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-- Brockhaus (http://Rechtschreibung.com/Forum/showthread.php?threadid=182)
eingetragen von Sigmar Salzburg am 20.01.2011 um 16.45
Brockhaus steht auf Wahrig
Brockhaus und Wahrig bilden künftig eine Allianz. Das neue Wahrig-Wörterbuchprogramm erscheint im Frühjahr unter der Dachmarke Brockhaus. „Beide Marken stehen für ein Maximum an Qualität, für Exklusivität, Zuverlässigkeit, Seriosität und wissenschaftliche Fundiertheit. Somit ist die Bündelung der Kompetenzen ein logischer Schritt im Rahmen unserer Brockhaus-Strategie. Wir entwickeln das Brockhaus-Programm konsequent weiter in Richtung Wissen, Lernen, Bildung“, begründet wissenmedia-Geschäftsführer Christoph Hünermann die Programmentscheidung.
Wahrig-Chefredakteurin Sabine Krome ergänzt: „Wir bieten nun Lexikon- und Wörterbuchkompetenz aus einer Hand. Unsere Kunden profitieren außerdem von unseren erweiterten Serviceangeboten. Zur Wahrig-Rechtschreibung erhalten sie zum Beispiel einen exklusiven, kostenfreien Zugang zum Wahrig-Sprachservice online und andere Extras.“ Zusätzliche exklusive Online-Angebote bereichern auch die neuen Schüler-Titel für Kinder und Jugendliche.
Das Wahrig-Frühjahrsprogramm 2011 umfasst fünf Titel, darunter Die deutsche Rechtschreibung. Um maximalen Qualitätsansprüchen gerecht zu werden, hat die Wörterbuch-Redaktion diese Werke grundlegend neu bearbeitet, aktualisiert und erweitert. Schritt für Schritt wird sie weitere Wahrig-Titel in das neue Programm überführen, die dann unter der prominenten Dachmarke erscheinen.
buecher.at 20.1.2011
Da dem Brockhaus-Lexikon, das seit letztem Jahr Bertelsmann gehört, von Wikipedia das Wasser abgegraben wird, sucht der Konzern die Sparte durch das Reformgeschäft zu stärken.
eingetragen von Detlef Lindenthal am 16.02.2008 um 18.27
Brockhaus, jahrhundertlang der Inbegriff für obrigkeitsfreundliches Anpassungswissen, gibt auf: Nachdem die 30bändige Buchausgabe nicht mehr hinreichend verkäuflich ist und die Bezahlangebote im Netz es nicht bringen, stellt der Brockhaus-Verlag demnächst den Inhalt seiner Bücher kostenfrei ins Netz; Einkünfte will er durch Zappelwerbung erzielen.
Dem Brockhaus ist der Wind durch das basisdemokrat(ur)ische Anpassungswissen der Wikipedia weggesegelt worden; klar, in Sachen Physik und älterer Verfahrenstechnik wird man durchaus in den Brockhaus schauen mögen, aber in Sachen neuerer Technik traue ich den 60 Leipziger Redakteuren weniger zu als den Hunderttausenden Schreibern der Wikipedia.
Daher sei die Manoverkritik erlaubt: Wenn Brockhaus vor ungefähr vier Jahren das Wikipedia-Verfahren übernommen hätte, wäre er jetzt der Größte; so ist er nur noch eine Pleiteklitsche, die, auch eingedenk ihrer Volksferne und Anmaßung, die Wikipedia nicht einholen kann.
Unzuverlässig sind beide, siehe Neuschrieb und Wörterverbote. Daß sie sich damit bisher durchsetzen konnten, liegt an den Gemeinwesenschwachheiten dieses Volkes. Wir sind zwar das Volk, aber die Zielbestimmung haben wir 1998/99 dem Volker überlassen.
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Detlef Lindenthal
eingetragen von Theodor Ickler am 06.06.2003 um 08.50
Im jüngsten Geschäftsbericht des Brockhaus-Verlags - jedenfalls nach dpa - heißt es, der Verlag habe eine Mehrheitsbeteiligung am Berliner Schulbuchverlag Paetec erworben. "Der Duden sei bislang nicht das klassische Schulbuch und werde im Unterricht überwiegend als Nachschlagewerk eingesetzt." (FAZ 5.6.03)
Ich glaube nicht einmal, daß der Rechtschreibduden im Unterricht überhaupt sehr viel benutzt wird, aber die Idee, man könne ihn zu etwas anderem als zum Nachschlagen, gar "als Schulbuch" benutzen, kommt mir ein wenig weltfremd vor. Nur Verrückte (wie ich) lesen doch ein Rechtschreibwörterbuch im Zusammenhang.
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Th. Ickler
eingetragen von Christian Dörner am 08.01.2002 um 18.12
Die nicht geänderten Paragraphen des BGB sind unverändert in normaler Orthographie abgedruckt. Nur die neuen Vorschriften sowie die inoffiziellen Überschriften der Paragraphen (die nicht amtlich sind) sind in Reformschreibung gehalten. Die Neufassung des BGB hat europarechtliche Gründe, nicht orthographische. Viele andere Gesetze wurden inzwischen komplett auf Neuschreibung umgestellt, darunter z. B. die Finanzgerichtsordnung (FGO), das Investitionszulagengesetz u. v. a., nicht aber z. B. das Einkommensteuergesetz (EStG) oder das BGB. In diesen Gesetzen sind nur die seit 1999 geänderten Vorschriften in Reformorthographie zu finden. Deshalb heißt es in der amtlichen Fassung vieler Paragraphen in ein und demselben Absatz einmal daß, dann wieder dass und im Wesentlichen, sofort darauf aber im wesentlichen. Zu finden vor allem im EStG.
deutlich machen entspricht übrigens auch der bisherigen Regelung.
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Christian Dörner
eingetragen von Ruth Salber-Buchmüller am 08.01.2002 um 17.22
WELT vom 09.01.01:
"Neufassung des Bürgerlichen Gesetzbuches veröffentlicht
"Die Neufassung war wegen der vielen Veränderungen
notwendig geworden"
Selbstredend wohl auch wegen des dort aufzunehmenden
Neuschriebs.
In dem Bericht ist auch alles "Neue" gebündelt:
Deutlich gemacht
sehr weit reichenden
hätten es schwer gemacht
deutlich zu machen
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Ruth Salber-Buchmueller
eingetragen von Theodor Ickler am 06.01.2002 um 14.04
Ansträngung ist durchaus "richtig" (da von Strang abgeleitet bzw. damit zusammenhängend).
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Th. Ickler
eingetragen von Elke Philburn am 06.01.2002 um 12.23
eingetragen von Reinhard Markner am 06.01.2002 um 09.51
Mist, ich kann's immer noch nicht auswändig.
eingetragen von Theodor Ickler am 06.01.2002 um 03.39
Und zwar in der Anmerkung zu § 10 meines Wörterbuchs.
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Th. Ickler
eingetragen von Reinhard Markner am 05.01.2002 um 20.05
Zitat:Wie wäre es damit, auf die Tendenz zur Bedeutungsdifferenzierung, soweit generalisierbar, in der Einleitung hinzuweisen ?
Ursprünglich eingetragen von Theodor Ickler
Soll man das nun in eine Regel fassen und vorschreiben ?
eingetragen von Theodor Ickler am 05.01.2002 um 15.49
Habe ich "kleinkariert" gesagt?
Ich habe nichts dagegen, daß andere ebenso schreiben und reden wie ich, also zum Beispiel zwischen scheinbar und anscheinend unterscheiden; das ist üblich. Ich wollte an diesem Beispiel nur zeigen, daß solche Unterscheidungen nicht immer zwingend nötig sind, aber wenn sie nun mal üblich sind, wollen wir sie ruhig beibehalten.
Bei bewußtmachen ist die Sache anders. Die strikte Regel ist nicht aus den Tatsachen des Sprachgebrauchs abgeleitet, und sie ist einzelwortbezgen, denn verallgemeinern läßt sie sich nicht, etwa auf alle resultativen Verbzusätze. In solchen Fällen ist also der Rundbogen (wie in meinem Wörterbuch) angemessen. Er läßt jedem, der es so halten will (mir zum Beispiel), die Freiheit, den Unterschied jedesmal zum Ausdruck zu bringen, und wer weiß? Vielleicht wird es eines Tages wirklich der feste Brauch. So weit sind wir aber noch nicht. (Man beachte das kecke getrennt geschriebene so weit! Vgl. den hochgradig absurden Eintrag dazu im alten Duden!)
Aber was heißt "Freiheit"! Ich verzeichne ja bloß, wie geschrieben wird. Ich stelle keine Normen auf, kann es nicht und will es nicht, im Gegensatz zum Duden. Dadurch wird alles viel einfacher und trotzdem kein bißchen schlechter.
Noch besser eignet sich das Beispiel stehen bleiben. Nach meinen Beobachtungen gibt es eine Tendenz, mehr nicht, so zu unterscheiden: Getrenntschreibung = "weiterhin stehen", Zusammenschreibung = "zum Stehen kommen". (Ähnlich bei den anderen Positionsverben.) Soll man das nun in eine Regel fassen und vorschreiben? Dann steht jeder Schreibende dauernd mit einem Fuß im Grabe oder im Gefängnis oder am Pranger der Inkompetenz. Das wäre doch kein Gewinn für die Sprache oder für die Sprachgemeinschaft.
Ich bin dafür, die Schreibmöglichkeiten im Rahmen des mehr oder weniger Üblichen darzustellen und alles andere der Entwicklung zu überlassen.
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Th. Ickler
eingetragen von Elke Philburn am 05.01.2002 um 15.00
Zitat:
Von der neuen Zeichensetzung oder GKS ist nicht nur ein einziger Satz betroffen (so wie einzelne Beispielsätze, die man üblicherweise zur Demonstration anführt), sondern es können davon weiterhin verschiedene Sätze der Umgebung betroffen sein - was sie ja auch meist sind.
Wenn man weiß, wie die neue Rechtschreibung funktioniert, kann man beim Lesen auch mit komischen Trennungen oder Kommaauslassungen umgehen. Man kann ja auch beim Spaziergang durch den Park die gefährlich plazierten Hundehaufen umgehen, indem ständig darauf achtet, wo man den Fuß hinsetzt. (Nicht, daß der Spaziergang damit zum Vergnügen würde.)
Lange bevor ich mich mit der RSR befaßt habe, bin ich in einem Text, den ich im Unterricht benutzte, immer wieder über den Ausdruck das so genannte Brunnenfest gestolpert (Inter Nationes, 1999). Ich war mir nie ganz sicher, ob das dasselbe ist wie sogenannte, und irgendwie konnte man da auch einen etwas anderen Sinn - nämlich einen wortwörtlichen - hineinlesen. Das so genannte Brunnenfest schien mir kein richtiges Brunnenfest zu sein, weil es ja nur so genannt wurde - oder so. Wenn man weiß, was mit der Rechtschreibung geschehen ist, kann man sich also den ursprünglichen Sinn erschließen. Nur gehöre ich nicht zu den Leuten, die eine Sache gutheißen, nur weil man lernen kann, damit umzugehen. Vielmehr freue ich mich, wenn die Neuerungen mir entgegenkommen, wenn ich z. B. nach Icklers Wörterbuch "wohlfühlen" zusammenschreiben kann. Das habe ich nämlich schon vorher getan.
Zitat:
Den Unterschied zwischen bewußt machen und bewußtmachen oder anscheinend und scheinbar mag nicht jeder Empfänger kennen, aber doch sehr viele. Wieso soll die Unterscheidung also kleinkariert sein?
Als Adverb wird scheinbar im Sinne von anscheinend gebraucht. Ein Satz wie
Er hat scheinbar seinen Schlüssel vergessen
bedeutet nicht
Er erschien ihm nur so, als hätte er seinen Schlüssel vergessen,
sondern
Er hat anscheinend seinen Schlüssel vergessen.
(Nur wenn es einem eingeblÄut wurde, könnte man auf die Idee kommen, etwas anderes hineinzulesen.)
Als Adjektiv gebraucht, sieht es anders aus. Die scheinbare Chancengleichheit, z. B. ist in Wirklichkeit eine vorgetäuschte. Eine Unterscheidung vorzunehmen, wenn sie von den Leuten ohne äußeren Druck gar nicht gemacht wird, erübrigt sich.
eingetragen von Christian Melsa am 05.01.2002 um 13.51
Daß beim Empfänger nur das ankommt, was er auch zu deuten weiß, ist natürlich eine Binsenwahrheit der Kommunikation. Was den Kontext angeht: Ohne ihn könnten die verschiedenen Menschen überhaupt zu gar keiner gemeinsame Sprache gelangen. Geht die Sprache ursprünglich vom konkreten Kontext (einer Situation, einer dinglichen Umgebung) aus, so baut sie daraufhin aber immer weiter auf sich selbst auf und ist in der Lage, immer komplexere und abstraktere Sachverhalte darzulegen. Ein hochentwickeltes Sprachsystem zeichnet sich also auch dadurch aus, daß es mit seinen Elementen ökonomisch, präzise und punktgenau umgeht, das heißt, daß eine einzelne Informationseinheit immer weniger auf Kontext angewiesen ist.
Gerade die Schriftsprache, deren Zeichen zwar ihre Wurzeln in Piktogrammen haben, heute aber vollkommen abstrakt sind - für sich sinnleere Bausteine, die erst in ihrer Zusammenfügung Sinn ergeben - gerade also die Schrift hat als jüngste Sprachentwicklung den Vorteil, immer unabhängiger von einem äußeren Kontext zu sein, immer mehr für sich zu stehen und aus sich heraus zu jeder Zeit an jedem Ort die Botschaft zu übermitteln, die der Sender in sie hineingelegt hat, ohne daß er selber anwesend sein oder etwa überhaupt noch lebendig sein müßte. Die Schrift erst hat den individuellen menschlichen Geist unsterblich gemacht. Sie ist zudem damit, um es mal ganz gestelzt auszudrücken, der Katalysator weltgeistlicher Synthese, die entscheidende Veredelung der menschlichen Intelligenz.
Gibt es keinen äußeren Kontext, der einen lokal undeutlichen Sinngehalt eines Satzes klarmacht, dann ist der Leser darauf angewiesen, den restlichen Text des Schriftstückes als Kontext heranzuziehen, und das meinen natürlich Mentrup und Co. Wird durch eine Änderung des orthographischen Systems die Kodifizierungsmethode des semantischen Gehalts verändert bzw. funktional reduziert, wie es durch die Rechtschreibreform geschehen ist, so verringert sich die Deutlichkeit nicht nur eines Satzes, sondern ganzer Kommunikationstechniken, die die ganze Schriftsprache durchziehen. Von der neuen Zeichensetzung oder GKS ist nicht nur ein einziger Satz betroffen (so wie einzelne Beispielsätze, die man üblicherweise zur Demonstration anführt), sondern es können davon weiterhin verschiedene Sätze der Umgebung betroffen sein - was sie ja auch meist sind. Somit verflacht sich auch der Kontext, auf den verwiesen wird. Der Kontext besteht aus dem gleichen Material wie das, das von ihm gestützt werden soll. Deshalb sind Ungenauigkeiten nicht einfach dadurch zu entschuldigen, daß man hofft, der Kontext würde es schon richten. Zwar werden Texte durch die aktuelle Rechtschreibreform nicht ernsthaft vollkommen unverständlich, aber sie geht bereits einen Schritt ausgerechnet in diese, also die grundsätzlich falsche Richtung.
Eine vernünftige Rechtschreibreform hätte, wenn es denn schon präskriptiv sein muß, an der sprachlich nützlichen modernen Entwicklung der deutschen Schriftsprache anknüpfen müssen, indem es etwa den uneinheitlichen, eigentlich gegenwärtig mehr gefühlsmäßigen Gebrauch von Resultativzusätzen griffig und praktisch reguliert. Das wäre in etwa auf der Ebene der Abschaffung des th aus deutschen Wörtern 1901/1902 gewesen, insofern als auch dort eine bereits vorhandene Tendenz gewissermaßen radikalisiert wurde. Der Umgang mit der Angelegenheit im Ickler-Wörterbuch ist vor allem deswegen so gut, weil er im Gegensatz zur reformierten Rechtschreibung den bereits stattgefundenen Sprachfortschritt nicht abwürgt (wobei die Reform übers Abwürgen ja sogar noch hinausgeht). Zwar wird die vorhandene Entwicklung nicht extrapoliert, sie wird aber wenigstens am Leben gelassen.
Den Unterschied zwischen bewußt machen und bewußtmachen oder anscheinend und scheinbar mag nicht jeder Empfänger kennen, aber doch sehr viele. Wieso soll die Unterscheidung also kleinkariert sein? "Wie so soll die unter Scheidung also klein kariert sein?" Es wäre sicherlich kein sprachlicher Fortschritt, wenn man es generell zuließe, daß der Satz auch so wie beim zweitenmal geschrieben wird, auch wenn ihn sehr wahrscheinlich jeder des Deutschen Mächtige so oder so irgendwie verstehen kann, selbst ohne Kontext. Manchem mag auch gar nicht klar sein, warum die zweite Schreibweise schlechter sein soll - oder nicht einmal, daß sie nicht normal ist. Wenn man so liest, wie in manchen Internetforen geschrieben wird, das ist oft der totale Wildwuchs, und trotzdem scheinen die Leute dort einander zu verstehen. Allerdings ist für einen Vielleser das von der Norm Abweichende sehr viel mühsamer zu lesen. Und je weniger Normierung es gibt, desto mehr weicht ab, desto uneinheitlicher ist die Kodifizierung und desto anstrengender die Dekodierung.
Sprache funktioniert am besten, wenn sie einheitlich ist. Es geht nicht nur um Vermeidung von richtigen Mißverständnissen, sondern auch um Ökonomie. Wieviel Zeit muß ich aufwenden vom Sinnesreiz hintereinanderstehender Buchstaben auf dem Papier bis zum vollendeten Verständnis ihrer Bedeutung, immer und immer wieder? Unser Leben besteht, auf unser Bewußtsein bezogen (und darauf kommt es jedem einzelnen ja an), aus nichts anderem als Zeit, daher ist diese Ökonomie fundamental, wenn man möglichst viel Wissen aufnehmen möchte; effizient und ohne verdrießliche Mühe. Die moderne Gesellschaft im ganzen wie jedes einzelne Mitglied für sich persönlich profitiert gerade in Hinblick auf Bildung und Aufklärung von einer hochqualitativen Orthographie also sehr. Auch so betrachtet kann sie zu einer guten Demokratie viel beitragen, denn wenn das Volk schon mitreden soll, dann muß es auch ausreichend Kompetenz für die zu entscheidenden Dinge haben (können). Es ist ja kein Zufall, daß Bücherverbrennungen ein so auffälliges Kennzeichen von Gewaltdiktaturen sind.
Wie immer komme ich mit meinem langschweifigen Gelaber also zu dem Schluß, daß das vermeintlich so Nebensächliche eigentlich doch ziemlich wichtig ist, wenn es historisch positiv weiter vorangehen soll. (Ob dieser Text nun die Zeit wert ist, die ich zu seinem Schreiben und andere zum Lesen brauchen?)
eingetragen von Theodor Ickler am 05.01.2002 um 11.28
für die genauere Fassung des Arguments! Das Problem ist um so geringer, als sowieso niemand auf den Gedanken kommen würde, das Adverb mit dem Verb zusammenzuschreiben. Aus Lesersicht ist es gleich, und das wollte ich eigentlich sagen.
Allgemein (und auch schon mehrmals gesagt): Der Schreibende kann sich noch so feine Unterscheidungen ausdenken, es wird dem Leser nichts nutzen, wenn er nichts davon ahnt, weil er den Code des Schreibenden nicht kennt. Und das ist nachweislich bei einem großen Teil der Dudenfestlegungen immer der Fall gewesen. Ich bin anderersetis natürlich durchaus nicht der Ansicht wie Mentrup und die anderen Reformer, daß der Kontext alles richtet und es daher egal ist, ob die Neuschreibungen Bedeutungsunterschiede oder Komma-Roheiten einebnen oder nicht.
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Th. Ickler
eingetragen von Reinhard Markner am 05.01.2002 um 11.06
Zitat:Es wird also ohne Unterschied der Bedeutung getrennt geschrieben, aber mit Unterschied (Eingrenzung) der Bedeutung zusammen. Wer »bewußtmachen« schreibt, meint »bewußtmachen«, wer »bewußt machen« schreibt, meint entweder »bewußtmachen« oder »bewußt machen«.
Ursprünglich eingetragen von Theodor Ickler
bewußtmachen wird teils getrennt, teils zusammengeschrieben, ohne Unterschied der Bedeutung. Bei Zusammenschreibung handelt es sich eindeutig nicht um das Adverb, sondern um den Resultativzusatz; bei Getrenntschreibung entsteht eine Zweideutigkeit, weil es beides sein könnte, aber der Zusammenhang vereindeutigt es so gut wie immer.
eingetragen von Elke Philburn am 05.01.2002 um 10.42
Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Theodor Ickler
Hand aufs Herz, liebe Freunde - geht es uns nicht allen so? So triumphiert dann "die Norm, weil sie die Norm ist".
Genauso ist es. *lach*
Ich verwechsle es auch nie, und das nur, weil mir mal ein Mathelehrer blöd gekommen ist.
eingetragen von Theodor Ickler am 05.01.2002 um 08.31
Der Punkt ist hier schon mehrmals besprochen worden. Ich wiederhole mich also. bewußtmachen wird teils getrennt, teils zusammengeschrieben, ohne Unterschied der Bedeutung. Bei Zusammenschreibung handelt es sich eindeutig nicht um das Adverb, sondern um den Resultativzusatz; bei Getrenntschreibung entsteht eine Zweideutigkeit, weil es beides sein könnte, aber der Zusammenhang vereindeutigt es so gut wie immer. Man muß schon nachdenken, um ein wirklich zweideutiges Beispiel zu finden: "Ich habe diesen Unterschied bewußt gemacht." (Aber in der Regel dürfte eine Dativobjekt dabeistehen, falls der Verbzusatz gemeint ist.) Hinzu kommt, daß bei weitem nicht alle Verbzusätze zusammengeschrieben werden. Der Duden hat da von Wort zu Wort alles mögliche festgelegt, ohne Nutzen und nicht lernbar. Es gibt praktisch niemanden, der auf Anhieb sagen könnte, ob erstnehmen, abhandenkommen, abwärtsrutschen "richtig" sind oder nicht. Für mich ist das alles ein Scheinproblem, vom Duden erzeugt und durch die Reform leider nicht gelöst, sondern noch durch willkürliche, ebenso wenig und noch weniger am Schreibbrauch orientierte neue Regeln verschärft.
Beim Komparativ wurde und wird außer als auch wie benutzt, in den Dialekten sowieso und auch sonst, selbst bei den großen Schriftstellern. Logisch gesehen ist der Unterschied durch den Rest des jeweiligen Satzes ja auch schon hinreichend klar, so daß die Unterscheidung nicht noch einmal an der Vergleichspartikel verdeutlicht werden müßte. Aber so hat sich die Schulnorm nun mal entwickelt, und in Gottes Namen, sie sei befolgt. Ich selbst verstoße nie dagegen, habe aber auch nichts gegen Leute einzuwenden, die es anders machen. Sonst müßte man dauernd an unseren Klassikern herumflicken, was ja tatsächlich einige Schulmeister auch getan haben.
Übrigens steht auf der heutigen Nachrichtenseite ein schöner Text aus den fünfziger Jahren, worin es heißt zueinander finden. Hat es jemanden gestört?
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Th. Ickler
eingetragen von Sigmar Salzburg am 05.01.2002 um 07.22
Die Unterscheidung zwischen scheinbar und anscheinend ist eine von den Spitzfindigkeiten, mit denen man sein sprachliches Verständnis oder seine Überlegenheit zur Schau stellen kann.
Der Meinung bin ich nicht. Mit gleichen Argumenten wird doch von den Reformierern auch die orthographische Unterscheidung etwa von "bewußt machen" und "bewußtmachen" weggewischt.
Ähnlich verhält es sich mit der Unterscheidung "größer als" und "ebenso wie". Meine fünfzehnjährige Tochter verbessert immer ihre Mutter. Unsere allseits noch bekannte Frau Rektorin Dr. Renate Maria Menges verwechselte den Gebrauch so regelmäßig, daß ich ihr dezent ein Zitat von Helmut Kohl über den damaligen türkischen Außenminister Yilmaz aus dem "Hohlspiegel" vorhielt: "Der spricht besser Deutsch wie wir!"
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Sigmar Salzburg
eingetragen von Theodor Ickler am 05.01.2002 um 04.20
Das Eigenartige ist nur, daß man solche spitzfindigen Unterscheidungen dann doch meistens mitmacht. Ich zum Beispiel verwechsle scheinbar und anscheinend nie, und zwar weil ich es als Kind von meinen Eltern so gelernt habe. Ich könnte es mir natürlich erlauben, aber dann denke ich: "Ob die Leser bzw. Hörer wissen, daß ich den Unterschied bewußt ignoriere und nicht aus Unwissenheit?" Also mache ich lieber mit. Deshalb habe ich auch noch nie selbstständig geschrieben, obwohl ich es hier ja theoretisch verteidigt habe, zur Verwunderung mancher Mitstreiter. Umgekehrt mag mancher heute selbstständig schreiben, nur um nicht den Verdacht zu wecken, er habe von der Rechtschreibreform noch nichts mitbekommen.
Der Fall ist, glaube ich, exemplarisch. Hand aufs Herz, liebe Freunde - geht es uns nicht allen so? So triumphiert dann "die Norm, weil sie die Norm ist".
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Th. Ickler
eingetragen von Elke Philburn am 04.01.2002 um 20.00
Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Theodor Ickler
Der Geschichte von anscheinend/scheinbar bin ich noch nicht nachgegangen, halte die schulmäßige Unterscheidung aber für ziemlich wirklichkeitsfremd.
Zustimmung. Die Unterscheidung zwischen scheinbar und anscheinend ist eine von den Spitzfindigkeiten, mit denen man sein sprachliches Verständnis oder seine Überlegenheit zur Schau stellen kann.
Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Theodor Ickler
Bei Duden und Bertelsmann dürfte die Absicht dahinter stehen, möglichst viel anders zu machen als bisher.
Das wird's wohl sein.
eingetragen von Theodor Ickler am 04.01.2002 um 19.34
Der Geschichte von anscheinend/scheinbar bin ich noch nicht nachgegangen, halte die schulmäßige Unterscheidung aber für ziemlich wirklichkeitsfremd.
selbständig und selbstständig bedeuten dasselbe, sind aber verschieden gebildet (das ältere vom Stamm selb-, das jüngere vom erweiterten Stamm selbst-); Näheres im Grimmschen Wörterbuch, wo auch noch ein Rest des Lexikographenstreits greifbar wird, der zur willkürlichen Verbannung der jüngeren Bildung aus den Wörterbüchern führte. Ziemlich sonderbarer Vorgang.
Daß die Autoren bzw. Verlage heute irrigerweise annehmen, hier handele es sich um Schreibvarianten und die Einführung der einen habe etwas mit der Reform zu tun, macht den Übergehorsam besonders peinlich. Bei Duden und Bertelsmann dürfte die Absicht dahinter stehen, möglichst viel anders zu machen als bisher. Deshalb wird ja bei Dudens auch die NEBENvariante Orthografie bevorzugt - wobei man sich dauernd fragt, was die Unterscheidung von Haupt- und Nebenvarianten überhaupt noch für einen Sinn hat.
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Th. Ickler
eingetragen von J.-M. Wagner am 04.01.2002 um 18.06
Zitat:Mein Eindruck ist, daß in allen »neuschrieblichen« Texten das »selbständig« völlig fehlt, ganz egal, welchen Ursprungs sie sind. Vielleicht ist es nicht allgemein bekannt, daß es verschiedene Wörter sind. Ich zumindest muß gestehen, daß mir der Unterschied zwischen »selbständig« und »selbstständig« nicht ganz klargeworden ist. Kann ich dafür typische Beispiele bekommen? Ist es hier ähnlich wie mit dem Unterschied zwischen »anscheinend« und »scheinbar«, der nur auf den ersten Blick spitzfindig erscheint? Da merkt man es ja schon an der Verwendung: Ein »scheinbarer Unterschied« ist in Wahrheit keiner, aber wenn es »anscheinend einen Unterschied« gibt, bleibt das ungeklärt. Also: wie ist das mit dem »anscheinenden« Unterschied [aha: gibt's nicht!] zwischen »selbständig« und »selbstständig«? Und was unterscheidet einen »Selbständigen« von einem »Selbstständigen«?
Ursprünglich eingetragen von Theodor Ickler
An einer anderen Stelle hatte ich kritisiert, daß der Duden und in seinem Gefolge die meisten anderen Wörterbücher willkürlich und sprachwidrig das Wort "selbstständig" unterdrückt hatten. Seine Wiederanerkennung hat bekanntlich mit der Rechtschreibreform nichts zu tun, da es sich nicht um eine andere Schreibweise, sondern ein anderes Wort handelt.
Zufällig stoße ich nun im zweiten Band der Brockhaus-Enzyklopädie von 1987 auf den Eintrag: "autonom - unabhängig, selbstständig". - Na, wer sagt's denn? Die Wirklichkeit setzt sich durch.
Trotzdem ist es natürlich albern, nun jedes "selbständig" in "selbstständig" zu ändern und so zu tun, als gebe es "selbständig" überhaupt nicht mehr. In dieses entgegengesetzte Extrem verfällt - die Dudenredaktion, wer sonst! Auch in der Dudengrammatik werden alle Mitarbeiter gezwungen, nunmehr "selbstständig" zu schreiben, also ein anderes Wort als bisher zu setzen. Demütigend für die Autoren - und peinlich zu lesen.
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Jan-Martin Wagner
eingetragen von Jörg Metes am 26.12.2001 um 09.06
Auch 'Der Brockhaus in einem Band - Neunte vollständig überarbeitete und aktualisierte Auflage' (Leipzig 2000; Das Werk wurde in neuer Rechtschreibung verfasst) weiß im Eintrag "Rechtschreibreform" zu vermelden, daß die am 1.7. 96 in Wien beschlossene neue Rechtschreibung vom Jahr 2005 an "allgemein verbindlich" sei.
Ich habe das Werk nicht weiter daraufhin untersucht, was genau man sich nun wieder bei Brockhaus ( Redaktionelle Leitung der 9. Auflage: Siegrun Paulick) unter "neuer Rechtschreibung" vorstellt. Ich habe etwas viel Schöneres gefunden, etwas, das einen den Band schon nach der Lektüre des Vorworts gleich wieder beruhigt zuklappen läßt. Das Vorwort ist kurz. Es mündet bereits nach wenigen Worten über die sonstigen Vorzüge des Werks in einen Satz, wie ich ihn so noch in keinem Lexikon gelesen habe. Eigentlich gehört er nicht zwischen die Buchdeckel, sondern nach außen auf eine Banderole. Es ist dieser Schlußsatz aus dem Vorwort zur 9. Auflage des 'Brockhaus in einem Band', mit dem über die intellektuelle Kompetenz und das Ausdrucksvermögen der Redaktion einfach schon alles gesagt ist:
" Die gewohnte alphabetische Stichwortfolge erleichtert dem Benutzer den schnellen Zugriff auf die von ihm gewünschte Information."
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Jörg Metes
eingetragen von Ursula Morin am 03.07.2001 um 17.46
Ich habe damals bei Brockhaus angerufen und angemerkt, daß man sich doch wenigstens in einer kleinen Broschüre an eine durchgängig konsequente - entweder "neue" oder "alte" -Schreibweise halten könnte. Man wollte dies an die Werbeagentur weiterleiten. Da hat sich aber sicher nichts getan, obwohl ich den Leuten mitgeteilt habe, daß ich mir ganz bestimmt die Enzyklopädie nicht kaufen werde, wenn sie schon von Analphabeten beworben wird. Ich boykottiere schon lange alle umgestellten Bücher und Zeitungen, aber als "Einzelkunde" ist man für die Verlage ja nicht interessant. Wie könnte man einem solchen Boykott größere Streuung verschaffen?
eingetragen von Christian Dörner am 02.07.2001 um 16.24
Die von mir zitierte Werbebroschüre von Brockhaus lag tatsächlich im Dezember 2000 vielen deutschen Tageszeitungen bei. Normalerweise werfe ich Zeitungswerbung sofort weg, aber dieser Spruch war so groß und wegen des Verstoßes gegen die Neuregelung so auffällig, daß ich diesen Zettel ausnahmsweise aufheben mußte. Ich werde mal sehen, wo ich ihn habe.
Für die Werbungsgestaltung sind natürlich ganz andere Leute verantwortlich als für den Inhalt des Werks – trotzdem ist es für Brockhaus peinlich, auch wenn dieser Irrtum mit Sicherheit von fast niemandem bemerkt worden sein dürfte.
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Christian Dörner
eingetragen von Theodor Ickler am 02.07.2001 um 16.00
Ist das wirklich wahr? Muß ich mir gleich besorgen!
Auf der Internetseite des Verlags wird für die Enzyklopädie geworben:
"Ein wichtiges historisches Datum, der 1. Juli 1996, fällt in die Zeit kurz vor der Drucklegung der Enzyklopädie: In Wien wurde beschlossen, eine neu geregelte deutsche Rechtschreibung einzuführen. Da »Brockhaus. Die Enzyklopädie« ein Nachschlagewerk für Generationen ist, wurde sie in der seit August 1998 gültigen und ab 2005 allgemein verbindlichen neuen Schreibung verfasst."
Da ist sie wieder, die Allgemeinverbindlichkeitslüge! Aber die Strafe ist ja inzwischen bekannt: Der ganze Verlag erstickt an der Reform.
Sehe dortselbst gerade "Lesegenuß" neben "Lesegenuss"; auch nicht schlecht.
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Th. Ickler
eingetragen von Christian Dörner am 02.07.2001 um 15.54
Für sein neues vielbändiges Nachschlagewerk wirbt Brockhaus auf Hochglanzpapier mit folgendem Spruch: "Den neuen Brockhaus jetzt kennenlernen!"
Erübrigt das nicht jeden weiteren Kommentar?
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Christian Dörner
eingetragen von Theodor Ickler am 02.07.2001 um 14.48
An einer anderen Stelle hatte ich kritisiert, daß der Duden und in seinem Gefolge die meisten anderen Wörterbücher willkürlich und sprachwidrig das Wort "selbstständig" unterdrückt hatten. Seine Wiederanerkennung hat bekanntlich mit der Rechtschreibreform nichts zu tun, da es sich nicht um eine andere Schreibweise, sondern ein anderes Wort handelt.
Zufällig stoße ich nun im zweiten Band der Brockhaus-Enzyklopädie von 1987 auf den Eintrag: "autonom - unabhängig, selbstständig". - Na, wer sagt's denn? Die Wirklichkeit setzt sich durch.
Trotzdem ist es natürlich albern, nun jedes "selbständig" in "selbstständig" zu ändern und so zu tun, als gebe es "selbständig" überhaupt nicht mehr. In dieses entgegengesetzte Extrem verfällt - die Dudenredaktion, wer sonst! Auch in der Dudengrammatik werden alle Mitarbeiter gezwungen, nunmehr "selbstständig" zu schreiben, also ein anderes Wort als bisher zu setzen. Demütigend für die Autoren - und peinlich zu lesen.
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Th. Ickler
Alle angegebenen Zeiten sind MEZ
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