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eingetragen von Sigmar Salzburg am 23.04.2017 um 13.04

Der Punkt verschwindet aus der Schriftsprache.
Von Tillmann Prüfer
ZEITmagazin Nr. 14/2017

... Im 19. Jahrhundert wurde die Rechtschreibung vereinheitlicht und diente dem Bürgertum als Statussymbol. Nicht mehr die Herkunft sollte der Maßstab sein, sondern die Bildung. Die Beherrschung der Rechtschreibregeln unterschied den Bürger vom Pöbel. Und wenn die Rechtschreibung auf dem Rückzug ist, müssten eigentlich bildungsbürgerliche Abstiegsängste wach werden. Die Reform der deutschen Rechtschreibung von 1996 erzürnte noch die Bildungsbürger – zwanzig Jahre später diskutiert man nicht mehr über Rechtschreibung...

zeit.de 31.3.2017

…Man diskutiert nicht mehr – weil man das nicht ewig fortsetzen kann, weil das Politikergesocks und die Medienmagnaten zu mächtig waren und weil sich die abhängigen Lohnschreiber im Reform-KZ einrichten mußten.

Mit wenigen Jahren Volksschule hat man früher einwandfrei rechtschreiben gelernt, wie immer wieder und auch bei meinen Vorfahren festzustellen ist. Das mit dem „Statussymbol“ ist durchsichtige, aber faktenfreie Propaganda der Schreib- und Gesellschaftsveränderer.


eingetragen von Sigmar Salzburg am 28.09.2016 um 11.45

Warum Rechtschreibung wie Mathematik ist

Inge Fuhr ist Expertin in Sachen Rechtschreibung.
Neuss. Diplom-Sozialpädagogin Inge Fuhr macht Elternschulungen zum Thema Lesen und Schreiben.

Neuss Damit Eltern ihre Kinder gezielt beim Lesen und Schreiben lernen unterstützen können, bietet der Rhein-Kreis eine Elternschule zum Thema "Wie funktioniert unsere Rechtschreibung?" ...

Was Mütter und Väter bei der Elternschule erwartet, darüber sprach die NGZ mit der Referentin, Diplom-Sozialpädagogin Inge Fuhr.

Ist die deutsche Rechtschreibung so schwierig, dass wir schon eine Elternschule dafür benötigen?

Inge Fuhr Sie ist im Gegenteil sehr konstant und "logisch" aufgebaut - vergleichbar mit Mathe. Leider ist ihre Systematik sowohl den Erwachsenen als auch der Schülerschaft weitgehend unbekannt, da sie ihnen nie vermittelt wurde...

rp-online.de 13.9.2016

Die Antwort ist der beste Beweis, daß Frau Fuhr keine Ahnung von Mathematik hat. Gute Rechtschreibung hat eher etwas von biologischer Evolution, schlechte mehr von „Reform“ und Qualzüchtung.


eingetragen von Sigmar Salzburg am 09.08.2015 um 13.02

Tiroler Tageszeitung, 7. August 2015

"Zehn Jahre Rechtschreib-Reförmchen"

Innsbruck (OTS) - Die neuen Regeln für korrektes Deutsch sind in den Köpfen vieler Menschen immer noch nicht angekommen. Unsicherheit und Zweifelsfälle bleiben. Und in den neuen Medien schreibt ohnehin jeder, wie es ihm gefällt. Schüler früherer Generationen erinnern sich ungern, so manchem ist die Lust auf kreatives Schreiben vergällt worden...

1996 wurde geplagten Aufsatzschreibern Linderung in orthografischer Hinsicht verheißen: Die deutsche Rechtschreibung wurde reformiert. Einfacher, logischer und von jedem Ballast befreit sollte fürderhin geschrieben werden...

Erst am 1. August 2005 wurde die Rechtschreibung neu an Schulen und Ämtern zur Pflicht. Die Kritik aber blieb. Schon 2006 mussten einige besonders umstrittene Schreibweisen erneut abgeändert werden - die Reform der Reform. Zweifelsfälle gibt es trotzdem noch zuhauf...

Seit zehn Jahren ist die neue Rechtschreibung nun also mehr oder weniger in Verwendung. Ihre Reform geriet zum Reförmchen.* Die angestrebte Befreiung aus einem engen Korsett fand nicht statt. Es fehlte der Mut zu mehr. Die Groß- und Kleinschreibung etwa hätte man zugunsten genereller Kleinschreibung (wie im Englischen) abschaffen können. Das mag anfänglich zwar im Auge schmerzen, eine echte Erleichterung wäre es aber allemal... [ots.at 7.8.2015]

Kleinschreibung ist nur manchmal zwei(felsfrei ein)deutig!

„Reförmchen“ sagte auch der nicht ganz koschere Minister Meyer.


eingetragen von Sigmar Salzburg am 13.06.2014 um 09.22

Rückblick
Die Rechtschreibreform wird volljährig
Ein Sorgenkind wird volljährig. Vor 18 Jahren wurde die neue Rechtschreibreform auf den Weg gebracht. Eine schwere Geburt.

Eine Mißgeburt! Aber der größte Unsinn des Artikels steht am Schluß. Zur Einstimmung sei er am Anfang zitiert:

Heute, 18 Jahre nach den ersten Gehversuchen, ist die Rechtschreibreform erwachsen geworden. Und mit ihr eine ganze Nation.

Viele Schüler mußten damit erwachsen werden. Ansonsten ist aber eine ganze Nation in ein Volk von Rechtschreibstümpern verwandelt worden.

Marburg. Manche nennen es eine Marotte, andere eine Passion, wieder andere Besserwisserei. Dr. Monika Rapp nennt es „Achtsamkeit“. Aber egal wie man die Liebe der 49-Jährigen zur Rechtschreibung bezeichnet - manchmal wird die Marotte, diese kleine Spinnerei, die Achtsamkeit auch zur Grundsatzdiskussion.

In mancher Frühstückspause beispielsweise kocht in ihr der Ärger hoch. Immer dann, wenn sie ihren Joghurt [nicht „Jogurt“?] aus der Tasche zieht. „DER GROSSE BAUER“ muss es sein. Den Geschmack liebt sie, den Rechtschreibfehler auf der Becherverpackung, der ist schwer verdaulich. Und so hat sie die Firma Bauer angeschrieben. Hat immer wieder gefragt, wieso der Fehler gemacht werde, den „GROSSEN BAUER“ mit zwei „s“ zu bewerben?

„Es gäbe eben kein großes „ß“ im Deutschen, so die Antwort des Unternehmens. Ein Irrtum. „Das war niederschmetternd. Wie kann man denn die Produkte, die man verkaufen will, nicht korrekt schreiben?“, fragt Dr. Rapp.

Zum Zeitpunkt der Einführung der Rechtschreibreform gab ein großes ß überhaupt nicht. Das wurde erst geschaffen, als man den vergrößerten Widerspruch zwischen dem Schriftbild und der neuen Vokallängenabhängigkeit bemerkte und den Reformkritikern den Wind aus den Segeln nehmen wollte. Erst 2008 gibt es ein häßliches Unicode-Zeichen, das man als großes ß verwenden könnte.

Wikipedia:
Die gegenwärtigen amtlichen Regeln zur neuen deutschen Rechtschreibung kennen keinen Großbuchstaben zum ß: „Jeder Buchstabe existiert als Kleinbuchstabe und als Großbuchstabe (Ausnahme ß)“. Im Versalsatz empfehlen die Regeln, das „ß“ durch „SS“ zu ersetzen: „Bei Schreibung mit Großbuchstaben schreibt man SS, zum Beispiel: Straße – STRASSE.“


Klagen unvermindert
Die 49-Jährige unterrichtet Deutsch als Fremdsprache an der Philipps-Universität.

Die armen Studenten!

Seit der Rechtschreibreform, die vor 18 Jahren beschlossen wurde, sind die Klagen ausländischer Studierender über die Tücken der deutschen Sprache nicht weniger geworden. Die Regeln aber, die sind überschaubarer. „Früher hatten wir 50 bis 70 Kommaregeln. Je nach Auslegung. Heute sind es nur noch 32. Und die sind lernbar“, sagt sie.

War nicht die Zahl der Kommaregeln durch die geniale Reform auf neun reduziert worden?

Leider, so beobachtet die Sprachexpertin, sei bei einigen Menschen ein nachlassendes Interesse vorhanden, die deutsche Rechtschreibung korrekt zu erlernen. „Der Trend scheint zu sein, dass es vielen reicht, wenn sie einigermaßen richtig schreiben können“, beobachtet Rapp.

Eine Folge der „Reform“: Durch ihre Willkürlichkeit und Zerstörung der Tradition hat sie bei sehr vielen Schreibern Lustlosigkeit hervorgerufen.

Mit der Rechtschreibreform sei zumindest die Wahrscheinlichkeit höher, dass Wörter richtig abgeleitet und Kommata richtig verteilt werden. Verstehen kann die zweifache Mutter das schwindende Interesse an einem korrekten Sprachgebrauch in Wort und Schrift nicht.

Kein Schüler leitet „Stengel“ von „Stange“ ab, kein Normalbürger hat „behende" mit „Hand“ in Verbindung gebracht.
Schon die Rede vom „korrekten Sprachgebrauch“ ist Schwindel: Die traditionelle Rechtschreibung war und ist korrekt.


"Frage mich manchmal ob ich zu pingelig bin"
„Manchmal frage ich mich, ob ich zu pingelig bin. Ich bin in der DDR zur Schule gegangen. Da war das Erlernen der korrekten Schreibung eine Selbstverständlichkeit. An der Universität wurden wir in Sachen Rechtschreibung von einigen Dozenten richtig gedrillt.“

Sie, die promovierte Biologin, die erst nach der Geburt ihrer Kinder das Zweitstudium aufnahm, hat eine Passion für Sprache. Ihren naturwissenschaftlichen Hintergrund aber, den kann sie nicht verbergen. Sie zerlegt Sprache in ihre Elemente, versucht Regelmäßigkeiten und Muster zu erkennen. „Die neue Rechtschreibung ist einfach ein bisschen flexibler. Es gibt mehr Möglichkeiten.“

Die oft unsinnige Beliebigkeit. Dafür muß neu „zurzeit“ und es darf nicht „jedesmal“ geschrieben werden!

Das Trennen von Wörtern beispielsweise - das ist einfacher geworden. So einfach, dass erneut eine Regel her musste. Denn wer ohne Verbindlichkeiten Wörter auseinander reißen kann, der kann neue erschaffen. Urin stinkt - oder doch lieber Urinstinkt? Staat - sex- - amen? Oder Staatsexamen? Der Sinn der Worte muss nach einer Trennung erhalten bleiben - auch nach der neuen Regel der Sprachreform.

Die Vermeidung von „Urin-stinkt“ ist doch erst von Zehetmair als Reformregel mißverstanden worden.

Kritik an Grass und Reich-Ranicki
Monika Rapp hat, wie Millionen Deutsche, in der Schule die alte Rechtschreibung gelernt. Mit all ihren Tücken und Fallen. Sie hat sich umgestellt. Auf die Neue. Auch auf die Neuerung der Neuen. Und auf die neue Neuerung der Neuen. Zwischendrin war sie entrüstet. Weil sie sich für ihre Arbeit als Lehrkraft immer wieder die überarbeitete Form des Dudens kaufen musste.

Als ob der Neuschrieb nicht voller Tücken und Fallen wäre!

Kritisch setzte sie sich mit Schriftstellern wie Günter Grass und Marcel Reich-Ranicki auseinander. In ihren Augen Meinungsmacher, die mit ihren Protesten gegen die Neuerungen der Rechtschreibung für Unsicherheit sorgten. „Die Sprache gehört dem Volk“ forderten sie. Und das Volk weiß im Jahr 2003 nicht so recht, was es von der neuen Rechtschreibreform halten soll.

Die Mehrheit des Volkes hielt von der „Rechtschreibreform“ nichts!

Einer Reform, die vieles zwar einfacher macht, dafür aber mit liebgewonnenen Gewohnheiten zu brechen zwingt. Tageszeitungen und namhafte Magazine wie Stern und Spiegel weigern sich 2004, die neue Rechtschreibreform anzuerkennen.

Stern und Spiegel sind besonders eifrig in der Umsetzung der Rechtschreibreform. Aber sie bevorzugen, wenn die „Reform“ es zuläßt, die gefälligere traditionelle Schreibung, zum Beispiel „sogenannt“ anstelle von „so genannt“. Zwar hatte der damalige Spiegel-Chef Stefan Aust 2004 die Rückkehr zur traditionellen Rechtschreibung angekündigt, aber sich dann nicht gegen die Konzernführung und die „fortschrittlichen“ Journalistenkollegen durchsetzen können und schließlich seinen Job verloren.

Schulbücher hingegen werden bereits in Millionenauflage mit der neuen Rechtschreibung gedruckt. Verwirrung. Ablehnung. Vermischung von Alt und Neu. Heute, 18 Jahre nach den ersten Gehversuchen, ist die Rechtschreibreform erwachsen geworden. Und mit ihr eine ganze Nation.
von Marie Lisa Schulz

op-marburg.de 2.6.2014

P.S.: Theodor Ickler schreibt treffend:
Man weiß nicht, wer hier unwissender ist, die Deutschlehrerin oder die Reporterin. Und das an meiner guten alten Philipps-Universität!



eingetragen von Sigmar Salzburg am 22.01.2014 um 06.47

„Die Rechtschreibreform verbesserte, wie ihr Name besagt, die Rechtschreibung.“

Hamburger Abendblatt 21.1.2014

Weissein hier von „weise sein, weismachen“.
Zur falsch geschriebenen „Kritischen Weissseinforschung“ siehe kunstforschung.net.


eingetragen von Sigmar Salzburg am 07.07.2013 um 07.32

Marion Bartoli claims to have an IQ of 175, higher than the scores of Plato, Beethoven, Albert Einstein, Bill Gates and Stephen Hawking. “I did the test when I was younger ...“
thetennisspace.com 6.7.13

Höhere Intelligenz kann man nicht sinnvoll messen, schon gar nicht als Ferndiagnose über die Zeiten hinweg. Man muß schon eine Lust zu raffinierten, aber nutzlosen Scrabble-Spielen mitbringen, um bedeutende Erfolge bei Intelligenztests zu haben.


eingetragen von Sigmar Salzburg am 14.05.2013 um 20.13

Bienenquiz des Imkervereins Wurzbach vor allem für die Kinder

Gerhard Rohm und Harry Wolfram haben in wochenlanger Kleinarbeit geknobelt und gebastelt, um ein Modell für ein Bienenquiz zu entwickeln. Imkerverein Wurzbach leiht das Gerät an interessierte Schulen oder Vereine aus...

Vor allem für Kinder und Jugendliche in den Schulen, aber auch bei öffentlichen Veranstaltungen kann dieses Quiz Verwendung finden. Angedacht ist, durch weitere Themen aus den Bereichen Naturwissenschaft und Technik (zum Beispiel Biologie,Geographie), Kunst und Kultur und der Rechtschreibreform die Anwendungsmöglichkeiten individuell zu erweitern...

Ostthüringer Zeitung 14.5.2013


eingetragen von Sigmar Salzburg am 30.01.2013 um 13.12

Manche Frauen geben für eine Busenvergrößerung ein Vermögen aus und wären auf ein Lob nach der Art des FDP-Politikers Brüderle sogar stolz gewesen. Aber nun ist die korrekte Kleingeisterszene seit einer Woche wegen dieser längst verjährten Flapsigkeit in Aufruhr. Sogar das an sich intelligente „Spektrum der Wissenschaft“ (das ich wegen der Umstellung auf die „Reform“ abbestellt habe) meldet sich ausgiebig zu Wort:

Bei dem Versuch, den Sexismus-Vorwurf ins Lächerliche zu ziehen, offenbart der "Handelsblatt"-Chefredakteur einen besonders lupenreinen Chauvinismus. Im "Handelsblatt Morning Briefing" schrieb er: "Mit zweideutigen Herrenwitzen soll FDP-Sturmspitze Rainer Brüderle eine Stern-Redakteurin behelligt haben. Auch gegenüber einer schleswig-holsteinischen Milchkuh sei der FDP-Fraktionschef mit der Bemerkung 'Körbchengröße 90 L' negativ aufgefallen, berichtet die Illustrierte…"
spektrum.de 28.1.2013

Da darf natürlich die Dämlichste der SPD-SpitzenpolitikerInnen nicht fehlen:

"Herr Brüderle muss die Vorwürfe klarstellen, er muss sich endlich erklären", sagte SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles SPIEGEL ONLINE. "Wenn alles wirklich so passiert ist, wie beschrieben, hat Herr Brüderle eine deutliche Grenze überschritten."
spiegel.de 29.1.2013


Nachtrag: Ein aufmerksamer Spiegelleser erinnerte sich an einen anderen Nahles-Auftritt:
"Es kommt nicht nur auf das Dirndl an, sondern auch darauf, was drin ist." So sprach Andrea Nahles in bierseeliger Laune im Bierzelt.
spiegel.de/video 2008 (ab 2:10).

„Die Opposition atmete hörbar auf, dass es diesmal nicht um Steinbrück ging, und Andrea Nahles’ Empörung füllte mindestens zwei Dirndl.“
Matthias Matussek bei kath.net 3.2.13.



eingetragen von Sigmar Salzburg am 11.10.2011 um 09.12

Ein ärgerlicher Artikel (Kommentare hinzugefügt):

Ist die Rechtschreib- eine Schlechtschreibreform?

Die Rechtschreibregeln sollten vereinfacht, Widersprüchlichkeiten beseitigt werden – doch die Orthografie-Reform ist auch nach 30 Jahren noch nicht gelöst.


Auf deutsch: Der künstlich herbeigeführte Krieg zur Abschaffung der traditionellen Rechtschreibung dauert noch an.

Die deutsche Sprache hat überlebt. Das ist das Beste, was man über die vor fünf Jahren für alle Schulen und Behörden verbindlich gewordene und von allen Medien mit kleinen Abweichungen akzeptierte Rechtschreibreform sagen kann. Einfacher wurde die Sprache aber nicht….

Endet wegen allgemeiner Erschöpfung

Der Kampf um die Reform war ein seit etwa 1980 währender „Dreißigjähriger Krieg“ und ähnelte dem historischen Vorbild sowohl darin, dass er vor allem wegen allgemeiner Erschöpfung endete, als auch darin, dass es zuvorderst um Glaubensfragen ging. Vor allem die Verteidiger der alten Schreibungen führten sich manchmal auf, als müsse jede Abweichung von der rechten Linie die Verdammnis nach sich ziehen.

Schuld sind natürlich die widerspenstigen Opfer, die nicht reformiert werden wollen:

Dies übrigens hat zum Durcheinander beigetragen. Denn der Wirrwarr rührt zum Teil daher, dass die Reformer der Rechtschreibung immer wieder versuchen mussten, Empfindlichkeiten der Reformkritiker zu berücksichtigen.

Die Unbedarftheit des Autors wird schon darin deutlich, daß er die Reform als Gesetz beschreibt:

… Die Reform ist also, fünf Jahre nachdem sie am 1. August 2006 endgültig Gesetzeskraft erlangt hat, immer noch reformbedürftig. … Schon die 2006 Gesetz gewordene Regelung war ja eine Nachbesserung der 1996 verabschiedeten und 1998 in Kraft getretenen Reform. Die Nachbesserung wurde unter anderem dadurch erzwungen, dass manche Medien wie die Zeitungen des Verlags Axel Springer jene erste Reform entweder gar nicht mitgemacht hatten oder nach einer Testphase wieder zur alten Schreibung zurückgekehrt waren.

Verständlicherweise wird der verspätete Widerstand des Springer-Verlages und die erneute eilige Unterwerfung nach mickrigen Verbesserungen als Erfolg gelobhudelt.

Sogar zunächst besonders umstrittene Neuschreibungen wie „Gämse“ oder „behände“ setzen sich laut elektronischer Wörterzählung des Rechtschreibrates durch.

Der Rat beobachtet doch nur die Wirksamkeit der Korrekturautomaten. Welcher normaldenkende Mensch würde Autos schriftlich „behände“ nennen, wie man es zuhauf in den Zeitungen lesen kann.

Die Rechtschreibreform hat also das typische Schicksal gut gemeinter deutscher Reformen erlitten. Sie trug dazu bei, dass das einst so zauberhaft nach Zukunft klingende Wort „Reform“ mittlerweile die meisten Deutschen erschreckt, ist aber mit einigen Korrekturen schließlich zähneknirschend akzeptiert worden.

Quelle: Welt.de 9.10.2011

Akzeptanz sieht anders aus. Der Artikel ist eine Mischung aus oberflächlicher Anpassungbereitschaft, Unwissenheit und Verharmlosungseifer. Ich hatte ihn aus Zeitmangel zunächst ungekürzt im Forum eingesetzt – schon das Lesen ist eine Zumutung.

Wir wollen unseren alten Guratzsch wiederhaben!


Nachtrag: 277 Leserkommentare gibt es zu dem Welt-Artikel. Die Kommentarfunktion wurde inzwischen geschlossen. Der erhellendste Kurzkommentar:

Theo Ickler
Die Rechtschreibreform war ein Test auf die Folgsamkeit der Bevölkerung, Das hat damals Edmund Stoiber ausdrücklich gesagt.


eingetragen von Sigmar Salzburg am 08.10.2011 um 09.25

Robert Sedlaczek macht den Blockwart und mahnt den reformierten Gebrauch des „ß“ an – der dem Volk gegen seinen Willen aufgedrängt wird. Dazu die Leserkommentare:

Österreicher 06.10.2011
Man vergleiche "Schloßsanierung" mit "Schlosssanierung" und erkennt
die eklatante Verschlimmbesserung durch die neue Rechtschreibung sofort.

Theodor Ickler 06.10.2011
Dass mit dem kurzen Vokal isst nicht so einfach: Kürbiss, Erlebniss - merken Sie wass?

Johann Werfring 06.10.2011
Naja, gerade die (in diesem Fall beabsichtigte) historisiernde Ausdrucksweise "Schloß Schönbrunn" tut mir gar nicht weh (und ist mir sogar sehr symathisch).
Kleiner Denkanstoß: Bei der Lektüre frühneuzeitlicher Traktate fällt auf, dass sich hoch gelehrte Persönlichkeiten nicht selten auf ein und derselben Buchseite mehrfach unterschiedlicher Schreibweisen (auch: ss/ß) bedienten. Das störte jahrhundertelang niemand (weil man eh wusste, wie es gesprochen gehört). Das Oberlehrertum in punkto Orthografie ist eine noch vergleichsweise junge Disziplin.
Vielleicht sollte man - gerade weil "viele mit der s-Schreibung ihre liebe Not haben" - die Regelung heute wieder (wie in der frühen Neuzeit) liberaler gestalten?

velorowdy 05.10.2011
ich unterrichte deutsch (als fremdsprache) und kann/darf/muss mir nicht selten das stöhnen der armen zuwanderer anhören, die mit den eigenarten unserer sprache schwer zu kämpfen haben. sie beklagen sich über alles mögliche (keine details, sonst ist hier zu wenig platz...), aber über die s-problematik kaum jemals - könnt' auch daran liegen, dass das auf anfängerniveau wirklich ein nebenkriegsschauplatz ist...

ich hasse die sogenannte neue rechtschreibung, weil ich glaube, dass die meisten "verbesserungen" richtiggehende verböserungen sind, jede menge leute verunsichern und nichts leichter gemacht haben, im gegenteil - aber die neuen regeln betreffend s/ss/ß sind das absolut einzige, was m.E. das leben der rechtschreibwilligen leichter gemacht hat, und ich hoffe, das bleibt so 4 immer, 'tschuldigung: für immer!

Österreicher 05.10.2011
Richtig hässlich (statt voher häßlich) sind die meisten Fälle der neuen Rechtschreibung, in denen wie in "daß" das scharfe ß durch ss ersetzt worden ist.

Österreicher 05.10.2011
Man beachte die ausspracheabhängige Schreibweise wie in "Spaß" oder "Geschoß" (lange Vokale vor ß) hierzulande, hingegen in Deutschland überwiegend "Spass" und Geschoss" nämlich bei kurz ausgesprochenen Vokalen.

Dr. Karl Beck 05.10.2011
Vom preußischen König, Friedrich II., dem Gro0en, der 1739 den "Antimachiavell" verfaßte, in dem er dem Fürsten die Rolle des "ersten Dieners des Staates" zuschrieb, ist der Auspruch überliefert "Jeder soll nach seiner Facon selig werden". Facon schreibt man wie garcon (Kellner) mit Cedille (ich habe dieses Sonderzeichen nicht). Fritz der Große hatte viele Bewunderer. Darunter war auch Adolf Hitler. In der Politikerunterwelt begegneten sich beide. Der Führer sagte zum großen Fritz, daß er auch dessen Spruch "Jeder soll nach seiner Facon selig werden" umgesetzt habe, aber das tausendjährige Reich habe nicht funktioniert. Der große Fritz entgegnete distanzierend:"Ein Unterschied bestand doch!. Bei mir wurde Facon mit Cedille geschrieben, bei Ihnen mit SS". Daher verwende ich die Rechtschreibung weiter, die ich in der Volksschule (1950 -54) gelernt habe. Denn einen alten Baum versetzt man nicht"
Mit freundlichen Grüßen Dr. Karl Beck, Abo Nummer 385720

Stefan Sedlaczek 05.10.2011
Die Politik hat sich in ihrer Hybris und Wichtigtuerei eben überhoben, als sie sich an die Sprache herangemacht hat. Das konnte nicht gutgehen - und ist auch nicht gutgegangen. Da ist die mangelnde Vollständigkeit des Durchgriffs eher noch Trost. Es sei daran erinnert: Die Sowjets wollten damals die Zeit ändern, auch das hat nicht geklappt.

Wiener Zeitung


eingetragen von Sigmar Salzburg am 05.10.2011 um 11.43

Sedlaczek am Mittwoch
Nichts als Ärger mit dem ß!

Von Robert Sedlaczek

Aber was kann der Buchstabe dafür? Schuld sind die Menschen. Und dass Schüler verwirrt sind, ist verständlich.

[Bild]
Robert Sedlaczek ist der Autor zahlreicher Bücher über die, Sprache, zum Beispiel: "Das österreichische Deutsch".

Seit der Rechtschreibreform gilt eine einfache Regel: Wir schreiben Fuß, aber Fass. Bei Fuß wird der Vokal lang ausgesprochen, daher ß. Bei Fass kurz, daher ss. Ich könnte nun mehrere Seiten über die Geschichte des scharfen S schreiben, aber das führt zu nichts. Ein Faktum ist, dass viele mit der s-Schreibung ihre liebe Not haben. Dabei wollten es die Reformer ja nicht nur den Schülern, sondern uns allen leichter machen.

Der Leipziger Lernpsychologe Harald Marx hat die Rechtschreibleistungen von Grundschulkindern vor und nach der Reform verglichen - Grundschule, das entspricht unserer Volksschule. Harald Marx konstatiert, dass die Fehler im Bereich s-Laut-Schreibung seit der Reform deutlich zugenommen haben. Dies könne aber auch daran liegen, dass die Schüler außerhalb der Schule oft in Kontakt mit der inzwischen überholten Rechtschreibung kommen.

Es ist in der Tat ein Ärgernis. Zwar wird man von den Verantwortlichen der Gemeinde Wien nicht verlangen, dass sie von heute auf morgen um viel Geld all jene Straßenschilder erneuern, auf denen ein altes ß steht und wo ein neues ss hingehört. So lese ich zwangsläufig Tag für Tag auf dem Nachhauseweg "Schönbrunner Schloßstraße", obwohl doch schon längst aus dem Schloß ein Schloss geworden ist. Nur die Straße ist weiterhin eine Straße.
Von dieser Straße ist es nicht weit zum Schloss Schönbrunn. Hier verhalten sich die republikanischen Nachlassverwalter der Habsburgerpracht wie trotzige kleine Kinder. Sie beharren auf der nicht mehr gültigen Schreibung "Schloß Schönbrunn" - nicht nur auf Tafeln, bei jeder Namensnennung: auf Foldern, im Internet, überall. Sozusagen als Markenzeichen für ihr Schloss.

Mir tut inzwischen die Schreibung Schloß in den Augen weh. Das ß legt ja nahe, dass es sich um ein langes, ein gedehntes o handelt. Wer spricht das Wort so aus? Nur in einigen Mundarten geht das . ..

Auf der Website von Schloss Schönbrunn kann man unter der Überschrift "Historisches zum Schloß Schönbrunn" lesen: "Die imperiale Schlossanlage Schönbrunn mit ihren Nebengebäuden und dem weitläufigen Park zählt aufgrund ihrer langen und recht bewegten Geschichte zu den bedeutendsten Kulturdenkmälern Österreichs." Und in einer Presseaussendung von "Schloß Schönbrunn" erfahren wir, was im "Schönbrunner Schlosstheater" gespielt wird.

Das muss man zweimal lesen: "Schloß Schönbrunn hat eine imperiale Schlossanlage." Und: "In Schloß Schönbrunn gibt es das Schönbrunner Schlosstheater." Einmal so, einmal so - wie ein schlechter Schüler, der in Deutsch einen Fünfer schreibt.

Andere Schlösser innerhalb des deutschen Sprachraums haben ihre Schreibung längst von Schloß auf Schloss umgestellt - wie eine Internetrecherche zeigt. Nur die Herren von Schönbrunn beharren ganz bewusst auf der alten Schreibung. Ob deswegen nur ein einziger zusätzlicher Besucher sein Eintrittsgeld ablegt?

Meine inständige Bitte: Hört auf mit diesem Unfug!

Wienerzeitung.at 5.10.2011

Sedlaczek fällt häufiger durch ausgewählte Thorheiten zur Rechtschreibung auf, zum Beispiel zum Quäntchen. Vielleicht sollte er mal die politischen Verursacher der nichtsnutzigen und unerwünschten „Reform“ angreifen.

PS: Weh tut mir das Schlosserleben z.B. auf Schloß Bevern:

Nächtliches Schlosserleben. Erlebnisführung im Weserrenaissance Schloss Bevern … Für Nachtschwärmer u. Romantiker ... Holzminden


eingetragen von Sigmar Salzburg am 19.08.2011 um 10.50

Bei der Suche nach „Hans Krieger“ hier gefunden:

Anhörung der Rechtschreibkommission, Mannheim 23.1.1998
(Aufzeichnungen von Th. Ickler)

Im Saal befinden sich außer den Eingeladenen noch sechs oder sieben Personen, die nicht vorgestellt werden. Darunter Dr. Tobias Funk von der KMK, eine Dame, die später als Dr. Palmen-Schrübbers vom BMI identifiziert werden konnte, sowie Frohmut Menze (AOL-Verlag), der neben seiner als GEW-Vertreterin erschienenen Frau sitzt. (Das Ehepaar Menze scheint dem Kommissionsvorsitzenden gut bekannt zu sein und überhaupt beim IDS ein- und auszugehen. Zwei weitere Männer fallen dadurch auf, daß sie jede reformkritische Äußerung mit übertriebenem pantomimischem Spiel kommentieren und bei Hans Kriegers Vortrag demonstrativ den Saal verlassen. Einer von ihnen konnte später als Ministerialrat Stillemunkes identifiziert werden.)
n. Th. Ickler 20.01.2003


eingetragen von Sigmar Salzburg am 06.02.2011 um 15.41

In & Out: 96er Reform jetzt im IN

Am 26. Februar kommen die Kaktussen, ein Improvisationstheater aus Würzburg, zu einem Auftritt im Bildhäuser Hof nach Bad Neustadt. Aber Moment mal, was soll eigentlich der Name bedeuten? Kaktussen? Tussen kenn ich, aber Kaktussen. Eins ist auf jeden Fall sicher, der Name bezeichnet nicht den Plural (Mehrzahl) von Kaktus. Der heißt Kakteen.

Jedenfalls war das bis 1996 so, bis zur Rechtschreibreform vor fast 15 Jahren. Wegen oft nicht nachvollziehbarer, oft willkürlicher Änderungen der Schreibweisen war die bei vielen Leuten damals aber überhaupt nicht IN. Die Wissenschaftler, die sie sich hatten einfallen lassen, waren für die Skeptiker dagegen völlig OUT.

Doch die Zeiten ändern sich, man gewöhnt sich an manchen Blödsinn. Und schließlich hat sich verhältnismäßig schnell ja doch noch ein großer Vorteil der 96er Rechtschreibreform herauskristallisiert. Weil viele Menschen ihre Alltagstexte nämlich immer noch nach alter Rechtschreibung verfassen, andere dagegen reformorientiert schreiben, hat sich ein wunderschöner Mischmasch von beiden herausgebildet.

Mal sieht man ein Wort so geschrieben, mal anders. Mal wird das „ß“ scharf wie früher, mal reformiert-stumpf benutzt. Die Folge: Man kann schreiben, wie man will – so richtig falsch ist es eigentlich nie. Das senkt die offensichtlich Fehlerquote. Und deshalb ist die Rechtschreibreform sicher nicht nur bei mir jetzt völlig IN.

Hubert Herbert

mainpost.de 6.2.2011


eingetragen von Sigmar Salzburg am 08.12.2010 um 13.13

„Die Sprache gehört dem Volk!“
Bundestagssitzung 224 vom 26. März 1998
Rechtschreibreform

Volker Beck
(Köln) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): […] Unsere Fraktion bejaht grundsätzlich das Ziel der Rechtschreibreform, die deutsche Schriftsprache zu vereinfachen und schwer einsehbare Regeln zumindest nicht mehr mit dem Rotstift in den Schulen durchsetzen zu wollen. Ich denke, das dient den Schülerinnen und Schülern beim Erlernen der Schriftsprache. Das macht die deutsche Sprache auch im Ausland wieder etwas attraktiver, die gemeinhin als viel zu schwer erlernbar gilt…

Was wurde nicht alles an Reformdeutsch seit 1996 mit Rotstift und Dummheit durchgesetzt!
Durch die entstandene Reformkonfusion hat Deutsch beträchtlich an Anziehungskraft verloren.
Die Lesefreundlichkeit hat abgenommen (siehe aktuell: PISA).

Grüne: Schutz für deutsche Sprache ist abwegig
Sprache sei «etwas Lebendiges und nichts Statisches», meint der Grünen-Politiker Beck. Der Versuch der CDU-Politikerin Steinbach, Deutsch per Gesetz schützen zu lassen, sei «eine Schnapsidee».

Beck betonte, er sei für die «Freiheit der Sprache». Dazu gehöre auch, dass man «aus anderen kulturellen Umfeldern und Sprachen Wörter entlehnt», erläuterte der Grünen-Politiker. «Deshalb setzen wir uns auf das 'récamière' und nicht auf die 'Langbank' und gehen nicht ins 'Tanzlokal', sondern manchmal sogar in die 'Diskothek', und dabei fassen wir uns an die 'Nase' und nicht an den 'Gesichtserker'.»
netzeitung.de 10.5.2006

Dr. Gottfried Fischer, Wien, stellte dazu klar:
Niemals verlangte Philipp von Zesen (oder ein anderer Sprachpfleger) die "Verdeutschung" von Nase zu Gesichtserker… Es handelt sich wohl um die genialste Propagandalüge aller Zeiten, denn selbst nach 300 Jahren glaubt jeder, auch berühmte Sprachwissenschafter, daß die Verdeutscher ihnen die Nase nehmen wollen.

Sprachkreis-Deutsch.ch
[n. Hinweis v. Anton Karl Mally bei FDS]


eingetragen von Sigmar Salzburg am 18.10.2010 um 07.46

Integration: Im Namen der Kartoffel
von Heiko Werning

Der Islam gehört zu Deutschland – na so was, das ist ja eine ganz bahnbrechende Erkenntnis, …

Aber den ganzen Wahnsinnigen, die jetzt gleich wieder über den Untergang des Abendlandes lamentieren, aber auch den idiotischen Sprachfundamentalisten, die angesichts einer eher mickrigen Rechtschreibreform gleich die gesamte deutsche Sprache untergehen sehen und jetzt bei jedem Fehler, den sie selbst machen, schimpfen, sie würden sich eben nie an die neue Rechtschreibung gewöhnen, …

… den ganzen kopfverkarsteten Sprachkritikern, die bei jedem aus dem Englischen stammenden oder gar nur ans Englische angelehnten Wort gleich in ein nicht enden wollendes Wehklagen von der Fremdwörterschwemme verfallen und darauf reagieren mit einem knarzigen „Deutschland den deutschen!“, und nur verschämt noch „Wörtern, den deutschen Wörtern“ hinterher schieben, und die doch von Fenster bis Nase alle eingedeutschten Fremdwörter ganz OK, …

Diesen ganzen reaktionären Vollidioten seien mal zwei Dinge in Ruhe gesagt:

Erstens: Ja, die Deutschen in dieser Form werden aussterben. Gott sei`s getrommelt und gepfiffen. Und dieser ganze Nationalstaatenirrsinn hoffentlich auch eines Tages. Menschen wandern und vermischen sich, Liebe ist stärker als euer obskures genetisches Reinheitsgebot, die Menschen pimpern unterm Strich eben nach Leidenschaft und Erregung, nicht nach Pässen. Ja, Deutsch in dieser Form wird untergehen. Ein Glück! …

Und das Zweite, was man all den panischen Jetztzeit- und Zustandsbewahrern ins Ohr flüstern sollte: Kartoffel. Ja, genau: Kartoffel. Die urdeutsche Knolle. … Die Kartoffeln sind Kanacken, ihr Nazis! Die mehligen Teile stammen aus den Anden, vor der Entdeckung Amerikas haben die Urdeutschen mit ihrer noch nicht durch die Rechtschreibreform verhunzten Sprache und ihren noch nicht von Internetpornos verwahrlosten Jugendlichen wahrscheinlich die Rinde der deutschen Eichen abgenagt, aber jedenfalls eines haben sie garantiert nicht: Kartoffeln gegessen. … Ein ganzes Land in seiner paranoiden Deutschtümelei beruft sich auf einen Fidschi als Hauptnahrungsmittel und kann sich nichts Traditionelleres vorstellen. …

Vor noch nicht mal 500 Jahren gab es keine einzige Kartoffel in Deutschland, heute gibt es nichts Deutscheres. Wenn man dagegen bedenkt, dass die ersten türkischen Gastarbeiter vor rund 60 Jahren hierher kamen, dann weiß man, was von dem Geschrei all dieser Sarrazine und Seehofers zu halten ist.
blogs.taz.de 14.10.2010

Kommentare

johannes
danke

Ariane
Wunderbar, vielen Dank

Die „taz“, die Prawda der Linksgrünen, hat wieder einmal „ganz Recht“: Wenn Sprachen sich nicht ständig wandeln, verstehen die Bürger die Welt bald nicht mehr. Bestes Beispiel: Die Isländer und die Israelis. Die einen, die nur in den Begriffen dumpfdenkender Wikinger wie vor tausend Jahren kommunizieren können; die anderen, die sich mit Hilfe eines seit zweitausend Jahren abgestorbenen Sprachfossils zu verständigen suchen – was schon mit den Nachbarn nicht funktioniert.


eingetragen von Sigmar Salzburg am 17.09.2010 um 14.06

So shraiben, vi man sprict

Schreiben, wie man spricht. Seit vielen Jahren setzt sich Klaus Nagel … für eine entschiedene Reform der deutschen Rechtschreibung ein. …
Klaus Nagel hat 33 Jahre als Studiendirektor in der Schulleitung und als Lehrer für Latein und Griechisch am Artland-Gymnasium in Quakenbrück gewirkt …

Das undurchsichtige „Chaos“ im Deutschen möchte er durch eine einfache und logische Schreibweise ersetzt wissen. … Selbst die sozialen Barrieren zwischen sogenannten Gebildeten und Ungebildeten glaubt er dadurch abbauen zu können. Um es in der neuen Schreibe zu sagen: „Al disem laiden brauct man dan nict mer hilflos zuzusehen.“ …

Denn „hoite get es mir gut. ic wais, wi das komt: ic habe aine noie rectshraibung, die mir fil zait und müe erspart.“ Hier gibt es also keine Dehnungszeichen, keine Doppelkonsonanten, keine Großschreibung, keine Umlaute; für pf, ph, v schreibt man f, für ck nur k (kukuk), c statt ch, sh statt sch, k für q, ck, ch (orkester), s statt ß, ss, x für chs/ks (nidersaxen, kexe) usw. Ob zum Beispiel mit „kele“ Kehle oder Kelle gemeint sei, ergebe sich aus dem Zusammenhang …

In einem Leserbrief verbindet er seine Musikkenntnisse mit seiner neuen Schreibweise: „Vas für aine unsinige frage: velce oper ist die shönste? Das komt doc auc darauf an, velce fon dem publikumsgeshmak zu ainer bestimten zait am bekemsten konsumiert vird. vile berümte opern sind bai irer urauffürung durcgefalen, ainige jare speter aber gefaiert vorden!“ …

noz.de 17.9.2010

Das System verhindert offensichtlich keine Fehler. Und warum schlägt er nicht gleich das internationale phonetische Alphabet vor? Für die Multikultur!


eingetragen von Sigmar Salzburg am 28.06.2010 um 04.54

Mal wieder Ingeborg Bachmann Preis: Wer war das eigentlich?

War das nicht die mit der brennenden Zigarette? Doch genau, die war das.

(1)

Und was hat sie geschrieben? "Das dreißigste Jahr"? Nein. Das war die Kaschnitz. Ach so, dann war sie das mit dem Alain Delon? Das war die Romy. Also, mal bei Wiki nachschauen. Studierte Philosophie, Psychologie, Germanistik und Rechtswissenschaften, Gruppe 47, Beziehung mit Max Frisch. Blah, langweilig die Tante. […]

(3)

In diesem Jahr hat die Preisträgerin von 1998 die Laudatio gehalten. Sibylle Lewitscharoff. Jahrgang 54, geboren in Stuttgart, lebt in Berlin. Woran ich erkannt habe, dass sie den Text aus der Schublade gekramt hat, ohne ihn auch nur ein einziges Mal noch mal anzusehen? An den Schlangenlinien unter den Wörtern. Als ich den Text downloadete, fingen buchstäblich die Fairy Lights in meinem Computer an zu knistern. Ihm gefiel das "daß" mit dem scharfen "S" so gar nicht. Ich kann es jetzt nicht einmal hinschreiben, ohne dass mein Rechtschreibprogramm dazwischen funkt. Und so durch den ganzen Text. Frau Lewitscharoff, als professionelle Schreiberin müssten Sie doch längst schon mal was von der neuen Rechtschreibung gehört haben?

(4)

Komisch, ich hab wirklich geglaubt, der Bachmann-Preis hätte was mit "junger" Literatur zu tun. Leute unter 30. Stattdessen lauter gehobene Semester. […]

(7)

Peter Wawerzinek, der Senior dieser Veranstaltung, Jahrgang 54, weg gegebenes Heimkind, aufgewachsen in der DDR. Schöner Text, ganze Seite im Feuilleton der SZ, alternativ dazu, Hörtext für den Rundfunk, obwohl ich befürchte, er wird dann klingen wie Günter Bruno Fuchs. [...]

(8)

Joseph Kleindienst schreibt eine Short Story, als wollte er Michael Haneke "Funny Games" noch mal noch mal verfilmen lassen. Er lebt in Wien. Am besten hat mir der Text von Dorothee Elmiger gefallen, 25 Jahre alt, Schweizerin, 3.888 Wörter lang. Ich hätte auch weiter gelesen, wenn er doppelt so lang gewesen wäre.

(9)

Sie lebt in Berlin. (Und sie sieht auch gut aus.) K. D. (siehe oben) hat übersetzt, da geht das Eine bruchlos ins Andere über.

(10)

Also, ich würde diesen Preis nicht umbenennen, aber nach Berlin verlegen, die Anzahl der Juroren verringern, auf jeweils eine oder einen aus Österreich, Schweiz und Deutschland, das Preisgeld von 25.000 Euro auf das Doppelte steigern, das Alter der Teilnehmer und der Juroren auf maximal 30 festlegen, und den Leuten von DSDS eindeutig ein Teilnahmeverbot erteilen. Charlotte Roche würde ich aber einen Ehrenplatz einräumen, z. B. als Präsentatorin des Abends im TV.

Tom Appleton, 27.06.2010

http://www.heise.de/tp/blogs/6/147901

Für die „Vielen“, die Tom Appleton nicht kennen, Notizen des Unionsverlages:

Tom Appleton, gebürtiger Berliner, aufgewachsen in Teheran, Gymnasial- und Unijahre in Westdeutschland, danach Journalist, Performance-Poet, Theaterproduzent in Neuseeland, lebt, nach fast zwei Jahrzehnten in Wien, mittlerweile wieder in Wellington, Neuseeland.


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