schließt nicht aus, daß auch Kriegsgewinnler dabei sind. - Es gibt Listen der überflüssigen Dinge, die niemand braucht. Dazu zählt gewiß ein "Rat für deutsche Rechtschreibung". Übrigens auch der sogenannte Ethikrat.
eingetragen von margel am 22.10.2004 um 16.07
Doris Ahnen ist vom Pferd aufs Boot gekommen. Nächstens wird sie uns noch erzählen, nur wer im Flugzeug sitze, könne die Richtung mitbestimmen. - Und schon wieder hat sie nichts verstanden, laut eigener Aussage.
eingetragen von Theodor Ickler am 22.10.2004 um 15.43
RAT FÜR DEUTSCHE RECHTSCHREIBUNG
(Spiegel online)
Noch bevor er seine Arbeit aufgenommen hat, sieht sich der neu gegründete Rat für deutsche Rechtschreibung harscher Kritik ausgesetzt: Die Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung hat die Mitarbeit in dem Gremium abgelehnt. Der Sprachwissenschaftler Peter Eisenberg bezeichnete den Rat als nicht arbeitsfähig.
Darmstadt - Der Aufbau des Gremiums mit seinen 36 Mitgliedern sei falsch und dessen Arbeitsbedingungen unzulänglich, sagte der Präsident der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung, Klaus Reichert, auf der Herbsttagung der Akademie in Darmstadt. Die notwendige Anpassung der Rechtschreibreform, die der Rat auf Geheiß der Kultusministerkonferenz (KMK) vornehmen soll, müsse auf anderem Wege erreicht werden: "durch eine neu zu schaffende nichtstaatliche Instanz". Die Akademie sei bereit, an der Bildung einer solchen Arbeitsgruppe mitzuarbeiten, sie sollte jedoch nicht mehr als sechs Mitglieder haben.
KMK-Präsidentin Doris Ahnen (SPD/Rheinland-Pfalz) bedauerte die Entscheidung. "Ich verstehe die Kritik nicht", sagte sie gegenüber der Nachrichtenagentur dpa. Im Rat seien Wissenschaftler und Vertreter der Schreibpraxis vertreten. Zudem müssten auch Österreich und die Schweiz eingebunden werden. Dadurch erkläre sich die Größe des Rates. Wenn man Journalisten, Verlegern und Lehrern Sprachkompetenz absprechen wolle, "dann haben wir in der Tat einen Dissens". Ahnen forderte die Akademie auf, ihre Position zu überdenken: "Nur wer im Boot sitzt, kann mitentscheiden, wo es hingeht."
Dem Rat für deutsche Rechtschreibung sollen insgesamt 18 Vertreter aus Deutschland angehören, neben Sprachwissenschaftlern auch Praktiker wie Journalisten, Lehrer, Autoren, Buch- und Zeitungsverleger. Je neun weitere Vertreter werden von Österreich und der Schweiz benannt. Der Akademie wurden zwei Sitze angeboten. Der Rat soll langfristig die Entwicklung der Rechtschreibung beobachten und in den besonders strittigen Fällen der Reform Änderungsvorschläge machen. Zu den Problemfällen gehören vor allem die Getrennt- und Zusammenschreibung, eingedeutschte Fremdwörter, Zeichensetzung und Trennung. Am 1. August 2005 soll die neue Rechtschreibung in Schulen und Behörden endgültig verbindlich werden.
Der Potsdamer Sprachwissenschaftler Peter Eisenberg, der zu den scharfen Reformkritikern zählt, bezeichnete in Darmstadt den Rat als nicht arbeitsfähig: "Wir sind schon tot, bevor wir da sitzen."
Die meisten seiner Mitglieder seien Interessenvertreter und hätten keine Ahnung von Sprache. "Ich bestreite, dass das Palaver-Gremium zu sinnvollen Ergebnissen kommen kann." Eisenberg hatte anfangs selbst an der Rechtschreibreform mitgearbeitet. Als er sich mit seinen Positionen nicht durchsetzen konnte, war er aus der Kommission ausgetreten.
Die Akademie für Sprache und Dichtung werde jetzt auch ihre Vermittlungsbemühungen aufgeben, da die Politik über Jahre ihre Verbesserungsvorschläge ignoriert habe, kündigte Eisenberg an. "Dabei haben wir weit reichende Zugeständnisse gemacht, etwa indem wir die Regelung mit dem ss akzeptierten." Der Zustand der deutschen Schreib- und Lesesprache sei inzwischen in einem katastrophalen Zustand. "Noch nie hat sich eine Kultursprache selbst so ruiniert." Mit bloßem Aussitzen könne die fortschreitende Beliebigkeit der Rechtschreibung nicht mehr beseitigt werden. Das Problem müsse ein kompetentes Gremium mit Sprachwissenschaftlern und Schriftstellern in die Hand nehmen.
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Th. Ickler
eingetragen von Theodor Ickler am 22.10.2004 um 13.45
Die Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung lehnt die Mitarbeit im "Rat für deutsche Rechtschreibung" ab.
(Näheres in Kürze.)
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Th. Ickler
eingetragen von Fritz Koch am 22.10.2004 um 12.36
Mit "alter" und "neuer" Rechtschreibung erzielt man keine Wirkung.
Aber mit dem Argument "die Bessere Rechtschreibung statt der Schlechteren Rechtschreibung" packt man sie bei der Ehre, denn zum hochwertigen Produkt gehört die hochwertige Werbung und Beschreibung, folglich zum bestmöglichen Produkt die bestmögliche Werbung und Beschreibung, und das heißt in der bestmöglichen Rechtschreibung. Miserable Rechtschreibung kennen wir alle von asiatischen Produkten.
Man muß Industrie und Handel fragen:
"Wollt Ihr etwa eure guten Produkte mit der Schlechteren Rechtschreibung bewerben und beschreiben, die eure guten Produkte entwertet?
Die Kunden, die sich über die Schlechtere Rechtschreibung in Werbung und Beschreibung ärgern, werden nie begeisterte Kunden. Nur 11 Prozent der Deutschen mögen die Schlechtere Rechtschreibung, und sind Schüler Eure Hauptkunden?
'Made in Germany' erleidet durch die Schlechtere Rechtschreibung einen Ansehensverlust, den wir uns nicht leisten können.
Die Bessere Rechtschreibung für die Produkte ist eine gute Verkaufsförderung.
In Industrie und Handwerk arbeiten doch keine Schüler, denen das Schreiben erleichtert werden soll, sondern Profis, die sich auch die Profi-Rechtschreibung schuldig sind."
eingetragen von Matthias Dräger am 22.10.2004 um 08.35
Die Unternehmen wollen bei der Rechtschreibreform bleiben. Eine Handelsblatt-Umfrage blegt, dass mehr als 70 Prozent der Unternehmen die Rücknahme der Rechtschreibreform ablehnen. Ganz anders als die Bevölkerung.
Die Kommentare aus der Wirtschaft fielen harsch aus: „Andere Länder begleiten die Diskussion um die Rechtschreibung belustigt und kopfschüttelnd zugleich“, urteilt Markus Frey, Sprecher der Praktiker Bau- und Heimwerkermärkte AG in Kirkel in der Pfalz. Und: Die „Kampagne der Zeitungsverlage gegen die Rechtschreibreform ist zutiefst reaktionär“.
Auch aus anderen Unternehmen kommt deutliche Kritik: „Einige selbst ernannte Sprachpäpste machen sich mit Unbedeutendem wichtig“, wettert man bei einem Verkehrsunternehmen in Sachsen-Anhalt. Der Tenor der Handelsblatt-Umfrage unter den 1 500 größten Unternehmen in Deutschland war eindeutig: 71 Prozent der Befragten lehnen die Rücknahme der Rechtschreibreform ab. Die Antwortquote lag bei 20 Prozent. Das Ergebnis: 70 Prozent der Unternehmen haben die Rechtschreibreform bereits umgesetzt – auch wenn sie erst im August 2005 verbindlich wird.
Die Motive im Einzelnen: Viele der Befragten fürchten, dass erneut Kosten entstünden, wenn es zu einer Rolle rückwärts käme. Zu ihnen gehören zum Beispiel der Versicherer Axa aus Köln, die Stadtsparkasse München oder die LVM Versicherungen aus Münster. Diese Ausgaben lassen sich freilich kaum quantifizieren, bedauert etwa die L-Bank aus Karlsruhe. Die Umstellung auf neue Schreibweisen erfolgte bei ihnen peu à peu – immer wenn ein neues IT-Update oder eine neue Broschüre fällig wurde. Zumindest im Nachhinein konnten manche Unternehmen jetzt angeben, was sie die Rechtschreibreform seit 1998 gekostet hat. Ein IT-Dienstleister bezifferte die Summe mit über einer Million Euro.
Was jedoch viel stärker ins Gewicht fällt als die Kosten, die man in Euro ausdrücken kann, ist die Verwirrung. Wolfgang Franke, Kommunikationschef der Techem AG aus Eschborn bei Frankfurt, schwant: „Mit Zickzackkursen würden wir nur die Betroffenen verunsichern – so wie es heute leider in vielen Bereichen tagtäglich geschieht.“ Auch seine Kollegin Arantxa Dörrie vom Baumaschinenhändler Zeppelin in Garching bei München: „Das würde noch mehr Chaos verursachen als bislang.“ Auch bei Airbus Deutschland in Hamburg heißt es: bloß „keine Doppelaktivitäten“.
Lesen Sie weiter auf Seite 2: Nächste Kundengeneration wächst mit neuer Schreibweise heran
http://www.dmeuro.de/dmwwwangebot/fn/dmo/SH/0/depot/0/sfn/builddm/id/7489!214891/cn/d/cn_map/0/brt/1/index.html
Kommentar (MD):
Also, das bestehende Chaos reicht?
Frage: Waren die Verhältnisse vor der Rechtschreibreform auch chaotisch? Ist jemand, der diesen Zustand anstrebt und dem das derzeitige Chaos „Leid" ist, reaktionär?
Markus Frey, Sprecher der Praktiker Bau- und Heimwerkermärkte AG in Kirkel in der Pfalz: „Die Kampagne der Zeitungsverlage gegen die Rechtschreibreform ist zutiefst reaktionär“.
Wäre Herr Frey nicht ein vollwertiger Ersatz, wenn die Darmstädter Akademie sich nicht mehr vor den Karren der Reformer spannen lassen will und auf ihre beiden Alibi-Sitze im tollen Rat für deutsche Rechtschreibung verzichtet?
Mit Markus Frey würde der KMK-abhängige Rat seiner ursprünglichen Bestimmung wieder einen Schritt näherkommen.
Bernd Pfarr hätte übrigens den Rat so, wie er jetzt geplant ist, kaum besser orchestrieren können - es fehlt nur noch der Bundeskanzler, dann wär's perfekt!
eingetragen von Theodor Ickler am 21.10.2004 um 17.06
Rechtschreibreform
Elfriede Jelinek: Wir sind keine Mitmacher
21. Oktober 2004 In einem Brief an ihre Kollegen von der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung ruft die Literaturnobelpreisträgerin Elfriede Jelinek zum Boykott des geplanten Rates für deutsche Rechtschreibung auf. Das Gremium soll im Auftrag der Kultusministerkonferenz die gröbsten Unstimmigkeiten der Reform beseitigen. Zwei der 36 Ratsmitglieder kommen aus der Akademie, die einen eigenen Entwurf zur Rechtschreibreform vorgelegt hat und derzeit ihre Herbsttagung abhält. Wir dokumentieren den Brief. (igl.)
Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen,
wie zu hören und zu lesen ist, wollen die deutschen Unterrichtsminister uns einbinden. Sie wollen die Kritiker der Rechtschreibreform, also uns, oder doch jedenfalls die allermeisten von uns, einwickeln, indem sie uns Sitz und Stimme geben. Gleich zwei sogar der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung, weil die so freundlich gewesen ist, einen Kompromißvorschlag auszuarbeiten. Wobei der Vorschlag selbst die Minister überhaupt nicht interessiert hat, bloß das Zuvorkommen, das darin lag, ihn zu unterbreiten.
Der Herr Blüml soll also abtreten, unser Wiener Stadtschulhofrat, der seine Reform, die ihren Namen nicht verdient, mit der These verteidigte, daß Rechtschreibung nichts mit Sprache zu tun habe. Abtreten soll die im zwischen den Staaten liegenden Niemandsland dieser orthographielosen Sprache wirkende Kommission, der er vorstand. Und an die Stelle der Zwischenstaatlichen Kommission soll ein neues Gremium treten, ein Rat für deutsche Rechtschreibung.
Das ist alles so sinnlos wie der Vorgang, um den es geht. Die deutsche Sprache hatte keine Rechtschreibreform nötig, schon gar nicht diese vollständig mißratene, und sie braucht auch keine Schriftsprachkammer, die den Kultuswarten der Länderregierungen unverbindliche Vorschläge zur behutsamen Anpassung des von seinen Autoren (hier tatsächlich getrennt zu schreiben:) so genannten amtlichen Regelwerks an die grammatische Realität macht. Und wir können, wir dürfen uns an dieser bürokratischen Anmaßung nicht beteiligen, weil die Einladung an uns nur dazu dient, uns und unsere Vereinigungen zu kompromittieren. Wir, jedenfalls die allermeisten von uns, sind keine Mitmacher dieser Reform. Wir sind nicht irgendwelchen Autoritäten, die uns etwas „vorschreiben” wollen, hörig, und wir sind auch nicht auf Kompromißsuche. Zweitbeste Lösungen sind nicht unsere Sache, weil wir Perfektionisten der Sprache sind.
Deshalb möchte ich Sie bitten, das Angebot der Minister auszuschlagen.
Mit freundlichen Grüßen
Elfriede Jelinek
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Th. Ickler
eingetragen von Fritz Koch am 20.10.2004 um 18.01
schlage ich als zutreffendere Bezeichnungen der alten und der neuen Rechtschreibung vor.
Es geht nicht mehr um die alte Rechtschreibung der Alten und die neue Rechtschreibung der Jungen, sondern nur noch um die bessere oder schlechtere. Daß die alte die bessere ist, haben alle Politiker mehrfach zugegeben. Deshalb darf sie zu recht auch so genannt werden.
Damit ist klar, daß alle Printmedien das unbestreitbare Recht haben, ihre Produkte in bestmöglicher Qualität auszuliefern, besonders wenn die bessere Qualität nicht mehr kostet.
Es wäre grotesk, wenn sie mit Rücksicht auf die den Schülern gelehrte Schlechtere Rechtschreibung auf die ohne Mehrkosten mögliche Bessere Rechtschreibung verzichten würden. Es kommt selten genug vor, daß die bessere Qualität nicht mehr kostet als die schlechtere.
Für die Schüler ist es ein Gewinn, außer der Schlechteren Rechtschreibung in der Schule wenigstens außerhalb der Schule auch die Bessere Rechtschreibung kennenlernen zu können. Deshalb ist es nötig, daß die Printmedien die Bessere Rechtschreibung drucken, gerade wegen des Gegensatzes zur Schlechteren der Schule und um sich positiv von dieser abzuheben und um zu zeigen, daß es die Bessere Rechtschreibung gibt.
eingetragen von Karin Pfeiffer-Stolz am 20.10.2004 um 12.13
Haben Sie den Steinbrocken fallen hören? Vom Herzen.
Aus ganzem Herzen: Dankeschön!
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Karin Pfeiffer-Stolz
eingetragen von Matthias Dräger am 20.10.2004 um 11.42
Hier baut die Redaktion Rechtschreibreform.com
wegen der Bundesrepublik Deutschland
ein neues Nachrichtenbrett auf für alle, die weiter normal schreiben möchten.
Baubeginn: 20. Oktober 2004
Voraussichtliche Fertigstellung: 22. Oktober 2004
Liebe Frau Pfeiffer-Stolz,
wir sind dabei, ein neues Nachrichtenbrett mit erweiterter Suchfunktion einzubauen. Das soll bis Freitag dieser Woche geschehen.
Das bisherige Nachrichtenbrett hat einen technischen Defekt und sollte daher derzeit nicht benutzt werden.
eingetragen von Karin Pfeiffer-Stolz am 20.10.2004 um 10.49
Was, um Himmelswillen, ist mit rsr.com los?
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Karin Pfeiffer-Stolz
eingetragen von margel am 20.10.2004 um 09.02
Oder: Ich kenne keine Parteien mehr, ich kenne nur noch Räte. Mit ins Boot sollen die Unbotmäßigen, damit sie rudern, wie es der Steuermann KMK befiehlt. Das Boot aber ist leck, und die Ratten betreten das sinkende Schiff.
eingetragen von Theodor Ickler am 20.10.2004 um 03.32
Man kennt sich
ich-ag der woche
In den Feuilletons ist man sich einig: Die Wahl des ostdeutschen Schriftstellers Christoph Hein zum künftigen Intendanten des Deutschen Theaters sei ein Fehlgriff des Berliner Kultursenators Thomas Flierl. »Tollkühne Wahl«, schrieb der Spiegel, »kleine kuschel-nostalgische Lösung«, kommentierte die Welt, von einer »viel zu großen Aufgabe« sprach der Tagesspiegel, und der jetzige Intendant des Theaters, Bernd Wilms, gab süffisant zum Besten: »Ich finde es gut, dass ein frischer, knackiger Dichter in einem neuen Beruf eine Chance bekommt.« Denn Hein ist alles Mögliche, aber nicht gerade ein Theatermann. Er war schon Dozent für Poetik, PEN-Präsident und seit 1992 ist er einer von zwei Verbliebenen im Herausgeberkreis der Wochenzeitung Freitag. Für Senator Flierl ist Hein ein »Seiteneinsteiger par excellence«. Ein schlechter Intendant muss er deswegen nicht sein. Die Häme des Feuilletons ist unfair. Trotzdem fragt man sich, wie Flierl ausgerechnet auf Hein gekommen ist.
Hein engagiert sich gegen Rechtsextremismus, gegen Globalisierung, gegen »unpatriotische« Steuerflüchtlinge, für das sowjetische Ehrenmal in Berlin-Treptow, gegen den Irakkrieg, gegen die Agenda 2010 und den Kosovo-Krieg. Nicht beteiligt hat er sich hingegen an dem Boykott der neuen Rechtschreibung und hat – Respekt! – als einer von ganz wenigen Autoren einen seiner Romane sogar nachträglich nach den neuen Regeln umschreiben lassen.
Waren vielleicht politische Gründe für die Entscheidung Flierls ausschlaggebend? Senator Flierl ist PDS-Mitglied und Hein hat durchaus Ambitionen in dieser Richtung. Man kennt sich. Und Heins Freitag hat zwar offiziell nichts mit der PDS zu tun, steht der Partei jedoch auch nicht völlig fern. Und das nicht nur weil der Geschäftsführer in der Berliner PDS aktiv ist. Nostalgische Lösung? Politische Interessen? Sagen wir doch einfach Filz.
claudia schreier
__________________
Th. Ickler
eingetragen von Klaus Eicheler am 19.10.2004 um 22.47
Zitat:
„Wir wollen, dass die Kinder in den Zeitungen dieselbe Rechtschreibung lesen, die sie in der Schule lernen.“
Das kann man auch so sagen: Wir wollen, daß die Kinder der Schule dieselbe Rechtschreibung lernen, die sie in den Zeitungen (Qualitätsliteratur eingeschlossen) lesen.
Oder: Wir wollen, daß der Hund mit dem Schwanz wedelt. Nicht der Schwanz mit dem Hund.
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Klaus Eicheler
eingetragen von margel am 19.10.2004 um 20.34
Bei Schreier war es der "Strang", bei Stoiber ist es das "Boot". Gemeint ist jedesmal die reuige Rückkehr der abweichlerischen Zeitungen und Verlage zur reformierten Schreibung, die Selbstgleichschaltung im Sinne der KMK. Dabei wäre es so einfach: Bringt den Kindern in der Schule die normale Rechtschreibung bei!
eingetragen von Matthias Dräger am 19.10.2004 um 19.45
Yahoo Nachrichtenüberblick, 19. 10. 2004, 18.00 Uhr:
Bayerns Ministerpräsident Stoiber fordert die Befürworter und Gegner der umstrittenen Rechtschreibreform zur Zusammenarbeit im künftigen Rat für Deutsche Rechtschreibung auf. Er betonte, in dem Rat sollten vor allem auch bedeutende Schriftsteller und große Verlage vertreten sein. Stoiber fügte hinzu: „Auch die Verlage, die zu der alten Rechtschreibung zurückgekehrt sind, sollten wieder mit ins Boot. Wir wollen, dass die Kinder in den Zeitungen dieselbe Rechtschreibung lesen, die sie in der Schule lernen.“
Kommentar (MD):
Wenn man will, daß die Kinder in den Zeitungen die gleiche Rechtschreibung lesen, die sie in der Schule lernen, darf man keine Rechtschreibreform machen - so einfach ist das.
eingetragen von Matthias Dräger am 19.10.2004 um 18.17
Was nach wie vor erkannt werden muß
Es gibt nur zwei Möglichkeiten, einen s-Laut am Ende oder Silbenende eines deutschen Wortes zu schreiben: s oder ß. Das neue Regelwerk macht die Sache komplizierter; denn nun gibt es drei Möglichkeiten: s, ss und ß. Die mathematische Wahrscheinlichkeit, hier Fehler zu machen, hat also um 50 Prozent zugenommen. Das wird in der Schulpraxis bestätigt. Schüler haben Probleme, die Länge oder Kürze eines Vokals zu erkennen. Deshalb nützt ihnen die neue ss-Regel nichts, und sie schreiben zum Beispiel Spass, Fussball oder sogar aussen und heiss. Solche Fehler werden nicht gemacht, wenn am Schluß oder Silbenende grundsätzlich kein ss stehen darf, gleichgültig, ob der vorausgehende Vokal kurz oder lang ist. Bewährte Merkhilfe: „ss am Schluß bringt Verdruß!“ Der häufigste Fehler bei Diktaten wurde bei „das“ und „daß“ gemacht. Daran hat sich auch durch die Umstellung auf „das“ und „dass“ nichts geändert. Nach wie vor muß erkannt werden, ob es sich um ein Geschlechtswort, ein Fürwort oder ein Bindewort handelt. Viele zusammengesetzte Wörter sind durch die ss-Schreibung wesentlich schwerer zu lesen als bei Verwendung des ß, zum Beispiel Messergebnis, Passersatz, Nussecke, hasserfüllt, Flusssand, Schlussserie, Schlosssaal, Flussschifffahrt. Da das ß eine optische Zäsur darstellt, ist das Wortbild schneller zu erfassen: Meßergebnis, Paßersatz, Nußecke, haßerfüllt, Flußsand, Schlußserie, Schloßsaal, Flußschiffahrt.
Hans-J. Richter, Immenreuth
Nicht Fraktur, sondern Ligatur der Cancelleresca
Zu „Lob der Rechtschreibung“ von Professor Dr. Horst Haider Munske (F.A.Z. vom 4. Oktober): Auf der Titelseite der Frankfurter Allgemeinen vom 4. Oktober ruft der Bundespräsident: „Wir haben zuviel Staat“, und der Artikel darunter bestätigt genau das. Der Ministerpräsident von Bayern bestimmt, daß das „dass“ und andere Schreibweisen, die er für richtig hält, bleiben können. Warum glaubt er, zu so einer Aussage berechtigt zu sein? War es nicht sein damaliger Kultusminister Zehetmair, der einer der entschiedensten und uneinsichtigsten Verfechter dieser Schreibreform war, und war es nicht Edmund Stoiber, der vor noch gar nicht langer Zeit an diesem Werk festhalten wollte. Läse der bayerische Ministerpräsident die F.A.Z., könnte er mit Hilfe von Professor Munske mehr Einsicht gewinnen, vorausgesetzt, er wäre dazu bereit. Professor Munskes Erklärung, wie das ß entstanden ist, sollte er jedoch nicht übernehmen.
Soweit ich dies aus dem Studium historischer Schriften ableite, stammt das ß nicht aus der Frakturschrift, sondern aus einer Ligatur (langes „s“, kurzes „s“) der Cancelleresca, die in der Renaissance von Humanisten wie Arrighi (Ludovicus Vincentinus) und Bernardino Cantaneo geschrieben und von Kardinal Bembo gefördert wurde. Alle Erklärungen, die eine Herkunft des ß aus dem Fraktur-sz ableiten wollen, sind nicht schlüssig.
Benno Aumann, München
Ein Lob der kompetenten Argumentation
Zum Artikel „Lob der Rechtschreibung“ von Horst Haider Munske (F.A.Z. vom 4. Oktober): Wer nach diesem klaren, geduldigen und kenntnisreichen Aufsatz nicht überzeugt ist oder wenigstens aufhorcht und neu nachdenkt, dem ist nicht zu helfen. Mir zeigte sich wieder einmal, daß erstens zum plausiblen Argumentieren ein genügend weiter historischer und systematischer Hintergrund gehört, daß man zweitens davon erzählen können muß und daß drittens diese Fähigkeiten nicht ohne eine (altmodische?) Liebe zur Sprache zu haben sind. Kann man eine solche Liebe, die in der Regel mit der eigenen auch die fremden Sprachen umfaßt, bei der Mehrzahl der Deutschlehrer und Germanistik-Studenten sowie bei Journalisten voraussetzen? Kann man sie vermitteln? Man sollte es zumindest versuchen und sich vom Niveau akademischer Seminargespräche auch in die „Niederungen“ (aber es sind keine) von Grundschulen, Kindergärten und Kinderbuch-Redaktionen begeben. Kluger Umgang mit Sprache macht Freude, kann sogar ausgesprochen vergnüglich sein, und unsere Kinder, die in manchem besser sind als ihr Ruf, haben Anspruch auf kompetente Vermittlung unserer Sprachkultur.
Christa Wißkirchen, Pulheim
Frankfurter Allgemeine Zeitung, Nr. 245 / Seite 8
eingetragen von Norbert Schäbler am 19.10.2004 um 12.19
Bericht aus dem Bayernkurier/Nr. 41/9.10.2004/S.24 - versehen mit einem eigenen abschließenden Kommentar
Überschriften: Engagiertes Plädoyer für die Vernunft
Konferenz der Ministerpräsidenten: Edmund Stoiber will die größten Ungereimtheiten der Rechtschreibreform ausmerzen
Vorspann: Dieser Tage haben sich die Ministerpräsidenten der Länder auf ihrer Konferenz in Berlin auch mit der neuen Rechtschreibung befasst. Bayerns Regierungschef Edmund Stoiber hat dabei ein Verbesserungspaket vorgelegt, das auf einem Memorandum seines früheren Kultusministers Hans Zehetmair basiert.
Text: Wenn der O-pa mit der O-ma in die O-per geht, dann wird es ihnen schwer fallen, das wohl bekannte Werk schlecht zu machen. Kein Witz, sondern nach den gültigen Regeln der neuen deutschen Rechtschreibung verfasst. Bis zur Mitte nächsten Jahres soll die neue Schreibweise verbindlich werden, doch bis dahin wollen Ministerpräsident Edmund Stoiber und andere Mitstreiter die größten Ungereimtheiten der Reform ausgemerzt haben. Eine völlige Rückkehr zur alten Schreibweise hält der CSU-Vorsitzende zwar für politisch nicht durchsetzbar, aber ein vernünftiger Kompromiss würde für Klarheit sorgen und die Unsicherheit beseitigen.
Der ehemalige bayerische Kultus- und Kunstminister Zehetmair, jetzt Vorsitzender der Hanns-Seidel-Stiftung, bescheingt Sprache und Rechtschreibung eine „gesamtgesellschaftliche Bedeutung und kulturelle Leitfunktion“. Deshalb dürfe es keine getrennten beziehungsweise unterschiedlich verbindlichen Schreibweisen geben. Ein völliges Zurückschrauben der Reform sieht Zehetmair ebenso wie Stoiber als unrealistisch an. Die Reform enthalte durchaus sinnvolle Korrekturen. Doch bedürfe es dringend der Beseitigung einer „Reihe von Ungereimtheiten, und dies in schnellstmöglicher Zeitspanne, um die Unsicherheit der Bevölkerung zu beenden.“.
Korrigiert werden muss nach Ansicht von Zehetmair vor allem das oft sinnwidrige Auseinanderschreiben von Worten, das die Reform vorsieht: „fertig bringen“ bedeutet etwas anderes als „fertigbringen“, „gleich wertig“ ist nicht gleich „gleichwertig“ und „gleich gültig“ hat einen anderen Sinn als „gleichgültig“. Der damit verbundene Verlust an Sprachgenauigkeit wirke sich auf das Denken und Verstehen aus. „Ohne eine gewisse Präzision in der schriftlichen Darlegung wird eine zunehmende Beliebigkeit mental und rational Platz greifen“, schreibt Zehetmair.
In einer Welt, die immer mehr zusammen wächst (sic!), in der Einflüsse fremder Sprachen zunehmen („Denglisch“), hält es Stoiber für eine gewisse Provinzialität, Fremdwörter beliebig einzudeutschen. Ein „Restaurant“ ist jedem Genießer geläufig, das Wort muss nicht „Restorant“ geschrieben werden. Ebenso erkennt jedes Kind sein geliebtes „Ketchup“, also ist „Ketschup“ überflüssig. Und der Italiener um die Ecke wird seine langen dünnen Nudeln nach wie vor „Spaghetti“ schreiben, denn bedient er sich der Rechtschreibreform und schreibt „Spagetti“, müsste er sie nach den Regeln seiner Sprache wie „Spadschetti“ aussprechen.
Auch die Wahlmöglichkeiten und das Weglassen vieler Satzzeichen tragen vermehrt zur Unsicherheit bei. Gerade längere Sätze mit erweitertem Infinitiv („um zu“) werden sofort klar, wenn man sie mit Komma abtrennt – was die Reform nicht vorschreibt. Eine „Unterjochung des Sprachsinns“ nennt Zehetmair auch die neue Trennung: Da wundert sich nicht nur die O-ma in der O-per, es ist auch der ein E-sel, der den A-bend durcha-ckert.
Viele Ministerpräsidenten und andere Spitzenpolitiker denken wie der frühere Bundespräsident Roman Herzog, der die Reform für „überflüssig wie einen Kropf“ hält. Deshalb will Edmund Stoiber eine Korrektur, die die Glaubwürdigkeit des Staates nicht gefährdet. Außerdem möchte er die Zuständigkeit der Länder für das Kulturgut Sprache bewahren.
(Peter Baier)
Eigener Kommentar: Die Botschaft ist im Lande, denn das Parteiorgan hat das Parteiprogramm verkündet. Stolz blicken die Bayern auf ihre Staatsführung, die endlich die Dinge beim Wort nennt, und so manche Stammtischrunde erfreut sich ab sofort des Zehetmair`schen Mutterwitzes und der expliziten bislang in dieser Form nie gehörten Sprachköstlichkeiten.
„Ein engagiertes Plädoyer für die Vernunft“ ...
Fürwahr:
Ein Narr, der so denkt; einer, der die dicke Vereinsbrille trägt; einer, der von Politikern und Naturerscheinungen nicht die blasseste Ahnung hat (oder aber sein Wissen im Zuge der Propaganda gründlich kaschiert).
Es gibt keinen Hoffnungsschimmer im Bayernland, und der Artikel verdient nur eine einzige Überschrift: „Irrlichter im Erdinger Moor“
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eingetragen von Matthias Dräger am 19.10.2004 um 09.30
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