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-- GKS - ein Test (http://Rechtschreibung.com/Forum/showthread.php?threadid=174)
eingetragen von Reinhard Markner am 31.07.2002 um 14.53
Alles bekannt, aber man soll alte Wahrheiten ja ruhig öfters mal wiederholen. Untersuchungen haben, auch das wurde hier schon einmal erwähnt, selbst bei Holländern gezeigt, daß sie einen niederländischen Text mit der Hilfe der in dieser Sprache seit Jahrhunderten nicht mehr gepflegten GKS nach deutscher Art schneller und besser erfassen konnten.
Das Spiel mit den f hatte ich schon einmal gespielt, was mich nicht daran hinderte, jetzt, nach ein, zwei Jahren, wieder darauf hineinzufallen. Mit der Groß- und Kleinschreibung hat die Sache in der Tat nichts zu tun, sondern mit der mentalen Ausblendung von Wörtern wie »of« und der Schlußstellung des f in diesem Wort. Der Test funktioniert aber sicherlich besser, wenn der Text, wie hier geschehen, in Versalien abgebildet wird, weil diese die Erfassung zusätzlich behindern.
eingetragen von Jörg Metes am 31.07.2002 um 14.39
Auf der Suche nach mehr Informationen zum "Missing Letter Effect" bin ich auf das Max-Planck-Institut für psychologische Forschung und eine Seite über Satzstrukurelle Verarbeitung und Buchstabenerkennung gestoßen. Verwiesen wird dort u.a. auf eine Schautafel, auf der die Ergebnisse einer Studie dargestellt werden, in der die Bedeutung der Großschreibung im Deutschen für Wort- und Satzerkennung experimentell untersucht wurde. Die Studie kommt zu dem nicht sehr überraschenden Schluß, that the correct use of German capitalization facilitates reading processes by differentiating nouns and non-nouns at the text surface.
Aber immerhin: Es handelt sich um eine Studie von 1997-99; den Versuchspersonen sind mit Sicherheit Texte in der herkömmlichen Rechtschreibung vorgelegt worden. Die Vorteile der Großschreibung von Substantiven werden somit auch von der Kognitionspsychologie bestätigt - sowie, weil daraus unmittelbar folgend, die Nachteile der Großschreibung von Adjektiven oder Adverbien nach Art der reformierten Rechtschreibung.
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Jörg Metes
eingetragen von Jörg Metes am 31.07.2002 um 07.58
Ein Selbstversuch, in dem es nicht um die Großschreibung geht, aber immerhin um die Wahrnehmung von Buchstaben, wurde am 30.7.02 unter dem Titel "Täuschung und Wahrheit (2) / Aus dem Effeff" im Wissenschaftsteil der "Süddeutschen Zeitung" vorgeführt.
Abgebildet war eine Schrifttafel mit dem Text:
FAST FERRIES ARE THE RE-
Und die Aufgabe lautete:
SULT OF YEARS OF SCIENTIFIC
STUDY COMBINED WITH
THE EXPERIENCE OF YEARS
Zählen Sie nach, wie oft in dem Text links der Buchstabe F vorkommt.
Nein, Halt, erst danach weiterlesen! Wie viele haben Sie gefunden? Drei? Falsch. Vier? Auch falsch. Sie haben immer noch zwei Fs übersehen. Das liegt an dem Wörtchen of. Die als Missing Letter Effect bezeichnete Täuschung funktioniert mit anderen Buchstaben auch, sofern sie in Funktionswörtern stecken - Wörtern mit geringem Bedeutungsgehalt wie der oder eben of. Über die richtige Erklärung streiten Kognitionswissenschaftler noch. Sie vermuten, dass Buchstaben von Funktionswörtern nicht mehr einzeln identifiziert und verarbeitet werden, da uns das Gesamtwort visuell besonders vertraut ist. Mehr Erfolg hat die Suche, wenn man den Text abdeckt und die Buchstaben einzeln unter die Lupe nimmt - oder aber, wenn man einfach kein Englisch kann.
Bei mir hat's funktioniert.
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Jörg Metes
eingetragen von Theodor Ickler am 29.06.2001 um 19.57
1. Satzanfang
2. Wovon der Text handelt
3. Nominationsstereotype
4. Höflichkeit (und als Anhang die Unterscheidungsschreibung "Sie")
Punkt 3 läuft auf die Unterscheidung von Sein und Heißen hinaus: das Schwarze Brett, der Heilige Vater usw. SIND nicht (unbedingt) schwarz, heilig usw., sondern werden nur so genannt.
Zwischen 2 und 3 besteht eine Beziehung, aber es würde hier zu weit führen, sie auszuformulieren.
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Th. Ickler
eingetragen von Reinhard Markner am 29.06.2001 um 18.40
Der Versuch zeigt sehr eindrucksvoll, daß Linguistik nicht an der Satzgrenze haltmachen darf. Ist zwar bekannt, wird aber immer wieder vergessen.
eingetragen von Theodor Ickler am 29.06.2001 um 06.24
Die These, daß die Großschreibung dasjenige hervorhebt, wovon in einem Txt die Rede ist, läßt sich am besten durch einen Versuch erhärten. Ich greife den ersten Abschnitt eines Kommentars aus der heutigen FAZ heraus und bringe in der ersten Fassung alles groß Geschriebene (die Satzanfänge mit einer davorgesetzten Klammer), in der zweiten alles klein Geschriebene:
Vor Gericht (FAZ 30.6.2001)
I.
[Die Aussagen Politiker Diplomaten Überstellung Belgrader Diktators Miloševic Haager Tribunal Tonfall Zustimmung Jubel [Und [Für Völkerrecht Durchbruch Fische Netz Strafgerichtsbarkeit Großtäter Verantwortung [Diese Strafgerichtsbarkeit Verbrechen Jugoslawien Völkermord Ruanda [Doch Errichtung Internationalen Strafgerichtshofes Zuständigkeit Schwierigkeiten Detail [Wird Beziehungen Qualität
II.
westlicher und zur des ehemaligen an das sind in einem gehalten der zwischen und variiert es ist wahr das ist es ein daß nicht mehr nur kleine sich im verfangen sondern endlich ein zur gezogen wird internationale konzentriert sich bisher auf die im ehemaligen und auf den grauenhaften in die eines mit umfassender steht trotz aller im bevor er erst einmal tätig sein werden die internationalen eine andere bekommen
Ich denke, der Versuch überzeugt: Beim ersten Text weiß man, wovon er handelt, beim zweiten nicht.
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Th. Ickler
Alle angegebenen Zeiten sind MEZ
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