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eingetragen von Sigmar Salzburg am 28.05.2018 um 09.38

Der Chefredakteur des SH:Z, Stephan Richter, und sein Verlag hatten schon am 20.8.1998 durch eine von Duden unterstützte Reform-Probenummer Einfluß auf den Volksentscheid nehmen wollen. Nach dem Kotau der übrigen Presse verzögerten sie aber ihre eigene Umstellung, angeblich „aus Achtung vor dem Volksentscheid“, eher jedoch, um zu beobachten, wie die Leser des Konkurrenzblattes „Kieler Nachrichten“ auf dergleichen reagieren. Nach der unverhohlen geforderten Annullierung des Volkswillens schloß man sich dann jedoch rasch und fehlerfreudig dem angeblich Unvermeidlichen an.

Siehe auch shz 20.8.1998

Und immer noch führt Richter das große Wort des sprachlichen Wichtigtuers, der geholfen hat, die bewährte Rechtschreibung aufs Kreuz legen – gegen den Willen des Volkes. Aber er ahnt jetzt auch die zwanghaften Kräfte, die dahinter stehen:


Was der Sprachwandel über die Welt verrät

Die politische Korrektheit verlangt das Gendern – und übersieht die Verrohung beim Gebrauch der Wörter.


von Stephan Richter
26. Mai 2018, 19:30 Uhr

Groß war die Aufregung, als 2005 die deutsche Rechtschreibung geändert wurde. Vorausgegangen war ein jahrelanger Streit unter Kritikern und Befürwortern. Die Gegner machten auf allen Kanälen mobil. Dabei ging es bei der Reform des Schriftdeutschen zu 95 Prozent – so die damalige Präsidentin der Kultusminister-Konferenz [Mathematikerin Wanka] – um nur eine einzige Änderung, nämlich die Schreibung von „ss“ statt „ß“ nach kurzem Vokal. Aus dem „Kuß“ wurde der „Kuss“, aus „Kongreß“ wurde „Kongress“. Inzwischen haben sich auch jene Medien, die sich einst der Reform demonstrativ verweigerten, daran gewöhnt und schreiben die Konjunktion „dass“ nicht mehr mit „ß“. [Das Nutzloseste der „Reform“!]

Seit den Protesten gegen die „Zwangsänderungen“, wie sie damals genannt wurden, obwohl sie nur für Schulen und Behörden verbindlich waren, [das war der Kulturschurken-Trick] hat sich die gesprochene und geschriebene Sprache in viel stärkerer Form gewandelt. Die Reform der Kultusminister war dagegen nur ein laues Lüftchen. Doch keiner regt sich mehr auf. [Nach 20jähriger Zwangs-Indoktrination durch Schule und Presse ist kämpferischer Widerstand eben geistiger und physischer Selbstmord.] Im Schriftverkehr per E-Mail scheint die Rechtschreibung ohnehin nur noch Nebensache zu sein; Anglizismen sind ungebremst auf dem Vormarsch. Dazu hat sich ein eigener Netzjargon entwickelt. Die Liste der Abkürzungen, die in E-Mails auftauchen, wird immer länger. „BM“ steht für „Bis morgen“, „HGW“ für „Herzlichen Glückwunsch“. Gegrüßt wird mit „LG“ („Liebe Grüße“) oder als Steigerungsform mit „GLG“ („Ganz liebe Grüße“).

Sprache ist nicht statisch, sondern dynamisch. Das zeigt sich gerade im Internet. Neue Wortschöpfungen eingeschlossen. Wer heute etwas sucht, schlägt nicht mehr in einer Enzyklopädie nach, sondern googelt. Dabei passt sich auch die Rechtschreibung an. Internetnutzer schrieben anfangs – angelehnt an den Namen der Suchmaschine – von „googlen“, jetzt ist laut Duden „googeln“ die richtige und gängige Schreibweise.

Wer Beiträge in den sozialen Netzwerken liest, wird feststellen, wie groß die Wechselwirkungen zwischen Denken und Sprache ist. Die digitale Welt lebt vom schnellen und stetigen Datenfluss. Die ausdifferenzierte Sprache soll die Kommunikation im digitalen Zeitalter erleichtern und ist zugleich Teil eines Identifikationsprozesses. Die Internetgemeinde als eigener „Stamm“.

Zum dynamischen Wandel der Sprache hat sich nun wiederum eine Zwangsänderung gesellt, die aber nicht wie bei der Rechtschreibreform auf staatlichen Beschlüssen [verantwortungsloser, demokratiefeindlicher Politiker] basiert, sondern unter dem Modus der „politischen Korrektheit“ daherkommt [die auch von politischen Institutionen erpreßt wird]. Die Rede ist vom Gendern. Hier geht es um weit mehr als um die lebendige Weiterentwicklung der Sprache. Der Kampf gegen den alleinigen Gebrauch „männlicher“ Substantive, die für die Bezeichnung von Personengruppen beiderlei Geschlechts stehen, ist längst zur Ideologie ausgeartet. Wehe, wenn ein Politiker nur von „dem Wähler“ spricht und nicht auch von „der Wählerin“. Er muss sich dem Vorwurf aussetzen, ein ewig Gestriger zu sein und alten Rollenbildern nachzuhängen.

Sprache folgt nicht dem Wandel der Welt.

Es ist umgekehrt.

Dabei kann „der Politiker“ durchaus weiblich sein. Denn das sogenannte grammatische Geschlecht hat nichts mit dem biologischen zu tun. So versteckt sich hinter dem Gebrauch des Wortes „Leser“ keine Missachtung von „Leserinnen“. Vielmehr sind Menschen beiderlei Geschlechts als Gruppe gemeint. Die Sprachwissenschaft spricht vom „generischen Maskulinum“. Generisch bezeichnet keine spezifische Eigenschaft – hier Mann oder Frau –, sondern zielt auf eine ganze Gruppe, Gattung oder Menge ab.

Trotz dieses grammatischen Sachverhaltes wird so getan, als sei das Gendern eine Frage von Anstand und Haltung. Der sprachwissenschaftliche Hintergrund wird schlicht ignoriert. Die „politische Korrektheit“ macht Druck, und anders als bei der Zwangsänderung [ach nee!] vom „ß“ zum „ss“ gibt es keine offene Diskussion zwischen Verfechtern und Gegnern. Kaum ein Linguist wagt es, den schlichten Hinweis ins Feld zu führen, dass Wörter mit maskulinen Endungen – vor allem „er“ wie Lehrer – sprachwissenschaftlich nicht „sexusmarkiert“ sind, auch wenn ein „der“ als Artikel vor dem Substantiv steht und kein „die“ samt Endung „-in“.

Es bleibt die Ausnahme, wenn mit Helmut Glück ein emeritierter Professor für Deutsche Sprachwissenschaft in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ schreibt: „Wenn das Gendern zum Programm erhoben und von Politikern, Professoren oder Pfarrern als Tugendnachweis eingefordert wird, liegen ein autoritärer Eingriff in die Sprache und ein Übergriff auf ein Bürgerrecht vor, das darin besteht, dass das Deutsche in der Öffentlichkeit ohne Gängelei und erhobenen Zeigefinger verwendet wird.“ Der Wissenschaftler aus Bamberg geht sogar noch ein Stück weiter: „Das grassierende Gendern sexualisiert die Sprache, es missbraucht die Sprache. Denn die Sprache ist weder Männchen noch Weibchen. Zum ‚kleinen Unterschied‘ trägt sie nur so viel bei, dass man über ihn sprechen und schreiben kann. Zum Schutz von Menschenrechten taugt das Gendern nicht.“

Doch die „politische Korrektheit“, die hinter dem Gendern steht, erlaubt keine Debatte. Das ist bedenklicher als jeder Eingriff der Kultusminister in die Schul- und Amtssprache, weil anstelle politischer Auseinandersetzung ein gesellschaftlicher Zwangsdruck getreten ist. So wird heute peinlich auf die korrekte Anrede der „lieben Bürgerinnen und Bürger“ geachtet, werden aus Studenten „Studierende“.

Dieses Gendern könnte den Rückschluss zulassen, dass wir sensibler geworden sind, wenn es um den Gebrauch der Sprache geht. Doch es gibt eine Schattenseite, die gerne ausgeblendet wird. Die Grenzübertretungen begannen mit der sogenannten „Hate Speech“ – der Hassrede – im Internet. Inzwischen ist die Sprache auch im gesellschaftlichen und politischen Raum aggressiver geworden. Wenn US-Präsident Donald Trump illegale Einwanderer bei einer Rede im Weißen Haus als „Tiere“ bezeichnet und ihnen damit das Menschsein abspricht, so ist das nur die Spitze des Eisbergs. Ein anderes aktuelles Beispiel: Der AfD-Fraktionschef im Bundestag, Alexander Gauland, darf ungestraft sagen, man solle die ihm nicht genehme frühere Ausländerbeauftragte der Bundesregierung „in Anatolien entsorgen“. Das ist menschenverachtend. „Entsorgt“ wird Müll.

Vielleicht hat der Kampf um das „ß“ oder der Gender-Wahn beim Sprachgebrauch den Blick verstellt für die gesellschaftlichen und politischen Entgrenzungen, die in vollem Gange sind. Denn Sprache folgt nicht dem Wandel der Welt. Es ist umgekehrt. Am Anfang stehen „Veränderungen in den Handlungsmaximen von Sprechern“, wie der Linguist Sascha Bechmann in seinem Buch „Sprachwandel – Bedeutungswandel“ schreibt. So verrät die Sprache viel über die kulturelle, gesellschaftliche und politische Entwicklung, die in vollem Gange ist.

shz.de 26.5.2015


eingetragen von Sigmar Salzburg am 29.11.2016 um 16.02

Der Schleswig-Holsteinische Zeitungsverlag war vor 17 Jahren bei der Umstellung auf die Rechtschreib„reform“ besonders unangenehm anschleimend vorgegangen. Hatten die Zeitungsmacher vor dem Volksentscheid 1998 noch ganzseitig für die „Reform“ geworben, so zögerten sie 1999 mit der Umstellung – angeblich „aus Respekt vor dem Volksentscheid“.

In Wirklichkeit wollten sie aber nur abwarten, ob die übertölpelten Leser der „Kieler Nachrichten“ mit Massenabbestellungen reagieren. Zugleich stachelten sie das Kieler Parlament auf, den Volksentscheid zu annullieren. Das ermöglichte dann der landesfremde CDU-Spitzenkandidat Volker Rühe zusammen mit der SPD, nachdem der CDU-Vorsitzende Würzbach entmachtet worden war. Sobald die dreisten Parlamentarier ihr Volk im Putsch entmündigt hatten, schwenkte auch der shz-Verlag, scheinbar der Einsicht in die Notwendigkeit folgend, auf die höchst idiotische Urreform um.

Heute ist der shz-Verlag noch weiter abgesunken und hetzt gemeinsam mit der Antifa gegen eine Partei, die erstmals wieder Volkswillen und Volksentscheid zum obersten Maßstab der Politik machen will. Beatrix von Storch sollte in der Geschäftsstelle der AfD einen Vortrag halten. Das einzig Objektive, das die SHZ darüber berichtete, war ...

»Am Freitag um 19 Uhr will die AfD-Politikerin nun in der Kieler Geschäftsstelle der Partei einen Vortrag halten. Das Thema: „Die Macht der EU – die Ohnmacht Deutschlands?“ Sie möchte darin über ihre Erfahrungen aus dem EU-Parlament berichten.«
Die ganze übrige Seite bestand großenteils aus aufhetzender Antifa-Propaganda und einem abgedruckten Antifa-Plakat, das Frau von Storch nach einem Antifa-Torten-Angriff zeigt mit dem Aufdruck:
ASTA Uni Kiel
STORCH VERPISS DICH!
GEMEINSAM GEGEN DEN KIEL-BESUCH DER AFD-IDEOLOGIN
GEGEN RASSISMUS, ANTI-FEMINISMUS UND SOZIAL-CHAUVINISMUS!

UNSERE ALTERNATIVE: SOLIDARITÄT!
FREITAG 25.11.2016 ANTIFASCHISTISCHE KUNDGEBUNG
18 UHR WALKERDAMM – HOPFENSTR: KIEL

W W W.ANTIFA-KIEL.ORG

shz.de 24.11.2016
Die Zeitungen des Schleswig-Holsteinischen Zeitungsverlags lese ich selbstverständlich seit 16 Jahren nicht mehr. Nur durch die Karikatur des Flensburger Zeichners Götz Wiedenroth wurde ich auf diesen Journalismusskandal aufmerksam. Wiedenroth hat übrigens auch sehr treffend den Rechtschreibreformskandal angeprangert.


eingetragen von Sigmar Salzburg am 23.07.2016 um 17.35

... aber der Verein Deutsche Sprache will das nicht wahrhaben.

Das Pinneberger Tageblatt, ein Ableger des Schleswig-Holsteinischen Zeitungsverlages, brachte zum Jubiläum der „Reform“ am 1. Juli ein Interview mit einem Vertreter des VDS:

20 Jahre Rechtschreibreform:
Warum die deutsche Sprache die Gesellschaft spaltet ...


vom 1. Juli 2016
Aus der Redaktion des Pinneberger Tageblatts

Heute vor 20 Jahren wurde die Erklärung zur Rechtschreibreform unterzeichnet. Manfred Schwarz vom Verein Deutsche Sprache spricht im shz.de-Interview über Sinn und Unsinn der Reform und den Einfluss von SMS auf Sprache.
[...]
Wie haben Sie die Reform 1996 bewertet?
Ich war nicht begeistert. Bevor die endgültigen Regelungen getroffen wurden, haben ja viele Menschen befürchtet, dass es viele bürokratisierende Maßnahmen fern der sprachlichen Realität geben wird.
[Tatsächlich haben die Kultusminister erst nach 10 Jahren die schlimmsten Fehlgriffe zu beseitigen erlaubt. Der Schaden war eingetreten. Bis heute haben sich Unfugsschreibungen wie „Leid tun“ eingeprägt.]
Haben sich die Befürchtungen 20 Jahre später bewahrheitet?
Nein. Heute ist überwiegend Gelassenheit angesagt. Vieles hat sich eingependelt. Allerdings gibt es nach wie vor etliche Unklarheiten und Verbesserungsmöglichkeiten.
[Es hat also keine Verbesserungen gegegeben, sondern nur eine sinnlose Spaltung der Literatur und Schreibpraxis in „alt“ und „neu“.]
Die Reform hatte zum Ziel, Bildungsbarrieren abzubauen. Sprache sollte einfacher, logischer und verständlicher werden. Hat die Reform das geschafft?
Kaum. [d.h. überhaupt nicht.] Die Möglichkeit laut Duden, verschiedene Varianten der Rechtschreibung anzuwenden, verwirrt insbesondere Schüler und Lehrer. Und allgemein verwirrt es Menschen, die nicht jeden Tag mit offizieller Sprache zu tun haben.

Was hat die Reform außerdem mit unserer Sprache gemacht?
Für mich gibt es etliche Positiva. Es sind einige Regeln gemacht worden, die die Sprache vereinfachen – wie teils die Kommasetzung.
[Das ist Unsinn. Deswegen behalten die Nachrichtenagenturen die herkömmliche Kommasetzung bei.]
Es gibt auch Verbesserungen dahingehend, dass einige Wörter jetzt groß geschrieben werden. Und das völlig zu Recht. Zum Beispiel Rad fahren.
[Das Urbeispiel für den „Fortschritt“. Das brauchte überhaupt nicht geregelt zu werden.]
Negativ ist die Möglichkeit, offiziell verschiedene Varianten der Rechtschreibung anzuwenden. Es gibt häufig keine klaren, nachvollziehbaren Regelungen.
[...]
In der aktuellen Ausgabe des Duden gibt es etliche optionale Schreibweisen. Ist die deutsche Sprache beliebig geworden?
Ja, teilweise. Das trägt natürlich zur Beliebigkeit bei, obwohl die Beliebigkeit so groß nicht ist, wie manche das behaupten. Dennoch: Zum Teil ist es sehr beliebig, und das führt dazu, dass es zum Beispiel in der Schule schwieriger wird, Deutschunterricht zu machen. Selbst Lehrer haben Schwierigkeiten zu erkennen, was richtig und was falsch ist.

Pinneberger Tageblatt 1.7.2016
Es folgen Meinungen zu SMS, Twitter, Emojis u.a.

Die neue ss-Regel, das „Herzstück“ der Reform, wird überhaupt nicht erwähnt. Sie ist es, mit der man den erwünschten Traditionsbruch leicht nachprüfbar erpressen konnte. Niemand hatte danach verlangt. Auf fast alle übrigen an den Haaren herbeigezogenen „Verbesserungen“ hätte man ebenso vorteilhaft verzichten können.

Es ist bedauerlich, daß sich der VDS früh in die Masse der Anpasser eingereiht hat, obwohl viele ihrer Mitglieder vom Unfug der „Reform“ überzeugt waren.


eingetragen von Sigmar Salzburg am 03.07.2016 um 16.00

Lehrer gehen gerne den Weg des geringsten Widerstands:

20 Jahre neue Rechtschreibung:
„Die Reform ist gelungen“


vom 2. Juli 2016
Aus der Redaktion der Norddeutschen Rundschau

Vor 20 Jahren beschlossen die deutschsprachigen Länder, neue Rechtschreibregeln einzuführen. Der Itzehoer Deutschlehrer Friedemann Schröter zieht Bilanz.

20 Jahre ist es her, daß Deutschland, die Schweiz und einige weitere Länder beschlossen, eine Rechtschreibreform einzuführen. Friedemann Schröter (61), heute Deutschlehrer an der Gemeinschaftsschule am Lehmwohld, war einer von vielen Pädagogen, die sich umstellen mußten. Im Interview haben wir ihn gefragt, wie er die Reform zwei Jahrzehnte später bewertet. Die neue Rechtschreibung gilt heute in Deutschland, der Schweiz und einigen weiteren Ländern, die am 1. Juli 1996 eine entsprechende Erklärung unterzeichnet haben. Die Staaten verpflichteten sich darin, die neuen Regeln bis zum 1. August 1998 einzuführen. In den Jahren 2004 und 2006 wurden einige umstrittene Punkte der Reform überarbeitet.

Herr Schröter, wenn Sie privat einen Brief schreiben, benutzen Sie die alte oder die neue Rechtschreibung?

Ich schreibe in neuer Rechtschreibung. Am Anfang habe ich sicherlich noch häufig die alte Rechtschreibung benutzt. Aber gerade wenn man unterrichtet, sollte man sich nach den geltenden Regeln richten – auch im privaten Bereich.

Nach 20 Jahren ist die neue Rechtschreibung also endgültig in Ihrem Kopf angekommen?

Ja, definitiv.

Und Sie haben keine Zweifel mehr?

Zweifel habe ich vor allem, wenn es um Zusammen- und Getrenntschreibung geht. Beispiele sind „radfahren“ oder „spazierengehen“. In solchen Fällen schaue ich öfter mal im Duden nach. Nach der Reform der Reform gibt es ja teilweise auch die Möglichkeit, zwischen zwei Schreibweisen zu wählen.

Anm. S.S: Das Sprachgefühl will „spazierengehen“. Getrenntschreibung ist Reformertick. – Das natürliche „radfahren“ ist verboten. Jeder soll jetzt „Rad fahren“, aber ein „radfahrender Mensch“ ist zugelassen. Erleichterung ist anders!
Ist die Rechtschreibreform in Ihren Augen gelungen?

Ja, auf jeden Fall. Besonders im Bereich der Groß- und Kleinschreibung hat die Reform viele Dinge vereinfacht. Früher gab es Fälle, die mußte man auswendig lernen. Es gab Begriffe, die ohne jede Logik klein geschrieben wurden, wie zum Beispiel „alles übrige“. Nach der Reform wird das Wort „Übrige“ ganz logisch groß geschrieben.
Anm. S.S: „Ohne Logik“ wurde nur die Grenze zum Kleinzuschreibenden verschoben: „alles andere“ wurde nicht zu „alles Andere“, „ein wenig“ nicht zu „ein Wenig“, „ein paar Schuhe“ nicht zu ein „ein Paar Schuhe“. Skurril sind Scheinsubstantive wie „des Öfteren“, „als Erstes“ usw. Die „Reform“ belästigt lesende Erwachsene durch Großschreibungen auf Hilfsschulniveau!
Auch die Schreibweise des S-Lautes, zum Beispiel bei „er muß“, ist viel logischer geworden.
Anm. S.S: Der willkürliche Eingriff in den seit 600 bis 200 Jahren üblichen ß-Gebrauch ist eine unästhetische Verstümmelung unserer Schreibtradition – Ursache für die Büchervernichtung und die hohen Kosten, aber zugleich der Hebel zur Durchsetzung der übrigen „Reform“. Es gibt viele Gründe dagegen.
Ist der Unterschied zwischen alter und neuer Rechtschreibung bei den Schülern heute noch ein Thema?

Überhaupt nicht. Wir thematisieren das im Unterricht auch bewußt nicht mehr. Das würde nur für Verwirrung sorgen.
Anm. S.S: Klar, das Richtigere (z.B. rauh) ist feind dem Dümmeren (rau)
... Sie haben angedeutet, daß die neue Rechtschreibung viele Stärken, aber auch noch Schwächen hat. Ist die Zeit schon reif für eine weitere Reform?

Es gibt tatsächlich einige Dinge, die mich stören. „Pleite machen“ wird beispielsweise heute groß und auseinander geschrieben, während „pleitegehen“ klein und zusammengeschrieben wird. Warum, ist mir nicht ganz ersichtlich. Solche Ausnahmen, die es immer noch gibt, sollte man ausmerzen.
Anm. S.S: Genau das war „Reform“: Aus dem bewährten adjektivischen „pleite gehen“ (wie „kaputt gehen“) wurde das unmögliche „Pleite gehen“. Der Eisenbergsche Reparaturdienst verspachtelte diesen Fehler zu „pleitegehen“.
> Aus gegebenem Anlaß ist dieser Beitrag in der alten Rechtschreibung verfaßt.

shz.de 2.7.2016

In Schleswig-Holstein war die Durchsetzung der „Reform“ noch ein besonderes antidemokratisches Schurkenstück. Viele haben das vergessen, verdrängt oder gar nicht mehr miterlebt, wie z.B. Herr Demagbo von der AfD. Fort mit den Altparteien, die das verbrochen haben!


eingetragen von Sigmar Salzburg am 08.10.2014 um 07.45

Von Dollrottfeld bis Luschendorf – kuriose Ortsnamen in SH
Sie sorgen für Lachanfälle bei der Ortsdurchfahrt – morbide, anrüchige und lustige Ortsnamen. Schleswig-Holstein hat davon einige zu bieten...


Eine Jungreporterin hat Orte mit komischen Namen in Schleswig-Holstein abgefahren:

Frohsein , Sorgenfrei , Kotzenbüll, Geil, Todesfelde, Dollrottfeld, Luschendorf, Krempel, Ekel, Hohn, Oha, Pobüll

... und auf der Karte nach einem ausgeklügelten Farbsystem markiert:

Büchsenschinken, Rausdorf, Rümpel, Bullenkuhlen, Busenwurth, Aebtissinwisch, Schmedeswurtherwesterdeich, Kaaks, Nutteln, Aasbüttel, Paradies, Geilberg, Poppenbüll, Leck...

Und dabei kam sie auf unser Thema:

Mein Weg führt mich ... gen Süden in eine beschauliche Gemeinde mit dem vielversprechenden Namen Haßmoor. Vor der Rechtschreibreform hätte jeder gewusst, was ihm hier blüht: Wut, hasserfüllte Blicke und Boden, in dem man versinkt. Heute schauen milde Augen über akkurat geschnittene Hecken hinweg, als ich in den Ort hineinfahre.

shz.de 10.9.2014

Milde Blicke auf das Reform-Diktat unserer arschl-ochlokratischen Kultusminister sind jedoch unangebracht. Es leiden seitdem Hunderte von Ortschaften und Hunderttausende von Menschen mit ß/ss-haltigen Familiennamen unter der Umwertung der alten Lautwerte.


eingetragen von Sigmar Salzburg am 07.10.2014 um 12.15

Kieler Ministerin: Siegfried Lenz hat Deutschland-Bild verändert

Mit großer Betroffenheit hat die Kieler Kulturministerin Anke Spoorendonk auf den Tod des Schriftstellers und schleswig-holsteinischen Ehrenbürgers Siegfried Lenz reagiert. «Er war einer der bedeutendsten deutschen Nachkriegsautoren, der viele Millionen begeisterter Leser gefunden hat - auch mich», sagte die Politikerin am Dienstag der Nachrichtenagentur dpa. Auch in Dänemark habe Lenz zu den bekanntesten Autoren gehört. Er habe dort das Deutschland-Bild mit verändert, sagte Spoorendonk.

shz.de 7.10.2014

Siegfried Lenz war bis zu seinem Tod überzeugter Gegner der Rechtschreibreform. Die Schleswig-Holsteiner hatten diese Kulturgeißel 1998 abgewählt. Und die jetzige „Kulturministerin“ Anke Spoorendonk war 1999 unter denen, die die antidemokratische Annullierung dieses Volksentscheids betrieben.


eingetragen von Sigmar Salzburg am 06.06.2014 um 07.27

Schüler mit schlechter Rechtschreibung:
Hamburg: Basiswortschatz Deutsch wird Pflicht

vom 5. Juni 2014
Aus der Redaktion des Flensburger Tageblatts

„Der Man sprang bei Fluht ins Bot“: Solche Sätze möchte der Senat in Hamburg nicht mehr lesen. Im bundesweiten Vergleich stehen die Schüler der Hansestadt bei der Rechtschreibung auf einem Abstiegsplatz.
[Bild: Duden (Schleichwerbung)]

Hamburgs Schüler sind abstiegsgefährdet.

Hamburg | Bei der Rechtschreibung machen es Hamburgs Schüler dem HSV nach – sie sind stark abstiegsgefährdet. Platz 14 unter 16 Bundesländern, allein die Kinder in Bremen und Berlin machen bei Vergleichstests noch mehr Fehler. Schulsenator Ties Rabe (SPD) mag das nicht länger mit ansehen. Er zieht die Reißleine und hat den Grundschülern gestern einen „Basiswortschatz Deutsch“ verordnet. 785 Wörter und Wortgruppen sollen die Kinder künftig bis zum Ende der vierten Klasse „sicher beherrschen“. Rabe: „Rechtschreibung ist eine der zentralen Kernkompetenzen, die unsere Schulen vermitteln müssen.“

In den 80er und 90er Jahren habe es [bis heute andauernd!] einen regelrechten „Verfall“ der Rechtschreibung gegeben, so Rabe. Tatsächlich klagen Ausbildungsbetriebe über Lehrstellenbewerber mit großen Wissenslücken. Moderne Kommunikation über SMS und E-Mail mache korrekte Orthografie keinesfalls überflüssig, warnte der Senator. „Im Gegenteil. Die Verschriftlichung bleibt wichtig.“

Ihre Antwort auf die Misere hat die Hansestadt in Bayern gefunden. Dort müssen Grundschüler schon länger einen etwa 700 Wörter umfassenden Grundwortschatz beherrschen. Rabe: „Warum sollen wir nicht von denen lernen, wenn sie besser sind?“ Allerdings hat Hamburg dem bayerischen Paket regionaltypische Wörter des Nordens hinzugefügt, darunter „Ebbe“, „Flut“, „Schiff“ und „Sonnabend“. Auch „schreibwichtige“ Wörter wie „Fahrrad“ und „Fußball“ müssen Mädchen und Jungen an der Elbe unfallfrei niederschreiben können. Gestrichen wurden überdies kaum noch gebrauchte Bezeichnungen wie „Diskette“ und „Fröhlichkeit“[?].

Mit seiner Rechtschreib-Offensive erteilt der Senator vor allem dem Konzept „Lesen durch Schreiben“ eine endgültige Absage. Dabei dürfen die Grundschüler in den ersten Klassen nach Gehör schreiben, ohne dass Lehrer und Eltern die Fehler korrigieren. Rabe: „Richtiges Schreiben ist von Anfang an wichtig, nicht erst nach zwei Jahren.“

Der Hamburger Katalog beinhaltet die am häufigsten gebrauchten Wörter (wie „und“, „der“, „die“, „das“, „ich“, „Kind“), aber auch alle Wochentage, Monate und Zahlen bis zwölf. Dazu gehören zudem Begriffe, an denen sich Rechtschreibregeln beispielhaft erlernen lassen, etwa das Dehnungs-H wie in „Lohn“. Auch Fehler-Klassiker der Grundschulzeit gehören dazu. Unter anderem die Unterscheidung von „ß“ und „ss“ sowie die kniffligen Fälle aus dem Bereich Doppel- oder Einfachlaute, wie „das Boot“, aber „er bot“.

Verbindlich wird die Regelung ab dem Schuljahr 2015/2016. Die Lehrer der 203 Hamburger Grundschulen erhalten aber schon jetzt den Basiswortschatz. Zudem sollen sie mit Fortbildungen auf die Vermittlung der Basiswörter vorbereitet werden. Jede Schule kann nach eigenem Gutdünken bis zu 50 Prozent weiterer Wörter hinzufügen. Den Erfolg der Umstellung will Rabe durch strengere Rechtschreibkontrollen überprüfen.

>Die Liste mit dem Basiswortschatz
finden Sie unter http://bit.ly/1nexq9e
shz.de 5.6.2014

Warum erwähnt der Unglücks-Rabe nicht die „Rechtschreibreform” der Kultusminister, die das 68er-Chaos vollendete und die Schreibfähigkeiten des ganzen Volkes ruinierte? Aber es hackt eben keine Krähe der anderen ein Auge aus.


eingetragen von Sigmar Salzburg am 12.06.2013 um 15.57

Heimatkunde: Wende rudert zurück

Erst vergangene Woche hatte Waltraud Wende verkündet, beim Schulfach Heimat- und Sachunterricht den Begriff Heimat zu streichen. Nach viel Kritik nimmt die Bildungsministerin die Umbenennung nun zurück.

Kiel.
Was früher Heimat- und Sachunterricht war, sollte eigentlich zum Sachkundeunterricht werden. Die Begründung des Bildungsministeriums vergangene Woche: "Der Unterricht in diesem Fach geht längst über das hinaus, was der Begriff Heimat meint. Mit der Umbenennung machen wir mit dieser Verengung Schluss". Letztlich handele es sich nur um eine Anpassung an die Unterrichtswirklichkeit, die ihren Fokus auf Europa und "die eine Welt" richte.

Nun rudert Bildungsministerin Waltraud Wende aber überraschend zurück. "Die Diskussion hat mich überrascht, aber ich stehe für den Dialog, nehme die Argumente der Kritiker sehr ernst", sagte Wende zur Debatte um den neuen Sachkunde-Erlass...

In der Diskussion um die Bezeichnung des Faches HSU werde nun folgende Neufassung umgesetzt: Das Fach soll in Zukunft "Heimat-, Welt- und Sachkunde" (HWS) heißen, denn damit seien Unterrichtsinhalte und Unterrichtspraxis gut abgebildet. Im Übrigen sei nie geplant gewesen, die Inhalte des Faches zu ändern...

shz.de 11.6.2012


eingetragen von Sigmar Salzburg am 07.05.2011 um 07.05

Herr Duden und das Internet

Der Duden ist ein Standardwerk zur Rechtschreibung geworden, in Bedeutung wie im Umfang über die Jahre erheblich gewachsen. Fast in jedem deutschen Haushalt steht der gelb gewandete Pfundsband, dessen Umfang von 187 Seiten im Jahr 1880 auf die heutigen 1200 Seiten angewachsen ist. Drei Rechtschreibreformen haben ihr Übriges dazu beigetragen, dass der Duden ein Bestseller geworden ist…

[Vor allem die Konkurrenz wollte auch an die Futterkrippe!]

Unzählige falsche Schreibweisen haben sich im World Wide Web eingenistet, bei Google findet sich von A wie "Artzt" (304 000 Treffer) bis Z wie "Zeugniss" (1 690 000 Treffer) so mancher Blödsinn…

[Letzteres eine Folge der ss-Reform!]

Man wolle auch online die Nummer eins in Sachen deutscher Sprache werden - und über die Internet-Seite all die anderen Duden-Produkte vermarkten und verkaufen. Vor allem aber, so meinen die Verlagsverantwortlichen, sei der gedruckte, Pfund schwere Duden nach wie vor ein beliebtes Geschenk. Das werden Hunderttausende Schüler - heute wie vor 130 Jahren - gewiss anders sehen.

shz.de 7.5.2011


eingetragen von Sigmar Salzburg am 09.03.2010 um 16.51

Dieser Text fehlt anscheinend auf diesen Seiten. Deswegen trage ich ihn nach:

Anläßlich des nahenden Volksentscheids in Schleswig-Holstein wurden die ersten Seiten der Zeitungen des Schleswig-Holsteinischen Zeitungsverlages am 20.8.1998 mit Unterstützung des Dudenverlages in „neuer“ Rechtschreibung gedruckt. Unter „Standpunkte“ schrieben die Chefredakteure Lipsky und Richter gemeinsam mit Dr. Wermke (Duden) unter anderem:


Die überregionalen Seiten in der ersten Hälfte Ihrer Zeitung sind nach den neuen Regeln verfasst, die Lokalseiten im zweiten Teil entsprechen der „alten" Rechtschreibung. Doch was heißt „alte" Rechtschreibung? Schon vor der Rechtschreibreform unterlag die deutsche Orthographie einem ständigen Wandel. Nur ein Beispiel: Von der Erstausgabe des Dudens von 1880 bis zur Duden-Ausgabe von 1991 ergab sich bei der Kleist-Novelle „Michael Kohlhaas" ein Änderungsbedarf von mehr als 1100 Wörtern, ohne dass ein Aufschrei durchs Land gegangen wäre. Werden nun die 34 300 Wörter der Novelle an die neuen Rechtschreibregeln angepasst, so müssen nur ganze vier Änderungen vorgenommen werden. Von einer „Bedrohung" oder gar „Vernichtung" der Sprache unserer Klassiker kann da wahrlich nicht die Rede sein.
(sh:z 20.08.1998)

Wie 1100 Wörter mit Änderungsbedarf bis 1991 zusammenkommen, ist kaum erklärlich, wenn nicht alle alten „th“ einzeln angerechnet werden. Es wäre nun nicht der erste Zählschwindel aus dem Hause Duden. Bei den angeblich nur erforderlichen vier Änderungen ab 1996 kann die Umwandlung von etwa 660 der 1100 „ß“ in neue „ss“ dagegen nur als eine einzige Änderung gezählt worden sein. Darunter liefern die 375 neuen „dass“ keinen Beitrag zum „leichteren“ Schreiben. Der verbliebene Rest, hauptsächlich die Wörter „Schloß“ und „Roß“, hatte vorher weder beim Schreiben noch beim Lesen Schwierigkeiten bereitet.

Th. Ickler meinte dazu am 13.6.2005 im FDS-Forum:

„Die Zahlenangaben stützten sich wahrscheinlich auf eine Auftragsarbeit des bayerischen Staatsinstituts für Schulpädagogik und Bildungsforschung (ISB), wo Wieland Zirbs die Daten zusammenstellte, mit denen dann die Ministerialräte eine Zeitlang alle Zweifler plattzuschlagen versuchten, bis das Ganze wieder in der Versenkung verschwand, wie so mancher Flop.“

Nachtrag: Ein Text des bayerischen Kultusministeriums zeigt, daß tatsächlich die 660 neuen ss als rein „typographisch“ überhaupt nicht mitgezählt worden sind, obwohl sie die wesentliche Veränderung des Gesamtschriftbildes bewirken.


eingetragen von Sigmar Salzburg am 30.09.2008 um 12.35

Die Zeitungen Schleswig-Holsteins greifen alle möglichen Gedenktage auf, z.B. den 80. Geburtstag des 2001 verstorbenen früheren Ministerpräsidenten Stoltenberg. Mit beredtem Schweigen jedoch übergehen sie den 10. Jahrestag der Abstimmung gegen die „Rechtschreibreform“.

Dennoch ist ein Blick in die Presse lehrreich, denn am gleichen 27.9. fand ein „Tag der offenen Tür“ am Ort der Mißachtung des Volksentscheids statt – dem Landeshaus in Kiel.

Aus diesem Anlaß bildete der Schleswig-Holsteinische Zeitungsverlag (14 Zeitungsableger wie Flensburger Nachrichten …) Zeitungsmeldungen aus sechzig Jahren ab, bis auf die letzte in reformfreier Schreibung:

29.11.1947: Die remis verlaufene Diskussion um die Landesverfassung riß ganze Abgründe auf. … Mögen Fachleute, Staatsrechtler, Professoren sich mühen, sie werden durch noch so meisterliche Formulierungen keinen Usurpatoren daran hindern können, zu seiner Zeit sich der Macht zu bemächtigen, wenn nicht die Grundrechte i m H e r z e n eines jeden einzelnen verankert und somit der Usurpation – komme sie von einzelnen oder von einer machtgierigen Mehrheit – der Boden entzogen ist. Diesem aber geht Volksnähe und Herkunft einer Verfassung aus dem Volke voraus. …

Hier keimt schon das, was den Politikern ermöglichte, demokratische Entscheidungen des Volkes unausgesprochen als Usurpation einer „machtgierigen Mehrheit“ zu diffamieren. Daher gibt es Volksentscheide auf Bundesebene bis heute nicht.

18.3.2005: STANDPUNKT … Nein, dieses Gewürge um die Macht hat Schleswig-Holstein nicht verdient. Nein, dieses bittere Ende hätte Heide Simonis erspart bleiben müssen. … Wenn es noch eines Beweises bedurft hätte, dass der Wahlausgang vom 20. Februar nur eine große Koalition zulässt, dann lieferte ihn dieses Trauerspiel. …Jetzt führt erst Recht kein Weg mehr am christdemokratischen Wahlsieger Peter Harry Carstensen vorbei. … Stephan Richter

Der Chefredakteur des SH:Z, Stephan Richter, und sein Verlag hatten schon am 20.8.1998 durch eine Duden-unterstützte Reform-Probenummer Einfluß auf den Volksentscheid nehmen wollen. Nach dem Kotau der übrigen Presse verzögerten sie aber die Umstellung, angeblich „aus Achtung vor dem Volksentscheid“, eher jedoch, um zu beobachten, wie die Leser des Konkurrenzblattes „Kieler Nachrichten“ auf dergleichen reagierten. Nach der unverhohlen geförderten Annullierung des Volkswillens schloß man sich dann jedoch rasch und fehlerfreudig (s.o.) dem angeblich Unvermeidlichen an.


eingetragen von Sigmar Salzburg am 12.12.2007 um 10.36

Wirtschaft gibt Nachhilfe in Bildungspolitik

12. Dezember 2007 | Von Michael Kluth

Unternehmen tadeln die Bildungsbürokratie und bieten Unterstützung an. Sie fordern weit gehende Maßnahmen, um Schuldefizite schnell auszugleichen.

Kiel - Die Wirtschaft im Norden will mehr Einfluss auf die Schulbildung gewinnen, um die Qualität des Unterrichts und die Ausbildungsfähigkeit der Schulabgänger zu verbessern. Unternehmer-Präsident Hans Heinrich Driftmann hat den Schulen gestern Hilfe bei der Ausbildung der Schüler und der Fortbildung der Lehrer angeboten: "Wir wollen unterstützen, ohne uns in pädagogische Kompetenzen einzumischen", sagte er bei der Vorstellung eines schulpolitischen Positionspapiers der Unternehmensverbände Nord in Kiel.

Driftmann verband sein Angebot mit harscher Kritik an der Schulbürokratie. "Der Staat als Bildungsmonopolist verhält sich wie jeder andere Monopolist auch: Schwerfällig, träge und wenig innovativ nimmt er Impulse von außen nur selten auf", meinte er und sprach von "Staatsversagen". Das Bildungssystem sei "aus sich heraus nicht mehr uneingeschränkt reformfähig". Driftmanns Schluss: "Wir dürfen die Bildungsfrage nicht allein den Bildungspolitikern überlassen." Über die Bildung sollten in Zukunft weniger Politiker und Bürokraten entscheiden, sondern Lehrer, Schüler, Eltern - und Ausbildungsbetriebe.
[...]
Als Defizite nannte Driftmann die mangelnde Qualität des Unterrichts, unterdurchschnittliche Leistungen der Schüler, eine überdurchschnittlich hohe Zahl von Abgängern ohne Abschluss und 15-jährigen "Risikoschülern", die gesunkene Qualität von Bewerbern in Rechtschreibung, Kopfrechnen, Grundrechenarten, Konzentrationsfähigkeit und Durchhaltevermögen. […]

http://www.shz.de/schleswig-holstein/artikeldetail/article/111/schule-wir.html

[Politiker sind nicht bildungsfähig: Statt Bildungspolitik 10 Jahre „Rechtschreibreform“ gegen den Willen und die Interessen der Bevölkerung.]


eingetragen von Sigmar Salzburg am 22.03.2006 um 12.06

Bündnis gegen Rechtschreibreform

Kiel/epd - Sie organisieren sich bundesweit: 22 Initiativen gegen die Rechtschreibreform haben ein Bündnis gegründet. Mitglieder in dem Zusammenschluss „Deutsche Bürgerinitiativen gegen die Rechtschreibreform" sind etwa Lehrer-, Juristen- und Sekretärinnen-Initiativen. Man habe die Einheit der deutschen Rechtschreibung gegen den Willen des Volkes zerstört, sagte Koordinator Sigmar Salzburg gestern bei der Vorstellung in Kiel.

[Nach Eckernförder Zeitung v. 22.3.06]


eingetragen von Sigmar Salzburg am 15.03.2006 um 09.55

Eltern-Protest: Kein Rechtschreibfriede
Unterschriftenaktion gegen die Reform
Kiel/kirn - Mit einer bundesweiten Unterschriftenaktion unter dem Motto „Klassisch schreiben heißt richtig schreiben" will der Deutsche Elternverein erreichen, dass die alte Rechtschreibung wieder uneingeschränkt in den Schulen zugelassen wird. Der Vorsitzende des Vereins, Ulrich Kliegis, forderte gestern in Kiel: „Die Verwendung der alten Regeln darf Schülern nicht mehr als Fehler angestrichen werden." Zwar sei die kürzlich beschlossene Reform der Reform „ein Schritt in die richtige Richtung". Sein Verein spreche jedoch den Kultusministern das Recht ab, „jetzt einseitig den Rechtschreibfrieden auszurufen". Der Widerstand gegen die neue Schreibweise sei bei den Bürgern nach wie vor riesig. Als einer der ersten hat Literaturnobelpreisträger Günter Grass die Initiative mit seiner Unterschrift unterstützt, berichtete Kliegis.
Der Deutsche Elternverein mit Sitz in Kiel hat nach eigenen Angaben 12000 Mitglieder. Im Landesverband Schleswig-Holstein sind rund 100 Eltern organisiert.

Infos: http://www.deutscherelternver-ein.de

[Nach Eckernförder Zeitung v. 15.3.2006]


eingetragen von Sigmar Salzburg am 10.03.2006 um 20.18

Zu Eckernförder Zeitung v. 28.2.06
„Jetzt ist Rechtschreib-Friede“

Eine Banausenbande klaut wertvolles Tafelsilber. Sie wird im Namen des Volkes zur Herausgabe verurteilt, aber erst nach acht Jahren kommen einige Stücke beschädigt zurück. Als die Eigentümer alles zurück wollen, wirft man ihnen Verharren in Extrempositionen vor und fordert sie auf, endlich Ruhe zu geben. Man wird verstehen: Erst wenn das 600 Jahre alte „ß“ wieder an seinem angestammten Platz stehen darf, auch auf der Schultafel, erst dann kann es „Rechtschreibfrieden“ geben.

Gibt mir jemand Bescheid, wenn dieser Leserbrief trotzdem veröffentlicht wird?
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Sigmar Salzburg


eingetragen von Detlef Lindenthal am 04.03.2006 um 08.44

Die sh:z hat sich bisher nicht durch besonderen Scharfsinn, dafür aber umso mehr durch Häme und Herdengeblöke ausgezeichnet; das sind meine Erfahrungen aus den Jahren 1996 bis Oktober 1998; nachdem dann noch am 7. und 14. Oktober die sh:z mittels Leserbrief Herrn Dräger und mich als Vollidioten zeichnet hat, habe ich auf den weiteren Genuß der sh:z verzichtet. Das Landgericht Flensburg hat uns anschließend den Ehrenschutz verweigert und, so meine Überzeugung, damit Presserecht verletzt und Recht gebeugt, denn Vollidiot ist eindeutig eine Schmähung, und die ist noch nie erlaubt gewesen, außer beim LG Flensburg, welches damit sein Urteil über sich selbst gefällt hat.

Rechtschreibfriede?


sh:z schrieb:
Die Präsidentin der Kultusministerkonferenz (KMK), Schleswig-Holsteins Bildungsministerin Ute Erdsiek-Rave (SPD), sagte: „Ich bin erleichtert und fröhlich und hoffe endlich auf Rechtschreibfrieden.“
Als Hitlers Truppen, also mein Vater und seine Kameraden, mittels Blitzkrieg große Teile Europas und kleine Teile Nordafrikas besetzt hatten und mittels Kanonen statt Butter eine Zeitlang erfolgreich waren, streckten er und Rudolf Heß und Heinrich Himmler heftig die Friedensfühler zum Gegner aus; aber die deutschen Politiker bekamen ihren Frieden nicht.
Ebenso erfolgreich haben die deutschen Kultuspolitiker die angebliche Rechtschreib„reform“ eingeführt und mittels Rotstift die Herzen der vielen Schulkinder und sogar etlicher Eltern besetzt; aber sie haben nicht die Logik der Geschichte besiegt:
Wörterverbote, Abschaffung bzw. Schwächung der Zeichensetzung, das Nichtausbilden des Redakteure-Nachwuchses, Bücherverbrennung bzw. -reißwolf in einem Ausmaß, das Hitlerdeutschland und DDR dagegen als Waisenknaben erscheinen läßt, Kniefall vor der Medien- und Schreibtischemacht von M$ – das sind keine Fundamente, auf denen sich die Kultur in einem Hochlohn- und Hochtechnologiestandort wie Deutschland aufbauen läßt. Bequemes Erdgas und Treibstoff für bequeme Autos können nur gegen Leistung eingetauscht werden, und die Leistungsträger unseres Gemeinwesens benötigen ein genaues, eindeutiges und schönes Verständigungsmittel, damit erfolgversprechende Gedanken gemeinsam entwickelt und zur Marktreife gebracht werden können. Mit ihrem unwürdigen Herumgeeiere drängen unsere 200.000 Deutschlehrer, ohne Not, uns auf die Leistungshöhe der Ukraine und erzeugen Not. Es spricht viel dafür, daß die Lehrer und ihre Minister für den von ihnen begangenen Fehler haften werden (z.B. durch Ukraine-Niveau für ihre Dienstbezüge und Renten).
Erst in zweiter Linie ist es die Schwächung der Sprache, die für die Schwächung einer Leistungsgesellschaft verantwortlich ist; in erster Linie verantwortlich dafür ist die Schwächung der Denk- und Verhaltensmuster von Treu und Glauben oder, anders ausgedrückt, des Sittengesetzes, wie es in Art. 2 GG genannt und in den kategorischen Imperativen ausgedrückt wird. Sprachunterricht macht unsere Kinder mit einem fein gewobenen Regelwerk bekannt, und wenn sie dabei erfahren, daß man schummeln und lügen darf, sofern man dazu nur, wie die Lehrer und Minister, die Macht hat, so werden damit wesentliche Weichen falsch gestellt, und dann braucht man sich über die Müll-und-Klüngel-Trienekense und Angriffskrieg-Fischers nicht zu wundern.
Keyn Unglück ewigk, und auch Frau Endsieg-Rave wird ihren Platz in der Geschichte zugewiesen bekommen.
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Detlef Lindenthal


eingetragen von Sigmar Salzburg am 03.03.2006 um 13.09

S.1

Kultusminister segnen Rechtschreibreform ab

Berlin/dpa - Die umstrittene Rechtschreibreform wird in mehreren Punkten korrigiert. Dies beschlossen die Kultusminister gestern einstimmig. Die Änderungen betreffen Teile der Getrennt- und Zusammenschreibung, der Groß- und Kleinschreibung, der Zeichensetzung und Silbentrennung. Die Präsidentin der Kultusministerkonferenz (KMK), Schleswig-Holsteins Bildungsministerin Ute Erdsiek-Rave (SPD), sagte: „Ich bin erleichtert und fröhlich und hoffe endlich auf Rechtschreibfrieden." Ab August können damit wieder bundesweit an allen Schulen die gleichen Regeln gelten. Die KMK appellierte an alle Verlage und Medien, „sich im Interesse der Einheitlichkeit der deutschen Rechtschreibung" der nunmehr abgeänderten Reform anzuschließen. Die Kultusminister folgen mit ihrer Entscheidung den Empfehlungen des Rates für deutsche Rechtschreibung. S. 7/ Komm. S.2

S.2

Geänderte Rechtschreibreform verabschiedet
Jetzt muss Schluss sein!

Michael Stitz

Kaum ein Reformvorhaben hat in den letzten 20 Jahren mehr genervt als die Rechtschreibreform. Man muss es sich auf der Zunge zergehen lassen, dass tatsächlich vor knapp 20 Jahren, genau 1987, die Kultusministerkonferenz das Institut für deutsche Sprache mit der Ausarbeitung eines neuen Regelwerkes beauftragte. Ein Jahr später wurde der erste (geheime) Entwurf versehentlich öffentlich. Der Vorschlag alle Substantive klein zu schreiben und „ai" durch „ei" zu ersetzen, löste einen Sturm der Entrüstung aus und brachte die selbst ernannten Hüter der Orthografie in Kampf-Stellung.
In den folgenden Jahren entwickelte sich der Streit um die Rechtschreibreform zu einem erbitterten Kampf unter Rechthabern. Ein Schaukampf der Besserwisser, bei dem vor allem die Schulen und Schüler immer wieder zu neuen Ufer geprügelt wurden. Verlage, Zeitungen, Journalisten, Schriftsteller und Wissenschaftler stritten sich, als ginge es um den Untergang des Abendlandes.
Es muss uns schon verdammt gut gehen, dass eine Heerschar von Politikern und Experten sich zwei Dekaden lang mit der Frage beschäftigen konnten, ob man Delphin oder Delfin schreiben soll. Das einzig Entscheidende ist dabei nur die Frage, ob meine Tochter die eine oder andere Schreibweise in der Deutscharbeit als Fehler angestrichen bekommt oder nicht. Der jetzt gefundene Kompromiss lässt da Böses vermuten, denn beide Schreibungen sind jetzt — erstmal — richtig.
Doch man wird die Uhr danach stellen können, bis die nächsten Schlaumeier an dem gefundenen „Rechtschreibfrieden" herummäkeln. Wenn wir Pech haben, dauert der Streit dann wieder 20 Jahre. Es wird zwar nichts helfen, aber man möchte den dogmatischen Disputanten am liebsten zurufen: Jetzt muss Schluss sein! Wenn nicht, streitet Euch leise!

S. 7

Kritik am „Diktatfrieden"
Reform der Rechtschreibreform beschlossen
Berlin sh:z - Die Kulturminister der Länder haben gestern in Berlin Änderungen an der Rechtschreibreform beschlossen — und ernteten prompt Kritik. Die Reform-Gegner der Forschungsgruppe Deutsche Sprache (FDS) erklärten, die Auseinandersetzung um die „fehlgeschlagene Rechtschreibreform" könne nicht durch einen „Diktatfrieden abgeschlossen werden". So beweise die weitere Vermehrung von Schreibvarianten, dass sich der Rat für deutsche Rechtschreibung „an der Aufgabe verhoben habe, die Einheitlichkeit der Rechtschreibung wiederherzustellen". Dem Kreis gehören Schriftsteller wie Walter Kempowski und Reiner Kunze und Sprachwissenschaftler wie Theodor Ickler an.
Mit den Korrekturen — vorgeschlagen vom Rat für deutsche Rechtschreibung — wollen die Kultusminister zugleich einen Schlussstrich unter die seit mehr als zehn Jahren erbittert geführten Auseinandersetzungen ziehen. Der Kultur-Staatsminister des Bundes, Bernd Neumann (CDU),
sagte, es sei zu hoffen, dass nach Jahren heftiger Diskussionen nun eine verlässliche Grundlage für die Rechtschreibung gefunden worden sei. Der Rat habe „einige gravierende Mängel" beseitigt, gleichwohl bleibe „das Unbehagen in der Bevölkerung".

Umstellung ab August

Feststehende Begriffe wie „Schwarzes Brett" oder„Goldener Schnitt" sollen wieder groß geschrieben werden können. Außerdem sollen Zusammensetzungen aus Substantiven und Verben wiederzusammen und klein geschrieben werden, beispielsweise „eislaufen" oder „leidtun“. Außerdem sind wieder Varianten erlaubt, die noch aus der alten Rechtschreibung stammen. Neben „kennenlernen" ist nun auch wieder „kennen lernen" richtig. Laut Kulturministerkonferenz sind die nun beschlossenen neuen Schreibweisen ab dem 1. August 2006 für Schulen verbindlich. Bis zum 31. Juli 2007 werden jedoch die bislang gültigen Schreibweisen nicht als Fehler gewertet.

Die Reform der Reform

alte Regel – Reform – neue Empfehlung
[Trennstriche ergänzt, handschriftlich auf Wandtafel:]
recht haben – Recht haben – Recht haben oder recht haben
richtigstellen – richtig stellen – richtigstellen
daß – dass – dass
Schiffahrt – Schifffahrt – Schifffahrt
gelbe Karte – gelbe Karte – Gelbe Karte
angst und bange – Angst und Bange – angst und bange

[nach Eckernförder Zeitung v. 3.3.2006]


eingetragen von Sigmar Salzburg am 02.03.2006 um 08.09

Eltern beharren auf alter Rechtschreibung

Kiel/kim - Der Deutsche Elternverein sagt nein zur Rechtschreibreform: Er hat die Kultusminister aufgefordert, alle Erlasse, die den Gebrauch der klassischen Schreibweise an den Schulen „diskriminieren", unverzüglich zurückzuziehen. „Die klassische Rechtschreibung muss als erlaubte Schreibweise wieder zugelassen werden, die alte Schreibweise darf den Schülern nicht als Fehler angekreidet werden", sagte der Bundesvorsitzende Ulrich Kliegis gestern in Kiel.

Die Reform sei ein Fantasieprodukt, „das undemokratisch zu Stande gekommen ist und gewaltsam in die Schulen gedrückt wurde", so Kliegis, der stellvertretend für 12000 bundesweit organisierte Eltern spricht. In Schleswig-Holstein hat der Elternverein 100 Mitglieder. Doch Mitstreiter gebe es viel mehr: „Etwa 70 Millionen Bundesbürger sind für die traditionelle Rechtschreibung", so der Vorsitzende.

In einem offenen Brief an die Kultusminister der Länder kritisiert Kliegis – im Vorfeld der heutigen Entscheidung der Kultusministerkonferenz (KMK) über die Rechtschreibreform — das „heillose Durcheinander" an Schulen. „Die Schüler finden sich nicht mehr zurecht, kein Lehrer kann eine unstrittig richtige Schreibweise festlegen", heißt es in dem Schreiben. Derzeit gebe es kein verbindliches Wörterverzeichnis als Grundlage für die Bewertung von Fehlern. Um zu einer einheitlichen und gesellschaftlich akzeptierten Schreibweise zu kommen, seien nachvollziehbare Rechtschreibregeln nötig.

Die KMK will heute über die Vorschläge des Rates für deutsche Rechtschreibung entscheiden, der Änderungsempfehlungen für einige strittige Bereiche der 1996 beschlossenen Reform vorge-legt hat. Die KMK-Chefin und schleswig-holsteinische Bildungsministerin Ute Erd-siek-Rave (SPD) bezeichnete die Vorlagen als „gute Grundlage, auf der endlich Rechtschreibfrieden möglich ist".

(Nach Eckernförder Zeitung v. 2.3.2006)


eingetragen von Sigmar Salzburg am 28.02.2006 um 11.19

Die Vorschläge des Rates für deutsche Rechtschreibreform

Der Rat für deutsche Rechtschreibung konzentriert sich in seiner Reform der Reform vor allem auf die Groß- und Klein sowie die Zusammen- und Getrenntschreibung. Auch in der Zeichensetzung und der Worttrennung am Ende der Zeile hat er einige Änderungsvorschläge, die zum Teil die Regeln der alten Rechtschreibung wieder aufnehmen. Ein kleiner Überblick:

1) Zusammen- und Getrenntschreibung: Ein wichtiges Kriterium für das Zusammenschreiben ist nun wieder der Wortakzent.
a) liegt bei der Verknüpfung von Partikeln und Verben ein einheitlicher Wortakzent vor, wird das Wort zusammengeschrieben.
b) Entsteht bei der Verbindung von Adjektiv und Verb eine neue, idiomatisierte Gesamtbedeutung, wird das Wort zusammengeschrieben.
c) Verlieren Substantive bei der Zusammensetzung mit einem Verb ihre selbstständigen Eigenschaften, so wird das Wort klein und zusammengeschrieben.
d) Grundsätzlich werden zwei Verben getrennt geschrieben; bei übertragen gebrauchten Verbindungen aber ist die Zusammenschreibung erlaubt.

2) Groß- und Kleinschreibung: Die Änderungsvorschläge werden hier auf das systematisch Notwendige beschränkt.
a) Bei einzelnen Schreibweisen ist zur Unterscheidung zwischen substantivischem und nicht-substantivischem Gebrauch in einigen Fällen die Kleinschreibung vorgesehen.
b) Für den Fall, dass bei der Verknüpfung von Adjektiv und Substantiv eine neue, idiomatische Gesamtbedeutung entsteht, werden auch die Adjektive groß geschrieben.
c) Zudem ist die Höflichkeits-Großschreibung in Briefen für „Du" und „Sie" wieder gestattet.

3) Zeichensetzung: Sie soll vor allem dem vereinfachten Lesefluss dienen und die Sätze strukturieren.
a) In Fällen, wo selbstständige Sätze mit „und", „oder" oder ähnlichem verbunden werden, hat ein Komma zu stehen.
b) Infinitivgruppen, die von einem Korrelat oder Verweiswort abhängen, sind durch ein Komma abzutrennen.

4) Worttrennungen am Zeilenende: Die Abtrennung von Einzelvokalen soll in Zukunft verboten sein (nicht: E-sel oder Bi-omüll). Außerdem soll die Trennung sich sinnvoll nach dem Wortganzen richten (voll-enden, Pro-gramm), (ems)

[Original in Tabellenform!]
[Reihenfolge: vor der Rechtschreibreform – nach der Reform – nach der Reform der Reform]

Zusammen- und Getrenntschreibung
a) Partikel + Verb

abhanden kommen – abhanden kommen – abhandenkommen
abwärts fahren – abwärts fahren – abwärtsfahren
anheimfallen – anheimfallen – anheimfallen
aufeinanderstapeln – aufeinander stapeln – aufeinanderstapeln
querlesen – quer lesen – querlesen

b) Adjektiv+Verb

müßiggehen – müßig gehen – müßiggehen
(sich) näherkommen – (sich) näher kommen – (sich) näherkommen
schwerfallen (=Mühe machen) – schwer fallen (= Mühe machen) – schwerfallen (= Mühe machen)
jmdn. zufriedenlassen – jmdn. zufrieden lassen – jmdn. zufriedenlassen
seligpreisen – selig preisen – seligpreisen

c) Substantiv+Verb

eislaufen – Eis laufen – eislaufen
kopfstehen – Kopf stehen – kopfstehen
not tun – Not tun – nottun
leid tun – Leid tun – leidtun

d)Verb (Infinitiv) +Verb

in der Schule sitzenbleiben – in der Schule sitzen bleiben – in der Schule sitzenbleiben
die Freundin stehenlassen – die Freundin stehen lassen – die Freundin stehenlassen

Groß- und Kleinschreibung
a) Unterscheidung substantivischer/nichtsubstantivischer Gebrauch

zu eigen machen – zu Eigen machen – zu eigen machen
jmdm. feind sein – jmdm. Feind sein – jmdm. feind sein
bankrott gehen – Bankrott gehen – bankrottgehen, aber: in den Bankrott gehen
pleite gehen – Pleite gehen – pleitegehen

b) Adjektiv+Verb mit idiomatisierter Gesamtbedeutung

die Erste Hilfe – die erste Hilfe – die Erste Hilfe
die rote Karte – die rote Karte – die Rote Karte

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Sigmar Salzburg


eingetragen von Sigmar Salzburg am 28.02.2006 um 08.38

[ebenso alle Tageszeitungen des Verlages]

Die Rechtschreibung und die Praxis

Deutschlehrer und Studenten berichten

Flensburg ems/wal - Fast zehn Jahre ist es her, seit Deutschland, Österreich, die Schweiz, Liechtenstein und die Länder der deutschsprachigen Minderheiten sich auf eine gemeinsame Rechtschreibreform einigten. Mindestens ebenso lange wird die Reform bekämpft. Schriftsteller riefen zum Stopp auf, Zeitungen stellten demonstrativ auf die „alte" Rechtschreibung um, selbst das Bundesverfassungsgericht wurde im Kampf gegen die Reform angerufen — und wies die Klage ab.

Wie weit der Widerstand geht, zeigt ein Blick in Schleswig-Holsteins Universitäten. „Bevor ich mein Referendariat angetreten habe, hatte ich mit der Rechtschreibreform eigentlich nichts zu tun. An der Uni wurde weiterhin die alte Rechtschreibung praktiziert", berichtet Miriam Mackert, seit drei Wochen Referendarin an der Flensburger Goethe-Schule. Sie studierte an der Kieler Christian-Albrechts-Universität Philosophie und Germanistik. Um an der Schule unterrichten zu können, musste sie sich selbst mit den neuen Regeln vertraut machen. Doch das ist nicht ihr einziges Problem: „Zudem finde ich es sehr verwirrend — sowohl für Schüler als auch Lehrer —, dass die großen deutschen Zeitungen und Magazine die Rechtschreibreform nicht einheitlich umsetzen", berichtet die 27-Jährige-Christian Jung, Germanistikstudent in Flensburg und ebenfalls angehender Lehrer, lernte an der Schule noch die alte, für die Uni dann aber die neue Rechtschreibung. „Mittlerweile habe ich mich daran gewöhnt", beteuert der 27-Jährige. Er stört sich vor allem an den ewig neuen Überarbeitungen der Regeln: „Ich bezweifle, dass viele der durchgeführten Reformen die Rechtschreibung tatsächlich vereinfachen. Durch die ständigen Änderungen werden die Schüler schnell in die Irre geführt."

„Langsam gewinnt man den Eindruck, dass hier eine ganze Generation an Deutschlehrern und Schülern in den Wahnsinn getrieben werden soll."
Gabriele Eiberg, Deutschlehrerin in Flensburg

Gabriele Eiberg, Deutschlehrerin an der Flensburger Goethe-Schule, findet noch deutlich stärkere Worte. „Langsam gewinnt man den Eindruck, dass hier eine ganze Generation an Deutschlehrern und Schülern in den Wahnsinn getrieben werden soll."

Seit dem 1. August 1998 würden die Schülerinnen und Schüler nach der neuen Rechtschreibung unterrichtet. Der Erlass vom 1. August 2005 habe die Situation noch einmal verschärft, da Verstöße nun als Fehler anzurechnen seien. Strittige Bereiche jedoch seien weiterhin ausgespart worden.
Mittlerweile gebe es an Deutschlands Schulen eine ganze Schüler-Generation, die nie etwas anderes gelernt habe als die neue Rechtschreibung. „Unsere Schüler sind bis zur 11. Klasse ausschließlich in der neuen Rechtschreibung unterrichtet worden. Eine erneute Korrektur würde zu Lasten der Schüler gehen."

Zudem gibt die 40-Jährige die enormen Kosten zu Bedenken, die durch Reform der Reform auf die Schulen zukommen würden. Es müssten neue Deutschbücher und Duden für jede einzelne Schule angeschafft werden. „Mit Geldern, die sicherlich an anderer Stelle sinnvoller eingesetzt werden könnten."

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Sigmar Salzburg


eingetragen von Sigmar Salzburg am 28.02.2006 um 08.21

Eckernförder Zeitung am 28.02. 2006
[ebenso alle übrigen Tageszeitungen des Verlages]

„Jetzt ist Rechtschreib-Friede“

Es soll vorerst die letzte Rechtschreibreform sein. Ute Erdsiek-Rave, Bildungsministerin in Schleswig-Holstein und Vorsitzende der Kultusministerkonferenz nahm gestern vom Rat für deutsche Rechtschreibreform die Anderungsvorschläge in Empfang. Mit Redaktionsmitglied Peter Höver sprach sie über die Reform der Reform.

Streit ohne Ende um die Rechtschreibung. Warum ist dieses Thema so schwierig in Deutschland?


Erdsiek-Rave: Selbstkritisch muss ich als Mitglied der Kultusministerkonferenz einräumen: Hier war der Eindruck entstanden, als solle den Menschen von oben verordnet werden, anders zu schreiben. In Wahrheit ging es darum, die Rechtschreibung in Schulen erlernbarer, logischer und einfacher zu machen.

Was steckt hinter diesem Ziel?

Erdsiek-Rave: Im Deutschunterricht geht es um mehr als um Rechtschreibung. Es geht um Lesen, um guten Ausdruck und Grammatik. Aber der Mensch ist nun einmal ein Gewohnheitstier; was er sein Leben lang geschrieben hat, verändert er nicht so leicht. Und in Deutschland wird eben noch leidenschaftlicher um solche Fragen diskutiert als in Österreich und der Schweiz.

Hat die lange Auseinandersetzung um die Reform gelohnt?

Erdsiek-Rave: Es ging in den letzten eineinhalb Jahren um die umstrittensten Teile der Reform wie die Groß- und Klein-, die Getrennt- oder Zusammenschreibung. Da ist nachgebessert worden. Ich halte die Vorschläge für eine gute Grundlage, auf der Rechtschreib-Frieden möglich ist.

Kritiker behaupten, mit den Nachbesserungen laufe Deutschland auf die alte Rechtschreibung zu.

Erdsiek-Rave: Ich halte das für eine Fehleinschätzung. Jetzt gilt die Verabredung, dass der Rat für Rechtschreibung die Entwicklung der nächsten fünf Jahre begleiten wird. Dann wird es, wie es das immer gegeben hat, Korrekturvorschläge geben. Der Duden ist nie statisch gewesen, er ist stets korrigiert worden. Das bedenken viele Menschen nicht, die die Reform nun für eine Katastrophe halten.

Und die Schulbücher? Kommt nun eine korrigierte Auflage?

Erdsiek-Rave: Die Verlage sagen, dass der Umfang der Veränderung zunächst keine Neuauflage rechtfertigt. Aktuell werden die Schulen sicher etwas Aufwand treiben müssen, um die neuen Regeln zu berücksichtigen. Aber da wird es eine Übergangsfrist geben, in der die Neuregelungen nicht als Fehler gewertet werden. Ich glaube, die Schulen werden damit gelassen umgehen.

Wie lange wird es Ruhe geben bis zur nächsten Schreibreform?

Erdsiek-Rave: Eine Reform in dem Sinne, dass alles noch einmal auf den Prüfstand kommt, wird es so schnell nicht geben. Es wird in den nächsten zehn Jahren allenfalls kleine Korrekturen geben.

[Schleichwerbungsfoto: Schülerin mit Duden]
Büffeln für die Reform: Schon wieder müssen Deutschlands Schüler neue Regeln für die Rechtschreibung lernen. Foto:keystone

[Foto: Zwei mit triumphierenden Gesichtern]
Die Übergabe der Änderungen: Hans Zehetmair, Vorsitzender des Rates für deutsche Rechtschreibung, und die Präsidentin der Kultusministerkonferenz Ute Erdsiek-Rave. Foto: ddp


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Sigmar Salzburg


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