Forum (http://Rechtschreibung.com/Forum/index.php)
- Rechtschreibforum (http://Rechtschreibung.com/Forum/forumdisplay.php?forumid=8)
-- Vorzüge der neuen Rechtschreibung (http://Rechtschreibung.com/Forum/showthread.php?threadid=199)


eingetragen von J.-M. Wagner am 30.08.2004 um 20.45

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von uwe
glückwunsch, liebe reformgegner, euer thema ist ja wieder hochaktuell (dem wulf sei dank). aber: glaubt ihr wirklich, dass es eine rückkehr zu der rechtschreibung des letzten jahrhunderts geben wird ???
Nun ja, im Vergleich zu den aus dem vorvorigen Jahrhundert ſtammenden Reformſchreibungen iſt das doch ein deutlicher Fortſchritt, nicht wahr?

Zitat:
das einzige was ihr anrichten könnt ist verwirrung und rechtschreibchaos total! viel spaß dabei!
uwe
Wie wäre es mit einer differenzierten Betrachtung des Zuſammenſpiels von Urſache und Wirkung ſowie des Unterſchieds zwiſchen der ſchlechten Nachricht an ſich und dem Überbringer derſelben?
__________________
Jan-Martin Wagner


eingetragen von uwe am 30.08.2004 um 14.07

ich musste lange suchen um mein leitthema wiederzufinden, war ja weit nach hinten abgerutscht, aber die zahl der aufrufe ist nach wie vor spitze. glückwunsch, liebe reformgegner, euer thema ist ja wieder hochaktuell (dem wulf sei dank). aber: glaubt ihr wirklich, dass es eine rückkehr zu der rechtschreibung des letzten jahrhunderts geben wird ??? das einzige was ihr anrichten könnt ist verwirrung und rechtschreibchaos total! viel spaß dabei!
uwe


eingetragen von Theodor Ickler am 03.02.2004 um 07.16

Die Verunsicherung ist in der Tat, über die beklagenswerten Einzelheiten hinaus, die durchschlagendste Wirkung der Reform. Hätte es seinerzeit die gemäßigte Kleinschreibung gegeben (ich bin nicht dafür, aber sie läßt sich vertreten), so wüßte jeder, woran er ist. Aber nun? Ich bilde mir ein, vor ein paar Jahren sowohl die alte als auch die 1996er Orthograoie im Kopf gehabt zu haben, und konnte jede Frage nach dem Inalt des amtlichen Textes ohne Nachschlagen beantworten. Dann kamen die Nachbesserungsversuche, die Mannheimer Anhörung, die stillschweigend approbierten Neubearbeitungen der Wörterbücher, Versuchsballons hier und da, die Erwägungen des dritten Berichts, die Vorschläge des vierten Berichts - und ich ertappe mich dabei, daß ich selbst in banalen Fällen nachsehen muß, um nichts Falsches von mir zu geben. Wie soll es da erst Menschen gehen, die nicht professionell mit der Rechtschreibung zu tun haben?
Dieser Schaden ist auch in Jahrzehnten nicht zu beheben, zumal die unterschiedlichen Wörterbücher usw. ja noch lange in Gebrauch bleiben werden, sogar und erst recht die 15 Millionen "neuen" von 1996/1997.
__________________
Th. Ickler


eingetragen von L.Willms am 03.02.2004 um 07.12

Ich denke, daß zudem viele Leute von dem Gedanken getrieben "es muß doch anders geschrieben werden, als ich eigentlich denke", unsinnige Fehler schreiben; das kommt davon, daß die "Reformer" nicht einfach die tatsächliche Entwicklung der Sprache kodifizieren wollten, sondern sie mit der Peitsche der Regulierung in eine andere Richtung treiben wollten (z.T. um über 100 Jahre zurück).

Mfg,
L. Willms

__________________
Es gibt eine wahre und eine förmliche Orthographie. -- Georg Christoph Lichtenberg (1742 .. 1799)


eingetragen von Matthias Dräger am 03.02.2004 um 05.51

Einer meiner Neffen (Johannes) berichtete mir am letzten Freitag, daß er beim schreiben von aufwendig/aufwändig der Neuregelung jetzt immer beim "w" nachdenkt, wie er das Wort nun eigentlich schreiben soll - mit "e" oder abgeleitet aus dem Stammprinzip, mit "ä". Das gleiche gelte auch für zahlreiche andere Wörter, die zum Teil von der Neuregelung gar nicht betroffen sind!
Die Reformer haben es erreicht, daß dieser junge Mann - er sitzt immerhin schon an seiner Diplomarbeit! - beim Schreiben jetzt wieder über die Rechtschreibung nachdenkt. Der vormals ungetrübte Schreibfluß ist dahin, vielleicht sogar für immer - den Reformern sei´s gedankt!

Denk und Ickler sind ja der Ansicht, die Reformer wüßten sehr wohl, was sie mittlerweile angerichtet haben - ich bin mir da nicht so sicher.


eingetragen von L.Willms am 02.02.2004 um 21.11

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Reinhard Markner
Das Wort numerisch ist von der Rechtschreibreform nicht betroffen, lediglich *nummerieren. Es versteht sich, daß auch die Verdoppelung des m in diesem Verb unsinnig ist.

Das sehe ich eigentlich nicht so, denn es geht ja dabei darum, irgendwelchen Objekten eine Ordnungszahl zuzuordnen, also eine Nummer (mit 2 "m"), während es sich bei numerisch ebenso wie bei Numerik einfach nur um Zahlen geht, ohne daß diese eine eine Reihenfolge bestimmende Nummer wären.

Ich dachte eigentlich immer, daß nummerisch durchaus ein Produkt der "Rechtschreibreform" sei, denn es fällt mir erst seitdem auf, die Schreibung gab es allerdings auch vorher schon. Ich finde in den Netnews sogar alphanummerisch ... tja, wer noch nie von Numerik gehört hatte, sondern immer nur von Nummern, mag das als die richtige Schreibweise ansehen.

Nachtrag: Bei einer Suche in groups.google.de nach "nummerieren" finde ich 2560 Vorkommnise, bei einer Suche in groups.google.de nach "numerieren" nur 1750 Fundstellen. Das Doppel-MMchen stellt hier also deutlich die Mehrheit.


MfG,
L. Willms

__________________
Es gibt eine wahre und eine förmliche Orthographie. -- Georg Christoph Lichtenberg (1742 .. 1799)


eingetragen von Sigmar Salzburg am 02.02.2004 um 20.29

Veraltete Schreibungen:
aufrau – hen
verro – hen
einwei – hen

Nach Meinung der Reformer gibt es ja das „h“ nicht und konnte deswegen beim erratischen „rauh“ getilgt werden. Dann dürften doch auch die übrigen aus Feigheit nicht entfernten „h“ nur als Dehnungszeichen behandelt werden und müßten bei Trennungen ans Ende der ersten Silbe kommen. Oder nicht? Auf jeden Fall würde das Stammprinzip nochmals gestärkt.

aufrau – en
verroh – en
einweih – en

Oft würde dadurch schon im voraus die störende Unklarheit über die Vokallänge am Zeilenende beseitigt, die durch die neue –ck-Abtrennung entsteht:

Brüh – enherstellung
Brü - ckenpfeiler

Heute fand ich in der Zeitung: „Vo-rauseilende Ausreden“;
Danach müßten auch „Vorau – seilende Ausreden“ möglich sein;
„die beste Fes – tanstellung“ (KN 2.2.04) sucht das schon umzusetzen.

Nachtrag: Kein Einfall kann dümmer als die Wirklichkeit sein. Eben bei Google gefunden: ... hat uns, unserem Vergessen vorau-seilend, in Jesus Christus vergeben.
__________________
Sigmar Salzburg


eingetragen von margel am 12.11.2003 um 09.36

An der Eingangstür unseres Rathauses: "Wir müssen draussen bleiben."


eingetragen von Zacharias am 07.11.2003 um 23.12

Also ich weiß nicht, wie es die Herren der älteren Semester so halten, aber ich kümmere mich (mit Verlaub) einen feuchten Schmutz um die neue Rechtschreibregelung, die offensichtlich ein Bürokrat erdacht hat, um noch mehr lästige Verklausulierungen in den gängigen Formulierungen einzubauen,um den einfachen Leuten noch einfacher das Wort im Munde herumzudrehen. Für mich ist die alte Rechtschreibregelung die einzig Wahre und jeder, der auf der neuen besteht, soll sich die sonstwohin stecken...


eingetragen von Reinhard Markner am 07.11.2003 um 13.10

Das Wort numerisch ist von der Rechtschreibreform nicht betroffen, lediglich *nummerieren. Es versteht sich, daß auch die Verdoppelung des m in diesem Verb unsinnig ist.


eingetragen von Zacharias am 07.11.2003 um 10.26

Ich bin der Ansicht, daß das Adjektiv numerisch den Wortstamm von "Numerik" erbte, ein sehr hübsches Studienfach, das auch heute noch (zum Glück) so geschrieben wird. Zahlen sind ein numerisches Produkt.
Die Nummer ist die Zahl als Aufzählung.
Das sind zwei verschiedene Paar Schuhe.


eingetragen von Sigmar Salzburg am 20.06.2003 um 16.05

Meine kleine Tochter schreibt heute:

Meine Geschichte
Cordula ist mein Name und ich habe etwas vom Knie abgeschplittert
[Cordula, nur s, aber man spricht sch. Nur manche ... „ja, ich weiß, die ßtolpern übern ßpitzen ßtein"] deshalb muss ich [„Papa, wie schreibt man Gips – G i b ss?" ...] einen Gips tragen. Vor ungefähr vier Wochen fingen die Smerzen an. [„Papa, ich habe Schmerzen jetzt auch nur mit s geschrieben!"] Ich dachte es wäre eine kleine Verstauchung. Aber die Schmerzen gingen nicht weg. Meine Mutter verschob immer die Atzt Termine und dann gingen wir am 19.06.03 entlich hin.

__________________
Sigmar Salzburg


eingetragen von margel am 12.05.2003 um 16.28

Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, daß die Befürworter und Verteidiger der reformierten Schreibung sich zuerst entschlossen, ihr zu folgen(modern, einfach, fortschrittlich -
und wie die Etiketten sonst noch lauten), und sich dann erst anschickten, Argumente pro zu suchen. Besonders bei Frau Dr. Menges wird das deutlich. Darum gerät sie auch so oft in heillose Widersprüche


eingetragen von Theodor Ickler am 12.05.2003 um 15.08

Wenn sich jemand darauf einläßt, die Reformschreibung zu verteidigen, sieht er sich bald in der unangenehmen Lage, päpstlicher als der Papst sein zu müssen, d. h., hinter die wachsenden Einsichten der Reform-Verfasser zurückzufallen. Das hatten wir in diesem Forum schon mehrmals. Sollten die Reformer selbst eines Tages Renommierstücke wie Leid tun oder auseinander setzen aufgeben, findet sich bestimmt ein ganz besonders Rechtgläubiger, der sie deswegen tadelt.
__________________
Th. Ickler


eingetragen von Theodor Ickler am 12.02.2003 um 10.05

Ich weiß nicht, ob die Sachen, mit denen wir uns vor sechs Jahren vergnügten, hier schon irgendwo untergekommen sind. Im Anschluß an die fabelhaften Schaederschen Diktate haben wir doch mit eigenen Erfindungen experimentiert, streng nach den damals vorliegenden Wörterbüchern. Erinnert sich noch jemand an diese ergreifende Geschichte?

Diktat:

Heute morgen träumte ich: Ich flog mit Hans ins blauschwarze Universum. Vor uns lag der rötlichbraune Mars, hinter uns der blaue Planet. Auf dem Mars mußten wir notlanden. Gleich kamen scheußliche, offensichtlich notleidende Insekten auf uns zu. Am furchterregendsten waren blutsaugende Riesenmücken. Sie stachen meinen Freund. "Hier tut Erste Hilfe not!" schrie ich und legte ein blutstillendes Pflaster auf. Von den giftiggrünen Büschen hing eine fleischfressende Schlingpflanze mit tiefblauen Stengeln herab. "Nicht hinübergehen!" rief ich, doch Hans mißachtete meine wohlgemeinte Warnung. Als er daruntertrat, sah ich ihn plötzlich mit greulichen Verrenkungen vornüberfallen. Sowie ich ihn herausriß, verfärbte sich die weitgehend zerstörte Pflanze schwarzgräulich. Hans tat mir furchtbar leid, obwohl ihm nichts weh tat. Ich mußte ihn in höchst besorgniserregendem Zustand zurücklassen. "Wann werden wir uns wiedersehen?" fragte er noch, bevor er hintenüberkippte. Ich sagte: "Vielleicht morgen früh oder Sonntag abend." Das schien ihm gutzutun, aber ich mußte mich des öfteren schneuzen. Wir hatten uns liebgewonnen, und nun mußte ich mich mit seinem selbstverschuldeten Los auseinandersetzen. - Diesen Science-fiction-Traum habe ich nicht leichtgenommen.


(Dasselbe in neuer Orthographie)

Heute Morgen träumte ich: Ich flog mit Hans ins blauschwarze Universum. Vor uns lag der rötlich braune Mars, hinter uns der Blaue Planet. Auf dem Mars mussten wir notlanden. Gleich kamen scheußliche, offensichtlich Not leidende Insekten auf uns zu. Am Furcht erregendsten waren Blut saugende Riesenmücken. Sie stachen meinen Freund. "Hier tut erste Hilfe Not!", schrie ich und legte ein blutstillendes Pflaster auf. Von den giftig grünen Büschen hing eine Fleisch fressende Schlingpflanze mit tiefblauen Stängeln herab. "Nicht hinübergehen!", rief ich, doch Hans missachtete meine wohl gemeinte Warnung. Als er darunter trat, sah ich ihn plötzlich mit gräulichen Verrenkungen vornüber fallen. Sowie ich ihn herausriss, verfärbte sich die weit gehend zerstörte Pflanze schwarzgräulich. Hans tat mir furchtbar Leid, obwohl ihm nichts wehtat. Ich musste ihn in höchst Besorgnis erregendem Zustand zurücklassen. "Wann werden wir uns wieder sehen?", fragte er noch, bevor er hintenüberkippte. Ich sagte: "Vielleicht morgen früh oder Sonntagabend." Das schien ihm gut zu tun, aber ich musste mich des Öfteren schnäuzen. Wir hatten uns lieb gewonnen und nun musste ich mich mit seinem selbst verschuldeten Los auseinander setzen. - Diesen Sciencefictiontraum habe ich nicht leicht genommen.
__________________
Th. Ickler


eingetragen von J.-M. Wagner am 02.06.2002 um 11.02

Unter dieser Überschrift fragte Elke Philburn am 2.6.2002 im Diskussionsforum der MAZ als Antwort auf einen Beitrag von "Vitzliputzli":

>>Seit dem Mittelalter hat sich nämlich die Aussprache des Englischen radikal geändert, jedoch nicht die Rechtschreibung. Man schreibt das Englische heute noch so, wie man es im Mittelalter sprach! Die Rechtschreibung ändert sich nämlich nicht mehr von selbst, wenn sie einmal festgelegt wurde.<<

Können Sie auch nur EIN Beispiel nennen, an dem sich zeigen läßt, daß die Aussprache des Deutschen sich geändert hat und wo die Rechtschreibreform Abhilfe geschaffen hätte?

Da mir der Vergleich mit der "Reformbedürftigkeit" der englischen Orthographie schon ein paarmal in der Diskussion um die Rechtschreibreform untergekommen ist, möchte ich diese Frage hier einem breiteren Personenkreis unterbreiten.
__________________
Jan-Martin Wagner


eingetragen von Elke Philburn am 10.03.2002 um 17.40

Zitat:
Von Personennamen abgeleitete Adjektive werden nach neuer Rechtschreibung im Allgemeinen kleingeschrieben.

Das theodor-icklersche Rechtschreibwörterbuch.

(Aber auch sonst dürfte diese Regel kaum mehr als unnützes Beiwerk sein, weil sie fast keiner umsetzt. Siehe dazu Google "Goethesche", "Pfeiffersche".)


eingetragen von Theodor Ickler am 10.03.2002 um 16.12

Aus dem heutigen Duden-Newsletter:

"Von Personennamen abgeleitete Adjektive

Wenn Ihre platonische Liebe auf ohmschen (auch: Ohm'schen Widerstand) stößt oder Sie die einsteinsche auch: Einstein'sche) Relativitätstheorie sowohl in mozartischen Kompositionen als auch in heinrich-mannschen (auch: Heinrich-Mann'schen) Romanen entdecken, so ist das zumindest orthographisch denkbar. Von Personennamen abgeleitete Adjektive werden nach neuer Rechtschreibung im Allgemeinen kleingeschrieben. Bei den Ableitungen auf -sch kann im Gegensatz zu denen auf -isch auch ein Apostroph zur Verdeutlichung des Namens gesetzt werden. In diesem Fall wird der Name dann großgeschrieben. Ein wenig aus der Reihe tanzt allerdings - nicht nur am Himmel - der "Halleysche Komet". Da er als Ganzes als Name gilt, darf er nur in dieser einen Form erscheinen und nicht mit einem Apostroph gespickt werden. Stets kleingeschrieben werden auch die Ableitungen auf -istisch, -esk und -haft. Sollte Ihnen also demnächst eine chaplineske oder gar kafkaeske Gestalt über den Weg laufen, denken Sie an die darwinistische Theorie! Vielleicht berichten Sie uns davon einmal in rilkehaften Metaphern? Aber bitte ohne freudsche (auch: Freud'sche) Versprecher!"

Man erkennt hier deutlich die starke Vereinfachung durch die neuen Regeln. So ist auch sonnenklar, wie man zum Beispiel das Pfeiffersche Drüsenfieber jetzt schreiben muß, nicht wahr? Ein schöner Erfolg der bertelsmannschen Rechtschreibreform!
__________________
Th. Ickler


eingetragen von Elke Philburn am 24.12.2001 um 09.17

http://www.informatik.uni-freiburg.de/~herrmann/heiligenscheinwerfer.html

Was stellst du dir unter einem Heiligenscheinwerfer vor?

1. einen Heiligen-Scheinwerfer

2. einen heiligen Scheinwerfer

3. einen Heiligenschein-Werfer

4. einen Heiligenscheinwerfer (für Scheinheilige)

5. einen heiligen Schein-Werfer

6. einen heiligen-Schein-Werfer

7. einen heiligen schein-Werfer

8. einen Heiligen-schein-Werfer



eingetragen von Elke Philburn am 20.12.2001 um 19.41

Advent

Es blaut die Nacht, die Sternlein blinken
Schneeflöckchen weiß herniedersinken.
Auf Edeltännleins grünem Wipfel,
häuft sich ein kleiner weißer Zipfel,
und dort vom Fenster her durchbricht,
den dunklen Tann ein warmes Licht.

Im Forsthaus kniet bei Kerzenschimmer,
die Försterin im Herrenzimmer.
In dieser wunderschönen Nacht,
hat sie den Förster umgebracht.
Er war ihr bei des Heimes Pflege
seit langer Zeit schon sehr im Wege.
So kam sie mit sich überein,
am Niklausabend soll es sein.

Und als das Rehlein geht zur Ruh,
das Häslein tut die Augen zu,
erlegte sie direkt von vorn,
den Gatten über Kimm und Korn.
Vom Knall geweckt rümpft nur der Hase
ein-,zwei- dreimal die Schnuppernase
und schlummert weiter, süß im Dunkeln,
derweil die Sternlein traulich funkeln.

Und in der guten Stube drinnen,
da läuft des Försters Blut von hinnen.
Nun muß die Försterin sich eilen,
den Gatten sauber zu zerteilen.
Schnell hat sie ihn bis auf die Knochen,
nach Waidmannssitte aufgebrochen.
Voll Sorgfalt legt sie Glied auf Glied,
( was der Gemahl bisher vermied )
behält ein Filet zurück,
als festtägliches Bratenstück.
Und packt zum Schluß, es geht auf vier,
die Reste in Geschenkpapier.

Da tönt`s von fern wie Silberschellen,
im Dorfe hört man Hunde bellen.
Wer ist`s, der in so tiefer Nacht,
im Schnee noch seine Runde macht ?
Knecht Rupprecht kommt im gold`nen Schlitten,
auf seinem Hirsch herangeritten:
"He, gute Frau, habt ihr noch Sachen,
die armen Menschen Freude machen ?
Des Försters Haus ist tief verschneit,
doch seine Frau steht schon bereit:
Die sechs Pakete heil`ger Mann,
ist alles was ich geben kann.

Die Silberschellen tönen leise,
Knecht Rupprecht macht sich auf die Reise.
Im Försterhaus die Kerze brennt,
ein Sternlein blinkt - es ist Advent.


eingetragen von Theodor Ickler am 20.12.2001 um 12.40

Das absolut spitzenmäßige Weihnachtsgedicht habe ich doch gerade so ähnlich irgendwo gelesen? Ich glaube, in "Literaturen", neueste Ausgabe, als Klabund-Zitat.

Für sein "endgültig" verdient Uwe höchstes Lob.
__________________
Th. Ickler


eingetragen von Walter Lachenmann am 20.12.2001 um 10.35

Humor ist, wenn man trotzdem lacht.
__________________
Walter Lachenmann


eingetragen von uwe am 20.12.2001 um 10.18

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Walter Lachenmann
Ob uns uwe das rafft? Will der ja gar nicht. Der ist einfach fröhlich und will uns das zeigen. [Kicher] (ich schaff das nicht mit den Grinsedingern).

Nein, er rafft es nicht. Und, Recht haben Sie, Herr Lachenmann, er will es auch nicht. Es war ausschließlich die Vergnügungssucht, die mich in dieses Forum getrieben hat. Und es war ein Vergüngen, den einen oder anderen auf die Palme gebracht zu haben. Rechtschreibung ist für mich zweitrangig, nur Mittel zum Zweck. Also: Diskutiert schön weiter hier, ich klinke mich endgültig aus. Zum Schluss gibt es keine Smileys, sondern ein Weihnachtsgedicht:

Weihnachtsgedicht
von Oliver Kalkofe
aus: Onkel Hottes Märchenstunde

Ganz dolle erleuchtet ist die Gasse
Still und starrlich ruht der See
auf der tiefverschneiten Straße
liegt ein totgefahrnes Reh


Weihnachten ist angekommen, getan
alle Kinder freun sich doll
Mama ist grad hingefallen
Papa ist schon wieder voll


Der Weihnachtsbaum ist hell erleuchtet,
denn grad fängt er zu brennen an
Da klopft es draußen an das Tore
Ist das wohl Herr Weihnachtsmann?


Doch es sind nur die Verwandten,
die da stehen vor der Türe
Oma, Opa, Onkel, Tante
die alten Feiertagsgeschwüre


Da kömmt Knecht Ruprecht mit dem Schlitten
fährt voll in Papas Manta rein.
Der sagt: "Na der kann was erleben,
dem hau ich jetzt die Fresse ein!"


Die Kinder fangen an zu flennen
Von Ferne naht die Polizei
Der Baum ist immer noch am brennen
und Heilig Abend ist vorbei!



eingetragen von J.-M. Wagner am 18.12.2001 um 17.46

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Walter Lachenmann
Physiker denken sauberer als alle anderen Leute, denn wenn sie das nicht machen, funktioniert ihr Produkt nicht, und wenn es das nicht tut, geht das so schief, daß es jeder gleich merkt und die Blamage ist vor aller Augen (...).
Danke für die Blumen, und mit dem Schiefgehen haben Sie natürlich völlig recht; allerdings sind sich auch die Physiker in puncto Rechtschreibreform noch nicht einig. Die (nach der neuen Rechtschreibung gedruckte) Mitgliederzeitschrift wurde erst kürzlich von »Physikalische Blätter« in »Physik Journal« umbenannt (jawohl, ohne Bindestrich; ein makelloser Anglizismus), und bei einer in diesem Zusammenhang erforderlichen Satzungsänderung wurde die Neuschreibung (natürlich nicht fehlerfrei) eingeführt. Ein Arbeitsgruppenkollege hatte im Zuge der Abstimmung über die Satzungsänderung unter den Mitgliedern zwar einen Protestbrief an den DPG-Vorstand (DPG: Deutsche Physikalische Gesellschaft) und die Herausgeber der Phys. Bl. entworfen, den mehrere Kollegen (und ich) unterzeichnet haben, und wir haben diesen Brief samt kommentierendem Begleitschreiben per E-Mail an möglichst viele uns bekannte Physiker verschickt, aber die Reaktionen waren recht schwach. Vom jetzigen sowie vom designierten DPG-Präsidenten erhielten wir zwar prinzipiell beipflichtende Antworten, aber die Abstimmung ergab eine Zustimmung zu der neuen Fassung der Satzung, und darauf wurde von den beiden Herren sogleich verwiesen. Die Bekannten, die auf meine E-Mails geantwortet haben, fanden unseren Einwand größtenteils lächerlich bzw. wollten von dem »Unfug« verschont bleiben; unterstützende Kommentare waren deutlich in der Minderzahl. Schade; da hatte ich etwas mehr Aufgeschlossenheit und Problembewußtsein erwartet. - Wo ich demgegenüber von Akademikern mehr und deutlicheren Protest erwartet hätte, sind die Juristen (oder habe ich davon, bis auf die Einwände und Bemühungen von Prof. Gröschner, bloß nichts mitbekommen? Diskutieren hier denn gar keine Juristen mit?). Lassen die es sich einfach so gefallen, daß die Präzision der Sprache unter der Reform gelitten hat?

Derzeit werden die Webseiten »meiner« Fakultät (http://www.physik.uni-jena.de/) umgestaltet, und dabei wird auch die neue Rechtschreibung eingeführt. Inwieweit das mit dem Arbeitsauftrag für die Umgestaltung verbunden ist, weiß ich noch nicht; ich werde mich noch beim Dekanat erkundigen. Das Hausjournal der Uni Jena (Artikel zur Rechtschreibreform in der Ausgabe vom Dezember 2000, u. a. von Prof. Gröschner und H. Birken-Bertsch: http://www.uni-jena.de/journal/unidez00/) erscheint in neuer Schreibung. Inwieweit die Universitätsleitung eine Weisungsbefugnis gegenüber den Fakultäten bezüglich ihrer - wie ich denke, eigenverantwortlichen - Selbstdarstellung im WWW hat, ist mir auch noch nicht klar. Mal sehen.

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von J.-M. Wagner
Deshalb wird hier so viel und auch weiterhin diskutiert, nicht als Selbstzweck, sondern um aufzuklären, wie weit die Konsequenzen der Neuregelung reichen - und um eine Änderung zu erreichen. Mir geht es auf jeden Fall weiterhin darum. Dazu braucht man aber fundierte Argumente.
Leider sehe ich noch ein mächtiges Hindernis, an dem selbst die besten Argumente scheitern können, wenn es darum geht, die amtlichen Regeln zu ändern: Sobald es sich zeigt, daß solches passieren müßte, könnte dagegengehalten werden, daß dann alle Schulbücher »schon wieder« neu gedruckt werden müßten, und aus Kostengründen käme das nicht in Frage. - Ob dann wohl neue Bücher vor dem BVerfG einklagbar wären, weil die Kinder in der Schule definitiv etwas Falsches lernen? Sicher nicht, solange nicht die amtlichen Regeln geändert worden sind. - Na gut, dann müßten die Bücher eben von Hand auf den neuesten Stand gebracht werden. Vielleicht sogar von Schülern und Lehrern gemeinsam, dann könnten alle noch etwas dabei lernen.

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Walter Lachenmann
[Kicher] (ich schaff das nicht mit den Grinsedingern).
Lieber Herr Lachenmann, das mit den »Grinsedingern« ist gar nicht so schwierig, wenn Sie die vordefinierten »Schnuten« verwenden. Ein Lächeln erhalten Sie, wenn Sie »:« und »)« als einzelnes »Wort« ohne Leerzeichen nebeneinanderschreiben, und ein breites Grinsen liefern »:« und »D«. Am Anfang hatte ich mit diesen Dingern Schwierigkeiten, weil ich eine Nase dazugemalt habe: ;-). Die »Schnuten« haben aber keine Nasen. Zuletzt müssen Sie gucken, ob die Schnuten in Ihrem Eintrag erlaubt sind; wenn der Knopf bei »Schnuten für diesen Eintrag ausschalten« eingedrückt ist, kommen keine. (Das Kontrollkästchen »ohne Schnuten« bei den »Mitteilungs-Bildchen« ist dabei belanglos, weil es sich nur auf eine Schnute neben der Überschrift des Beitrages bezieht. Die Mehrzahl »Schnuten« ist an dieser Stelle irreführend, denn man kann seine Beitragsüberschrift nur mit einer Schnute verzieren; dies als kleiner redaktioneller Hinweis an die Technik bzgl. einer Detailverbesserung.) - Ich hoffe, ich habe das jetzt nicht bereits zu detailliert erklärt.
__________________
Jan-Martin Wagner


eingetragen von Elke Philburn am 18.12.2001 um 01.33

Zitat:
Die Kneipe, in der ich jeden Abend bei meiner Frauengruppe meine mehrere Mass Bier trinke und dann irgend- aber weiß nicht wie und -wann nach Hause komme, wirbt genau mit so einem »Banner«. Schön!

Das hört sich gut an. Jedenfalls besser als eine Männergruppe, in der die Herren der Schöpfung beisammensitzen, Tee trinken und Pullover stricken.

(Die Grinsedinger funktionieren bei mir auch nicht auf Knopfdruck. Aber die hat's zuhauf auf der Plaudersmilie-Seite.)


eingetragen von Walter Lachenmann am 17.12.2001 um 22.17

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Elke Philburn
Zitat:




Kommt mir bekannt vor. Die Kneipe, in der ich jeden Abend bei meiner Frauengruppe meine mehrere Mass Bier trinke und dann irgend- aber weißnichtwie und -wann nach Hause komme, wirbt genau mit so einem »Banner«. Schön!

Herr Wagner hätte den Rechtschreibkommissionen erklären müssen, wie man so etwas macht. Physiker denken sauberer als alle anderen Leute, denn wenn sie das nicht machen, funktioniert ihr Produkt nicht, und wenn es das nicht tut, geht das so schief, daß es jeder gleich merkt und die Blamage ist vor aller Augen (Ausnahmen von Fehlprojekten à la Rechtschreibreform, die dann trotz evidenter Unsinnigkeit aus »mammonistischen« Gründen weiterbetrieben werden, soll es da aber auch geben, ich denke z.B. an unsere heimelige Oberlandbahn von München nach Bayrischzell, Tegernsee und Lenggries, die ist vor einigen Jahren völlig neu und modern konzipiert worden für ein Riesengeld und fährt immer noch wie Roseggers Dampfwagen und vermutlich sogar weniger zuverlässig).

Ob uns uwe das rafft? Will der ja gar nicht. Der ist einfach fröhlich und will uns das zeigen. [Kicher] (ich schaff das nicht mit den Grinsedingern).
__________________
Walter Lachenmann


eingetragen von J.-M. Wagner am 17.12.2001 um 19.04

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Karl Eichholz; 25.09.2001, 09.56
Scharf-s:das Mißverständnis von lang-s plus rund-s:
wenn es mit der Breitfeder und Zierstrich gezeichnet wird, erscheint es ähnlich wie lang-s und z, deswegen der gebräuchliche Begriff »EsZet«.
In dem (ebenfalls von Karl Eichholz stammenden) Beitrag, welcher dem soeben zitierten vorangeht, heißt es (Kommentare von mir stehen in eckigen Klammern):
Zitat:
Wir sehen also: das "ß" hat und hatte NICHT damit zu tun, daß der Vokal davor LANG oder KURZ gesprochen wurde, sondern hatte lediglich signalisiert, daß der Doppellaut "ss" [doppelter Laut - in jedem Fall?] am WortENDE oder WortstammENDE steht. Dies ist eine wichtige Eigenschaft, denn trotz der vielfältigen Verknüpfungsmöglichkeiten in der deutschen Schriftsprache war eine EINDEUTIGE Zuordnung des jeweiligen "s" zum jeweiligen Wort oder Wortstamm gewahrt.

Stand das "ss" in der WortMITTE wie bei »Wasser«, so wurde draus »Waffer« mit zwei Lang-s [hier als "f" widergegeben]. Da aber das Lang-s in die heutige Zeit einfach als Rund-s übersetzt wurde, lesen wir heute eben nicht mehr »Waffer« sondern »Wasser«.
Diese Erklärung finde ich sehr erhellend. Damit kommt die Heysesche "ss/ß"-Schreibung fast an die Widersprüchlichkeit der Nichttrenung von "ck" heran, denn es wird die eigentliche Herkunft bzw. Bedeutung einer Schreibweise komplett ignoriert. Allerdings ist das Prinzip des kurzen oder langen vorangehenden Vokals nicht ganz sinnlos (was es taugt, ist eine andere Frage; ich bevorzuge die alte Regel), und daher interessiert es mich, ob das "ß" wirklich NIE mit ihm vorausgehenden langen oder kurzen Vokalen zu tun hatte. Ich denke an die Möglichkeit, daß inmitten eines Wortes ein scharfes s auftaucht, dem aber ein langer Vokal vorangeht. Wurde auch dann "ff" geschrieben? (Das sollen hier wieder lange "s" sein. Wie ein solches in einer heute üblichen Antiqua-Schrift aussehen könnte, kann man sich im Buch »Rechtschreibreform und Nationalsozialismus« von Birken-Bertsch und Markner anschauen; S. 54.) Als Beispiele sind mir zunächst »Größe«, »Blöße« eingefallen, die man aber als Ableitungen von »groß«, »bloß« verstehen kann. Dann gibt es da noch ein eher unfeines Wort, »Schei..e« - das ja mit "ß" geschrieben wird. Ist das erst das Resultat der »Übersetzung« in Schriften ohne "f" oder auch eine Ableitung? Aber wie ist es bei »Buße« oder »Straße«? Darin kann ich keine Ableitungen mehr erkennen.

Vielleicht sind solche Beispiele der Anlaß für die Heysesche Regel gewesen; da kenne ich mich zu wenig aus. Aber mir scheint, daß man auch mit dieser Regel über das Ziel hinausschießt, indem man ein Schema, welches nur an gewissen Beispielen festgemacht werden kann, für allgemeingültig erklärt. Die Wirklichkeit läßt sich eben oft nicht in einfache Schemata pressen; sie bleibt der Maßstab (das muß auch ich mir als theoretischer Physiker von meinen Experimentatorenkollegen gelegentlich sagen lassen). Für mich bildet diesen Maßstab in puncto Rechtschreibung die bis vor der Reform übliche Schreibung (welche damals schon von der genormten abgewichen haben mag), und an dieser hätte eigentlich festgehalten werden müssen. Man kann die deutsche Orthographie nicht in solche schematischen, einfachen Regeln kleiden, ohne die Schreibweisen an sich zu verändern - ein paar Änderungen in Einzelfällen wären ja in Ordnung gewesen, aber hier wurde systematisch geändert, eben weil systematisch vereinfacht wurde:
Zitat:
Aus dem Vorwort zu den Regeln der neuen Rechtschreibung
Die neue Regelung ist folgenden Grundsätzen verpflichtet:
- Sie bemüht sich um eine behutsame inhaltliche Vereinfachung der Rechtschreibung mit dem Ziel, eine Reihe von Ausnahmen und Besonderheiten abzuschaffen, so dass der Geltungsbereich der Grundregeln ausgedehnt wird.
- Sie verfolgt eine Neuformulierung der Regeln nach einem einheitlichen Konzept.
Was ist mit »behutsam« gemeint, was mit »inhaltlicher Vereinfachung der Rechtschreibung«? Welcher Maßstab ist für die »Vereinfachung« angelegt worden, wer beurteilt nach welcher Skala die Schwierigkeit oder Einfachheit der Rechtschreibung? Die einzige Erklärung, die der Text dafür angibt, steht im zweiten Teil des Satzes: »mit dem Ziel, eine Reihe von Ausnahmen und Besonderheiten abzuschaffen,« - das klingt eher nach einer Änderung von konkreten Einzelfällen - »so dass der Geltungsbereich der Grundregeln ausgedehnt wird« - das bedeutet klar den Vorrang eines Prinzips vor Einzelfallregelungen. Man könnte also bereits den Ansatz für in sich widersprüchlich halten, denn es ist nicht klar, ob es vordringlich um die »Entschärfung« von Einzelfällen geht, oder um die konsequentere Anwendung von »Grundregeln« (was eigentlich auch bedeutet, daß es »Zusatzregeln« für Spezialfälle gibt).

Hier wird außerdem stillschweigend vorausgesetzt, daß es Grundregeln gibt, die eigentlich alles regeln könnten, wenn man sie nur ließe - aber woher weiß man, daß dies geht und sinnvoll ist, und woher weiß man, daß die Abschaffung einer Ausnahme oder einer Besonderheit zu keiner neuen Ausnahme oder Besonderheit führt? Beispiele: Die Nichttrennung von "ck" steht im klaren Widerspruch zu anderen Regeln (neue »Ausnahme«), und die vermehrte Getrenntschreibung führt - neben der Beseitigung von Wörtern - in Verbindung mit vermehrter Großschreibung zu Konstrukten wie »es tut mir sehr Leid« (neue »Besonderheit« - nein, Absonderlichkeit, da grammatisch falsch). Des weiteren kann die »zu konsequente« Anwendung eines Prinzips zu Fehlern führen, die vorher nicht auftraten, z. B. »Muß« statt »Mus«, »ich laß« statt »ich las«, »hasstig« statt »hastig«,»Passtraße« statt »Passstraße« (und was derlei Probleme mit der Heyseschen Schreibung mehr sind).

Es ist wichtig, daß beides betrachtet wird, neue innere Probleme der Regeln und neue Fehlermöglichkeiten, denn beide zeigen die Problematik der Herangehensweise auf, komplexe Verhältnisse mit einfachen Regeln in den Griff kriegen zu wollen. Dieser »Vorzug der neuen Rechtschreibung«, wie unser Leitthema heißt, kann nur darauf hinauslaufen, daß die Regeln gerade an den Stellen versagen (d. h. »Seltsamkeiten« oder Unfug produzieren), die einer besonderen Regelung bedürfen.
Ich stimme zwar Uwe darin zu, daß die Idee einer »einfachen Rechtschreibung« »für den Alltagsgebrauch« sinnvoll ist, und meistens reichen auch wenige Regeln - aber darum geht es ja bei der Rechtschreibreform gar nicht, weil sie sich als vollwertiges Regelwerk auf ALLE Aspekte der Orthographie bezieht! Die neue Rechtschreibung ist nur als Gesamtpaket zu haben, und es wird lediglich der Anschein erweckt, jetzt würde alles einfacher werden. Zum einen entpuppen sich die vermeintlichen Vereinfachungen teilweise als sehr problematisch, zum anderen werden sie durch massive Schwierigkeiten oder Fehler an anderen Stellen erkauft. Ich behaupte, daß diese Schwierigkeiten bzw. Fehler aufgrund der Herangehensweise unvermeidlich sind.

Eine Vereinfachung im Sinne einer Erleichterung für den Schreibenden halte ich dennoch für möglich, denn man kann zum einen konkrete Einzelfälle ändern, zum anderen kann man die Regeln anders darstellen (darauf hat ja Herr Ickler bereits hingewiesen), und zum dritten kann man versuchen, die Regeln didaktisch geschickter zu vermitteln, so daß man einen leichteren Zugang zu ihnen bekommt. Schauen wir uns einmal die Trennung von "ck" an, die hier schon mehrfach angesprochen wurde.
Wörter mit einem Doppelkonsonanten in der Mitte werden offenbar genau zwischen diesen getrennt, wie man sich durch langsames Aussprechen leicht klarmachen kann:

blub-bern
Pad-del
gaf-fen
Bag-ger
Hül-le
Ham-mer
Tun-nel
Kup-pe
har-ren
Kas-se
bit-ter
Piz-za

Hier habe ich Beispiele für alle bis auf einen für diesen Fall in Frage kommenden Konsonanten (c,h,j,q,v,w,x sind ausgenommen, "tz" lasse ich beiseite) angegeben - nur "k" fehlt. Also noch ein Wort mit Doppel-"k", bitte auch langsam aussprechen:

Bak-ke

- das gelingt auf Anhieb, denke ich. Wo war doch gleich das Problem? Das sieht man erst, wenn man die ungetrennte Schreibung danebenstellt:

blub-bern  blubbern
Pad-del    Paddel
gaf-fen    gaffen
Bag-ger    Bagger
Bak-ke     Backe
Hül-le     Hülle
Ham-mer    Hammer
Tun-nel    Tunnel
Kup-pe     Kuppe
har-ren    harren
Kas-se     Kasse
bit-ter    bitter
Piz-za     Pizza

Für jemanden, der das gerade lernt, ist "k-k" ganz natürlich, denn es ist von der Aussprache her quasi selbstverständlich, und es fügt sich nahtlos in die Liste ein - also ist "ck" die Ausnahme! Für diese Ausnahme, Wörter, die eigentlich ein doppeltes "k" haben müßten, mit "ck" zu schreiben, gibt es m. E. nur eine Begründung: weil man es so macht - im positiven Sinn, wörtlich und damit ernst (und nicht arrogant) gemeint.

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Uwe
...ist aber alles beim alten geblieben ... ickler postet tagtäglich seine fundierten Beiträge und alle anderen stimmen ihm zu ... alle freuen sich wie die schneekönige, wenn die post auf ihren briefmarken "für Dich" schreibt ... suuuuper. wie viele jahre soll das noch so weiter gehen ???
Dazu etwas zum zweiten Grundsatz der neuen Rechtschreibung, wie er im Vorwort steht: »Sie verfolgt eine Neuformulierung der Regeln nach einem einheitlichen Konzept.« Schön - aber warum bitte »Neuformulierung«? Reicht denn eine bloße »Formulierung nach einem einheitlichen Konzept« nicht aus? Oder eine »Umformulierung«? Das würde natürlich sofort bedeuten, daß der von den Regeln betroffene Inhalt, d. h. die Orthographie an sich, unverändert geblieben wäre - aber das war ja nicht beabsichtigt. Eine Neuformulierung der Regeln ermöglicht auch neue Regeln. Inwieweit das mit der Behutsamkeit aus dem ersten Grundsatz vereinbar ist, muß also sorgfältig geprüft werden. Deshalb wird hier so viel und auch weiterhin diskutiert, nicht als Selbstzweck, sondern um aufzuklären, wie weit die Konsequenzen der Neuregelung reichen - und um eine Änderung zu erreichen. Mir geht es auf jeden Fall weiterhin darum. Dazu braucht man aber fundierte Argumente.
Danke, Herr Schäbler, für Ihre wiederholte Bemühung um die Überwindung von Vorurteilen; manches muß sich eben noch weiter herumsprechen. Was zu diesem »manchem« zählt, müßte mal übersichtlich auf den Punkt gebracht werden. Ich bin dafür, zu diesem Zweck ein neues Leitthema einzurichten, aber ich habe bislang keinen wirklich brauchbaren Einstiegsvorschlag.
Möglicherweise verlange ich Änderungen in Bereichen, die Uwe für nebensächlich hält. Umso besser, dann hat er sicher nichts gegen solche Änderungen. Im Gegenteil, wenn er diese Änderungen unterstützen würde, könnte er einen konstruktiven Beitrag leisten. - Willst Du, Uwe?
__________________
Jan-Martin Wagner


eingetragen von Elke Philburn am 17.12.2001 um 17.10

Zitat:
Wie lange ist das denn her; ich würde es gern nachlesen, habe es aber beim Zurückblättern in dieser Rubrik nicht gefunden.

Das ist über mehrere Stränge verstreut. Ich hatte es mir kaum richtig angewöhnt, weil sich hier in Großbritannien sowieso die wenigsten darum scheren.

(Aber jetzt schreibe ich natürlich ganz bewußt so. )

Zitat:
(leider weiß ich nicht, wie man diese Alberbildchen macht, sonst würde ich jetzt was mit roten Herzchen malen.)

Das Dumme ist ja, daß man die Befehle nicht hier hineinschreiben kann, ohne daß sie unsichtbar gemacht werden.

Für Bilder braucht man

[ img ] und [ /img ]

ohne "leer" links und rechts. Dazwischen setzt man den url. Diese Zeile

[ img ]http://www.plaudersmilies.de/love/heartline.gif[ /img ]

sieht dann so aus:



eingetragen von Norbert Schäbler am 17.12.2001 um 12.36

Zur Sache - d. h. zur Wertigkeit der Rechtschreibung innerhalb der unterschiedlichen Disziplinen (Teilbereiche) des gesamten Deutschunterrichts - habe ich schon verschiedene Male Stellung bezogen.
Keinerlei Verständnis bringe ich dafür auf, daß immer wieder mit den gleichen Vorurteilen argumentiert wird. Jene Geschichtslosigkeit klage ich an. Die Argumentation, die sich auf der Stufe der hessischen Rahmenrichtlinien von 1972 bewegt (hier wurde die Rechtschreibung als Rohrstockersatz verpönt), ist vor ca. 30 Jahren stehen- und steckengeblieben.

Tatsache ist, daß die Messung der Leistungen im Fachbereich Deutsch nach verschiedenen Teilbereichen erfolgt, die unterschiedliche Wertigkeit besitzen. Dies gilt zumindest für Grund- und Hauptschulen. Die Aufgliederung hat amtlichen Charakter.

Teilbereiche sind:
1. Literatur (Lesefähigkeit, Gestaltendes Lesen, Sinnerfassung, Merkfähigkeit u.a. in Zusammenhang mit Gedichtvorträgen ...).
2. Mündliche Sprachgestaltung (Formulierungsqualitäten, Argumentationsfähigkeit, Kommunikationsfähigkeit ...).
3. Schriftliche Sprachgestaltung (ehemaliger Aufsatzunterricht, heute allerdings vielseitiger, adressatenbezogener und situationsspezifischer aufgegliedert / Erlebniserzählungen, Briefe, Comics, Anleitungen, Berichte, Textarbeiten ... - Erörterungen wurden abgeschafft ...).
4. Grammatik (Sprachbetrachtung, Sprachanalyse, Sprachgefühl ...).
5. Rechtschreibung (Nachschriften / geübte Texte; Probediktate / unbekannte Texte mit zuvor eingeübtem Wortmaterial).

Höchste Wertigkeit besitzen die Teilbereiche der Sprachgestaltung. Leistungsmessungen werden hier doppelt bis dreifach gewichtet und - dies habe ich schon wiederholt gesagt - die Rechtschreibung hat dabei nahezu keinen Einfluß auf die Festsetzung der Note.
Nur in äußerst schwerwiegenden Fällen kann die Note im Bereich der schriftlichen Sprachgestaltung abgewertet werden. Dies ist so gut wie nie der Fall (man vergleiche in diesem Zusammenhang den sog. Legasthenikererlaß / im Strang Dokumente).

Ich fasse zusammen. Das gebetsmühlenhaft vorgetragene Argument, daß Rechtschreibunterricht und die Bewertung der Rechtschreibung zur Verunsicherung und Bestrafung der Schüler beitrage, ist nichtig, überholt und von der Sache ablenkend.
Es ist mir zu blöd, immer wieder meine jederzeit überprüfbare Entgegnung einzubringen.

Lieber blödele ich!


__________________
nos


eingetragen von Walter Lachenmann am 17.12.2001 um 09.28

It was a matter of love...

(leider weiß ich nicht, wie man diese Alberbildchen macht, sonst würde ich jetzt was mit roten Herzchen malen.)

Ach ja: Ich glaube von Simmel stammt der herrliche Romantitel »Liebe kennt kein Argument«, so ähnlich darf man sich das vorstellen. Vielleicht ist das doch ein Weg?



– geändert durch Walter Lachenmann am 18.12.2001, 13.47 –
__________________
Walter Lachenmann


eingetragen von J.-M. Wagner am 17.12.2001 um 09.19

A propos »wirklich«: Ich will den netten Dialog keinesfalls abwürgen, aber ich habe meinen Vorschlag durchaus ernstgemeint, und ich würde mich wirklich freuen, entsprechende Meinungsäußerungen zu hören (besser: zu lesen; klar).

Ansonsten: was habe ich da verpaßt mit einer Bekehrung bezüglich der ß-Verwendung? Ob sich von dem entscheidenden Argument auch andere beeindrucken ließen? Wie lange ist das denn her; ich würde es gern nachlesen, habe es aber beim Zurückblättern in dieser Rubrik nicht gefunden.
__________________
Jan-Martin Wagner


eingetragen von Norbert Schäbler am 17.12.2001 um 08.45

Der erste Gedanke ist doch oft der beste.
__________________
nos


eingetragen von Elke Philburn am 17.12.2001 um 03.26

...und vorausgesetzt, es sind GrundschullehrerInnen, gell?


eingetragen von Norbert Schäbler am 16.12.2001 um 20.36

... vorausgesetzt, sie sind gegen die Rechtschreibreform.
__________________
nos


eingetragen von Elke Philburn am 16.12.2001 um 17.52

Wink


eingetragen von Norbert Schäbler am 16.12.2001 um 17.31

Veto gegen die angedachten Monster!
Grund- und Hauptschullehrer sind regelrecht süß!
__________________
nos


eingetragen von Elke Philburn am 16.12.2001 um 17.26

Ist schon richtig. Lehrer sind ja auch keine Monstren, die einen Schüler wegen eines, sagen wir, eher nicht so gravierenden Rechtschreibfehlers reinreißen wollten. Da gibt es immer Mittel und Wege, zu einer gerechten Notengebung zu kommen.


eingetragen von J.-M. Wagner am 16.12.2001 um 15.54

Gewiß; es gibt keinen Grund, »nummerieren« als richtige Schreibweise anzuerkennen. Trotzdem bin ich der Meinung, daß es genügt, die Schüler auf den Fehler hinzuweisen und diesen nicht in jedem Fall in die Wertung eingehen zu lassen, um zu erreichen, daß sie es irgendwann nur mit einem »m« schreiben. - Natürlich dürfte diese Ausnahme von der Fehlerwertung nicht in Examensarbeiten oder in der gymnasialen Oberstufe gemacht werden!
__________________
Jan-Martin Wagner


eingetragen von Reinhard Markner am 16.12.2001 um 15.19

Die Vorgabe für die englischen Schulen bezieht sich auf den amerikanischen Usus, also auch auf eine Vielzahl einschlägiger Fachzeitschriften usw.
Im Falle von »nummerieren« liegt hingegen kein Befund vor, der die Anerkennung als Variante rechtfertigte.


eingetragen von J.-M. Wagner am 16.12.2001 um 15.10

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Elke Philburn
Niemand wird gezwungen sich umzustellen, und kaum jemand kann etwas falsch machen. Ob sich's durchsetzt, wird man sehen.
Das wäre meines Erachtens eine zwar waghalsige, aber gangbare Möglichkeit gewesen, die Rechtschreibung zu vereinfachen, ohne in dem hierzulande (manchmal auch zu Wasser und in der Luft ) eingetretenen Chaos zu landen. Anstatt Haupt- und Nebenvarianten einzuführen, die beide als regelkonform gelten, aber bei denen man genau wissen muß, in welchen Fällen es sie gibt, hätte man eine separate Liste von Alternativschreibungen aufstellen können, die zwar als »nicht richtig« angestrichen werden, jedoch nicht als Fehler gezählt werden. (Z. B. würde das von Uwe zu Beginn der Diskussion in dieser Rubrik erwähnte »nummerieren« sehr gut in diese Liste passen.)

Das ist der waghalsige Aspekt: Man streicht etwas als falsch an (und es soll auch weiterhin als falsch gelten) und verlangt eine Korrektur, ohne daß es sich auf die Benotung auswirkt. Solcher Umgang mit Fehlern ist natürlich nicht bei allen schriftlichen Arbeiten möglich (bei Abschlußarbeiten und in der Oberstufe sollten alle Fehler mitzählen), und er ist keineswegs verallgemeinerbar. Dieses Verfahren hätte aber viele Vorteile: Die Lernenden »leiden« nicht unter einer Benotung, die sie als deprimierend empfinden können (ich kann mich an meine Schulzeit noch recht gut erinnen; Französisch als dritte Fremdsprache hatte am Anfang viel mit einem Haufen Rechtschreibfehlern zu tun, und obwohl ich »eigentlich alles gewußt« hatte, kam doch eine ziemlich schlechte Note dabei heraus), es bleibt das Bewußtsein für die Einheitlichkeit und die (weitgehende) Eindeutigkeit der Rechtschreibung erhalten, es erleichtert den Lernenden, sich an die richtige Schreibung zu gewöhnen, weil sie weiterhin auch in den Zweifelsfällen auf das hingewiesen werden, was richtig ist, und es bleibt klar, daß auch diese Fehler irgendwann als solche gezählt werden und man also durchaus lernen muß, wie es richtig geschrieben wird.

Das bedeutet natürlich weiterhin, daß die schlechte Note (wie bei mir damals in Französisch) den Anlaß gibt, es zu lernen; zwar nicht die Note, die ich aktuell bekomme, sondern jene, die ich mir ausmalen kann, daß ich sie bekomme, wenn... ja, wenn ich meine Schreibfähigkeiten noch etwas verbessere, kann ich auch am Ende die Note bekommen, die ich jetzt schon habe. (Hoffentlich ist die Note schon so gut, daß das motivierend wirkt; wenn nicht, dann gibt sie hoffentlich wirklich meinen Leistungsstand wider.) Allerdings kann man einwenden, daß die Lernenden aufgrund der durch das Nicht-Werten besser ausfallenden Zensuren darüber getäuscht werden, wie gut sie wirklich sind, wenn es im Zweifelsfall ja doch darauf ankommt, alles richtig zu schreiben. Stimmt; ich habe keine Ahnung, ob es vermittelbar und jedem Schüler klarzumachen ist, daß er sich nicht daran gewöhnen darf, einen Haufen unbewerteter Fehler zu machen. An die strenge Bewertung kann man sich aber gewöhnen, wenn einmal pro Halbjahr eine Arbeit »auf examensrelevante Weise« korrigiert und benotet wird. Und vielleicht zeigt ja dieser neue Modus in GB, inwieweit man auch in Prüfungen gezielt Ausnahmen zulassen kann.

__________________
Jan-Martin Wagner


eingetragen von Elke Philburn am 15.12.2001 um 03.38

Hier ein Beispiel, wie man mit der Schreibung von Fremdwörtern umgehen kann:

In GB lauten die Empfehlungen für Lehrkräfte so, daß ph-Schreibungen in Wörtern wie "Sulphate" in den Prüfungsdokumenten weiterhin gebraucht werden, man aber bei den Prüflingen auch die "internationale" Schreibweise mit f akzeptiert.

http://www.qca.org.uk/onq/10/colleges/sulphate_or_sulfate.asp

Niemand wird gezwungen sich umzustellen, und kaum jemand kann etwas falsch machen. Ob sich's durchsetzt, wird man sehen.


eingetragen von Elke Philburn am 14.12.2001 um 20.49

Keine falsche Bescheidenheit, Herr Lachenmann, Sie allein haben mich auf den rechten Weg zurückgeführt.

Und nichts ist leichter, als zu alten (Schreib-)Gewohnheiten zurückzukehren.


eingetragen von Walter Lachenmann am 14.12.2001 um 20.23

Auch nach 6.000 oder noch mehr Aufrufen wird unser uwe nicht kapiert haben, worum es hier geht.
PISA ist schon lange Realität, man hat Begriffsstutzigkeit bisher nur noch nie gemessen. Nun gibt es endlich die nach oben offene Begriffsstutzigkeitsskala, die in PISA mißt (Maßeinheit: 1 Þµ). Wieviel PISA wollen wir uwe geben? Meine Vorgabe: 6.000 Þµ, denn wie gesagt - auch nach 6.000 Aufrufen bleibt uwe wohl beim Erkenntnisstand von 0 und beglückt uns andererseits mit heiteren Zappelbildchen. Ist ja auch ganz nett. Aber Elke, die sich im Verlauf der Diskussion hier (keineswegs aus Zuneigung zu mir, wie sie sich herausredete, sondern aus tiefster Einsicht) vom Dreierles-ß abgewandt hat, ist auch da besser.

Plöhzinn: Dem Dreierles-ß wieder zugewandt!
__________________
Walter Lachenmann


eingetragen von Elke Philburn am 14.12.2001 um 19.54

Yepp. Ein Exemplar ist schon auf dem Weg zu mir.


eingetragen von Theodor Ickler am 14.12.2001 um 19.04

Die Reformer hatten nie die Absicht, sich dem Schreibgebrauch anzupassen, sondern wollten dessen Entwicklung erklärtermaßen "entgegenwirken". Die ersehnte Kleinschreibung wäre erst recht keine Anpassung gewesen.

Dem Schreibgebrauch angepaßt ist dagegen mein Rechtschreibwörterbuch. Jedenfalls war dies mein erklärtes Ziel, und es ist wohl auch schon recht gut erreicht worden.
__________________
Th. Ickler


eingetragen von Elke Philburn am 14.12.2001 um 18.56

Gelle?

Genau so sollte es sein.


eingetragen von uwe am 14.12.2001 um 17.27

als Rechtschreibregeln, die sich ständig weiter entwickeln und sich dem Schreibgebrauch anpassen. Genau so sollte es sein.

Uwe


eingetragen von Gerd Weder am 13.12.2001 um 20.23

Wieso "nächste Rechtschreibreform"?

Wir haben doch nur eine immerwährend weiterentwickelte, oder verstehe ich die Zusammenarbeit von Kommission und (einer Auswahl von) Wörterbuchverlagen falsch?

Eigentlich braucht jeder (ob Anhänger der alten oder der neuen Rechtschreibung) nur abzuwarten - irgendwann ist "seine" Schreibung auch mal dran ...


eingetragen von uwe am 13.12.2001 um 06.57

...wollt' nur mal nach dem rechten schauen, hier in diesem forum ... ist aber alles beim alten geblieben ... ickler postet tagtäglich seine fundierten Beiträge und alle anderen stimmen ihm zu ... alle freuen sich wie die schneekönige, wenn die post auf ihren briefmarken "für Dich" schreibt ... suuuuper.
wie viele jahre soll das noch so weiter gehen ???
bis zur nächsten rechtschreibreform ???
dann wird die rechtschreibung bestimmt so aussehen wie in diesem beitrag ... vll. schließe ich mich dann auch der protestbewegung an ... aber nur vll.
so long
uwe


eingetragen von uwe am 31.10.2001 um 12.49

und guten Taaach auch!

Mein Leitthema war ja schon wieder so weit abgerutscht, und das trotz der über 5.000 Aufrufe. Na das wollen wir mal ganz schnell wieder ändern.

Tschüß,
und fröhliche Weihnachten!

Uwe


eingetragen von Jan am 11.10.2001 um 19.29


__________________
mfg
Jan
mehl-mir-mal@spray.net


eingetragen von Jan am 11.10.2001 um 19.26

...dank der verräterischen "Eigenschaften" Deiner Smileys. Darauf hätte ich auch gleich kommen können!
img]http://www.plauder-smilies.de/kopfpatsch.gif[/img]

__________________
mfg
Jan
mehl-mir-mal@spray.net


eingetragen von Jan am 11.10.2001 um 19.19

test


__________________
mfg
Jan
mehl-mir-mal@spray.net


eingetragen von Jan am 11.10.2001 um 18.54

Hi Uwe!¡!

Im Smiley-Basteln bist Du echt spitze!¡! Den Guiness-Trinker find ich am besten!¡!¡! *indieEckeschmeißvorLachen*

Mag meine Frage auch noch so blöd klingen, ich stell sie Dir einfach mal: Wie gehen die animierten Smileys eigentlich?¿? Machst Du das mit HTML oder Java?¿? Oder ist das ganz simpel?¿? (Nicht lachen, ich hab´s auch noch gar nicht probiert)

Ich wünsch Dir noch viele gelungene Smileys und ein Smiley-Reform-freies Leben. (Smiley-Reform? Aber vielleicht würdest Du dann aufsteigen zum "Theodor Ickler der bewährten Smileys" ?)

bis denn
Jan

PS: Meine Mailadresse geht nicht mehr:-(((


__________________
mfg
Jan
mehl-mir-mal@spray.net


eingetragen von uwe am 11.10.2001 um 06.06



Der ist für den Riebe, weil er immer so böse Kommentare über mich verbreitet:

Der ist für den Lachenmann, weil er auf Riebes Beiträge immer so schön antworten kann:

Und der ist für Norbert Schluckspecht, weil er so gerne Guiness trinkt:

Und mit der Elke stoß ich an, weil sie neben mir die einzige in diesem Forum ist, die richtig schreiben kann:

Auch der Professor hat noch einen verdient, aber welchen ? Den vielleicht:


UWE


eingetragen von Thomas Paulwitz am 03.10.2001 um 12.38

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von uwe
Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Thomas Paulwitz
Uwe, Du meinst doch nicht etwa Dr. Uwe Förster?


Nein, ich meine den echten Förster, der mit Axt und Motorsäge Licht in das verworrene Rechtschreibregelwerk bringt. Leider ist die RSR hier nur sehr, sehr halbherzig vorgegangen.

Uwe


Als Förstersohn weiß ich, daß nicht der Förster mit Axt und Säge den Wald pflegt, sondern diese Arbeit die Waldarbeiter durchführen läßt (die staatlichen Waldarbeiter werden übrigens immer mehr von privaten "Selbstwerbern" verdrängt). Der Förster gibt lediglich die Anweisungen an die Arbeiter.

Bei der "Rechtschreibreform" fehlte es nicht an privaten "Waldarbeitern", die sich zwar wie Schreib-Förster fühlten, aber wie die Axt im Rechtschreibwalde benahmen; jedoch es mangelte an Förstern.
__________________
Thomas Paulwitz
http://www.deutsche-sprachwelt.de


eingetragen von uwe am 02.10.2001 um 19.29

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Thomas Paulwitz
Uwe, Du meinst doch nicht etwa Dr. Uwe Förster?


Nein, ich meine den echten Förster, der mit Axt und Motorsäge Licht in das verworrene Rechtschreibregelwerk bringt. Leider ist die RSR hier nur sehr, sehr halbherzig vorgegangen.

Uwe


eingetragen von Theodor Ickler am 02.10.2001 um 02.24

Bei der Sprachbeobachtung habe ich an das Bewußtmachen und Benennen dessen gedacht, was sich an Sprachwandel abspielt. In Zeitschriften wie dem "Sprachdienst", in Zeitungsglossen usw. geschieht das durchaus, kaum etwas entgeht der Aufmerksamkeit.
Die Germanisten insgesamt haben versagt, das kann man wohl sagen. Ich bin daher aus dem Deutschen Germanistenverband, der gerade hier in Erlangen tagt, aus der Deutschen Gesellschaft für Sprachwissenschaft und natürlich aus der GfdS ausgetreten, zumal die beiden letzteren gegen den Willen der Mitglieder die Verbandszeitschrift usw. umgestellt haben.
Der Germanistenverband wird sehr rege, wenn es um berufsständische Interessen geht. Zu einer Resolution über die Rechtschreibreform konnte er sich nicht aufraffen. Daß man bei umstrittenen Fragen Mehrheitsbeschlüsse herbeiführen kann, scheint ihm unbekannt zu sein. Aufklärungspflicht? Pustekuchen! Mit solchen Vereinen will ich nichts zu tun haben.
Die Mahnung des Bundespräsidenten an die Germanisten, sie sollten relevant werden, ist schon auf der allertrivialsten Ebene in den Wind geschlagen worden.
__________________
Th. Ickler


eingetragen von Christian Melsa am 01.10.2001 um 23.37

Lieber Uwe!

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von uwe

In allen Fällen das Volk entscheiden zu lassen, wäre unmöglich.

Das habe ich ja auch gar nicht gefordert. Solange das Volk meint, seine Vertreter betrieben die Politik in noch "vertretbarem", will sagen: tolerablem Rahmen, braucht das Volk auch nicht alles extra umständlich abnicken. Andernfalls ist ein Veto angebracht. Das ist immer dann, wenn sich zeigt, daß wegen der vielen Schichten, wie beschrieben, der tatsächliche Volkswille auf dem langen Weg bis zur Exekutive so sehr entstellt wurde, daß das Ergebnis nicht mehr hinnehmbar ist. Erst recht, wenn für die ganze Maßnahme im Volk überhaupt kein Bedarf besteht, sehr wohl aber erheblicher Protest dagegen. Doch auch solch ein ausdrücklicher Einspruch wird in der Realität mißachtet, siehe Volksentscheid Schleswig-Holstein. Hier kam bereits auf der Stufe des Parlaments ein genau gegensätzlicher Beschluß zustande, als wie ihn der eigentliche und einzige Souverän dieses Staates gefaßt hat. Und Du siehst keinen Grund, an der Gesundheit unserer Demokratie zu zweifeln? Offenbar vertraten die "Volksvertreter" hier ganz andere Interessen als die des Volkes.

Zitat:

Also, man kann über den Sinn oder Unsinn einer Rechtschreibreform streiten, aber man sollte nicht die Legitimation des Staates anzweifeln, per Erlass, Rechtschreibregeln für den Schulbetrieb zu normieren.

Man könnte das nun noch mit der rhetorischen Frage ergänzen: "Wenn nicht der Staat Erlasse verfügt, wer dann?"

Ich zweifele nicht grundsätzlich die Legitimation des Staates an, Erlasse zu verfügen. Ich zweifele allerdings die demokratische Legitimation von Erlassen konkreten Inhalts an, welcher dem erklärten Volkswillen zuwiderläuft (von Vernunft und Verstand ganz zu schweigen).


Maschinen werden zur Erfüllung einer Aufgabe erfunden. Ihnen liegt ein Mechanismus zugrunde, der den reibungslosen und unkomplizierten Ablauf der Aufgabenerfüllung ermöglichen soll. Alles muß dem Zweck, zu dem die Aufgabe erfüllt werden soll, gemäß sein, sonst ist es sinnwidrig.

Solche Maschinen können zu voller Zufriedenheit laufen, aber sie können auch kaputtgehen, ausleiern, sich dejustieren, außer Kontrolle geraten, unnütz oder gar gefährlich werden. Du würdest anscheinend noch ruhig zurückgelehnt neben der Maschine sitzen, wenn diese schon bedenklich spotzt und kracht, denn auf dem Reißbrett funktioniert die Maschine doch perfekt, ist doch alles wohlüberlegt geplant. Warum sollte man da am ordnungsgemäßen Betrieb zweifeln? Sollte die Maschine schädlich wirken - nun, dann tut die Maschine das halt, ist dann eben "legitim". Man kann doch immer noch an den Schalthebeln herumhantieren; sie klemmen nicht, na also, die Steuerung funktioniert noch. Oder? Mag sein, daß die Maschine nicht den Eindruck erweckt, der Lenkung in irgendeiner Weise zu gehorchen. Aber das wird dann schon seine Richtigkeit haben. Gehört wohl so. Kein Grund zur Besorgnis.


eingetragen von Walter Lachenmann am 01.10.2001 um 21.32

Ickler: »Übrigens brauchen wir keine Sprachbeobachtungsstellen, denn wir haben sie schon. Die Entwicklung der Sprache wird von der Germanistik, mag man auch sonst keine hohe Meinung von ihr haben, durchaus beobachtet.«

Eine hohe Meinung von »den Germanisten« zu haben, fällt dem schlichten Sprachanwender derzeit tatsächlich nicht leicht. Eine Rechtschreibreform, schon gar diese, hätte bei einem selbstbewußten und auf sein Thema konzentrierten Germanistenstand niemals geschehen können. Kann man sich eine Chemiker- oder sonst eine Zunft vorstellen, die sich entweder daran beteiligt oder es schließlich hinnimmt, daß ihre ureigensten Bestände umdefiniert, verformt, zerstört oder völlig abgeschafft werden? Wo sind die protestierenden Wissenschaftler, ist Herr Ickler wirklich der einzige?

Sprachbeobachtungsstellen - eine verrückte Idee! Wer kommt nur auf so etwas? Soll der Teufel mit dem Beelzebub ausgetrieben werden? Es gibt - lassen wir die Germanisten beiseite - eine riesige Sprachbeobachtungsstelle. Das ist die sprechende und schreibende Sprachgemeinschaft. Der Sprachgebrauch, auch der geschriebene, entsteht durch Erlerntes, wohl eher durch Nachahmung als durch Lernen von Regeln, und dieses Erlernen nimmt nie ein Ende. Jetzt lernt die Sprachgemeinschaft, daß man dass und muss usw. schreibt, weshalb auch immer, und sie ahmt alles dieses so gut sie es versteht nach, bei Textverarbeitungsprogrammen entfällt auch dieses Nachahmen, erlernt wird gar nichts mehr. Das durch Nachahmen immer Neues praktizierende Volk ist die Sprachbeobachtungsstelle. Es beobachtet, was auf diesem Gebiet gemacht wird, und ahmt es nach. Dies ist die Wirklichkeit. Von Amts wegen eingesetzte Sprachbeobachter, die dann je nach Sachlage auch versucht oder gar beauftragt sein würden, steuernd einzugreifen, könnten niemals einen Einfluß nehmen, der ihren Absichten entspräche, es entstünde wieder neuer Wildwuchs.

Wichtig wären jetzt mehr denn je Sprach- und Schreibakademien oder -schulen, wo gelernt werden kann, was gute und weniger gute Sprache ist und weshalb, was die bessere schriftliche Darstellung von Sprache ist gegenüber einer weniger guten. So könnte zumindest bei Sprachbewußten ein Ehrgeiz gefördert werden, es hier zu höherer Perfektion zu bringen, ähnlich wie eine Musikschule zu besseren Musikern führt oder eine Hochschule für Wirtschaftswissenschaften zu tüchtigeren und klügeren Wirtschaftsleuten zumindest führen könnte. Es klappt leider nicht immer, das ist auch wahr, damit wird man leben müssen. Aber die Möglichkeit zur Pflege unserer Sprachkultur wäre immerhin gegeben, und sie sollte sich auf die Sprache konzentrieren, nicht auf alle möglichen damit verbundenen sprachfremden Vorstellungen oder Ambitionen.
__________________
Walter Lachenmann


eingetragen von Theodor Ickler am 01.10.2001 um 17.09

Die Intuition (auf die ich mich selbst manchmal berufen habe) ist natürlich das Ergebnis umfangreichster Erfahrung mit Sprache, hier wie dort. Ich sehe nicht den geringsten Unterschied.
Ich kenne Personen (meine Mutter gehörte dazu), die außerordentlich sicher in Rechtschreibung waren, obwohl sie bestimmt keine Regel mehr (außer vielleicht "Trenne nie st ...") im Kopf hatten; sie lasen eben viel, Bücher, jeden Tag die Zeitung ...

__________________
Th. Ickler


eingetragen von Elke Philburn am 01.10.2001 um 16.27

>>Niemand muß die Regeln festlegen, die ja nur Beschreibungen sein sollen. Wer legt denn die Bedeutungen und den Gebrauch des Dativs fest?<<

Interessanter Ansatz, obwohl er mich überrascht. Denn während der Sprachgebrauch auf Intuition beruht, kann man sich bei der Erlernung der Rechtschreibung auf ein solches Wissen nicht stützen.

Kann das funktionieren?


eingetragen von Thomas Paulwitz am 01.10.2001 um 15.10

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Theodor Ickler
Übrigens brauchen wir keine Sprachbeobachtungsstellen, denn wir haben sie schon. Die Entwicklung der Sprache wird von der Germanistik, mag man auch sonst keine hohe Meinung von ihr haben, durchaus beobachtet.

Die meisten Germanisten sind wie Seismographen, die ihre Ergebnisse nur verschlüsselt an die Öffentlichkeit geben, so daß sie niemand versteht.


eingetragen von Thomas Paulwitz am 01.10.2001 um 15.05

"Der Weg ist das Chaos", möchte man ergänzen.

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Norbert Schäbler
Wir Lehrer sind bei der Leitbilddiskussion offensichtlich bevorzugt worden. Uns wurde ein 14seitiges Konzept (werde ich demnächst in der Reihe Dokumente ins Netz stellen) ins Fach gelegt, das wir durchlesen sollten, um dann bei einer Konferenz auch etwas dazu sagen zu können. Später wurde noch ein Konferenzprotokoll ans Schulamt gesandt und damit hatte sich's.
Ein Satz aus diesem tollen ministeriellen Konzept hat mich besonders beeindruckt. Er hieß: "Der Weg ist das Ziel."
Genau mit dieser Parole haben die ihre Rechtschreibreform durchgebracht.


eingetragen von Thomas Paulwitz am 01.10.2001 um 15.03


Zitat:
Ursprünglich eingetragen von uwe
Förster an die Macht!

Uwe, Du meinst doch nicht etwa Dr. Uwe Förster?

Uwe Förster war 32 Jahre lang Leiter des Sprachberatungsdienstes der Gesellschaft für deutsche Sprache (GfdS) und ist im vergangenen Jahr in den Ruhestand gegangen.


"Die Rechtschreibreform habe zur Sprachverwirrung beigetragen - so Förster - mehr kommt ihm zu diesem Thema nicht (mehr) über die Lippen. Sein Hauptinteresse habe immer der Sprachgeschichte und Stilistik gegolten, weniger der Orthographie. Rechtzeitig zur Verabschiedung in den Ruhestand hat Uwe Förster einen Sammelband mit seinen populärsten Schriften herausgegeben: "Sprachpflege auf wissenschaftlicher Grundlage. Beiträge aus drei Jahrzehnten", hrsg. von der Gesellschaft für deutsche Sprache, Duden Verlag 2000."

http://www.aski.org/kb2_00/kbkngfds.htm


eingetragen von Norbert Schäbler am 01.10.2001 um 14.58

Wir Lehrer sind bei der Leitbilddiskussion offensichtlich bevorzugt worden. Uns wurde ein 14seitiges Konzept (werde ich demnächst in der Reihe Dokumente ins Netz stellen) ins Fach gelegt, das wir durchlesen sollten, um dann bei einer Konferenz auch etwas dazu sagen zu können. Später wurde noch ein Konferenzprotokoll ans Schulamt gesandt und damit hatte sich's.
Ein Satz aus diesem tollen ministeriellen Konzept hat mich besonders beeindruckt. Er hieß: "Der Weg ist das Ziel."
Genau mit dieser Parole haben die ihre Rechtschreibreform durchgebracht.

__________________
nos


eingetragen von Theodor Ickler am 01.10.2001 um 14.00

Ja, jetzt fällt es mir auch wieder ein: da gab es eine Leitbilddebatte, auch einen Zettel, den die Beamten ins Postfach bekommen haben. Wir alle hier an der Uni fühlten uns an Scientology erinnert, und als darauf hingewiesen wurde, verschwand das Ganze wieder in der Versenkung. Weiß jemand, was daraus geworden ist?
__________________
Th. Ickler


eingetragen von Norbert Schäbler am 01.10.2001 um 11.22

(ein Nachtrag zu Professor Icklers Gedanken vom 01.10.01)

"Autonome Pädagogen und Deutschlehrer" - ein guter Gedanke, mit dem man sich anfreunden könnte und sollte, zum Wohle aller am Unterricht Beteiligten und auch zum Wohle des beherrschten und beherrschbaren Lehrstoffes.
Längst wären sie fällig, die gewachsenen und wachsenden Autoritäten in der Schule.
Oder sagt man dazu besser: "in den heiligen Hallen der Kultusminister"?

Es sind so viele verteufelte Widersprüche, so viele Hürden auf dem Weg zur Autonomie, und es ist ein Hohn, wenn Pädagogen das oberste Lernziel, "Mündigkeit" verwirklichen" sollen, gleichzeitig aber in Abhängigkeit gehalten werden und sich zudem eigene Fesseln anlegen.

Erinnert sei in diesem Zusammenhang an den Entwurf eines Rahmenleitbilds für den öffentlichen Dienst des Freistaates Bayern, vom 11.12.1996 (Zeichen III/9-S 4200-8/193 093). Seinerzeit wurden Parolen von der heilen Welt formuliert, neue Wege proklamiert und an die Lehrer appelliert, ihr "Selbstverständnis" zu überprüfen, doch parallel dazu erstickte man mit der Verwirklichung der Rechtschreibreform (ab 31. Juli 1996) rigoros jedes keimende Saatgut.

Der Rechtschreibreformerlaß war ein beschämendes Kapitel der Ministerialbürokratie, ein solch transparentes Beispiel von der Unmündigkeit der Lehrer, daß man als degradierte Person und "Leerkörper" vor Scham im Boden versinken könnte.

Es ist gar nicht daran zu denken, daß sich Lehrer aus dieser Abhängigkeit befreien und ebensowenig ist daran zu denken, daß die Verwaltung den Weg freigibt für die Entwicklung einer Basisdemokratie. Die sogenannte Leitbilddiskussion war doch nicht einmal das Papier wert, auf dem sie geschrieben stand.

Wo aber soll die "Befreiung" herkommen? Das kann doch in dieser verfahrenen Situation ausschließlich durch die Hochschulen geschehen - dort, wo die Lehrerausbildung erfolgt.
Was aber macht man denn dort, lieber Professor Ickler?



__________________
nos


eingetragen von Theodor Ickler am 01.10.2001 um 11.01

"Wenn man einer Sprachgemeinschaft grundsätzlich das Recht zubilligt, ihre Rechtschreibregeln verändern zu dürfen, dann muss es eine Instanz geben, die diese Regeln festlegt (mindestens für den Schulgebrauch). Das kann natürlich auch eine private Institution (z. B. Duden) sein. Aber wo ist der Unterschied, ob neue Rechtschreibregeln vom Staat oder
von einem Wörterbuchverlag verordnet werden ? Die Wörterbuchverlage haben anscheinend ja auch so schon kräftig daran mitgewirkt."

Wie schon Saussure feststellte, ändert sich die Sprache ständig, aber niemand kann sie ändern.
Die "Sprachgemeinschaft" ist kein handlungsfähiges Subjekt. Es ist der alte Denkfehler einer Richtung, die sich ja auch nicht vorstellen kann, daß Marktwirtschaft funktioniert. "Irgend jemand muß die Preise doch festlegen." Usw.
Niemand muß die Regeln festlegen, die ja nur Beschreibungen sein sollen. Wer legt denn die Bedeutungen und den Gebrauch des Dativs fest?

Übrigens brauchen wir keine Sprachbeobachtungsstellen, denn wir haben sie schon. Die Entwicklung der Sprache wird von der Germanistik, mag man auch sonst keine hohe Meinung von ihr haben, durchaus beobachtet.
__________________
Th. Ickler


eingetragen von uwe am 01.10.2001 um 10.06

Förster an die Macht!


eingetragen von Thomas Paulwitz am 01.10.2001 um 10.02

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von uwe
Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Thomas Paulwitz
Lieber Uwe, Du denkst zu kurzfristig. Wie ein Politiker. Der Sprachgebrauch verändert sich gemächlich. Schau einmal einem Baum beim Wachsen zu!

Der Vergleich ist nicht schlecht. Auch ein Baum muss hin und wieder mal ausgedünnt werden, um überflüssiges Ast-(Regel-)werk zu entfernen.

Uwe


Wenn nur die Rechtschreibreformer Förster wären! Stattdessen stecken sie tote Äste aus Plastik auf die deutsche Spracheiche.


eingetragen von uwe am 01.10.2001 um 09.58

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Thomas Paulwitz
Lieber Uwe, Du denkst zu kurzfristig. Wie ein Politiker. Der Sprachgebrauch verändert sich gemächlich. Schau einmal einem Baum beim Wachsen zu!

Der Vergleich ist nicht schlecht. Auch ein Baum muss hin und wieder mal ausgedünnt werden, um überflüssiges Ast-(Regel-)werk zu entfernen.

Uwe


eingetragen von Thomas Paulwitz am 01.10.2001 um 09.57

Auf http://www.deutsche-sprachwelt.de hat übrigens ein Politiker den Vorschlag gemacht, Sprachbeobachtungsstellen einzurichten.


eingetragen von Thomas Paulwitz am 01.10.2001 um 09.55

Lieber Uwe, Du denkst zu kurzfristig. Wie ein Politiker. Der Sprachgebrauch verändert sich gemächlich. Schau einmal einem Baum beim Wachsen zu!


eingetragen von uwe am 01.10.2001 um 09.52

die Sprachgemeinschaft würde mehrheitlich die ß-Schreibung oder die Substantivgroßschreibung als Missstand und als veränderungsbedürftig ansehen. Wer hat dann das Recht, die Rechtschreibregeln zu veändern ? Kann der Duden in seiner xx. Auflage einfach eine neue Schreibweise einführen, während andere Wörterbücher bei der alten Rechtschreibung bleiben ? Wer legt fest, was an Schulen unterrichtet wird ? Lernt ein Schüler an der Schule x die ß-Schreibung und an der Schule y die ss-Schreibung und an der Schule z eine Mischung aus beidem ? Irgendwie kann das nicht funktionieren ?

Wenn man einer Sprachgemeinschaft grundsätzlich das Recht zubilligt, ihre Rechtschreibregeln verändern zu dürfen, dann muss es eine Instanz geben, die diese Regeln festlegt (mindestens für den Schulgebrauch). Das kann natürlich auch eine private Institution (z. B. Duden) sein. Aber wo ist der Unterschied, ob neue Rechtschreibregeln vom Staat oder von einem Wörterbuchverlag verordnet werden ? Die Wörterbuchverlage haben anscheinend ja auch so schon kräftig daran mitgewirkt.

UWE


eingetragen von Thomas Paulwitz am 01.10.2001 um 09.50

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Theodor Ickler
Wenn ein wirklicher Bedarf besteht, wird er gedeckt, auch und gerade ohne den Staat.

So eine Feststellung stellt - sofern sie Allgemeingültigkeit beansprucht - zum Beispiel den Sozialstaat in Frage. Aber die Entwicklung geht ja im Zug der Zeit auch (noch) in diese Richtung: z.B. Kürzung der Rente ohne Senkung der Rentenbeiträge; der dadurch entstehende Bedarf soll durch private Versicherungen gedeckt werden. Diese haben an oberster Stelle nicht das Gemeinwohl, sondern den möglichst hohen Gewinn im Sinn.

Vergleiche mit der Liberalisierung (Kapitalisierung) der deutschen Sprache drängen sich auf (die deutsche Sprache wird Großverlagen und Großmedien anvertraut).


eingetragen von Thomas Paulwitz am 01.10.2001 um 09.39

Ist die RSR eine Modeerscheinung, wie andere zuvor versuchte Einflußnahmen (z.B. Kleinschreibung)? Ich glaube eher nicht. Eher hat die RSR mit der Krise der Demokratie zu tun. Deswegen hält sie sich länger als Modeerscheinungen.


eingetragen von Theodor Ickler am 01.10.2001 um 07.38

Das ist offensichtlich nicht richtig. Gewaltsame Änderungen gegen den Willen der Bevölkerung bedürfen natürlich der Gewalt, und das geht am schnellsten duch die Staatsmacht. In der Vergangenheit sind aber alle wesentlichen Züge der Orthographie ohne Staatseinwirkung zustande gekommen, zum Beispiel die Substantivgroßschreibung, mit der sich noch Grimm nicht anfreunden wollte. Ebenso die Fremdworteindeutschung, der Schwund des th in deutschen Wörtern (wie Duden schon 1876 feststellte), die Wiederkleinschreibung der substantivierten Adjektive ("im allgemeinen").
Vor dreißig Jahren war es schick, die Substantive klein zu schreiben. Eine Germanistenzeitschrift tat das sowieso, aber nun kamen die GEW und andere Linke dazu. Wo sind sie geblieben? Niemand hindert sie, die mit geradezu religiöser Inbrunst propagierte Kleinschreibung, die damals als gesellschaftsverändernde Aktion angesehen wurde, weiterhin zu üben, aber sie haben es wieder aufgegeben und verehren nun sogar die vermehrte Großschreibung. Manche trauern noch heute, weil das dumme Pöbelvolk den Weg zum Rechtschreibglück nicht mitgehen wollte.
Wenn ein wirklicher Bedarf besteht, wird er gedeckt, auch und gerade ohne den Staat. Aber die bisherige Rechtschreibung war und ist gut, bloß ihre Darstellung im Duden war mängelbehaftet und unnötig kompliziert. Darum weg mit dem Duden und her mit der bewährten Rechtschreibung!
__________________
Th. Ickler


eingetragen von uwe am 01.10.2001 um 07.03

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Theodor Ickler
Sowohl der Bundestag als auch - auf eine allerdings ziemlich unbeholfene Art - die Bundesverfassungsrichter haben eigentlich sagen wollen, daß Sprache in den vorstaatlichen Bereich gehört, etwa wie die menschlichen Sitten und Umgangsformen.

Was Sprache anbelangt, ist das sicher zutreffend. Dann verbietet sich aber auch ein Sprachschutzgesetz.

Was Rechtschreibregeln anbelangt, würde ich das etwas differenzierter betrachten. Die Fortschreibung und Anpassung von Rechtschreibregeln an den Sprach-/Schreibgebrauch kann sicherlich außerhalb jeglicher staatlicher Regelung von Wörterbuchverlagen vollzogen werden. Grundlegende Änderungen von Rechtschreibregeln (z. B. ss statt ß) - wenn man sie denn will - bedürfen jedoch staatlicher Normen.

UWE


eingetragen von uwe am 01.10.2001 um 06.34

Lieber Christian Melsa,

deine Fragen beantwortest du im Grunde genommen selbst:

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Christian Melsa
Die totale Demokratie ist zwar eine Utopie, da das Volk die Summe vieler Individuen ist, deren Willen sich natürlich niemals voll decken können, daher muß die bestmögliche Lösung gefunden werden, eine demokratische Ordnung zu realisieren.

Ich finde, wir haben die bestmögliche Lösung, um eine demokratische Ordnung zu realisieren.

Es werden viele (ich finde zu viele) Gesetze erlassen. Hinzu kommt ein untergesetzliches Regelwerk (Verordnungen, Erlasse etc.), das kein Mensch mehr überblicken kann. In allen Fällen das Volk entscheiden zu lassen, wäre unmöglich. Wir wären von morgens bis abends mit der Teilnahme an Volksentscheiden beschäftigt. Daher ist es doch sinnvoll, die Regelungsgewalt gewählten Volksvertretern zu überlassen. Da auch diese damit überfordert wären, alle staatlichen Entscheidungen selbst zu treffen, gibt es eine Regierung (bestehend aus Ministern), die staatliche Regelungen vollzieht und in bestimmten Grenzen selbst staatliche Regelungen (Verordnungen etc.) trifft.

Wenn nun ein Kultusministerium einen Erlass herausgibt ist der demokratisch legitimierte Minister dafür verantwortlich, egal welcher seiner Beamten diesen Erlass verzapft hat. Daher kann es überhaupt keine Zweifel daran geben, dass der Erlass zur Einführung der RSR demokratisch legitim ist. Die Kultusministerkonferenz selbst hat keine Rechtschreibreform erlassen. Es ist aber sinnvoll, dass sich die Kultusminister der Länder auf eine gemeinsame Vorgehensweise geeinigt haben.

Nun, ich will das nicht weiter fortführen, da ein eingefleischter Reformgegner sich in dieser Hinsicht wohl nicht überzeugen lässt.

Zugeben muss ich allerdings, dass dies eine sehr formale Betrachtung ist. Natürlich müssen gewählte Volksvertreter und auch Minister bestrebt sein, die Mehrheitmeinung der Bevölkerung umzusetzen, schon um ihrer eigenen Wiederwahl willen. Andererseits werden regelmäßig auch unpopuläre Entscheidungen (z. B. Steuererhöhungen) getroffen, die gewiss nicht dem Mehrheitswillen der Bevölkerung entsprehen.

Also, man kann über den Sinn oder Unsinn einer Rechtschreibreform streiten, aber man sollte nicht die Legitimation des Staates anzweifeln, per Erlass, Rechtschreibregeln für den Schulbetrieb zu normieren.

UWE





eingetragen von Theodor Ickler am 01.10.2001 um 02.47

Sowohl der Bundestag als auch - auf eine allerdings ziemlich unbeholfene Art - die Bundesverfassungsrichter haben eigentlich sagen wollen, daß Sprache in den vorstaatlichen Bereich gehört, etwa wie die menschlichen Sitten und Umgangsformen. In Karlsruhe hat man sich dann freilich noch eine fehlerhafte Ansicht von Normen und "korrekturbedürftigen Fehlentwicklungen" aufschwätzen lassen, aber darauf will ich nicht nochmal eingehen.
Es gab mal eine radikal-"demokratische" Zeit, als junge Leute überhaupt keinen Bereich mehr anerkennen wollten, der von Mehrheitsbeschlüssen ausgenommen sein könnte. Wenn die Mehrheit beschließt, daß wir uns durch Zupfen am linken Ohrläppchen begrüßen und mit den Fingern essen sollen, dann hat das zu geschehen, denn die Mehrheit will es so.
Das war die Zeit, als die Unterscheidung von Staat und Gesellschaft nichts mehr galt. Ich denke, das ist heute nicht mehr auf der Tagesordnung.

Im übrigen, lieber Herr Paulwitz, glaube ich mit meinem Verfahren schon auf der Linie des Bundestagsbeschlusses zu liegen, obwohl ich darauf eigentlich keinen Wert lege. Es ging damals ja um einen Appell an die Bundesregierung bzgl. der deutschen Amtssprache. Aber es ist doch unverkennbar, daß der Bundestag sich im großen und ganzen jener liberalen Linie anschloß, die den Staat hier heraushalten und seine Zuständigkeit auf das Unterrichtswesen beschränken möchte.
__________________
Th. Ickler


eingetragen von Christian Melsa am 30.09.2001 um 19.38

Uwe, Du schreibst: "Die Regierung (also auch der einzelne Minister) wird vom Parlament gewählt und ist somit ebenfalls demokratisch legitimiert, um Angelegenheiten im Namen des Volkes zu regeln. Ein Erlass zur Einführung neuer Rechtschreibregeln an Schulen kann hiervon nicht ausgenommen sein." Meine Antwort lautet: Doch! Warum, das werde ich jetzt noch einmal haargenau begründen.

Du gibst zwar kund, nicht mehr weiter aufs Stichwort Demokratie eingehen zu wollen, aber da Du selber in dem betreffenden Beitrag genau dieses Thema ansprichst, wirst Du nicht umhin kommen, dennoch zu akzeptieren, wenn ich darauf eingehe. Es sei denn, Du weigerst Dich einfach, an dieser Stelle folgerichtig weiterzudenken und gibst Dich damit zufrieden, daher mit billigen Ausweichmanövern zu operieren. Mir scheint auch immer wieder, Dir sind einige für die Beurteilung sehr wichtige Tatsachen entweder nicht bekannt oder nicht bewußt. Daher mein Aufklärungsbedürfnis.

Noch einmal schnell vorausgeschickt: Wie bereits erwähnt, ist die Staatsmacht in diesem Land kraft Verfassung das Volk. Und zwar das gesamte Volk, nicht etwa "die Politiker" o.ä. Um zu handeln, müssen Entscheidungen getroffen werden. Das wird durch die Volksvertreter organisiert, die im Parlament erörtern, was anliegt, und dann per Mehrheitsbeschluß Handlungsanweisungen installieren. Das ist im normalen Betrieb praktikabler (weil weniger umständlich), als jedesmal das ganze Volk direkt entscheiden zu lassen.

Demokratisch legitime Entscheidungen können nur solche sein, deren Inhalt den Willen des Volkes repräsentiert. Ganz klar, sonst würde es sich um keine Demokratie handeln. Eine Binsenweisheit. Kann bei den für die Rechtschreibreform Verantwortlichen eine hinreichende Repräsentativität, allein von ihrer Position innerhalb der gegebenen Entscheidungsfindungsstruktur her, als auch nur annähernd gesichert gelten? Werfen wir einmal einen Blick darauf, durch wieviele Schichten (grob zusammengefaßt) der Volkswille dringen müßte, um dort anzukommen:


1. Der einzelne Bürger hat normalerweise alle 4 Jahre (pro Parlament) die Wahl. Er kann bei diesem Akt allerdings nicht seinen tatsächlichen Willen differenziert artikulieren, sondern muß sich für eine seinen Wünschen möglichst nahe Partei entscheiden. Sehr wahrscheinlich existiert eine Partei, die seinen Vorstellungen genau entspricht, jedoch überhaupt nicht. Einer Partei (bzw. bei der Bundestagswahl ihrem Ortskandidaten) kann er nur entweder 100% oder 0% seiner Stimme geben. Ob die von ihr im Wahlkampf angekündigten Maßnahmen in die Tat umgesetzt werden, dafür gibt es nicht die geringste Garantie.

2. Nach der Wahl muß im Parlament eine Regierung gebildet werden. Koalitionsverträge werden abgeschlossen, bei denen der Bürger gar nicht mehr erst gefragt wird. Er hat ja auch keine Möglichkeit, per Stimmzettel seinen Koalitionswunsch zum Ausdruck zu bringen. Aus den Koalitionen ergeben sich neue Kompromisse: Was noch im Wahlkampf dem Bürger als Grundlage für seine Stimmentscheidung diente, kann auf einmal völlig in den Hintergrund gedrängt, weil bei den Koalitionsverhandlungen aufgegeben bzw. stark zurückgeschraubt worden sein. Ein Kabinett entsteht. Sofern es sich um eine Landtagswahl handelte, bestimmt der Wahlausgang auch die Besetzung des Kultusministerpostens.

3. Schulwesen ist Ländersache, die Kultusminister sind vom Bund unabhängig. Zur bundesweiten Koordination wurde nichtsdestotrotz die Kultusministerkonferenz geschaffen, keine ordentliche Behörde, sondern formal gesehen nicht mehr als ein Verein. Hier werden Maßnahmen erarbeitet, die der Zustimmung aller Kultusminister der Bundesrepublik bedürfen, um als beschlossen und damit auch ebenso für alle Kultusminister bindend zu gelten. Das Einstimmigkeitsprinzip ist natürlich nicht gerade der Flexibilität zuträglich. Im Ergebnis ist es zudem eigentlich grundgesetzwidrig.

4. Wie das auch bei anderen Ministern der Fall ist, befassen sich natürlich auch die Kultusminister nicht persönlich mit jeder Einzelheit jeder Angelegenheit, über die sie entscheiden. Allein schon deswegen, weil sie schwerlich in allen Sachgebieten die erforderliche Kompetenz werden aufweisen können (fürs Ministeramt gibt es keine festgeschriebenen Ausbildungsanforderungen!). Sie müssen für die Bewertung zu einem großen Teil den zuständigen Beamten ihres Ministeriums vertrauen. Diese Beamten sind allerdings in keinster Weise vom Volk gewählt, sie sind dem Volk normalerweise nicht einmal überhaupt bekannt.

5. Die Ministerialbeamten delegieren oft ihrerseits die Untersuchung der Angelegenheiten an passende Institute. Auf wen die Wahl dabei fällt, ist letztendlich ihrer Willkür unterworfen.

6. Im Falle der Rechtschreibreform ging die Initiative zur Forderung der Maßnahme sogar im wesentlichen von genau denjenigen aus, die schließlich auch mit ihrer Erarbeitung beauftragt wurden. Der Auftrag dazu kam nicht unerwartet, sondern man hat ihn sich "geholt".


Mit jeder dieser 6 Stufen geht mehr vom eigentlichen Staatsbürgerwillen verloren, bis am Ende nicht nur gar nichts mehr davon übrig ist, sondern sogar etwas völlig Gegenteiliges herauskommen kann. Was die Rechtschreibreform betrifft, könnte man sogar noch eine 7. und 8. Stufe hinzufügen, in der es um Kompromisse der Reformer untereinander sowie um jene zwischen ihnen und wiederum den Ministerialbeamten geht. Zum Abschluß darf man dann noch darüber nachdenken, inwieweit die Rechtschreibreform tatsächlich korrekt und erfolgreich an den Schulen unterrichtet wird (wenn sogar viele Deutschlehrer das echte Regelwerk kaum kennen und allein schon angesichts der ziemlich konfusen Umsetzung in den Wörterbüchern) und daß viele Reformbereiche wegen der abweichenden Pressorthographien (die ebenfalls eingeführt wurden, ohne nach dem Willen der Leser zu fragen) nicht die geringste Aussicht auf Erfolg haben. Die ganze Verfahrenshierarchie enthält derartig viele Verzerrer, daß das Ergebnis schließlich alles mögliche ist, nur nicht der mehrheitliche Bürgerwille. Die Rechtschreibreform ist ein Krebsgeschwür unseres Gesellschaftssystems.

Und man sollte bei dieser Betrachtung vielleicht noch erneut darauf aufmerksam machen, daß die wichtigste Entscheidungsinstanz in der deutschen Kultuspolitik, die KMK (s. Stufe 3), demokratischer Kontrolle bereits so gut wie völlig entzogen ist. Sie gehört genaugenommen ja nicht einmal richtig zum Staat, befindet sich irgendwo unangreifbar im Niemandsland.

Die Kultusministerien ziehen sich aus der Verantwortung, indem jedem Protest gegen die Reform mit der Aufforderung begegnet wird, sich doch bitte an die nunmehr zuständige Rechtschreibkommission in Mannheim zu wenden. Auf die mehr als dürftige Volksnähe dieser Kommission ist ja Herr Ickler gerade erst wieder eingegangen.

Die totale Demokratie ist zwar eine Utopie, da das Volk die Summe vieler Individuen ist, deren Willen sich natürlich niemals voll decken können, daher muß die bestmögliche Lösung gefunden werden, eine demokratische Ordnung zu realisieren. Daß Vorgänge wie die Rechtschreibreform jedoch dem absoluten demokratischen Ideal nicht entsprechen, liegt nicht an den Zugeständnissen, die man an die Realität machen muß, sondern schlicht und einfach daran, daß die Reformakteure in der entscheidenden Phase jeder Demokratie aus dem Wege gingen, die Demokratie gezielt unterlaufen wurde.

Nun, Uwe, man sollte also nicht gerade ganz selbstverständlich davon ausgehen, daß der demokratische Charakter von Erlässen durch die Struktur des Staates in jedem Fall gewahrt ist. Zur Rechtschreibreform gibt es unzählige Belege dafür, daß diese von einer großen Mehrheit des Volkes abgelehnt wird. Hinzu kommt der von Herrn Ickler vorhin noch einmal erwähnte Bundestagsbeschluß. Sofern Du also Entscheidungen von Parlamenten für demokratisch respektierbar hältst, kannst Du unmöglich gleichzeitig die Einführungsweise der Rechtschreibreform befürworten - die ja von keinem einzigen Parlament beschlossen wurde. Wir haben es hier auf ganzer Linie mit einer totalen Umkehrung der Gewaltenschichtung zu tun: Der Schwanz wedelt mit dem Hund.


eingetragen von Thomas Paulwitz am 30.09.2001 um 18.26

"Der Staat ist darauf beschränkt, Verfahren zur Feststellung der tatsächlich verwendeten Sprache festzulegen." Der Bundestag sieht offensichtlich einen Bedarf zur Normierung. Wie kommt er darauf? Wie stellt er sich das vor? Wie soll so ein Verfahren aussehen?

Bisher kenne ich nur das Dudensische und das Icklerische Verfahren. Sowohl Duden als auch Ickler müssen wohl ihre Gründe haben, warum sie ein bestimmtes Verfahren gewählt haben, um die tatsächlich verwendete Sprache zu ermitteln. Sie haben sich nicht um den Beschluß des Bundestages geschert.

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Theodor Ickler
Der Bedarf kann auch ein eingebildeter und eingeredeter sein, und irgendwer profitiert ja auch davon. Augst hat das selbst mal nachgezeichnet (wie der Duden amtlich wurde). Man sollte es mal ohne solche staatliche Einmischung versuchen. Daß Lehrer sich nicht zutrauen, aus ihrer eigenen Kompetenz - wozu bilden wir sie denn jahrelang aus? - zu entscheiden, was bessere und schlechtere Schreibweisen sind, das ist ein Armutszeugnis. Aber ich stelle immer wieder fest, daß die erlernte Hilflosigkeit es bei Lehrern wirklich so weit gebracht hat; sie können sich gar nicht vorstellen, daß es auch ohne staatlich approbiertes Regelwerk und Wörterbuch gehen könnte. Wer viel liest, hat doch eine gewisse Übersicht, und wenn er sie mal nicht hat, kann er in einem Wörterbuch nachschlagen, das sie hat (zum Beispiel in meinem). Wo ist denn da ein Bedarf an staatlicher Hilfe?


eingetragen von Theodor Ickler am 30.09.2001 um 18.09

Der Bedarf kann auch ein eingebildeter und eingeredeter sein, und irgendwer profitiert ja auch davon. Augst hat das selbst mal nachgezeichnet (wie der Duden amtlich wurde). Man sollte es mal ohne solche staatliche Einmischung versuchen. Daß Lehrer sich nicht zutrauen, aus ihrer eigenen Kompetenz - wozu bilden wir sie denn jahrelang aus? - zu entscheiden, was bessere und schlechtere Schreibweisen sind, das ist ein Armutszeugnis. Aber ich stelle immer wieder fest, daß die erlernte Hilflosigkeit es bei Lehrern wirklich so weit gebracht hat; sie können sich gar nicht vorstellen, daß es auch ohne staatlich approbiertes Regelwerk und Wörterbuch gehen könnte. Wer viel liest, hat doch eine gewisse Übersicht, und wenn er sie mal nicht hat, kann er in einem Wörterbuch nachschlagen, das sie hat (zum Beispiel in meinem). Wo ist denn da ein Bedarf an staatlicher Hilfe?
__________________
Th. Ickler


eingetragen von Thomas Paulwitz am 30.09.2001 um 16.11

Die ersehnte Norm könnte zum Beispiel vorschreiben, daß eine Kommission (z.B. Dudenredaktion) nicht im geschlossenen Kämmerlein zu arbeiten habe.


eingetragen von Thomas Paulwitz am 30.09.2001 um 16.09

Offensichtlich besteht doch ein gewisser Bedarf für Normierung; vielleicht nicht gerade in dem Sinne der "Reformer". - Im Gegenteil, das wäre eher gegen deren Interesse; denn aufgrund dieser "Normierungslücke" ist den Rechtschreibreformern erst ihr Handeln möglich geworden.

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Theodor Ickler
Ich nehme an, daß der Bundestag damals das bisherige Verfahren im Auge hatte, die herkömmliche Rechtschreibung (1901/1902 dargestellt, aber nicht geschaffen) zugrunde zu legen und für Zweifelsfälle die Beobachtung des Sprachgebrauchs an die Dudenredaktion zu delegieren. Mir selbst geht das immer noch zu weit. Ich würde den Rechtschreibunterricht den Deutschlehrern und sonstigen fähigen Erwachsenen überlassen, genau wie den übrigen Sprachgebrauch. Und natürlich dem edlen Wettstreit der Wörterbücher usw.


eingetragen von Theodor Ickler am 30.09.2001 um 15.36

Irgendwann wurde von Reformerseite mal behauptet, es sei ein Vorzug der Reform, daß Rechtschreibung nun nicht mehr in Hinterzimmern eines privaten Unternehmens, sondern von einer Kommission geregelt werde, die der Öffentlichkeit Rechenschaft schuldig sei. - Weiß jemand noch, wo das steht?

Mir fällt diese Behauptung immer wieder ein, weil ja das Allererstaunlichste ist, daß die Kommission seit Jahren auf Tauchstation ist, keinerlei Rechenschaft gibt und kein Jota am amtlichen Regelwerk geändert hat/ändern durfte. Die versprochene Offenheit und Öffentlichkeit findet nicht statt.

Also jetzt fällt es mir gerade wieder ein: Als Zimmer seinen freundschaftlichen Artikel über das IDS in der ZEIT (Nr. 46, 1996) veröffentlichte, zitierte er unseren alten Freund Heller:

Heller: "Mir selber paßt an der Reform auch das eine oder andere nicht. Aber es hilft ja nichts. Wenn sich so viele Wissenschaftler und Behörden zusammenraufen müssen, geht es nicht ohne Kompromisse. Besser, als einen Privatverlag stillschweigend Einzelfallentscheidungen treffen zu lassen, ist es allemal, wenn von jetzt an eine der Öffentlichkeit Rechenschaft schuldende Expertengruppe systematische Lösungen sucht."

Ist das nicht köstlich - wenn man die ganze Geschichte seither überblickt? "eine der Öffentlichkeit Rechenschaft schuldende Expertengruppe"!
Warum werden denn nicht einmal die Berichte der Kommisison ins Internet gestellt? Warum erfahren nur Bertelsmann und Duden, die Hausverlage einzelner Kommissionsmitglieder, von den beschlossenen Korrekturen und von der Trennliste?
__________________
Th. Ickler


eingetragen von Theodor Ickler am 30.09.2001 um 15.24

Ich nehme an, daß der Bundestag damals das bisherige Verfahren im Auge hatte, die herkömmliche Rechtschreibung (1901/1902 dargestellt, aber nicht geschaffen) zugrunde zu legen und für Zweifelsfälle die Beobachtung des Sprachgebrauchs an die Dudenredaktion zu delegieren. Mir selbst geht das immer noch zu weit. Ich würde den Rechtschreibunterricht den Deutschlehrern und sonstigen fähigen Erwachsenen überlassen, genau wie den übrigen Sprachgebrauch. Und natürlich dem edlen Wettstreit der Wörterbücher usw.
__________________
Th. Ickler


eingetragen von Thomas Paulwitz am 30.09.2001 um 15.16

Welche staatlich anerkannten Verfahren gibt es eigentlich?

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Theodor Ickler
"Der Staat ist darauf beschränkt, Verfahren zur Feststellung der tatsächlich verwendeten Sprache festzulegen."
(Beschluß vom 26.3.1998)


eingetragen von Theodor Ickler am 30.09.2001 um 15.08

"Der Deutsche Bundestag ist der Überzeugung, daß sich die Sprache im Gebrauch durch die Bürgerinnen und Bürger, die täglich mit ihr und durch sie leben, ständig und behutsam, organisch und schließlich durch gemeinsame Übereinkunft weiterentwickelt. Mit einem Wort: Die Sprache gehört dem Volk. (...) Der Staat ist darauf beschränkt, Verfahren zur Feststellung der tatsächlich verwendeten Sprache festzulegen."

(Beschluß vom 26.3.1998)
__________________
Th. Ickler


eingetragen von Thomas Paulwitz am 30.09.2001 um 15.00

Lieber Uwe, mit der Sprache ist es etwas schwieriger. Wenn der Staatsregierung keine Grenzen (zum Beispiel durch das Staatsvolk) bei der Normierung der Sprache gesetzt werden, dann besteht die Gefahr, daß die Meinungsfreiheit zuungunsten des Staatsvolkes eingeschränkt wird. Außerdem hemmt eine zu starke staatliche Normierung die Entwicklungsfähigkeit der Staatsprache, so daß unterschiedliche Sprech- und Schreibweisen entstehen können; offizielle (darf man sagen) und inoffizielle (darf man nicht sagen).


eingetragen von uwe am 30.09.2001 um 14.19

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Thomas Paulwitz
Jetzt sag bloß noch, Uwe, die Kultusministerkonferenz bildete die deutsche Sprachgemeinschaft.

Nein, aber nach meinem demokratischen Verständnis sind die aus demokratischen Wahlen hervorgegangenen Parlamente (Bundestag, Landtag etc.) berechtigt, Angelegenheiten der staatlichen Gemeinschaft (also auch der Sprachgemeinschaft) zu regeln. Die Regierung (also auch der einzelne Minister) wird vom Parlament gewählt und ist somit ebenfalls demokratisch legitimiert, um Angelegenheiten im Namen des Volkes zu regeln. Ein Erlass zur Einführung neuer Rechtschreibregeln an Schulen kann hiervon nicht ausgenommen sein.

UWE


eingetragen von Theodor Ickler am 30.09.2001 um 13.35

ist hier jedes Wort zuviel, aber um der vielleicht neu hinzugekommenen Besucher willen möchte ich noch einmal sagen, was schon viele Male gesagt und auch gedruckt worden ist.
Die Großschreibung der Substantive (keine besonders treffende Bezeichung) ist zum großen Teil willkürlich, konventionell. (Nicht ganz, denn wenn meine Auffassung der sinnfälligen Hervorhebung des thematischen Materials richtig ist - wie hier im Forum ausführlich dargestellt -, dann ist natürlich Auszeichnung durch Großbuchstaben sinnfälliger als durch Kleinbuchstaben, folglich gibt es eine organische (psychologische) Grundlage der GKS.)
Hat man aber einmal festgelegt, daß Substantive groß geschrieben werden, dann ist es falsch, Nicht-Substantive groß zu schreiben und damit implizit oder - wie im Regelwerk zu "leid" usw. geschehen - explizit zu behaupten, es seien Substantive. Hier sind also grammatische Fehler gemacht worden, und sie sollten ja 1997/98 auch korrigiert werden, stehen aber aus den bekannten Gründen immer noch drin, auch sprachgeschichtlich falsche Aussagen über "verblaßte Substantive" usw. Das sind genauso eindeutige Fehler wie Rechenfehler in der Mathematik.
Anders gesagt: Es geht nicht nur um Handlungsanweisungen, sondern um Tatsachenbehauptungen, und die können sehr wohl falsch sein.
"Normen" sind freilich mit dem Begriff der Rechtschreibung untrennbar verbunden. Aber es müssen keine von außen gesetzten Normen sein. Es gibt inhärente Normen (das Übliche eben), und die Rechtschreibung war in diesem Sinne bereits normiert, bevor der Staat Normen festlegte.
Das BVerfG hat die Sache mit den inhärenten Normen auch nicht verstanden, insofern befindet sich Uwe in bester (?) Gesellschaft. Es liegt auch ein bißchen daran, daß man nicht über den deutschen Tellerrand hinausschaut.
__________________
Th. Ickler


eingetragen von Thomas Paulwitz am 30.09.2001 um 13.35

Thumbs down

Jetzt sag bloß noch, Uwe, die Kultusministerkonferenz bildete die deutsche Sprachgemeinschaft.


eingetragen von uwe am 30.09.2001 um 13.33

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Norbert Schäbler
Sprache bedarf keines Normengebers, sondern beruht auf der Übereinkunft und Akzeptanz der Sprachgemeinschaft

Ach Norbert,

Sprache bedarf keiner Norm, aber die Frage des richtigen Schreibens wurde schon immer durch Regeln (=Normen) bestimmt. Was sonst unterrichtest du in der Schule (vorausgesetzt du bist Deutschlehrer)?

Die Frage ist: Dürfen diese Normen nur beschreibenden Charakter haben, also den Sprachusus wiedergeben, oder dürfen diese Normen auch verändernd sein. Warum willst du der Sprachgemeinschaft das Recht absprechen, ihre Rechtschreibregeln verändern zu dürfen ? Ich finde, die Sprachgemeinschaft hat dieses Recht. Und, da die Sprachgemeinschaft in ihrer Gesamtheit nicht handlungsfähig ist, sind demokratisch legitimierte Stellen erforderlich, die dies übernehmen. Bei uns sind das die Kultusminister der Länder (aber da wären wir wieder bei dem Thema "Demokratie und Rechtschreibreform", was ich hier nicht fortführen möchte). in jedem Fall ist aus meiner Sicht die "Regelungsgewalt" bei einer staatlichen Instanz besser aufgehoben als bei einem kommerziellen Wörterbuchverlag.

UWE


eingetragen von Thomas Paulwitz am 30.09.2001 um 13.33

Die Sprachgewohnheit ist übrigens auch eine Norm.

Dieser Norm folgt Professor Ickler.

Diese Norm mag nicht vollkommen sein; es gibt aber keine bessere.


eingetragen von Norbert Schäbler am 30.09.2001 um 11.55

Oh, Uwe,

Sprache bedarf keines Normengebers, sondern beruht auf der Übereinkunft und Akzeptanz der Sprachgemeinschaft. Die vorliegende Rechtschreibreform ist ein Eingriff in ein funktionierendes System.
Gegen den Willen der Sprachgemeinschaft und gegen die Sprachgewohnheit (Usus) hat eine nicht kompetente Behörde sich an der Neuregulierung der Sprache versucht und sämtliche demokratischen Instanzen mit der Vorgaukelung falscher Tatsachen und mit der Präsentation fehlerhafter Ergebnisse belogen und betrogen.
Das Bundesverfassungsgericht hat einige dieser Lügen in seinem Urteil von 1998 festgehalten und hat diesem Unterfangen nur einen halben Segen erteilt (nachzulesen in: "Leitsätze zum Urteil des Ersten Senats vom 14. Juli 1998"- 1 BvR 1640/97 -).

Unlauter ist Uwes Vergleich der englischen mit der deutschen Rechtschreibung. Uwe vergißt, daß jede Sprache ihren eigenen Sprachraum, ihre Eigentümlichkeiten und ihre eigene Begrifflichkeit hat.
Uwes Versuch hat zudem sehr wenig mit dem Feststellen von Gemeinsamkeiten und dem Hervorheben und Würdigen der Unterschiede zu tun - das wäre echtes Vergleichen.
Sein Vergleich zielt auf das lächerliche Unterfangen der Gleichschalterei.

__________________
nos


eingetragen von uwe am 30.09.2001 um 09.45

meine Herren.

Anders als in der Mathematik oder in Naturwissenschaften bedarf die Rechtschreibung einer Norm. Ob man nun "Sonne" groß oder klein schreibt, ergibt sich nicht aus irgendwelchen mathematischen oder naturwissenschaftlichen Ableitungen, sondern muss normiert werden. Auch für Grammatikregeln gilt nichts anderes.

Also kann man nicht per se sagen, die neuen Rechtschreibregeln seien falsch. Sie mögen gut oder schlecht sein, aber falsch können sie nicht sein. Sonst wäre die gesamte englische Rechtschreibung falsch, weil dort Substantive klein geschrieben werden.

UWE


eingetragen von Karl Eichholz am 30.09.2001 um 09.15

Geld bekommt ja auch Kinder,

Klar, daß ganz entsprechend

Zitat:
Die amtlichen Rechtschreibregeln normieren doch selbst, was richtig und was falsch ist.
eine Regel sich selbständig machen kann, und ohne uns festlegt, was Sache ist.

Ist es eigentlich sehr anstrengend, zu diesen Lichtblitzen zu gelangen? :-)

Es ist schon eine eigenartige Religion, die in den Amtsstuben zu Hause ist.

sinniert

Karl Eichholz
__________________

mit herzlichen Grüßen
Karl Eichholz


eingetragen von Theodor Ickler am 30.09.2001 um 09.07

Die Rechnung 2 x 2 = 5 wird nicht dadurch wahr, daß jemand es so anordnet. Lyssenkos Biologie ließ sich nicht in Züchtungserfolge umsetzen, obwohl es bei Lebensgefahr verboten war, daran zu zweifeln. Wortarten werden nicht durch Ministererlaß zugewiesen.
__________________
Th. Ickler


eingetragen von uwe am 30.09.2001 um 08.49

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Norbert Schäbler
Warum haben die Kultusminister diese Fehler nicht korrigieren lassen?
Es wäre doch ihre Aufgabe gewesen, dafür zu sorgen, daß in der Schule Richtiges gelehrt wird.


Die amtlichen Rechtschreibregeln normieren doch selbst, was richtig und was falsch ist. Warum wird dann in den Schulen Falsches gelehrt ?

UWE


eingetragen von Thomas Paulwitz am 27.09.2001 um 15.23

Hm. Der Klapperstorch bringt die kleinen Kinder, der Nikolaus Nüsse, Äpfel und Lebkuchen; und die Kultusminister bringen die Bildung in die Schulen. Hm.

Leider ist manches nicht mehr so, wie es sein sollte; leider, leider.

Klapperstörche verschwinden langsam (es werden auch weniger Kinder geboren); der Nikolaus arbeitet im Supermarkt; die Kultusminister ...

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Norbert Schäbler
Warum haben die Kultusminister diese Fehler nicht korrigieren lassen?
Es wäre doch ihre Aufgabe gewesen, dafür zu sorgen, daß in der Schule Richtiges gelehrt wird.


eingetragen von Norbert Schäbler am 27.09.2001 um 14.00

Die Frage heißt nicht, wie sich unterschiedliche Menschen in ein so lächerliches Schicksal wie die Rechtschreibreform fügen können (ich schäme mich übrigens in gleichem Maße für den Lehrerstand), sondern die Frage muß lauten: Warum haben die Kultusminister diese Fehler nicht korrigieren lassen?
Es wäre doch ihre Aufgabe gewesen, dafür zu sorgen, daß in der Schule Richtiges gelehrt wird.
Oder, die Frage noch anders gestellt:
Was wäre passiert, wenn die Korrektur erfolgt wäre?
Hier muß es sich doch um einen juristischen Trick gehandelt haben - und dafür mögen sich meinetwegen einige Juristen schämen.

__________________
nos


eingetragen von Theodor Ickler am 27.09.2001 um 10.38

Warum die Korrektur damals untersagt wurde, werden wir wohl nie erfahren. Wenn man die bewährte Frage stellt "Cui bono?", kommt man am ehesten auf die Verlagslobby.

Es kann auch sein, daß die Mannheimer Anhörung von vornherein nur eine Alibiveranstaltung und eine Korrektur überhaupt nicht ernsthaft beabsichtigt war. Wenn das zutrifft, haben die Mitglieder der Reformkommission es aber bestimmt nicht gewußt, denn ihre Frustration ob des Vetos war offenbar echt. Sie sind heute noch sauer deswegen, nicht zuletzt deshalb, weil sie nun für alle Zeiten als die Deppen dastehen, die elementare grammatische Schnitzer begangen haben.

Ich habe damals ein Mitglied gefragt, ob ein Ehrenmann nach dieser Brüskierung überhaupt noch in der Kommission bleiben kann. Er blieb und fühlte sich nun durch mich beleidigt, weil ich an seiner Ehre gezweifelt habe. Ist der Ruf erst ruiniert ... Als Germanist schäme ich mich für die ganze Zunft.
__________________
Th. Ickler


eingetragen von Norbert Schäbler am 27.09.2001 um 10.21

Kinder
ursprünglich eingetragen von Theodor Ickler:
"...Wahr bleibt allerdings, daß Sprache in Stafettenkontinuität weitergegeben wird, d. h. nur so weit existieren kann, wie sie lernbar bleibt. Genau dafür sorgen die Sprecher aber selbst, der Staat hat sich irrigerweise darum sorgen zu müssen geglaubt (s. Karlsruher Urteil).
An dieser Nahtstelle der Weitergabe an die nächste Generation liegt es an den Kindern, ob etwas überlebt oder sich wegmendelt.
Von Anfang an alle Brücken hinter sich abzubrechen, vollendete Tatsachen zu schaffen, die nicht mehr geändert werden können - das war von Anfang an die Absicht der Reformer. Leider ging der Schuß nach hinten los - die Überrumpelung mit der Geiselnahme an den Schülern klappte zwar, aber als die Reformer selbst nachbessern wollten, um den allzu berechtigten Einwänden zu entgehen, da wandten die Kultusminister dieselbe Logik der vollendeten Tatsachen gegen sie, und nun sitzen sie auf ihrem Machwerk und müssen es heimlich ausbessern."
__________________________________________________________________________

Man muß natürlich in diesem Zusammenhang über die tatsächliche Nahtstelle nachdenken. Das ist die Schule; das sind die Lehrer.
Die Dimension des kultusministeriellen Rechtschreiberlasses ist nur zu verstehen, wenn man die beamtenrechtliche Stellung der Lehrer erfaßt.
Lehrern wird untersagt, die altbewährte Rechtschreibung zu lehren. Es ist Dienstpflicht, die Verordnung bis auf das Jota genau umzusetzen und zwar in ihrer gesamten Fehlerhaftigkeit.
Das heißt: Die Lehrer werden gezwungen, Fehler zu unterrichten.
Das ist ein ziemlich einmaliger Vorgang in unserem Staatswesen, der so genannten Demokratie.

Nebenbei erwähnt: Jene damalige Ablehnung der Verbesserungsvoschläge der Rechtschreibreformkommission durch die Amtschefs der Kultusministerkonferenz (Februar 1998) ist ein völlig schleierhafter juristischer Vorgang, den es zu hinterfragen lohnt.
__________________
nos


eingetragen von Theodor Ickler am 27.09.2001 um 09.01

Kindliche Intuition in Ehren - ich wäre der letzte, sie geringzuschätzen, aber sie ist nicht einfach da, sondern bildet sich mit zunehmender Spracherfahrung, auch Leseroutine heraus. Maßstab für die Erwachsenenorthographie kann sie nicht sein. Wer Kinder hat und täglich mit ihnen umgeht, weiß das natürlich.
Kinder analysieren vieles auch zunächst nicht, machen sich erst allmählich Aufbau und Zusammengesetztheit der Wörter klar. Die voll entwickelte Sprache ist schließlich ein sehr ausgearbeitetes Kulturgebilde.
Wahr bleibt allerdings, daß Sprache in Stafettenkontinuität weitergegeben wird, d. h. nur so weit existieren kann, wie sie lernbar bleibt. Genau dafür sorgen die Sprecher aber selbst, der Staat hat sich irrigerweise darum sorgen zu müssen geglaubt (s. Karlsruher Urteil).
An dieser Nahtstelle der Weitergabe an die nächste Generation liegt es an den Kindern, ob etwas überlebt oder sich wegmendelt.

Von Anfang an alle Brücken hinter sich abzubrechen, vollendete Tatsachen zu schaffen, die nicht mehr geändert werden können - das war von Anfang an die Absicht der Reformer. Leider ging der Schuß nach hinten los - die Überrumpelung mit der Geiselnahme an den Schülern klappte zwar, aber als die Reformer selbst nachbessern wollten, um den allzu berechtigten Einwänden zu entgehen, da wandten die Kultusminister dieselbe Logik der vollendeten Tatsachen gegen sie, und nun sitzen sie auf ihrem Machwerk und müssen es heimlich ausbessern.
__________________
Th. Ickler


eingetragen von uwe am 27.09.2001 um 08.53

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Reinhard Markner
Zitat:
Ursprünglich eingetragen von uwe
Hat man Par-odie bislang wirklich so getrennt ? Und nicht Pa-ro-die ? Darauf wäre ich nie gekommen.
UWE


Hat hier auch niemand erwartet.


Danke, danke! Das müsste auch ein sehr einfältiger Mensch sein, der Par-odie so trennen würde.

UWE


eingetragen von Christian Melsa am 26.09.2001 um 16.15

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Elke Philburn

Anstatt also auf irgendwelche überkommenen Regeln zu bestehen, halte ich es für sinnvoller, die bei Kindern vorhandene sprachliche Intuition zu nutzen und die Trennung, wo es sich anbietet, danach zu auszurichten.


Die bei Kindern vorhandene sprachliche Intuition sollte als Basis genutzt und weiter ausgebildet werden, anstatt die gesamte Sprachgemeinschaft auf frühes Grundschulniveau zu zwingen. Die Schule ist doch zum Lernen da. Wozu sonst? Natürlich nicht zum überflüssigen Pseudolernen allein um des Lernens willen (wofür die neue GZS eine perfekte Grundlage ist). Aber daß eine differenziertere Worttrennung ihre guten Gründe hat, ist hier ja in den letzten Beiträgen schon ausführlich dargelegt worden. Durch eine Motivation zu geradezu antimorphologischen Trennungen wird eine weitere Ausbildung der Sprachkompetenz doch eher vereitelt als gefördert. Das gilt natürlich ebenso für all die ungrammatischen sowie die Semantik, Sprachgeschichte und korrekte Wortbildung mißachtenden Teile der Reform.

Zu ihrem jüngeren Beitrag, in dem Sie vorschlagen, beide Rechtschreibungen in der Schule parallel zu behandeln: Das würde ich sehr begrüßen. Dies wäre von vornherein die einzig faire Art und Weise gewesen, an der Schule damit umzugehen. Die neue Rechtschreibung hätte sich so auf ganz natürliche Weise in lauterer Konkurrenz durchsetzen können. Ist ihr Konzept von sich aus überzeugend, so kann sie auch von sich aus, ohne Zwangsmaßnahmen, eine Anhängerschaft gewinnen. Schüler müßten bei Arbeiten angeben, ob sie nach der normalen Rechtschreibung oder gemäß dem Reformvorschlag korrigiert werden wollen (statt der derzeitigen Praxis, die auf einen statistischen Trick hinausläuft, mit dem die Kultusminister irreführend von sinkenden Fehlerzahlen reden können). So hätte zumindest eine erste Phase der Erprobung aussehen müssen, in der man aus Dialog mit den freiwilligen Nutzern herausfindet, wie brauchbar die Reformvorschläge wirklich sind. In der Realität geben die Kultusminister sogar tatsächlich inzwischen vor, die eigentlich als Übergangszeitraum vorgesehene Frist sei eine "Erprobungsphase", an deren Ende, im Jahre 2005, die Spreu vom Weizen getrennt würde. Schade nur, daß in diesem Zeitraum ALLEIN die reformierte Rechtschreibung an den Schulen unterrichtet werden DARF! So werden alle Schüler ungefragt zu Versuchskaninchen, die später die Folgen einer unbedachten, dafür aber um so dickköpfigeren Politik werden ausbaden müssen. Auf die genervten Zeitungsleser will ich hier mal gar nicht näher eingehen. Daß es nicht bei der aktuell unterrichteten Reformrechtschreibung bleiben wird, ist doch schon sonnenklar, wenn sogar die Reformer selbst massiven Korrekturbedarf sehen; die Kultusminister deuten mit den erwähnten Hinweisen auf bevorstehende Entwicklungen ebenfalls darauf hin.

Trotzdem könnte man eine andere Verfahrensweise an den Schulen, wie Sie sie vorschlagen, ja noch verspätet umsetzen. Natürlich würde das, wie Sie ebenfalls erwähnen, auf größeren Aufwand im Deutschunterricht hinauslaufen, da man nun gleich zwei Rechtschreibversionen zu vermitteln hätte und auch noch auf die feinen Unterschiede gesondert eingehen müßte, um Verwechslungsgefahren zu vermeiden. Merken Sie was? Den ganzen Ärger hätte man sich sparen können, hätte man das "Reform"-Projekt gar nicht erst krampfhaft verwirklicht. Man kann noch nicht einmal fordern, daß die Schulkinder nun deswegen von jedem Schriftstück in alter Rechtschreibung isoliert werden sollten, damit sie bloß nicht Verwirrung anheimfallen, denn das ist völlig illusorisch. Allein der Versuch wäre bildungspolitisch absurder als alles bisher Dagewesene. Die Verwirrung zu beseitigen, hieße, die Reform zurückzuziehen, denn diese Verwirrung kam durch die Reform. Vorher war sie nicht da. Wenn dann erst die Zeitungen und Zeitschriften mit hochrotem Kopf zur orthographischen Vernunft zurückkehren, dann haben wir eine größere Vereinfachung des Rechtschreiblernens, als jede andere Maßnahme es erzielen könnte.

Leider sagen sich nun einige nach 5 Jahren (seit erster Einführung in der Grundschule) bzw. gerade erst 2 Jahren (in der Presse):"Bei der neuen Rechtschreibung bleiben wir jetzt, die läuft doch jetzt schon so lange, zur Rückkehr ist es längst zu spät." Ist es nicht verrückt, daß man in einer sogenannten Demokratie es nicht für selbstverständlich hält, auf eine ca. Dreiviertelmehrheit zu hören, die mit einer Rechtschreibung zufrieden ist, die seit nun 100 Jahren besteht und immer noch lebendig ist, inklusive der unzähligen Texte, die darin gedruckt wurden und so oder so weiterbestehen werden?


eingetragen von Reinhard Markner am 26.09.2001 um 15.09

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von uwe
Hat man Par-odie bislang wirklich so getrennt ? Und nicht Pa-ro-die ? Darauf wäre ich nie gekommen.
UWE


Hat hier auch niemand erwartet.


eingetragen von Theodor Ickler am 26.09.2001 um 14.12

Noch schöner ist vielleicht "imp-lantieren". Dies und noch viel mehr hatte Bertelsmann und schmähte den Duden, weil er es nicht hatte. Inzwischen sind aber beide an die Kandare (geheime Liste) genommen worden und stimmen jetzt darin überein, implodieren und implantieren nicht mehr in dieser Weise zu trennen. Aber unzähliges andere von gleichem Kaliber ist stehen geblieben. Man kann das nie im voraus wissen, und die Liste ist, wie gesagt, geheim. Das Heyne-Wörterbuch (Geleitwort: Zabel) hat zum Beispiel keinen Zugang und muß den ganzen alten Kram von 1996 reproduzieren.

Wer sich für die Einzelheiten interessiert, sei auf meine Besprechungen hingewiesen (hier oder in "Regelungsgewalt").
__________________
Th. Ickler


eingetragen von uwe am 26.09.2001 um 13.55

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Christian Dörner

Übrigens, können Sie mir, ohne nachzuschlagen, sagen, ob die Trennung imp-lodieren jetzt erlaubt ist?


Ganz spontan und ohne nachzuschlagen antworte ich: Nein
Im-plo-die-ren dürfte richtig sein.

Stimmts ?


eingetragen von Christian Dörner am 26.09.2001 um 13.40

Lieber Herr Uwe,

die alten Trennvorschriften verursachten in der Tat bei sehr wenigen Wörtern Schwierigkeiten, das habe ich nie bestritten. Es handelt sich aber nur um eine Handvoll Trennungen, die des weiteren den Computern nie Probleme bereiteten und mit denen die Schüler nie konfrontiert wurden.

Die neuen Regeln sind so unbestimmt und vewirrend, daß die Kommission – Herr Prof. Ickler hat darüber berichtet – eine 60seitige geheime Liste ausarbeiten mußte, um das Durcheinander in den Wörterbüchern, die mit den neuen Trennregeln nicht zurechtkamen, nicht überhandnehmen zu lassen.

Will man sich selbst aus den neuen Regeln erschließen, ob Trennungen wie Prog-ression, Subs-tantiv, Subs-tanz, Hämog-lobin, Prog-nose, Demon-stration, Kata-strophe, Katast-rophe usw. den neuen Vorschriften entsprechen, so hat man ein großes Prob-lem (?). Die Redaktionen der Wörterbücher haben es nicht geschafft, und die Silbentrennung (eigentlich ein – entschuldigen Sie dieses Wort – Nebenkriegsschauplatz) hat sich zur Hauptschwierigkeit bei der Interp-retation (?) der Neuregelung entwickelt.

Übrigens, können Sie mir, ohne nachzuschlagen, sagen, ob die Trennung imp-lodieren jetzt erlaubt ist?
__________________
Christian Dörner


eingetragen von Theodor Ickler am 26.09.2001 um 12.44

Verehrte Frau Philburn,
natürlich wäre ich der letzte, der hier Fliegenbeine zählen wollte. Andererseits lehrt die ganze Geschichte der Rechtschreibung, daß gerade bei der eher technischen Frage der Silbentrennung (man MUSS ja nie trennen, während man die Wortschreibung durchführen MUSS) eine allzu große Varianz nicht erwünscht ist. Denken Sie bitte an die Trennprogramme, an die Setzer usw. - das ist alles ganz praktisch, handwerklich. Und die Qualitätsunterschiede habe ich ja nicht erfunden, die sind einfach da und werden vermerkt. Ich bin ja selbst sehr kritisch gegen die "humanistische Bildung" eingestellt. Aber in der deutschen Orthographie ist die morphologische Trennung der Zusammensetzungen tief verwurzelt und wird auch durch die Reform nicht grundsätzlich aufgegeben. (In anderen Bereichen - GKS, GZS - drängt die Reform ja ausdrücklich auf Gleichbehandlung fremder und einheimischer Formen!) Es gibt eigentlich niemanden, der alles zulassen möchte - wobei ich das "zulassen" wieder richtig zu verstehen bitte.

Noch ein Letztes: Wer über bestimmte Gebiete schreibt und da z. B. Parenchym schreiben will, der wird in der Regel auch wissen, daß es eben ein Par-enchym ist und kein Pa-renchym, wie die Neuregelung will. Wozu also und für wen eigentlich dieses "Zulassen" einer minderwertigen Schreibung, die einen nur bloßstellt? Gerade der Laie profitiert davon, daß er mit Hilfe eines Wörterbuchs genau dieselbe professionelle Trennung erzielen kann wie der Fachmann. (Das läßt sich auf andere Bildungswerte ausdehnen.) Lassen wir ihm doch diese Möglichkeit!
__________________
Th. Ickler


eingetragen von uwe am 26.09.2001 um 12.30

Lieber Christian Dörner,

Sie liefern ja die besten Beweise dafür, wie unsinnig die früheren Trennregeln waren. Hat man Par-odie bislang wirklich so getrennt ? Und nicht Pa-ro-die ? Darauf wäre ich nie gekommen.

Ich bleibe dabei! Die Grundregel (§ 107) reicht vollkommen aus, um die Worttrennung zu regeln. Alles andere ist eine Frage des guten bzw. schlechten Stils, das keiner Regelung bedarf.

UWE


eingetragen von Elke Philburn am 26.09.2001 um 12.29

>>Die Kenntnis der alten Festlegungen ist daher unerläßlich. Dies ist absurd.<<

Zustimmung.

Genauso wie es absurd ist, wenn man von Schülern erwartet, dass sie Neuschreib anwenden, wenn sie von Texten in Altschreib umgeben sind.

Es reicht nicht mehr die Kenntnis EINER Version, sondern die Unterschiede zwischen alt und neu müssen bekannt sein, um Verwirrung zu vermeiden.

Eine vernünftige Lösung wäre es m. A. n. beide Regelungen gelten zu lassen.

(Ich weiß, Herr Ickler, das war überhaupt nicht das Ziel der Reformer, aber warum soll man sein Ziel nicht ändern, wenn man merkt, dass man vom geplanten Kurs abgekommen ist?)

Damit würde man denen gerecht werden, aus deren Sicht es sich nicht lohnt, die eigene Rechtschreibung umzustellen und auch denen, die sich bereits auf die neuen Regeln eingestellt haben.

Der Arzt darf dann weiterhin Pro-gnose, Ab-itur und Inter-esse schreiben, der Nichtlateiner (und die sind ja wohl in der Überzahl, vor allem unter den Kindern ;-)) braucht sich keine für seine Begriffe unsinnigen Trennungsregeln einpauken.

>>Pan-dschab und Pand-schab. Das sieht aus wie Fünfs-tromland und Fünfst-romland.<<

Solche Adaptionen von Wörtern aus anderen Sprachen sind üblich, und ich denke nicht, dass irgendjemand daran Anstoß nimmt.


eingetragen von Theodor Ickler am 26.09.2001 um 11.14

An Uwe: Wir verbieten nichts; das können wir nicht und wollen wir nicht. Wir beschreiben und empfehlen.

Übrigens wollen die Leute, die sich nicht auskennen, tatsächlich Bescheid wissen. Sie fragen "Wie trennt man das denn nun wirklich?" - womit sie auf die bessere, fachmännische Zerlegung zielen. Diese sind es, an die wir uns wenden, nicht Leute wie Uwe. Die brauchen keinen Rat und können damit auch nichts anfangen, sonst hätten sie ja schon aus diesem Forum viel lernen können.

Herr Dörner hat natürlich recht. Dafür gibt es keine besondere Regel, sondern die Ausnahmen je für sich (wie zu jeder Regel). Manchmal ist es wirklich schwer: "Methode" zum Beispiel. Die Aspiration des t gehört ja zum Anlaut des zweiten Bestandteils: Met-hode (aus meta und hodos). Aber das wäre auch wieder nicht echt griechisch.
Anders steht es natürlich mit Mahabharata, wo die neue Bertelsmanntrennung Mahab-harata wirklich doof ist.
Bei Pandschab wird die Bedeutung sogar richtig erklärt (fünf Ströme), aber die einzig sinnvolle morphologische Trennung Pandsch-ab wird untersagt und dafür zwei neue Trennungen eingeführt: Pan-dschab und Pand-schab. Das sieht aus wie Fünfs-tromland und Fünfst-romland. Ich bleibe bei der Dudentrennnug. Es kann ja nichts schaden, wenn die Leute immer mal wieder zu Respekt und Höflichkeit gegenüber anderen Sprachgemeinschaften ermahnt werden. (Ich nehme den Einwand vorweg: bei Suaheli-Wörtern bin ich auch nicht ganz nach diesem Grundsatz verfahren, obwohl mir die Silbenstruktur dieser Sprache durchaus vertraut ist. Werde es mir noch mal überlegen. Mir schwebt ein Kapitel "Philologische Trennungen" vor. Da wird dann Ba-ntu usw. untergebracht.)
__________________
Th. Ickler


eingetragen von Christian Dörner am 26.09.2001 um 10.54

Bisher gar nicht diskutiert wurde die Tatsache, daß es anscheinend noch einen versteckten Paragraphen 113 gibt, der etwa folgendermaßen lauten muß:

–––

§ 113: Die morphologische Trennung bleibt dort unzulässig, wo sie es bereits nach den alten Regeln war.

Beispiele: Ka-te-go-rie, Ka-tho-de, al-lein, Me-lo-die, Epi-so-de usw.

Aber: Wo die Trennung nach Sinnbestandteilen bisher zulässig war, bleibt sie es auch weiterhin: An-ode (neben: A-no-de), Par-odie (neben: Pa-ro-die) usw.

–––

Ein Schüler, der die neue Rechtschreibung lernt und nach Sinnbestandteilen trennen möchte, muß also wissen, inwieweit diese Trennung bisher zulässig war oder nicht. Die Kenntnis der alten Festlegungen ist daher unerläßlich. Dies ist absurd.
__________________
Christian Dörner


eingetragen von uwe am 26.09.2001 um 09.37

Aha, weil Mediziner über diese Worttrennung den Kopf schütteln würden, muss man eine Regel schaffen, nach der diese Trennung verboten wird.

Das ist doch absurd!

UWE


eingetragen von Theodor Ickler am 26.09.2001 um 08.56

aber die Orientierung nach Sprechsilben ist auch bisher schon die allererste Regel der Silbentrennung gewesen:

"Mehrsilbige einfache und abgeleitete Wörter trennt man so, wie es sich beim langsamen Sprechen von selbst ergibt, also nach Sprechsilben." (Duden 1991)

Die Probleme beginnen dort, wo es um die Unterscheidung von einfachen bzw. abgeleiteten von zusammengesetzten Wörtern geht. Genauer gesagt: Es gibt unterschiedliche Fähigkeiten, Zusammensetzungen als solche zu erkennen. "darauf", "einander" usw. lassen sich bei einigem Nachdenken als Zusammensetzungen erkennen, bei Fremdwörtern ist es schon schwieriger. "Re-spekt" zum Beispiel. Aber wenn man hier so trennt, wie es der Laie ohne Nachdenken tun würde (d. h. auch ohne die anderen Wörter zu berücksichtigen, in denen "-spekt" vorkommt), dann kommt man zu einer Schreibweise, die von den gebildeten, professionellen Schreibern immer als minderwertig angesehen werden dürfte. Genau dies ist ja auch der Grund, weshalb man Wörterbücher braucht und nachzuschlagen pflegt, bzw. Programme schreibt. Die reformierten Wörterbücher enthalten Zehntausende von neuen Trennungen, die kein seriöser Schreiber benutzen würde. Diese Neuerungen sind also für die Katz. Kein Mediziner würde zum Beispiel "Prog-nose" schreiben. Erstens weiß er, was "pro" heißt, und zweitens erinnert ihn "nose" an "Krankheit" (wie in "Zoonose" usw.). Wer möchte denn sonst so trennen, wenn die Kenner bloß den Kopf darüber schütteln?

Ich habe das früher mal in einer Rezension am Beispiel von "Ralgie" (Neuralgie), "Talgie" (Nostalgie) und anderen neuen Beispielen erklärt.

Dies ist nur ein Teil der Trenn-Probleme, die Wörterbuchmacher wissen ein Lied davon zu singen, was die Reform ihnen hier eingebrockt hat.
__________________
Th. Ickler


eingetragen von Elke Philburn am 26.09.2001 um 08.31

Christian Melsa:

>>"Kore-akrieg" ist auch nicht viel schlimmer als "vol-lenden"<<

Wendet man die Regel an (§ 111), dass zusammengesetzte Wörter ihren Einzelteilen entsprechend getrennt werden, entsteht dieses Problem nicht. Und diese Regel halte ich für überaus leicht lernbar.

Ansonsten halte ich die Orientierung nach Sprechsilben für nützlich, weil sie zu einem großen Teil selbst von Kindern begriffen werden kann.

Beispiel: Silben, die auf Vokal enden, sind im Deutschen immer lang, mit Ausnahme von '-er' und '-e' am Wortende.

Sagt man einem Kind, es soll das Wort 'Weste' in Silben unterteilt aussprechen, (in der Schule klatschen wir dabei in die Hände, um ein Gefühl für die Einteilung in Silben zu bekommen) wird das Kind 'Wes - te' sprechen, einfach weil "We-" allein nur ein Langvokal sein kann und weil man auch bei 'West - e' das 'e' nicht ohne Stimmeinsatz sprechen kann, der natürlich in dem Wort nicht vorkommt .

Nach derselben Regel würde ein Kind ebenso 'darauf' in 'da-' und 'rauf' einteilen, im Gegensatz zu z. B. 'ver-' und 'ändern' in dem Wort 'verändern'.

Anstatt also auf irgendwelche überkommenen Regeln zu bestehen, halte ich es für sinnvoller, die bei Kindern vorhandene sprachliche Intuition zu nutzen und die Trennung, wo es sich anbietet, danach zu auszurichten.

Die Nicht-Trennung von 'ck' dagegen halte ich für einen Rückschritt. Hier sollte man analog zu 'st' in 'c' und 'k' trennen.

>>Die Rechtschreibreform ist idiotisch und undemokratisch. Die Franzosen sagen dazu: "la reforme idiote".<<

Herr Schäbler, die Franzosen bilden sich sowieso weiß der Kuckuck was auf ihre Sprache ein.

Sollen sie meinetwegen auch. Solange niemand meint, daraus etwas für das Deutsche ableiten zu müssen.


eingetragen von uwe am 26.09.2001 um 08.23

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Theodor Ickler
Sie haben offensichtlich keine Ahnung, wovon Sie reden.

Bravo! So antworte ich auch immer, wenn mir die Argumente ausgehen.

UWE


eingetragen von Theodor Ickler am 26.09.2001 um 07.51

Sie haben offensichtlich keine Ahnung, wovon Sie reden.
__________________
Th. Ickler


eingetragen von uwe am 26.09.2001 um 07.09

hat der Kampf gegen die RSR bei einigen Menschen schon zu einem Realitätsverlust geführt ? Oder werden Tatsachen absichtlich verdreht ?

Die Grundregel der Silbentrennung ist klar! Früher gab es davon Ausnahmen, z. B. Kis-te, Wes-te, A-bend, Zu-cker. Diese wurden abgeschafft. Welche Ausnahmen gibt es denn heute noch ? Jetzt kommen Sie bitte nicht mit irgendwelchen abstrusen Beispielen, sondern mit Worttrennungen, die in der täglichen Praxis eine Rolle spielen.

UWE


eingetragen von Theodor Ickler am 26.09.2001 um 06.29

Die von Herrn Uwe zitierte Regel der Trennung nach Sprechsilben ist seit über hundert Jahren genau in diesem Wortlaut in allen Rechtschreibregelwerken enthalten. Die Neuregelung bleibt dabei, führt aber neue Ausnahmen und manches andere ein, und darum geht die Diskussion. Niemand braucht sich daran zu beteiligen, schon gar nicht, wenn er so stolz auf seine Unkenntnis ist und außerdem immer wieder erklärt, sich ohnehin um keine Rechtschreibung kümmern zu wollen. Was sollen dann die dennoch mit dem Mut der Ignoranz abgegebenen Stellungnahmen? Man redet aneinander vorbei, mehr nicht. Wer sich mit alten und neuen Regeln beschäftigt hat, kann sich nicht ernsthaft auf Gespräche mit jemandem einlassen, der dies erklärtermaßen nicht getan hat und auch nicht zu tun gedenkt.
__________________
Th. Ickler


eingetragen von uwe am 26.09.2001 um 06.03

dass man sich über eine so simple Materie wie die Worttrennung so viele Gedanken machen kann.

Ich bin weder für noch gegen die Rechtschreibreform, insofern betrachte ich mich schon als unvoreingenommen. Es war auch nicht meine Absicht, das amtliche Regelwerk zu verteidigen. Ich kenne es gar nicht.

Mir genügt eine zweiseitige Zusammenfassung des Regelwerkes und da steht drin:

"Geschriebene Wörter trennt man am Zeilenende so, wie sie sich bei langsamen Sprechen in Silben zerlegen lassen."

Und genau diese Regel reicht aus, um die Worttrennung zu regeln. Alles andere, einschl. §§ 108 - xx, sind überflüssig und in der Praxis bedeutungslos.

UWE


eingetragen von Norbert Schäbler am 25.09.2001 um 23.40

Zu dem folgenden Beitrag, der aus der Retorte stammt, muß ich etwas erklären.
a) Ich bin Kritiker der Rechtschreibreform.
b) Ich habe versucht, meine Heimatzeitung zu beeinflussen, daß sie nicht auf den Neuschrieb umstellt.
c) Ich habe jahrelang als freier Mitarbeiter für diese Tageszeitung geschrieben.
d) Trotzdem hat diese Tageszeitung die Leser ganz sanft ins neue Medienzeitalter hinübergeführt.
e) Ein Herr Adrian Grodel hat diese Aufgabe übernommen.
f) Der Herr Grodel wußte weniger als ich. Sämtliche "Tipps", die er vom Stapel ließ, habe ich kommentiert. Die Kommentare wurden nie veröffentlicht.
g) Meine Entgegnung macht heute ihren Stapellauf. Eine andere Chance gab es nicht, weil selbst meine Heimatpresse "mauerte".
h) Die Rechtschreibreform ist idiotisch und undemokratisch. Die Franzosen sagen dazu: "la reforme idiote". So habe ich mein unveröffentlichtes Skript genannt.


Auszug aus "La reforme idiote": Thema "Neue Trennregeln"
(ausführliche Erklärung zu einem Brief an Dr. Martin Teufel, Chefredakteur im Main-Echo Aschaffenburg)

Tipp 18 "Widmung an Microsoft"
Um Texte kritisch reflektieren zu können, ist es mitunter sinnvoll, den Standartsatz des Kommunikationsmodells anzuwenden:
"Wer sagt, was, mit welchen Worten, zu wem, in welcher Absicht?"
Das klappt bei kleinen Texten, wie auch bei Recherchen über große staatliche Maßnahmen.
In Tipp 18 - übrigens dem Tipp 1 nach der ursprünglich vorgesehenen Serie von 17 Folgen - berichtet Adrian Grodel in rührenden Worten der Leserschaft des Main-Echo über die Vorzüge der Trennregel, macht dem Leser in Beispielen klar, daß alles leichter und sinnvoller geworden ist und wirbt für die Umstellung auf die neuen Rechtschreibregeln.
Geradezu ergreifend ist es, zu lesen:
..."Glück für diejenigen Erstklässer, die im vergangenen Jahr eingeschult worden sind. Denn sie waren die ersten, die diese Regel (Anm.: Trenne nie st, denn es tut ihm weh!) über Bord werfen durften."
Abgesehen davon, daß die Aussage falsch ist - der Rechtschreiberlaß hat schon seit 1996 Gültigkeit - wirkt die Botschaft unvermindert. Wer wollte sich nicht mitfreuen mit den ABC-Schützen, deren Schultüten manchmal größer sind als sie selbst. Richtig putzig!

Automatisch zieht sich bei solch pathetischen Worten die nächste Denkschublade auf, und der Hintergrund wird plötzlich wichtig - der sachliche Zusammenhang.
Denn sachlich ist das Bild vom Dreikäsehoch mit der übergroßen Schultüte wirklich nicht.

Der Sachzusammenhang ist folgender:
Die Rechtschreibreformkommission hat ein altes Tabu zerstört. Sie hat die Untrennbarkeit des "st" aufgehoben. Fachlich gesprochen hat sie eine Ligatur (eine unauflösliche Verbindung zweier Buchstaben) gesprengt, und dazu hatte sie berechtigten Anlaß. Man denke an die "Wohnung-stür" oder den "Frühstück-stee", denn wer hier die Regel: "Trenne nie st, denn es tut ihm weh!" allzu wörtlich nahm, der hat sich unsterblich blamiert.

Zwar war den meisten der Umgang mit dem sogenannten Fugen-S - eine im Deutschen sehr häufig angewandte Wortbastelmethode - beizubringen, doch für andere oder anderes gab es Regelungsbedarf.
Erstaunlich bei dem Gesamtkonzept der Trennregeländerung war allerdings, daß man nicht nur die Ligatur "st" auflöste, sondern zugleich, zeitgleich und personengleich eine neue schuf. Die Ligatur "ck"!.

Das war zumindest leicht frappierend, hatte man doch in der Schule gelernt:
"Folgt dem ‚ck' ein Selbstlaut, dann trenne k-k (z.B. pflük-ken). Folgt dem ‚ck' jedoch ein Mitlaut, dann trenne ck- (z.B. pflück-ten)."
Und da gleiches für die tz-Trennregel galt (blit-zen, blitz-ten), war dies in der Schule in einem Aufwasch zu erledigen.

Unabhängig von Lernökonomie entschied jedoch die liberale Rechtschreibreformkommission:
1. Auflösung der Ligatur "st",
2. Neuschaffung der Ligatur "ck",
3. Belassen der auflösbaren Buchstabenverbindung "tz".

Unwillkürlich denkt man bei derartiger Liberalität (Verordnung eines ökonomischen Dreierweges) an den Bezugspartner oder Adressaten. "Wem hat man damit Erleichterung geschaffen? Wem bringt das Nutzen?"

Zunächst wieder das Bild der übergroßen Schultüte: ABC-Schützen schreiben zunächst Buchstaben, und später ganz kleine Wörter, die sie selten bis nie trennen müssen. Die können nicht als Adressat gemeint sein, auch wenn das Bild recht werbewirksam zieht.

Zum Grundschüler: Sechs- bis "10-Jährige" (Schwachsinn diese Schreibweise) sind in der Regel bildsam und anlehnungsbedürftig an sog. Lehrer. Zeitweise wenden sie sinnvolle Ratschläge an: "Wenn du nicht weißt, wie du trennen sollst, dann beginne das neue Wort in der nächsten Zeile!" Manche allerdings halten sich nicht an Empfehlungen. Sie zeigen gerne dem Lehrer, daß sie bestimmte Regeln beherrschen. Die Masse der Grundschüler fällt somit als Adressat der Trennregelverordnung aus.
Das Stimmungsbild wird klobiger.

Zum Hauptschüler: Der Hauptschüler hat sich meist Techniken der Zeilenführung angeeignet. Er versteht es, Trennungen zu umgehen und gleichwohl die Zeilen auszulasten, ohne daß an deren Ende eine unübersehbare Lücke entstünde. Daneben gibt es Trennungskundige, wie auch Schreibunwillige, für die als einzige Reform die Anschaffung von Betten im Klassenzimmer sinnvoll wäre.
Somit ist auch unter diesem Klientel einer "allgemein bildenden" Schule kein Adressat für die neue Trennregel-Liberalisierung zu finden.

Die gesamte Kategorie Mensch kann man abklappern, man wird keinen Adressaten finden. Denn je höher die Bildungsstufe und je größer die Schreiberfahrung eines Menschen, desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit, daß sich dieser Mensch seiner Leistung schämen möchte.
Eher ist es so, daß das Gelernte und richtig Praktizierte mit Stolz erfüllt. Auch ist es so, daß Menschen, die in anderen Sprachen (z.B. Latein) Trennregeln wie "Inter-esse", "kon-stant" und "ab-strakt" studiert haben, ihr sinnvolles Wissen beibehalten, bevor sie einem beliebigen Leser ein verhacktes und schwer verständliches Wortgebilde (abst-rakt, alla-bendlich...) zumuten. Selbst die "ck-Trennung" wird ein fortgeschrittener Schreiber nach altem Muster durchführen, denn er weiß, daß ein Selbstlaut am Zeilenende in der Regel lang gesprochen wird (vgl. Zu-fahrt, Zu-cker). Schreiben dient dem Lesen!

Wer aber ist nun tatsächlicher Adressat jener Liberalisierung im Bereich der Trennung? - ?

Es ist jene widersinnige und paradoxe Gattung von Maschine, die ausschließlich auf zwei Zeichen reagiert: "Strom an und Strom aus!"

Der Adressat heißt ausschließlich: "Computer!"

Richtig geschliffen versteht das Rechenmonster zu unterscheiden zwischen Mitlaut und Selbstlaut. Und da er auch zählen kann ("erster ... letzter") kann er auch den letzten Mitlaut einer Mitlautgruppe abspalten. Man muß ihm lediglich neu beibringen, daß das "ck" und "sch" ein einziger Mitlaut ist - während bei "st" künftig die Zählmethode (erster...letzter) anzuwenden ist (siehe Wohnu n g s - tür).

Im Prinzip geht es nur um das Verständnis, das mancher gebildete Zeitgenosse nicht aufbringen will für die geschmacklosen Trennversuche der Maschine.

Künftig aber wird man nicht mehr lächeln dürfen, wenn das Superhirn falsch trennt, denn bald sind Fehler richtiges Deutsch.

Anhang (Dez. 1999): Ganz begeistert zeigt sich die Jugend über die neuen Tanzs-tile, die das IDS Mannheim kreiert hat. Den Kons-tanz, den Dis-tanz und den Ins-tanz.

__________________
nos


eingetragen von Theodor Ickler am 25.09.2001 um 18.31

Sofort nach dem Erscheinen der beiden ersten Wörterbücher versuchte, wie ich anderswo dargestellt habe, die Bertelsmannfraktion (Zabel) den Duden niederzumachen, indem sie ihm unvollständige Umsetzung der fabelhaften neuen Trennmöglichkeiten nachwies. (Dabei war Bertelsmann genauso unvollständig.) Minister Holzapfel (SPD) verurteilte den Duden und empfahl öffentlich das Bertelsmannprodukt von Götze (SPD), gestützt auf Zabels falsche Beispiele.
So entspann sich in den folgenden Bearbeitungen und Derivaten (Praxis-Wörterbuch usw.) ein Wetttrennen, in das auch die Kommission eingriff, es kam zu der ominösen Liste. Da sich nach dem Sündenfall nicht mehr grundsätzlich zwischen sinnvollen und sinnlosen Trennungen unterscheiden ließ, trat man die Flucht nach vorn an und verzeichnete alle nur denkbaren Trennungen. Zum Ausgleich empfahlen Stillemunkes und seinesgleichen, man solle doch bitte von den sinnlosen Trennungen keinen Gebrauch machen; falsch seien sie aber nun nicht mehr.
Das ist der Stand der Dinge bis heute.

__________________
Th. Ickler


eingetragen von Christian Melsa am 25.09.2001 um 17.06

Die Reformregeln zur Worttrennung am Zeilenende selbst wirken an sich noch gar nicht so schlimm, auch wenn ich in meinen letzteren Äußerungen schon auf ihnen herumgehackt habe. Sie erlauben allerdings eine Auslegung, die mit den im Regelwerk gegebenen Beispielen schon einmal vorgemacht wird. Und diese Auslegungspraxis stellt dann den eigentlichen Blödsinn dar, wie man schon an den wenigen Beispielen sieht, die ich in meinem vorigen Beitrag zitiert habe. "Kore-akrieg" ist auch nicht viel schlimmer als "vol-lenden", insofern könnte man schon sagen, der Duden hat das durchaus im Sinne der Vorlage weitergesponnen.

Eine Reparatur der Reform, die die internationalen Abmachungen nicht hinfällig werden läßt, könnte hier immerhin einfach die im Regelwerk gebrachten Beispiele austauschen, um eine andere Regelinterpretation nahezulegen. Vielleicht versucht man in der Rechtschreibkommission die Auffassung zu vertreten, alles, was im offiziellen Dokument nicht als Paragraph in einen Kasten eingerahmt steht, sei als bloße Peripherie anzusehen (also das, was bei meinem letzten Beitrag ebenfalls weggelassen wurde) und könne daher folgenlos für die erwähnten Abmachungsvoraussetzungen geändert werden. So eine Sichtweise wäre natürlich ein gefundenes Fressen für Michael Jansen - jedoch alles andere als eine geeignete Grundlage für eine einheitliche und differenziert artikulierte Orthographie.


eingetragen von Theodor Ickler am 25.09.2001 um 16.08

Die Abtrennung einzelner Buchstaben ist immer verwirrend oder geradezu irreführend, erfüllt daher immer die Bedingung, unter der sogar die Reformer vom Trennen abraten. Sie selber trennen nie so. Dies war also ganz unnötig.
Die Trennung "Kore-akrieg" (Duden) ist nur dann kein Verstoß gegen die neuen Regeln, wenn man unterstellt, daß ein Schreiber die Zusammengesetztheit dieses Wortes nicht erkennt. Für mich ist das nicht denkbar, für die Dudenredaktion anscheinend doch.
Zu-cker geht auf Munske zurück, der es heute bedauert, diese von drei möglichen Positionen vertreten zu haben (vgl. sein Buch "Orthographie als Sprachkultur"). Zu-cker verstößt gegen die Hauptregel (Trennung nach Sprechsilben). In § 3 der neuen Regeln steht die schlichte Wahrheit, daß ck eine orthographische Variante von kk ist. ck ist natürlich Silbengelenk wie tt usw. Folglich sollte es, sobald die Bedingung nicht mehr gegeben ist, wieder in kk aufgelöst werden. Das hat nie irgendwelche Schwierigkeiten gemacht.
Daß ich die Nichttrennung von st beibehalte, lieber Herr Melsa, ist nicht im gleichen Sinne auf meinen deskriptiven Ansatz zurückzuführen (denn ich führe ja ein paar neue Trennungen ein nach dem Muster is-ra-e-lisch), sondern auf die Überzeugung, daß hier kein Handlungsbedarf besteht und keine auffällige Änderung mein Unternehmen trüben sollte. Aber vielleicht schreibe ich irgendwann rein, daß man st auch trennen kann (habe es ja auch jetzt schon ganz vorsichtig formuliert). Nach der Neuregelung MUSS man es übrigens trennen, kann also die alte Nichttrennung gar nicht verwenden - typisch!
Die komplizierten neuen Regeln haben übrigens viele (Bertelsmann, Duden usw.) zunächst zu der Annahme geführt, in Fremdwörtern könne die Gruppe str auch beisammenbleiben, daher Mi-stral, Mis-tral und Mist-ral. Wie es scheint, haben aber die Reformer das nicht gewollt. Es ergibt sich also wieder einmal, daß die Reform EINE Schreibweise untersagt und dafür ZWEI NEUE einführt. Pädagogische Spitzenleistung!
__________________
Th. Ickler


eingetragen von Christian Melsa am 25.09.2001 um 14.21

Zitat:
Welcher Leser wird durch diese Worttrennungen beeinträchtigt ?

Zu-cker
Wes-te
Kis-te
A-bend

Was war das für ein Unsinn, dies als "falsch" zu deklarieren.


Du nennst hier natürlich nur ein paar in diesem Sinne ziemlich unproblematische Fälle (bis auf A-bend, ein einzelner Buchstabe am Zeilenende verwirrt sehr wohl).

Daß s-t nicht weiter schlimm ist, dagegen sagt ja hier keiner etwas. Daß Ickler die Untrennbarkeit in seinem Wörterbuch immer noch verzeichnet, ergibt sich allein aus der deskriptiven Grundlage dieses Wörterbuchs.

Übrigens, um mal Deinen offensichtlichen Irrglauben der von jeder Kompliziertheit baren Reformregelung zu korrigieren, hier einmal die Auflistung der neuen Regeln zur Trennung am Zeilenende, ohne die Vorbemerkungen (eigentlich auch schon Regeln) und näheren Ausführungsbestimmungen (bzw. Beispiele).

§107 Geschriebene Wörter trennt man am Zeilenende so, wie sie sich bei langsamen Sprechen in Silben zerlegen lassen.

Ab jetzt folgt der Rest, den Du bei Deiner Verteidigung bisher völlig ignorierst:

§108 Steht in einfachen Wörtern zwischen Vokalbuchstaben ein einzelner Konsonantenbuchstabe, so kommt er bei der Trennung auf die neue Zeile. Stehen mehrere Konsonantenbuchstaben dazwischen, so kommt nur der letzte auf die neue Zeile.

§109 Stehen Buchstabenverbindungen wie ch, sch; ph, rh, sh oder th für einen Konsonanten, so trennt man sie nicht. Dasselbe gilt für ck.

§110 In Fremdwörtern können die Verbindungen aus Buchstaben für einen Konsonanten + l, n oder r entweder entsprechend §108 getrennt werden, oder sie kommen ungetrennt auf die neue Zeile.

§111 Zusammensetzungen und Wörter mit Präfix trennt man zwischen den einzelnen Bestandteilen.

§112 Wörter, die Sprachhistorisch oder von der Herkunftssprache her gesehen Zusammensetzungen sind, aber oft nicht mehr als solche empfunden oder erkannt werden, kann man entweder nach §108 bis §110 oder nach §111 trennen.

...Zu der letzten Regel müssen doch einmal ein paar Beispiele genannt werden, um zu erkennen, für wie doof die Reformer den Schreibenden halten: hi-nauf/hin-auf, he-ran/her-an, ei-nan-der/ein-an-der, vol-len-den/voll-en-den, Klei-nod/Klein-od, Lie-be-nau/Lie-ben-au.

Wie gesagt, eigentlich sind das noch nicht alle Regeln, zu §107 und §111 kommen noch nähere Ausführungsbestimmungen, auch die Vorbemerkungen (1) und (2) sind eigentlich eigenständige bzw. grundlegende Regeln.


eingetragen von uwe am 25.09.2001 um 13.47

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Christian Melsa
Was Trennstellen betrifft, soll der Leser nicht unnötig am Zeilenbruch verwirrt werden, die Wörter sollen möglichst harmonisch getrennt werden, den Lese- und Verstehensfluß möglichst wenig beeinträchtigend.

Welcher Leser wird durch diese Worttrennungen beeinträchtigt ?

Zu-cker
Wes-te
Kis-te
A-bend

Was war das für ein Unsinn, dies als "falsch" zu deklarieren.

UWE


eingetragen von Christian Melsa am 25.09.2001 um 13.44

Du hältst das beliebige Trennen nicht für sinnvoll, weil die Lesbarkeit beeinträchtig würde.

Die Lesbarkeit wird allerdings auch von der reformgemäßen Trennung beeinträchtigt! Wieso hältst Du sie dann für sinnvoll, gar genial?!? Nennst Du das etwa logische, unvoreingenommene Argumentation?


eingetragen von uwe am 25.09.2001 um 13.40

Wollt ihr mich denn nicht verstehen ?

Die Neuregelung besagt doch, dass zwischen ganzen Wortsilben getrennt werden darf, oder irre ich da ? Geht es noch einfacher ?

Nach jedem belieb-
igen Buc-
hstaben t-
rennen zu dürfe-
n, halte ich n-
icht für sinnvo-
ll, da das di-
e Lesbarkeit t-
atsächlich b-
eeinträchtigen wü-
rde.

Natürlich beherrschen Rechtschreibprogramme auch kompliziertere Formen der Worttrennung. Dennoch bin ich der Meinung, dass Rechtschreibregeln auch ohne Korrekturprogramme beherrschbar sein sollten. In Bezug auf die Worttrennung trägt die Rechtschreibreform eindeutig dazu bei. Genial einfach bzw. einfach genial.

Also keine Widerrede mehr!

UWE


eingetragen von Christian Melsa am 25.09.2001 um 13.21

Uwe, wenn man Deiner Argumentation folgt, muß man allerdings auf folgende Frage stoßen: Warum überhaupt Regeln? Warum nicht einfach dort trennen, wo die Zeile nun einmal zu Ende ist? Auch in der reformierten Rechtschreibung gibt es hier noch strikte Regeln, nur führen diese teilweise zu völligem Blödsinn, wie eben Kore-akrieg oder Beo-bachtung. Du forderst nun, Schreibenlernenden einfach "zu vermitteln", daß solche Trennungen vermieden werden sollen. Was sind "solche Trennungen"? Das gilt es zu definieren, damit die Schreibenlernenden wissen, was gemeint ist. Und damit wären wir doch wieder bei Zusatzregeln. Man kann es drehen und wenden, wie man will.

Sicher ist das alles eine Frage guten oder schlechten Stils. Und in Wirklichkeit gibt es natürlich keine Schreibweise, die irgendwie "verboten" wäre. Es gibt nur solche, die Konventionen hochkultivierter schriftlicher Kommunikation folgen und solche, die dies nicht tun. Anhand dieses Vergleichsmaßstabs sind Schreibungen "richtig" oder "falsch". Regeln der Sprache dienen der bestmöglichen, fehlerfreien Verständigung, so auch Regeln der Orthographie. Was Trennstellen betrifft, soll der Leser nicht unnötig am Zeilenbruch verwirrt werden, die Wörter sollen möglichst harmonisch getrennt werden, den Lese- und Verstehensfluß möglichst wenig beeinträchtigend. Vernünftige Regeln dienen hier wie sonstwo nicht der Befriedigung spießiger Gelüste, sondern sind Ausdruck einer gewachsenen Kultur, die gelernt hat, wie man es am besten macht. Diese Kultur darf und soll ruhig weiterwachsen (die Untrennbarkeit von st etwa könnte man heute unbeschadet aufgeben - die Sprachgemeinschaft entscheidet), aber sie sollte nicht schrumpfen!

Wer heutzutage Texte schreibt, die sich in einen bestimmten (drucktechnischen) Satz fügen sollen, der benutzt dazu garantiert einen Computer. Nur in einer solchen Situation kann es zwingend werden, Worttrennung am Zeilenende überhaupt zu praktizieren. Der Computer aber kann dies gut automatisieren, da er über Trennstellenkataloge verfügt. Zur Not kann man immer noch per Hand eingreifen. Warum also nicht einfach die gut überlegten alten Regeln beibehalten, die den Trennstellenkatalogen zugrundeliegen? Warum die bescheuerten neuen Regeln als Grundlage wählen? Wo ist ausgerechnet in diesem Bereich irgend etwas "genial"?


eingetragen von Karl Eichholz am 25.09.2001 um 12.50

Zitat:
Gibt es in einem anderen Sprachraum dieser Welt derart komplizierte Regeln zur Worttrennung ?

So wie ich die Sache verstehe, sind im Englischen die Regeln so unlernbar und die Ausnahmen in der Überzahl, daß jeder vernünftige Mensch sagt: im Englischen trennt man praktischerweise nicht.
Sofern es Regeln gibt, widersprechen sie auf jeden Fall grundlegend unserer deutschen Silbentrennregel, wo nach Sprechsilben zerpflückt wird.



__________________

mit herzlichen Grüßen
Karl Eichholz


eingetragen von uwe am 25.09.2001 um 12.15

wenn ich Nobbi und Theo richtig verstehe, dann legen die beiden großen Wert darauf, dass die alten Regeln zur Worttrennung mit all ihren Ausnahmen beibehalten werden sollen. Da frag ich mich doch, wer hier eine Meise hat.

Muss bei uns denn wirklich alles haarklein geregelt sein ? Meine Frage an die Experten: Gibt es in einem anderen Sprachraum dieser Welt derart komplizierte Regeln zur Worttrennung ? Ich kann es mir nicht vorstellen.

Natürlich können nach der Neuregelung abstruse Wortgebilde wie Kore-akrieg entstehen. Man sollte diese Schreibweise vermeiden, und man kann Schülern dies auch vermitteln, aber muss eine solche Schreibweise verboten werden ? Das ganze sollte eher eine Frage des guten bzw. schlechten Stils sein und nicht eine Frage von richtig oder falsch.

In diesem Sinne ist die Neuregelung der Worttrennung doch genial.

UWE


eingetragen von Theodor Ickler am 24.09.2001 um 14.20

Die neuen Trennstellen sind bis auf s-t allesamt schlecht, dumm, irreführend, und es ist bezeichnend, daß die Reformer stereotyp antworten, man brauche und solle sie nicht anwenden. Ihr einziger Zweck bestehe darin, den Schülern keine Fehler mehr anstreichen zu müssen. Also eine rein pädagogische Angelegenheit, die man durch Anweisungen an die Lehrer hätte erledigen können. Aber ist es überhaupt wünschenswert, den Kindern alles durchgehen zu lassen? Wenn ein Schüler gemäß neuem Duden (mit der Kommission so vereinbart) Kore-akrieg trennt oder a-brupt oder Maule-sel, dann ist das zwar jetzt "richtig", aber falsch ist es trotzdem, und ein Lehrer, der darauf nicht hinweist, macht sich mitschuldig an der Vernachlässigung von Kulturtechniken, die der Schüler später einmal dringend brauchen wird.

Die Reformer haben jahrzehntelang gebetsmühlenartig wiederholt, Rechtschreibleistungen hätten nichts mit Intelligenz zu tun. Als ob man so etwas per Dekret festlegen könnte! Abgesehen davon, daß die Schulnoten nicht für Intelligenz gegeben werden, sondern für deren Anwendung, ist die Rechtschreibleistung selbstverständlich sehr wohl ein Zeichen der Intelligenz und Bildung. Das bestätigen die Reformer ja indirekt, indem sie ständig auf die "Regeln" hinweisen, die der Orthographie zugrunde liegen. Regeln anzuwenden erfordert Urteilskraft, auch Bildung.

Dudenredakteur Scholze-Stubenrecht hat ganz richtig gesagt, daß das Nebengebiet der Silbentrennung sich überraschenderweise zu einem Hauptproblem der Neuregelung entwickelt hat und ungemein viele Kräfte jahrelang band. Man hat schießlich mit der Kommission eine geheime Liste von 60 Seiten vereinbart, nur für die Silbentrennung. Toll, was?

Nachtrag: Im Bertelsmann, den ich aus bestimmten Gründen gerade noch einmal durchsehe, werden neue Trennungen wie Manus-kript und Typos-kript, Mahab-harata, Muskela-trophie und Muskelat-rophie angeboten. Mögen sie nun auch noch so "erlaubt" sein - sie werden immer minderwertig sein und ihren Urheber als Dummkopf vorführen. Das sollten wir den uns anvertrauten Schülern ersparen.
– geändert durch Theodor Ickler am 26.09.2001, 04:46 –
__________________
Th. Ickler


eingetragen von Norbert Schäbler am 24.09.2001 um 13.42

Lieber Uwe!

Das mit der Note habe ich Dir begründet. Die Note steht "Blau auf Weiß" im Büchelchen drin, und wenn Du die anzweifeln willst, dann schick mir Deine Eltern in die Sprechstunde oder Deinen großen Bruder, oder schleppe mich vor den Kadi. Basta!

Außerdem müssen wir mal über die Notenskala sprechen. Die Note Eins in Deutsch verdienen momentan nur ganz wenige Leute. Dazu gehören der Theodor Ickler, der Horst Haider Munske, der Peter Eisenberg und alle die noch lebenden Dichter, die bei der altbewährten Rechtschreibung geblieben sind.
Das ist natürlich Polemik.
Ich höre ja schon auf, auch wenn es sich jetzt lohnen würde über die GEW (Ganz Engdenkende Wissenschaftler) zu reden. Die haben z.B. die Getrennt- und Zusammenschreibung verursacht, daß niemand auf die Idee kommt, "eng denkend" zusammenzuschreiben.
Jetzt aber wirklich Schluß.
Nun widme ich mich ganz Deinen Zeilen.

Du schreibst: "Ist das mit den Trennregeln denn so schwer zu verstehen? Keiner wird gezwungen ein Wort zu trennen."

Ich will Dir zeigen, daß dies ein gewaltiges Selbsttor ist, denn Dein Gedanke ist - wie viele Deiner Gedanken - etwas zu kurz geraten (hier Note Vier).
Es stimmt doch wohl die Logik: Wenn keiner gezwungen ist, dann muß er das auch nicht machen. Dann - und das ist das Spezielle an diesem Gedanken - muß er nicht trennen, denn es gibt in der Schule keinerlei Notwendigkeit dafür. Nicht einmal die Lehrer üben Zwang aus - (Hefte könnte ich Dir zeigen ...)
Einzig der Schriftsetzer hat diese Notwendigkeit. Bei ihm muß der Zeilenumbruch stimmen, weil es sonst bescheiden aussieht. Wir in der "allgemein bildenden" Schule produzieren jedoch keine Schriftsetzer. Das ist Sache des dualen Systems.

Noch einmal Du:. "Ich kann es ja verstehen, wenn einem das Eine oder Andere an den neuen Rechtschreibregeln nicht gefällt, aber die Neuregelung zur Worttrennung ist einfach genial.
0
Mit Verlaub (und nicht persönlich gemeint): Du hast doch `ne Meise. Da wurde etwas geregelt, was gar keiner Regelung bedurft hat, weil es keine Notwendigkeit dafür gab. Dafür haben die ein Aufhebens gemacht und rund 7000 Differenzen in den verschiedenen Wörterbüchern riskiert.
Was ist daran genial, wenn man unnötige Arbeit schafft? Denk dran! Die haben diese Regeln für die Schule gemacht - laut Bundesverfassungsgericht vom 14. Juli 1998 sind diese Regeln ausschließlich auf die Schule bezogen.
Genial?
Genialer Bluff ist das! Und Bauernfängerei!

__________________
nos


eingetragen von Ruth Salber-Buchmüller am 24.09.2001 um 12.15

"Silbentrennung und Wortfugen"
Zwischendurch etwas Aktuelles zum Rahmenthema:
Torsten Krauel schreibt in der WELT vom 24.09.01 in seiner
Leserbriefantwort: Mach-
trausch
Auch prima!
__________________
Ruth Salber-Buchmueller


eingetragen von uwe am 24.09.2001 um 12.15

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Norbert Schäbler
Gut war natürlich Deine Äußerung mit den "Lach-s-türmen", wobei ich mich frage, warum Du nicht das Beispiel mit der "Wach-s-tube" genommen hast, denn bevor ich einen Turm mit Lachs vollkriege, habe ich doch eher Wachs in eine Tube gedrückt (technisch geht das, wenn man die richtige Öffnung nimmt).
Macht aber nichts. Hauptsache gedacht. Und für den leichten Umständlichkeitsfaktor im Denken trage ich Dir eine mündliche Zwei ein.

Die Beispiele waren vorgegeben. Insofern erwarte ich ein "fehlerfrei" = Note "sehr gut".
Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Norbert Schäbler
Mir fällt da beispielsweise ein, daß in diese Unterrichtssequenz unbedingt ein paar Gedanken von Peter Eisenberg - der wurde etwas später in die Rechtschreibreformkommission berufen und ist recht ärgerlich ausgetreten - hineingehören Der hat beim "Bericht der zwischenstaatlichen Kommission für deutsche Rechtschreibung" - erschienen im Dezember 1997 - auf den Seiten 63/64 einige Vorschläge eingebracht, die er in Paragraphen festgehalten hat (§§ 107 bis 114).
Da solltest Du mal reinschnuppern!

§ 107: Geschriebene Wörter trennt man am Zeilenende so, wie sie sich beim langsamen Vorlesen in Silben zerlegen lassen. (Bsp: Haus-tür, Mu-se-um ...)
§ 110: Ist der letzte von mehreren Konsonantenbuchstaben ein r, l oder n, dann ist der vorletzte mit abtrennbar, wenn dadurch die vorausgehende und die nachfolgende Silbe wohlgeformt bleibt. (mons-trös, knus-prig ... nicht wohlgeformt z.B.: wac-klig, Ren-tner).


Der § 107 ist in Ordnung. § 110 ist voll daneben. Wenn einer sich zu einer so einfachen Materie wie die Worttrennung derart komplizierte Regeln ausdenkt, dann bin ich ganz froh, dass derjenige nicht an der neuen Rechtschreibung mitgewirkt hat.

Ist das mit den Trennregeln denn so schwer zu verstehen ? Keiner wird gezwungen ein Wort zu trennen. Wenn einem Trennungen wie A-bend, Dis-tanz oder Zu-cker nicht gefallen, dann lässt man es eben sein. Selbst in Textverarbeitungsprogrammen kann man Worttrennungen schnell wieder rückgängig machen. Aber es gibt doch keinen vernünftigen und nachvollziehbaren Grund, willkürlich irgendwelche komplizierten Ausnahmeregeln zu normieren. Ich kann es ja verstehen, wenn einem das Eine oder Andere an den neuen Rechtschreibregeln nicht gefällt, aber die Neuregelung zur Worttrennung ist einfach genial.

UWE


eingetragen von Norbert Schäbler am 24.09.2001 um 10.06

Lieber Uwe!

Für die Benotung ist es noch viel zu früh. Wir sind doch erst bei der Erkenntnisgewinnung. Da müssen wir uns doch noch einiges genauer angucken, z.B. das, was der Kollege Eichholz geschrieben hat. Schön wär's natürlich auch, wenn unsere Computer- und Graphikabteilung uns die richtige Sütterlinschrift mal an die Tafel schreiben könnte.
Erst dann könnten wir das alles richtig sacken lassen.
(Das könnte doch die Elke übernehmen. Die hat es doch drauf!)

Gut war natürlich Deine Äußerung mit den "Lach-s-türmen", wobei ich mich frage, warum Du nicht das Beispiel mit der "Wach-s-tube" genommen hast, denn bevor ich einen Turm mit Lachs vollkriege, habe ich doch eher Wachs in eine Tube gedrückt (technisch geht das, wenn man die richtige Öffnung nimmt).
Macht aber nichts. Hauptsache gedacht. Und für den leichten Umständlichkeitsfaktor im Denken trage ich Dir eine mündliche Zwei ein.

Nun aber schön langsam, bis es die richtige schriftliche Abfrage gibt.
Wir warten noch auf die Graphik und dann heißt es: Sehen - nachspuren - möglichst mit vielen Sinnen erleben - sacken lassen - üben, üben, üben - vertiefen und übertragen.
Denke dran! Unser Rahmenthema heißt ja eigentlich "Silbengrenzen und Wortfugen".
.
Mir fällt da beispielsweise ein, daß in diese Unterrichtssequenz unbedingt ein paar Gedanken von Peter Eisenberg - der wurde etwas später in die Rechtschreibreformkommission berufen und ist recht ärgerlich ausgetreten - hineingehören Der hat beim "Bericht der zwischenstaatlichen Kommission für deutsche Rechtschreibung" - erschienen im Dezember 1997 - auf den Seiten 63/64 einige Vorschläge eingebracht, die er in Paragraphen festgehalten hat (§§ 107 bis 114).
Da solltest Du mal reinschnuppern!

§ 107: Geschriebene Wörter trennt man am Zeilenende so, wie sie sich beim langsamen Vorlesen in Silben zerlegen lassen. (Bsp: Haus-tür, Mu-se-um ...)
§ 110: Ist der letzte von mehreren Konsonantenbuchstaben ein r, l oder n, dann ist der vorletzte mit abtrennbar, wenn dadurch die vorausgehende und die nachfolgende Silbe wohlgeformt bleibt. (mons-trös, knus-prig ... nicht wohlgeformt z.B.: wac-klig, Ren-tner).

Übrigens: Du kannst natürlich sagen, daß der Eisenberg für Dich keine Bedeutung hat - für die Kultusminister hatte er die ja auch nicht. Die haben die Vorschläge einfach abgelehnt.
In der Tat gibt es auch wichtigere Leute, z.B. Bill Gates, und dem paßt der Eisenberg absolut nicht in den Kram, so lange er nicht eine ebenso intelligente Maschine entwickelt hat.



– geändert durch Norbert Schäbler am 25.09.2001, 19:24 –
__________________
nos


eingetragen von Karl Eichholz am 24.09.2001 um 07.56

Weil es von Thema dazupaßt, auch dieses aus den Abgründen des Speichers:

Grafische Erklärung: warum essZETT?

Scharf-s:das Mißverständnis von lang-s plus rund-s:
wenn es mit der Breitfeder und Zierstrich gezeichnet wird, erscheint es ähnlich wie lang-s und z, deswegen der gebräuchliche Begriff „EsZet“

..xxx
.xx
xx
xx
xx
xx
xx..........xxxxxx
xx.........xxxxxx
xx.........xx../
xx.........xxxxxxx
xx.........xxxxxxx
xx........../...xx
xx.........xxxxxx
xx_________xxxxx______________
xx
xx
xx
xx
xx

..xxx
.xx
xx
xx
xx
xx
xxxxxxx
xxxxxx
xx../
xxxxxxx
xxxxxxx
x/...xx
xxxxxx
xxxxx__________________
xx
xx
xx
xx
xx

So hoffe ich denn, daß ich die restlichen Klarheiten gründlich beseitigen konnte.

Bitte mit einer Schreibmaschinenschrift darstellen. x und Leerzeichen müssen gleichbreit sein. zB. mit der Courier

WICHTIG: bitte kopieren, in Textprogramm übernehmen und Schriftart in COURIER ändern, sonst gibt es eine vermanschte Darstellung

Grüße von Karl Eichholz


__________________

mit herzlichen Grüßen
Karl Eichholz


eingetragen von Karl Eichholz am 24.09.2001 um 07.47

Reis-tafel wurde auch vorher schon so getrennt.

Deswegen ist der Wink mit der Sütterlin gar nicht unbedingt sooo entbehrlich, hier ist nämlich duch die Schreibung sonnenklar, wo ein st getrennt werden darf: dort nämlich, wo rund-s und t aufeinandertreffen. Also an Wortstammfugen, wie beispielhaft auch bei Reis-tafel.

Ich bin nochmals hineingetaucht ins alte Forum und brachte folgendes mit:

------------

Karl Eichholz schrieb am Dienstag, 9.11.1999 um 12:59:25


WeuLa, wie der Lateiner sagt ... ;-))

Bitteschön, hier mehr davon. Diesmal war ich zu müßig, meinen Hirnschmalz geschmeidig zu machen, stattdessen habe ich n' büschen gebuddelt und was bereits veröffentlichtes vom Mai 99 ausgegraben, aus den Nachrichten, aber eben weiter unten:

„ß“ wäre auch für die Schweiz gut

Etwas Geschichte zum Scharf - Es

Warum benutzen die Schweizer kein „ß“ ??


Der Grund, warum die Schweizer kein „ß“, sondern statt dessen „ss“ schreiben, liegt darin, daß die Schreibmaschine mit ihrer recht begrenzten Zahl von Tasten auch genügend Raum bieten mußte für die drei weiteren Sprachen: Französisch, Italienisch und Rätoromanisch, diese benötigen eine Vielzahl Akzente und Verbundbuchstaben, so daß auch für die Großbuchstaben Ä, Ö, Ü kein Platz blieb. Der Schweizer schreibt beispielsweise „Oesterreich“, „Oerlikon“. Zudem können die deutschen Umlaute relativ einfach umschrieben werden, was mit den Akzenten der französischen Schrift durchaus nicht so einfach geht.

Nun befinden wir uns aber im Zeitalter des Computers, der nicht nur eine größere Zahl Tasten bietet, sondern auch mehr Umschaltmöglichkeiten. Daher wäre es Zeitgemäß, auch in der Schweiz wieder über ein „ß“ nachzudenken, und auch über das große Ä, Ö, Ü.

Statt dessen soll uns durch die Rechtschreibreform ein guter Teil der Leserlichkeit zusammen mit dem „ß“ entwendet werden. Ganz sicher stand der Wunsch der Schweizer dabei Pate, auch für den übrigen deutschsprachigen Raum nach dem Prinzip des kleinsten gemeinsamen Nenners eben gerade das „ß“ gänzlich abzuschaffen.

Dabei hat das „ß“ seine Wurzeln darin, daß man früher in Fraktur, Schreibschrift und Romanischer Schrift einen grundlegenden Unterschied machte zwischen einem „s“ am Wort- oder Wortstammende und dem „s“ am Wortanfang oder innerhalb der Silbe. Es war dabei das Lang-s der gewöhnlichere Fall, das Rund-s oder auch Schluß-s, welches wir heute verwenden, war der Sonderfall, der das Wort- oder Wortstammende anzeigte. Fiel also ein „ss“ auf das Wortende, so wurde es mit Lang-s und Rund-s geschrieben. Ich werde ein Beispiel geben, und da dieser Computer in dieser Schrift kein Lang-s haben wird, werde ich statt dessen das „ƒ“ mißbrauchen, welches dem Lang-s recht ähnlich sieht; ( Wenn auf ihrem Computer kein langes geschweiftes s zu sehen ist, bitte alle diese Zeichen >> ƒ << gegen ein f oder, sofern verfügbar, ein langes geschwungenes s, die Schweifung ähnlich wie bei der geschweiften Klammer, austauschen)

Schloƒs (=Schloß)

Bei der kleinen Rose, dem Rös-chen hat man „Röschen“ geschrieben, so war dem damaligen Leser sofort deutlich, daß das „ch“ nach dem Schluß-s sich eben nicht zu „sch“ wie in „Schule“ ergänzte, sondern „s“ gefolgt von „ch“ zu sprechen war. Denn das Wort „Rüschen“ , früher „Rüƒchen“, hat nur den einen Buchstaben „ü“ anders, es wird aber gänzlich anders gesprochen.

Röschen = Rös-chen
Rüƒchen = Rü-schen

Wir haben heute kein Lang-s mehr in den meisten verwendeten Schriften, so daß wir schon heute bei den beiden Wörtern „Röschen“ und „Rüschen“ erst nachdenken müssen, um sie lesen zu können.

Unsere Altvorderen wußten aber noch mehr mit dem Lang-s zu signalisieren:

Glückstag
Michaelstag
Klüverstag
Backstag

Tja, was denn nun: Tag oder Stag?

Glücks-Tag
Michaels-Tag
Klüver-Stag
Back-Stag

früher hat es eben so ausgesehen:

Glückstag
Michaelstag
Klüverƒtag
Backƒtag

(man verzeihe mir nochmals das „ƒ“ anstelle von Lang-s, aber es geht eben nicht anders)

Somit war klar, daß das „s“ in „Michaelstag“ eben kein „st“ wie in „Stecker“ ergibt, sondern ein „s - t“
Und der Stag, der das Klüversegel trägt (Ja, Ihr Wasserratten, das waren noch Zeiten ...) war ebenso klar erkenntlich

heute:
plastisch
Glastisch
spastisch

früher:
plaƒtiƒch ( = pla-ƒtiƒch = pla-stisch)
Glastiƒch ( = Glas-Tiƒch = Glas-Tisch)
spaƒtiƒch ( = spa-ƒtiƒch = spa-stisch)

Das „s“ hat eine Vielzahl unterschiedlicher Funktionen. Mit „ch“ wird es zum „sch“, mit „p“ wird es zum „sp“, mit „t“ wird es zum „st“, es steht aber oft auch als Ablaut und Silbentrenner, wie in „Unterhaltsforderungen“. Trifft es in einem solchen Fall auf ein „s“ als Wortanfang, ergibt sich ein „ss“, wobei das zweite „s“ weich gesprochen wird

Interessanterweise kannte man früher eben nicht nur das „ß“, also „ƒs“, sondern man kannte eben auch ein „sƒ“

heute
Vergnügungssucht, Ereignisserie, Zeugnissammlung

früher
Vergnügungsƒucht, Ereignisƒerie, Zeugnisƒammlung

Ja, aber was hat das mit dem „ß“ heute zu tun?

Wann immer früher am WortENDE ein „ss“ stand, wurde draus ein Lang-s + Schluß-s : naƒs=naß, groƒs=groß

Dieses Scharf-s hat sich so sehr für die Übersichtlichkeit bewährt, daß es als unverzichtbar bis heute erhalten blieb.

Wir sehen also: das „ß“ hat und hatte NICHT damit zu tun, daß der Vokal davor LANG oder KURZ gesprochen wurde, sondern hatte lediglich signalisiert, daß der Doppellaut „ss“ am WortENDE oder WortstammENDE steht. Dies ist eine wichtige Eigenschaft, denn trotz der vielfältigen Verknüpfungsmöglichkeiten in der deutschen Schriftsprache war eine EINDEUTIGE Zuordnung des jeweiligen „s“ zum jeweiligen Wort oder Wortstamm gewahrt.

Stand das „ss“ in der WortMITTE wie bei „Wasser“, so wurde draus „Waƒƒer“ mit zwei Lang-s. Da aber das Lang-s in die heutige Zeit einfach als Rund-s übersetzt wurde, lesen wir heute eben nicht mehr „Waƒƒer“ sondern „Wasser“

Wo das „st“ als „scht“ gesprochen wurde, war es ein Kombinationslaut und es galt die Regel: trenne nie es-teh ...
Deswegen konnte das „st“ in der Form „ƒt“ eine Ligatur sein und wurde als Doppelbuchstabe zusammengegossen.
Nur wenn es in der Form „st“ also Schluß-s + t verwandt wurde, durfte und konnte es auch getrennt werden (und war auch keine Ligatur), denn die Wortfuge lief hier mitten zwischen „s“ und „t“.

Ein weit verbreiteter Irrtum ist die Bezeichnung „Eszett“ für das „ß“. Es sah bei oberflächlicher Betrachtung aus wie ein „ƒz“. Tatsächlich konnte eine Zusammenziehung eines mit Breitfeder gezeichneten Lang-s mit dem Rund-s durch die Überdeckung und den Zierstrich im Rund-s aussehen wie ein „ƒz“, hatte aber mit einem „z“ nichts zu tun.

Rätsel
Auf dem Weg nach Hause traf ich ihn zufällig am Bussteig,
er knabberte an einem Nussteilchen und bot mir die Erdnusstü-
te hin, grabschte sich dann schnell selbst noch einige Nussstü-
cke, Genuss süchtig wie er war. Wir drängten bald mit den and-
eren um die Wette, von irgendwo plärrten noch die Schlusscho-
räle von Mozarts Requiem. Busschaffner gab's ja damals noch.
Während des Karte Lösens zog ich umständlich die Kokosscho-
kolade heraus. „Du immer mit deiner Kokosschokolade“ nu-
schelte er zwischen den Erdnüsschen hindurch...

Auflösung:
Auf dem Weg nach Hause traf ich ihn zufällig am Bussteig,
er knabberte an einem Nußteilchen und bot mir die Erdnußtü-
te hin, grabschte sich dann schnell selbst noch einige Nußstük-
ke, genußsüchtig wie er war. Wir drängten bald mit den ande-
ren um die Wette, von irgendwo plärrten noch die Schlußcho-
räle von Mozarts Requiem. Busschaffner gab's ja damals noch.
Während des Kartelösens zog ich umständlich die Kokosscho-
kolade heraus. „Du immer mit Deiner Kokosschokolade“ nu-
schelte er zwischen den Erdnüßchen hindurch. ...

früher:
Auf dem Weg nach Hauƒe traf ich ihn zufällig am Busƒteig,
er knabberte an einem Nußteilchen und bot mir die Erdnußtü-
te hin, grabƒchte ƒich dann ƒchnell ƒelbƒt noch einige Nu߃tük-
ke, genu߃üchtig wie er war. Wir drängten bald mit den ande-
ren um die Wette, von irgendwo plärrten noch die Schlußcho-
räle von Mozarts Requiem. Busƒchaffner gab's ja damals noch.
Während des Kartelöƒens zog ich umƒtändlich die Kokosƒcho-
kolade heraus. „Du immer mit Deiner Kokosƒchokolade“ nu-
ƒchelte er zwischen den Erdnüßchen hindurch. ...


--------
Ende alter Beitrag

– geändert durch Karl Eichholz am 25.09.2001, 14:01 –
__________________

mit herzlichen Grüßen
Karl Eichholz


eingetragen von Theodor Ickler am 24.09.2001 um 07.30

Die Heysesche s-Schreibung ist eine Hauptfehlerquelle. Im Interesse der Schüler sollte sie reformiert werden.
__________________
Th. Ickler


eingetragen von uwe am 24.09.2001 um 07.12

Lachs-türme
Wenn es sich um Türme voller Lachs handelt ist die Trennung ok, wenn es Lach-stürme sein sollen, würde kein Mensch auf die Idee kommen, zwischen st zu trennen (genau so wenig wie zwischen tü)
selbstvers-tändlich
Wiederum ein misslungenes Beispiel. Da ich nur ganze Wortsilben trenne, wird hier wie folgt getrennt: selbst-ver-ständ-lich
Dis-tanz
Was spricht dagegen ?
Kons-tanz
Da nicht der Tanz gemeint ist, würde ich Kon-stanz bevorzugen.

Spricht aber alles nicht dafür, das Trennen von st generell zu verbieten, weil es in vielen Fällen sinnvoll ist: Wes-te, Kis-te, Reis-tafel ...

Jetzt erwarte ich eine Benotung!

UWE


eingetragen von Norbert Schäbler am 24.09.2001 um 06.33

Lieber Uwe!
Ich habe meinen Arbeitsauftrag erweitert und werde ihn auch für Dich differenzieren. Du sollst ja auch was machen können.
Du mußt selbstverständlich nicht in Sütterlinschrift schreiben, sondern Du darfst mit Deinem Tastenbrett arbeiten und auch Deine "St-Trennregel" anwenden.
Also: Lachs-türme, selbstvers-tändlich, Dis-tanz, Kons-tanz
Du darfst auch singen bei der Arbeit!
__________________
nos


eingetragen von uwe am 24.09.2001 um 06.13

dass man einen Lehrer damit entzücken kann, wenn man ihm eine Frage stellt. Die Arbeitsaufträge sind auch schon da und am Schluss steht die Benotung an. Oh je !

Der Ausflug in die alte deutsche Schrift war ja recht interessant, ist aber hinsichtlich der Beurteilung der neuen Rechtschreibung kaum von Bedeutung. Dass Wortgebilde wie z. B. Missstand, Schlussstrich etc. Probleme in der Lesbarkeit hervorrufen können, ist doch sonnenklar. Sie kommen jedoch eher selten vor und man kann sich recht schnell daran gewöhnen. Dieser kleine Nachteil wird sehr schnell dadurch aufgewogen, dass aus ökonomischen Gründen eine Reduzierung der ß-Schreibung vorteilhaft ist.

UWE


eingetragen von Norbert Schäbler am 24.09.2001 um 04.55

Könnte hier mal jemand die nachfolgenden Wörter in die Sütterlinschrift übertragen?
... dasselbe, außerhalb, ausgehen, Küßchen, Schlußspurt, losstürmen, zusammen, Messerklinge, "Messergebnis" ...
Da fallen mir gerade noch ein paar Wörtchen ein, weil es der Uwe ja mit der Trennung von "st" so genau nimmt.
Bitte auch in Sütterlinschrift umsetzen:
... Wohnungstür, Frühstückstee, Lachstürme, Wachstube, erster, Konstanz, Distanz, Instanz, abstrakt ...
__________________
nos


eingetragen von Elke Philburn am 24.09.2001 um 00.11

>>Diese Schrift hat einem Spezialkenntnisse über die Wortbauweise abverlangt.<<

Naja, das beschränkt sich auf die Unterscheidung zwischen Rund-s und Lang-s, sonst ist es Hose wie Jacke.








eingetragen von Reinhard Markner am 23.09.2001 um 20.56

Die Sütterlinschrift ist nicht dasselbe wie die »deutsche« alias Kurrentschrift. Vielmehr war sie ein Mittelding zwischen lateinischer und deutscher Schreibschrift, ersonnen von einem Lehrer namens Sütterlin. In einigen (nicht allen) Ländern war sie in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts die in der Schule bevorzugt gelehrte Schrift.


eingetragen von Norbert Schäbler am 23.09.2001 um 15.26

Mit leicht ironischem Schmunzeln stelle ich Interesse fest.
So wird es aufwärts gehen.

Die Sütterlinschrift haben wir - ich bin gerade mal 50 - noch in der höheren Schule gelernt. Man sagt auch Deutsche Schrift dazu. Es ist die Schrift, in der unsere Uropas und Uromas schreiben. Sie wirkt unheimlich eckig und spitz. Die lateinische Ausgangsschrift dagegen ist wesentlich runder und gleichförmiger.
Das Besondere an der Sütterlinschrift ist, daß sie zwei verschiedene Zeichen für den Buchstaben "s" in der Wortmitte hatte, das sogenannte "Rund-s" und das "Spitz-s".
Diese Schrift hat einem Spezialkenntnisse über die Wortbauweise abverlangt.
Man mußte sozusagen beim Schreiben denken. Das muß man heute nicht mehr so arg.

__________________
nos


eingetragen von uwe am 23.09.2001 um 15.16

Was bitteschön ist die Sütterlinschrift ???


eingetragen von Norbert Schäbler am 23.09.2001 um 15.01

Lieber Uwe!

Was ist denn eigentlich so schlimm dran, wenn man in seiner Muttersprache noch etwas dazulernt - über Funktionen und Grammatik, oder Wort- und Satzbautechniken ...
Daß Du, Uwe, wenig Sinn hast für Spezielles - oder aber, daß Du nur störst, um des Störens willen, wird mir immer klarer.

Jetzt haben der Karl Eichholz und ich die ganze Zeit mit dem Scheunentor gewunken, und Dich auf die sogenannte Silbenfuge (auch Silbengelenk oder Silbengrenze) hingelenkt, doch Du mimst den Blinden und erzählst was von Icklers Tafeln. Halt doch ganz einfach die Klappe, wenn Du zu einem Thema nicht mitreden willst, oder geh in die Mädchendusche, bring uns ein Paar Tassen Tee und laß Deine Smylies tanzen. Dort unten im Gästebuch kannst Du Gaudi machen, so viel Du grad magst.
Nur, wenn Du was lernen willst, dann solltest Du Fragen stellen, und dann wird Dir irgendwer, irgendwann - sozusagen zur Vertiefung der Erkenntnisse - den Tip geben mit der "Sütterlinschrift".
Hast Du diese Schrift eigentlich jemals gelernt? Mir scheint: nicht! Denn sonst hättest Du ein ganz anderes Auge für die Wortmitte und die Silbengrenzen.

__________________
nos


eingetragen von Theodor Ickler am 23.09.2001 um 14.37

Uwe hat kürzlich die st-Regel entdeckt (31.8.2001). Toll!

Aber mal im Ernst: Ist es möglich, daß dieser Mann immer noch nicht begriffen hat, was meine Regeln sind? Keine neue Rechtschreibung, sondern eine Beschreibung der bisher üblichen. Ich habe also gar nichts dagegen, daß st getrennt wird (hier schon viele Male gesagt). Nur üblich war es bisher nicht.
Man kann natürlich auch eine Reform machen. Dazu müßte man erst einmal die bisherige Schreibweise richtig darstellen. Das ist nun geschehen. Und dann kann man überlegen, was zu reformieren sich lohnt - angesichts der materiellen und immateriellen Kosten, die mit jeder Reform nun mal verbunden sind.
Aber was rede ich! Hier scheint wirklich alles vergebens.
__________________
Th. Ickler


eingetragen von uwe am 23.09.2001 um 14.01

Ich habe mir die Mühe gemacht und die Icklerschen Regeltafeln einmal näher betrachtet. Sind das die Regeln, die die Erlernbarkeit und Beherrschbarkeit unserer Rechtschreibung auf geniale Weise vereinfachen ?

Leider nicht!

Es ist ein Abklatsch der überholten Rechtschreibung mit ihren vielen faulen Eiern.

Beispiele:
"st wird nicht getrennt", "ck wird zu kk"

Diese unsinnigen Trennregeln übertreffen alles, was die neuen Rechtschreibregeln an Ungereimtheiten zu bieten haben. Das ist doch völlig willkürlich. Welche einleuchtende Erklärung gibt es dafür, Wes-pe trennen zu dürfen und Wes-te nicht ??? Und warum soll ich Zuck-er nicht so trennen dürfen, wie es verständlich und nachvollziehbar ist ?

Sparsamkeit: Treffen drei Konsonanten aufeinander wird einer weggelassen. Aber auch von dieser Ausnahme gibt es eine Ausnahme, wenn der folgende Buchstabe wiederum ein Konsonant ist. Ach ja, und wenn dieses Wort getrennt wird, gilt diese Regel nicht.

So einen Unsinn hätten sich nicht einmal die Rechtschreibreformer ausdenken können.

Also, der große Wurf sind diese Regeltafeln sicher nicht.

UWE


eingetragen von Karl Eichholz am 23.09.2001 um 10.03

Zitat:
... und arbeitet an einer Weiterentwicklung der verkorksten Rechtschreibregeln ... !

Wir wollen doch den Fortschritt!
Nie und nimmer nich wollen wir auch nur einen Mikrometer zurück ins düstere Mittelalter. Wir wollen uns doch nicht blamieren? Und die armen Kinder, die werden dadurch noch gänzlich verwirrt. Ein Umlernen (von dem was sie sowieso noch gar nicht gelernt haben?) ist ihnen keinesfalls zuzumuten.

Nein nein, Vortschritt geht nach Vorne, wie das Wort ja schon angibt. Nicht zurückschauen!

Naja, und natürlich werden sie auch weiterhin in sterilen Plastiktüten aufgeZogen, und nur kurz in der Schule mal rausgelassen. Sperrt die Literatur weg, sie wäre das Verderben für unsere Schützlinge. (Denn wir selbst sind ja auch davon verderbt worden?)

freecht


__________________

mit herzlichen Grüßen
Karl Eichholz


eingetragen von Karl Eichholz am 23.09.2001 um 07.53

natürlich war das ein ferseen.

oder, etwas diplomatischer formuliert:
Ich wollte Euch nur mal testen.

Bevor ich aber hinpreschte und eine Fallrückzieher machte, sah ich nochmal in den Guckel, und siehe da: chreme 165 Einträge, Kreme 41900, creme 444000. Nusscreme 140. Danke! ich bin doch nicht allein auf dieser Welt!

Vorsicht vor dem bisschen Hund!



(könnte da alternativ auch noch offerieren:

Glasscheibe, Fässchen, Krebsschere, Gasschrank, Flüsschen, Nasschemie, Nascherei, Nussschale; und Schlusschoral kennen wir ja schon; immerhin kommen allein hier schon 5 Aussprechvarianten vor)

Zitat:
... in Anlehnung an die Eiskrem zur Nusskrem verdeutscht.

Schön. Und wie machen wir es mit Schlusschoral?
einen Schlusskoral? Sieht sehr lecker aus.

:-)


__________________

mit herzlichen Grüßen
Karl Eichholz


eingetragen von Theodor Ickler am 23.09.2001 um 07.46

Wer will denn die alten Rechtschreibregeln zurückhaben? Wir wollen die "alte" Rechtschreibung zurückhaben, nicht die Regeln dazu, also die Dudenregeln. Ist es denn so schwer, diesen Unterschied zu begreifen, auf den beinahe alles ankommt?
Herr Uwe allerdings hat oft genug gesagt, daß er das alles gar nicht so genau wissen und auch meine Neudarstellung nicht kennenlernen will. Schade, da entgeht ihm was. Ich bilde mir nämlich ein, daß ein intelligenter Mensch an meinen Regeln ein eigentümliches Vergnügen haben kann, was natürlich nicht heißt, daß er mit allem einverstanden sein muß. Ich freue mich im Gegenteil über Kritik. Öde finde ich bloß den Scheuklappenblick auf diese interessante Sache.

Zum ss: Im Urlaub habe ich viele grosse heisse Klösse in verschiedenen Strassen gesehen. Heyses Kuckucksei eben.
__________________
Th. Ickler


eingetragen von uwe am 23.09.2001 um 07.05

wäre es nicht zu einem Durcheinander gekommen.

Also, liebe Rechtschreib-Experten,

fordert nicht die alten Rechtschreibregeln zurück sondern akzeptiert die ss-Schreibung und arbeitet an einer Weiterentwicklung der verkorksten Rechtschreibregeln mit. Alles andere ist doch sinnlos.

UWE


eingetragen von Theodor Ickler am 23.09.2001 um 06.32

Nicht die neuen Regeln, sondern das durch sie ungewollt angerichtete Durcheinander bietet einen ausgezeichneten Anlaß, sich von der früheren Unduldsamkeit gegen Varianten zu befreien.
__________________
Th. Ickler


eingetragen von uwe am 23.09.2001 um 05.43

Sie sprechen mir aus dem Herzen:

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Elke Philburn

Ich sehe keinen Sinn darin, die Rechtschreibung auf EINE Norm festzulegen und Varianten weitgehend auszuschließen. Geschriebene Sprache ist nicht eindeutiger oder klarer, weil sich jemand sklavisch an die eine oder andere Variante hält. Wünschenswert wäre es, die Akzeptanz mehrerer Varianten dort einzuräumen, wo das Verständnis nicht getrübt wird. Die neuen Rechtschreibregeln bieten m. A. einen exzellenten Ansatz dafür.


So schön hätte ich das nie ausdrücken können. Da WL den Tee ausgeschlagen hat, erlaube ich mir, einen Tee (aber bitte nur Ostfriesen-Tee) mit Ihnen zu schlürfen:



UWE

Nebenbei bemerkt: Inzwischen über 4.000 Seitenaufrufe zu diesem Leitthema und riebefrei





eingetragen von Walter Lachenmann am 23.09.2001 um 04.27

»Oh yeah, man!«
(beiseite): Jetzt aber nix wie weg!
__________________
Walter Lachenmann


eingetragen von Elke Philburn am 22.09.2001 um 23.49

Verstehe, Herr Lachenmann.

Eine Möglichkeit wäre, die Schreibung 'ch' solchen Wörtern vorzubehalten, bei denen der Bajuware die Aussprache 'k' pflegt, während der Rest zwischen 'ch' und 'sch' schwankt ('Chimäre', 'Chemie', 'China').

Herrn Eichholz seine Nusscreme wird dann in Anlehnung an die Eiskrem zur Nusskrem verdeutscht.

And now: Let's have a nice cup of tea.




eingetragen von Walter Lachenmann am 22.09.2001 um 22.33

Das finde ich unfair.
Daß man Creme nicht Chreme schreibt, ist doch pure Willkür.
Schreibt man doch auch Chor und nicht Cor, Chrom und nicht Crom, Chemie und nicht Cemie. Man stelle sich vor, Kuddel hätte sich nicht vertuddelt und stattdessen gebracht Presschrom, das gibt es in der moleculären Prozesschemie, und schon ßdimmt die Schohse wieder.
Also, Madame, Sie haben verstannen, worums geht. Und darauf ist Ihnen nichts Besseres eingefallen als ein albernes uwesches Grinsemannchen. Es ist mir peinlich. Ich hoffe, Sie machen mir keine Schande in dieser Runde, schließlich schelle ich mich stützend vor Sie, mit allen damit verbundenen Prangerrisiken.

– geändert durch Walter Lachenmann am 24.09.2001, 05:45 –
__________________
Walter Lachenmann


eingetragen von Norbert Schäbler am 22.09.2001 um 20.33

Das ist ein Küs-
schen wert.
__________________
nos


eingetragen von Elke Philburn am 22.09.2001 um 20.18

Angry

„Nusschreme“

Oi, oi...



eingetragen von Karl Eichholz am 22.09.2001 um 10.31

eine Kollegin von mir hat dies gestern auch erst ins Feld geführt: ss schreibt sich einfacher und schneller als ß.
Nun mag man die Stoppuhr mal beiseite lassen, eine etwaige Erleichterung ist eine eher„akademische“ Betrachtung. (abgesehen davon, daß Texte in der Tat spürbar länger werden)

Tatsache ist hingegen, daß wir stets bemüht sind, uns so einfach wie möglich verständlich zu machen, und da ist das ß eine sehr wertvolle Hilfe. Die Überlegung „sss“ oder „ss“ oder „s“ dürfte im Zeitaufwand auch erheblich ungünstiger liegen als „ß oder nicht“.

Zitat:
Die großgeschriebenen Substantive sind die Leuchttürme über dem Satz,
und der Satz kann sie brauchen -
um so dringender, je schlimmer er verschachtelt ist.


Wolf Schneider


Was hier für die Hauptwörter so schon beleuchtet ist, gilt ganz genauso auch für das ß. Es gibt uns ein Halteraster im Lesefluß und vermindert deutlich mißverständliche Buchstabenkombinationen.

Schlusssatz / Schlußsatz
Schlussakkord / Schlußakkord
Schlusschoral / Schlußchoral

Da nützt es dem Leser herzlich wenig, wenn die Sekretärin beim Tippen 3 Mikrosekunden einsparen konnte, er jedoch bei „Schlusschoral“ oder „Nusschreme“ drei Minuten benötigt, um die Bedeutung zu ergründen.



__________________

mit herzlichen Grüßen
Karl Eichholz


eingetragen von Theodor Ickler am 22.09.2001 um 02.36

Man kann nicht oft genug sagen, daß die größere Freiheit, die das jetzige Durcheinander mit sich zu bringen scheint, von den Reformer durchaus nicht gewollt war. Ihr Ziel war die strenge Festlegung, um "Unsicherheiten" zu beseitigen. Also dasselbe Ziel wie beim alten Duden, aber unter besonderer Mißachtung des tatsächlichen, gewachsenen Schreibbrauchs. In beiden Fällen liegt eine sehr enge Auslegung des vermeintlichen Schüler- , vor allem aber Lehrerinteresses an "eindeutigen" Regeln und Wörterbucheinträgen zugrunde. Daß dadurch zwar das Wörterbuch in seiner Rolle als ständig zu benutzendes Nachschlagewerk ("Den Duden bruacht jeder") gestärkt wird, nicht aber die Rechtschreibfähigkeit des Schülers, sah man nicht.
Die größere Freiheit wird allerdings jetzt als wohltätige Wirkung der Reform ins Feld geführt, genauso wie man den erhöhten Nachschlagebedarf als günstige Verstärkung des "Problembewußtseins" und einer vermehrten Beschäftigung mit Sprache anführt. Angestrebt war aber das Gegenteil.
__________________
Th. Ickler


eingetragen von Elke Philburn am 22.09.2001 um 02.06

Sehr geehrter Herr Lachenmann,

ich habe mal in Pauls Deutschem Wörterbuch nachgeschlagen, und, ja, es gibt statt 'wohl gelitten' oder 'wohlgelitten' auch die einfache Form 'gelitten' mit derselben Bedeutung. In diesem Fall wäre es tatsächlich nicht klar, ob das vorangehende 'wohl' als Adverb zu verstehen ist (im Sinne von 'vermutlich'), oder ob es lexikalisch zum Wort 'gelitten' dazugehört.

Die Sache ist nur, dass der Gebrauch von 'gelitten' im Sinne von 'beliebt' so selten ist, dass mir das Missverständnis aufgrund der Getrenntschreibung nicht so recht einleuchtet.


>>Wir haben seit der Reform ein orthographisches Kuddelmuddel, weil Gewohnheiten aufgerissen worden sind<<

Zustimmung. Wobei ich das, was Sie als 'Kuddelmuddel' bezeichnen, im positiven Sinne als größere Freiheit in der Rechtschreibung beschreiben würde. So sehr die neuen Regeln auch Sinn machen, indem sie z. B. Widersprüchlichkeiten beseitigen, so kommt man doch vom Regen in die Traufe, wenn es darum geht, statt der alten nun die neuen Regeln zu pauken.

Ich sehe keinen Sinn darin, die Rechtschreibung auf EINE Norm festzulegen und Varianten weitgehend auszuschließen. Geschriebene Sprache ist nicht eindeutiger oder klarer, weil sich jemand sklavisch an die eine oder andere Variante hält. Wünschenswert wäre es, die Akzeptanz mehrerer Varianten dort einzuräumen, wo das Verständnis nicht getrübt wird. Die neuen Rechtschreibregeln bieten m. A. einen exzellenten Ansatz dafür.



@Herr Schäbler:

Warum 'ss' ökonomischer sein soll als 'ß' erschließt sich mir nicht. Ist doch das 'ß' letzten Endes nichts anderes als die zusammengeschweißte Form von einem großen und einem kleinen 's'. Selbst auf meiner Tastatur muss ich meine Finger mehr verrenken, um ein 'ß' zustandezubringen als zwei 's'. Und was die Lesefreundlichkeit betrifft, glauben Sie mir, die bereitet selbst dem unbegabtesten Schüler weniger Schwierigkeiten als die Einhaltung solcher Art von Regeln beim Abfassen von eigenen Texten.


eingetragen von Norbert Schäbler am 21.09.2001 um 11.43

Jetzt ist bei mir der Groschen gefallen. Das war eine Empfehlung für die Vermeidungsschreibung (für "wohlgelitten" schreibe stets "beliebt").
Wenn man das konsequent durchdenkt - und so ein Selektier oder auch Sektierer ist, wie ich einer bin - dann muß (sollte) ich ja auch auf alle Wörter verzichten, die früher mit "ß" geschrieben wurden und für die seit 1996 ein "ss" festgelegt worden ist.
Da aber habe ich gar keine Lust dazu, weil das vorher besser war und lesefreundlicher und kürzer und ökonomischer.

Haben Sie eigentlich schon "schriftlich nachgedacht" - (das ist mein Vermeidungsbegriff für das Wort "Strafarbeit") - Frau Philburn?
Wenn nicht, dann kriegen Sie gleich noch fünf neue Wörterpärchen aufgebrummt:
"Nussschnecke, Nussschokolade, Nussstange, Schlussspurt, Fassspund." - nebst:
"Nußschnecke, Nußschokolade, Nußstange, Schlußspurt, Faßspund."
Und wenn Sie das so schön untereinanderschreiben, wie ich das vorgegeben habe, dann erkennen Sie auch, was ich mit Sparsamkeit und Lesefreundlichkeit gemeint habe.


__________________
nos


eingetragen von Walter Lachenmann am 21.09.2001 um 10.08

Linguisten machen sich und anderen das Leben allerdings gelegentlich auch unnötig schwer.

Eindeutigkeit war wohl gegeben, als Scholl-Latour sprach. Daß er »wohlgelitten« (affirmativ) gemeint haben muß und nicht »wohl gelitten« (vermutlich) wird man an der Art und Weise gehört haben, wie er dies sprach, sowohl vom Zusammenhang her aber auch von der Betonung.

Er könnte aber auch gesagt haben, die Deutschen seien unter Arabern »sehr wohl gelitten« (Betonung auf wohl und auf gelitten, d.h. im Gegensatz zu gegenteiligen Behauptungen etwa). Dann hätte man das auseinandergeschrieben, obwohl es nicht den Sinn von »wahrscheinlich gelitten« hat.

Wenn man in dem Bericht aber schreibt »wohlgelitten« anstelle des sicherlich auch nicht falschen aber nicht eindeutigen »wohl gelitten«, gibt es keine Unklarheit. Vor der Reform wäre es sicherlich ohne jegliche grammatikalisch-spitzfindige Überlegung »wohlgelitten« geschrieben worden. Also verdanken wir der Reform Verunklarungen im Schriftlichen, die wir vorher nicht hatten. Deren Rechtfertigung durch grammatikalische Reckübungen (adjektivische Anwendung, Passiv, wer weiß denn schon, was das überhaupt ist), die kein normaler Mensch jemals beim Schreiben vornimmt oder beim Lesen nachvollziehen kann, macht den Sachverhalt selbst nicht günstiger. Wir haben seit der Reform ein orthographisches Kuddelmuddel, weil Gewohnheiten aufgerissen worden sind; linguistische Rechtfertigungen, seien sie in einzelnen Fällen sogar formal »richtig«, für sprachliche Unklarheiten hat man vorher gar nicht gebraucht, weil sich Schreibweisen etabliert haben, die unmißverständlich, wenn auch vielleicht nicht die einzig »richtigen« waren.


– geändert durch Walter Lachenmann am 22.09.2001, 19:16 –
__________________
Walter Lachenmann


eingetragen von Elke Philburn am 21.09.2001 um 00.42

Liebe Frau Morin,

Sie machen sich das Leben unnötig schwer, indem Sie Uneindeutigkeit wittern, wo gar keine ist.

Dass es sich bei "wohl gelitten" um die adjektivische Anwendung des Verbs "leiden" handelt, ergibt sich aus dem Hilfsverb "sein".

Ginge es um das Passiv von "leiden" im Sinne von "erdulden", wäre das Hilfsverb "werden":

"Sie werden gelitten."

(A propos Beliebtheit: Sollte Ihnen Ihre Tätigkeit als Übersetzerin weiterhin sprachliche Schwierigkeiten bereiten, so wenden Sie sich hilfesuchend an mich. Oder an 'Google'.)


Sehr geehrter Herr Schäbler,

>>Frau Philburn hat die von Frau Morin aufgeworfene Frage nicht einmal zu 50 Prozent erfüllt. Zum Thema Getrennt- und Zusammenschreibung - aufgeworfen am ausgesuchten Wortbeispiel "wohlgelitten" - gab sie die Antwort, man könne den Wortteil "gelitten" durch das Wort "beliebt" ersetzen.<<


Lehrer scheinen gelegentlich (?) selektiv wahrzunehmen. Es ging nicht um das Wort "gelitten", sondern um den Ausdruck "wohl gelitten". Und der ist im Kontext völlig eindeutig, ob zusammengeschrieben oder getrennt.


>>Lehrer sind schrecklich. <<

Gelle, Herr Lachenmann! ;-)


eingetragen von Norbert Schäbler am 20.09.2001 um 20.14

Jetzt muß ich wohl etwas klarmachen, nämlich die Sache mit dem Liebesentzug.
Ich mag Euch doch alle, selbst wenn Ihr schon ganz lange aus der Schule herausseid - alle miteinander, angefangen vom Klassenclown bis hin zum Stänkerer und Streber, und das völlig zeitlos.
Ich habe Euch lieb gewonnen. Oder schreibt man das heutzutage zusammen. Ist ja wurscht, Ihr wißt ja, was ich meine.

__________________
nos


eingetragen von Walter Lachenmann am 20.09.2001 um 20.05

Daß ich mich mit einem Orthographie-Ignoranten und Quotenjäger wie »uwe« solidarisieren würde, hätte ich mir im Kinderwagen auch nicht träumen lassen. Aber wo er recht hat, hat er recht. Lehrer sind schrecklich.
Schäbler ist ein schrecklicher Lehrer, fast wie der keulenschwingende Prangerverkäufer. Wie kann ein Lehrer, ein Mensch, der was von Noten versteht, ohne im geringsten musikalisch zu sein, behaupten, ich - der staatlich anerkannte Stänkerer, Selbstdarsteller, Dampfplauderer, Schwadroneur und Charmeur - wollte der Elke ein »sehr gut« verabreichen dafür, daß sie eine Fragestellung falsch verstanden hat!
Nein: Der Schäbler - A-Klasse unter den Klassenbesten - hat den Elk-Test nicht bestanden. Es geht, bei präziser Auslegung dicht am Text hätte er es merken müssen, auch wenn er glücklich verheiratet ist, es geht um: Liebe!
Der Elk liebt die Elke - das ist das Natürlichste auf der Welt. Und nur, weil sie statt daß lieber dass schreibt und eine Fragestellung nicht gleich kapiert hat, wird ein anständiger Elk der Elke doch nicht die Liebe entziehen wollen - er schnitte ja selbst dabei schlecht ab, denn gescheite Frauen sind die liebenswürdigsten. Und die Fragen, auf die es im Leben wirklich ankommt, verstehen sie schon, bevor die dummen Elks überhaupt wissen, daß es welche sind.
In der Klasse kann man ja die Mädchen und die Buben auseinander setzen, dann muß man sich mit solcherlei Fragen nicht auseinandersetzen.
Schäbler - wir sehen uns wieder in der Mädchendusche.
Bei kaltem Wasser!
Kommst Du nun zögernd oder zögerlich?
Sinnend oder sinnerlich, hinkend oder hinkerlich, fröstelnd oder frösterlich, östernd oder österlich, mitscher oder mitscherlich?



__________________
Walter Lachenmann


eingetragen von Michael Krutzke am 20.09.2001 um 19.38

Hallo Herr Schäbler,

was Sie über Lehrer und ihre Aufgaben schreiben, gilt für Fachleute sämtlicher Richtungen. Auch die müssen gelegentlich andere (die eben - noch - keine Fachleute sind) belehren. Und auch die dürfen dann bisweilen in Gesichter sehen, deren Ausdrucksgehalt dem der viel- und dennoch einfältigen "Schnuten" entspricht, die Ihr Klassenclown zu Beginn seiner Forumskarriere der versammelten Leserschaft so gern präsentierte.

Wo Herr Lachenmann seine Wertschätzung für Frau Philburns ernsthafte Diskussionsbeiträge (vor allem in einem anderen Forum zum Thema Sprache) ausdrückt, folge ich ihm, denn er bewertet das, was sie schreibt höher als die orthographische Form. Daß er ihr für letzteres ein "sehr gut" gäbe, kann ich nicht erkennen. Immerhin verdonnerte er sie ja zum 20maligen Schreiben besonders schöner Wortpaare. Ein möglicher Vollzug und Folgen dieser Lektion sind noch nicht bekannt.

Sie haben ja recht - warum sollte man ein Wort vermeiden? Insofern ist Frau Philburns Rat wenig originell und keine Antwort auf Frau Morins Beitrag. Eindeutig "Thema verfehlt"!

Liebe Frau Philburn, stellen Sie sich doch bitte mal folgendes vor: An Ihrem Rolls Royce wurde die "Emily" abgesägt, und der Hersteller bietet Ihnen als Ersatz einen stilisierten Wolf an. Was dieser Köter auf Ihrem Kühler soll, fragen Sie. Das sei nun so im Konzern, lautet die Antwort. Manches sei eben schwierig herzustellen, die Formenbauer müßten zuviel lernen, machten Fehler, und ein Wolf in moderner Form gäbe doch auch eine Kühlerfigur ab. Wie denn das sein könne, wollen Sie wissen. Die Konzernleitung in der gleichnamigen Burg habe eine Studie erstellen lassen, deren Ergebnis lautete: "Unsere internationalen Umfragen haben ergeben, dass die Marke mit dem Wolf einer großen Mehrheit der Befragten (91,2%) wohl bekannt ist." Auf dieser sicheren Grundlage habe man sich dann entschieden. Alles klar?

Zum Schluß und nebenbei: In seinem "Wieder Spruch!" zeigt W.L. doch wieder einmal, welche schönen Ausdrucksmöglichkeiten Sprache bietet - wenn man sie beherrscht. In diesem Sinne bringen mich sein erster und sein letzter Satz einfach nur zum Lachen Mann.

Michael Krutzke


eingetragen von Norbert Schäbler am 20.09.2001 um 14.06

Ein bißchen was zum Thema Lehrer:

Ich halte nicht sehr viel davon, den Lehrer dahingehend motivieren zu wollen, daß er sich künftig mit Halbwahrheiten zufrieden gebe und daß er künftig Genuß empfinde, wenn seine Schüler das gesteckte Ziel nur zu annähernd 50 Prozent erfüllt haben.
Und es ist nachgerade lächerlich, den Lehrer (mit geistlosem Nachplappern von Worthülsen) seiner Beurteilungskompetenz entheben zu wollen, denn dort, wo kein Richtmaß ist und wo keine Leistungsüberprüfung stattfindet, dort wuchert es und dort treiben seltsame Blüten.
Ganz deutlich möchte ich hervorheben, daß das (Be-) Urteilen des Lehrers nicht gleichzusetzen ist mit minderen Formen des Urteilens, und unserem Schelm Uwe möchte ich zu verstehen geben, daß er eben zu einer niederen Form - zu Vorurteilen und Pauschalurteilen - neigt.
Über einige in seinem Text ausgelegte Fußangeln sehe ich hinweg, kenne ich doch den Charakter des Klassenclowns, der seine Störmanöver wohlwissend vorbereitet.

Zum eigentlichen Thema:
Frau Philburn hat die von Frau Morin aufgeworfene Frage nicht einmal zu 50 Prozent erfüllt. Zum Thema Getrennt- und Zusammenschreibung - aufgeworfen am ausgesuchten Wortbeispiel "wohlgelitten" - gab sie die Antwort, man könne den Wortteil "gelitten" durch das Wort "beliebt" ersetzen.
Uwe und auch Herr Lachenmann würden dafür die Bewertung "sehr gut" erteilen.
Dazu aber bin ich nicht bereit, denn die Antwort hatte mit der thematischen Frage rein gar nichts zu tun. Das war "Thema verfehlt", und dafür, liebe Freunde, gibt es keine Eins mehr.





__________________
nos


eingetragen von Ursula Morin am 20.09.2001 um 12.47

Liebe Frau Philburn,
ich weiß nicht, was der Hinweis auf google soll. Haben Sie meine Mitteilung gar nicht ganz gelesen. Es ging hier um die Zweideutigkeit aufgrund der erzwungenen Getrenntschreibung. Sogar "Uwe" hat das begriffen!
Schade, bei Reformfreunden fühlt man sich oft, als ob man in der Wüste nach Wasser bohren würde. Nur selten wird man fündig ... Bitte nochmals lesen. Vielleicht verstehen Sie meine Frage ja dann.


eingetragen von uwe am 20.09.2001 um 09.35

unsere Lehrer. Immer (be-)urteilend.

Doch nun zu Ihnen, Frau Morin. Ich musste ein wenig nachdenken, da mir als Normalleser und -schreiber der Ausdruck "wohl gelitten/wohlgelitten" nicht geläufig ist. Insofern danke ich Frau Philburn (???) für die Aufklärung.

Es wird immer Beispiele geben, mit denen man die Regeln zur Getrennt- und Zusammenschreibung in Frage stellen kann. Daher bin ich ja in diesem Punkt auch kein Befürworter der Neuregelung sondern plädiere dafür, es in vielen Fällen dem Schreibenden zu überlassen, ob getrennt oder zusammen geschrieben wird. Wozu der Streit ?

Uwe


eingetragen von Walter Lachenmann am 20.09.2001 um 08.39

Die Frage, ob Frau Philburn wohl beliebt ist, darf in bejahender Form beantwortet werden, sie ist sogar wohlbeliebt!
Bei mir jedenfalls.
Sie schreibt zwar nicht immer so schön, wie wir Altorthographen es gerne hätten, aber sie macht sich ihre eigenen Gedanken und spricht sie aus. Daß die nicht jedem gefallen und von jedem bejubelt werden - das gehört zum Spiel und das geht ihr in dieser Runde bekanntlich nicht allein so.
Nie sollte man ein Urteil über einen Menschen, auch ob er beliebt ist oder nicht, daran festmachen, wie er schreibt, sondern daran, was er schreibt. Dummes Zeug (etwa über patriotische Ideale im Zusammenhang mit dem Umgang mit Begriffen aus anderen Sprachen) in makelloser herkömmlicher Rechtschreibung ist unsympathischer als gescheite Gedanken in einer orthographischen Form, die nicht jedem von uns Schreibästheten und -rechthabern rundherum gefällt. Und irren können wir alle.
Es soll Menschen geben, die schreiben so, wie es ihnen plausibel erscheint. Vielen erscheinen die auffälligsten Regelungen der Reform plausibel, etwa die ss/ß-Geschichten. Dann sollen sie so schreiben, und wenn sie wirklich einen Sinn für orthographische Ästhetik und Funktionalität haben, dann werden sie irgendwann herausfinden, daß die traditionelle Regelung Gold ist gegenüber dem Blei der neuen. Laßt sie 20mal die Wortpaare Schlussszene/Schlußszene, Basssolo/Baßsolo, Imbisssstand/Imbißstand, Nussschale/Nußschale, Fressack/Freßsack usw. an die Wandtafel schreiben, dann sitzt auch diese Lektion.
Aber doch nicht Liebesentzug - Herr Lehrer. Schäbeln Sie sich!

__________________
Walter Lachenmann


eingetragen von Norbert Schäbler am 20.09.2001 um 07.29

Hallo Frau Philburn!

Wenn Sie hier wohlbeliebt sein wollen, müssen Sie sich noch etwas mehr anstrengen!
__________________
nos


eingetragen von Elke Philburn am 20.09.2001 um 01.09

Hallo Frau Morin,

in solchen Fällen empfiehlt sich die Suche in http://www.google.com.

Danach bedeutet der Ausdruck etwa so viel wie 'beliebt'.


eingetragen von Ursula Morin am 19.09.2001 um 15.48

Gestern las ich ein Interview mit Peter Scholl-Latour in TV Hören und Sehen (eine sehr reformfreudige Zeitung), wo erwähnt wurde, wir seien unter den Arabern "wohl gelitten". Nun grüble ich schon die ganze Zeit darüber nach, ob Herr Scholl-Latour, der eigentlich sonst recht präzise im Ausdruck ist, damit gemeint hat, daß wir von den Arabern gerade noch so geduldet werden, oder ob er sagen wollte, daß wir unter den Arabern besonders beliebt sind.

Ich grüble zwar als Übersetzerin des öfteren über den Sinn von Sätzen in meinen "ausländischen" Vorlagen nach, daß ich das nun aber auch bei Texten in meiner Muttersprache tun muß, ist ein völlig neues Erlebnis. Und durchaus kein freudiges, denn es steht zu erwarten, daß die Schüler, die jetzt die "reformierte" Schreibung lernen, später reihenweise solche Unklarheiten produzieren werden.

Und - lieber Uwe, falls Sie antworten sollten, sagen Sie nun bitte nicht, das wäre ein unerheblicher Unterschied. Dieser Unterschied kann praktisch Krieg oder Frieden für uns bedeuten.

Werde daher nun auch bei TV Hören und Sehen nachfragen, ob dort jemand weiß, was Peter Scholl-Latour wirklich gesagt hat (an der Betonung merkt man das ja bis auf weiteres noch).


eingetragen von Thomas Paulwitz am 18.09.2001 um 13.49

Viel Spaß beim Suchen!

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von uwe
Ich sammle derzeit Argumente.

Uwe


eingetragen von uwe am 18.09.2001 um 12.51

mein Leitthema war ja schon sehr weit nach unten gerückt. Das will ich mal schnell wieder ändern.

Vielleicht geht es bald wieder weiter mit den "Vorzügen" der neuen Rechtschreibung. Ich sammle derzeit Argumente.

Uwe


eingetragen von Karl Eichholz am 03.09.2001 um 15.10

Zitat:
Im übrigen gefällt mir Ihr Verb "zurateziehen". Es ist zwar in keinem Wörterbuch in dieser orthographischen Form zu finden, jedoch liest es sich gut. Vielleicht hält es mal Einzug im Ickler-Wörterbuch.

„zurateziehen“

Dies resultiert aus der vollkommen natürlichen Fortführung der Entwicklung, wie sie verstärkt seit der Mitte des 20. Jahrhunderts stattfindet (Statt findet??)

Ich war mit mir am hadern: zu Rate ziehen? (wie „zu Leibe rücken“ oder „zu Gericht sitzen“ ??)
oder besser zurate ziehen? (so stets glaub ich im Duden(alt) )

Und wie spreche ich es aus?

Na logo: zurateziehen.
Jeder weiß, was gemeint ist, keiner vermißt irgendwelche Großschreibung.
Wenn man nicht rechtzeitig anfängt, die Zukunft zu bemühen, dann kommt sie NIE über uns :-)

Eigentlich bin ich ein starker Freund für dieserart Zusammensetzungen. Wenn denn nur manchmal die Wörtlänge nicht wäre ...


Leider, leider wird die Eleganz, zu der unsere Schriftsprache sich hinentwickelte, vollkommen zerstört durch diese miese marode Marotte, wo sich auch noch „Reform“ schimpet.

Dennoch: wenn man nicht den Blick erhebt, wird man niemals hinter die Wolke schauen.

Haltet die Wackeloohrn ßdeiff!



__________________

mit herzlichen Grüßen
Karl Eichholz


eingetragen von Stephanus Peil am 03.09.2001 um 09.22

Lieber Herr Eichholz,

auf der Seite "CompjutaSchinesich oder klare Kante? Senf erwünscht, macht mit!" sind die verschiedenen Varianten von "Nettikette" von Herrn Schumacher bereits aufgelistet. Im 2000er-Duden wie im Ickler ist nur "Netiquette" aufgeführt.

Im übrigen gefällt mir Ihr Verb "zurateziehen". Es ist zwar in keinem Wörterbuch in dieser orthographischen Form zu finden, jedoch liest es sich gut. Vielleicht hält es mal Einzug im Ickler-Wörterbuch.


eingetragen von Sigmar Salzburg am 03.09.2001 um 08.16

Gerade fand ich im Internet den vermutlich neuschreiblich richtigen Satz: "Noch eine Bitte, auch nicht Gläubige strengen sich an, ordentliche Menschen zu sein, sprecht es ihnen nicht einfach ab, im Namen gleich welchen Gottes." (Spiegel-Online-Forum, 3.9.01)

Wäre der folgende Gedanke, dargestellt in der "vorzüglichen" neuen Rechtschreibung, noch verständlich?

Wie anders Denkende denken können, zeigen Andersdenkende, wenn sie nicht Gläubige, sondern Nichtgläubige zum Ziel ihres Denkens machen.

__________________
Sigmar Salzburg


eingetragen von Karl Eichholz am 03.09.2001 um 07.43

Wink

„Nettikette“ ist natürlich nur eine der vielen möglichen Varianten, wie sie durch die hochwohlgeborenen amtlichen Regeln jetzt möglich ist. Klar, daß es von Nett und Kette herrührt.

Man könnte auch die eingedeutschte Fassung des Originals (wie Cäsar es bereits gebrauchte) bemühen:

Netzikwete.

Aber dazu sollte man vielleicht doch noch den Stephanus zurateziehen. Der kennt sich mit Varianten aus.



__________________

mit herzlichen Grüßen
Karl Eichholz


eingetragen von Christian Melsa am 02.09.2001 um 21.58

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Dominik Schumacher
[...]
da Ihr Beitrag deutlich aus der Nettikette herausfällt, [...]


So, man schreibt also neuerdings auch Netikette mit insgesamt vier t...? Wegen des Stammprinzips etwa, weil´s doch von "nett" kommt...?


eingetragen von Christian Melsa am 02.09.2001 um 21.40

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von uwe

Mein Vorschlag:
Misslungene Teile der Rechtschreibreform, die sich im Schreibgebrauch nicht durchsetzen, kann man wieder rückgängig machen (auch ohne neue Reform). Wo immer es geht, sollte man verschiedene Varianten zulassen (insbes. Groß- und Kleinschreibung, Getrennt- und Zusammenschreibung, nummerieren/numerieren usw.). Alles andere, insbesondere die ss/ß-Regelung und die Trennregeln, sollten auch von den Reformgegnern (wenn auch zähneknirschend) hingenommen werden. Nur so ließe sich der Scherbenhaufen wieder ein wenig kitten.


Bis auf das Kitten ist das ja das, was auch gerade passiert. Aber damit trampelt man nur auf dem Scherbenhaufen herum, wodurch die Scherben in immer kleinere Bruchstücke zertrümmern und sich das heile Gebilde immer schwieriger wieder rekonstruieren läßt. Wenn nur halbherzig in gewissen speziellen Details das eine oder andere unter bestimmten, kaum nachvollziehbaren, teilweise auch gar nicht erst erklärten Bedingungen zurückgenommen wird, vergrößert das nur die Verwirrung, und in der Schreibpraxis wird immer mehr Beliebigkeit einkehren. Eindeutig und am einfachsten handhabbar wäre die komplette Rücknahme der Reform. Die orthographischen Ansätze der Reformneuerungen sind keine brauchbare Grundlage für etwaige Kompromißlösungen; meistens sind die Ansätze schon im Kern faul oder in sauberer systematischer Konsequenz undurchführbar.

Wieso nennst Du die Änderung der Rechtschreibnorm des Schulgebrauchs von 1996 (bzw. 1998) "Reform", während Du weitere Änderungen an diesen Änderungen, wie in Deinem Vorschlag beschrieben, nicht mit dieser Bezeichnung versiehst? Das Rückgängigmachen von Schreibungen sei "auch ohne neue Reform" möglich. Dieser Sprachgebrauch benutzt den Begriff "Reform" als nichts anderes als Maske, die immer nur dann aufgesetzt wird - oder eben nicht aufgesetzt wird -, wenn es gerade opportun ist.

Warum sollten ausgerechnet die ss/ß- und die Trennregeln zähneknirschend übernommen werden? Wodurch qualifizieren sie sich denn dazu? Die "neuen" ss/ß-Regeln sind weniger lesefreundlich und im Schreibgebrauch fehlerträchtiger als die allgemein üblichen. Und die neuen Trennregeln sind doch nun wirklich der Gipfel von Unnutzen. Wenn man betrachtet, was für dämliche Worttrennungen von ihnen ermöglicht werden, dann sollte man doch lieber gleich jegliche Trennregeln abschaffen und das Wort einfach dort trennen, wo die Zeile halt zu Ende ist bzw. wo man es einfach will. Schlimmere Ergebnisse als die reformierten Trennregeln würde das auch nicht schaffen, es wäre aber wenigstens zweifellos eine Vereinfachung im Schreibgebrauch. Das Lesen hingegen würde es natürlich absolut nicht erleichtern. Also warum nicht einfach die bewährte Trennpraxis weiter fortsetzen? Nur weil eine Handvoll Leute seltsame Alternativvorschläge gemacht haben, die eine kopflose Kultuspolitik bis in den Schulunterricht hat vordringen lassen - leider nicht als Vorschläge, sondern als bereits beschlossene und unwiderrufliche Festlegung? Wäre es nicht vernünftiger, den Schwachsinn wieder aus dem Schulunterricht zu entfernen, anstatt ihn außerhalb davon auch noch weiterzuverbreiten, nur damit das, was den Schülern beigebracht wird, auch außerhalb, im Leben, für das man in der Schule doch lernen soll, "richtig" ist?



eingetragen von Christian Melsa am 02.09.2001 um 21.14

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von uwe

All deine Argumente sprechen im übrigen nicht für eine Rückkehr zur alten Rechtschreibung, da der Aufwand für eine Rückumstellung wieder genau so groß sein dürfte und unsere Kinder dann vollends verwirrt würden.


Ich meine, mich zu erinnern, daß hier schon darüber gesprochen wurde, warum die Rückkehr zur "alten" Rechtschreibung eben nicht einen so großen Aufwand wie die Einführung der Reform bedeuten würde. Man kann auch von alleine nach einigem Nachdenken über diese Sache darauf kommen, warum eine Rückumstellung logischerweise viel unproblematischer sein muß und auch die Verwirrung dadurch nicht vergrößert, sondern verringert würde (anstatt daß an der Reform, wie gegenwärtig, immer weiter rumgedoktert wird und kaum noch einer weiß, was denn nun wirklich die offizielle korrekte Auslegung des Regelwerks bzw. die offiziell korrekte Begründung neuer Schreibweisen sein soll und wie es mit der Extrapolierbarkeit jener Begründungen zu halten ist).

Wenn Du eine schlüssige Erklärung dafür hast, daß Du das offenbar anders einschätzt, dann leg sie doch mal dar.


eingetragen von uwe am 02.09.2001 um 08.47

Sehr geehrter Herr Schumacher,

bestimmte Verhaltensweisen erfordern Reaktionen, die die Nettikette überschreiten. Ich entschuldige mich hierfür.

Da ich aber wieder mal darin bestätigt worden bin, dass in diesem Forum reformbefürwortende oder neutrale Beiträge nicht erwünscht sind, werde ich mich jetzt endgültig zurückziehen.

Uwe


eingetragen von uwe am 02.09.2001 um 08.39

Hallo Carsten,

verstehen kann ich es schon, wenn jemand Probleme mit der neuen Rechtschreibung hat. Insbesondere bei Menschen, die die Sprache lieben und sich gern damit beschäftigen oder sich im Beruf damit beschäftigen müssen, ist die Abneigung für mich nachvollziehbar.

Du sprichst von einem Scherbenhaufen. Was macht man mit einem Scherbenhaufen ? Die Reform zurück zu nehmen, würde den Scherbenhaufen weiter vergrößern. Zwei Rechtschreibvarianten nebeneinander zuzulassen, ist in Einzelfällen möglich (z. B. nummerieren/numerieren), aber zwei komplette Regelwerke nebeneinander bestehen zu lassen, halte ich für nicht sinnvoll. In der Frage der ss-/ß-Schreibung sollte auch eine einheitliche Regelung existieren.

Mein Vorschlag:
Misslungene Teile der Rechtschreibreform, die sich im Schreibgebrauch nicht durchsetzen, kann man wieder rückgängig machen (auch ohne neue Reform). Wo immer es geht, sollte man verschiedene Varianten zulassen (insbes. Groß- und Kleinschreibung, Getrennt- und Zusammenschreibung, nummerieren/numerieren usw.). Alles andere, insbesondere die ss/ß-Regelung und die Trennregeln, sollten auch von den Reformgegnern (wenn auch zähneknirschend) hingenommen werden. Nur so ließe sich der Scherbenhaufen wieder ein wenig kitten.

Zu den Kleinkriegen möchte ich mich nicht äußern. Meine Auseinandersetzungen mit Herrn R. haben weniger mit der Rechtschreibreform zu tun, sondern vielmehr mit seinem oberlehrerhaften Verhalten hier in diesem Forum. Das wird auch für dich sehr schnell nachvollziehbar, wenn du das Forum zurück verfolgst. Leider werden solche Menschen immer dazu beitragen, einen Konflikt eskalieren zu lassen als einmal nachzugeben. Insofern habe ich nur wenig Hoffnung, dass der Scherbenhaufen gekittet wird.

Uwe



eingetragen von Dominik Schumacher am 02.09.2001 um 08.33

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von uwe
. . . geht mir langsam auf den Sack.
Uwe


Sehr geehrter Herr Uwe,
da Ihr Beitrag deutlich aus der Nettikette herausfällt, möchte ich mitteilen, daß im Wiederholungsfalle ohne Vorwarnung gelöscht werden könnte. Dieses Fachforum lebt vom guten Ton. Wir werden nicht riskieren, auch nur einen der 280 täglichen Besucher und schon gar nicht einen der schreibenden Nutzer wegen vulgärer Beiträge zu verlieren.
Spricht nicht einiges dafür, daß Sie ohnehin angehalten sind, in der Öffentlichkeit ordentlich aufzutreten, also nicht nur hier im Forum?

Mit freundlichen Grüßen für die
Redaktion www.rechtschreibreform.com
Dominik Schumacher


eingetragen von Carsten Zander am 02.09.2001 um 07.59

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von uwe

Deine Behauptung, dass Schüler, die jetzt die ss-Schreibung verinnerlichen, kein Buch in ß-Schreibung zur Hand nehmen werden, kann ich auch nicht nachvollziehen. Ihre Schulbücher sind teilweise noch in ß-Schreibung. Und so groß ist der Unterschied nun auch nicht, dass man die alte Version nicht mehr lesen kann.


Hallo Uwe,

litebloo äußerte in diesem Forum die Befürchtung, daß man zur ß-Schreibung zurückkehren könnte. Sie hat Probleme, diese "alte" ß-Schreibweise zu lesen. Ich merke es auch an mir selbst: wenn ich einen Text mit ss gelesen habe, dann muß ich mich erst einmal innerlich umstellen, um dann einen Text mit ß zu lesen - und umgekehrt. (Furchtbar dieses Durcheinander, das man da angerichtet hat!)
Es geht auch nicht in erster Linie um Sachliteratur. Wenn ich beispielsweise einen Roman lese, dann entstehen dort am laufenden Band Bilder in meiner Vorstellung - die Schrift und die Buchstaben nehme ich gar nicht mehr wahr. Und jedesmal, wenn ich auf eine ungewohnte Schreibweise treffe, z.B. auf ein ss, wird man aus seinem "Traum" geworfen und die Bilder verschwinden. Am besten liest es sich, wenn man gar nicht merkt, daß man liest.
Oder stell Dir eine Musik-CD vor, bei welcher laufend Störgeräusche zu hören sind, beispielsweise alle 30 Sekunden ein kurzes, ganz leises Knacken. Prozentual gesehen fällt das überhaupt nicht ins Gewicht, aber es verdirbt einen den ganzen Spaß. (Nur, was kann man machen, damit man dieses Knacken nicht mehr hört? Ich muß Dich nochmals bitten, Dich in die Leute hineinzuversetzen)
Ich bin mir ziemlich sicher, daß die mit der ss-Schreibung großgewordenen Menschen die Bücher bevorzugen werden, in welchen es nicht laufend "knackt". Das bedeutet also letztendlich, daß viel Wissen, Erfahrung, Kunst und Kultur verloren gehen würde.

Ich bleibe also dabei: man wird hier mit vielerlei Problemen im Stich gelassen. Diese Probleme existieren scheinbar gar nicht für die verantwortlichen Reformer. Mir fallen da auch noch andere Sachen ein, die ich selbst erlebt habe. Es bestehen beispielsweise Konflikte, in welcher Rechtschreibung man nun irgendeinen Text verfaßt. Dieser Konflikt existiert natürlich nur, wenn man den Adressaten achtet und respektiert.
Oder da gibt es auf den Konflikt, in welcher Sprache man nun sein Bewerbungsschreiben verfassen sollte. (Dieses Beispiel hattest Du selbst einmal genannt.)

Zeig mir eine Stelle, wo man sich zu diesen Problem beraten lassen kann, bzw. wo einem von der Reformerseite Ratschläge gegeben werden, beispielsweise im Internet. Zeig sie mir bitte!


Zitat:
Ursprünglich eingetragen von uwe

All deine Argumente sprechen im übrigen nicht für eine Rückkehr zur alten Rechtschreibung, da der Aufwand für eine Rückumstellung wieder genau so groß sein dürfte und unsere Kinder dann vollends verwirrt würden.


Wünschen würde ich mir persönlich, daß man diese Reform zurücknimmt. Ich versuche aber realistisch zu sein. Man sieht ja, in den Foren schreibt kaum noch jemand ß, alle schreiben sie ss. Andererseits gibt es wohl noch die Mehrheit, welche genauso schreibt wie bisher. Wenn ich die Anschläge an unserer Uni betrachte, dann ist mindestens noch die Hälfte aller Texte in alter Rechtschreibung verfaßt.

Wir haben also einen Scherbenhaufen. Vieles ist kaputt. Nur, wie geht man damit um? Wie wäre es mit gegenseitigem Respekt? Das würde bedeuten, daß die Reformer zugeben müßten, daß es Probleme (s. oben) gibt. Die Reformgegner tun das bereits. Man sollte den Reformgegnern dann auch nicht vorwerfen, daß sie keine Visionen hätten, denn das ist gar nicht der Punkt. Weiterhin sollten sollten ab sofort auch irgendwelche albernen Privatkriege unterbleiben, egal wer angefangen hat.
Gegenseitiger Respekt würde auch bedeuten, daß sämtliche Bücher ab sofort in mindestens zwei Varianten erscheinen müßten. Das könnte man tatsächlich fordern. "Print-on-demand", oder wie das heißt, würde es möglich machen.
Könnte man zumindest mal fordern. Wenigstens das.

Es ist furchtbar. Ich könnte manchmal heulen.

Carsten



eingetragen von uwe am 02.09.2001 um 05.55

Hallo Carsten,

ja, in einem Punkt gebe ich dir Recht. Eine Rechtschreibreform wäre nicht unbedingt nötig gewesen. Das Geld hätte besser anderswo eingesetzt werden können.

Wobei das mit dem Geld auch häufig falsch dargestellt wird. Es wurde durch die Rechtschreibreform keine Mark mehr für Schulbücher ausgegeben. Der Umstellungsaufwand bei den Verlagen dürfte auch nicht sonderlich hoch gewesen sein. Ich persönlich habe lediglich 29,80 DM in ein neues Wörterbuch investiert. Wäre aber ohnehin mal wieder fällig gewesen.

Deine Behauptung, dass Schüler, die jetzt die ss-Schreibung verinnerlichen, kein Buch in ß-Schreibung zur Hand nehmen werden, kann ich auch nicht nachvollziehen. Ihre Schulbücher sind teilweise noch in ß-Schreibung. Und so groß ist der Unterschied nun auch nicht, dass man die alte Version nicht mehr lesen kann.

All deine Argumente sprechen im übrigen nicht für eine Rückkehr zur alten Rechtschreibung, da der Aufwand für eine Rückumstellung wieder genau so groß sein dürfte und unsere Kinder dann vollends verwirrt würden.

Uwe






eingetragen von uwe am 02.09.2001 um 05.16

Herr Riebe ?

Ihr kindliches Verhalten geht mir langsam auf den Sack.

Uwe


eingetragen von Manfred Riebe am 30.08.2001 um 22.26

Uwe Cassens aus Emden (uwe.cassens@web.de) fragt: "Wie kommen Sie darauf, Herr Lindenthal, ich sei Verwaltungsbeamter?"

Antwort von Rumpelstilzchen Uwe am 17.07.2001, Demokratie:
"Zur Demokratie der RSR: Beruflich habe ich fast täglich mit Erlassen zu tun, insofern weiß ich schon wovon hier die Rede ist."

Nur wer im öffentlichen Dienst tätig ist, hat "fast täglich mit Erlassen zu tun".


eingetragen von uwe am 30.08.2001 um 19.48

welche Rätsel ich hier anscheinend aufgebe.

Wie kommen Sie darauf, Herr Lindenthal, ich sei Verwaltungsbeamter ?
Die Beiträge von Carsten Zander und Christian Melsa beantworte ich am Montag. Den von Riebe selbstverständlich nicht.

Schönes Wochenende!

Uwe


eingetragen von Manfred Riebe am 30.08.2001 um 15.22

Das Forum ist natürlich nicht "Riebe-frei", wie "Uwe" etwas naiv meint. Zu einer Informations- und Aufklärungsarbeit sind viel Zeit, Geduld und in schwierigen Fällen - wie im Fall "Uwe" - auch Wiederholungen notwendig. Unser Motto heißt nämlich:
"Es ist nie zu spät, Natur-, Kultur- und Sprachzerstörung, Entdemokratisierung, Korruption und Steuerverschwendung zu stoppen!" (VRS)

"Uwe" lernt sprachlich kaum dazu und meint außerdem, die demokratischen, pädagogischen und wirtschaftlichen Argumente vernachlässigen zu können. Das ist eine realitätsfremde Horizontverengung und Niveausenkung, die möglicherweise beabsichtigt ist. Ich frage mich daher, in welchem Maße "Uwe" überhaupt lernfähig und vor allen Dingen lernwillig ist.

Denn mir fällt auf, daß "Uwe" ohne stichhaltige Argumente zu haben, immer wieder versucht, die Reformkritiker mit Totschlagargumenten verächtlich zu machen: "Verbohrtheit der Reformgegner", "Seid ihr nicht viel zu verbohrt in eurem Kampf gegen die Rechtschreibreform?" usw. Das erinnert mich fast an berufsmäßige Provokateure, die einen Störauftrag ihres Dienstherrn zu erfüllen haben mit den Zielen der Demotivation der Reformgegner, einer Beschäftigungstherapie bzw. Arbeitsbeschaffung für die Reformkritiker und dem Ziel, das Niveau auf ein Lieschen-Müller-Niveau zu senken. Daher zweifle ich mehr noch an der Lernwilligkeit "Uwes".

Nur ein Arbeitsloser, Rentner oder Beamter könnte so häufig über den Tag verteilt antworten wie "Uwe" Cassens aus Emden (uwe.cassens@web.de). Die Frage Norbert Lindenthals, ob "Uwe" Verwaltungsbeamter sei, ist deshalb verständlich; denn ein solcher wird ja dienstlich zum Neuschrieb gezwungen. Ein opportunistischer Beamter könnte versuchen, aus diesen und anderen Nöten eine Tugend zu machen, zumal er dann mit einer Anerkennung in seiner dienstlichen Beurteilung rechnen kann. Denn der Dienstvorgesetzte "Uwes" könnte infolge der neuen Beliebigkeitsschreibung nun die neuen Rechtschreibfehler "Uwes" weniger bemerken als vorher.

Ich fürchte, daß alle Engelsgeduld und Mühe, die man sich hier mit "Uwe" gibt, vermutlich vergebens sind.



eingetragen von Christian Melsa am 30.08.2001 um 15.04

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von uwe
Liebe Reformgegner, denkt doch einmal nach:

Seid ihr nicht viel zu verbohrt in eurem Kampf gegen die Rechtschreibreform ? Habt ihr denn keine Visionen mehr ? Oder wie ist es zu erklären, wenn die alten Rechtschreibregeln als einfach und leicht beherrschbar bezeichnet werden ?


Niemand hat behauptet, die alte Rechtschreibung sei absolut einfach. Sehr wohl aber trifft zu, daß sie relativ einfach ist im Vergleich zur neuen Rechtschreibung. In den meisten Bereichen sind sie gleichschwer bzw. -einfach, solange man nicht die Tatsache berücksichtigt, daß das Erlernen einer Rechtschreibung vor allem dann stark vereinfacht ist, wenn man ihr beim Lesen in einheitlicher Weise begegnet, was die Reform ja zunichte gemacht hat. Aber auch davon abgesehen sind die reformierten Regelungen der Groß-/Kleinschreibung wie der Getrennt-/Zusammenschreibung zum Beispiel schon jeweils für sich genommen weitaus komplizierter als jemals zuvor, während sie gleichzeitig im sprachlichen Nutzen einen Rückschritt bedeuten. Eine Rücknahme der Reform würde also in Wirklichkeit das bedeuten, was ihre Einführung bezwecken sollte.

Zitat:

Rechtschreibung ist Mittel zum Zweck. Rechtschreibregeln sollten daher so einfach wie möglich und so einfach wie nötig gehalten werden. Von diesem Ziel sind die alten wie die neuen Rechtschreibregeln weit entfernt. Leider!


Eine Sprachnorm, die jedem Nutzer immer genau einfach genug ist, gibt es nicht. Selbst einem Urzeitmenschen hätte eine ihm unbegreifliche Nuance im Gegrunze seiner Genossen schon als unzumutbare Schwierigkeit vorkommen können. Es ist dem Zweck von Sprache geradezu entgegengestellt, sie so einfach und primitiv wie möglich haben zu wollen. Sie soll schließlich die Vielfalt konkreter wie abstrakter Realität in Begriffen fassen können. Sprache ist der Treibstoff menschlicher Kultur. Durch sie können Menschen in Gemeinschaft sich überhaupt nur so koordinieren, daß sie zu ihren höchsten Leistungen, zu Wissenschaft und Zivilisation, fähig sind. Die hochentwickelte Sprache macht den Menschen überhaupt erst zum Menschen! Überflüssige Irritationen der Kommunikationsnorm sind daher nichts als kontraproduktiv. Gegen die Rechtschreibreform wäre von daher nichts einzuwenden, wenn sie wahre Innovationen bringen und nirgends Zwang sein würde, so daß sie sich in lauterem Wettbewerb zu gebräuchlichen Normen durch die schiere Qualität ihrer Ideen durchsetzen könnte. Diese Voraussetzungen kann die vorliegende Rechtschreibreform jedoch nicht vorweisen.


eingetragen von Christian Melsa am 30.08.2001 um 14.32

Vergleiche mit Diktaturen sind insofern passend, als daß auch dort oft eine Doktrin zum Dogma erhoben wird, das außerhalb jeder Diskussion zu stehen hat. Was ist das für eine "Demokratie", in der nur bestimmte hegemonial Privilegierte entscheiden, was das Volk entscheiden darf? Mehr noch, bei uns werden ja sogar klipp und klar erfolgte Volksentscheide von den real Mächtigen offen mißachtet. Wo ist da der effektive Unterschied zu einer Adelsherrschaft? Man mag vielleicht dazu neigen, diese Sachen herunterzuspielen, weil sie aus mangelnder geschichtlicher Distanz nicht so dramatisch erscheinen wie andere Ereignisse der Vergangenheit, die sich nach heutigen Sichtvermögen teilweise in den Kontext einer üblen Entwicklung einfügen. Man sollte daraus lernen, daß man nicht erst dann protestieren sollte, wenn es eigentlich schon zu spät dafür ist. Hitler hat das Dritte Reich nicht im Alleingang verbrochen. Ohne millionenfache Obrigkeitsgläubigkeit, ohne die hinreichende Menge eifriger Anpasser wäre das alles unmöglich gewesen. Das sind die eigentlichen Faktoren, die dämonische Figuren wie Hitler oder Stalin überhaupt erst zu solch großer Schädlichkeit befähigt haben. Ein ähnlicher Ungeist, das gedankenlose Mitmachen, das bereitwillige Einschwenken in künstlich erzeugte Scheintrends, eine ausgetrickste Demokratie, Doppelmoral hintergangener Gemeinwerte und Staatsgrundsätze, gleichgeschaltete Presse mit gewissen Tabuthemen, irreführende Propaganda, es läßt sich gegenwärtig wieder bei der Rechtschreibreform beobachten (natürlich nicht nur dort, dort aber in ganz besonderer Ausprägung). Selbstverständlich handelt es sich hier um ein vergleichsweise harmloses Objekt, wenn man Völkermord dagegenhält. Allerdings darf die deutsche Vergangenheit auch nicht dazu führen, alles, was weniger verbrecherisch als der Holocaust erscheint (also eigentlich ohnehin alles), als absolut harmlos und doch eigentlich gar nicht so schlimm wahrzunehmen. Wenn die Staatsmacht derart dickköpfig gegen die Volksmehrheit an der Schriftsprachnorm herumändern will und das auch noch so miserable, sprachschädigende Ergebnisse zeitigt, die Kontinuität der Sprachentwicklung vorsätzlich zerstört wird, Prinzipien der Bildung auf äußerst fragwürdige Weise entstellt werden, die ganze Veranstaltung nur Ärger und so gut wie keinen Nutzen bringt, dann liegen wohl genügend Gründe vor, dagegen zu protestieren.

Die Rechtschreibreform sticht allerdings besonders dadurch hervor, daß sie nun wirklich komplett entbehrlich gewesen wäre. Niemand hätte sie vermißt. Vielleicht hätte jemand eine Reform vermißt, aber ganz bestimmt nicht diese, mit der ja sogar die Reformer selbst nicht wirklich zufrieden sind. Während es einige winzige Punkte gibt, die an der Reform zumindest nicht allzusehr stören (z.B. die st-Trennung), ist sie in der Gesamtheit doch eine einzige Verrennung. Man sollte meinen, daß so ein unbrauchbarer Kram auch nicht den Weg in die Praxis finden dürfte, doch der Weg in die Praxis führte dann ja, wie man sieht, über Zwangskanäle. An den Schulen schreibt man nicht aus freien Stücken die neue Rechtschreibung, weil man sich etwa in neutralem Vergleich für die bessere Lösung entschieden hätte, in der Presse genausowenig. Immer wurde und wird von oben Druck ausgeübt, der die freie Entscheidung des Individuums unterdrückt. Beide Stellen sind die strategisch wichtigsten Punkte zur orthographischen Zwangsumerziehung einer Sprachgemeinschaft. Und ebenso gibt es in beiden Fällen für den letztendlich Betroffenen keine Alternative: Ein Schüler bzw. dessen Eltern können nicht einfach eine andere Schule aussuchen, an der die aus guten Gründen favorisierte Rechtschreibung unterrichtet wird. Und als Tageszeitungsleser bleibt einem derzeit eigentlich nur die Frankfurter Allgemeine, doch sofern man sich ausgewogen informieren möchte, würde man ja auch gerne andere Zeitungen in der gewünschten Form lesen können. Eine Pressepublikation ist leider nur entweder in der normalen oder - meistens - in irgendeiner reformorientierten Abweichungsrechtschreibung erhältlich. Wenn man am Inhalt einer bestimmten Schrift interessiert ist, hat man als Leser keine Wahl. Die wahren Wünsche der Leser ignorieren die Zeitungen dabei einfach - die oligopolistische Struktur der Massenmedien erlaubt das; sie ließen sich etwa durch die Leserabstimmung letztes Jahr, die nun wirklich sehr eindeutig ausfiel, nicht im geringsten beeindrucken (die gesammelten Einsendungen von Lesern jeder einzelnen einbezogenen Tageszeitung sprachen sich überall zu mehr als 95% für eine Rücknahme der Reform aus). Ein Boykott könnte auf Dauer nur funktionieren, wenn es überall ausreichend Alternativen gäbe. Interessanterweise hat aber fast die gesamte Presse zeitgleich umgestellt, forciert durch die Umstellungen der Agenturen. Und noch interessanter mag sein, daß dabei nicht einmal konsequent die an den Schulen eingeführte Reform nachvollzogen wurde, die schließlich die einzige Ursache aller Umstellungsbemühungen war, sondern es offenbar allein darauf ankam, überhaupt halt irgendwas zu ändern. Ein Modernitätsaktionismus, dessen Psychologie sich auch in Milleniumswahn, Börsenhype und ähnlichem wiedererkennen läßt. Von Rationalität ist das alles weit entfernt. Deswegen gleicht das ganze Schauspiel ja auch so sehr den Geschichten der Schildbürger oder dem Märchen vom Kaiser mit den neuen Kleidern. Es ist aber einfach deprimierend, wieviel Unweisheit und geistloser Opportunismus sich oft ausgerechnet an Stätten der größten Macht versammelt finden.

– geändert durch Christian Melsa am 02.09.2001, 18:30 –


eingetragen von Norbert Lindenthal am 30.08.2001 um 12.53



Hallo, Uwe!
Kurz vor dem Volksentscheid in Schleswig-Holstein fragte ich einen Schüler der 5. Klasse, ob ihn das irritieren würde, wenn der Volksentscheid zum Zuge käme. Er sagte: Sch . . . Rechtschreibreform! Die interessiert mich nicht, ich kann beides gut.

Will damit sagen: Die Lernfähigkeit ist in einer Größenordnung angesiedelt, die von der Rechtschreibreform kaum berührt wird. Deshalb beobachte ich Deine andauernden Behauptungen mit etwas Skepsis.

Den Zettel beschrieb ich Dir mit rechts, in Spiegelschrift mit rechts und ein Satz mit links. Kannst mir ja mal mit links in Spiegelschrift antworten. Soll nur so’n kleiner Wink sein zur Leistungsfähigkeit des Gehirns.

Bist Du Verwaltungsbeamter?
__________________
Norbert Lindenthal


eingetragen von Carsten Zander am 30.08.2001 um 11.15

Hallo Uwe,

danke für Deine Bemühungen, mir zu helfen. Aus dem, was Du schreibst, entnehme ich, daß Du verstanden hast, daß es hier ein Problem gibt und daß alles nicht so einfach ist.
Nur, diese Probleme werden wohl von den Reformern ignoriert oder totgeschwiegen. Mir ist bis jetzt noch nichts bekannt, daß von dieser Seite eine Art Lebenshilfe angeboten wird. Stattdessen wird man als unflexibel diffamiert (was ja eigentlich auch stimmt, und diese Unflexibilität hinsichtlich meiner Muttersprache ist ja auch mein gutes Recht - eigentlich).
Ich glaube, diese Lebenshilfe wird auch deswegen nicht angeboten, weil man dann ja indirekt zugeben würde, daß es mit der Reform Schwierigkeiten gibt.

Mir geht es ja auch nicht nur um mich selbst, viele andere haben auch diese Probleme. Und außerdem: die Schüler, welche jetzt diese ss-Schreibung verinnerlichen, werden wohl kaum jemals ein Buch mit ß-Schreibung zur Hand nehmen - oder höchst selten. Es geht viel Wissen verloren. Das ist sehr schade. Es entsteht die Frage, ob die Einführung der ss-Schreibung dieses Opfer wert wahr. Mit dem gleichen Aufwand und dem Geld, mit welchem man diese ss-Schreibung durchboxte, hätte man Lern - und Computerprogramme finanzieren können, mit denen sämtliche Rechtschreibprobleme bis in alle Ewigkeit von dieser Welt verbannt worden wären. Niemand hätte diese Reform vermißt. Aber man will ja Geld verdienen.

Ich EMPFINDE übrigens die neue Rechtschreibung als Zwang. Wobei RechtSCHREIBUNG eigentlich das falsche Wort ist. Man sollte es lieber RechtLESUNG nennen, denn man liest wohl wesentlich mehr als man schreibt. Und hier wird auch klar, daß man praktisch gezwungen wird, sich dieser neuen Rechtlesung auszusetzen. Man hat keine Wahl. Wenn man sich vielseitig informieren will, kommt man nicht drumrum.

Carsten


eingetragen von uwe am 30.08.2001 um 10.25

wünsche ich allen.

Man kann inzwischen wieder recht gut hier diskutieren, seitdem das Forum Riebe-frei ist. Ich hoffe das bleibt weiterhin so.

Uwe


eingetragen von uwe am 30.08.2001 um 10.12

Hallo Carsten,

ja, ich hatte dich falsch verstanden. Das liegt vermutlich daran, dass in diesem Forum häufiger Vergleiche mit dem Dritten Reich gezogen werden und ich dich auch gleich in diese Schublade gesteckt habe.

Wer will denn Menschenmassen zu ihrem Glück zwingen ? Durch die Rechtschreibreform sollte es den Schülern ein ganz klein wenig erleichtert werden, die Rechtschreibung zu erlernen. Solche Veränderungen hat es doch schon immer gegeben. Meine Großeltern haben noch die alte deutsche Schrift erlernt. Ihre Liebesbriefe (wenn es welche gab) haben sie in dieser Schrift verfasst. Trotzdem sind sie durch die Schriftreform nicht wertlos geworden. Eher im Gegenteil. Ich denke auch du bist ohne weiteres in der Lage dir die ss-Schreibung anzugewöhnen und trotzdem Schriften in alter Rechtschreibung zu genießen. Es ist doch auch ein Teil der eigenen Persönlichkeitsentwicklung, dass man seinen Schreibstil, seine Handschrift usw. verändert und anpasst.

Und zudem: Keiner zwingt doch diejenigen, die mit der alten Rechtschreibung groß geworden sind, sich anzupassen. Ich persönlich habe mich entschieden die neue Rechtschreibung zu erlernen, um mir zu beweisen, dass ich noch lernfähig bin und um mir nicht eines Tages von meinen Kindern sagen lassen zu müssen, ich könne nicht richtig schreiben.

Uwe


eingetragen von Carsten Zander am 30.08.2001 um 09.25

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von uwe
aber auch dieser Vergleich ist ein Beispiel für die Verbohrtheit der Reformgegner.

Da wird die Rechtschreibreform soweit hochstilisiert, dass sie in einem Atemzug mit dem Dritten Reich und dem Stalinismus genannt wird. Pfui!




Hallo Uwe,

Du hast mich vollkommen falsch verstanden. Ursprünglich wollte ich lediglich darauf hinweisen, daß es durchaus schiefgehen kann, wenn man Menschenmassen zu ihrem Glück (z.B. bessere und gerechte Gesellschaftsordnung) zwingt. Das hat dieser Stalin nicht verstanden, und das ist die Besonderheit bei ihm. In dieser Hinsicht gibt es da durchaus Parallelen zur heutigen Zeit. (Vom Dritten Reich habe ich nicht gesprochen)

Noch etwas:
Was ist eigentlich ein Mensch? Ein Mensch besteht aus Fleisch und Blut. Aber das, was einen Menschen ausmacht, das ist das, was in seinem Kopf vorgeht. Das ist sein Denken, sein Wissen, und das sind seine Erfahrungen. Nun ist es so, daß der größte Teil des Wissens und der Erfahrung der Menschen in der Schriftsprache in alter Rechtsschreibung abgespeichert ist. Andererseits mögen aber die Menschen, welche sich an die ss-Schreibung gewöhnt haben, diese "alten" Texte mit den ß nicht mehr lesen.
Die Rechtschreibreform vernichtet also das Wissen und die Erfahrungen der Menschen und damit einen wesentlichen Teil dieser Menschen. Das ist sehr schlimm. Ich finde, das berechtigt durch zu gewissen Vergleichen mit schlimmen Persönlichkeiten. In einem gewissen, übertragenen Sinne tötet die Rechtschreibreform Menschen.

Was soll ich denn machen? Gib mir mal einen Tip! Angenommen ich würde mich an diese ss-Schreibung (bzw. ss-Lesung) gewöhnen. Das würde bedeuten, daß ein wesentlicher Teil meiner selbst sterben müßte. Ich könnte meine Bücher (auch viele Sachbücher), die ich besitze, nicht mehr genießen. Das gilt ebenso für meine persönlichen Aufzeichnungen, Tagebücher, Briefe und viele anderer Erinnerungen, welche für mich sehr wertvoll sind.

Versuch bitte, Dich in andere Menschen hineinzuversetzen! Geh bitte nicht immer nur von der selbst aus! Die meisten Menschen sind nicht so flexibel wie Du. Man kann diese Flexiblität nicht erzwingen. (Stalin hätte es versucht. Deswegen der Vergleich. Verstehst Du nun?)

Carsten Zander


eingetragen von Karl Eichholz am 30.08.2001 um 07.20

das Englische scheint auf den ersten Blick sehr simpel, daher auch die vielen Pidgindialekte. Auf den zweiten Blick entpuppt sich die englische Satzstellung aber als sehr viel starrer, verglichen mit der unseren.

Sie werden das leicht ausloten, indem sie einen einfachen Satz schütteln:

„Am Vormittag ging ich mit meinem Hund noch zum Laden, kaufte dies und das, traf den Briefträger und nahm also die Post auch noch gleich mit.“

Sie werden bemerken, daß beim schütteln fast jedes Wort an den Anfang gestellt werden kann („Vormittags“ statt „am Vormittag“ oder: Ging ich doch mit meinem Hund ... etc etc.) und doch ist die Kernaussage des Satzes wieder erreichbar.
Die Nuancen, die sich dann durch die vielen Varianten ergeben, sind der Schatz, der unserer Sprache zugrundeliegt. Die gesprochene Betonung tut ihren Teil nochmals dazu.

Nun versuchen Sie dasselbe mal mit der englischen Version.




__________________

mit herzlichen Grüßen
Karl Eichholz


eingetragen von uwe am 30.08.2001 um 07.15

aber auch dieser Vergleich ist ein Beispiel für die Verbohrtheit der Reformgegner.

Da wird die Rechtschreibreform soweit hochstilisiert, dass sie in einem Atemzug mit dem Dritten Reich und dem Stalinismus genannt wird. Pfui!

Kommt doch bitte auf den Boden der Tatsachen zurück! Die Rechtschreibreform war nichts anderes als ein Erlass der Kultusminister, der den Rechtschreibgebrauch an Schulen regelt. Ein alltäglicher Vorgang. Ich wiederhole mich: Wenn die Menschen wirklich gegen die Rechtschreibreform gewesen wären, wäre es ein Leichtes gewesen, die Reform wieder zu kippen. Entscheidend für den Erfolg der Reform war nicht der Erlass der Kultusminister, sondern die Übernahme der neuen Rechtschreibregeln durch die Printmedien. Und wovon leben die Printmedien ? Von ihren Lesern! Wie schnell hätte die Bild-Zeitung die alten Rechtschreibregeln wieder eingeführt, wenn die Mehrheit ihrer Leser die Neuschreibung boykottiert hätte ? Ein organisierter Boykott wäre weitaus wirksamer gewesen als jede Volksinitiative (siehe zum Beispiel auch den Boykott der Shell-Tankstellen gegen die Versenkung einer Öl-Plattform).

Uwe


eingetragen von Norbert Schäbler am 30.08.2001 um 07.12

Ich hatte so eben eine Zeitraffer-Wision.
Zuerst waren da Neandertaler mit Meißel. Die haben Blut unterlaufene Fingernägel gehabt, weil sie sich immer drauf gebitscht haben mit dem Vorschlag-Hammer.
Und ganz hinten in der Höhlenecke saß einer, der hat Recht viel geweint. Dem haben die Kumpels ganz arg Leid getan.
Deshalb hat er zuerst den Federhalter und dann den Füller erfunden.
Da hatten die Anderen aber immer noch blaue Finger.
Dann hat er die rote Tinte erfunden, und da war es wieder nichts, weil sich plötzlich ein Beruf entwickelte, der Not tat.
Zuletzt hat er das Diktafon gemacht, und er hat damit die ganze Menschheit befreit von den Schmerzen und von der Arbeit und von der Hektik und von den Lehrern.
Seit dem schreibt man mit dem Mund.

Den Blinden hilft es. Sie brauchen jetzt keine Brailleschrift mehr.
Nur die Taubstummen und Maulkorbträger haben jetzt etwas größere Probleme, weil sie jetzt nicht mehr schreiben können dürfen.

__________________
nos


eingetragen von Carsten Zander am 30.08.2001 um 06.46

Hallo Uwe,

die Menschenmassen lassen sich nun mal nicht mit der Brechstange regieren. Stalin, beispielsweise, hat es sicherlich auch immer gut gemeint, und vielleicht hätte sein Experiment ja funktioniert, wenn alle im Gleichschritt marschiert wären.
Letztlich mußten zig-Millionen Menschen ihr Leben lassen wegen seiner Art, die Menschen zu "führen". Die Menschen waren ja so uneinsichtig.

(Das Problem besteht jetzt darin, daß die meisten Informationen über Stalin in der alten Rechtschreibung abgefaßt wurden, welche die "fortschrittlichen" Menschen aber leider nicht mehr lesen können wollen, demzufolge sie auch kaum noch imstande sind, irgendwelche Lehren aus der Geschichte zu ziehen)

Carsten Zander


eingetragen von uwe am 30.08.2001 um 05.39

Liebe Reformgegner, denkt doch einmal nach:

Seid ihr nicht viel zu verbohrt in eurem Kampf gegen die Rechtschreibreform ? Habt ihr denn keine Visionen mehr ? Oder wie ist es zu erklären, wenn die alten Rechtschreibregeln als einfach und leicht beherrschbar bezeichnet werden ?

"Trenne nie st, denn es tut ihm weh" ist für mich die schwachsinnigste Regel, die es je gegeben hat. Wäre in etwa vergleichbar damit: "Am Satzanfang wird groß geschrieben, außer das Wort beginnt mit V."

Rechtschreibung ist Mittel zum Zweck. Rechtschreibregeln sollten daher so einfach wie möglich und so einfach wie nötig gehalten werden. Von diesem Ziel sind die alten wie die neuen Rechtschreibregeln weit entfernt. Leider!

Uwe


eingetragen von Thomas Paulwitz am 29.08.2001 um 18.02

Beispiel Heysesche s-Schreibung.

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von uwe
Behaupten Sie ernsthaft, dass die neuen Rechtschreibregeln schwerer erlernbar sind als die alten Rechtschreibregeln ? Nennen Sie mir bitte ein Beispiel, an dem das plausibel nachvollziehbar wird. Sie haben sicher nicht sehr viel zu einer Vereinfachung beigetragen. Aber das Gegenteil haben sie bestimmt nicht bewirkt.

Uwe


eingetragen von Thomas Paulwitz am 29.08.2001 um 17.58

Verständlichkeit hat Vorrang vor Einfachheit.

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von uwe
Gibt es nicht möglicherweise eine einfacher erlernbare Rechtschreibung, die nicht zwangsläufig zu mehr Missverständnissen führt ?

Zugegebenermaßen habe ich nur geringe Kenntnisse von den Rechtschreibregeln der englischen Sprache. Aber sie erscheinen mir um ein vielfaches einfacher als unser Regelwerk. Und, kommt es dort häufiger zu Missverständnissen ?

Behaupten Sie ernsthaft, dass die neuen Rechtschreibregeln schwerer erlernbar sind als die alten Rechtschreibregeln ? Nennen Sie mir bitte ein Beispiel, an dem das plausibel nachvollziehbar wird. Sie haben sicher nicht sehr viel zu einer Vereinfachung beigetragen. Aber das Gegenteil haben sie bestimmt nicht bewirkt.

Uwe


eingetragen von Christian Melsa am 29.08.2001 um 14.57

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von uwe
Es gibt zwei Möglichkeiten:
1. Man belässt es bei einem komplizierten Regelwerk und muss den Zeitaufwand für das Erlernen der Rechtschreibung deutlich anheben. Dies ginge zu Lasten anderer Lerninhalte.
2. Man vereinfacht das Regelwerk und kann mit einem geringeren Zeitaufwand die Rechtschreibung erlernen. Es bliebe mehr Zeit für andere Unterrichtsinhalte.

Ich favorisiere eindeutig Variante 2.


In der Tat, Variante 2 ist zu favorisieren. Dieser Vorschlag ließe sich bestechend einfach umsetzen, wenn man die Reform verwerfen und wieder die bewährte und weitaus verbreitetste Rechtschreibung an den Schulen lehren würde. Denn diese ist nicht nur linguistisch sehr viel ausgereifter, sondern auch einfacher zu erlernen.

Ich nenne dafür noch einmal kurz die Gründe: Die Neuerungen der Reform basieren nicht auf systematisch konsistenten Lösungen, stattdessen wurden nur in einigen Bereichen ehemalige Rechtschreibfehler zu richtigen Schreibungen erklärt, teilweise unterfüttert mit seltsam überflüssigen, der sprachlichen Mitteilung ziemlich unnützen Regularien. Man kann sich aber in der Praxis nicht allein auf die hinzugekommenen Regeln verlassen, um richtig zu schreiben, da diese nicht eindeutig genug formuliert sind und sich in ihnen oft verschiedene Ansätze verwirrend überkreuzen. Deswegen hilft am Ende doch nur, die richtigen Schreibweisen (bzw. die Fälle von neuerdings erlaubten Varianten) auswendig zu lernen. Das ist auch der normale Weg, sich Orthographie anzueignen, genau wie Sprache auf jeder anderen Ebene auch gelernt wird: durch Praxis. Je mehr man liest, desto besser kennt man die Schriftgestalten der Wörter. Wären alle Bücher und Zeitschriften heute immer noch in derselben Rechtschreibung, so wäre das Lernen selbstverständlich fundamental erleichtert. Dieser Zustand gehört leider der Vergangenheit an, dank der Reform. Trotzdem sind natürlich noch die allermeisten Bücher in privaten wie öffentlichen Bibliotheken in alter Rechtschreibung gehalten; Bücher, die man nur wegen der Reform sicherlich auch nicht alle plötzlich wegschmeißen wird (wenn doch: wieder massenhaft überflüssige Kosten), die also noch Jahrzehnte über Jahrzehnte präsent bleiben werden. Hinzu kommt, daß sogar heute noch die meisten Neuerscheinungen seriöser Literatur sich der Reform verweigern. Nach wie vor wäre also eine simple Rücknahme der Reform die beste aller Lösungen: unkompliziert (keine neuen Verwirrungen durch neue Reformen der Reform der Reform), kostensparend (keine neuen Umstellungen, sondern einfach Rückkehr zum Bewährten), davon ganz abgesehen ohnehin von der Mehrheit des Volkes und der Literaten gewünscht.

Zitat:

Es mag sein, dass Prof. Ickler geeignete Vorschläge für einfacher erlernbare Rechtschreibregeln gemacht hat. Ich kenne sie nicht und sie haben keine Gültigkeit. Aber wenn es so ist, dann sollte er und dann sollten auch Sie für diese Vorschläge kämpfen und nicht diesen sinn- und nutzlosen Kampf gegen das Rechtschreibreförmchen führen.


Prof. Ickler hat nicht versucht, die Schriftsprache ihrer realen Existenz widerstrebend zu vereinfachen, sondern vielmehr, die regelhafte Darstellung der lebenden Schriftsprache verständlicher und realitätsnäher zu formulieren (im Gegensatz zu den Reformern, die nur längst überkommene Stadien der schriftlichen Entwicklung des Deutschen zurückholen oder die Sprache gleich in rein am Reißbrett entstandene Formen pressen wollen). Es handelt sich bei Icklers Ansatz also nicht um eine krampfhaft aufgezwungene künstliche Veränderung der Sprache, sondern nur um die Herstellung eines besser überschaubaren, praxisnahen Zugangs zur orthographischen Sprachnorm. Für diese "Vorschläge" zu kämpfen, heißt, gegen die Reform zu kämpfen, deren konkurrierender Ansatz nach kurzem Vergleich seine eigentlich hoffnungslose Unterlegenheit und seinen buchstäblich aufgedrängten Blödsinn offenbar werden läßt: Eine starke Zunahme an Kompliziertheit ohne jeden sprachlichen Gewinn, im Gegenteil.

Übrigens ist die englische Rechtschreibung ja in vielerlei Hinsicht weit schwieriger als die deutsche (weniger phonetische Nähe). Die Armut an hilfreichen, gliedernden Markierungen durch Interpunktion (weniger Kommata) und Großschreibung (nur am Satzanfang, bei Eigennamen und "I") würde ich nicht gerade als Vorzug bezeichnen, fällt bei der englischen Syntax aber weniger negativ ins Gewicht, als es im Deutschen der Fall wäre.


eingetragen von uwe am 29.08.2001 um 12.54

Gibt es nicht möglicherweise eine einfacher erlernbare Rechtschreibung, die nicht zwangsläufig zu mehr Missverständnissen führt ?

Zugegebenermaßen habe ich nur geringe Kenntnisse von den Rechtschreibregeln der englischen Sprache. Aber sie erscheinen mir um ein vielfaches einfacher als unser Regelwerk. Und, kommt es dort häufiger zu Missverständnissen ?

Behaupten Sie ernsthaft, dass die neuen Rechtschreibregeln schwerer erlernbar sind als die alten Rechtschreibregeln ? Nennen Sie mir bitte ein Beispiel, an dem das plausibel nachvollziehbar wird. Sie haben sicher nicht sehr viel zu einer Vereinfachung beigetragen. Aber das Gegenteil haben sie bestimmt nicht bewirkt.

Uwe


eingetragen von Thomas Paulwitz am 29.08.2001 um 12.36

Zu Variante 1:

Für mich ist die "neue" Rechtschreibung eindeutig komplizierter als die "alte".

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von uwe
Es gibt zwei Möglichkeiten:
1. Man belässt es bei einem komplizierten Regelwerk und muss den Zeitaufwand für das Erlernen der Rechtschreibung deutlich anheben. Dies ginge zu Lasten anderer Lerninhalte.
2. Man vereinfacht das Regelwerk und kann mit einem geringeren Zeitaufwand die Rechtschreibung erlernen. Es bliebe mehr Zeit für andere Unterrichtsinhalte.

Ich favorisiere eindeutig Variante 2.

Es mag sein, dass Prof. Ickler geeignete Vorschläge für einfacher erlernbare Rechtschreibregeln gemacht hat. Ich kenne sie nicht und sie haben keine Gültigkeit. Aber wenn es so ist, dann sollte er und dann sollten auch Sie für diese Vorschläge kämpfen und nicht diesen sinn- und nutzlosen Kampf gegen das Rechtschreibreförmchen führen.

Uwe


eingetragen von Thomas Paulwitz am 29.08.2001 um 12.33

Variante 2, Fortsetzung:

Man vereinfacht das Regelwerk und muß deswegen mehr als die dadurch gewonnene Zeit aufwenden, Mißverständnisse, die durch unklare Rechtschreibregelungen entstanden sind, auszuräumen.


Zitat:
Ursprünglich eingetragen von uwe
Es gibt zwei Möglichkeiten:
1. Man belässt es bei einem komplizierten Regelwerk und muss den Zeitaufwand für das Erlernen der Rechtschreibung deutlich anheben. Dies ginge zu Lasten anderer Lerninhalte.
2. Man vereinfacht das Regelwerk und kann mit einem geringeren Zeitaufwand die Rechtschreibung erlernen. Es bliebe mehr Zeit für andere Unterrichtsinhalte.

Ich favorisiere eindeutig Variante 2.

Es mag sein, dass Prof. Ickler geeignete Vorschläge für einfacher erlernbare Rechtschreibregeln gemacht hat. Ich kenne sie nicht und sie haben keine Gültigkeit. Aber wenn es so ist, dann sollte er und dann sollten auch Sie für diese Vorschläge kämpfen und nicht diesen sinn- und nutzlosen Kampf gegen das Rechtschreibreförmchen führen.

Uwe


eingetragen von uwe am 29.08.2001 um 12.29

Es gibt zwei Möglichkeiten:
1. Man belässt es bei einem komplizierten Regelwerk und muss den Zeitaufwand für das Erlernen der Rechtschreibung deutlich anheben. Dies ginge zu Lasten anderer Lerninhalte.
2. Man vereinfacht das Regelwerk und kann mit einem geringeren Zeitaufwand die Rechtschreibung erlernen. Es bliebe mehr Zeit für andere Unterrichtsinhalte.

Ich favorisiere eindeutig Variante 2.

Es mag sein, dass Prof. Ickler geeignete Vorschläge für einfacher erlernbare Rechtschreibregeln gemacht hat. Ich kenne sie nicht und sie haben keine Gültigkeit. Aber wenn es so ist, dann sollte er und dann sollten auch Sie für diese Vorschläge kämpfen und nicht diesen sinn- und nutzlosen Kampf gegen das Rechtschreibreförmchen führen.

Uwe


eingetragen von Thomas Paulwitz am 29.08.2001 um 12.12

Theodor Ickler hat in seinem Wörterbuch die Rechtschreibregeln verständlicher dargestellt als der Duden. Insofern hat Ickler die Regeln vereinfacht. Was wollen Sie noch mehr?

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von uwe

Genau diese Einfachheit würde ich mir auch in anderen Bereichen wünschen.

Uwe


eingetragen von Thomas Paulwitz am 29.08.2001 um 12.10

Davon abgesehen halten meine Augen einiges aus; trotzdem muß man sich das nicht dauernd antun. Außerdem brauche ich alle paar Jahre eine stärkere Brille. Ob das mit der Rechtschreibung zusammenhängt? Ein interessanter Gedanke.


eingetragen von Thomas Paulwitz am 29.08.2001 um 12.07

Das Problem schlechter (Aus-)Bildung beseitigt man nicht dadurch, indem man die Ausbildung beseitigt, sondern indem man sie verbessert.

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von uwe
Aber schaffen die Lehrer das heute eigentlich noch, den Schülern die Rechtschreibregeln beizubringen. Wenn ich die Schreibkünste der Jugendlichen heute betrachte, habe ich daran starke Zweifel. Wenn Ihnen, Herr Paulwitz, schon bei meiner Rechtschreibung die Augen weh tun, würden Sie beim Lesen der Aufsätze einer Realschul-Abschlussklasse ganz schnell erblinden.

Woran das liegt ? Ich habe versucht, das mit veränderten Werten zu erklären. Vielleicht steht den Schulen auch zu wenig Zeit zur Verfügung, um das umfassende Regelwerk zu vermitteln.

Und genau das ist doch der Ansatzpunkt dafür, die Rechtschreibregeln zu vereinfachen. Die RSR hat ja auch dieses Ziel verfolgt. In einem Punkt ist es ihr auch gelungen. Die Worttrennung ist jetzt so einfach, wie sie einfacher kaum sein könnte. Während man früher Ausnahmeregeln erlernen musste, reicht heute die einfache Regel: Zwischen ganzen Wortsilben darf man trennen. Schön einfach, oder ?

Genau diese Einfachheit würde ich mir auch in anderen Bereichen wünschen.

Uwe


eingetragen von uwe am 29.08.2001 um 10.48

Aber schaffen die Lehrer das heute eigentlich noch, den Schülern die Rechtschreibregeln beizubringen. Wenn ich die Schreibkünste der Jugendlichen heute betrachte, habe ich daran starke Zweifel. Wenn Ihnen, Herr Paulwitz, schon bei meiner Rechtschreibung die Augen weh tun, würden Sie beim Lesen der Aufsätze einer Realschul-Abschlussklasse ganz schnell erblinden.

Woran das liegt ? Ich habe versucht, das mit veränderten Werten zu erklären. Vielleicht steht den Schulen auch zu wenig Zeit zur Verfügung, um das umfassende Regelwerk zu vermitteln.

Und genau das ist doch der Ansatzpunkt dafür, die Rechtschreibregeln zu vereinfachen. Die RSR hat ja auch dieses Ziel verfolgt. In einem Punkt ist es ihr auch gelungen. Die Worttrennung ist jetzt so einfach, wie sie einfacher kaum sein könnte. Während man früher Ausnahmeregeln erlernen musste, reicht heute die einfache Regel: Zwischen ganzen Wortsilben darf man trennen. Schön einfach, oder ?

Genau diese Einfachheit würde ich mir auch in anderen Bereichen wünschen.

Uwe


eingetragen von Thomas Paulwitz am 29.08.2001 um 10.25

Wozu haben wir Lehrer? Niemand muß sich vor das Regelwerk hinsetzen und es auswendiglernen.

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von uwe
Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Thomas Paulwitz
Haken: Man muß lernen, für den anderen verständlich zu schreiben.

Aber ist das nicht einfacher als ein umfangreiches Regelwerk zu erlernen ?




eingetragen von uwe am 29.08.2001 um 10.06

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Thomas Paulwitz
Haken: Man muß lernen, für den anderen verständlich zu schreiben.

Aber ist das nicht einfacher als ein umfangreiches Regelwerk zu erlernen ?



eingetragen von Thomas Paulwitz am 29.08.2001 um 09.43

Haken: Man muß lernen, für den anderen verständlich zu schreiben.

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von uwe
Daher habe ich das ja auch als Frage formuliert. Dennoch bin ich der Meinung, dass mehr Feizügigkeit in der Rechtschreibung nicht unbedingt ein Schritt zurück sein müsste. Neben den verbindlichen Rechtschreibregeln gibt es im Schriftverkehr auch unverbindliche Normen, z. B. über Anredeformeln, Textgestaltung etc. Es ist eine Frage des guten Stils, sich nach diesen Normen zu richten und keine Frage von "richtig" oder "falsch". Ähnlich könnte es auch mit der Kommasetzung gehandhabt werden. Warum überlässt man es nicht dem Schreibenden, Kommata so zu setzen, dass sein Text lesefreundlich ist. Hierfür bedarf es keiner Regeln. Und auch Schreibweisen wie "alleinerziehend" oder "allein erziehend" könnten ohne weiteres nebeneinander existieren.

Die Vorteile liegen auf der Hand:

Die Rechtschreibung wäre tatsächlich leichter und in kürzerer Zeit erlernbar. Den Schulen bliebe mehr Zeit für die Vermittlung wichtigerer Dinge.

Uwe

Uwe


eingetragen von uwe am 29.08.2001 um 09.34

Daher habe ich das ja auch als Frage formuliert. Dennoch bin ich der Meinung, dass mehr Feizügigkeit in der Rechtschreibung nicht unbedingt ein Schritt zurück sein müsste. Neben den verbindlichen Rechtschreibregeln gibt es im Schriftverkehr auch unverbindliche Normen, z. B. über Anredeformeln, Textgestaltung etc. Es ist eine Frage des guten Stils, sich nach diesen Normen zu richten und keine Frage von "richtig" oder "falsch". Ähnlich könnte es auch mit der Kommasetzung gehandhabt werden. Warum überlässt man es nicht dem Schreibenden, Kommata so zu setzen, dass sein Text lesefreundlich ist. Hierfür bedarf es keiner Regeln. Und auch Schreibweisen wie "alleinerziehend" oder "allein erziehend" könnten ohne weiteres nebeneinander existieren.

Die Vorteile liegen auf der Hand:

Die Rechtschreibung wäre tatsächlich leichter und in kürzerer Zeit erlernbar. Den Schulen bliebe mehr Zeit für die Vermittlung wichtigerer Dinge.

Uwe

Uwe


eingetragen von Karl Eichholz am 29.08.2001 um 08.55

Lieber Uwe, dreh doch mal die Zeit ein wenig zurück, sagen wir , 150 oder 200 Jahre. Dann hast Du ja ganau das, wofür Du so schwärmst: Schreibung nach Gut Dünken (wo liegt eigentlich Gut Dünken? Es muß der Herrensitz vom Alten Dünkel sein :-)

Offensichtlich hat jedoch die ständige Fortentwicklung der Schreibsprache zu immer festeren Strukturen geführt, die nicht in die Versteinerung mündeten, sonder erst durch diese Festigkeit zu einer tragfähigen Basis für hochqualifizierte, sehr flexible Ausdrucksfähigkeit wurde. Dies wirst Du bestätigt finden, wenn Du einmal über Werke von Volksdichtern stolperst (Beispiel: Theodor Storm) und Dich drin festliest.

Zitat:
Warum muss es in der Rechtschreibung stets ein "richtig" und ein "falsch" geben ? Kann man nicht sowohl "nummerieren" und "numerieren"; "bahnbrechend" und "bahn brechend"; "heute abend" und "heute Abend"; "zur Zeit" und "zurzeit" als richtig ansehen. In der Praxis würde sich dann in der Regel eine vorherrschende Schreibweise durchsetzen. Die andere wäre aber nicht falsch.
Uwe


Ja, genau diese Entwicklung liegt ja über die letzten 200 Jahre hinter uns. Warum also nicht darauf aufbauen für eine differenzierte, nuancenreiche Zukunft?
Muß dieses Fundament denn wirklich mit Dynamit erst weg, damit wir fürderhin wieder auf Morast aufbauen dürfen?

Würdest Du in der Analogie auch sagen:
Computer sind zu sehr in starren Bahnen eingefangen, wir wollen lieber nochmals bei Faraday und Zuse beginnen.

Oder:
Flugzeuge erlauben nicht genügend Variabilität, der einzelne Passagier kann nicht gleichzeitig in London aussteigen während die anderen nach New York fliegen?

Die Entwicklungsstufe, auf der wir uns momentan befinden, ist ein Resultat des Gangs der Welt bis jetzt. Uns wird es nicht wirklich gelingen, eine Zeitscheibe herauszunehmen und ungeschehen zu machen. Wenn doch: dann nehmen wir doch die Zeitscheibe 33-45, oder die Scheibe, als Deine Oma geboren wurde :-)
__________________

mit herzlichen Grüßen
Karl Eichholz


eingetragen von Sigmar Salzburg am 29.08.2001 um 06.29

Gerne gebe ich es weiter:

Ein Grusswort an Herrn Uwe ... von Zabelpreisträger Prof. AlbRecht Schreiber:

Wichtig ist immer wieder Schwindel erregende Fortschritte in der Durchsetzung der Rechtschreibreform zu erreichen. Nützlich waren die Umstellungsmassnahmen der Medien. Hilfreich waren aber auch diejenigen Spenden freudiger Kräfte, die den Parteien eine unabhängige Meinungsbildung ermöglichten. Nun war die Reform wohl vorbereitet und in aller Munde. Wir verdanken dies Aufsehen erregensten Momenten in unserer wissenschaftlichen Laufbahn. Das Wichtigste war die Entdeckung der ss-Regelung als Kontrollinstrument der Flächen deckenden Zustimmung. Der Widerstand im nördlichsten Küstenland hatte auf den Reformprozess hier zu Lande keinen Einfluss. Aber ein Missstand ist immer wieder lästig: auf der einen Seite kämpfen wir mit einer Hand voll guten Argumenten für die Reform, während wir mit der anderen über notwendige Korrekturen verhandeln. Auf jeden Fall hatten wir auch Schuld bewussten Politikern das Gewissen zu erleichtern und ihnen ein freies Handeln zu ermöglichen. Sie sollen ja weiter führende Schulen fördern. Wir sind es Leid tragenden Kindern schuldig leichteres Material in die Schultaschen zu geben. Sie sollen wieder unbeschwert und behänden Fusses zum Unterricht kommen dürfen. Deshalb sind wir uns weit gehend einig: Die Reform muss weiter gehen. Vor allem brauchen wir Hass bestimmten Reformgegnern nicht entgegen zu kommen. Wir können auch anders Denkenden die Reform nahe bringen.

Gruss aus dem schönen Alpenland

Albrecht Schreiber

– geändert durch Sigmar Salzburg am 01.09.2001, 07:17 –
__________________
Sigmar Salzburg


eingetragen von uwe am 29.08.2001 um 06.23

Die Ausgangsfrage in diesem Leitthema ist: Welches sind die Vorzüge der neuen Rechtschreibung ?

Auch wenn einige mich stets in diese Ecke gedrängt haben, so zähle ich mich trotzdem nicht zu den Reformbefürwortern. Ich habe keine Probleme damit, die neuen Regeln zu akzeptieren und bemühe mich, sie zu erlernen. Gelernt habe ich inzwischen, dass die Vorzüge der neuen Rechtschreibung sehr umstritten sind und das es in vielen Fällen nachvollziehbare Argumente gibt, die für die alte Schreibweise sprechen. Viel wichtiger ist aus meiner Sicht, wie die Lehre der Rechtschreibung wirklich verbessert werden kann. Und mit "verbessern" meine ich in jedem Fall "vereinfachen", da es schon das Ziel sein sollte, dass Rechtschreibung leicht erlernbar und von jedermann beherrschbar ist.

Meine Frage daher:
Warum muss es in der Rechtschreibung stets ein "richtig" und ein "falsch" geben ? Kann man nicht sowohl "nummerieren" und "numerieren"; "bahnbrechend" und "bahn brechend"; "heute abend" und "heute Abend"; "zur Zeit" und "zurzeit" als richtig ansehen. In der Praxis würde sich dann in der Regel eine vorherrschende Schreibweise durchsetzen. Die andere wäre aber nicht falsch.

Uwe


eingetragen von Thomas Paulwitz am 28.08.2001 um 17.56

Es gibt immer ein paar Ewiggestrige, die SS mögen.


Zitat:
Ursprünglich eingetragen von uwe
und schreibt:

Schluss mit dem Stuss

Super! Sieht doch auch viel eleganter aus als "Schluß mit dem Stuß" !

Uwe



eingetragen von uwe am 28.08.2001 um 09.21

und schreibt:

Schluss mit dem Stuss

Super! Sieht doch auch viel eleganter aus als "Schluß mit dem Stuß" !

Uwe


eingetragen von Thomas Paulwitz am 28.08.2001 um 08.53

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von uwe
welche Reaktionen man in diesem Forum auf nicht ganz so ernst gemeinte Beiträge erhält.

Also ich bleibe bei meiner Definition:

Ein junger Nutzer schreibt nur Stuss.
Ein Nutzer ist noch lernfähig.
Ein erfahrener Nutzer verfasst stets qualitativ hochwertige Beiträge.

Die von Rechtschreibreform.com sind so pfiffig, dass auch ihre Software sofort den Qualitätsgehalt der Beiträge erkennt.

Uwe



eingetragen von uwe am 28.08.2001 um 08.02

welche Reaktionen man in diesem Forum auf nicht ganz so ernst gemeinte Beiträge erhält.

Also ich bleibe bei meiner Definition:

Ein junger Nutzer schreibt nur Stuss.
Ein Nutzer ist noch lernfähig.
Ein erfahrener Nutzer verfasst stets qualitativ hochwertige Beiträge.

Die von Rechtschreibreform.com sind so pfiffig, dass auch ihre Software sofort den Qualitätsgehalt der Beiträge erkennt.

Uwe


eingetragen von Klaus Malorny am 28.08.2001 um 07.45

Natürlich ist nur die Anzahl Beiträge entscheidend. Das sollte einem relativ schnell klarwerden, wenn man in die Nutzerübersicht geht und die Anzahl Beiträge mit den Status der einzelnen Personen vergleicht. Die Qualität ist kein Kriterium. Zum einen kann sie von einem Programm nach heutigem Stand der Technik nicht ermittelt werden, zum anderen widerspricht das Verhältnis zu den Rängen anderer Teilnehmer völlig einer derartigen Hypothese.

PS: Auf was soll ich neidisch sein?


eingetragen von uwe am 28.08.2001 um 05.17

schließlich sind Sie nur "junger Nutzer".



Wie wird man eigentlich zum "erfahrenen Nutzer" ? Und was ist ein "junger Nutzer" ? Geht es nach der Qualität der Beiträge ? Oder dem Lebensalter des Nutzers ?

Uwe


eingetragen von Klaus Malorny am 27.08.2001 um 22.33

Schon lustig, wie sich mancher an Oberflächlichkeiten ergötzt. Sei es an kleinen bunten Bilderchen, Anzahl Aufrufe "seines" Diskussionsfaden oder an dem Status, den ihm ein Programm aufgrund der Anzahl der Beiträge verliehen hat. Bei "Uwe" paßt ja eins zum anderen - seine Betrachtungsweisen der sog. Rechtschreibreform zeugen offenbar nicht von Ungefähr von einer ähnlichen Oberflächlichkeit.


eingetragen von Christian Melsa am 27.08.2001 um 18.37

Die Zeiten ändern sich, die Werte ändern sich, die Sprache ändert sich. Das ist zunächst einmal einfach eine neutral beobachtbare Tatsache. Soll man aber eine Entwicklung einfach nur dulden oder gar fördern, nur weil sie nun einmal existiert? Offenbar gibt es immer einen gewissen Anteil Menschen, der geradezu danach giert, mit dem Strom zu schwimmen, den er für den gloriösen Weg in die fortschrittliche Zukunft hält. Bar jeder Skepsis. Das bereitet mir Bauchschmerzen, diese Selbstnährung des Mitläufertums. Sich von Propagandamächten einimpfen lassen, wie die nationale "Vorsehung" aussehen wird: natürlich rechtschreibreformiert. Oh, so sieht die Zukunft aus, ja dann mal bloß nicht zu spät kommen; wer zu spät kommt, den bestraft doch das Leben, oh weh! Also los, fit für die Zukunft, dynamisch, teamfähig, stolz drauf, keine Widerrede, brav mitlaufen! Nicht allein die geänderten Schreibweisen an sich sind so beängstigend, sondern die Leichtigkeit, mit der sie sich in gewissen Kreisen durchsetzen, obwohl die Minderwertigkeit der Neuerungen oder zumindest der Ruf danach allgemein bekannt ist. Dieses geistlose Mitmachen, weil die anderen doch auch alle mitmachen ... oder mitmachen werden, ganz gewiß, früher oder später, die Wogen werden sich schon noch glätten, was soll auch diese Blockadehaltung, bringt uns doch nicht weiter, Spielverderber, woher rührt nur eure negative Einstellung, vielleicht eine Neurose?, warum sagt ihr nicht auch alle zu allem "ja", es könnte alles so einfach sein...! Zweifel... Niveau... Zuverlässigkeit... Stabilität... Vernunft... Sinn... Ach, das sind doch alles irgendwie verstaubte Kategorien, oder?

Wenn wenigstens wirklich triftige Gründe vorlägen, die für ein Umsetzen der Rechtschreibreform sprächen, aber alles, was dazu bisher vorgebracht wurde, entspricht letztlich einer völligen Gleichgültigkeit: Vielleicht ist sie nicht ganz so toll, die Reform, aber - was soll´s, kann man ja jetzt eh nix mehr machen. Vielleicht ist die Entwicklung aber auch doch ganz toll so. Vielleicht auch nicht, aber wir wollen doch nicht pessimistisch werden. Alles, was neu ist, ist doch gut, gell? Mir graut vor der Vorstellung, daß nicht nur von einigen etwas leichtgläubigen Bürgern, sondern auch von den wesentlichen Machtzentren der Medien gesellschaftliche Fragen künftig derart blauäugig, inkompetent, inkonsequent, verblendet, ja geradezu pubertär-dickköpfig bewertet werden wie in der Diskussion um die Rechtschreibreform.


eingetragen von Thomas Paulwitz am 27.08.2001 um 14.54

Die Augen tun mir beim Lesen Ihrer Rechtschreibung weh.

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von uwe
Dafür, dass Sie in all Ihren Beiträgen Werbung für die Internetseiten der "Deutsche Sprachwelt" machen. Die Seiten sind doch grottenschlecht. Das Forum ist dermaßen unübersichtlich aufgebaut, dass einem die Augen beim Lesen weh tun.


eingetragen von Thomas Paulwitz am 27.08.2001 um 14.44

Wenn ich von jemandem zum ersten Mal einen (E-)Brief erhalte, dann trägt die Form des Briefes selbstverständlich zum ersten Eindruck bei. Erhalte ich einen Brief mit zahlreichen Flüchtigkeits-Rechtschreibfehlern, dann signalisiert das für mich, daß der Verfasser keinen besonderen Wert darauf legt, demjenigen entgegenzukommen, der sein Geschreibsel lesen soll. Ursachen können nur vermutet werden: Egoismus, Nachlässigkeit, mangelnde Sorgfalt. Signal: Vorsicht bei einer etwaigen Zusammenarbeit.


Zitat:
Ursprünglich eingetragen von uwe
Herr Riebe.

Aber ich freue mich trotzdem darüber, da es ansonsten ja sehr leise geworden ist in diesem Forum.

Nun, irgendwo habe ich gelesen, dass Sie Lehrer sind oder waren. Dann sollte es Ihnen nicht entgangen sein, dass die Rechtschreibkünste der jungen Menschen heutzutage nicht besonders ausgeprägt sind. Gerade eben habe ich eine Mail von einem Jugendlichen erhalten, wo in zwei Sätzen 4 Rechtschreibfehler enthalten waren. Ich prangere das nicht an und finde es auch nicht weiter schlimm. Aber eine höhere Fehlerhäufigkeit auf die RSR zurück zu führen, halte ich doch für sehr weit her geholt.

Werte verändern sich. Auch die Rechtschreibung bleibt davon nicht verschont. Schnell eine Nachricht abzusetzen ist heute weitaus wichtiger als ein fehlerloser Text. Dem müssen sich auch die Rechtschreibregeln beugen.
Wie verstaubt klingt es da, wenn einige Menschen die althergebrachten Rechtschreibregeln zurück fordern.

Uwe


eingetragen von uwe am 27.08.2001 um 14.44

Dafür, dass Sie in all Ihren Beiträgen Werbung für die Internetseiten der "Deutsche Sprachwelt" machen. Die Seiten sind doch grottenschlecht. Das Forum ist dermaßen unübersichtlich aufgebaut, dass einem die Augen beim Lesen weh tun. Und die Beiträge kommen fast ausschließlich von Riebe, Ickler, Markner usw.. Einen Zugriffszähler hat man dort wohlweislich auch nicht eingebaut.

Nein, ich bleib den Seiten der Rechtschreibreform.com (übersetzt = Rechtschreibreform: Komm!) treu.

Uwe

Übrigens: Vielen Dank dafür, dass ich inzwischen den Status des "erfahrenen Nutzers" bekommen habe. Neben Prof. Ickler bin ich wohl der einzige, der diesen Status hier hat. Herr Riebe hat ihn zumindest nicht.


eingetragen von Manfred Riebe am 27.08.2001 um 14.17

Sie täuschen sich, daß es hier "sehr leise geworden ist in diesem Forum". Die Besucherzahlen und die Zahl der Beiträge sagen das Gegenteil. Es gibt übrigens auch andere Rechtschreibforen, z.B. das von http://www.deutsche-sprachwelt.de/, in dem den Reformern die Leviten gelesen werden.

Ihre Tolerierung schlampiger Rechtschreibung bzw. Beliebigkeitsschreibung sollte nicht Ihr Personalchef lesen. Schüler machen natürlich nach wie vor ihre Fehler auch auf dem Gebiet der herkömmlichen Rechtschreibung. Aber die Rechtschreibreform ist nicht geeignet, rechtschreibschwachen Schülern zu helfen, vielmehr steigt die Fehlerzahl infolge der Reform an, und das sogar in den Zeitungen.

Ich dachte, daß Sie der These der Reformgegner, daß infolge der Rechtschreibreform mehr Rechtschreibfehler gemacht werde, zustimmen und meinte, es handele sich um Ihre resignierende Schlußbilanz. Deswegen habe ich Ihre fehlerhafte Bilanz richtiggestellt. Unsere These hatten wir viele Male empirisch untermauert:

Studiendirektoren der bundesweiten Initiative "Wir Lehrer gegen die Rechtschreibreform" und Professor Harald Marx, Leipzig, haben nachgewiesen, daß u.a. durch die neue ss-Schreibung die Zahl der Rechtschreibfehler steigt, obwohl es das Ziel der Reformer war, die Zahl der Rechtschreibfehler zu senken.
Vgl. den Auszug aus den Fehlerstatistiken der bundesweiten Initiative "Wir Lehrer gegen die Rechtschreibreform" in der Broschüre des VRS: Unser Kampf gegen die Rechtschreibreform, Volksentscheid in Schleswig-Holstein, Nürnberg, 1998, S. 10 ff.

Vgl. auch Marx, Prof. Dr. Harald: Rechtschreibleistung vor und nach der Rechtschreibreform: Was ändert sich bei Grundschulkindern? In: Zeitschrift für Entwicklungspsychologie und Pädagogische Psychologie, Göttingen: Hogrefe-Verlag, 31/1999, S. 180-189. Marx stellt einen signifikanten Fehleranstieg bei der neuen ß/ss-Schreibung fest.

Vgl. auch Peil, Stephanus: Presse-Orthographie nach der Umstellung auf die Neuregelung ab 1.8.1999. 2. Auflage, St. Goar: Leibniz-Verlag, 2000, der die neue Beliebigkeitsschreibung in der Presse dokumentiert hat.

Vgl. auch Wolfgang Wrases statistische Untersuchungen des SPIEGEL und der Süddeutschen Zeitung in http://www.rechtschreibreform.com.


eingetragen von uwe am 27.08.2001 um 13.32

Herr Riebe.

Aber ich freue mich trotzdem darüber, da es ansonsten ja sehr leise geworden ist in diesem Forum.

Nun, irgendwo habe ich gelesen, dass Sie Lehrer sind oder waren. Dann sollte es Ihnen nicht entgangen sein, dass die Rechtschreibkünste der jungen Menschen heutzutage nicht besonders ausgeprägt sind. Gerade eben habe ich eine Mail von einem Jugendlichen erhalten, wo in zwei Sätzen 4 Rechtschreibfehler enthalten waren. Ich prangere das nicht an und finde es auch nicht weiter schlimm. Aber eine höhere Fehlerhäufigkeit auf die RSR zurück zu führen, halte ich doch für sehr weit her geholt.

Werte verändern sich. Auch die Rechtschreibung bleibt davon nicht verschont. Schnell eine Nachricht abzusetzen ist heute weitaus wichtiger als ein fehlerloser Text. Dem müssen sich auch die Rechtschreibregeln beugen.
Wie verstaubt klingt es da, wenn einige Menschen die althergebrachten Rechtschreibregeln zurück fordern.

Uwe


eingetragen von Manfred Riebe am 27.08.2001 um 13.15

"Uwe" fragte hier vergeblich nach den "Vorzügen der neuen Rechtschreibung". Aber niemand konnte ihm solche nennen. Ganz im Gegenteil entstand hier ein umfangreicher Diskussionsstrang über die "Nachteile der neuen Beliebigkeitsschreibung". Für die Tatsache, daß die Zahl der Rechtschreibfehler nicht abnimmt, sondern steigt, hat "Uwe" nach 5 Jahren Schulorthographie und 2 Jahren Presseorthographie trotzdem die Schutzbehauptung, veränderte Regeln führten zunächst stets zu einer höheren Fehleranfälligkeit. "Uwe" weiß offenbar noch nicht, daß die Regeln so widersprüchlich und unverständlich sind, daß selbst Lexikographen sie nicht verstehen. Normalbürger sind erst recht überfordert.

"Uwes" weitere Erklärung ist, daß höhere Fehlerzahlen an Schulen nur wenig mit der Rechtschreibreform zu tun hätten, sondern mit sich wandelnden Wertvorstellungen. Da die Rechtschreibung heute nicht mehr als Tugend betrachtet werde, herrsche eben eine Beliebigkeitsschreibung (Aha, man paßt die Werte der durch die Reform verursachten Verwahrlosung an). Man müsse die Rechtschreibregeln so weit vereinfachen, bis sie von (fast) jedermann beherrschbar seien. Insofern sei die Rechtschreibreform nur ein kleiner Schritt in die richtige Richtung (Man glaubt, die sogenannten Rechtschreibreformer bzw. Zauberlehrlinge Gerhard Augst und Dieter Nerius zu hören).

Aber niemand werde sich mehr "an eine wirkliche Reform der Rechtschreibung herantrauen", meint "Uwe", so daß in Zukunft jeder so schreiben werde, wie er wolle. Das ist "Uwes" Rechtschreib-Bankrotterklärung: Die Zerstörung der Einheitlichkeit der Rechtschreibung wird so zu einem unabänderlichen Schicksal.

Schuld an dem Mißerfolg der Rechtschreibreform seien aber nicht die Reformer, sondern die Reformgegner mit ihrer "Reformblockade". Die Rechtschreibreform sei "verteufelt" worden. "Uwe" weiß noch nichts von den vielen Hausorthographien, die die Verlage und Zeitungen wegen der Mängel der Rechtschreibreform erfanden, so daß auch deshalb die Einheitlichkeit der Rechtschreibung zerstört wurde.

Da viele Elchtests tiefgreifende Produktmängel der sogenannten Rechtschreibreform ergeben haben, ist eine Rückrufaktion für die Rechtschreibreform notwendig. Es nützt nichts, daß "Uwe" die Rechtschreibreform wie ein bezahlter Advocatus diaboli verteidigt. Die Geschichte hat immer wieder gezeigt, daß das gute Geld von schlechtem Geld verdrängt wird. Wenn man die Märchen der Reformer liest, fühlt man sich an einen "Hans im Glück" erinnert.

Zur Erinnerung: Der anonyme "Uwe" ist Uwe Cassens aus Niedersachsen, uwe.cassens@web.de.


eingetragen von uwe am 27.08.2001 um 08.59

Eine beliebte These der Reformgegner ist, dass aufgrund der Rechtschreibreform an Schulen und in Zeitungen, Zeitschriften und anderen Schriftstücken mehr Rechtschreibfehler gemacht werden. Das ist nicht verwunderlich, da veränderte Regeln zunächst stets zu einer höheren Fehleranfälligkeit führen, da man diese ja zunächst neu erlernen muss. Und so lange es noch Schüler, Lehrer, Redakteure gibt, die vor der neuen Rechtschreibung die alte Rechtschreibung erlernt haben, wird die Fehlerzahl tendenziell höher sein.

Aber unabhängig davon haben höhere Fehlerzahlen an Schulen nur wenig mit der Rechtschreibreform zu tun, sondern mit sich wandelnden Wertvorstellungen. Während in der Generation meiner Eltern die Rechtschreibung an Schulen neben dem Rechnen noch oberste Priorität hatte, wurde zu meiner Schulzeit die korrekte Rechtschreibung nach der Grundschule mehr und mehr vernachlässigt. Die heutige Schülergeneration betrachtet die Rechtschreibung anscheinend nur noch als nebensächlich. Soll man nun den althergebrachten Tugenden hinterherweinen ? Ich denke nicht. Es gibt wichtigere Dinge, die man unseren Kindern beibringen sollte.

Welche Schlussfolgerungen sind hieraus zu ziehen ? Entweder nimmt man in Kauf, dass immer mehr "falsch" geschrieben wird, also Beliebigkeitsschreibung herrscht, oder man vereinfacht Rechtschreibregeln so weit, dass sie von (fast) jedermann beherrschbar sind.

Was hat das mit den "Vorzügen der neuen Rechtschreibung" zu tun? Nun, zumindest ansatzweise hat die RSR das Ziel verfolgt, die Rechtschreibung leichter beherrschbar zu machen. Das dies nicht in allen Fällen gelungen ist, wurde in diesem Forum bereits mehrfach dargelegt. Dennoch sollte man die Rechtschreibreform nicht verteufeln, sondern als einen kleinen Schritt in die richtige Richtung ansehehen.

Da sich nun aber keiner mehr an eine wirkliche Reform der Rechtschreibung herantrauen wird, wird Rechtschreibung in Zukunft noch mehr an Bedeutung verlieren und jeder so schreiben, wie er will. Ich persönlich finde das nicht schlimm, aber der deutschen Sprache hat man durch die Reformblockade einen Bärendienst erwiesen.

Uwe


eingetragen von uwe am 25.08.2001 um 19.08

auf inzwischen über 3.000 Seitenaufrufe zu diesem Leitthema.



Okay, die letzten 1.000 Aufrufe haben recht lange gedauert. Aber was soll's. Immer noch absoluter Quotenrekord. Schönen Gruß an Gast Verona.

Uwe


eingetragen von Ursula Morin am 19.08.2001 um 21.16

Lieber Uwe,
da darf man ja die Hoffnung nicht aufgeben ... vielleicht hilft Ihnen die Erholung auch, die "Vorzüge der neuen Rechtschreibung" nachher besser erklären zu können. Ich habe diese Vorzüge leider immer noch nicht verinnerlicht. Aber schon meine Mutter hat darüber geschimpft, daß ich mir "nichts sagen lasse". Wahrscheinlich hat sie recht gehabt - und gelegentlich hatte sie auch das Recht - in Form von Ausgehverboten - in der Hand.

Und bitte aufpassen beim Sonnenbaden - oder war das jetzt Sonnen baden? ... also ungefähr wie Rad fahren?


eingetragen von uwe am 19.08.2001 um 20.23

Genieße zur Zeit die pure Sonne.

Ab nächste Woche geht es dann weiter mit den Vorzügen der neuen Rechtschreibung.

Bis dann !
Uwe


eingetragen von litebloo am 12.08.2001 um 15.19

Danke dir.

Ich werd mich wohl wieder eine Zeit lang zurückziehen, denke ich. Ich kann zur Zeit nicht diskutieren.

Schüssie @ all

litebloo
__________________
So sei es.


eingetragen von Jan am 09.08.2001 um 21.17

ganz viele Wortarten wurden zerhackt:

walnußgroß - Walnuss groß
hierzulande - hier zu Lande
kennenlernen - kennen lernen
bezugnehmend - Bezug nehmend
Alleinerziehende - allein Erziehende

Es handelt sich wohl um Verben, Adjektive, Adverbien...frag mal lieber Herrn Ickler.

Eines haben die "alten" Varianten gemeinsam: Sie sind ungleich eleganter und zweckmäßiger als die neuartigen fragmentierten Invaliden.

Klar, es gab auch früher Grenzfälle, wo man sich fragte: "zusammen, oder getrennt?¿?" Die meisten zusammengesetzten Wörter waren aber Begriffe, die sich im Wortschatz als eigenständige Wörter bereits etabliert hatten. Niemand kam deshalb auf die Idee, sie auseinanderzuschreiben. Das widerspricht ja schon dem natürlichen Sprachgefühl.

__________________
mfg
Jan
mehl-mir-mal@spray.net


eingetragen von litebloo am 09.08.2001 um 12.28

An Jan:
Also, verstehe ich richtig und die Wörter, die auseinander geschrieben sind, sind nur diejenigen, bei denen sich dieses Teil da (brechend zum Beispiel) nicht steigern lässt? Oder ist das bei allen? -_-

An Prof. Ickler:
Welche Ausdrücke lernen? Partizip und so? Ich sag doch, letztes Jahr haben wir nur irgendwelche Bücher gelesen und wir hatten mal eine Zeit lang Grammatik ... und zwar dieses mit der indirekten (?) Rede, was man da verwendet und so. Und was ein Partizip ist, das fragt doch kein Mensch! Unser Französischlehrer weist uns manchmal darauf hin, dass wir den Genitiv richtig verwenden sollen. Im Deutschen.
Ich würde die ganzen Ausdrücke ja gerne kennen, aber ich bin 1. (ehrlich gesagt) zu faul, um die zu lernen und 2. ist kein Mensch da, der mir die beibringt und 3. hab ich Vokabeln noch nie lernen können... Deshalb tu ich's auch nicht.
Na ja, spöttisch... weiß nicht, ob man das so nennen kann. Wenn ichs blöd finden würde, dass Sie mir das alles erklären, würd ich ja nicht fragen. aber Tatsache ist doch, dass meine früheren Deutschlehrer mir das alles nicht vermittelt haben oder nicht vermitteln konnten.
Ja, darüber hab ich schon nachgedacht. Es muss schrecklich sein, wenn man Deutsch nicht als Muttersprach lernt... uh. Seit ich Französisch hab, denk ich über sowas öfters nch. Allerdings verwende ich beim Denken nie Wörter wie "Partizip". +_#

Hessen ist cool. *schnüff*

litebloo.
__________________
So sei es.


eingetragen von Theodor Ickler am 08.08.2001 um 18.46

Nun, liebe Sarah, das wirst Du in Wirklichkeit schon anhand der Beispiele verstanden haben, denke ich. Ich habe gerade mitbekommen, daß meine Tochter (eine Klasse unter Dir) diese Ausdrücke alle lernen mußte, und deshalb habe ich es auch bei Dir als bekannt vorausgesetzt. Du gehst doch in Frankfurt zur Schule, nicht wahr? So schlecht kann es nicht einmal in Hessen sein (ich stamme auch aus Hessen).

"Deutschlehrer" meinst Du anscheinend ein bißchen spöttisch, aber in Wirklichkeit bist Du an der deutschen Sprache interessiert und würdest ganz gern noch mehr darüber wissen. Die eigene Sprache ist ja ganz seltsam vertraut und doch auch wieder das Unbekannteste, weil man gar keine Distanz dazu hat. Die Wörter steigen in einem auf, man weiß nicht wie, und fügen sich zusammen, und man urteilt gefühlsmäßig über richtig und falsch, besser und schlechter - und weiß nicht warum. Das heißt, ein guter Deutschlehrer weiß es eben doch.
Ich arbeite viel mit Ausländern, wie Du weißt, da muß man sich alles bewußt machen und aussprechen, was der Muttersprachler sonst nur stillschweigend beherrscht. Hast Du Dir zum Beispiel schon mal überlegt, von welchen Zeitwörtern wir das Partizip II (!) mit ge- bilden und von welchen nicht? Also "bin gewandert", aber "bin spaziert". Ausländern muß man das doch erklären können. Na, usw., tausend Sachen dieser Art. Ist ganz interessant. Wenn man dann noch andere Sprachen vergleicht ...
__________________
Th. Ickler


eingetragen von Jan am 08.08.2001 um 18.17

unbeabsichtigt *ärger* ist mein Satz (siehe unten) selbst-erklärend geworden:

"Der Leser ist gezwungen, aus dem Kontext heraus zu interpretieren, was ihn zusätzlich belastet."

Wer diesen Satz liest, muß dessen Aussage verinnerlichen, um ihn zu verstehen.

Ich bitte um Verzeihung. Nach "interpretieren" kommt ein Punkt, danach ein eigenständiger Satz.
__________________
mfg
Jan
mehl-mir-mal@spray.net


eingetragen von Jan am 08.08.2001 um 18.06

Hi Sarah + Prof. Ickler!

Also ich als Laie, der ohnehin nur seinem instinktiven Sprachgefühl folgt, würde es mal so erklären:

bei "noch Bahn brechender" bezieht sich "noch" auf "brechender", weil "Bahn" ein eigenständiges Wort ist.

Die Steigerung

brechend
noch brechender
am brechendsten

ist genauso sinnlos wie

schwanger
noch schwangerer
am schwangersten

Der 2. Mißstand an dieser Konstruktion ist, daß den Hilfswörtern "noch" und "am" das Substantiv "Bahn" folgt. Der Leser ist zunächst geneigt, das vorangehende Wort auf das darauffolgende Substantiv (Bahn) zu beziehen. Test-Text mit absichtlichem Zeilenumbruch:

Noch Bahn
brechender war
die Einführung der
Zwangsgetrennt-
schreibungen.

Noch Bahn
fahren bei den
hohen Fahrpreisen?

Fazit: Durch das Verbot zusammengesetzter Wörter wie "bahnbrechend" sinkt der leserleitende Informationsgehalt eines Textes. Der Leser ist gezwungen, aus dem Kontext heraus zu interpretieren, was ihn zusätzlich belastet.

Stell Dir eine stark fragmentierte Festplatte eines Computers vor. Die Dateien können nicht mehr so schnell geladen werden. Die RSR fragmentiert unsere Texte. Das Lesen ist nicht mehr so schön flüssig.

Oder ein anderer Vergleich: Für das Abspielen von MP3-Dateien ist viel mehr Rechenleistung erforderlich als bei Wave-Dateien. Warum? Bei MP3-Dateien ist gegenüber Wave-Dateien (fast) die selbe Informationsmenge auf ein Zehntel komprimiert. Um aus dei kleineren Datenmenge unser schönes Musikstück zaubern zu können, muß der Rechner viel "aus dem Kontext interpretieren". Der Vergleich hinkt: MP3-Dateien haben den Vorteil, daß sie so klein sind. Reformierte Bücher sind hingegen um mehrere Seiten länger!

Nochmals die Frage bezüglich Lesegeschwindigkeit an Sie, Herr Ickler. Gibt es Untersuchungen mit konkreten Ergebnissen?



bis denn
Jan




__________________
mfg
Jan
mehl-mir-mal@spray.net


eingetragen von litebloo am 08.08.2001 um 16.29

Oh, danke, Herr Deutschlehrer... Aber so ganz hab ich immer noch nicht verstanden, warum man nicht "Aufsehen erregender" sagen kann. Aber verwenden Sie bei der Erklärung bloß nicht das Wort Partizip (party.zip *g*). Ich weiß eh nicht, was das ist.
Vielleicht sollten Sie auf die Kultusminister schimpfen.
Bisher hab ich noch nicht die Artikel gelesen. Die Hauptseite ist mir viel zu verwirrend (ich würde schöne, zusammen passende Farben und die Schriftart Verdana, Größe 11pt verwenden! @ mistah webmaster) ... und ich war mir gar nicht so sicher, dass die immer geupdated wird. Aber wenn Sie mir das empfehlen, werd ich mir das natürlich regelmäßig mal durchlesen.

litebloo.
__________________
So sei es.


eingetragen von Theodor Ickler am 08.08.2001 um 16.09

Keine Angst, es wird nicht so schlimm.

Also: Du weißt, was Steigerung íst, nicht wahr? Steigern kann man Adjektive: schöner, am schönsten. Partizipien wie "laufend", "schlafend" kann man nicht steigern. In "Aufsehen erregend" ist "erregend" ein Partizip, also eigentlich eine Form des Verbs "erregen". Das zeigt sich daran, daß ein Hauptwort (Aufsehen) davon abhängig ist. Dann kann man es aber nicht steigern! Man kann höchstens sagen "großes Aufsehen erregend", aber nicht "Aufsehen erregender". Steigern kann man aber sehr wohl das neuentstandene Adjektiv "aufsehenerregend": "aufsehenerregender, am aufsehenerregendsten". Hier ist das Hauptwort gewissermaßen eingebaut und ist gar kein Wort mehr, sondern ein Teil einer Zusammensetzung. Spiel das ruhig mal durch! Mit "bahnbrechend", "schwindelerregend" usw. Kannst auch den nächsten Deutschlehrer bitten, es Euch zu erklären.

Wenn Du den ersten umgestellten Duden von 1996 und dazu den neuesten Duden von 2000 hättest, könntest Du sehen, daß die Reformer das inzwischen erkannt haben und "aufsehenerregend" auch wieder zulassen, das sie zuerst verbieten wollten. (Die Reformer haben das bei der sogenannten Mannheimer Anhörung im Januar 1998 diskutiert, ich habe auch teilgenommen. Versteht sich, daß ich hier nur EIN Beispiel von mehreren Dutzend ausgesucht habe!)

Das Tollste will ich Dir aber auch erzählen: Die Kultusminister haben diese Korrektur, die sogar von den Reformer selber für "unumgänglich notwendig" gehalten wurde, nicht zugelassen! Die Reform trat unkorrigiert in Kraft - nur für Euch Schüler natürlich. Das sind eigentlich die Dinge, die uns erwachsene Reformkritiker genauso wütend machen wie die dummen neuen Regeln selbst.

P.S. Hast Du die Regeltafeln inzwischen gefunden?

P.P.S. Schaust Du Dir auch die Nachrichtenseite manchmal an? Wir machen uns die Mühe, aus den Zeitungen jeden Tag das Interessanteste zu unserem Thema herauszusuchen. Die Zeitungen sind enorm wichtig! Ohne sie und gegen sie können die Kultusminister ihre Reform auf die Dauer nicht durchhalten. Die ganze Geschichte ist auch ein spannendes Kapitel Gemeinschaftskunde. Das ist viel besser, als nur aus Büchern zu lernen, wer was entscheidet, wer wen wählt usw.
__________________
Th. Ickler


eingetragen von litebloo am 08.08.2001 um 15.55

Danke, Herr Ickler. Leider verstehe ich trotzdem nicht, warum Sie meinen, es müsste "noch bahnbrechender" heißen... -_-
__________________
So sei es.


eingetragen von Reinhard Markner am 08.08.2001 um 13.50

Die hier einigermaßen unvermutet ausgesprochene Befürchtung, daß die Reformer von den Reform-Gegnern irgendwas eingeredet bekämen, ist weitgehend unbegründet. Sie sind genauso bockig und Argumenten gegenüber verschlossen wie z. B. *** (Name der Red. bekannt).


eingetragen von Theodor Ickler am 08.08.2001 um 13.12

Also mal ganz einfach: Wortgruppen wachsen oft zu Wörtern zusammen. Es ist aber nicht immer leicht, in diesen fließenden Übergängen den Punkt zu finden, an dem tatsächlich ein Wort (EIN Wort!) daraus geworden ist.

"eine Bahn brechende Entdeckung" - das ist noch nicht falsch, aber es ist hart an der Grenze, aus vielen Gründen, die ziemlich kompliziert sind. Zum Beispiel läßt sich zeigen, daß das erweiterte Partizipialattribut im Deutschen ausgesprochen "papieren" klingt usw. (Im gesprochenen Deutsch kam es ursprünglich gar nicht vor, in den Dialekten noch heute nicht, es ist dem Humanistenlatein nachgebildet.)

Aber nun: "diese Entdeckung war noch Bahn brechender" - das ist eindeutig falsch, nicht wahr? (Muß ich es erklären?) Also hier muß es einfach heißen "noch bahnbrechender".
Schon dies erledigt viele neuschreibliche Einfälle, und die Reformer haben es ja auch eingesehen und einen Teil wieder zurückgenommen.
Auch "diese Entdeckung war Bahn brechend" ist beinahe falsch, jedenfalls sehr ungewöhnlich.
__________________
Th. Ickler


eingetragen von litebloo am 08.08.2001 um 12.28

Ah, so ist das?! "Bedeutet ein größerer Wortschatz nicht auch ein klein wenig Zugewinn an Freiheit? Sprache lebt." Was meinen sie damit?
Wo kann ich diese Wörterliste finden?
Sie meinen, ich sei mir der Tragweite der Reform noch nicht bewusst. Gut, kann sien. Allerdings hab ich ja schon so einiges gehört, nicht alles hat sich ja auch unbedingt gut angehört. Aber das sind für mich zwei Welten: Die eine ist das alles, was ich hier so von der Reform mitkriege, das andere sind die Teile, die ich beim Lesen wirklich bemerke. Ich höre immer, dass man die alte Rechtschreibung viel besser lesen könne, aber dme kann ich einfahc nicht zustimmen. Vielleicht bin ich ja aber auch einfach nur von den ganzen ßs so verwirrt, wenn ich in alter Schreibung lese...
Es ist aber wahr, ich hab Angst, dass die Reformer von den Reform-Gegnern eingeredet bekommen, dass das alles sowie nur blöd wäre und keinen Sinn hat.
Außerdem: Ich würde anstatt dem i als umgedrehtes Ausrufezeichen ein richtiges umgedrehtes machen. (ALT+0161)
Schüssie,

litebloo.
__________________
So sei es.


eingetragen von Jan am 07.08.2001 um 16.36

Hi Sarah!i! Konnte gestern nicht mehr antworten, sorry.

Was Gerd Thieme eigentlich sagen wollte: Früher (frag mal Herrn Ickler, wann) verwendete man Getrenntschreibungen wie „Bahn brechend“ u.s.w., bis man eines Tages feststellte, daß „bahnbrechend“ viel leichter zu lesen ist: Die Lesegeschwindigkeit läßt sich durch Zusammenschreibungen erhöhen. Es wird sozusagen durch Zusammensetzung zweier Begriffe ein neues Wort mit einer eigenständigen Bedeutung geboren. Eine Bereicherung des Wortschatzes verbessert aber das schriftliche Ausdrucksvermögen.

Ist so eine Bereicherung nicht schön, Sarah?¿? Bedeutet ein größerer Wortschatz nicht auch ein klein wenig Zugewinn an Freiheit? Sprache lebt.

Die Herren Reformer waren aber anderer Meinung: Offensichtlich wollten sie einen so großen Wortschatz den Deutschen des 21.Jahrhunderts nicht mehr zumuten und strichen kurzerhand tausende Wörter aus unserem Wortschatz, die vorher keinen Menschen gestört haben, im Gegenteil. (Schau mal bitte in Stephanus Peil´s Wörterliste, da findest Du die ermordeten Wörter) Das paßt ja auch prima zusammen mit der vielzitierten „Informationsgesellschaft“! *ironisch*

Sowas findest Du schön, Sarah?¿? Nein, ich möchte es nicht glauben. Ich glaube vielmehr, daß Du Dir über die Tragweite der Reform noch nicht bewußt bist.

Der Ansatz der Reformer war, die Schriftsprache stumpf und primitiv zu machen, um Unterschiede im Grad der Beherrschung zwischen den Bildungsschichten einebnen zu können. Dazu gehört eben auch das Verbot von jahrzehntelang erfolgreich verwendeten Wörtern. Dieses Ziel ist aber mächtig in die Hose gegangen.

Das gesamte Niveau der Schriftsprache wurde zwar abgesenkt. Durch Unzulänglichkeiten und Willkür im Regelwerk ist der Abstand im Grad der Beherrschung zwischen Schreibschwachen und der Bildungs-Elite aber keineswegs kleiner geworden. Nur eine Wirkung hat die Reform: Alle machen mehr Fehler als früher! Auch die, die von der 1.Klasse an die neue Rechtschreibung gelernt haben!

Durch ihre Rückschrittlichkeit, ihre gewaltsame Durchsetzung und ihre Beschneidung der Ausdrucksmöglichkeiten erinnert mich die RSR an die dunklen Kapitel des Mittelalters.

Um es mal ganz salopp zu sagen: Ich glaube eher, daß da ein paar Alt68er durchgeknallt sind und die wilden Träume aus ihrer Jugend verwirklichen wollten. Insgeheim haben wohl alle von denen schon gemerkt, was sie da angerichtet haben. So lassen sich wohl auch die (klammheimlichen) Rücktritte einiger Kultusminister erklären. Feigheit und wirtschaftliche Verflechtungen sind wohl Triebkraft für das Motto von Politikern, Zeitungen, Verlagen: „Es gibt kein zurück mehr. Augen zu und durch!“

Zitat Sarah: „Meine größte Angst ist es ja, dass die Reformer denken, ihr Werk wäre verfehlt.“

Oh Gott, Sarah!i! Auf welcher Wolke schwebst Du? Oder bist Du gerade zu Besuch bei Alice im Wunderland?¿?¿? Oder ist Dein Vater gar einer von denen?¿?

*Bei diesem Satz von Dir stellte ich mir vor, wie die herzensgute Sarah einen bitterlich weinenden Reformer tröstet und ihn sanft streichelt mit den Worten: „Es wird alles wieder gut, kleiner Reformer. Aber für das Spielzeug „Rechtschreibung“ bist du noch zu klein, das mußten sie dir wegnehmen. Sie geben dir ein anderes Spielzeug, vielleicht die „Tafelkreide-Norm“, da kannst du nicht so viel kaputtmachen, du kleiner Racker.“

Was ich noch sagen wollte: Ich möchte keineswegs ruppig sein oder Dich anmeckern, Sarah. Mich treibt ein kleiner Hoffnungsschimmer. Zitat Sarah: „Ich sag´ hier meine Meinung, damit die Leute im Forum mal drüber nachdenken können.“ So mach´ ich´s auch.

Frage an Herrn Ickler: Mit Interesse las ich Ihre Darlegung über die Erhöhung der Lesegeschwindigkeit durch Großschreibung der Substantive. Gibt es auch ähnliche Untersuchungen über Unterschiede in der Lesegeschwindigkeit zwischen bewährter Rechtschreibung und Reformschrieb?

Bis denn
Jan





__________________
mfg
Jan
mehl-mir-mal@spray.net


eingetragen von litebloo am 06.08.2001 um 11.11

Als ob ich das nicht wüsste. (Bin ja schon etwas länger hier) +_+ Aber da sie gleich wieder verworfen wurde, kann man sie doch wohl kaum als Rechtschreibreform ansehen?
Sagen Sie jetzt nicht, dass man die sowieso nicht als Reform ansehen kann.

litebloo.
__________________
So sei es.


eingetragen von Christian Melsa am 05.08.2001 um 21.26

Hallo Uwe,

Du hast ja völlig recht, die ss-Schreibung trifft man in Texten, die derzeit massenhaft verbreitet werden, überwiegend an. Insofern kann man vielleicht von einer Durchsetzung sprechen, ich würde es eher als eine mögliche Vorstufe zur tatsächlichen Durchsetzung bezeichnen.

Aber kann man den Grad von Durchsetzung einer Sache mit dem Grad von Wünschbarkeit, Qualität, Optimierung gleichsetzen? Das sollte man besser nicht tun. 1989 jedenfalls haben die Bürger der noch existierenden DDR sich auch nicht von der Tatsache, daß diese sich "durchgesetzt" hatte - seit immerhin schon 40 Jahren -, davon abhalten lassen, zunehmend lautstark gegen sie zu protestieren, was sie schließlich zu Fall brachte. Interessanterweise wird ausgerechnet den Reformgegnern oft Bequemlichkeit vorgeworfen (als hätten sie einfach nur keine Lust, Neues zu lernen), dabei ist aber in Wirklichkeit die schlichte Hinnahme von vorliegenden Zuständen oder Entwicklungen, seien sie auch noch so fragwürdig, der Gipfel von Bequemlichkeit. Sie ist der Feind der lebendigen Demokratie.

Wenn Du mal die Nachrichtenecke dieser Seite ein wenig mitverfolgst, sollte Dir übrigens nicht entgangen sein, daß die Reform tatsächlich immer noch in der Wahrnehmung der Öffentlichkeit sehr aktuell ist. Es geht schließlich nicht um irgendeinen nebensächlichen Kinofilm, der für eine gewisse Dauer mit großem Brimborium ins Zentrum öffentlicher Aufmerksamkeit gesetzt zu werden versucht wird, nach ein paar Wochen schon nicht mehr läuft und bald vergessen ist. Die Tragweite des Themas sollte Dir in der hiesigen Diskussion langsam bewußt geworden sein. Und in der Tat ist ja gerade erst wieder in einer der sehr wichtigen Fernsehsendungen, der Polit-Talkshow "Sabine Christiansen" über die Rechtschreibreform geklagt worden. Das hat sogar Agenturmeldungen bewirkt.

Du scheinst mir ein gutes Beispiel für jene Menschen zu sein, die zunächst, verursacht durch Fehlinformationen, glauben, ihre Befürwortung der Reform bzw. der Reformorientierung in der eigenen Schreibpraxis in der Diskussion mit Reformgegnern völlig einleuchtend begründen zu können, dann zunehmend feststellen, wie unzuverlässig bis falsch die Ausgangspunkte ihrer Meinungsbildung eigentlich waren, sich als grundsätzlich zur Einsicht fähig zeigen, indem immer wieder auch den Ausführungen der Reformkritiker beigepflichtet wird, ohne aber die fundamentale Konsequenz umzusetzen, in ihr Lager überzuwechseln. Dazu gehört sicherlich auch eine gewisse Überwindung. Doch wird dieser Schritt getan, so wird man bestimmt Respekt ernten; es gibt nichts zu verlieren als den Glauben an falsche Propaganda.


eingetragen von Gerd Thieme am 05.08.2001 um 19.41

litebloo stimmt Jan zu:

Zitat:
Ja, das stimmt. Aber kein Mensch hätte sich wohl darüber aufgeregt, wenn man schon immer Bahn brechend geschrieben hätte. Niemandem wäre aufgefallen, wie nervig das deiner Meinung nach ist.

Welche Schreibweise hältst Du denn für die ältere, Sarah? Bahn brechend oder bahnbrechend?

Wenn Du die Antwort gefunden hast, verstehst Du sicher auch, warum Reformgegner die »alte« Rechtschreibung in Anführungszeichen setzen, denn sie ist in vielerlei Hinsicht die modernere, 100 bis 200 Jahre jünger als die »neue«.

Gerd


eingetragen von Theodor Ickler am 05.08.2001 um 17.15

Wenn Du hier einsteigst, siehst du links gleich ein Schaltfeld "Regeltafeln" zum Anklicken. Die kannst Du ausdrucken, sie liegen auch der Luxusausgabe meines Rechtschreibwörterbuchs bei (Manufactum-Versand) und können für 1 Mark pro Stück beim Leibniz Verlag bestellt werden. Schau Dich ruhig ein bißchen hier um!

Eigentlich wirst Du mir immer sympathischer, nicht nur weil ich selbst so eine wie Dich hier unter meinen Töchtern habe (allerdings mit braunen Augen, von meiner Frau her, schreibt aber auch Gedichte und Geschichten, die z. T. sogar schon gedruckt worden sind). Ob Du es glaubst oder nicht: auch ich habe vorher nie in einen Duden geschaut und hatte überhaupt keinen! Eine ganze Regalwand voller Wörterbücher, aber keinen Rechtschreibduden! Und meinen ersten Zeitungsartikel über die Reform habe ich gleich mit den Worten des berühmten Romanschreibers Heimito von Doderer eröffnet: "Der Duden ist das dümmste deutsche Buch. Ich würde nie einen Duden in meiner Bibliothek dulden."
Die Rechtschreibung selber ist aber eigentlich sehr interessant, wie alles Gewachsene. Man muß bloß den richtigen Zugang finden. Hatte ich 50 Jahre lang überhaupt nicht, und dann auf einmal ging's los! Ein Verdienst der Reformer, aber ein ungewolltes, und sie verfluchen mich jeden Tag dreimal dafür.
__________________
Th. Ickler


eingetragen von litebloo am 05.08.2001 um 17.03

Es kann schon sein, dass man mit mir besser über Rechtschreibung als über die Rechtschreibreform reden kann. -_- Allerdings ist das doch ziemlich langweilig.
Meine größte Angst ist es ja, dass die Reformer denken, ihr Werk wäre verfehlt. Natürlich mag ich nicht dann als einzige blöd dastehen und gesagt bekommen: "Siehst du, wir wussten doch, dass selbst die einsehen, dass das nichts bringt." Nein, aber nur das ist es ja nicht, ich finde die Reform ja wirklich gut. Aber das habe ich ja shcon öfters erklärt.
Das schöne an der deutschen Schriftsprache ist ja unter anderem auch diese Groß-/Kleinschreibung.
Unzufrieden war ich nicht. Nur fällt es mir auf und die Reform finde ich ja besser. Aber stören tut es mich nicht, ist nur manchmal etwas ungewohnt, vor allem die so viel andere ss/ß-Schreibung, die mir auf häufigsten auffällt.
Klar, ich bräuchte erstmal ein bisschen, bis ich die alte Rechtschreibung wieder so einigermaßen hibekommen würde und dann würden mir wohl auch öfters noch irgendwelche Fehler unterlaufen und so. Aber ich denke, dass ich nicht sehr viel mehr Schreibfehler als jetzt nach einem Jahr machen würde.
Ich hab eh noch nie jemals in einen Duden geschaut... ah ja, doch mal beim Scrabble-Spielen. Steht jetzt eigentlich das Wort "Klauen" im Duden? ich weiß noch, dass sich mal eine ehemalige Deutschlehrerin total aufgeregt hat, wiel wir immer "klauen" statt "stehlen" gesagt haben... +_#
Was für Tafeln eigentlich?

litebloo.
__________________
So sei es.


eingetragen von Theodor Ickler am 05.08.2001 um 16.32

Ich hatte schon lange den Eindruck, daß man mit Dir, liebe litebloo, besser über Rechtschreibung als über die Rechtschreibreform sprechen könnte. Denn über die Reform kann man nur sprechen, wenn man sie wirklich kennt, also die 90 Seiten amtliche Regeln (es sind ungefähr 1300 Regeln!) gelesen hat. Das kann und will ich Dir aber nicht zumuten, es ist auch deshalb witzlos, weil die Regeln ja inzwischen inoffiziell schon wieder geändert worden sind. Im September wird der neue Bericht der Kommission fertig sein, über hundert Seiten lang, und er wird wahrscheinlich weitere Änderungen bringen, weil die Reformer längst erkannt haben, daß ihr Werk verfehlt ist. Also wozu überhaupt noch darüber reden?

Was aber die Rechtschreibung selbst betrifft, so bist Du in bester Gesellschaft, wenn Du verlangst, daß Aussprache und Schreibweise möglichst eindeutig zusammenhängen. Das haben fast alle Reformer seit dreihundert Jahren verlangt. (Herr Markner, der hier auch oft sehr gescheite Sachen einträgt, hat dafür einen ziemlich häßlichen Ausdruck: Oralprimaten.) Manche Sprachen kommen diesem Ideal sehr nahe, aber gerade die drei großen Sprachen Westeuropas, also Deutsch, Englisch und Französisch, tun es nicht. Darüber ließe sich natürlich reden.
Der Stand der Erkenntnis ist so, daß man heute einsieht: Der Leser, auf den es doch letztlich ankommt (das siehst Du ja völlig richtig), ist weniger am genauen Wortlaut interessiert als am Sinn eines Textes. In dieser Hinsicht ist aber die deutsche Rechtschreibung ganz hervorragend. Du mußt bedenken, daß man sowieso vieles nicht schreiben kann, was man hört. Als Ausgleich bringt man in der Schrift einiges unter, was man nicht hört. Und so ergibt sich eine ungewöhnlich leserfreundliche Schreibweise. Zum Beispiel die großen Anfangsbuchstaben: man hört sie ja nicht, aber fürs Auge sind sie eine Wohltat, sie beschleunigen das Lesen um ungefähr 3-5 Prozent. Das ist beweisbar und bewiesen. Das heißt, wenn zwei Leute ein Buch von 500 Seiten lesen, der eine in Kleinschreibung, der andere nicht, dann ist der zweite schon fertig, wenn der andere noch 25 Seiten zu lesen hat, also 1 bis 2 Stunden früher. Das Leseleben eines Professors (die leben besonders lang, weil sie nur tun, was ihnen Spaß macht) von 80 Jahren gewinnt glatt 4 Jahre Lesezeit. Ist das nicht phantastisch? Und das ist ja nur ein einziger Punkt, eben die Großschreibung.

Es kann sein, daß dies nur die halbe Wahrheit ist, aber selbst dann wäre es noch bemerkenswert. Ich will nur sagen, daß man vieles bedenken muß. Bist Du denn mit Büchern in der bisherigen Rechtschreibung unzufrieden gewesen, ich meine, als Leserin? Oder hast Du Dir bloß Sorgen darüber gemacht, ob Du selbst diese Schreibweise so gut hinkriegen würdest? Wenn Du Dir meine beiden Tafeln anguckst (ich schicke sie Dir auch gern zu), dann wirst Du vielleicht erkennen, daß der eigentliche Lernstoff so dargestellt werden kann, daß er wirklich keine große Zumutung mehr ist. Den Duden kannst Du vergessen, der hat es unnötig schwer gemacht. Hier in unserer gemütlichen Diskussionsrunde sind wir auf einem anderen Wege, und zwar haben wir durchaus ein Herz für 14jährige Mädchen; das habe ich aber schon mal gesagt.
__________________
Th. Ickler


eingetragen von litebloo am 05.08.2001 um 15.48

Ja, das stimmt. Aber kein Mensch hätte sich wohl darüber aufgeregt, wenn man schon immer Bahn brechend geschrieben hätte. Niemandem wäre aufgefallen, wie nervig das deiner Meinung nach ist. Es gibt einige Dinge, die ich selbst nutzlos finde, aber es muss ja einen Grund geben, wieso man das geändert hat, und somit finde ich das nicht weiter schlimm. Aber stören tut mich das nicht. Ich spreche jedenfalls so.
Ich kann diese Hypothese nicht beweisen, aber es geht mir ja nicht darum, mit aller Kraft zu versuchen, dass die neue Rechtschreibung besser ist als die alte und dass das jetzt alle schlucken sollen. Ich sage nur das, was ich denke. Damit die anderen da auch drüber nachdenken können. Und mir ist nunmal aufgefallen, dass keiner so richtig weiß, was sich da nun geändert hat und so.
Ich habe nie behauptet, dass hier irgendjemand Probleme hätte, nach der neuen Rechtschreibung zu schreiben, weil ich mir das auch nicht vorstellen kann. Das hat der Uwe geschrieben und da ich das nicht glaube, bring ich ja auch solche Argumente nicht hervor. Warum fühlst du dich denn so belästigt? ich kann mir das nicht vorstellen. Aber ich kann mir sehr wohl vorstellen, dass du dir das einbildest. Ich zumindest hab da gar keine Probleme. ICH KANN MIR DAS EINFACH NICHT VORSTELLEN. Du regst dich auf, denkst "bah, neue Rechtschreibung" und dann hast du keine Lust mehr zum Lesen. Besorg dir irgendwas, was du selbst in neuer Rechtschreibung gerne liest.
Du willst dich nicht in der gegenwart einer besseren Schriftsprache an eine Schlechtere gewöhnen. Nungut, wenn du das findest, dann akzeptier ich das Argument.
Wenn ihr euch ja so sicher seid, dass die Rechtschreibreform wirklich schlecht ist, dann könnt ihr ja Kampgnen starten, um das anderen zu beweisen. Allerdings ist das natürlich wieder nutzlos, wenn sich einfach wieder aus irgendeinem Grund welche mitreißen lassen. Erklärt doch mal der Bevölkerung klar und deutlich, was sich nun geändert hat und was nicht. Natürlich auch die besseren Seiten an der Reform. Klar, kostet nen ganzen Batzen Geld. Aber dann müsst ihr jedenfalls nicht immer von euch auf andere schließen, wenn das Ergebnis so ausfällt, dass die Mehrheit die Reform wirklich nicht mag.
Ach:
Ich fühle mich unfreundlich behandelt, wenn ich deinen Eintrag lese. Du tust gerade so, als hätte ich oder jemand, den ich kenne, irgendwas an der RSR verdient. Ich möchte nicht, dass du mir sowas vorwirfst.

litebloo.
__________________
So sei es.


eingetragen von Manfred Riebe am 05.08.2001 um 14.16

Sarah litebloo schreibt: "Diese kleine Anzahl an Leuten, die gegen die Reform sind, reißen einfach die anderen mit, obwohl die sich wiederum keine Gedanken machen / gemacht haben."

Die Zahl der Reformgegner wird meist unterschätzt, weil die Presse über die Volksinitiativen gegen die Rechtschreibreform in Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Bremen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein nicht ausreichend unterrichtet hat. Eine solche anhaltende Protestwelle gab es in Deutschland selten. Innerhalb der verschiedenen Bürgerinitiativen ist der "Verein für deutsche Rechtschreibung und Sprachpflege e.V." (VRS) - Initiative gegen die Rechtschreibreform - zahlenmäßig nur ein relativ kleiner Verein, so daß man meint, er könne nicht viel ausrichten. Demgegenüber arbeiten die Reformer, Kultusminister und das Medienkartell propagandistisch desinformierend, Fakten fälschend und daher langfristig nicht überzeugend. Demzufolge wurde auch die Presse ihrer Informationsaufgabe auf Grund ihrer Befangenheit und Parteilichkeit bisher nicht ausreichend gerecht.

Der VRS und seine Sympathisanten arbeiten dagegen kontinuierlich wissenschaftlich informierend und aufklärend. Nur durch diese wiederholte Information und Aufklärung werden sich immer mehr unaufgeklärte Menschen nicht nur über die sprachlichen, sondern auch über die pädagogischen, demokratischen und wirtschaftlichen Aspekte der Rechtschreibreform Gedanken machen. Das ist der Grund, weshalb die staatlich finanzierten Sprachvereine, die Gesellschaft für deutsche Sprache (GfdS), Wiesbaden, und das Institut für deutsche Sprache (IDS), Mannheim, die Existenz des VRS im Handbuch "Förderung der Sprachkultur in Deutschland. Eine Bestandsaufnahme" unterschlagen haben. Vgl. meine Beiträge im Forum von http://www.deutsche-sprachwelt.de:
1. "Bestandsaufnahme: Sprachvereine" - VRS - Verein für deutsche RS am 01.07.2001,
2. "Zensierte Berichte über Sprachvereine" - Manfred Riebe am 07.07.2001 und
3. "Wahrung" und "Förderung" der Sprache - Manfred Riebe am 23.07.2001,
als Antwort auf die dort gestellte Frage des Regionalbeauftragten des VDS, Professor Hans-Manfred Niedetzky, vom 01.07.2001: "Wieviele Sprachvereine gibt es eigentlich?" Dieses Verschweigen des VRS als eines oppositionellen unabhängigen Sprachpflegevereins ist recht aufschlußreich: Man hat Angst vor der Wahrheit, d.h. vor der Information und Aufklärung durch den VRS.

Der VRS und der noch viel größere Kreis der Reformkritiker sind zusammen mit der Sprachzeitung DEUTSCHE SPRACHWELT und den verschiedenen reformkritischen Netzseiten http://www.deutsche-sprachwelt.de, http://www.rechtschreibreform.com, http://www.raytec.de/rechtschreibreform/, http://Gutes-Deutsch.de/ usw. durch Information und Aufklärung zu einem Stachel im Fleisch der Reformer, der Politiker, des Medienkartells und deren Lobby geworden. Wer jedoch weiß, wie störend schon ein einziger Mücken-, Bienen- oder Wespenstich sein kann, kann sich vorstellen, daß immer neue Stachel im Fleisch selbst Dickhäuter nicht zur Ruhe kommen lassen. Oft nervt einen ja schon das sirrende Geräusch einer einzigen Mücke.




eingetragen von Jan am 05.08.2001 um 13.41

...umgekehrt wird ein Schuh draus: Es sollte jedes Wort (im Rahmen der Möglichkeiten) so geschrieben werden, wie man es spricht.

Stimmt Ihr mir da zu, Sarah und Uwe?¿?

Und was hat uns die RSR beschert?

Aus bahnbrechend wurde Bahn brechend.

Aus Alleinerziehenden wurden allein Erziehende.

Aus hierzulande wurde hier zu Lande.

Aus allein stehend + alleinstehend wurde allein stehend
(Beseitigung von Wörtern ---> Verringerung der Ausdrucksmöglichkeiten)

MAHL GANZ EHRLICH: SPRICHT MAN SO?¿?¿?

Jetzt zu Dir, Sarah:
Du unterstellst der Mehrheit (nennen wir es mal "Volk"), daß es nur aus Bequemlichkeit, Angst vor Veränderungen und wegen des "Herdentriebes" gegen die Reform ist.

Diese Hypothese kannst Du genausowenig beweisen, wie ich sie widerlegen kann. Es ist jedoch nicht auszuschließen, daß Deine Hypothese für einige Leute zutrifft.

Für mich trifft sie nicht zu. Ich hätte, wie gesagt, nicht die geringsten Probleme damit, nach der RSR zu schreiben.

Das Schreiben ist für mich aber das kleinere Problem. Ich lese 1000mal mehr als ich schreibe. Beim Lesen fühle ich mich durch die RSR belästigt. Jeder, der die RSR ablehnt, ist genötigt, reformierte Texte zu lesen. Wäre die RSR auf dem freien Markt ein Produkt unter vielen (wie z.B. konkurrierende Software), würde sich das Problem schnell von selbst lösen. Die RSR wäre ein Ladenhüter. Leider wird die RSR der gesamten deutschen Bevölkerung aufgezwungen.

Ich habe lange darüber nachgedacht, ob man sich nicht an reformierte Texte gewöhnen kann und ob ich vielleicht zu unflexibel bin. Das ist aber nicht die Ursache. Die RSR ist schlicht und einfach SCHLECHT. Man kann sich in der Gegenwart einer besseren Schriftsprache nicht an die Schlechtere gewöhnen. Ich akzeptiere die RSR nicht, weil sie mich persönlich beim Lesen stört und für alle Bevölkerungsschichten VOLLKOMMEN NUTZLOS ist: Vom Legastheniker bis zum Germanistik-Professor. Die Sinnlosigkeit und die Dummheit des Reform-Apparates sind es, was mich so in Rage bringt.

Die "Reformer" hätte man lieber mit einer Toilettenpapier-Reform beschäftigen sollen, dann hätten sie nicht so viel Schaden angerichtet.

Zu Uwe: In Frankreich wäre eine RSR nicht möglich gewesen.

Zu den Leuten im Forum: Denen unterstellt Du, Sarah, daß sie nur wegen persönlicher Vorteile gegen die Reform sind? Weißt Du, es gibt auch noch so etwas wie Idealismus, Uneigennützigkeit, Zivilcourage. Diese Eigenschaften sind bei diesen Leuten hier viel häufiger vertreten als im Kultusministerium, wo sich einige "Volksvertreter" durch die Reform schon persönlich bereichern konnten. Pfui!

bis denn

__________________
mfg
Jan
mehl-mir-mal@spray.net


eingetragen von litebloo am 05.08.2001 um 10.53

im Allgemeinen stimme ich zu. Aber wieso denn "unwichtiges Thema"? Unwichtig ist es sicher nicht. Nur habe ich jetzt nicht ganz verstanden, ob hier eigentlich nur diskutiert wird, weil sich die meisten nichts vorschreiben lassen wollen und somit auch denen an die Gurgel gehen, die sich etwas "vorschreiben" lassen. Oder eben weil das eine Verschandelung der deutschemn Sprache sein soll. Den ersten Fall würde ich ja noch verstehen, aber doch den ganzen Aufwand etwas sehr unpassend finden. So gesehen kann man darüber streiten, ob das wirklich ein unwichtiges Thema ist. Und ob das überhaupt das WIRKLICHE Thema ist, worum es hier geht.
Es ist ja wirklich so, dass es den meisten Menschen völlig egal ist. Und das regt mich auf. Diese kleine Anzahl an Leuten, die gegen die Reform sind, reißen einfach die anderen mit, obwohl die sich wiederum keine Gedanken machen / gemacht haben. Und dass es ihnen egal ist, wie es mit der deutschen Schriftsprache weitergeht, regt mich sowieso auf.

litebloo.
__________________
So sei es.


eingetragen von uwe am 05.08.2001 um 10.37

Ich finde es toll, dass ihr dieses Leitthema weiterführt (wegen der Zugriffszahlen, ihr wißt schon). Leider habe ich in den nächsten Wochen nur wenig Zeit, hier Beiträge zu verfassen. Dennoch eine kurze Antwort auf folgenden Beitrag:

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von litebloo
In der Öffentlichkeit vergessen? In der Öffentlichkeit ja. Aber wer ist denn "die Öffentlichkeit"? Die Leute, die uninteressiert sind? kein gutes Beispiel. Ich frage mich, wie es in anderen Ländern wäre, wenn so etwas wie eine Reform der Schriftsprache stattfinden würde. Deutschland ist doch eigentlich ein Land, in dem Demokratie herrscht, in dem die Leute relativ häufig sagen, was sie wollen. Was sind denn die Menschen noch? Ein kleiner, verpuffter Haufen, der nicht piep sagt, wenn es die anderen nicht tun. Ich wünsche mir das 16. Jahrhundert zurück.

Ich vermute, dass ein solches Reförmchen in anderen Ländern gar nicht wahrgenommen werden würde. Der Amerikaner würde sagen "Ich schreibe wie ich will, egal was sie den Schülern beibringen". Über solch ein unwichtiges Thema kann man nur in Deutschland so lange diskutieren. Außerdem wäre es ein Einfaches gewesen, die RSR zu kippen, wenn die Mehrheit der Bevölkerung wirklich dagegen gewesen wäre. Wie schnell hätte eine Bild-Zeitung wieder auf die alte Rechtschreibung umgestellt, wenn die Mehrheit der Leser die "Bild" in neuer Schreibung boykottiert hätte. Ich denke, den meisten Menschen ist das Thema völlig egal. Wenn sie befragt werden, sind sie natürlich dagegen, weil man sich generell nichts vorschreiben lassen will. Die vielen Zeitungsumfragen werden ohnehin nur von denjenigen beantwortet, die dagegen sind. Also alles Banane. Die Anti-Reform-Bewegung wird von sehr wenigen Menschen getragen, die sich dadurch profilieren wollen (wie so oft) oder die befürchten, ihnen würde etwas weggenommen, nämlich ihre perfekte Rechtschreibbeherrschung.

Uwe


eingetragen von litebloo am 05.08.2001 um 09.27

Ich denke, es werden nur viele Fehler gemacht, weil die Leute verwirrt sind. Sehen unterschiedliche Schreibweise, schreiben gemischt. Ich ja auch. Aber dass ich mich eigentlich gar nicht für die Rechtschreibung interessieren könnte ist mir neu. So kann ich das nicht sehen. Ich interessiere mich sehr wohl dafür. Nur nicht über alle Hindernisse drüber. (Z.B. 90 Seiten Text) Sonst würde ich ja wohl kaum hier diskutieren. Ich bin schließlich von selbst auf rechtschreibreform.com gegangen und das wohl gerade WEIL es mich interessiert. Ich frage doch Leute, wie sie darüber denken, weil es mich interessiert. Bestimmt nicht nur so aus Spaß und für Gesprächsstoff. Und ich mag doch, dass jeder ganz gut schreiben kann. Mir ist ja selbst aufgefallen, wie jetzt so gut wie jedes Wort mit ss geschrieben wird, selbst wenn es so gar nicht geschrieben werden sollte. Aber es gibt auch Fehler, die nichts mit der Reform zu tun haben. Und gerade, um diese Fehler zu unterdrücken, sollte doch versucht werden, dass jedes Wort so gesprochen wird, wie mans schreibt. In etwa jedenfalls. Ich hatte schonmal erzählt, dass jemand aus meiner Klasse Müll mit h anstatt dem einen l geschrieben hat. -_- Wunderbar, oder? Ich kann bei sowas nicht hinschauen. Deswegen meine ich. Die schöne Sprache Deutshc soll nicht nur gesprochen werden können. Sondern vor allem geschrieben. Besonders, weil man sich so ja dann noch etwas besser ausdrücken kann. meistens jedenfalls.

litebloo.
__________________
So sei es.


eingetragen von Jan am 04.08.2001 um 19.49

Hi!i! Mit Mogelpackung meine ich die offiziellen Reformziele, die verfehlt wurden: leichtere Erlernbarkeit, mehr Logik, besseres Textverständnis u.s.w. Das war außen auf dem Karton "RSR" abgebildet.

Zwar lerne ich nicht Lesen und Schreiben, aber durch Studium der unabhängigen Fehlerstatistiken kann ich mir sehr wohl ein Urteil über die Erlernbarkeit erlauben.

Es gibt noch eine dritte Möglichkeit: Du bist tatsächlich nicht die Gearschte, vielmehr interessierst Du Dich gar nicht für Rechtschreibungen jeglicher Art. Du bist sozusagen die Außenstehende, die Beobachterin. Um Dir dann eine Meinung über die Qualität der RSR bilden zu können, müßtest Du eine Art Umfrage bei Leuten machen, die den Karton "RSR" bereits ausgepackt und den Inhalt untersucht haben.

muß jetzt ins Bette und morgen früh raus:-((((
bis denn
Gute Nacht


__________________
mfg
Jan
mehl-mir-mal@spray.net


eingetragen von litebloo am 04.08.2001 um 19.19

Was meinst du mit Mogelpackung? Die Abstimmung, deren Ergebnis sowieso von niemandem beachtet worden ist? Oder meinst du, dass immer gesagt wird "Ach, die neue Rechtschreibung, wie cool", obwohl das gar nicht stimmt? (Übrigens kann ich mich nicht erinnern, dass sowas schon mal jemand gesagt hat.)

Wieso willst du mich schon wieder als die Gearschte hinstellen? Ich verstehe nicht, wie man auf etwas hereingefallen sein könnte, dessen Falle man übersprungen hat.

litebloo.
__________________
So sei es.


eingetragen von Jan am 04.08.2001 um 18.56

Hallöchen Sarah!i! Wir duzen uns, ok?¿? Außer, Du bestehst darauf, daß ich Sie sieze.

Soso, Du bist sozusagen eine autarke Persönlichkeit. Vollkommen neutral und objektiv hast Du Dir über die RSR Deine eigene Meinung gebildet. Dagegen ist nichts einzuwenden.

In einem anderen Beitrag schriebst Du über einen Aspekt, der in diesem Forum Deiner Ansicht nach viel zu sehr vernachlässigt wurde: Kann das Motiv, gegen die Reform zu sein, nicht auch in Faulheit und Bequemlichkeit begründet liegen?

Was meine Wenigkeit betrifft: Ich hätte nicht die geringsten Probleme damit, ab morgen in Dummdeutsch zu schreiben. Perfekt Dummdeutsch zu können, nehme ich für mich allerdings nicht in Anspruch. Voraussetzung dafür wäre das Studium der zahlreichen, voneinander abweichenden Regelwerke. Was ich jedoch mit "links" kann: Texte mit "allein Erziehenden" und "ss" zu zieren. Das ist keine Kunst. Ich tu´s dennoch nicht. Es wäre mir einfach zu peinlich. Peinlich nicht nur der Sache wegen, sondern auch wegen der treudoofen Unterwürfigkeit, die ich damit symbolisieren würde.

Warum Unterwürfigkeit, fragst Du jetzt bestimmt wieder. Du hast Dir ja schließlich Deine vollkommen autarke Meinung über die RSR gebildet und genießt keinerlei Vorteile durch das Anwenden der RSR. Niemand zwingt Dich.

Jemand unterwirft sich, wenn er wider besseren Wissens der Meinung anderer zustimmt. Das tust Du offensichtlich nicht. Aber ist es nicht auch Unterwürfigkeit, wenn man eine Sache übernimmt, die man nur oberflächlich begutachtet hat? Indem Du die RSR gut findest, hast Du die Katze im Sack gekauft und bist auf eine Mogelpackung hereingefallen.

Gegenüber anderen Mogelpackungen hat die RSR einen dramatischen Unterschied: Alle müssen sie ertragen, ohne jemals gefragt worden zu sein. Niemand kann die Mogelpackung in den Laden zurückbringen und das Geld zurückverlangen. Es gibt auch keinen Garantieanspruch.

Nehmen wir an, die RSR wäre ein Parfümfläschchen in einem riesigen Karton. Auf dem Karton ist ein 4mal so großes Fläschchen abgebildet. Ganz klein steht auf dem Boden des Kartons, daß es das abgebildete Riesen-Fläschchen mit 200ml und den neuesten trendy Duftsorten ebenfalls im Lieferprogramm gibt.

Du hast den Karton "RSR" noch nicht einmal geöffnet und erfreust Dich noch an der Abbildung. Viel Spaß beim Auspacken!

bis denn
Jan
__________________
mfg
Jan
mehl-mir-mal@spray.net


eingetragen von litebloo am 04.08.2001 um 17.40

Guten Tag.
Seltsam. Wieso wird mein Verhalten auf die Pubertät geschoben? Richtig, früher war ich nicht so. Aber damals hab ich mir auch keine Gedanken um was auch immer gemacht. Schon gar nicht um die Rechtschreibung. Immer ANTI sein? Bin ich das denn? Wollen Sie das behaupten? Sie kennen mich nicht. Vielleicht klingt das alles etwas unfreundlich, eingebildet, aber ich bin nicht einfach gegen alles, gegen jeden, hab nicht immer genau eine andere Meinung. ich muss agen, dass sowas shcoin manchmal Spaß macht. Aber im Prinzip geht es mir nur darum, zu sagen, was ich denke und wie ich denke. Nämlich damit nicht immer irgendwelches Gegenetwassein oder so gleich auf die Pubertät geschoben wird.
Ich verstehe nicht genau, was sie mir sagn möchten. ich lese keine Zeitschriften wie Bravo Girl (außer im Urlaub, aber da lese ich sogar die Arztromane meiner Mutter; ich kann nicht so viele Bücher mitnehmen, wie ich lese), falls es Sie interessiert: Ich lese manchmal Dinge wie die AnimaniA, Manga sZene; außerdem hab ich das Sailormoon-Comic im Abo.
Sagen sie jetzt nicht, Sailormoon wäre kindisch, das weiß ich selbst. Ich mag aber sowas. Außerdem soll NIEMAND sagen, dass Sailormoon kindisch ist, der nicht die Mangas gelesen und auch keine Informationen über die Serie aus dem Internet kennt.
Übrigens streite ich nicht. Ich sage nur meine Meinung. Für mich besteht da ein großer Unterschied.
Ich richte mich nicht nach dem, über das andere sagen, es wäre cool oder uncool, IN oder OUT. Mein Handy hat noch das gleiche Cover wie am Anfang. Ich lass mich nicht so beeinflussen. Und ich würde nie ein Handycover in alter Rechtschreibung kaufen. Denke ich.
Warum sollte ich tödlich blicken? Im Grunde haben Sie ja Recht. Ich merke ja selbst, dass ich von so gut wie niemandem ernst genommen werde. Weil ich sage, was ich denke? Weil ich kindische Angewohnheiten habe? WEIL ICH 14 BIN? Wissen Sie, ich kann auch nichts dagegen machen, dass ich nicht so sehr ernstgenommen werde. Es ist mir egal, wie die Reformer denken. Ich hab nichts mit denen zu tun. Außer, dass ich nunmal die neue Rechtschreibung mag. Ich kann ja auch nichts dafür, dass es so ist; dass mich die Reformer wohl nicht ernst nehmen. Ich stehe mit meiner Meinung da. Es ist schön, wenn es Leute gibt, die so denken wie ich. Aber eigentlich hab ich nichts mit denen zu tun.

UND VERGLEICHEN SIE MICH NIE WIEDER MIT ANDEREN.

litebloo.
__________________
So sei es.


eingetragen von Jan am 04.08.2001 um 11.22

Lightbulb

Hi!i! Dein Verhalten kommt mir bekannt vor. Meine kleine Schwester machte das bis voriges Jahr auch durch: Die Pubertät. Immer ANTI sein, den alten Säcken hier immer Paroli bieten. Im Prinzip ist es egal, worum es geht.

Wenn morgen in der BRAVO Girl stehen würde, die Reform sei total uncool, und es gäbe schon coole Handy-Oberschalen in bewährter Rechtschreibung *fg*, und Theodor Ickler&Co und das "Volk" wären die ärgsten Reform-Befürworter, wofür würdest Du dann hier wohl streiten?¿? Immer ANTI sein, wa?¿?

Wenn das hier ein Forum der Kultusminister für Reform-Verteidigung wäre, würdest Du natürlich gegen den bürokratischen Verordnungswahn wettern. Schade nur, daß sich die Reformer keiner sachlichen Diskussion stellen.

Schade auch, daß es solchen Dinos wie Springer-Verlag und Kultusministerium gelingt, zu bestimmen, was gerade "angesagt" ist. Aus Deinen Beiträgen entnehme ich, daß Du manchmal bezweifelst, von den "reiferen" Damen und Herren in diesem Forum ernstgenommen zu werden. Mir ging es manchmal auch so, jedoch stört es mich nicht weiter, denn diese Leute hier greifen nicht in meine Lebensbereiche ein. Hast Du Dir schon einmal darüber Gedanken gemacht, ob die Reformer jemals junge Leute wie Dich ernstgenommen haben?

Ich bin froh, jetzt nicht Deinen tötenden Blicken standhalten zu müssen. Die Blicke meiner Schwester haben mir schon gereicht.

Der Jan
__________________
mfg
Jan
mehl-mir-mal@spray.net


eingetragen von litebloo am 03.08.2001 um 18.34

In der Öffentlichkeit vergessen? In der Öffentlichkeit ja. Aber wer ist denn "die Öffentlichkeit"? Die Leute, die uninteressiert sind? kein gutes Beispiel. Ich frage mich, wie es in anderen Ländern wäre, wenn so etwas wie eine Reform der Schriftsprache stattfinden würde. Deutschland ist doch eigentlich ein Land, in dem Demokratie herrscht, in dem die Leute relativ häufig sagen, was sie wollen. Was sind denn die Menschen noch? Ein kleiner, verpuffter Haufen, der nicht piep sagt, wenn es die anderen nicht tun. Ich wünsche mir das 16. Jahrhundert zurück.
__________________
So sei es.


eingetragen von Sigmar Salzburg am 03.08.2001 um 16.58

Zwischendurch ein kleines Bonbon der eifrigen Verfechterin der neuen Rechtschreibung, der Anglistin Frau Dr. Margret Popp im ZEIT-Forum, die gerne auch unsinnige Regelungen übernimmt, „um kein Geräusch im Nachrichtenkanal" zu verursachen:

Abgesehen von ein paar Idioten, die sich nicht an diskontinuierliche Schreibungen wie "weit gehend" gewöhnen können, und deren vereinzelter Gebrauch niemals eine Aussprache-Veränderung (geschweige denn Veränderung des ganzen sprachlichen Systems) belegen könnten, welche Hinweise gibt es denn, dass diese Schreibungs-Veränderungen das sprachliche System verändern?

http://www.debatte.zeit.de/WebX?13@243.QNRuad4wcF0^1@.30008389

__________________
Sigmar Salzburg


eingetragen von uwe am 01.08.2001 um 08.44

hätte ich doch noch.

Glaubt eigentlich einer von Ihnen ernsthaft daran, dass das Thema Rechtschreibreform eines Tages wieder aktuell wird ? Derzeit ist das Thema in der Öffentlichkeit doch längst vergessen.

Uwe


eingetragen von Theodor Ickler am 01.08.2001 um 08.33

den Hut können Sie gleich wieder aufsetzen, Herr Uwe, ich lege auf Ihr bares Haupt keinen so großen Wert. Zuletzt mußte ich schmunzeln. Wenn einer einen Fehler gemacht hat und es nicht zugeben will, sagt er, er habe es mit Absicht getan, um die Aufmerksamkeit seines Gegenübers auf die Probe zu stellen. Das geht aber nur, bis man etwa zehn oder zwölf Jahre alt ist. Damit ist eigentlich alles gesagt, und ich will hoffen, daß nun wirklich Schluß ist.
__________________
Th. Ickler


eingetragen von Klaus Malorny am 01.08.2001 um 07.54

Herr Classens,

haben Sie eigentlich mal darüber nachgedacht, ob es hier jemanden gibt, der SIE noch wirklich ernst nimmt? Herr Riebe gehört wahrscheinlich zu den letzten, die es noch versuchen...



eingetragen von uwe am 01.08.2001 um 07.52

Was habe ich hier gesucht ?

Menschen, mit denen man über die vermeintlichen "Vorzüge" der Rechtschreibreform diskutieren und streiten kann. Einfach so und "just for fun".

Was habe ich hier gefunden ?

Tatsächlich habe ich viele Menschen vorgefunden, die mit viel Geduld und Mühe versucht haben, auch mich von den Nachteilen der neuen Schreibung und dem fragwürdigen Verfahren zu überzeugen. Mit Ursula Morin, Walter Lachenmann, Jan F., Matthias Dräger und all den anderen, deren Namen mir nicht mehr einfallen, ließ es sich gut streiten.

Leider gab es auch eine unangenehme Randerscheinung in diesem Forum. Aber darauf möchte ich nicht weiter eingehen.

Nun ist das Thema aus meiner Sicht weitgehend ausgereizt, so dass ich jetzt den geordneten Rückzug antreten werde.

Uwe


eingetragen von Manfred Riebe am 01.08.2001 um 07.45

Self-fullfilling-prophecy: Die Schreibspielwiese

Uwe produziert wieder einmal "heisse Luft (Hirngespinste)" (= Originalton Uwe) in Beliebigkeitsschreibung.
Allmählich scheint der von Matthias Dräger am 21.07.2001 angekündigte "Uwe-Effekt" in Erfüllung zu gehen: Ich, Uwe Cassens, schreibe nach der neuen ß/ss-Regel. Das ist nämlich die neue Rechtschreibung. Und da keiner so richtig weiß, was die "neue Rechtschreibung" eigentlich ist, mache ich auch praktisch keine Fehler mehr. Ich genieße Narrenfreiheit!

Die neue Beliebigkeitsschreibung kann den einen oder anderen dazu anregen, auf einer Art Beliebigkeitsschreibspielwiese Experimente zu veranstalten, um so seine Rechtschreibschwächen zu tarnen. Auch das könnte Teil des "Uwe-Effekts" sein. Aber auf dieses infantile Uwe-Schreibtheater kann man verzichten. Deswegen werde ich auf dergleichen "heisse Luft" nicht mehr reagieren.


eingetragen von uwe am 01.08.2001 um 05.17

inzwischen macht es mir Spass, hin und wieder einige Rechtschreibfehler in meine Beiträge einzubauen, nur um anschließend ihre oberlehrerhaften Kommentare in Empfang zu nehmen.

Merken Sie eigentlich nicht, dass Menschen, die so agieren, nicht Ernst genommen werden und sich der Lächerlichkeit preisgeben ?

Uwe


eingetragen von Manfred Riebe am 31.07.2001 um 17.16

Alles "heisse Luft"? Ich stehe im Gegensatz zu "Uwe" mit Name und Adresse für das ein, was ich seit Jahren behaupte und beweisen kann. Da dieser Skandal in bestimmten Kreisen bekannt ist und kein Staatsanwalt deswegen gegen den Lobbyismus oder gegen mich vorgeht, kann man schon deswegen davon ausgehen, daß die Informationen wahr sind. An der noch nicht ausreichenden Berichterstattung erkennt man auch, daß kein Medienkonzern es wagt, den Bertelsmann-Konzern so richtig zur Rechenschaft zu ziehen. Der Krake hat lange Arme.

Übrigens richtig: "Es muß nicht immer gleich um Geld gehen, obwohl es letzten Endes natürlich immer um Geld geht." Die berufliche Karriere z.B. eines Deutschlehrers, der eifrig für den Neuschrieb wirbt, zum Fachbetreuer für Deutsch und dann zum Seminarleiter bedeutet natürlich auch ein höheres Einkommen.

Hier ein wenig echter Klatsch und Tratsch: Wass stimmt? Heiß, heiser, am heissesten? Ich meine, wenn solche Rechtschreibdefizite vorliegen, dann sind die beruflichen Aufstiegsmöglichkeiten, egal ob in einer Behörde oder in einem Unternehmen, sehr eingeschränkt.

Der von Matthias Dräger am 21.07.2001 so genannte angekündigte "Uwe-Effekt" lautet sinngemäß:
Ich, Uwe Cassens, schreibe nach der neuen ß/ss-Regel. Das ist nämlich die neue Rechtschreibung. Und da keiner so richtig weiß, was die "neue Rechtschreibung" eigentlich ist, mache ich auch praktisch keine Fehler mehr. Ich genieße Narrenfreiheit!

Matthias Dräger schrieb: In den nächsten Tagen folgt hier ein Beitrag über den - so möchte ihn einmal nennen - "Uwe-Effekt".
Habe ich den Beitrag über den "Uwe-Effekt" übersehen?


eingetragen von Theodor Ickler am 31.07.2001 um 15.53

Auf falsche Angaben des angehenden Bertelsmann-Autors Zabel gestützt, schmähte der heute vergessene hessische Kultusminister Holzapfel (SPD) den Duden von 1996 und empfahl das Bertelsmann-Wörterbuch seines Parteifreundes Götze, das fehlerhafteste Wörterbuch, das mir überhaupt je bekannt wurde.

Es muß nicht immer gleich um Geld gehen, obwohl es letzten Endes natürlich immer um Geld geht.

Andere Frage: Wie wurden Reinhard Olt (FAZ) und Hermann Unterstöger (Süddeutsche Zeitung) eingewickelt, so daß sie über die entscheidenden Dritten Wiener Gespräche vom November 1994 derart verharmlosende Zeitungsberichte verfaßten, daß Zabel sich Unterstögers Überschrift ("Keine Wüteriche am Werk") ohne weiteres für ein eigenes Pamphlet zu eigen machen konnte?

Unterstöger hat sich inzwischen zu reinigen versucht, Olt hat sich nie wieder zum Gegenstand geäußert. Jene Zeit der Desinformation wird noch überwölbt von sentimentalen Schwärmereien des unsäglichen Zabel, der damals mit der Öffentlichkeitsarbeit betraut war und über den Charme Wiens fabulierte, das immer eine Reise wert sei usw. Was wirklich bevorstand, erfuhren die Mitglieder der Gesellschaft für deutsche Sprache so wenig wie die übrige Bevölkerung.

Über einen bayerischen Ministerialbeamten, der damals eine wichtige Rolle spielte, sagte ein Münchner Professor, der ihn gut kennt: Der hat sich wie auf dem Wiener Kongreß gefühlt, hatte zuvor wohl noch nie in einem Hotel dieser Klasse genächtigt. Das alles hat ihm so geschmeichelt, daß er sich unvorsichtigerweise mit der Sache identifizierte, die ihm jetzt anhängt.

Betrogene Betrüger gibt es also gar nicht wenige. Aber irgendwo sitzen auch die echten Drahtzieher dieser Schmierenkomödie.

Klatsch und Tratsch? Nicht meine Schuld, das ist nun mal das Niveau dieser Geschichte.
__________________
Th. Ickler


eingetragen von uwe am 31.07.2001 um 14.03

Wenn das stimmt, wass Herr Riebe hier zum Besten gibt und er es auch beweisen könnte, dann wäre das ein Skandal. Ich bin nach wie vor davon überezugt, dass wir in einer funktionierenden Demokratie leben. Und da es noch Medien gibt, die nicht vom Bertelsmann-Konzern beeinflusst werden, wäre ein solches Thema für diese doch ein gefundenes Fressen. Dann würden vermutlich Köpfe rollen. Aber nur, wenn Herr Riebe dies beweisen könnte.

Vermutlich kann er es nicht und alles ist nur heisse Luft (Hirngespinste).

Uwe




eingetragen von Manfred Riebe am 31.07.2001 um 13.42

Ich stimme Frau Morin zu: Aus Gründen der Arbeitsplatz- und Karrieresicherung wird manch einer zum Lobbyisten, ohne daß er gleich korrupt ist. Der ehemalige Präsident des Bundeskriminalamtes, Hans-Ludwig Zachert, hat aber aufgeklärt und gewarnt: Korruptes Deutschland? Die Bakschisch-Mentalität greift auch hierzulande allmählich um sich. In: FAZ 30.07.2001, S. 8.

Wer das Geld hat, hat die Lobby, und wer die Lobby hat, hat die Macht. Anders ausgedrückt: Der Krake Bertelsmann hat das Geld und schließt Beraterverträge, bezahlt Bertelsmann-Lobbybüros, z.B. in Brüssel, und beschäftigt Kulturbeauftragte bis hin zur Ehefrau des Generalsekretärs des Goethe-Instituts..... Auch Hans Zehetmairs Pressesprecher Toni Schmid hatte eine Verwandte bei Bertelsmann usw.

Staatliche Behörden, z.B. die Kultusministerien, wurden von den Schulbuchverlagen öffentlich erpreßt oder genötigt, wie man will, die Rechtschreibreform einzuführen. Die Kultusministerien verfügen über Steuergelder und können Beamte in höher dotierte Positionen hieven (der bekannte "Flaschenzug"), wenn willfährige Beamte während ihrer Dienstzeit auftragsgemäß oder wenn ihnen langweilig ist, sich anonym, aber weltweit sichtbar als Reformbefürworter (z.B. in Internetseiten der Reformkritiker) betätigen.


eingetragen von Ursula Morin am 31.07.2001 um 12.44

Lieber Uwe,
lesen Sie doch bitte etwas genauer ... Ich hatte davon gesprochen, daß die Umstellung der Zeitungen von deren Verlagen gewollt wurde (das wird von niemand bestritten, obwohl sich die Verlage bei Nachfrage wiederum darauf berufen, die Nachrichtenagenturen hätten die Umstellung gewollt). Da wird der Schwarze Peter also von einem zum anderen geschoben, was in diesem Zusammenhang aber nicht relevant ist. Wichtig ist in diesem Zusammenhang allein, daß die Umstellung von den Verlagen, aber nicht von den Fachleuten in den Redaktionen initiiert wurde. Dies weil Sie behauptet hatten, es würde sich doch niemand gegen seine Überzeugung "umstellen" lassen. Von den Kultusministern habe ich in diesem Zusammenhang überhaupt nicht geredet, die kamen wohl auch sehr viel früher ins Spiel. Es wäre natürlich interessant, hier die Verflechtungen mit den Verlagen wiederum zu untersuchen. Dafür bin ich aber nicht der Experte, da hat Herr Riebe sehr viel mehr Informationen darüber. Sprechen Sie ihn doch einfach darauf an, wenn Sie sich wirklich informieren wollen.

Natürlich würde Bertelsmann mit Verlusten zu rechnen haben, denn für eine Rückumstellung wären ja keine neuen Wörterbücher notwendig. Man könnte ganz einfach die bereits vorhandenen benutzen (wie ich das auch jetzt tue). Und natürlich ist es sehr viel einträglicher, jedes Jahr mit einem Wörterbüch herauszukommen, das die jeweils neuesten "Präzisierungen" zum Amtlichen Regelwerk enthält. Ich habe mir im Verlauf von drei Jahren bisher 2 Rechtschreibduden, einen Praxis-Duden und zwei Auflagen des Bertelsmann-Wörterbuchs angeschafft. (Die sich - wie bereits erwähnt - alle unterscheiden und daher nicht zu gebrauchen sind.) In den zehn Jahren davor hatte ich mir einmal einen neuen Wahrig und einmal einen neuen Duden Nr. 9 angeschafft, den Rechtschreibduden in herkömmlicher Schreibung habe ich seit fünfzehn Jahren nicht ersetzt, war auch nicht nötig. Allein an mir haben Bertelsmann und Duden daher die letzten drei Jahre wesentlich mehr verdient, als in den zehn Jahren davor. Sie sind ja gut im Hochrechnen, kalkulieren Sie das mal auf zumindest einen Anteil der Bevölkerung, dann werden Sie einsehen, weshalb Bertelsmann und andere diese gewinnbringende Strategie auch weiter verfolgen werden (solange man ihnen das abnimmt).

So - ich glaube, das war mein letzter Versuch, Sie zu etwas kritischerem Denken anzuregen. Insbesondere sollten Sie sich überlegen, daß man einen Fehler nicht mit einem anderen entschuldigen kann. Auch sollte Sie vielleicht versuchen, sich von der Illusion zu befreien, etwas wäre vernünftig, nur weil es von den Behörden vorgeschrieben wird. Dies ist ein besonders tragisches Mißverständnis, dem gerade die Deutschen schon öfters zum Opfer gefallen sind.


eingetragen von Theodor Ickler am 31.07.2001 um 12.36

Was mich betrifft, so habe ich nicht von Bertelsmann gesprochen. Andererseits muß ich der Meinung widersprechen, dieser Konzern könnte, selbst wenn er wollte, keine Rechtschreibreform durchführen. Immerhin stammt die neue Hochschulgesetzgebung weitgehend von Bertelsmann, und zwar aus seiner Ideenschmiede Stiftung bzw. Centrum für Hochschulplanung. In der gesamten Bildungspolitik redet der Konzern ein gewichtiges Wort mit, schon weil die Kultusminister ihre eigene Politik gar nicht mehr bezahlen können.

Es gibt auch eine unverkennbare Tendenz, die Schulkinder von Büchern weg- und zum "Laptop" hinzuführen. Damit läßt sich weit mehr verdienen. Die Kosten der flächendeckenden Computerisierung (ohne jedes didaktische Konzept, versteht sich) sind allerdings astronomisch hoch, die einzige Bremse, die es noch gibt.

Bill Gates war vor einiger Zeit bei der bayerischen Staatsregierung zu Gast. Man schied in bestem Einvernehmen ("Laptop und Lederhose", nach dem Gesetz der wachsenden Glieder aufgebaut und daher an sich schon sehr wohlklingend, ist bekanntlich das Pass-Word unserer Regierung und soll demnächst vertont werden.)
__________________
Th. Ickler


eingetragen von uwe am 31.07.2001 um 11.58

die Sie da auffahren. Also der Bertelsmann hat erst die Kultusminister geschmiert, damit die eine Rechtschreibreform initiieren und nachher hat er abkassiert, weil sich die Leute massenweise neue Wörterbücher zugelegt haben. Ist nicht ganz von der Hand zu weisen, aber belegen können Sie dies sicher nicht. Und was ist mit der Konkurrenz von Bertelsmann ? Die guckt tatenlos zu und schließt sich aus Solidarität mit ihrem Konkurrenten der Neuschreibung an ?

Wenn Ihre Theorie stimmt, dann wäre es ja ein Leichtes, den Bertelsmann-Verlag für eine Rücknahme der Reform zu gewinnen. Schließlich würden dann erneut neue Wörterbücher verkauft.

Nun bin ich nicht so naiv, dass ich glaube, dass geschäftliche Interessen völlig außer Acht gelassen worden sind, bei der Änderung der Rechtschreibregeln. Bei jeder Veränderung gibt es jemanden, der davon profitiert. An der Euro-Einführung verdienen die Münzprägeanstalten und die Sicherheitsdienste, an jeder Steueränderung verdienen die Herausgeber von Steuerliteratur und von der Rentenreform profitieren die Versicherungskonzerne. In allen Fällen würde aber keiner behaupten, dass diejenigen, die davon profitieren, Auslöser der Veränderungen waren. Auch der Bertelsmann-Konzern ist nicht so mächtig, dass er im Staatsstreich eine Rechtschreibreform durchdrücken kann.

Uwe


eingetragen von Norbert Schäbler am 31.07.2001 um 11.16

Lieber Uwe!
Sie sind nahe dran an der Einsicht.
Die Vernunft sitzt heute beim einfachen Mann meistens zentral in der Körpermitte - auf Höhe der Gesäßtaschen. Bei Geschäftsleuten sitzt sie etwas höher: In der Innentasche des Sackos.
Bei Politikern versteckt sie sich in schwarzen Koffern, und bei Damen in den Handtaschen.
Das ist der Wandel der Zeit.

__________________
nos


eingetragen von Ursula Morin am 31.07.2001 um 10.36

Lieber Uwe, ich weiß nicht, ob Du wirklich so naiv bist oder ob Du vor dem 1.8.1999 vielleicht keine Zeitungen gelesen hast. Denn sonst könnte Dir nicht entgangen sein, daß alle Zeitungen - ganz besonders der Spiegel - in ihren Artikeln vehement gegen die Reform protestiert haben. Wieso sollte die Reform, die von den Zeitungen vor diesem Datum kritisiert wurde, nach diesem Datum plötzlich vernünftig sein?
Man muß hier bei den "Medien" schon etwas differenzieren. Der Anstoß zur Umstellung ging von den Verlagen aus, die teils die Zeitschriften besitzen und teils die Wörterbücher und Software in neuer Rechtschreibung herausbringen. Sollte Dir das nicht bekannt sein? Ganz besonders ist hier der Monopolist Bertelsmann zu erwähnen, der sich von der Umstellung ein gutes Geschäft versprach und diese mit allen Werbemitteln gefördert hat, mit einigem Erfolg, denn Du bist ja dieser Propagande auch voll auf den Leim gegangen.

Die Journalisten in den Redaktionen haben die Umstellung wohl nur aus Gründen der Arbeitsplatzsicherung mitgemacht. Vielleicht könnte man das ja als "Sieg der Vernunft" bezeichnen, ich hätte dafür noch einige weniger schmeichelhafte Bezeichnungen ...


eingetragen von uwe am 31.07.2001 um 08.09

... Ihre Andeutungen.

Ich möchte nicht weiter darauf eingehen, da ich das Machtgefüge, das zu der Einführung der neuen Rechtschreibung in den Medien geführt hat, nicht zu beurteilen vermag.

Indes kann ich es mir nur schwer vorstellen, dass unsere ach so mächtigen Medien gegen ihre eigene Überzeugung auf Linie gebracht worden sind. Wenn hier ein Komplott unterstellt wird, dann war es wohl eher ein "Komplott der Vernunft".

Uwe


eingetragen von Norbert Schäbler am 31.07.2001 um 07.58

Ich tippe auf Geld.
Denn schon der Lateiner sagt: "Pecunia non olet."
Frei übersetzt: "Geld ölt."
__________________
nos


eingetragen von Theodor Ickler am 31.07.2001 um 06.37

In der Tat, gezwungen wurden sie nicht, und gewollt haben sie es angeblich auch nicht (biete gern Belege für diese mir so unendlich oft mitgeteilte Tatsache; vgl. auch heutige FAZ, Nürnberger Zeitung usw.). Warum also haben sie es dennoch getan? Zwischen Zwang und freier Entscheidung gibt es doch noch etwas ... Was war es denn bloß? Wird mir schon wieder einfallen.

Als in Schleswig-Holstein der große Schwenk vollzogen wurde (Volksentscheid kippen!), haben viele gleich den Gedanken gehabt, daß da etwas ganz Besonderes im Spiel gewesen sein müsse, etwas Glänzendes, Geruchloses ...

__________________
Th. Ickler


eingetragen von uwe am 31.07.2001 um 05.28

ich ziehe mein Rechenexempel zurück. War auch von Anfang an nicht so ernst gemeint.

Ausgangspunkt war die Frage, ob die Mehrheit der Schreibenden inzwischen die neue ss/ß-Schreibung anwendet. Ich weiß es nicht. Wenn man jedoch mit offenen Augen durchs Leben geht, begegnet einem die neue ss/ß-Schreibung sehr häufig. Sicherlich hängt das damit zusammen, dass Korrekturprogramme diese Schreibweise voreingestellt haben und Zeitungen/Zeitschriften diese Schreibweise vorgeben. Aber weder Softwarehersteller noch Zeitungsverleger wurden dazu gezwungen, die neuen Rechtschreibregeln anzuwenden. Also ist der Schluss erlaubt, dass sich zumindest die neue ss/ß-Schreibung durchgesetzt hat.

Uwe


eingetragen von Klaus Malorny am 30.07.2001 um 20.08

...bin ich, Herr Cassens. Für diese Glanzleistung sollte man Ihnen den Ehrendoktortitel für Statistik verleihen. Vielleicht könnten die Kultusminister dies arrangieren. Ich habe fast die Vermutung, daß von Ihnen auch die Zählung der neuen Rechtschreibregeln stammt (Sie wissen schon, die 112 statt der 212)...


eingetragen von Theodor Ickler am 30.07.2001 um 19.55

aber wenn man so tut, als wüßte man nicht, worauf diese Scheinblüte der Reformschreibung (oder ihrer vielen Spielarten) zurückzuführen ist, macht man sich zum Komplizen der Volksverdummung. Mich ekelt es ein bißchen.
__________________
Th. Ickler


eingetragen von uwe am 30.07.2001 um 19.02

Auf besonderen Wunsch von Herrn Lindenthal (leider ist sein Beitrag in einem anderen Forum gelandet) möchte ich mathematisch exakt geschätzt darlegen, dass die Mehrheit der Schriftstücke derzeit in neuer Rechtschreibung verfasst werden:

Also, was wird an einem Tag geschrieben:

Ich schätze ca. 60 % entfallen auf Zeitungen, Zeitschriften etc., weitere 30 % entfallen auf geschäftlichen oder behördlichen Schriftverkehr und ca. 10 % entfallen auf den privaten Schriftverkehr. Die Zeitungen haben mindestens zu 90 % auf neue Rechtschreibung umgestellt; der geschäftliche Schriftverkehr nach meinen Beobachtungen ebenfalls zu ca. 90 %. Bleibt der private Schriftverkehr, hier gehe ich von einem 50/50-Verhältnis aus. Summa summarum ergibt sich ein Anteil von 86 % für die neue ss-Schreibung. Eine glatte Mehrheit.

Unabhängig von dem Rechenbeispiel wird wohl keiner ernsthaft bezweifeln, dass de facto derzeit die weitaus meisten Schriftstücke in neuer Rechtschreibung verfasst werden.

Uwe


eingetragen von uwe am 30.07.2001 um 18.48

jetzt haben Sie mich schon wieder überführt.

Die Kultusministerkonferenz zahlt mir für jeden meiner reformbefürwortenden Beiträge 100,00 DM und für jeden Seitenaufruf bekomme ich nochmals 10,00 DM. Tolles Geschäft, oder ?


eingetragen von Walter Lachenmann am 30.07.2001 um 17.26

Ich heiße nicht Verleger Walter Lachenmann, sondern nur Walter Lachenmann - nein: da gibt es noch einen zweiten Vornamen, den hat Herr Riebe aber noch nicht herausbekommen, insofern fehlt hier noch ein bißchen Transparenz im Internet.
Ach wie gut, daß niemand weiß...
... wie betroffen ich bin.

Und da Herr Riebe manche Spielereien offenbar um keinen Preis der Welt versteht und ich ihn andererseits schon auch mag, verspreche ich hiermit feierlich, ihn nicht mehr zu ärgern, damit wir wieder beim Thema bleiben und an der Belehrung von Uwe weiterarbeiten können (Zielmarke: 3.000 Aufrufe). Aber ein bißchen könnte auch ein Lehrer manchmal lernen, finde ich. Zum Beispiel daß man nicht allzu oft mit allzu pathetischen Parolen um sich werfen sollte, sonst kichert die Klasse.
__________________
Walter Lachenmann


eingetragen von Manfred Riebe am 30.07.2001 um 16.56

Auch Verleger Walter Lachenmann setzte sich hin und wieder eine Tarnkappe auf. Deswegen ist er, was die Anonymität angeht, zum Teil auch ein Betroffener und somit keineswegs ein "neutraler Beobachter", wie Herr "Uwe" meint, sondern Richter in eigener Sache.
Anstatt seine Meinung privat unter Freunden mitzuteilen, macht er dies gern öffentlich mit der Pranger-Methode. In die Defensive gedrängt, neigt er zur Überzeichnung. Eine Lehrerkarikatur eines autoritären Lehrers, den es im Leben kaum noch gibt, und der Kindergarten, in dem es unbeliebte Petzer gibt, dienen ebenso zur Verunglimpfung wie die Begriffe "Verschwörungstheorie", "hinterherspionieren", mit "der Moralkeule vorneweg". Solche Verunglimpfungen halten mich jedoch nicht davon ab, weiterhin offensiv gegen Anonymität und für mehr Transparenz auf den Internetseiten der Rechtschreibrefomgegner einzutreten.

Die Schule, die Schule des Lebens, des Berufs oder des Internets ähneln sich in manchem. Sie unterscheiden sich nur dadurch, daß z.B. im Internet vor Publikum neben den Fähigkeiten, Kenntnissen auch die Unkenntnis und die Unarten gezeigt werden.

Weil mancher Zeitgenosse zwar unverbindlich plaudern, sich aber nicht blamieren will, maskiert er sich, tritt anonym auf. Für einen Leserbrief reicht es nicht. Man kommt mit der Ausrede:
"Ich als Laie halte es für unangemessen, mich aktiv am Kampf für eine vernünftige Rechtschreibung zu beteiligen."

Wie entwickelt sich wohl eine Demokratie mit solchen "Demokraten", die nicht einmal einen Leserbrief schreiben können, weil sie sich sonst exponieren müßten?

Andere anonyme Reformbefürworter können im Auftrag als bezahlte Störer dumme Behauptungen aufstellen, um eine Art Beschäftigungstherapie zu treiben, z.B.:
"Nun hat sich das amtliche Regelwerk und inzwischen auch die Mehrheit der Schreibenden für die ss-Schreibung entschieden, so dass man dies akzeptieren sollte …"

Ihrem Auftraggeber können sie dann von hohen Zugriffszahlen berichten.


eingetragen von Norbert Schäbler am 30.07.2001 um 16.46

Lieber Uwe!
Ich halte es für sehr unverfroren, wenn behauptet wird, daß der Großteil der Schreiber auf die neue Rechtschreibung umgestellt habe, denn eine vertrauenserweckende statistische Aussage wird und kann es im Zusammenhang mit den verschiedenen Schreibweisen nicht geben.
Allerdings ist es so, daß einige Fakten die Statistik zugunsten der Rechtschreibreform verzerren:
1. Auf nahezu allen Computern ist die neue Rechtschreibung vorprogrammiert, so daß ohne eigenes Zutun der S-Laut verändert wird. Jene Rechtschreibkonverter vermeiden im übrigen lange Wörter und kennen sich mit Groß- und Kleinschreibung ohnehin nicht aus. (Man kann übrigens mit einem Mausklick die Voreinstellung rückgängig machen)
2. Fast sämtliche Tageszeitungen sind mit Wirkung vom 01.August 1999 zur neuen Rechtschreibung übergewechselt und haben ihre Rechtschreibprogramme auf Neuschreibung umgestellt. Sämtliche Leserbriefe werden dem Konverterprogramm zugeführt, so daß z.B. auch ein Leserbrief von Professor Ickler in der SS-Schreibung veröffentlicht wird.

Zu Ihren Äußerungen über das Wesen der Demokratie:
Oberstes Ziel aller Demokratien muß die Handlungsfähigkeit im Sinne der Verwirklichung mehrheitlicher Entschlüsse bleiben. Dabei wird unterstellt, daß die Volksvertreter die Stimme des Volkes wahrnehmen, oder daß sie sich Mühe geben, dies zu tun. Aus diesem Grunde sind plebiszitäre Elemente in Grundgesetz und in den Länderverfassungen weitestgehend ausgeschaltet, oder müssen sehr hohe Hürden meistern.
Nur zur Kontrolle und zum Zwecke der Einschränkung des Machtmißbrauches wurden Volksbegehren und Volksentscheid institutionalisiert, und dafür ist nicht zuletzt die Geschichte selbst verantwortlich, die Beweise von Mißbrauch lieferte.

Ich bezeichne es jedoch als Arroganz, Borniertheit und als kriminelle Handlung aller gegenwärtigen Volksvertreter - insbesondere derer in Schleswig-Holstein - daß sie die Stimme des Volkes selbst in dem Moment überhört haben, als sie sichtbar, zählbar und schriftlich vor ihnen lag.
Daran ändert auch die Tatsache nichts, daß die Volksvertreter im Regelfalle weitsichtige Entscheidungen treffen.
Es gilt sachlich und gerecht zu bleiben, weder zu lobhudeln, noch zu verharmlosen und zu bagatellisieren. Es gibt geeignetere Maßnahmen, um eine Demokratie lebens- und liebenswerter zu machen.
Meiner Meinung nach sollte eine Demokratie streitbar sein.

__________________
nos


eingetragen von uwe am 30.07.2001 um 15.06

es schreibt Ihnen doch keiner von Amts wegen vor, welche Rechtschreibmischung Sie zu verwenden haben. Das liegt doch ausschließlich bei Ihnen bzw. bei Ihren Auftraggebern.

Die amtlichen Rechtschreibregeln sind nur für Schulen und Behörden verbindlich.

Uwe


eingetragen von uwe am 30.07.2001 um 14.57

Sie sollten sich nicht langweilen. Ich versuche doch immer durch praktische Beispiele (z. B. den Bäcker) meine Beiträge aufzuheitern.

Nun, wie schreibt die Mehrheit der Schreibenden ? Ein Großteil der Schreibenden sind die Zeitungen und Verlage. Diese haben von wenigen Ausnahmen abgesehen, die ss-Schreibung eingeführt. Ein weiterer großer Teil des Schriftverkehrs entfällt auf Geschäftsbriefe. Ich habe aus meinem Posteingang wahllos 10 Eingänge herausgesucht. In 9 Fällen war die ss-Schreibung enthalten; in einem war kein Wort mit ss bzw. ß enthalten. Also ist auch hier die Feststellung erlaubt, dass in diesem Segment die ss-Schreibweise praktiziert wird. Im privaten Schriftverkehr finde ich in meinem Bekanntenkreis viele Personen, die die ss-Schreibung anwenden. Hier dürfte es insgesamt aber eher ausgeglichen sein. Unzweifelhaft ist jedoch, dass die Mehrheit der heute verfassten Schriftstücke in neuer Rechtschreibung verfasst wird oder zumindest die ss/ß-Schreibung praktiziert wird.

Und nun noch einmal zur Demokratie:
Ich habe mich bereits früher dahingehend geäußert, dass in unseren Verfassungen plebiszitäre Elemente zu Recht nur sparsam verwendet werden. Es gibt aus meiner Sicht nur wenige Themen, die für einen Volksentscheid oder eine Volksabstimmung geeignet wären. Auch hierzu ein Beispiel: Die Einführung des Euro, die für die Menschen sicher von weitaus größerer Bedeutung sein wird als die Rechtschreibreform, würde zur Zeit bei einer Volksabstimmung nicht mehrheitsfähig sein, weil die komplette Tragweite der Entscheidung von den meisten Menschen nicht beurteilt werden kann. Daher ziehe ich es vor, dass derartige Entscheidungen von den vom Volk legitimierten Entscheidungsgremien getroffen werden. Genau so verhält es sich auch mit der Rechtschreibreform.

Uwe


eingetragen von Ursula Morin am 30.07.2001 um 13.26

Wenn ich Bäcker wäre, würde ich auch nicht gerne ungenießbare Brötchen verkaufen, auch wenn die vielleicht dem Aussehen nach den Kunden gerade zusagen. Und wenn ich Bäcker wäre, würde ich auch keine fertigen Backmischungen verwenden, von denen die Leute nach einiger Zeit Verdauungsbeschwerden bekommen. Und ganz besonders würde ich mich darüber aufregen, wenn man mir die Backmischung auch noch von Amts wegen vorschreiben würde. Oder anders ausgedrückt, ich habe keine Lust, meinen Kunden Sch.... zu verkaufen, auch wenn das einmal verlangt werden sollte. Schließlich ist ja der Bäcker der Fachmann, was das Backen betrifft, oder?

Oder wollen Sie Ihre Produkte zukünftig bei Dilettanten einkaufen? Denken Sie mal drüber nach ... Es gibt auch noch so etwas wie eine Freude an einem gelungenen Produkt oder sogar so etwas wie "Berufsehre", aber damit habe ich mich wohl endgültig als Fossil geoutet.



eingetragen von Norbert Lindenthal am 30.07.2001 um 11.37

Zitat:
Nun hat sich das amtliche Regelwerk und inzwischen auch die Mehrheit der Schreibenden für die ss-Schreibung entschieden, so dass man dies akzeptieren sollte …

Mich langweilt Uwes Behauptung, auch bei hohen Zugriffszahlen auf dieses Leitthema.

Lieber wäre mir eine Antwort auf die Frage, sind Menschen in anderen Bundesländern befragt worden.
… oder Demokratie
__________________
Norbert Lindenthal


eingetragen von uwe am 30.07.2001 um 11.03

Liebe Frau Morin,

diesmal möchte ich direkt auf Ihre Argumente eingehen ...

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Ursula Morin
Ich denke, daß wir vielleicht gar keine unterschiedlichen Vorstellungen zum Wert einer korrekten Rechtschreibung haben. Mir ist es, ehrlich gesagt, völlig egal, wie andere Leute im privaten Bereich schreiben. Ich verbinde dies auch nicht mit Wertvorstellungen. Wenn ich von einem Handwerker eine Rechnung mit vielen Rechtschreibfehlern bekomme, hat dies für mich keinerlei Einwirkung darauf, wie ich seine Arbeit beurteile. (Die besten Handwerker schreiben oft am schlechtesten.)

Absolut einverstanden!

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Ursula Morin
Nur - und das haben Sie bisher nicht verstanden und wollen es offenbar auch nicht einsehen: Aufgrund der zahlreichen, offensichtlich falschen Schreibweisen (also z.B. Bussgeld) ist eine große Unsicherheit eingetreten, natürlich auch bei meinen Auftraggebern. Ich bin es leid, mit jedem Kunden diskutieren zu müssen, welche Rechtschreibung denn nun verwendet werden soll. Ich bin es auch leid, Kunden zu verlieren, weil ich kein "dass" schreiben will. Und ganz besonders bin ich es leid, daß man versucht, mich von "Amts wegen" zu bestimmten Schreibweisen zu zwingen.

Nun, der Kunde ist König. Die neue Rechtschreibung wird weder Ihnen noch mir von Amts wegen vorgeschrieben. In Ihrem Fall bestimmt der Kunde, was er haben möchte. Das ist doch nicht anders als beim Bäcker. Auch wenn Ihnen das Brot nicht schmeckt, was der Kunde gerne haben möchte, wenn Sie Geschäfte machen wollen, verkaufen Sie es trotzdem.
Natürlich sind durch die RSR Unsicherheiten entstanden. Doch genau so entstehen bei allen anderen Veränderungen, z. B. bei einer Änderung der Steuergesetze, zunächst Unsicherheiten. Diese Erscheinung kann doch nicht per se gegen Veränderungen angeführt werden. Die zahllosen Veränderungen der Steuergesetze haben dazu geführt, dass kaum noch jemand den Überblick über das aktuelle Steuerrecht hat. Bei der Rechtschreibung wäre dies bei einer erneuten Veränderung (Rückreform) vermutlich genau so.
Bitte verstehen Sie mich nicht falsch: Für Ihre persönliche, berufliche Betroffenheit habe ich durchaus Verständnis. Aber das kann nicht ausschlaggebend sein.

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Ursula Morin
Ich bin hingegen dafür - und stimme da also mit Ihnen überein, bestimmte Schreibweisen ganz einfach freizugeben. Eine völlig beliebige Mischung von "ß" und "ss" halte ich allerdings aus Gründen der Lesbarkeit nicht für angebracht. Hier sollte die alte Regel wieder eingeführt werden, mit der sich Wortungetüme wie "Nassspritzbeton" vermeiden lassen. Den Bereich der ZGS könnte man sehr gut wie in Prof. Icklers Wörterbuch handhaben, man sollte den Leuten aber nicht verbieten (wie im Amtlichen Regelwerk quasi geschehen), nach der Betonung und vorgesehenen Bedeutung zu schreiben, wenn dies im Interesse des Lesers für notwendig erachtet wird. Bei der GKS sollte man die "falschen" Substantive wieder ins 17. Jahrhundert zurückschicken, wo sie hingehören. Und die Grammatikfehler des Typs "er hat Recht" usw. sollten natürlich beseitigt werden.

Dann wären wir allerdings in etwa da angelangt, wo wir auch schon vor der Reform waren ...


Auch hier stimme ich mit Ihnen überein, dass eine gewisse Liberalisierung vorteilhaft wäre. Ich kenne die Vorschläge von Prof. Ickler zwar nicht im Detail, aber ich vermute, dass sie dafür geeignet wären.
Was die ss/ß-Schreibung anbelangt, bin ich der Meinung, dass es sich um reine Geschmackssache handelt. Mich stören die von Ihnen geschilderten Wortungetüme nicht. Nun hat sich das amtliche Regelwerk und inzwischen auch die Mehrheit der Schreibenden für die ss-Schreibung entschieden, so dass man dies akzeptieren sollte und nicht einen "Kleinkrieg" hierüber führen sollte.

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Ursula Morin
Ich hoffe, Sie verstehen mich diesmal. Mich stören bei der ganzen RSR die für mich damit verbundenen Zwänge, die uns allen hier als "Freiheit" verkauft werden sollen.
Leider wurde bei der RSR die Möglichkeit verpasst, die Rechtschreibung zu liberalisieren. Zwänge verspüre ich allerdings nicht in Bezug auf die neue Rechtschreibung. Es war eher der "innere Zwang", der mich dazu bewogen hat, so gut es geht die neue Rechtschreibung zu erlernen.

Uwe


eingetragen von Ursula Morin am 30.07.2001 um 09.53

Ich denke, daß wir vielleicht gar keine unterschiedlichen Vorstellungen zum Wert einer korrekten Rechtschreibung haben. Mir ist es, ehrlich gesagt, völlig egal, wie andere Leute im privaten Bereich schreiben. Ich verbinde dies auch nicht mit Wertvorstellungen. Wenn ich von einem Handwerker eine Rechnung mit vielen Rechtschreibfehlern bekomme, hat dies für mich keinerlei Einwirkung darauf, wie ich seine Arbeit beurteile. (Die besten Handwerker schreiben oft am schlechtesten.)

Nur - und das haben Sie bisher nicht verstanden und wollen es offenbar auch nicht einsehen: Aufgrund der zahlreichen, offensichtlich falschen Schreibweisen (also z.B. Bussgeld) ist eine große Unsicherheit eingetreten, natürlich auch bei meinen Auftraggebern. Ich bin es leid, mit jedem Kunden diskutieren zu müssen, welche Rechtschreibung denn nun verwendet werden soll. Ich bin es auch leid, Kunden zu verlieren, weil ich kein "dass" schreiben will. Und ganz besonders bin ich es leid, daß man versucht, mich von "Amts wegen" zu bestimmten Schreibweisen zu zwingen.

Ich bin hingegen dafür - und stimme da also mit Ihnen überein, bestimmte Schreibweisen ganz einfach freizugeben. Eine völlig beliebige Mischung von "ß" und "ss" halte ich allerdings aus Gründen der Lesbarkeit nicht für angebracht. Hier sollte die alte Regel wieder eingeführt werden, mit der sich Wortungetüme wie "Nassspritzbeton" vermeiden lassen. Den Bereich der ZGS könnte man sehr gut wie in Prof. Icklers Wörterbuch handhaben, man sollte den Leuten aber nicht verbieten (wie im Amtlichen Regelwerk quasi geschehen), nach der Betonung und vorgesehenen Bedeutung zu schreiben, wenn dies im Interesse des Lesers für notwendig erachtet wird. Bei der GKS sollte man die "falschen" Substantive wieder ins 17. Jahrhundert zurückschicken, wo sie hingehören. Und die Grammatikfehler des Typs "er hat Recht" usw. sollten natürlich beseitigt werden.

Dann wären wir allerdings in etwa da angelangt, wo wir auch schon vor der Reform waren ...

Ich hoffe, Sie verstehen mich diesmal. Mich stören bei der ganzen RSR die für mich damit verbundenen Zwänge, die uns allen hier als "Freiheit" verkauft werden sollen.


eingetragen von Theodor Ickler am 30.07.2001 um 09.27

Das Beispiel "bekanntgeben/bekannt geben" zeigt noch einmal, was ich schon länger vermute: Herr Uwe würde, wenn er es hätte, mein Rechtschreibwörterbuch für eine Lösung halten, die seinen Idealvorstellungen sehr nahe kommt. Nur den Gedanken der Entstaatlichung, also mein liberales Glaubensbekenntnis, konnte er sich noch nicht zu eigen machen. Warum bloß? Paßt doch sehr gut zum übrigen.
__________________
Th. Ickler


eingetragen von uwe am 30.07.2001 um 06.12

ich war doch immer bemüht, Ihre Beiträge zu beantworten.

Da wir aber sehr unterschiedliche Vorstellungen über den Wert einer korrekten Rechtschreibung haben, kann ich Ihre Argumentation schwer nachvollziehen. Wenn mir ein Wort wie z. B. "Bussgeld" (gemeint war Bußgeld) begegnet, finde ich das in erster Linie amüsant.

Ich bin dafür, die Rechtschreibung teilweise freizügiger zu gestalten. Das gilt für die Zeichensetzung und für die Worttrennung. In Einzelfällen halte ich auch alternative Schreibweisen, z. B. nummerieren/numerieren oder bekanntgeben/bekannt geben, für vorteilhaft. Ich denke, das würde Ihre Arbeit erleichtern und Schüler hätten bestimmt keine Probleme damit.

Aber: Das Freßgässle bleibt genau so falsch wie die Bussgeldstelle. Nur, solche Erscheinungen wird man immer vorfinden, wenn Rechtschreibregeln verändert werden. Das kann per se kein Grund dafür sein, Veränderungen abzulehnen.

Uwe


eingetragen von uwe am 30.07.2001 um 05.51

schon über 2.000 Seitenaufrufe zu diesem Leitthema. Wenn das nicht mal wieder ein Smiley wert ist.



eingetragen von uwe am 30.07.2001 um 05.44

Das Weiterführen der Anonymitätsdiskussion scheint mir sinnlos zu sein, da sich ein Herr Riebe nicht überzeugen lässt. Ich finde, Herr Lachenmann hat die Sache als neutraler Beobachter sehr schön auf den Punkt gebracht. Daher sollte man ihm das Schlusswort überlassen:

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Walter Lachenmann
Es mag ja sein, daß ein eingefleischter Lehrer einfach nicht anders kann, als den Lausejungen, der sich unter der Bank verstecken will, am Ohr da hervorzuziehen und vorn an die Tafel zu stellen: das ist der Lümmel!
Aber wir sind hier nicht in der Schule.
...
Ich persönlich finde es auch wesentlich angenehmer, wenn ich weiß, wie der Mensch heißt, mit dem ich mich unterhalte. Aber wenn das nicht der Fall ist, dann kann ich es ja bleiben lassen. Wir unterhalten uns ja auch in Gesellschaft oft und lange mit Leuten, die wir zum erstenmal sehen und deren Namen wir nicht kennen, und es kommt erst später, wenn man das Gespräch auf beiden Seiten als angenehm empfunden hat, vielleicht dazu, daß man sich einander vorstellt.
Also - es gibt Wichtigeres!


eingetragen von Jan am 29.07.2001 um 20.43

Ich war gerade bei den Aufsätzen und las etwas über
bewährte eristische Techniken:

"• Man beweist umständlich etwas, was niemand bestritten hat.

• Man zitiert den Gegner so, daß er das Gegenteil von dem gesagt zu haben scheint, was er wirklich gesagt hat.

• Man redet wortreich über Nebensachen, bis der Leser vergessen hat, was eigentlich die Hauptsache war – die man tunlichst gar nicht erst erwähnt.

• Man übergeht die wesentlichen Gegenargumente mit Stillschweigen – in der Hoffnung, daß der unbefangene Leser sie nicht kennt.5*

• Man schiebt irgendwelche kleineren Versehen ohne näheren Nachweis pauschal „den Kritikern“ in die Schuhe und hat dann leichtes Spiel mit ihrer „Widerlegung“."

(Aus "Ablenkungsmanöver" von Theodor Ickler)

Welch ein Zufall, Herr Riebe, daß Sie mir gleich ein Praxisbeispiel für diese Technik (Punkt 2, siehe oben) liefern. Wann behauptete ich, daß Forumteilnehmer meine Vermummung wünschen?¿?

Mein Kommentar: Wir Reformkritiker haben es nicht nötig, die Methoden der Reformer anzuwenden, denn wir haben schlagkräftige Sachargumente.

Die "Schwarze Maske" werde ich gerne annehmen - und mich zum führenden vermummten Reformkritiker etablieren. Mal im Ernst: Ich als Laie halte es für unangemessen, mich aktiv am Kampf für eine vernünftige Rechtschreibung zu beteiligen. Wohlwollend habe ich beim Durchforsten dieser Seiten festgestellt, daß diese Aufgabe professionelle Kräfte in Angriff genommen haben - allen voran Prof.Ickler.
Ich beschränke mich darauf, in meinem Bekanntenkreis auf Reformkritik hinzuweisen bzw. diese zu verbreiten.

Und nun wünsche ich Ihnen eine geruhsame, mückenfreie Nacht.
__________________
mfg
Jan
mehl-mir-mal@spray.net


eingetragen von Manfred Riebe am 29.07.2001 um 20.06

Welche Diskussionsteilnehmer haben denn geschrieben, daß sie sich Anonymität wünschen, Herr Jan F.? Anonymität ist nach wie vor unerwünscht. Jeder Kompromiß bezüglich Anonymität ist ein fauler Kompromiß; denn es wäre ein antidemokratischer Präzedenzfall. Damit ist klar, daß es nicht allein um Ihre Person geht.

Wie will ein Maskierter an das Politmagazin "Monitor" von Klaus Bednarz herantreten, um ihn für das Thema "Rechtschreibreform" zu sensibilisieren? Ich könnte mir eher vorstellen, daß Bednarz sich für das Thema "Vermummung" interessieren würde. Ich werde der DEUTSCHEN SPRACHWELT vorschlagen, eine "Schwarze Maske" als Gegenstück zum "Bürger-Oscar für Zivilcourage" zu verleihen. Ich kann mir nur noch nicht vorstellen, wie die Preisverleihung an den namenlosen "Phantomas" vor sich gehen soll.

Es war für mich interessant zu beobachten, wie man es hier bisher vermied, auf die Kernargumente einzugehen, z.B.:
Was nützen uns Reformgegner, die Hasenfüße sind und sich öffentlich nur anonym äußern, d.h. sich nicht exponieren wollen und nicht einmal Leserbriefe oder Briefe an Politiker schreiben und auch sonst nicht öffentlich auftreten wollen, sondern sich nur vermummt äußern? Das erinnert mich an die Presse, die der Journalist Ulrich Schacht als "‚Sturmgeschütze der Demokratie' - mit von den eigenen Kanonieren vernagelten Rohren!" bezeichnete.

Mit solchen Leuten kann man doch nicht ohne Vorbehalte kommunizieren. Sie sind auch nicht vorzeigbar. Was wir brauchen, sind Bürger mit Zivilcourage, die gewissermaßen über den Unsinn der Rechtschreibreform öffentlich und damit glaubhaft Zeugnis ablegen. Wenn mutige Leute Arbeit und Verantwortung mittragen wollen, dann gehört dazu eine mit Namen identifizierbare Person, die die Verantwortung dafür übernimmt, was sie sagt. Dies alles ist im übrigen auch vor dem Hintergrund der politischen Kampagne gegen rechts zu sehen. Es wäre schlimm, wenn die Rechtschreibreformgegner mit Leuten zusammenarbeiten würden, die gewissermaßen geheimbundartig als Namenlose im Untergrund agitieren. Wir leben doch nicht im Dritten Reich oder der DDR, in denen Widerstand im Untergrund nötig war.



eingetragen von Jan am 29.07.2001 um 16.25

Hiermit bedanke ich mich für alle Kommentare zum Thema "Anonymität&Co".

Die überwiegende Toleranz gegenüber meiner "Vermummung", die darin zum Ausdruck kam, veranlassen mich, weiter regelmäßig die Rechtschreibseiten aufzusuchen und weiterzuempfehlen.

Trotz dessen biete ich Herrn Riebe eine Kompromißlösung an: Ich würde Ihnen, Herr Riebe, einen Postbrief mit meiner wahrhaftigen Absender-Adresse schicken, einschließlich einem Foto von mir und meiner Katze. Ich wünsche allerdings, daß Sie die Daten nicht in irgendeiner Form in´s Internet stellen. Fotos von mir und meiner Katze gibt´s auf Wunsch auch für alle anderen Forumsteilnehmer - via E-Mail.

Von meinem Plan, an Herrn Riebe die "Goldene Zielscheibe" (Pendant zum "Oscar" für hervorragende Abwehr aller reformbefürwortenden und -ablehnenden Störer) zu verleihen, sehe ich ab. Angesichts der Tatsache, daß mäßige Kritik bei ihm schon einer Kriegserklärung gleichkommt, fürchte ich zu sehr seinen Zorn;-)

Angespornt fühle ich mich als Reformkritiker-Laie jedoch durch Herrn Riebes Äußerung, alle meine Beiträge "gehören eigentlich in den Papierkorb". Es kann nur besser werden;-)

Um zu sachbezogenen Themen zurückzukommen:
Wurde der Skandal um die DEform schon einmal im Politmagazin "Monitor" zur Sprache gebracht?
Wenn nicht, gab es schon Bemühungen, die in diese Richtung gingen? Ich habe den Eindruck, daß man Klaus Bednarz&Co für dieses Thema sensibilisieren könnte. Die andere Frage ist, ob seinem Team uneingeschränkte Entscheidungsfreiheit bezüglich Inhalt seiner Sendungen zusteht.

__________________
mfg
Jan
mehl-mir-mal@spray.net


eingetragen von Walter Lachenmann am 29.07.2001 um 11.57

Es mag ja sein, daß ein eingefleischter Lehrer einfach nicht anders kann, als den Lausejungen, der sich unter der Bank verstecken will, am Ohr da hervorzuziehen und vorn an die Tafel zu stellen: das ist der Lümmel!
Aber wir sind hier nicht in der Schule.
Es ist wahr: Man kann im Internet hinschauen, wo man will: Allüberall trifft man auf irgendwelche komische Namen oder nur auf Vornamen. So vornehm wie hier geht es kaum irgendwo zu. Ich wollte gestern abend noch bei Sabine Christiansen katern (chatten kommt bekanntlich von franz. le chat - der Kater). Ich wurde zigmal gefragt, wie mein »Benutzername« sei, meinen wahren wollte die komische Maschine irgendwie nicht annehmen. Ich weiß nicht mehr, wie ich überhaupt weitergekommen bin, landete aber nicht dort, wo das Thema weiterdiskutiert wurde, sondern in irgendeinem Kindergarten, wo es ähnlich zuging wie bei Jan F.s Fritzseite. Da gab ich es dann auf.
Es ist jedenfalls etwas anderes, ob einer seine Personalien freiwillig angibt oder ob diese sozusagen »zwangsvorgeführt« werden.
Ich persönlich finde es auch wesentlich angenehmer, wenn ich weiß, wie der Mensch heißt, mit dem ich mich unterhalte. Aber wenn das nicht der Fall ist, dann kann ich es ja bleiben lassen. Wir unterhalten uns ja auch in Gesellschaft oft und lange mit Leuten, die wir zum erstenmal sehen und deren Namen wir nicht kennen, und es kommt erst später, wenn man das Gespräch auf beiden Seiten als angenehm empfunden hat, vielleicht dazu, daß man sich einander vorstellt.
Also - es gibt Wichtigeres!
__________________
Walter Lachenmann


eingetragen von Manfred Riebe am 29.07.2001 um 11.08

Im alten Gästebuch entdeckte ich folgenden Eintrag:
_____________________________
23.07. 2001

Warum werden die Beleidigungen - oder was das auch immer sein soll - vom 23.07. nicht entfernt? Wer seinen Namen nicht nennt, sollte in einer Demokratie keine Stimme und auch keinerlei Auftrittsmöglichkeiten bekommen.

Peter W. Forster

Peter W. Forster, StD Lerchenstraße 9 84137 Vilsbiburg pw..forster@te-online.de Sonnabend, 28.7.2001
_____________________________

Ich bin der gleichen Meinung.


eingetragen von Ursula Morin am 29.07.2001 um 10.44

Lieber Uwe,
das schöne Wetter kann auch nicht darüber hinwegtäuschen, daß die Deutschen wieder einmal eine Spitzenposition auf dem Holzweg einnehmen (da Sie nun gerade von der Internationalisierung anfangen). Ich kenne kein Land, in dem eine Beliebigkeitsschreibung, wie die bei uns nun durch die RSR entstandene, allgemeine Anerkennung und Praktizierung in den Medien findet (an letzterem sind allerdings größtenteils die Rechtschreibprogramme schuld). Auf mein Beispiel mit dem "Böblinger Freßgässle" haben Sie immer noch geantwortet ...

Für mich hat die geschriebene Sprache eine Symbolfunktion, genau wie die Ikonen auf dem Bildschirm. Daher ist es so irritierend, wenn einem nun auf Schritt und Tritt falsche bzw. beliebige Schreibweisen begegnen. Wenn Sie in dieser Hinsicht nicht empfindlich sind, ist das sehr schön für Sie. Für mich ist das leider so, als ob mir jemand ins Essen pinkeln würde ...

Dies nur nebenbei, um vor dem Sonnenbaden etwas Dampf abzulassen. Antworten bekomme ich von Ihnen ja sowieso keine ...


eingetragen von Manfred Riebe am 29.07.2001 um 09.56

Ich bedauere es, daß Anonyme, deren Beiträge normalerweise in den Papierkorb gehören, die Unverfrorenheit besitzen, hier ein Scherbengericht in eigener Sache zu veranstalten. Es ist klar, daß Anonyme ihre Geheimniskrämerei fortsetzen wollen. Wenn ich hier Adressen nenne, dann tue ich das in genau der gleichen guten Absicht wie jene Zeitungen, die dankenswerterweise die komplette Adresse ihrer Leserbriefschreiber abdrucken. Ein Leser soll sich bei dem Leserbriefschreiber genauer informieren können. Es ist ja klar, daß Leserbriefe meist gekürzt werden, so daß schon deshalb eine Kontaktaufnahme mit dem Leserbriefschreiber manchmal wünschenswert ist.

Es gibt natürlich keinerlei datenschutzrechtliche Bedenken, sonst würden diese Zeitungen keine Adressen abdrucken. Außerdem müßte man andernfalls alle Telefonbücher und Telefon-CD-ROMs wegen Verletzung des Datenschutzes verbieten.

Die Süddeutsche Zeitung (SZ) hatte früher auch die gesamte Anschrift abgedruckt. Seit es Telefon-CD-ROMs gibt, an denen man ja auch verdienen möchte, druckt die SZ nicht mehr die vollständige Adresse. Andererseits verschaffen sich große Tageszeitungen eine Machtposition (Wissen ist Macht), wenn sie nur den Wohnort abdrucken, weil technisch rückständige Leser gezwungen sind, die Redaktion um Auskunft zu bitten.


eingetragen von Walter Lachenmann am 29.07.2001 um 08.09

Eines Morgens, im April 1945, ich war gerade 8 Jahre alt, überraschte uns Kinder (und die Erwachsenen sicherlich erst recht) auf dem Plattenweg, der vom Gartentor zum Haus führte, ein in blutroter Farbe gemalter Galgen mit dranhängendem Männchen, darunter stand:
»Das ist der Tod des Verräters!«
Und darunter die Werwolfrune.
Wir hatten damals alle große Angst, aber es passierte niemandem etwas, zwei Tage später kamen zum Glück die Franzosen.

Ich erinnere mich noch, wie eine Nachbarin mit leerem Blick, als habe das ganze Leben von nun an keinen Sinn mehr, sagte:
»So, jetzd semmer franzehsisch...«

Und dann habe ich noch gelernt, daß man nicht mit dem Finger auf Leute zeigen soll.

– geändert durch Walter Lachenmann am 30.07.2001, 14:43 –
__________________
Walter Lachenmann


eingetragen von Theodor Ickler am 29.07.2001 um 07.41

Ich selbst lehne, wie mehrfach bekundet, Pseudo- und Anonymität ab, habe aber ein gewisses Verständnis für die Gründe, die man dafür haben kann.
Andererseits ist mir unbehaglich, wenn die Adressen und Telefonnummern von Dritten hier ohne deren Einwilligung weitergegeben werden. Ich verstehe solche Angaben unwillkürlich als indirekte Aufforderung, diese Adressen nun auch zu benutzen - und wozu wohl? Ein bißchen kommt es mir vor wie ein Schild vor fremden Häusern: "Hier wohnt der Sprachverhunzer XY" (wahlweise: "Kinderschänder" usw.) Natürlich kann man solche Adressen auch jederzeit selbst herausbekommen, aber es ist doch noch ein Unterschied, ob jemand sie ungebeten ins Netz stellt. Deshalb zahlen ja auch Firmen für Adressenlisten, die sie mit einigem Aufwand auch selbst zusammenstellen könnten. Übrigens könnte es auch datenschutzrechtliche Bedenken gegen eine solche Praxis geben.
Jedenfalls ist es indiskret.
__________________
Th. Ickler


eingetragen von uwe am 29.07.2001 um 07.03

Da ich es angesichts der sommerlichen Temperaturen derzeit vorziehe, mich anderen Betätigungen als dem Rechtschreibforum zu widmen, hier in aller Kürze einige Statements zu den Beiträgen der letzten Tage:

@ Herrn Riebe:
Leider haben Sie es immer noch nicht verstanden, dass in Internetforen aus gutem Grunde andere Regeln gelten als in Bundestagsdebatten oder TV-Diskussionsrunden. Wer dies ablehnt, dem steht es frei, sich nicht weiter daran zu beteiligen.
Und: Nicht ich habe Ihre mit vollständigem Namen versehenen Beiträge kommentiert, sondern Sie haben zu meinen mit vollständigem Vornamen versehenen Beiträgen Stellung bezogen. Wenn Sie es ablehnen, mit einem "Anonymus" zu diskutieren, hätten Sie dies von Anfang an beherzigen sollen.

@ Jan F.
Keine Sorge, als "Rechtschreibschwacher" diskriminiert fühle ich mich nicht. Den von mir beschriebenen Menschen, der stets penibel kleine Rechtschreibfehler korrigierte, habe ich stets belächelt, zumal er außer einer korrekten Rechtschreibung kaum etwas anderes beherrschte.

Was ich anprangern wollte ist das Phänomen, dass bei uns zu viel Wert auf eine formal korrekte Rechtschreibung gelegt wird und dies durch ein überzogenes Regelwerk untermauert wird. Dieses Phänomen befindet sich jedoch längst in der Auflösung, was du ja auch zutreffend bestätigst, wenn nicht einmal mehr Verlage in der Lage sind, eine hochwertige Rechtschreibung zu publizieren. Die RSR hat vielleicht einen kleinen Beitrag dazu geleistet. Die Internationalisierung unser Sprache und die Anwendung von Textverarbeitungsprogrammen, bei denen man sich nur noch auf eingebaute Korrekturfunktionen verlässt, haben weit mehr dazu beigetragen.

Uwe


eingetragen von Manfred Riebe am 28.07.2001 um 22.15

An die Herren Jan F. und Melsa!

Ich habe Jan F. nicht als "rechtschreibreformablehnenden Störer" bezeichnet. So bezeichnet er sich selbst.

Die Anonymität, die Geheimhaltung des Namens der Diskussionsteilnehmer, ist das eine Übel, das andere Übel ist, daß unter dem Deckmantel der Anonymität von Rechtschreibreformbefürwortern Polemiken und Gerüchte verbreitet werden können.
Es ist geradezu grotesk, wenn anonyme Leute wie Jan F. hinsichtlich der Anonymität von Rechtschreibreformbefürwortern deren Partei ergreifen ("Uwe") und sich als Richter über ihre eigene Anonymität aufspielen wollen. Es ist eine faule Ausrede , auf den Grundsatz geheimer Wahlen hinzuweisen. Denn erstens verlangt niemand eine Verletzung des Wahlgeheimnisses und zweitens hat jeder Wähler mit der Wahlbenachrichtigungskarte seinen Namen zu offenbaren.

Eine durchsichtige Schutzbehauptung, d.h. eine recht schwache Ausrede, ist auch der "Schutz vor Datensammlern" (Werbeflut im eigenen Briefkasten, Telefonterror, körperlichen Übergriffen/Gewaltakten). Wenn es so wäre, dann könnte niemand mehr im Fernsehen auftreten. Nimmt man z.B. die heutige "Talk Show" von Sabine Christiansen: "Man spricht Deutsch - aber wie?", so kann man im Internet unter http://www.sabine-christiansen.com detaillierte Angaben über die Gäste abrufen, sogar eine Kurzbiographie und, soweit vorhanden, sogar die Homepageadresse.

Wir Reformgegner haben ja nichts zu verbergen, so daß auch Angst vor dem Verfassungsschutz und anderen Geheimdiensten ausscheidet. Deshalb erscheint es merkwürdig, wenn jemand nicht einmal seinen Namen nennt. Denn dadurch entsteht der Eindruck, daß er wirklich etwas zu verbergen hat.

Am wichtigsten ist: Was nützen uns Reformgegner, die Hasenfüße sind und sich öffentlich nur anonym äußern, d.h. sich nicht exponieren wollen und nicht einmal Leserbriefe oder Briefe an Politiker schreiben und auch sonst nicht öffentlich auftreten wollen, sondern sich nur vermummt äußern? Mit solchen Leuten kann man doch nicht ohne Vorbehalte kommunizieren. Sie sind auch nicht vorzeigbar. Was wir brauchen, sind Bürger mit Zivilcourage, die gewissermaßen über den Unsinn der Rechtschreibreform öffentlich und damit glaubhaft Zeugnis ablegen. Wenn mutige Leute Arbeit und Verantwortung mittragen wollen, dann gehört dazu eine mit Namen identifizierbare Person, die die Verantwortung dafür übernimmt, was sie sagt. Dafür haben wir das Grundrecht der Meinungsfreiheit.

Dies alles ist im übrigen auch vor dem Hintergrund der politischen Kampagne gegen rechts zu sehen. Es wäre schlimm, wenn die Rechtschreibreformgegner mit Leuten zusammenarbeiten würden, die gewissermaßen als Namenlose im Untergrund agitieren. Unverbindliches anonymes Gerede hält uns nur von unserer Arbeit ab.

NN = "nicht namhaft", so wurden Vorlesungen und Seminare angekündigt, wenn der Name des Professors noch nicht feststand.

Nicht namhaft ist übrigens auch Hitler im heutigen Duden. In der 12. Auflage des Duden von 1941 hieß es noch: "Hitler (Führer und Reichskanzler); Adolf-Hitler-Dank (R. I, 43) usw.// Hitlergruß m.; -es // Hitler-Jugend (Abk. HJ.) w.; - // Hitler-Jugend-Lager (R. I, 44) // Hitlerjunge, Hitlermädchen od. -mädel".

Hitler ist eine Persona non grata, eine Unperson: Die Dudenredaktion will dieses dunkle Kapitel ihrer Geschichte auslöschen. Ein anderer Massenmörder, Stalin, steht dagegen im Duden.

Nicht nur die Dudenredaktion, sondern auch die Zwischenstaatliche Kommission für deutsche Rechtschreibung beim IDS in Mannheim, hat die Rechtschreibreform des Großdeutschen Reiches aus dem Jahre 1944 ausgelöscht.

Das Trauma des Dritten Reiches bedeutet für manche Bürger Geheimhaltung und Verdrängung. Das fing schon mit den Sitzungen der Zwischenstaatlichen Kommission für deutsche Rechtschreibung und mit den Namen und Biographien der Kommissionsmitglieder an. Bei der Auswahl der Mitglieder ging es keinesfalls demokratisch zu, nicht einmal paritätisch. Wieso dürfen Österreich und die kleine Schweiz mit nur wenigen Millionen Einwohnern je drei Kommissionsmitglieder stellen? Daß keine qualifizierten Fachleute, sondern Quacksalber am Werk waren, kann man schon an der Rechtschreibreform feststellen. Der berufliche Werdegang der Reformer könnte die nicht ausreichende Qualifikation und ideologische Prägung der Reformer bestätigen. Die Lobby der Reformer treibt die gleiche Geheimpolitik, wie wir an mehreren Beispielen auch in dieser Netzseite erleben konnten.

Nun haben wir es zusätzlich auch noch mit einem "Beirat für die deutsche Rechtschreibung" zu tun, dessen Mitglieder und deren Qualifikation wiederum geheimgehalten werden. Wer sind sie und nach welchen Kriterien wurden sie ausgewählt?

Wir hätten kein Recht, diese Geheimhaltungspolitik zu kritisieren, wenn wir Reformgegner ebenfalls Geheimniskrämerei betrieben.


eingetragen von Christian Melsa am 27.07.2001 um 16.48

Lieber Herr Riebe:

Zu 1.: Z.B. gleich darauf in Punkt 2. Zuvor bezog ich mich darauf, daß Sie vorher schon die Regeln des taz-Internetforums in diesem Zusammenhang erwähnten. Daraus sprach doch die Annahme, daß anonyme Schreiber eher störenden Schmutz (als welcher teilweise auch schon einfach ein möglicherweise unverständlich uneinsichtiges Nichtabrücken vom eigenen Standpunkt gesehen wird) in solche Foren kübeln als andere. Klar, sie können ja damit nicht ihren Ruf zerstören, wenn niemand weiß, wer sie sind. Die Wahrscheinlichkeit solchen Verhaltens ist also bei Anonymen größer. Aber eigentlich ist doch nicht die Anonymität das Problem, sondern der Schmutz.

Zu 2.: Na ja, vom Bundestag aus wird der Staat gelenkt; in einem Parlament muß man wohl andere Maßstäbe ansetzen als in einem unverbindlichen Internetforum.

Zu 3.: Wenn die Adreßdaten für jeden frei zugänglich sind, warum befördern Sie sie denn extra hierher? Das ist es ja gerade, wohinter man leicht eine weitergehende Intention vermuten kann. Und wie gesagt: Personen, die hier selbst an der Diskussion teilnehmen oder über die auch nur hier diskutiert wird, sind mit anderen Maßstäben zu beurteilen als Parlamentsabgeordnete, Amtsträger, also Menschen, die aus eigener Entscheidung in einem öffentlichen Dienst stehen, für das sie Verantwortung zu übernehmen bereit sind. Klar, es ist auch eigene Entscheidung, hier Beiträge zu schreiben oder es sein zu lassen (im Gegensatz dazu, hier ungefragt personales Objekt von Diskussionen zu werden), aber wer absichtlich nicht seinen vollen Namen nennt, mag doch auch seine Gründe haben, die nicht immer gleich finsterer Natur sind. Ob schon bei möglicherweise unliebsamen Positionen zur Sache so etwas wie "Notwehr" angesagt ist, halte ich für sehr fraglich.

Wer hier nicht die seine Postanschrift und Telefonnummer nennen möchte, will damit vielleicht auch einfach nur den Ort der Kommunikation auf dieses Forum beschränken, nicht plötzlich von wildfremden Leuten angerufen werden, die ihn mit seinen hiesigen Äußerungen in Verbindung bringen können (im Gegensatz zum allein für sich stehenden Eintrag im Telefonbuch) bzw. von ihnen Briefe oder andere Postsendungen erhalten. Aus dem gleichen Grund nennt er dann auch nicht seinen vollen bürgerlichen Namen, denn anhand dessen ist die Ermittlung der anderen Daten auch kein großes Problem mehr. Ich denke, solange ein Beitragschreiber nicht mit unzweifelhaft als solche gemeinten Sabotageakten oder Beleidigungen hier auftritt, kann man das beschriebene Verhalten doch problemlos tolerieren.

An Jan: Gut auf den Punkt gebracht. Ich stimme da voll zu.


eingetragen von Wolfgang Scheuermann am 27.07.2001 um 13.12

Ich kann den Verdacht von Herrn Ickler von 4:59 Uhr (alle Achtung - ich rege mich meist erst eine Stunde später!) heute morgen aus einer anderen Erfahrung heraus unterstützen. Ich führe seit Jahren in Heidelberg Studentenbefragungen zu Lehrveranstaltungen durch - meinen eigenen*, aber auch vielen anderen.
Manchmal setze ich als geradezu selbstverständlich voraus, daß Name, Vorname, Alter und Geschlecht anzugeben seien. (Nach einer kurzen Erklärung, warum das hilfreich ist, folgen einer solchen Aufforderung ca. 90% der Studenten.) Im Vergleich zu Semestern, in denen Fragen nur anonym zu beantworten sind, sind die Antworten wesentlich origineller und konstruktiver; Vorschläge wie: "Bier in der Vorlesung!" oder: "Mehr Klamauk!" fehlen völlig.
Wenn ich Rubriken für Namen usw. auf dem Fragebogen vorgebe, die Ausfüllung aber ins Belieben der Studenten stelle, dann machen knapp 20% Angaben zur Person (manchmal noch incl. Telefonnummern oder E-Mail-Adressen). Auch in diesem Falle sind die Antworten dieses nicht-anonymen Fünftels im Durchschnitt einfach nützlicher, weil sachlicher und differenzierter.
Der Ausdruck "für eine Sache mit seinem Namen einstehen" hat demnach wahrscheinlich immer noch einen realen Hintergrund.

*Fast schon irritierend häufig (wenngleich es ja auch nicht ganz unerfreulich ist) wird bei solchen Gelegenheiten von den Studenten mein Humor hervorgehoben [hat davon hier schon jemand was gemerkt?] - wen interessieren sollte, was so einen Sozialmediziner inhaltlich umtreiben kann, findet eine Reihe, z.T. etwas pointierter, Kommentare zu diesem Semester unter

http://www.dermis.net/aks/vorlesungen.html

Sollten sich dort Reformdeutsch oder andere Fehler eingeschlichen haben, bin ich für Korrekturhinweise immer dankbar!

__________________
Dr. Wolfgang Scheuermann


eingetragen von Theodor Ickler am 27.07.2001 um 09.33

Obwohl der Fall klar genug ist (Melsa hat ihn noch einmal sehr gut dargestellt), halte ich ein nochmaliges Beschreiten des Rechtswegs für aussichtslos. Abgesehen von den bisherigen, ziemlich deprimierenden Erfahrungen mit der Justiz ist ja inzwischen die Macht des Faktischen hinzugekommen: Auch wenn es nur eine Scheinblüte der durchgesetzten Rechtschreibreform ist, so ist es eben doch eine Blüte, oder der Schein einer Blüte, und dieser Schein ist den Richtern genug. Sie können schwer widerlegt werden, wenn sie im Sinne der Kultusminister behaupten, an den Schulen sei die Neuschreibung "durchgesetzt".

Was ich zur Zeit für das Allerwichtigste halte: Die Öffentlichkeit muß mit der Tatsache der heimlichen, aber doch schon wirksamen Revision bekannt gemacht werden. In allen Berichten, die jetzt zum "Jubiläum" erscheinen, fehlt dieser Gesichtspunkt. Es wird zwar nicht ohne berechtigten Spott auf das Durcheinander hingewiesen, aber darunter versteht man nur das verhältnismäßig harmlose Durcheinander der "Übergangszeit", also das Nebeneinander von neuer und noch gültiger alter Schreibung. Viel ernster ist aber die Rücknahme einiger Regeln, die sich ja bereits im notwendig gewordenen Neudruck der Dudenwörterbücher auswirkt. Die Kommission und ihre Verbündeten werden sich weiterhin bemühen, die Tatsache der Revision durch einen Wortnebel zu verleugnen, aber die Wörterbücher liegen auf dem Tisch, man kann die Tatsache leicht beweisen. Das muß aber in die Zeitungen, sonst existiert es einfach nicht!

Demnächst will die Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung wieder mit ihrem "Kompromiss" hervortreten, den wir ja schon kennen. Natürlich ist er abzulehnen, denn warum soll man den Reformern gerade im Punkt "ss-Schreibung" entgegenkommen? Aber ich rate trotzdem, diesen Entwurf zur Zeit nicht besonders zu bekämpfen, denn er trägt in willkommener Weise zur Demontage der Reform bei und hat ja auch keinerlei Aussicht auf Verwirklichung. (Zu fragen bleibt bloß, warum die Akademie überhaupt glaubt, nicht bei der bisherigen Rechtschreibung bleiben zu können, wo doch der Präsident immer wieder vorgeschlagen hat, lediglich einige Duden-Haarspaltereien "auszukämmen". Genau dies habe ich getan, und nun ist es auch wieder nicht recht?)
__________________
Th. Ickler


eingetragen von Christoph Kukulies am 27.07.2001 um 08.18

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Christian Melsa

....
Das Verfassungsgericht hat in seinem Urteil zum Ausdruck gebracht, daß in Schulen eigentlich solche Kulturtechniken unterrichtet werden sollten, von deren allgemeiner Gebräuchlichkeit ausgegangen werden kann, damit die Lehre sich nicht auf eine andere Welt bezieht als die reale. Die Reformbetreiber strickten sich daraus folgende Begründung ihres Tuns: Da künftig die reformierte Rechtschreibung die Norm sein wird, müssen wir diese auch den Schülern beibringen. Wenn man betrachtet, daß sogar die Presse vorgibt, widerwillig, aber eben halt aus Rücksicht auf die Schulkinder umgestellt zu haben, die nicht mit einer Sonderschreibung alleingelassen werden sollten, ergibt sich, daß hier in Wahrheit nicht die Schule sich an eine bereits gegebene Entwicklung anpaßt, sondern umgekehrt die Entwicklung überhaupt erst durch die Schule gegeben ist, sich also tatsächlich der ganze Rest an die Schule anpassen soll. Das bedeutet im Endeffekt ein gesamtgesellschaftliches kulturelles Diktat durch Kultusminister(ien), die sich über die nicht verfassungskonforme Institution der KMK außerhalb der staatlichen Ordnung befinden, demokratischer Kontrolle praktisch entzogen. Die Ereignisse beweisen, daß es sich hierbei um mehr als bloß hypothetische Strukturtheorie handelt. In Zeiten, in denen die Erziehung des Nachwuchses immer mehr an staatliche Einrichtungen und den Fernseher bzw. die mehr oder weniger kommerziellen Medien delegiert wird, läßt sich absehen, daß die Wertebildung bei Kindern und Jugendlichen immer mehr zwischen Medienkommerz (naive Trendgläubigkeit, wie sie die Werbestrategen der Konsumindustrie am liebsten haben), Internet (Medienkommerz plus Anarchie) und demokratisch unkontrollierter KMK-Doktrin pendeln und so die Gesellschaft von morgen intensiv prägen wird. Ist das wünschenswert? Am Ablauf der Umsetzung der Rechtschreibreform zeigt sich, wie berechtigt solche Befürchtungen sind. Schulkinder bekommen unrichtige Fakten geradezu eingeflößt ("rauhe" in etwa "der rauhe Winter" wird als angeblich "überholt" markiert, obwohl die Mehrzahl der Sprachgemeinschaft es so schreibt; die bewährte Rechtschreibung wird als veraltet dargestellt, die neue sei dagegen "entrümpelt", "logischer", famos vereinfacht und natürlich hochmodern, was ja alles so nicht stimmt). Weil die Schulpolitik zu feige zum Eingeständnis von Fehlern ist, weil es ihr egal ist oder weil sie es sogar ausdrücklich will, wer weiß? Pädagogisch katastrophal ist jede dieser Möglichkeiten.

...



Hat eigentlich jemand einmal erwogen, eine neuerliche Verfassungsklage anzustrengen, auf Grund dieser Verkehrung
von Ursache und Wirkung sowie gegen die in der Verfassung nicht verankerte Rolle der KMK? Oder die Grundsatzfrage, ob der Staat überhaupt eine Sprachnorm dekretieren darf und wenn, ob er sie dann vorbei am bisherigen Sprachusus
vorschreiben darf.

Das bisherige Verfassungsgerichtsurteil bestätigt ja nur die
Rechtmäßigkeit der Unterrichtung der RSR an den Schulen, wenn ich das richtig erinnere.

Haben die Gegner die Hoffnung, auf dem Wege der Verfassungsklage der RSR beizukommen, vollständig aufgegeben?

– geändert durch Christoph Kukulies am 28.07.2001, 17:32 –
__________________
Christoph Kukulies


eingetragen von Theodor Ickler am 27.07.2001 um 02.59

lehne ich für meine Person Anonymität ab, sehe aber ein, daß der Schutz vor Datensammlern ein gutes Argument ist. Ich lösche fast täglich E-Mails, ohne sie geöffnet zu haben, weil ich den Absender nicht kenne. Meine Adresse hat er wahrscheinlich hier gefunden.
Wie ich schon oft bewiesen habe, diskutiere ich auch mit anonymen Partnern, allerdings ist es mir nicht so angenehm.

Täusche ich mich, oder sind im allgemeinen die Argumente der offen auftretenden Partner besser? Melsa, Dörner, Wrase, Lachenmann, Riebe und all die anderen - sie beeindrucken mich mehr und fordern mich auch mehr. (Ausnahmen seien gern zugestanden.) Wenn ich in fremde Diskussionsforen gerate, stoße ich fast immer auf ein haltloses anonymes Gequassel. Nix wie weg!
__________________
Th. Ickler


eingetragen von Jan am 26.07.2001 um 22.53

1.) Grundlegende Errungenschaft unserer Demokratie sind geheime Wahlen. Heißt das, daß alle Wähler, die ihre Wahlentscheidung nicht bewußt öffentlich bekanntgeben, feige sind?

2.) Die besonderen Gegebenheiten des Internets machen es sinnvoll, unter Pseudonymen aufzutreten. Das Internet ist ein Medium mit vollkommen neuen Eigenschaften, so daß die ständige Offenlegung von Anschrift und Telefonnummer Gefahren birgt. Stellen Sie sich mal vor, in einem sehr brisanten Forum befinden sich tatsächliche Störenfriede (was ich von diesem Forum nicht gerade behaupten kann). Die Folgen der ungeschützten Offenlegung der Identität reichen von 1.)Werbeflut im eigenen Briefkasten, 2.)Telefonterror bis hin zu 3.) körperlichen Übergriffen/Gewaltakten.

Schon lange, bevor ich Internetzugang hatte, holte ich mir den Rat von Fachleuten ein. Ich hoffe, Sie schenken mal folgenden Fakten Beachtung:
1.) Das Internet ist ein Tummelplatz für Datensammler: Für Firmen, Institutionen, staatliche Organe u.s.w. kann man schnell zum "gläsernen User" werden
2.) Es ist mit demokratischen Prinzipien nicht vereinbar, daß die Gefahr besteht, daß Dritte ohne meines Wissens Daten über mich sammeln. Somit ist die "Vermummung" eine legitime Abwehrhaltung.
3.) Wenn dieses Forum innerhalb eines geschützten lokalen Netzwerkes stattfinden würde, hätte ich nicht die geringsten Probleme, persönliche Daten preiszugeben.
4.) Mit einzelnen Personen, zu denen ich ein gewisses Vertrauen aufgebaut habe, trat ich bisher zunächst in telefonischen Kontakt, danach fand ein Treffen statt. Bei beiderseitigem Interesse hätte ich nicht die geringsten Probleme damit, mich mit Ihnen zu treffen.
5.) Für mehr oder weniger öffentliche Personen, wie Sie es zweifellos auch sind, ist es sinnvoll, zumindest mit vollständigem Namen aufzutreten.
6.) Außer Ihnen hat in meiner 15monatigen Internetrepräsentanz noch nie jemand Anstoß an meiner "Vermummung" genommen, geschweige denn den Begriff "Vermummung" überhaupt verwendet.

Zum Partei-ergreifen für "Reformbefürworter": In welcher Weise tat ich das? Bitte klären Sie mich auf.

Für mich gehört zu einer sinnvollen Diskussion, bei der ich andere von meinem Standpunkt überzeugen möchte, auch ein gewisses Maß an Diplomatie. Voraussetzung dafür ist die Fähigkeit, auf mein Gegenüber eingehen zu können und dessen Denkweise zu analysieren. Der "Gegner" wird schnell merken, daß man ihn nicht radikal ablehnt, sondern bemüht ist, sich in seine Lage hineinzuversetzen.

Wenn sie dieses eben beschriebene Verhalten, das ich Uwe gegenüber an den Tag legte, als "Partei-ergreifen" geißeln, sollten Sie sich ihre demokratischen Grundprinzipien noch mal durch den Kopf gehen lassen. "Entweder gehörst du zu mir oder zu denen! Überlege dir nochmal genau, was du eben gesagt hast!" - mit solchen Nötigungen traten Agitatoren in vergangenen Diktaturen auf.

Für kurze, direkte Stellungnahmen bzw. Kommentare aller Forumsteilnehmer zu meinem Statement wäre ich sehr dankbar.
was meinen Sie,
-selbstverständlich Herr Riebe
-Herr Christian Melsa
-Herr Theodor Ickler
-Frau Ursula ...(ihren Nachnamen kann ich im Augenblick gerade nicht sehen bzw. habe ihn mir nicht gemerkt)
-Uwes Meinung kenne ich ja schon

mit freundlichen Grüßen,
Ihr rechtschreibreformablehnender Störer



__________________
mfg
Jan
mehl-mir-mal@spray.net


eingetragen von Manfred Riebe am 26.07.2001 um 20.26

Lieber Herr Melsa!

1. Wo habe ich die Anonymität von Gesprächsteilnehmern, deren Diskussionsmanieren sowie deren Fähigkeit schlüssigen Argumentierens und Verteidigung des eigenen Standpunkts in einen Topf geworfen?

2. Ich diskutiere auch in http://www.deutsche-sprachwelt.de mit und kann nur bestätigen, daß gerade durch das Zulassen pseudonymer Beiträge Texte geschrieben werden, die man unter Nennung des Namens oft sicher nicht oder nicht so schreiben würde. Wir leben ja nicht in einer Diktatur, in der man um sein Leben fürchten müßte, wenn man seinen Namen nennt. Wenn Ihnen das Beispiel einer Tafelrunde mit einem maskierten Gast nicht gefällt, dann stellen Sie sich eben vor, unter den Bundestagsabgeordneten säßen im Plenum maskierte Mitglieder des Ku-Klux-Clan. Ebenso wie ich ein solches Verhalten nicht achten könnte, sind anonyme Schreiber in meinen Augen verantwortungslos und feige. Leute, die in einer Demokratie ihre Identität nicht preisgeben, um ihr Unwesen treiben zu können, sind identitätsmäßig eigentlich Unpersonen, weil man sie nicht unmittelbar zur Rechenschaft und Verantwortung ziehen kann. Das ist ja der Sinn ihrer anonymen Agitation. Ich verweise auf mein Beispiel mit den Leserbriefen und dem TAZ-Forum, wonach Anonymität nicht mehr zugelassen wird, weil anonyme Personen sich außerhalb der öffentlichen oder privaten Ordnung bewegen.

3. Die Offenlegung der Daten des Herrn Schoebe hat nichts mit Bevormundung zu tun. Alle Daten des Gerhard Schoebe, auch seine Anschrift und Telefonnummer sind aus frei zugänglichen Quellen ermittelbar oder stehen wie in vorliegendem Fall im Telefonbuch. Dies hat mit Privatsphäre nichts zu tun. Wer sich öffentlich betätigt wie ein Politiker, muß bereit sein, seine Biographie offenzulegen. Die Bundestags- und Landtagsabgeordneten tun dies in Kürschners Volkshandbuch Deutscher Bundestag usw. Daraus können Sie auch den Wohnort und damit die Adresse entnehmen. Die Offenlegung der Daten eines Störenfrieds oder Agent provocateurs betrachte ich als Notwehr. Sie hat zum einen das Ziel, den Motiven seiner Störversuche auf die Spur zu kommen und zum anderen seine Provokationen einzudämmen, siehe TAZ-Beispiel. In allen diesen Fällen greift der Datenschutz nicht.


eingetragen von Christian Melsa am 26.07.2001 um 18.58

Hier meine neue Replik auf die Deine:

Ist es eine Unsitte, zu kritisieren und zu korrigieren? Ich denke, nicht. Sprachpflege muß nicht allein ein Steckenpferd nerviger Besserwisser sein, sie dient auch der guten Verständigung der Menschen untereinander. Je sauberer und unmißverständlicher Gedanken, Meinungen, Ideen, Gefühle ausgetauscht werden können, desto besser für jeden. Zu einer Unsitte wird das angesprochene Verhalten erst, wenn zum Kritisieren und Korrigieren das Diskriminieren hinzutritt, wenn also Menschen nicht wohlwollend auf ihre Fehler aufmerksam gemacht, sondern sie damit nur eingeschüchtert, schlechtgemacht, gering geachtet, verworfen werden sollen.

Im übrigen bezieht sich das Phänomen solcher Korrektur ja nicht nur auf Rechtschreibung. Unvollständige Sätze, falsche Deklinationen, falsch gebrauchte Zeitformen, falsch gebrauchte Begriffe, all das ist ebenfalls Gegenstand davon. Sollte man gemäß einer falsch verstandenen Nachsicht den weniger gekonnten Sprachnutzern gegenüber nun wünschen, daß die Sprache insgesamt (also nicht nur in Schrift, sondern auch in Rede) absichtlich abgestumpft wird? Analog zur Rechtschreibreform müßte man dann sogar wünschen, es mögen doch allerlei neue, so ungebräuchliche wie unbrauchbare und komplizierte Sprachregeln hinzukommen, von denen die Sprachgemeinschaft - vor allem deren schwächere Vertreter - nur hoffnungslos überfordert sein kann. Aber da diese Umformung von ihren Urhebern und Umsetzern als segenhafte Vereinfachung angepriesen wird sowie ihre Anwendung als furchtbar modern gilt, werden alle unkritischen Zeitgenossen bei dieser Reform mitmachen, da sie natürlich keinesfalls unmodern oder unflexibel wirken wollen.

Was ist unsittlicher?

Das Verfassungsgericht hat in seinem Urteil zum Ausdruck gebracht, daß in Schulen eigentlich solche Kulturtechniken unterrichtet werden sollten, von deren allgemeiner Gebräuchlichkeit ausgegangen werden kann, damit die Lehre sich nicht auf eine andere Welt bezieht als die reale. Die Reformbetreiber strickten sich daraus folgende Begründung ihres Tuns: Da künftig die reformierte Rechtschreibung die Norm sein wird, müssen wir diese auch den Schülern beibringen. Wenn man betrachtet, daß sogar die Presse vorgibt, widerwillig, aber eben halt aus Rücksicht auf die Schulkinder umgestellt zu haben, die nicht mit einer Sonderschreibung alleingelassen werden sollten, ergibt sich, daß hier in Wahrheit nicht die Schule sich an eine bereits gegebene Entwicklung anpaßt, sondern umgekehrt die Entwicklung überhaupt erst durch die Schule gegeben ist, sich also tatsächlich der ganze Rest an die Schule anpassen soll. Das bedeutet im Endeffekt ein gesamtgesellschaftliches kulturelles Diktat durch Kultusminister(ien), die sich über die nicht verfassungskonforme Institution der KMK außerhalb der staatlichen Ordnung befinden, demokratischer Kontrolle praktisch entzogen. Die Ereignisse beweisen, daß es sich hierbei um mehr als bloß hypothetische Strukturtheorie handelt. In Zeiten, in denen die Erziehung des Nachwuchses immer mehr an staatliche Einrichtungen und den Fernseher bzw. die mehr oder weniger kommerziellen Medien delegiert wird, läßt sich absehen, daß die Wertebildung bei Kindern und Jugendlichen immer mehr zwischen Medienkommerz (naive Trendgläubigkeit, wie sie die Werbestrategen der Konsumindustrie am liebsten haben), Internet (Medienkommerz plus Anarchie) und demokratisch unkontrollierter KMK-Doktrin pendeln und so die Gesellschaft von morgen intensiv prägen wird. Ist das wünschenswert? Am Ablauf der Umsetzung der Rechtschreibreform zeigt sich, wie berechtigt solche Befürchtungen sind. Schulkinder bekommen unrichtige Fakten geradezu eingeflößt ("rauhe" in etwa "der rauhe Winter" wird als angeblich "überholt" markiert, obwohl die Mehrzahl der Sprachgemeinschaft es so schreibt; die bewährte Rechtschreibung wird als veraltet dargestellt, die neue sei dagegen "entrümpelt", "logischer", famos vereinfacht und natürlich hochmodern, was ja alles so nicht stimmt). Weil die Schulpolitik zu feige zum Eingeständnis von Fehlern ist, weil es ihr egal ist oder weil sie es sogar ausdrücklich will, wer weiß? Pädagogisch katastrophal ist jede dieser Möglichkeiten.

Sicher kann man lange darüber streiten, ob die "neuen" Schreibweisen besser oder schlechter als die "alten" sind. Genau das geschieht ja auch. Doch die Tatsache, daß sich der Streit derartig in die Länge zieht, ist wohl hauptsächlich der Uneinsichtigkeit derjenigen zu verdanken, die sich inzwischen einfach weigern, Gegenargumente vorzubringen, statt dessen nur entgegnen, die Argumente der Kritik seien nicht neu - als ob sie damit schon widerlegt wären. Das sture Aussitzen von gesellschaftlichem Widerstand in der Politik einfach hinzunehmen, führt allerdings gerade zum Erfolg dieser Strategie, über deren Unsittlichkeit wir uns hoffentlich einig sind. Wohin wird sich die politische Kultur eines Staates entwickeln, wenn Machtschichten, denen die Macht im Sinne der Verfassung doch nur vom Volk geliehen, befristet und begrenzt anvertraut sein soll, sich über ihre Grenzen einfach hinwegsetzen in der Erwartung, anfänglicher berechtigter Widerstand wird sich schon legen, wenn man einfach den Dialog verweigert und ungerührt Tatsachen schafft? Die Schwelle, zu dieser Strategie zu greifen, wird immer weiter sinken. Irgendwo taucht wieder ein unliebsamer Volksentscheid auf? Na ja, dann kassiert man ihn eben ein, hat man doch schon mal gemacht, also ist das doch "ein ganz normaler Vorgang", nicht wahr?

Es gibt wichtigere Dinge. Natürlich. Es gibt immer etwas, das noch wichtiger ist. Doch auch eine Angelegenheit, die in ihrer Wichtigkeit anderen unterlegen sein mag, ist damit noch lange nicht unwichtig. Daß Aushöhlung bzw. offene Mißachtung von Demokratie, Recht und Verfassung, Vernachlässigung der Kultur, Pervertierung von Bildungsprinzipien, steigende Politik(er)verdrossenheit, Angriffe auf die Sprachnorm usw. usw., daß das alles so unwichtige Probleme sein sollen, daß man die Zeit doch lieber mit einem Playstationspiel oder einem Kinofilm verbringt (selbstverständlich beim wohlverdienten Feierabend nach dem täglichen zeitaufwendigen Kampf gegen Globalisierung - was immer man darunter auch verstehen mag - , den Klimawandel, Castortransporte, Kindesmißbrauch, Todesstrafe, Walfang, Armut, Hunger, Krankheit, Krieg...), das wirst Du doch nicht ernsthaft meinen wollen?



Noch etwas an Herrn Riebe: Ich würde die Anonymität von Gesprächsteilnehmern, deren Diskussionsmanieren sowie deren Fähigkeit schlüssigen Argumentierens und Verteidigung des eigenen Standpunkts nicht in einen Topf werfen. Besonders an den Foren dieser Seite fällt mir auf, daß dies alles eigentlich völlig getrennt voneinander zu beurteilen ist (mehr oder weniger anonyme Beteiligte können sinnvolle Beiträge schreiben, namentlich bekannte ebenso weniger sinnvolle). Außerdem läßt es sich ja doch nicht verhindern, daß vielleicht sogar jemand unter völlig falschem Namen Beiträge schreibt. Was soll´s? Mir ist es wichtiger, die Sachen zu behandeln als die Personen. Vergleiche wie der des Vermummten am Eßtisch treffen die Sache meiner Meinung nach nicht so recht, da wir die Gesichter voneinander doch ohnehin nicht kennen. Der Name in einem Internetforum dient somit eigentlich nur der Identifikation im Rahmen dieses Forums, insofern ist es doch vollkommen egal, ob man unter Pseudonym oder bürgerlichem Namen operiert, Hauptsache, die Beiträge lassen sich ihren Quellen zuordnen. Ehrlich gesagt empfinde auch ich es dagegen unangebrachter, zu jeder Person gleich Anschrift und Telefonnummer offenzulegen, vor allem, wenn aus ihrem selbstgewählten Verhalten eigentlich hervorgeht, daß sie dies gar nicht wünscht. Was ist das anderes als bevormundeter Grad von Privatsphäre?

Übrigens ist es wohl etwas verkürzt formuliert, zu sagen:"Heute tut jeder, was ihm gefällt [...] und was alle anderen auch tun." Tut er nun, was ihm ganz persönlich gefällt, oder ordnet er sein Verhalten demjenigen der anderen unter, indem er sich anpaßt? Tatsächlich ist es wohl so, daß eigene Unsicherheit oft dazu führt, daß es einem gefällt, dasselbe zu tun wie die anderen - nicht aus Anpassungsbereitschaft im Sinne von Unterordnung, das könnte ja sogar tugendhafte Rücksichtnahme sein; sondern weil man es nicht besser weiß, sich einen Alleingang nicht zutraut oder einfach, Einsamkeit befürchtend, glaubt, wegen diesem von anderen Menschen gemieden zu werden oder, vielleicht nicht weniger schlimm, sich unverstanden zu fühlen. Wer "die anderen" sind, hängt dabei auch von der sozialen Position des Betreffenden ab. Zum Beispiel muß dies nicht unbedingt die allgemeine Mehrheit sein (wie man an der Rechtschreibreform sieht, die von "Anpassern" praktiziert wird, obwohl die Mehrheit aller dagegen ist). Es ist schwierig, wenn nicht wohl in den meisten Fällen unmöglich, die Anpassung auf allgemeine Massenphänomene zurückzuführen; vielmehr werden oft Phänomene einfach durch ihr massenhaftes Auftreten zu jenen, wobei es sich auch um massenhaft vereinzeltes Auftreten handeln kann, das nicht unbedingt von Anpassungsdrang herrührt (so sicherlich die mehrheitlich verbreitete Ablehnung der Rechtschreibreform, die daher ja ebenfalls ein Massenphänomen ist).


eingetragen von Manfred Riebe am 26.07.2001 um 11.46

Mich wundert es, wenn jemand aus dem eigenen Lager in aller Öffentlichkeit Partei für einen rechtschreibreformbefürwortenden Störer ergreift. Das mit der Palme und der Gelassenheit darf ich erwidern. Tugend ist die rechte Mitte zwischen zwei Extremen. Deshalb haben Sie meinen pädagogischen kleinen provokativen Impuls bezüglich Anglizismen als "radikale Auffassung" mißverstanden.

Man weiß nicht, wer sich hinter einem Pseudonym verbirgt. Stellen Sie sich eine Gesprächsrunde im Fernsehen vor, in der ein Diskussionspartner mit einer Maske aufträte, das Phantom. Man kann sich auch einen Eßtisch vorstellen, an dem ein vermummter Gast sitzt. Ich habe - offen gestanden - bisher kein sonderliches Interesse, mit Vermummten zusammenzuarbeiten. Es würde mich freuen, wenn Sie sich "enttarnen" würden.


eingetragen von Jan am 26.07.2001 um 11.15

Unhappy

Lieber Herr Riebe,

ich bitte Sie, jetzt kommen Sie mal wieder ein wenig runter von Ihrer Palme!

Gelassenheit scheint alles andere als Ihre Stärke zu sein. Falls Sie es noch nicht bemerkt haben: Ich bin jemand aus Ihrem Lager!

Mein Interesse ist es daher, produktiv mit Ihnen zusammenzuarbeiten mit dem Ziel, gegenseitig Argumentationen auszutauschen und so den eigenen Wissensstand zu aktualisieren.

Zu "Päpsten" und "Oberlehrern": Fragen Sie doch mal den Sprachwissenschaftler Theodor Ickler, was der Volksmund mit dem Begriff "Oberlehrer" assoziiert. Ich wollte damit keineswegs Ihren Berufsstand beschädigen, im Gegenteil: Für fähige Lehrer empfinde ich Hochachtung. Von Päpsten halte ich tatsächlich nicht viel, mangels Begeisterung für den Katholizismus.

Zur "Autorität des Lehrkörpers": Ich gebe ihnen dahingehend recht, daß ein Lehrer, der versucht, sich durch Gebrauch des vulgären Jargons auf die Ebene der Jugendlichen zu begeben, einfach lächerlich wirkt. Das andere Extrem ist jedoch, zu versuchen, durch totalitäre Autorität Achtung zu gewinnen. Das kann Haß verursachen. Beide Extreme halte ich für pädagogisch falsch. Daß Lehrer heutzutage eher an den Spätfolgen der Alt68er-Philosophie leiden, ändert nichts an der Tatsache.

Gerade die Schwierigkeit dieser Gratwanderung ist jedoch Anlaß für mich, für einen erfolgreichen Lehrer Hochachtung zu empfinden. Komplizierter wird die Sache noch dadurch, daß jeder Lehrer auch ein anderer Typ "Mensch" ist. Beispiel: Unser Lehrer für Mathe, Sport und Physik war ein Typ "Bauer vom Lande". Er rannte öfters in Trainingshosen über den Flur und unterrichtete sogar so. Bei ihm wirkten jedoch Kraftausdrücke, die er in seinen Späßen mit Schülern verwendete, noch glaubwürdig und echt. Von unserer vornehmen Deutschlehrerin hingegen erwartete man aufgrund ihres Erscheinungsbildes schon eine ganz andere Wortwahl.

Jetzt bin ich aber ganz schön vom Thema abgeschweift. Nur eines noch: Ihre radikale Auffassung bezüglich Anglzismen teile ich nicht in jeder Beziehung. Sicher, gegen künstlich eingeführte Werbe-Schlagwörter habe ich auch etwas. Aber wenn sich gewisse englische Begriffe etabliert haben, weil der deutsche Sprachraum einfach zu langsam war für eine äquivalente Begriffsfindung, sollte man sie dann verbieten?
Zu diesem Thema gibt es irgendwo hier auf den Rechtschreibseiten einen sehr schönen Artikel.

Ich würde es Bedauern, wenn Sie aufgrund meiner "Vermummung" von einer weiteren Kommunikation mit mir absehen, doch eines sei gewiß: Zu allem, was ich hier schreibe, stehe ich mit meinem vollen Namen. Ich werde deshalb über die Konsequenzen einer "Enttarnung" meinerseits in diesem Forum nachdenken.


__________________
mfg
Jan
mehl-mir-mal@spray.net


eingetragen von Karl Eichholz am 26.07.2001 um 11.09

Exclamation

Lieber Herr Ickler,

>Gegen die Zeitungen kann der Staat auf die Dauer nicht ankämpfen. Insofern liegt die Verantwortung nicht nur bei den Kultusministern, sondern auch bei den Zeitungen.

Nicht nur gegen die Zeitung könnte der Staat nicht an (deswegen ist die Kommasetzung ja auch definitv vom Tisch),
sondern wenn alleine die eingebauten Korrekturroutinen der Textprogramme NICHT stillschweigend die neue Schreibung verwendeten, sondern den Benutzer bei Installation fragten:

_____________________________________________
Welche Rechtschreibung wollen Sie beim Korrigieren verwenden:

() Neue Rechtschreibung (nur für Schüler Vorschrift)
() Herkömmliche Rechtschreibung (von den meisten bevorzugt)
_____________________________________________

(und keines wäre voreingestellt, die Anwender müßte also eine bewußte Entscheidung treffen)

dann wäre auch heute schon in der Praxis die RSR gestorben.


Man müßte also einen Weg finden, die Softwarehersteller zu verpflichten, auf den Wunsch des Einzelnen Rücksicht zu nehmen.
Meiner Meinung nach geht das sowohl mit Zuckerbrot als auch mit Peitsche.

Gerade unter den Programmierern gibt es ja nichts als Leute, die auf präzise Angaben ihr täglich Brötchen aufbauen. Die werden mit wenigen Argumenten von dem Fehlschlag der RSR zu überzeugen sein, wenn sie es denn noch nicht wären.


__________________

mit herzlichen Grüßen
Karl Eichholz


eingetragen von Jan am 26.07.2001 um 10.23

Exclamation

uwe schrieb:
Selbstverständlich sollten Zeitungen, Buchverlage usw. bestrebt sein, eine hochwertige und fehlerfreie Rechtschreibung zu publizieren.

Hallo uwe,

die Rechtschreibung der meisten Verlage ist aber nicht mehr "hochwertig"!

Dein Ansatz, soweit ich das richtig interpretiere, ist:

"Ich, Uwe Cassens, profitiere von der RSR. Sie macht das Lesen und Schreiben zwar nicht einfacher, hat aber ein riesiges Chaos angerichtet. Keiner kann mehr so richtig definieren, was "falsch" und was "richtig" ist. Daher brauche ich jetzt keine Minderwertigkeitskomplexe zu haben, wenn andere meine Texte lesen."

Jetzt zu meinem Ansatz:

Daß Du Dich bisher als "Rechtschreibschwacher" diskriminiert fühltest, kann 2 Ursachen haben:

1) Du siehst Dich selber nur so. In Wirklichkeit hat man vor der RSR Deinen Fehlern genausowenig Bedeutung beigemessen wie danach. D.h., Du hast Dich in etwas hineingesteigert.

2) Du machtest in der Vergangenheit tatsächlich schlechte Erfahrungen mit Mitmenschen, die Dir Deine Fehler vorhielten. Du mußtest Spott und Hohn über Dich ergehen lassen.

Variante 2 ist wirklich übel, aber was kann die alte (hochwertige) Rechtschreibung dafür, wenn es solche Mitmenschen gibt? Menschen, die die Schwächen anderer ausnutzen, gab es nach der RSR genauso wie vor der RSR!
Du mußt die Menschen ändern, nicht die Rechtschreibung primitiv machen!

Jeder vernünftige Personalchef sieht großzügig darüber hinweg, wenn in einer Bewerbung 5% der Wörter fehlerhaft sind. Im Gegenteil, kleine Fehler können sogar sympathisch wirken und zeigen mir, daß ich es mit einem Menschen zu tun habe, der auch seine Ecken und Kanten hat.

Im übrigen: Deinen Schreibstil empfinde ich als vergleichsweise gut. Du bist für mich alles andere als "schreibschwach"! Um die wenigen Fehler, die Du machst, zu kaschieren, darf keine Schriftsprache zerstört werden! Das ist ein zu hoher Preis!
__________________
mfg
Jan
mehl-mir-mal@spray.net


eingetragen von Theodor Ickler am 26.07.2001 um 10.23

Jeder kann die Rechtschreibung reformieren, d.h. andere Schreibweisen vorschlagen oder einfach anwenden. Ob sie angenommen werden, ist eine zweite Frage. Christian Stetter zum Beispiel, ein bedeutender Gelehrter, von dem zur Zeit niemand sagen kann, ob er für oder gegen die Reform ist, hat vor Jahren andere Schreibweisen vorgeschlagen und näher begründet. Warum nicht?

Im übrigen: volle Zustimmung! Gegen die Zeitungen kann der Staat auf die Dauer nicht ankämpfen. Insofern liegt die Verantwortung nicht nur bei den Kultusministern, sondern auch bei den Zeitungen. Genau aus diesem Grunde bemühe ich mich in "Regelungsgewalt", diesen Zusammenhängen nachzugehen.
__________________
Th. Ickler


eingetragen von uwe am 26.07.2001 um 10.04

Mal was zum Nachdenken:

Ist in Internet-Foren nicht jeder ein Anonymus ? Auch wenn ich Ihren Namen kenne, Herr Riebe, kennen tue ich Sie trotzdem nicht. Was macht es da für einen Unterschied, ob jemand als Jan F., Theodor Ickler oder liteboo auftritt ?

Und außerdem: Keiner wird gezwungen die Beiträge der Anonymen zu lesen. Insofern kann man sich auch jeglichen Kommentar dazu ersparen.

Uwe


eingetragen von Theodor Ickler am 26.07.2001 um 09.54

Ich trete nie anonym oder unter Pseudonym auf, weil mir das so vorkommt wie anonyme Briefe (die ich immer gleich wegwerfe, wenn ich sie bekomme, möglichst ohne sie zu lesen). Hinzu kommt, daß ich anderes sage und mich anders ausdrücke, wenn ich weiß, wer mein Partner ist. Muß ich ihm sprachwissenschaftliche Begriffe erklären, oder langweile ich ihn damit? Usw. Das sind meine Hauptgründe.
__________________
Th. Ickler


eingetragen von uwe am 26.07.2001 um 09.52

Zur Amtlichkeit:

Ich stimme Ihnen voll und ganz zu, Herr Ickler, dass im Grunde keine amtlichen Rechtschreibregeln erforderlich sind. Der Duden ist durchaus dazu in der Lage die Rechtschreibung gemäßigt weiter zu entwickeln und den gebräuchlichen Schreibweisen anzupassen.

Der Duden kann die Rechtschreibung aber nicht reformieren. Dies kann nur der Staat verbindlich für Schulen und Behörden tun. Nach Erlass des amtlichen Regelwerkes lag es doch an den Menschen, den Zeitungen und Verlagen, ob die neue Rechtschreibung angenommen wird. Wäre das nicht der Fall gewesen, hätte der Staat über Kurz oder Lang sein amtliches Regelwerk reumütig einstampfen können.

Eine bedeutende Rolle spielen in diesem Zusammenhang nun einmal die Printmedien. Und die haben, von einigen Ausnahmen abgesehen, die Neuregelungen übernommen.

Zur Präzision:

Muss jedermann einen Mercedes bauen können, Herr Eichholz ? Ich denke nicht. Genau so wenig muss jedermann die Rechtschreibung bis zur Perfektion beherrschen. Ich würde ein einfaches und beherrschbares Regelwerk favorisieren. Alles was darüber hinaus geht, wäre dann eine Sache des guten Stils.

Am Beispiel der Kommasetzung wird das sehr deutlich. Wenn es darum geht, Kommas (oder: Kommatas ?) nur lesefreundlich zu setzen, könnte dies jeder beherrschen. Was sollen unzählige Grammatikregeln, die die Zeichensetzung verkomplizieren ? Ich halte sie für überflüssig. Das gleiche gilt für die Worttrennung. Hier würde die Regel ausreichen, dass zwischen ganzen Wortsilben getrennt werden darf. Ohne Ausnahmen. Ob man nun s-t trennt oder nicht, bliebe jedem selbst überlassen.


Mit diesen zwei Klarstellungen meiner Positionen möchte ich allen ein schönes Wochenende wünschen.

Uwe


eingetragen von Manfred Riebe am 26.07.2001 um 09.42

Herr Anonymus "Jan F."!

Theodor Ickler schreibt: "Für mich selber lehne ich das (die Anonymität, M.R.) allerdings ab." Auch ich lehne Anonymität im Internet ab. Das ist der Stein des Anstoßes, Herr Jan F., an dem Sie sich stoßen! Ich habe lediglich meine Meinung über Vermummung im Internet geäußert, und was machen Sie daraus? Sie verwechseln die Ebene rationaler Diskussion mit der (irrational-emotionalen) Beziehungsebene; denn Sie schreiben: "Doch Ihre Äußerungen ‚nicht vorbildlich...' wirken nicht nur oberlehrerhaft, sondern sogar päpstlich."

Es fragt sich, wer hier "oberlehrerhaftes Gehabe" zeigt. Ihre Schutzbehauptungen sind reine Killerphrasen oder Totschlagsargumente, die lediglich aussagen, daß Sie weder von Päpsten noch von Lehrern etwas halten. Sie fühlen sich betroffen, weil Sie selber ebenfalls Ihren Namen verschweigen und vermummt als "Jan F." auftreten. Es ist klar, daß der ebenfalls anonyme "Uwe" in das gleiche Horn stößt. Frau Morin und andere haben schon bemerkt, daß "Uwe" auf bestimmte Fragen keine Antworten gibt. Deshalb vermute ich inzwischen, daß es sich um eine Beschäftigungstherapie oder Arbeitsbeschaffungsmaßnahme mit der Bezeichnung "Uwe-Effekt" handelt. "Uwe" wendet die Stasi-Methode der Zersetzung, d.h. der Gerüchtebildung durch Desinformation an. Ich schrieb: "In Gästebüchern von Zeitungen geht es dagegen noch einigermaßen normal zu." (Pubertäre Umgangsformen, 25.07.2001). Was macht "Uwe" hinterfotzig daraus? "Wenn jemand Diskussionsteilnehmer in Internetforen als nicht ‚normal' bezeichnet, nur weil sie nicht ihren vollständigen Namen preisgeben (richtig?), kann das nicht widerspruchslos hingenommen werden." (Hallo Jan, 27.07.2001). Es ist mir schon klar, daß ich als Vorsitzender des VRS eine bevorzugte Zielscheibe für rechtschreibreformbefürwortende Störer bin.

Herr Jan F., Ihre Gerüchteküche hatte folgende empörte Reaktion Theodor Icklers zur Folge, der leider ungeprüft den Behauptungen eines Anonymus Glauben schenkt und schreibt: "Erstens scheint es mir unangemessen, sich in alles und jedes einzumischen, was irgendwo gesagt und geschrieben wird. Es geht mich nichts an, wie junge Leute sich in ihren Chatrooms ausdrücken. Warum soll ich darüber die Nase rümpfen?"

Das kann ich nur unterschreiben und glaube auch nicht, daß jemand hier arrogant die Nase rümpft. Ich habe auch gar nicht die Zeit, mich in jeden Sinn oder Unsinn in irgendwelchen "Chatrooms" einzumischen. Aber allgemein erinnern darf ich daran, daß es nicht von ungefähr Sprachpflegevereine gibt, die sich bei passender Gelegenheit angemessen um die Pflege der Sprache kümmern sollten. Was sind z.B. "Chatrooms"? Ich halte von diesem Jargon wenig.

Es geht aber - wie gesagt - um etwas anderes, das anonyme Auftreten im Internet.
Ein Beispiel: Das taz-Forum hat aus den negativen Erfahrungen gelernt und ein "abwärtskompatibles Mindestniveau" (Jan F.) festgelegt, um ein "Wildwest" zu verhindern. Die taz verlangt eine Registrierung der Teilnehmer mit Namen und Email-Adresse. "Durch die dann nicht mehr gegebene Anonymität erwarten wir ein verträglicheres Diskussionsklima." - "Falls Forumsbeiträge auch als Leserbrief in der taz erscheinen sollen, bitte Anschrift angeben, ansonsten dürfen wir den Beitrag nicht drucken." - "Eine anonyme Teilnahme an den Diskussionen ist nicht (mehr) möglich, da wir uns durchaus kontroverse, aber sachliche und faire Diskussionen wünschen, für deren Veröffentlichung wir die Verantwortung übernehmen können. Wir bedauern, mit der Registrierung aller Teilnehmer Hürden aufzubauen, auf die wir gern verzichtet hätten. Die Erfahrungen der letzten Monate lassen jedoch leider nur den Schluss zu, dass Regelverletzungen einzelner Teilnehmer nur durch Aufhebung der Anonymität entgegengewirkt werden kann." http://www.taz.de/taz/forum/

Woher wollen Sie übrigens wissen, daß es sich nur um junge Leute handelt? Es kann sich doch auch um kleine und große Kinder handeln, bis hin zu Spätpubertierenden und Alt-68er-Opas.

"Heute tut jeder, was ihm gefällt oder was er für zweckmäßig hält und was alle anderen auch tun. Daraus ist eine neue Ethik entstanden. Alle machen mit, keiner tanzt aus der Reihe. Die Anpassung ist eines der wichtigsten Gesetze diese Welt geworden." Es gibt viele Beispiele für diese "Ethik" der Anpassung. Dazu gehört nicht nur die politische Korrektheit oder die Gleichschaltung der Zeitungen, sondern auch die willfährige Anpassung der Älteren an die Jugend. Ich erinnere mich, daß ein griechischer Philosoph (Plato?) dieses merkwürdige Verhalten näher beschrieb (Kennt jemand den Text und die Quelle?). Das hat etwas mit Gruppenzwang und Mitläufertum zu tun. Willige Vollstrecker der Geschäftemacher sind die Werbefachleute und die Massenmedien. Sie führen vor, wie anonym bleibende Werbetexter das Unterbewußte im Menschen und besonders der Jugend beeinflussen und ihnen Maßstäbe aufzwingen.

Lehrer haben u.a. die Aufgabe, Schüler zu verantwortungsbewußten Staatsbürgern und Demokraten zu erziehen. Dieser Aufgabe können Lehrer nicht gerecht werden - und werden es auch vielfach nicht - wenn sie selber kein Vorbild sind, d.h. wenn sich nicht zivilisiert benehmen, sondern z.B. rauchen und saufen und sich an das Kauderwelsch und die Unerzogenheiten mancher Jugendlicher oder Spätpubertierender anpassen. Lehrer sollten viel Geduld und Toleranz haben und keine Wunder erwarten, denn in der Schule des Lebens findet ein lebenslanger Lernprozeß statt, weil die meisten Menschen oft erst aus Erfahrung klug werden. Siehe oben.


eingetragen von Karl Eichholz am 26.07.2001 um 09.14

Arrow

Lieber Uwe,
wenn ich mich nochmal einmischen darf:

>Und von den Angehörigen der "schreibenden Berufe" kann man auch erwarten,
>dass sie die Rechtschreibung beherrschen. Das gilt aber nicht für den
>alltäglichen Schriftverkehr. Hier muss nicht so viel Wert auf eine korrekte
>Rechtschreibung gelegt werden, wie es in der Vergangenheit bei uns
>praktiziert worden ist.

Immerhin soll der Sinn unverfälscht ankommen, und das Auge des Lesers soll nicht beleidigt werden. (Dies hat natürlich vor allem mit Gewohnheit zu tun. )
Was hilft es uns nun also, daß es „nummerieren“ heißen soll, und zukünftig soll „numerieren“ (wie es vom Wortstamm her übrigens alle anderen Sprachen verwenden) ausdrücklich FALSCH sein?

Wir legen willkürlich fest, daß „links“ zukünftig „rechts“ sei, und „rechts = links“? und für eine Übergangszeit sind natürlich als Kompromiß beide Versionen erlaubt?

Das hilft uns nicht weiter. Vor diesem Scherbenhaufen stehen wir nun ja auch.

„Hängen nicht leben lassen!!“ war die Anweisung des Königs. Leider wurde das Komma nicht originalgetreu übermittelt. Pech gehabt.

Natürlich sind nicht alle Beispiele mit so drastischen Folgen, aber der Trend ist unübersehbar: Wenn niemand den Takt oder das Ideal vorgibt, wird es keinen Maßstab oder Übereinkunft geben, an dem sich der Rest messen läßt.

Wenn der bisherige Qualitätsmaßstab für nichtig erklärt wird durch Leute, die keine Übersicht und Einsicht haben, weil es Leute gibt, die hiermit nicht zurechtkommen: dann wird das Mittelmaß zum Ideal.

Übertragen Sie dieses Beispiel doch mal auf die Wirtschaft:

In Deutschland werden sieben unterschiedliche Automarken hergestellt, die alle weltweit höchste Geltung haben. Natürlich wissen wir, daß ein Opel nicht das gleiche ist wie ein Mercedes. Aber man darf vielleicht sagen daß ein Mercedes einer Vorgeneration mit einem Opel von heute vergleichbar ist? Mercedes gibt den Takt an. So war es und so wird es wohl auch eine ganze Weile noch bleiben. Mercedes ist ja nicht für sich genommen ein Wertmaßstab, es ist schlicht ein Name, der damals zur Hand war. Aber heute sieht man, daß „Mercedes“ gleichbedeutend ist mit „Fokus auf höchste Qualität“, weil dort Leute versammelt sind, die die Qualität als ihr Ideal sehen, und nicht rasten noch ruhen, das gute noch besser zu machen. Mercedes steht für ständige Fortentwicklung. Das sieht man beispielsweise mal dann, wenn man ein Fahrzeug aus dem Ende der Serie mit Teilen aus dem Anfang der Serie reparieren will. Es geht nicht, denn das Auto ist komplett anders. Nur außen sieht es gleich aus. (Man möge mir die Werbung für den Namen verzeihen, ich habe keine Aktien dort und keinen Onkel)

Im übertragenen Sinne würde man jetzt hingehen und sagen: Qualität is nich. Das Mittelmaß regiert ab heute. Wir haben so viele Autohersteller hier, die mit der Qualität Probleme haben, wir müssen ein anderes Ziel vorgeben. Innovation ist nicht gefragt, das ist doch alles überkommene Tradition. Wir wollen die Wertmaßstäbe so setzen, daß auch Hans und Franz ein Auto zu bauen in der Lage sind, welches den Anforderungen genügt.

Dann gehen wir doch in den Kuhstall, lassen die Politik von dort regieren. (übrigens ein heißes Beispiel, es wäre gar nicht mal gesagt, daß wir damit schlechter führen als heute)


__________________

mit herzlichen Grüßen
Karl Eichholz


eingetragen von Theodor Ickler am 26.07.2001 um 07.54

Offenbar haben Uwe und ich sehr ähnliche Auffassungen, Aber warum kann er sich nicht von der Vorstellung einer "amtlichen" Rechtschreibung lösen? Da hört die Liberalität für meinen Geschmack zu früh auf.
Es gibt da auch eine ganz praktische Überlegung. Wenn man die Verhaltensweise der Kultusbürokratie über die Jahrzehnte hin verfolgt, wird man sagen: Über nummerieren/numerieren usw. läßt sich viel leichter eine Einigung erzielen, wenn die Rechtschreibung nicht "amtlich" geregelt ist.

Die Verstaatlichung dieses Teils der Sprache widerspricht auch dem Grundsatz der Subsidiarität: den Staat aus allem herauszuhalten, was die Bürger besser allein erledigen können. Die Sprache gehört zweifellos dazu. Die Vorstellung von Weisgerber (NSDAP) und Nerius (SED), daß der Staat dem Sprachvolk Beine machen müsse, wenn es seiner "Verantwortung für die Schrift" nicht gerecht werde, ist eine totalitäre Phantasie, von der wir uns allmählich freimachen sollten.
__________________
Th. Ickler


eingetragen von uwe am 26.07.2001 um 06.09

zunächst einmal vielen Dank dafür, dass auch du den Ansichten eines Herrn Riebe widersprochen hast. Wenn jemand Diskussionsteilnehmer in Internetforen als nicht "normal" bezeichnet, nur weil sie nicht ihren vollständigen Namen preisgeben (richtig ?), kann das nicht widerspruchslos hingenommen werden. Auch von anderen Teilnehmern dieses Forums hätte ich mir diesbezüglich eindeutige Stellungnahmen gewünscht.

In der Sache liegen wir nicht weit auseinander. Selbstverständlich sollten Zeitungen, Buchverlage usw. bestrebt sein, eine hochwertige und fehlerfreie Rechtschreibung zu publizieren. Und von den Angehörigen der "schreibenden Berufe" kann man auch erwarten, dass sie die Rechtschreibung beherrschen. Das gilt aber nicht für den alltäglichen Schriftverkehr. Hier muss nicht so viel Wert auf eine korrekte Rechtschreibung gelegt werden, wie es in der Vergangenheit bei uns praktiziert worden ist. Und was mich ganz besonders stört, ist das oberlehrerhafte Verhalten einiger Mitmenschen in puncto Rechtschreibung (wie in diesem Forum z. B. von Herrn Riebe praktiziert).

So, was hat das ganze jetzt mit der Rechtschreibreform zu tun ? Nach meinem persönlichen Eindruck hat die RSR dazu beigetragen, dass nicht mehr ganz so viel Wert auf eine korrekte Rechtschreibung gelegt wird (vermutlich ein unerwünschter Nebeneffekt). Für die Zukunft würde ich mir wünschen, dass Rechtschreibregeln noch weiter liberalisiert werden. Warum kann man nicht sowohl "nummerieren" als auch "numerieren" als amtlich zugelassene Schreibweise gestatten. Und auch die Kommasetzung bedarf nicht solch tief greifender Regelungen wie heute.

Uwe


eingetragen von Theodor Ickler am 26.07.2001 um 03.18

Was Jan schreibt, ist völlig meine Meinung. Erstens scheint es mir unangemessen, sich in alles und jedes einzumischen, was irgendwo gesagt und geschrieben wird. Es geht mich nichts an, wie junge Leute sich in ihren Chatrooms ausdrücken. Warum soll ich darüber die Nase rümpfen? (Als Sprachwissenschaftler habe ich allenfalls ein Sonderinteresse daran.) Zweitens kann Sprachkritik und -pflege sich sowieso nur auf bestimmte Bereiche beziehen, weil es keinen allgemeinen Maßstab gibt, nach dem sich die unendliche Vielfalt sprachlicher Betätigung beurteilen ließe. Meiner Meinung nach kann es allenfalls eine bestimmte Art von Sachprosa sein, worauf wir uns mit Kritik und Hilfestellung einlassen. Also eine "Zwecksprache", die beizubringen auch die Aufgabe des Schulunterrichts ist. Ich würde sogar noch ein Schrittchen weitergehen: Es braucht den Ozean der anderen Sprachformen, damit sich diese Zweckprosa überhaupt definieren läßt.
Gegen Belästigungen darf man sich wehren. Aber die Texte, um die es hier geht, drängen sich ja gar nicht auf, sondern man wählt sich ein.
Ich habe auch nichts dagegen, daß andere Leute sich untereinander im Schutz der Anonymität unterhalten. Für mich selber lehne ich das allerdings ab.

__________________
Th. Ickler


eingetragen von Jan am 26.07.2001 um 01.17

Exclamation

Manfred Riebe schrieb:
>mir ist bekannt, daß die Umgangsformen in manchen Internetforen nicht >vorbildlich, sondern geradezu pubertär sind, weil die verantwortlichen Betreiber >stillschweigend eine Art Wildwest-Verhalten in ihrem "Saloon" dulden. Daß die >Vermummung und das Duzen fremder Leute im Internet verbreitet sind, ändert >nichts an der Tatsache, daß es sich um eine Unsitte handelt.

Lieber Herr Riebe,

daß sie in einem jugendlichen Forum, in dem jedes 2. Wort "FICKEN" ist, keine Diskussionsgrundlage sehen, toleriere ich.

Doch Ihre Äußerungen "nicht vorbildlich..." wirken nicht nur oberlehrerhaft, sondern sogar päpstlich.

Was erwarten Sie denn von den Jugendlichen? Bleiben Sie doch mal realistisch! Falls alle Internetforen überwacht werden würden, so daß sich alle nur noch siezen und ihre Asympathie durch "Sie sind mir unsympathisch" anstatt durch "blödes Arschgesicht" ausdrücken dürften, was würden die Jugendlichen dann wohl machen? Sie würden ganz bestimmt nicht tugendhafter werden, sondern sich ihre vulgären Ausdrücke über andere Kommunikationsmedien um die Ohren werfen.

Sie werden sich wundern, aber inmitten dieses "Sündenpfuhls" gibt es auch sinnvolle Fragestellungen, die den Lernprozeß dieser jungen Menschen widerspiegeln.

Diese Leute werden vielleicht einmal die Früchte unseres Bestrebens ernten, eine hochwertige deutsche Schriftsprache wiederherzustellen.

Nur: Durch Ihr oberlehrerhaftes Gehabe schert Sie der Jugendliche mit den Kultusministerium über einen Kamm. Für ihn gibt es nur eine Assoziation: Verordnungswahn...Obrigkeit...Vorschriften

Ich ignoriere einfach "FICKEN&Co" und komme zur Sache. Sie werden es nicht glauben, was für sinnvolle Dialoge entstehen können.


__________________
mfg
Jan
mehl-mir-mal@spray.net


eingetragen von Jan am 25.07.2001 um 23.26

Lightbulb

Re: Pragamtismus
Geschrieben von: Jan
Datum: Donnerstag, 26. Juli 2001, um 23:46 Uhr

Als Antwort auf: Re: Pragamtismus (uwe)

: Guck dir doch mal die Schriftsprache in unserer
: Informationsgesellschaft an. Was zählt da
: noch die korrekte Rechtschreibung ?
: Hauptsache ist doch, man wird verstanden.

Du mußt 2 Dinge unterscheiden: Die Ansprüche einzelner Leser und den Qualitätsstandard.

Ich plädiere eindeutig für eine Abwärts-Kompatibilität, um mal einen Vergleich zur Technik zu bringen.

Gemeint ist folgendes: Wenn die Verlage eine qualitativ hochwertige Schriftsprache verwenden, kann sie dann der anspruchslose Leser nicht mehr verstehen? Doch! Der anspruchlose Leser wird die höhere Qualität gar nicht bemerken, weil er den Text ohnehin nur überfliegt oder nur die Überschriften liest. Der Text in hochwertiger Schriftsprache ist also a b w ä r t s k o m p a t i b e l. Er stellt eine breitere Nutzerschicht zufrieden: Dem anspruchslosen Leser ist es Wurscht, ob er "Bahn brechenden Missstand" oder "bahnbrechenden Mißstand" liest, und dem anspruchsvollen Leser wird es nicht schlecht beim Lesen.

Damit wäre allen gedient. Bei den Verlagen (bzw. professionellen Schreibern) liegt die Verantwortung, ein hochwertiges Produkt abzuliefern.

In einem gebe ich Dir recht: Selbstverständlich kann jeder so schreiben, wie er möchte. Aber hast Du Dir schon mal darüber Gedanken gemacht, daß alles, was wir in unserer Umwelt lesen, unser eigenes Schreibvermögen prägt? Damit sind wir wieder bei der Verantwortung der Printmedien, ein gewisses abwärtskompatibles Mindestniveau vorzugeben.

Anschauliches Beispiel aus der Technik: Angenommen, Du kaufst Dir im Laden einen Videofilm. Dein Videorecorder ist ein Dinosaurier, Baujahr 1991, Dein Fernseher ein Schwarzweiß-Portable, Baujahr 1985. Der technische Standard, mit dem der Film auf das Band verewigt wurde, ist jedoch hochmodern: Dolby-Surround, HiFi-Stereoton u.s.w.

Spielt Dein alter Videorecorder das Video noch ab? Ja! Die hohen technischen Standards sind abwärtskompatibel!

Profitierst Du von den hohen technischen Standards? Nein, Du wirst sie gar nicht bemerken. Der Ton wird genauso aus dem kleinen Lautsprecher quäken, wie Du es bisher gewohnt warst. Es ist Dir in dem Moment sch***egal, ob das Video mit Dolby-Surround aufgezeichnet wurde oder nicht. Hauptsache, Du kannst Dir den Film überhaupt anschauen. Entstehen Dir durch den hohen technischen Standard irgendwelche Nachteile? Nein!

Dein Nachbar hat bemerkt, daß Du Dir den Film gekauft hast und lädt Dich zu einem Filmabend ein. Er besitzt einen Großbildfernseher mit Dolby-Surround-Anlage. Plötzlich bist Du froh, daß es den hohen Qualitätsstandard gibt. Die Filme, die Du mit Deinem alten Videorecorder aufgezeichnet hast, klangen auf der Dolby-Surround-Anlage Deines Nachbarn nämlich fast genauso besch*** wie auf deinem Schwarzweiß-Portable.

Nach der Logik der Kultusminister hätter der hohe technische Standard wieder abgeschafft werden müssen, damit die Besitzer alter Videorecorder gegenüber den Dolby-Surround-Anlagen-Besitzern nicht benachteiligt sind. Außerdem würde dann die Würde derjenigen, die minderwertige Videoaufzeichnungen an Dolby-Surround-Anlagen-Besitzer verleihen, nicht verletzt werden.

Ich hoffe, jetzt hat´s bei Dir "Klick" gemacht.

bis denn
Jan



mfg
Jan


__________________
mfg
Jan
mehl-mir-mal@spray.net


eingetragen von Klaus Malorny am 25.07.2001 um 12.03

Herr Cassens,

bitte lassen Sie das Wiederholen der immer gleichen Phrasen. Sie gehen wohl nach dem Motto vor: Jetzt fällt mir keine Erwiderung zu der Argumentation der Gegner mehr ein, also fange ich einfach wieder von vorne an. Das ist einfach nur noch langweilig. Wenn anderes so viel wichtiger ist, dann kümmern Sie sich doch lieber darum!


eingetragen von uwe am 25.07.2001 um 09.09

Vielen Dank für Ihre Botschaft, Christian Melsa. Es gibt anscheinend doch noch Personen in diesem Forum, mit denen man sich sachlich auseinandersetzen kann. Ich hatte da schon meine Zweifel.

Für mich persönlich ist die Rechtschreibung nebensächlich. Nun gestehe ich jedem zu, dies anders zu sehen und Wert auf eine korrekte Rechtschreibung zu legen. Dies rechtfertigt aber nicht die Unsitte, andere wegen einer fehlerhaften Rechtschreibung zu kritisieren oder zu korrigieren. Aber das ganze hat mit der Rechtschreibreform nicht viel zu tun, abgesehen davon, dass die Reform vielleicht dazu beigetragen hat, diese Unsitte etwas einzudämmen.

Zurück zur Rechtschreibreform. Was war das eigentlich, die Rechtschreibreform ? Die Kultusminister der Länder haben per Erlass den Schulen und den nachgeordneten Behörden aufgegeben, geringfügig veränderte Rechtschreibregeln anzuwenden. Ein ganz normaler Vorgang, völlig legitim (wie ja auch vom Verfassungsgericht bestätigt). Nun lag es an den Menschen, den Zeitungen und Verlagen, ob sich diese Schreibweise durchsetzt. Sie hat sich durchgesetzt. Egal ob ich Werbeprospekte, Zeitungen oder Bücher betrachte, überall begegnet mir die neue Rechtschreibung. Dass eine neue Schreibweise zunächst fehleranfällig ist, halte ich für ganz normal. Und ob sie besser oder schlechter ist als die alte Schreibweise, darüber kann man lange streiten.

Aus all dem ziehe ich den Schluss, dass es völlig sinn- und nutzlos ist, gegen die RSR zu kämpfen. Zumal es deutlich wichtigere Dinge gibt, für oder gegen die es sich zu kämpfen lohnt (Stichworte: Klimawandel, Globalisierung usw.). Ich frage mich manchmal, was würde das Ausland über uns denken, wenn es solche Diskussionen verfolgen würde. "Die spinnen doch die Deutschen" oder "Haben die sonst keine Sorgen?".

Das war jetzt eigentlich ein gutes Schlussresümee. Soll aber nicht heissen (speziell für Hern Riebe eingebaut, damit er meine Fehlersammlung erweitern kann), dass ich micht nicht wieder zu Wort melde, wenn weitere Beiträge nach einer Zugabe schreien.

Uwe


eingetragen von Klaus Malorny am 25.07.2001 um 07.48

Lieber Herr Metes,

der ganze Vorgang müßte irgendwo im Gästebuch dokumentiert sein, zusammengefaßt jedoch soviel: Eines Tages erschien in der SZ ein Artikel komplett in unserer guten Rechtschreibung, und dann auch noch von einem Redakteur, der wohl schon vor längerer Zeit auf üble Art über die Gegner hergezogen ist. Wir alle hatten uns doch sehr gewundert, wie das zustande kam und was das zu bedeuten hatte. Jemand (ich glaube, Herr Ickler war's) fragte bei der Zeitung nach. Dabei kam heraus, daß der entsprechende Redakteur angeblich vergessen hatte, den Text durch den Dummdeutsch-Konverter laufen zu lassen, und daß es dort gängige Praxis wäre, in "alt" zu schreiben und dann nach "neu" zu konvertieren.

Der Haß, von dem ich sprach, mag durch den Schritt der FAZ verstärkt worden sein, war aber mit Sicherheit vorher schon vorhanden. Die Artikel* gegen die Gegner der Reform zeugen davon, sie sind polemisch, verblendet und führen die verlogenen Argumente der Reformer auf - einer doch im allgemeinen hoch angesehenen Tageszeitung absolut unwürdig.

* müßten sich ebenfalls im Archiv von http://www.rechtschreibreform.com befinden, jedoch ist nach meiner Kenntnis z.Zt. nicht das komplette Archiv durchsuchbar.


eingetragen von Christian Melsa am 25.07.2001 um 07.47

Es hat zwar auch die Lesbarkeit für sich allein schon durch die Reform keineswegs gewonnen. Wörter wie "Schlussstrich" verwirren, es ist nicht mehr optisch komfortabel, wie bei "Schlußstrich", die Wortfuge erkennbar. Ein anderes Beispiel wären die neuen Regeln für Worttrennung am Zeilenende. Viel schwerer als die Lesbarkeit hat aber die Verständlichkeit gelitten, was zudem auch viel schwerer wiegt, gemäß dem von Uwe selbst erwähnten Grundsatz: Auf den Inhalt kommt es an. Das heißt nicht, daß Texte in neuer Rechtschreibung nun etwa wegen ihrer Schriftnorm völlig unverständlich seien, es ist aber in vielen Fällen mehr Mühe aufzuwenden, bis man den Sinn von Wörtern und Sätzen als Leser durchschaut. In den meisten Einzelfällen handelt es sich nur um leichte Erschwernisse, die aber in der Summe dann doch wieder recht verdrießlich sind.

Nach allen objektiven Kriterien fundierter Sprachwissenschaft, die man zur Bewertung der Güte einer Orthographienorm anführen kann, ist die neue Rechtschreibung der alten unterlegen. Sie bringt weder verbesserte Lesbarkeit, noch bessere Verständlichkeit, noch bessere Instrumente des präzisen, semantisch pointierten Ausdrucks, und zu allem Überfluß ist sie bei alledem nicht einmal einfacher lernbar! Warum ausgerechnet für eine (wenn auch auf den ersten Blick nur schwache) Verschlechterung einer Sprachtechnik die Demokratie aufs arroganteste vergewaltigt werden muß, ist mir unbegreiflich. Solche Tatsachen deuten nicht gerade auf verantwortungsvolle Ausübung anvertrauter Ämter durch ihre Besitzer hin, und genau diese Folgerung läßt mir die Rechtschreibreform in so fatalem Licht erglühen. Wenn man sich ans Dritte Reich erinnert fühlt, dann deshalb, weil in der dortigen Propaganda auf ähnliche Weise absurde Ideologien ins Volk gestreut wurden, deren Behauptungen keiner genaueren Analyse standhalten konnten, oberflächlich aber im Kontext des aktuellen Zeitgeistes stimmig erschienen und von vielen mit Genugtuung bejaht wurden. Kritiker wurden, gelinde gesagt, als Spielverderber betrachtet. Heute befinden wir uns zwar in der glücklichen Lage, ohne Angst vor Verfolgung Lügengebäude bekämpfen zu können, doch muß man schon mit Besorgnis erkennen, daß weite Teile der Presse, der sogenannten "Vierten Gewalt", offenbar die Parole ausgerufen haben, Reformgegner der durch diese Presse rezipierenden Öffentlichkeit als lächerliche Windmühlenbekämpfer, fortschrittsfeindliche Ewiggestrige, muffige Bequemlichkeitskonservative, lernunfähige Querulanten darzubieten. Wie lässig dabei mit Kategorien wie Wahrheit, Investigativität, Aufklärungsethos umgesprungen wird, ist bei vielen dieser Presseorgane, deren Ruf eigentlich anderes erwarten lassen sollte, nicht nur enttäuschend, sondern geradezu beschämend. Wenn auf diese Weise faule Ideologien überleben und sich in der allgemeinen Praxis verankern können, die einer aufgeklärten, offenen Argumentation kaum standhalten würden, dann ist das einfach eine beängstigende Entwicklung (für die die Rechtschreibreform leider nur ein Beispiel unter vielen, jedoch ein sehr extremes ist).

Abschließend: Mag sein, daß Rechtschreibung aus bestimmten Blickwinkeln als Nebensächlichkeit anzusehen ist. Zunächst ist aber eine Nebensache immer noch alles andere als völlig egal. Und weiters darf man nicht vergessen, daß Rechtschreibung ein nicht unwesentlicher Aspekt einer kultivierten Schriftsprache ist, wenn nicht gar dessen vollendende Komponente (nicht nur im Sinne von Ästhetik, die ja Geschmackssache sein kann, sondern auch kommunikativer Funktionalität, der Optimierung dessen, wozu Sprache überaupt existiert). Nicht jeder muß diese Kunst beherrschen, genau wie nicht jedes Inviduum einer kultivierten Gemeinschaft ein perfekter Bildhauer sein muß. Sobald aber sich eine Staatsinstanz anmaßt, die Maßstäbe solcher Kultur bzw. Kulturtechniken, gar altbewährte Konventionen tragender Kommunikationstechniken gegen das Volk umnormieren zu wollen, ist Wachsamkeit geboten, gegebenenfalls auch Widerstand. Und dies ganz besonders, wenn Objekt der Manipulation etwas für den menschlichen Geist derart zentral Bedeutendes wie die differenzierte Sprache ist.


eingetragen von Theodor Ickler am 25.07.2001 um 03.12

Das trifft im wesentlichen zu. Auch bei der Süddeutschen Zeitung ist die große Mehrheit der Redakteure von Anfang an gegen die Reform; das weiß ich durch mehrere Informanten unabhängig voneinander. Ob Winkler wirklich anderer Meinung ist und welchen Einfluß er allenfalls hat, entzieht sich meiner Kenntnis. Ich würde ihn aber nicht allzu hoch veranschlagen. Nicht verstanden habe ich auch, warum Joachim Kaiser nichts bewirken konnte oder wollte.
Bei der FAZ hat man längst eingesehen, daß es ein Fehler war, den Weg der Vernunft allein zu gehen. Andererseits fürchtete man vielleicht, durch frühzeitiges Bekanntgeben eines entsprechenden Planes Gegenkräfte zu mobilisieren. Daß Profilierungswünsche bei der FAZ eine nennenswerte Rolle gespielt haben könnten, ist mir nicht bekannt. Eine gewisse Unabhängigkeit war natürlich Voraussetzung.
Mir ist auch immer wieder mal zu Ohren gekommen, wie man bei anderen Zeitungen über die Reform denkt: genau wie wir - selbstverständlich! Es ist ja allzu offensichtlich, daß die Reformschreibung falsch und schlecht ist. Dies offen einzugestehen und zugeben zu müssen, daß man ohne Not eine solche Lächerlichkeit mitgemacht hat, fällt natürlich schwer.
__________________
Th. Ickler


eingetragen von Jörg Metes am 24.07.2001 um 22.13

Lieber Herr Malorny,
dieses Malheur bei der Süddeutsche Zeitung, das Sie erwähnen: Wie genau sah das aus? Und wann genau hat es sich ereignet? Das würde mich interessieren!
- Sie erwähnen den "Haß" der SZ auf die Gegner der Rechtschreibreform. Ich habe die Vermutung: Es handelt sich eher um einen Haß auf die FAZ. Mit größter Wahrscheinlichkeit ist die neue Rechtschreibung den SZ-Redakteuren ja nicht weniger zuwider als den Redakteuren der FAZ. Aber die FAZ hat die Konsequenz daraus gezogen. Die FAZ ist so souverän, daß sie das kann. Die SZ ist es nicht. Die SZ muß darüber hinaus verkraften, daß die FAZ ihr eben erst wieder eine ganze Reihe von Redakteuren und Autoren abgeworben hat. Auch Willi Winkler - meines Wissens der Hauptagitator der SZ gegen die Reformgegner - würde natürlich zur FAZ wechseln, wenn die ihn denn nur wollte. Speziell für einen Feuilletonjournalisten ist die FAZ in Deutschland nun mal das Maß aller Dinge. Der SZ geht es nicht um die Rechtschreibung, sondern darum, das Gesicht zu wahren. Es wäre für sie unmöglich gewesen, im Windschatten der FAZ zur alten Rechtschreibung zurückzukehren. Eine mit der FAZ koordinierte gemeinsame Rückkehr hätte die SZ (genau wie die NZZ) möglicherweise sogar unternommen. Ich spekuliere hier nur. Aber der FAZ dürfte es bei ihrem Schritt gleichfalls nicht nur um die Sache, sondern auch um die eigene Herrlichkeit gegangen sein - weshalb sie eben die Rückkehr als Überraschungscoup inszeniert hat.
(Oder verspekuliere ich mich hier völlig? Herr Ickler? Haben Sie diesbezüglich Informationen, die ich nicht habe?)
So dankbar ich der FAZ bin - ich habe den Verdacht, daß noch andere Blätter am 1.8.2000 dabeigewesen wären, wenn die FAZ sie nur zum Mitmachen eingeladen hätte.


eingetragen von Ursula Morin am 24.07.2001 um 15.32

Ich weiß nicht, ob es Sinn macht, hier noch einmal auf Uwes Äußerungen einzugehen. Ich bekomme leider keine direkten Antworten auf meine Argumente. Wenn man in einem Forum für Rechtschreibung dieselbe als "Nebensache" deklariert, kann man in der Diskussion natürlich nicht weiterkommen.

Um die Situation zusammenzufassen, könnte man vielleicht darauf aufmerksam machen, daß ich mich nun als "Altschreiber" vor Korrekturen fürchten muß, während es früher Leute wie Uwe waren, die davon betroffen waren und somit nun im Vorteil sind. Ganz gerecht ist die Situation aber trotzdem nicht, weil die Korrekturen in meinen abgelieferten Texten nun völlig beliebig und von mir nicht vorhersehbar sind, während es für Uwe früher gereicht hätte, gelegentlich den Duden zur Hand zu nehmen. Ich hingegen habe inzwischen vier Wörterbücher nach "neuer" Rechtschreibung, die sich leider alle unterscheiden. Welche Wörterbücher meine Korrektoren benutzen weiß ich, z.B. bei Pressemitteilungen, leider überhaupt nicht. Auch Uwe wird einsehen, daß dies eine - täglich erneut frustrierende - Situation ist.

Der Hinweis, daß es sich hier um eine "Nebensache" handelt, würde bei meinen Kunden wahrscheinlich ganz schlecht ankommen. Aber vielleicht hat Uwe ja einen "Tipp", wie ich mich hier aus der Klemme ziehen könnte? Er würde damit einen wertvollen Diskussionsbeitrag liefern.


eingetragen von Theodor Ickler am 24.07.2001 um 15.26

Wer früher die Rechtschreibnug perfekt beherrschte, beherrscht auch die reformierte; wer jene nicht beherrschte, beherrscht auch diese (erst recht) nicht. Das ist beweisbar.

Übrigens gilt Entsprechendes auch für Schüler: die guten bleiben gut, die anderen werden es auch durch die Neuschreibung nicht. Das bedarf aber nun wirklich keines Beweises, es versteht sich von selbst.

Uwe beherrscht natürlich beide nicht, aber das soll kein Vorwurf sein, denn gerade ich habe in dieser Hinsicht immer für Nachsicht plädiert. Es muß ja außer Profis noch ein paar Laien geben.
__________________
Th. Ickler


eingetragen von uwe am 24.07.2001 um 15.21

Ich habe mich schon an den "Weissen Ring" gewandt.

Aber wenn ich es mir recht überlege, sind doch eher diejenigen die Opfer, die früher die Rechtschreibung perfekt beherrscht haben. Sie wurden um ihr einziges Wissensgebiet beraubt. Schade, schade!

Uwe


eingetragen von Theodor Ickler am 24.07.2001 um 15.00

Natürlich kann jeder schreiben, wie er will, und man tut es ja auch, jedenfalls in gewissen Kreisen und "Chat-Rooms". Nur hat das mit Rechtschreibung nichts zu tun - wenn ich darum bitten darf, einmal einen Augenblick über den Sinn dieses Wortes nachzudenken. Damit erübrigt sich jeder weitere Kommentar zu den, wie ich hoffen will, nur ein bißchen naiven Äußerungen von Herrn Uwe.
__________________
Th. Ickler


eingetragen von Manfred Riebe am 24.07.2001 um 14.47

Mit seinem Bekenntnis, die Rechtschreibung sei doch nur eine reine Form- und Nebensache, erntet Uwe Cassens Widerspruch. Der von Matthias Dräger so genannte "Uwe-Effekt" lautet sinngemäß:

Ich, Uwe Cassens, schreibe nach der neuen ß/ss-Regel. Das ist nämlich die neue Rechtschreibung. Und da keiner so richtig weiß, was die "neue Rechtschreibung" eigentlich ist, mache ich auch praktisch keine Fehler mehr. Ich genieße Narrenfreiheit!
uwe.cassens@web.de

Ich stelle einige Originaltöne von Uwe Cassens zusammen:
"Im Fritzboard unter http://www.fritz.de diskutieren Sie mit vielen anderen, die noch nicht einmal ihren Namen Preis geben, (...) Ach so, dass ist nicht normal, (...) Vielleicht kann Herr Riebe einmal auflisten, was er sonst noch alles nicht normal findet. (...) Apropos Banausenschreibe: Wenn man sie so bezeichnen will, habe ich sie hier zum ersten Mal angewandt."

Ich finde, die Schreibweisen "Preis geben" und "dass" sind nicht normal. Es handelt sich aber keineswegs um die Banausenschreibe, sondern um eine Beliebigkeitsschreibung, die durch Interferenzen entsteht. Uwe Cassens gehört somit zu den Opfern der sogenannten Rechtschreibreform.


eingetragen von uwe am 24.07.2001 um 13.29

dem kann ich nicht so ganz zustimmen. Zum einen ist die Anzahl der Änderungen so gering, dass dadurch kaum die Lesbarkeit beeinträchtigt werden kann, zum anderen sind wir halt die alte Schreibweise noch gewohnt.

Uwe

Nebenbei bemerkt:
Mich würde ernsthaft interessieren, ob die Meinung von Herrn Riebe (siehe zurückliegende Forumsbeiträge) in diesem Forum Zustimmung findet.


eingetragen von Thomas Paulwitz am 24.07.2001 um 12.44

Die Sache hat nur einen Haken: Durch die Verneuschreibung wird der Inhalt des Geschriebenen schwerer lesbar und schwerer verständlich. Ich trage lieber einen Gürtel als daß ich meine Hose so locker trage, daß sie ständig rutscht. Ich möchte kein Kaiser ohne Kleider sein.

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von uwe
Was ich damit sagen will: Die Rechtschreibung ist doch reine Formsache. Auf den Inhalt kommt es an. Es bringt uns doch nicht weiter, wenn jedermann in der Lage ist, Schriftstücke in penibel korrekter Rechtschreibung zu verfassen, aber der Inhalt unbrauchbar ist. Auch bei Zeitungsartikeln, Büchern etc. ist es mir wichtig, dass der Inhalt stimmt. Die Rechtschreibung ist doch reine Nebensache.

Uwe



eingetragen von uwe am 24.07.2001 um 12.29

Sie haben doch verstanden, was ich mit den Worten "Preis geben" ausdrücken wollte. Schreiben dient dem Zweck, sich schriftlich mitteilen zu können. Und nur darauf kommt es an.

Es gibt Menschen, die eine fehlerhafte Aussprache haben. Auch sie können sich mitteilen. Keiner würde auf die Idee kommen, diese Menschen zu korrigieren (Kinder mal ausgenommen).

Bei der Rechtschreibung ist das anders. Hier fühlen sich viele berufen, Rechtschreibfehler zu korrigieren. Hiermit meine ich nicht Sie, liebe Frau Morin. Ich will das mal an einem Beispiel verdeutlichen:

Ich hatte einen Vorgesetzten, der in Schriftstücken, die von mir verfasst wurden, stets klitzkleine Rechtschreibfehler (vor allem Zeichensetzung) fand und diese korrigierte. Ich fand das unverschämt. Die RSR hat diesen Menschen so verunsichert, dass er sich seitdem (fast) keine Korrekturen mehr zutraut.

Was ich damit sagen will: Die Rechtschreibung ist doch reine Formsache. Auf den Inhalt kommt es an. Es bringt uns doch nicht weiter, wenn jedermann in der Lage ist, Schriftstücke in penibel korrekter Rechtschreibung zu verfassen, aber der Inhalt unbrauchbar ist. Auch bei Zeitungsartikeln, Büchern etc. ist es mir wichtig, dass der Inhalt stimmt. Die Rechtschreibung ist doch reine Nebensache.

Uwe


eingetragen von Ursula Morin am 24.07.2001 um 10.58

Lieber Uwe,
das Fatale an der Reform ist ihre prinzipielle "Unlernbarkeit", wofür Sie mit "einen Namen Preis geben" das beste Beispiel abgeben. Man sollte Ihnen dafür wirklich einen Preis geben. Das Verb "preisgeben" in der Bedeutung "enthüllen" schreibt sich nach wie vor (oder wenigstens wieder) zusammen (siehe Bertelsmann 2000).

Natürlich werden Sie diesen Hinweis als schulmeisterhaft empfinden. Ich kann aber nur bedauern, daß man Ihnen mit der "alten" Rechtschreibung auch gleich die Kenntnis der deutschen Grammatik ausgetrieben hat. Und natürlich verstehe ich, daß es eine Erleichterung sein kann, wenn Fehler so überhandnehmen, daß die eigenen gar nicht mehr auffallen. Aber kann das wirklich der Sinn einer als innovativ gepriesenen Reform sein?

Ich finde es inzwischen peinlich, dabei zuzusehen, wie viele meiner Landsleute quasi ohne Kleider herumstolzieren und ihr mangelndes Sprachverständnis so ganz ungeniert zur Schau stellen ... Nun ja, im 18. Jahrhundert hat man auch die Scheiße aus dem Fenster auf die Straße gekippt und sich weiter nichts dabei gedacht, weil das die anderen auch getan haben. Aber - zum Himmel gestunken hat es trotzdem!




eingetragen von Manfred Riebe am 24.07.2001 um 07.30

Sehr geehrter Herr Uwe Cassens,

woher wollen Sie wissen, daß es sich um junge Leute handelt? Es kann sich doch auch um kleine und große Kinder handeln, bis hin zu Spätpubertierenden und Alt-68er-Opas.


eingetragen von uwe am 24.07.2001 um 07.13

Ach so, dass ist nicht normal, wenn junge Menschen in Internetforen lebhafte Diskussionen führen, nur weil sie nicht ihren vollständigen Namen, ihren Wohnort, ihren Beruf, ihr Alter usw. angeben. Vielleicht kann Herr Riebe einmal auflisten, was er sonst noch alles nicht normal findet. Wäre sicher sehr aufschlussreich.

Ich hoffe die Ansichten von Herrn Riebe sind nicht die Mehrheitsmeinung in diesem Forum. Würd' mich mal interessieren.

Uwe


eingetragen von Manfred Riebe am 24.07.2001 um 06.24

Sehr geehrter Herr Uwe Cassens,

mir ist bekannt, daß die Umgangsformen in manchen Internetforen nicht vorbildlich, sondern geradezu pubertär sind, weil die verantwortlichen Betreiber stillschweigend eine Art Wildwest-Verhalten in ihrem "Saloon" dulden. Daß die Vermummung und das Duzen fremder Leute im Internet verbreitet sind, ändert nichts an der Tatsache, daß es sich um eine Unsitte handelt. Mit guten Umgangsformen oder gar verantwortungsbewußter demokratischer Meinungsäußerung hat das nichts zu tun.

Ich fühle mich an den Vandalismus minderjähriger pubertierender Schüler erinnert, die ihre Schultische und -wände vollschmieren. Wenn Lehrer sich allerdings darum drücken, Aufsicht zu führen und lieber wegschauen, geht es natürlich noch schlimmer zu. Wo die Aufsichtspflichten nicht genügend wahrgenommen werden, lassen sich nur wenige ernstzunehmende Diskutanten blicken. Auch ich habe dementsprechend in http://www.fritz.de/ nicht diskutiert, sondern lediglich Hinweise auf ernstzunehmende Netzseiten hinterlassen. In Gästebüchern von Zeitungen geht es dagegen noch einigermaßen normal zu.


eingetragen von uwe am 24.07.2001 um 05.36

Ich hoffe, Herr Riebe, Sie haben sich ein wenig umgeschaut bei Ihrem Gastspiel im fritzboard. Die wenigsten nennen dort ihren Namen. So sind nun mal die Spielregeln von Internet-Foren und genau das macht auch ihren Reiz aus. Wer das noch nicht verstanden hat, sollte seinen Internet-Zugang wieder kappen und in altdeutscher Schrift seine Memoiren verfassen. Entschuldigung, aber das musste jetzt mal sein.

Uwe


eingetragen von Manfred Riebe am 23.07.2001 um 21.21

Die "Haltet-den-Dieb-Methode" ist uralt und ist wirklich scheinheilig. Ich nenne in einer fremden Internetseite: http://www.fritz.de/cgi-bin/fritzboard.pl?read=17109, meinen Vor- und Nachnamen, meine E-Mail-Adresse und zwecks Aufklärung unsere Netzseiten, darunter meine eigene: http://www.raytec.de/rechtschreibreform/ und mache eine Literaturangabe: Birken-Bertsch, Markner: Rechtschreibreform und Nationalsozialismus.
Sie dagegen schleichen maskiert oder vermummt in fremden Internetseiten herum. Das ist der feine Unterschied.


eingetragen von Thomas Paulwitz am 23.07.2001 um 14.48

Es hat ja auch niemand verlangt, einem ungenannten Namen gleich einen Preis zu geben.

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von uwe
Herr Riebe!

Im Fritzboard unter http://www.fritz.de diskutieren Sie mit vielen anderen, die noch nicht einmal ihren Namen Preis geben, sondern unter irgendwelchen Nick-Names auftreten. Und hier soll das verboten sein, sich nur mit seinem Namen vorzustellen?



eingetragen von uwe am 23.07.2001 um 14.37

Herr Riebe!

Im Fritzboard unter http://www.fritz.de diskutieren Sie mit vielen anderen, die noch nicht einmal ihren Namen Preis geben, sondern unter irgendwelchen Nick-Names auftreten. Und hier soll das verboten sein, sich nur mit seinem Namen vorzustellen?


eingetragen von Klaus Malorny am 23.07.2001 um 14.01

"Ein innovativer aufgeschlossener Enddreißiger bemerkt die neue Rechtschreibung mit Wohlwollen und identifiziert den Bewerber als einen lernfähigen zukunftsgewandten Kandidaten"

Da liegt das Problem begraben. Ich suche noch verzweifelt das Innovative, das Neue an der Rechtschreibreform. Die SS-Schreibung? Da wissen wir ja, daß sie von einem Herrn im 18. Jahrhundert erfunden wurde. Erweiterte Getrenntschreibung? Auch aus der Mottenkiste der Rechtschreibung. Weglassen der Kommata aus dem Bauch heraus? Sehr innovativ! Aufwändig, einbläuen, Gräuel? Na super, das bringt uns wirklich weiter. Kann mir jemand mal zeigen, wo in dem Reformwerk die Innovation stecken soll?

Die Reformpropaganda hat es (vorläufig) geschafft, ihr zusammengeschustertes Werk mit solchen Attributen wie "Innovation", "Fortschritt" usw. zu belegen. Und Leichtgläubige fallen darauf herein wie Schnecken auf Bier. Mich tröstet aber ein wenig, daß bislang jede Mogelpackung irgendwann aufgeflogen ist.

Übrigens besteht offenbar durchaus noch eine gute Chance, mit alter Rechtschreibung bei einer großen Tageszeitung zu arbeiten. Und damit meine ich nicht die F.A.Z.

Wie neulich durch ein Malheur der Süddeutschen Zeitung zutage gekommen ist, schreibt ein Großteil der Redakteure durchweg in alter Rechtschreibung. Elektronisch wird es daraufhin in irgendetwas konvertiert, was halbwegs der "neuen" Rechtschreibung entsprechen soll. Damit werden dann die Leser gequält. Angesichts des Hasses der SZ gegenüber den Gegnern der Reform eine ziemliche Perversität.



eingetragen von Manfred Riebe am 23.07.2001 um 13.10

Herr Cassens!

Was mich betrifft, so können Sie schreiben, was Sie wollen, wenn Sie wie ein Leserbriefschreiber mit Ihrer vollen Adresse zu Ihren Äußerungen stehen, so daß man Ihre Identität überprüfen kann. Beiträge von vermummten Heckenschützen haben dagegen den Charakter anonymer Toilettenschmierereien und landen in den Redaktionen im Papierkorb.

Der von Matthias Dräger so genannte "Uwe-Effekt" lautet sinngemäß:
_______________________________

Ich, Uwe Cassens, schreibe nach der neuen ß/ss-Regel. Das ist nämlich die neue Rechtschreibung. Und da keiner so richtig weiß, was die "neue Rechtschreibung" eigentlich ist, mache ich auch praktisch keine Fehler mehr. Ich genieße Narrenfreiheit!
uwe.cassens@web.de
_______________________________

Theodor Ickler und Walter Lachenmann vergleichen den "Uwe"-Effekt mit dem »Verona Feldbusch«-Effekt. Ich sehe einen wesentlichen Unterschied: Verona Feldbusch steht mit ihrem Namen, ihrer Adresse und ihrem Beruf zu ihren Äußerungen: »Hier werden Sie geholfen!« Doch: »Wem juckt's?«


eingetragen von Wolfgang Scheuermann am 23.07.2001 um 12.49

ich bin doch nicht des Themas wegen ausgestiegen!
"Übrigens, Herr Scheuermann: Willkommen zurück!
Recht haben Sie! Besser wäre es, auf den Internetseiten der Reformgegner gar keine Kritik zuzulassen. Da sind Sie sich mit Herrn Riebe ja schon einig."
So'n Satz langt da schon!
Aber wenn Sie mich schon direkt ansprechen, will ich doch noch einmal erklären, worum es mir (wie vielen anderen hier) geht - vielleicht findet dieser Tropfen dann doch noch eine Stelle, an der er einsickern könnte:
1. Die Grammatik der deutschen Sprache untersteht nicht der Gewalt der Regierung oder überhaupt irgendeiner Obrigkeit. Eingriffe in die Grammatik können nicht Gegenstand einer Rechtschreibreform sein. Erzeugt eine Rechtschreibreform Schreibweisen, die der Grammatik widersprechen, so können diese nicht hingenommem werden. Darüber kann man tatsächlich nicht diskutieren: Wer die Grammatik einer zu ihr im Widerspruch stehenden Rechtschreibung unterzuordnen versucht, verletzt die Sprache - bis er sie schließlich zerstört.
2. Alles andere ist weit weniger wichtig. Natürlich sollten die durch eine Reform erreichbaren Vorteile massiv sein, um die allfälligen Nachteile zu überwiegen. (Früher genügte als Suchwort Meßsucher - jetzt müssen Sie Messsucher und Mess-Sucher zusätzlich eingeben, um zu finden, was Sie suchen.)
3. Wollen Sie Herrn Riebe oder mir tatsächlich ernsthaft unterstellen, wir wollten keine Kritik zulassen? Oder war das nur mal so als kleine polemische Spitze am Rande gedacht? Finden Sie "meine" Idee (die vor mir hier schon viele andere so oder so ähnlich hatten) denn nicht gut, daß man an einer offiziell daherkommenden Stelle übersichtlich die Schwachpunkte der Reform dargestellt findet?

Ich will Sie nicht weiter herausfordern. Sie hatten sich ja schon verabschiedet.
__________________
Dr. Wolfgang Scheuermann


eingetragen von Walter Lachenmann am 23.07.2001 um 11.18

»Ein weiterer Vorteil der RSR ist, dass man jetzt zwei Typen Menschen unterscheiden kann.«

Zugegeben: das ist ein gewaltiger Vorteil für Leute, die ansonsten unfähig sind, in einem geschriebenen Text Anhaltspunkte zu erkennen für eine differenzierte Wahrnehmung von Menschen. Wenigstens zwei Typen kann man unterscheiden, das ist doch schon etwas:
1. Wer für das »Neue« aufgeschlossen ist, egal wie schlecht oder dumm das Neue ist, zeigt damit, daß er jung, wendig, dynamisch, vor allem aber auch anpassungsfähig ist. Solche Leute kann man überall gut gebrauchen.
2. Wer solches kritisiert, auch wenn er dafür gute Gründe hat, ist hingegen konservativ, also eigentlich zu alt für dieses Leben und - »arrogant«.

__________________
Walter Lachenmann


eingetragen von uwe am 23.07.2001 um 10.47

... schreit geradezu nach einer Zugabe.

Ein weiterer Vorteil der RSR ist, dass man jetzt zwei Typen Menschen unterscheiden kann. Nun lasse ich mal andere für mich sprechen (Quelle: http://www.BerlinOnline.de):

Reformer oder Konservativer?

Neue Rechtschreibung in der Bewerbung

Wer sich heutzutage bewirbt, muß schon einige Standards erfüllen, um nicht gleich durch das breite Netz der Personalabteilung in Fragen der Form und Gestaltung zu fallen. Die Rechtschreibreform ist in bezug auf deren Anwendung bei einer Bewerbung nicht gerade eine Erleichterung. Zwar wird auch im Unialltag die neue Rechtschreibung schon angewendet, aber die Mehrheit der Studenten ignoriert diese doch durchweg. Obwohl die großen deutschen Tageszeitungen die Umstellung schon vollzogen haben und auch die öffentliche Verwaltung zur Durchführung der staatlich angeordneten Reform angehalten wird, stellt sich die Frage nach der persönlichen Einstellung: Konservativer oder Reformer?

Wie sieht das mit den Personalchefs aus? Pauschalisierende Antworten kann man auf diese Frage wohl nicht geben. Vielmehr sollte man seinen Ansprechpartner mit Hilfe einiger Parameter einschätzen und danach sich selber Fragen, ob ein Verstellen der persönlichen Affinitäten bei einer möglichen Einstellung konsequent durchzuhalten ist. Im Klartext: schreibe ich eine Bewerbung "neudeutsch", so wird durchaus erwartet, daß auch in der späteren Korrespondenz die korrekte Rechtschreibung Anwendung findet. Bewerber, die nur dem Chef zuliebe auf die jeweils andere Rechtschreibung umgestiegen sind, werden damit ihre Probleme bekommen.

Die Parameter der Personalchefbewertung sind zum einen das Alter der Ansprechpartner zum anderen seine Innovationsgeneigtheit und die anvesierte Branche.

Der Typus Endfünfziger und konservativ wird Wörter in neuer Rechtschreibung als ungewohnt, wenn nicht sogar als falsch geschrieben wahrnehmen und mit einem gewissen Unbehagen den Vorgang bearbeiten. Nicht der beste erste Eindruck! Ein innovativer aufgeschlossener Enddreißiger bemerkt die neue Rechtschreibung mit Wohlwollen und identifiziert den Bewerber als einen lernfähigen zukunftsgewandten Kandidaten. Natürlich ist auch die andere Kombination möglich (innovationsgeneigter Endfünfziger).

Beachtung muß natürlich auch auf die angestrebte Stelle gelegt werden. Ein Werbetexter oder auch der Mitarbeiter einer großen Zeitung wird nicht die besten Erfolgsaussichten mit einer Bewerbung in "altdeutsch" haben. Nichtsdestotrotz zeichnet sich der Trend zum fröhlichen Durcheinander der Bewerbungsschreiber ab, eine Trennung in Konservative und Reformer.

Nur eins ist auf jeden Fall zu beachten: Hat man sich für einen Stil entschieden, muß sich diese Schreibweise konsequent durch den gesamten Text ziehen. Denn welcher Personalchef stellt schon einen Mitarbeiter ein, der es an Konsistenz mangeln läßt?

Quelle: http://www.BerlinOnline.de

Erkennen Sie Ihren Typus wieder ?

Uwe

Übrigens, Herr Scheuermann: Willkommen zurück!
Recht haben Sie! Besser wäre es, auf den Internetseiten der Reformgegner gar keine Kritik zuzulassen. Da sind Sie sich mit Herrn Riebe ja schon einig.



eingetragen von Wolfgang Scheuermann am 23.07.2001 um 07.28

Zunächst zum Mutterwitz:
Auch in dem Etymologischen Wörterbuch des Deutschen von Pfeifer et al. (das schon allein deshalb hervorzuheben wäre, weil seine 5. Taschenbuchauflage im Juli 2000 bei dtv in richtigem Deutsch erschienen ist) steht nur ein magerer Eintrag:
M u t t e r w i t z m. 'natürlicher, angeborener Witz, gesunde Urteilskraft' (17. Jh.)
Das scheint mir aber ganz treffend.
Zum "Verlinken":
Vor kurzem lag der auflagenstärksten deutschen Computerzeitschrift die 99er Ausgabe des weltweit erfolgreichsten Nachschlagewerks auf CD als kostenlose Dreingabe bei. Ich habe das tatsächlich beeindruckende Werk gestern ein bißchen durchstöbert - alles in Reformdeutsch - und es ist sogar ein längerer Beitrag zur Rechtschreibreform dabei, verfaßt von einem Friedrich Burkhardt, von dem angegeben ist, daß er als Gymnasiallehrer für Musik und Mathematik (!) in München tätig sei. Der Beitrag geht auch auf die Kritik an der Reform ein, aber nur ganz oberflächlich. Und ein Link verweist zielsicher ins Internet - zur Seite der Zwischenstaatlichen Kommission beim IdS - auch so wird die Reform zu zementieren versucht.
Wir müßten tatsächlich so eine Seite haben, auf der nur die Kritik zusammengefaßt steht, ohne Diskussionsmöglichkeiten, dazu paßte noch ein schöner Name wie "Kommission zum Erhalt der deutschen Rechtschreibung" (legitimiert durch ein paar Professoren und berühmte Autoren) und einen ebensolchen "Link" auf diese Seite verlangen.
(Ich gestehe, dieser Beitrag paßt nicht so sehr zu den Vorzügen der Reform - aber die gibt es ja "eh" nicht!)
__________________
Dr. Wolfgang Scheuermann


eingetragen von Theodor Ickler am 23.07.2001 um 03.13

Die Würzburger Rechtschreibseiten von Klaus Stetten sind seit Beginn der Reform das Ziel zahlloser Links, auch von den Kultusministern und vom IDS wird man immer wieder zu Stetten geleitet. Das Ganze wirkt wie von Bertelsmann oder einem anderen großen Unternehmen in Auftrag gegeben, doch habe ich bisher keinen Beweis für eine solche Verbindung finden können. Mit der Rechtschreibkommission scheint Stetten nicht unmittelbar zusammenzuarbeiten.
__________________
Th. Ickler


eingetragen von Walter Lachenmann am 22.07.2001 um 19.02

Der »Uwe«-Effekt ist relativ leicht zu benennen: Er ist verwandt dem »Verona Feldbusch«-Effekt (s.a. Seitenthema Bindestrich, s.a. zum »Uwe«-Effekt: Ickler a.a.O.), man könnte ihn auch »Vlatko«-Effekt nennen oder »Harald Schmidt«-Effekt, kurz: der Effekt liegt allein darin, daß Dummheit und Dreistigkeit in unserer Kultur heutzutage sich immer unbekümmerter breitmachen und sich die Bestätigung ihrer Daseinsberechtigung, ja ihres »Erfolgs« in Form von Einschaltquoten abholen. So war es ja auch das erklärtermaßen einzige wirkliche Ziel von »uwe«, hier auf eine hohe Zahl von Aufrufen zu kommen; das hat er geschafft, und das soll ihm gegönnt sein. Gelernt hat er deutlich nichts, das wollte er aber auch nicht, denn das Problem der Rechtschreibung interessiert ihn überhaupt nicht; er war nur überrascht, daß die Leute, die sich mit diesem Thema hier befassen, nicht ganz solche Trottel sind wie er vermutet hatte.
So wäre es jetzt eigentlich sinnvoll, diesem »Effekt« nicht mehr allzu viel Gedankenschmalz zu widmen und sich stattdessen auf solche Überlegungen zu konzentrieren, die uns in der Sache weiterbringen.
Da habe ich zum Beispiel eine Seite entdeckt, man kann sie aufrufen unter:


http://www.wuerzburg.de/rechtschreibreform/index.html

Dies ist eine Seite, die sich bemüht, Leuten, die sich mit den neuen Regeln schwertun, zu helfen, und das geschieht mit niedlichen Bildchen etwa zu dem schwierigen Wort »belämmert«. Damit der User weiß, daß sich das von Lamm herleitet, zeigt die Seite ein Lamm und vertraut darauf, daß der User weiß, daß aus Lamm Lämmer werden und diese belämmert sind. So einfach ist das. Wer sich immer noch nicht auskennt, darf in der Rubrik »Leserbriefe« Fragen stellen.
Kostproben:

290] Christine Arndt, Potsdam
12.07.01
E-Mail: christine@die-arndts.de

Ich selber bin gerade in der 9.Klasse. Im ersten Halbjahr dieses Schuljahrs haben wir im Deutschunterricht sehr intensiv die neue Rechtschreibung durchgenommen. Leider habe ich schon ganz schön
viele Dinge wieder vergessen. Woran ich mich aber noch genau erinnere sind die vielen Ausnahmen. In ihrer Homepage haben sie nur die einfachsten Fälle aufgelistet. Ich finde es ja schon toll, dass
überhaupt mal jemand so etwas macht, aber es könnte halt noch etwas präziser sein. Im Großen und Ganzen finde ich die Reform nicht gerade toll! Mitlerweile mache ich das doppel ´ss´schon ganz von
alleine, aber die meisten regeln kriege ich nicht in meinen Kopf rein! Aber das werde ich schon noch schaffen. Ich habe ja noch lange genug Zeit...


[289] Melanie Hauff, Karlsruhe
06.07.01
E-Mail: hauff@palas.de

Diese Seite drucke ich gleich mal aus für meine Kollegen/Kolleginnen und natürlich für mich. Vielleicht hilft das, die neue Rechtschreibung endlich konsequent in unserer Firma einzuführen, nicht nur als
Stückwerk. Die Teufelchen-Comics sind eine klasse Idee, die trockene Materie zu vermitteln. Sieht an der Büro-Wand auch besser aus als eine Kopie der Duden-Regeln... Also: Danke für die schöne
Seite!


[288] Florian Kranz, Bielefeld
11.06.01
E-Mail: florian.kranz@arcormail.de, Homepage: Mein Buch zur Reform

zu [287]

"Gruss" ist die Schweizer Schreibweise, sie ist kein Ergebnis der Neuregelung von 1996.

Der Grund für die Änderung ist das Wegstreichen einer Sonderregelung für s, derzufolge bisher s nicht wie andere Buchstaben verdoppelt wurden, um einen kurzen Vokal zu markieren. Nun schreibt
man dass, wie man kann, soll, Fett und vieles andere schreibt. D.h. die Schreibweise passt jetzt in all diesen Fällen - wo früher ein "falsches" ß stand - zur Aussprache und unterscheidet sich von den
Wörtern, die nach wie vor mit ß geschrieben werden (lange Vokale + stimmloses s [wie in Gruß, da Grüße und nicht Grüse!], ebenso Diphthonge).


[287] Montgomery Ehrich, Vancouver, Kanada
09.06.01
E-Mail: buddyehrich@hotmail.com, Homepage: gegen die Reform

Als Student der deutschen Sprache seit 1970, muss ich sagen, dass ich voellig g e g e n die Reform bin. Man sagt hierzuland, "If it ain't broke, don't fix it!" Wenn etwas nicht kaputt ist, dann solches
auch nicht reparieren!" Diese Maschine hat kein Esszet-Symbol, also muss ich leider "ss" schreiben statt Esszet. Warum eigentlich hat man Woerter wie, z.B., "daB" und "GruB" "dass" und "Gruss", d.h.
das Buchstabieren dieser Woerter, aendern wollen? Ich erinnere mich an die alten Postkarten, die "GruB aus Bayern" darauf gedruckt hatten. Jetzt glaube ich, die Postkarten zeigen "Gruss aus Bayern."
Als jahrzehntelanger Freund der deutschen Sprache, kann ich nur solche Veraenderungen bedauern. Hoffentlich wird den Willen der Mehrzahl der Deutschen geachtet werden. Dann kommt die gute
alte Buchstabierenweise zurueck. mit freundlichem GruB, aber nicht mit freundlichem Gruss, Ihr Montgomery Ehrich


[286] petek_ildir, Istanbul
16.05.01
E-Mail: petek_ildir@hotmail.com

Kann mir bitte jemand erlaeutern, was an diesem Satz auszusetzen ist: Liebe Eltern, bitte geben Sie Ihren Kindern Taschen mit Wechselsachen und eine Kleinigkeit zu essen mit!

Antworten bitte an meine o.a. e-mail Adresse

Ich bedanke mich im Voraus

P.


Und so weiter.

Es wäre also vielleicht sinnvoll, sich gelegentlich auf diese Seite zu begeben und dort für Aufklärung zu sorgen. Sich hier mit »uwes« herumzubalgen, ist zwar ein lustiges Training der Rechtschreibkompetenz und eine schöne Bestätigung, daß wir im Recht sind, aber, wie Verona sagen würde: »Wem juckt's?«.

Im Gegensatz zu »uwe« hat Verona bei aller Einfalt etwas wirklich Lustiges, nämlich das, was man wohl mit »Mutterwitz« bezeichnet. Woher dieser Begriff kommt, habe ich leider weder bei Storfer noch bei Olschansky gefunden, er bezeichnet so etwas ähnliches wie Schlagfertigkeit in der Einfalt, womit man vielen Müttern sicherlich nicht gerecht wird.
Hier bleibt uns »uwe« einiges schuldig, witzig ist er nicht, dafür kennt er die Quelle der lustigen Zappelmännchen, das ersetzt den eigenen Witz, ähnlich den Lachstreifen in den humorvollen Fernsehsendungen: man weiß - es darf/kann/soll jetzt gelacht werden - und zwar spontan und von Herzen!



__________________
Walter Lachenmann


eingetragen von uwe am 22.07.2001 um 07.39

Hallo Matthias,

sehe schon gespannt deinen weiteren Ausführungen zum "Uwe-Effekt" entgegen.

Uwe


eingetragen von Norbert Schäbler am 21.07.2001 um 08.50

Nur so `ne Idee
Vielleicht sollte man den Dentisten eine kleine Nebenbeschäftigung vermitteln: die Grundausbildung im phonetischen Bereich.
Wer könnte das besser als der Zahnspezialist, und welche Berufsgruppe überhaupt widmet sich denn noch dem Training der Sprechwerkzeuge (Zunge, Zähne, Lippen, Backen, Gesichtsmuskeln...). Die Lehrer jedenfalls fahren inzwischen in Richtung "Computerfachmann" ab.
Trainiert werden sollten die Merkregeln des Rechtschreibdidaktikers Werner Glogauer.
Sie lauten: "Merke dir: Der stimmlose, zischende und scharfe s-Laut wird als ss oder ß geschrieben." und: "Merke dir: Wird ein s-Laut als Inlaut stimmhaft und summend gesprochen, dann wird ein einfaches s geschrieben."

Zwei Trainingsworte noch: Die Meise - der Meißel.

__________________
nos


eingetragen von Theodor Ickler am 21.07.2001 um 04.30

"Ich sage Kollegen immer", so der Zahnarzt gegenüber "New Scientist", "wenn sie Behandlungen schnell erledigen wollen, sollten sie zu Hammer und Meisel (!) greifen."

SPIEGEL 22.7.2001 (online)
__________________
Th. Ickler


eingetragen von Theodor Ickler am 20.07.2001 um 18.43

Einen vergleichbaren Effekt erzielt wohl auch Verona Feldbusch, wenn sie - wie auf der Nachrichtenseite zu lesen - sagt: "Ich möchte mich für die neue deutsche Rechtschreibreform speziell für Kinder und Jugendliche einsetzen und beweisen, dass es keine Rolle spielen muss, ob man das mit ß oder ohne ß schreibt (...)«

Die Rechtschreibreform ist in letzter Zeit eine Standardnummer vieler Kabarettisten gewesen, aber wenn eine Prominente wie Feldbusch GEGEN die Reform arbeitet, während sie - wie es scheint - ganz aufrichtig FÜR die Reform zu kämpfen glaubt, dann ist das etwas Besonderes und in unserem Sinne unbezahlbar. Hier werden wir wirklich einmal geholfen! Ich habe zwar mangels Fernsehen Frau Feldbusch noch nie erlebt, freue mich aber auf ihren ersten wirklichen Kampfeinsatz, vor dem die Reformer ja geradezu zittern müssen.
__________________
Th. Ickler


eingetragen von Matthias Dräger am 20.07.2001 um 17.36

In den nächsten Tagen folgt hier ein Beitrag über den - so möchte ihn einmal nennen - „Uwe-Effekt“:

„Ich mache die ss-Regel, und dann - könnt ihr mich alle mal: Das ist nämlich neue Rechtschreibung, jedenfalls nicht die alte, und da keiner so richtig weiß, was das eigentlich ist, die „neue Rechtschreibung“, mache ich auch praktisch keine Fehler mehr. Narrenfreiheit!“

Das Glücksgefühl, das sich für Uwe dadurch ergibt, erklärt auch, warum er (und möglicherweise auch andere) die Rechtschreibreform so vehement verteidigen - endlich Freiheit!

Das ist natürlich ganz etwas anderes als das, was die Reformer eigentlich sagen, aber: wen schert es? Auf die Wirkung kommt es an!

Das ist etwa das gleiche, als wenn man in Tertia mit strenger Miene eine Mathe-Arbeit austeilen würde mit Aufgaben zur Untersuchung krummer Flächen (nach Gauß). Es gibt, glaube ich, kaum ein wirksameres Mittel, die Ordnung einer Gemeinschaft nachhaltig zu untergraben, als die Mitglieder dieser Gemeinschaft h o f f n u n g s l o s zu überfordern.
Der Duden ist nicht memorierbar, auch für Musterschüler nicht. Das „Amtliche Regelwerk“ beherrscht k e i n Mensch (außer Ickler vielleicht), auch die Reformer selber nicht.

So, aus der Ankündigung ist jetzt doch etwas mehr geworden, ich bin jetzt aber insgesamt„reif für die Insel“. In einer oder zwei Tagen dann also mehr zu diesem Thema, u. a.:

- warum der Uwel-Effekt für jemanden wie Uwe als Vorteil erscheint, vielleicht, wenn er sonst nur Zeitung liest, dies sogar ist, aber nicht für ein Kind

- was hat der Uwe-Effekt mit Ministern in Singapore zu tun?

Fortsetzung folgt, ca. 24. 7. im gleichen Theater.


-------
Lieber Uwe,
ich bitte um Verständnis: Aber Dein Erscheinen hier war ein regelrechtes Phänomen, und ich kann nur hoffen, daß Du noch die Gelegenheit nutzt, auf den von mir angenommenen „Uwe-Effekt“ aus Deiner Sicht einzugehen (z. B. im Sinne einer Zugabe).

Gruß Matthias


eingetragen von Thomas Paulwitz am 20.07.2001 um 14.24



Es ist zwar keiner bekehrt, aber mit Sicherheit jemand aufgeklärt worden.


eingetragen von Norbert Schäbler am 19.07.2001 um 17.33

(nicht zu verwechseln mit dem Ruf nach Zugabe)

Uwe ist von uns gegangen.
Er hat Bewegung gebracht.
Und:
Er hat uns immer erfreut
mit beweglichen Bildern

Er verdient ein gutes Wort.

Aber wie schreiben wir's?
"Smily"
"Smiley"
"Smilie"
"Smeili"

Das muß man sich schon überlegen,
bevor man es in den Stein hineinmeiselt.
Am Ende dreht der sich noch im Grab rum.

PS Ich sehe es ein: "Hineinmeißeln" sieht besser aus!

__________________
nos


eingetragen von uwe am 19.07.2001 um 10.40



Wie konnte ich mich nur ohne Smiley verabschieden ???


eingetragen von Theodor Ickler am 19.07.2001 um 07.03

Gerade keimte Hoffnung, daß Uwe bekehrt werden könnte, da zieht er von hinnen.
Die "alte" Rechtschreibung kann die Verwirrung nicht vergrößern, da diese Schreibweise allgegenwärtig ist und die jetzigen Schulkinder, wie die Reformer ja selbst oft gesagt haben, ihr noch auf Jahrzehnte begegnen werden. Was Verwirrung stiftet, das sind die vielen neuen Rechtschreibungen, die zwangsläufig auf die amtliche Neuregelung folgten und weiter folgen werden. (Die nächste Revision steht bevor.)
Die Kritiker haben diese Verwirrung vorhergesagt und zu verhindern versucht. Die Kultusminister haben unsere Bemühungen zunichte gemacht, vor allem durch das Verbot von Korrekturen, als die Reformverfasser selbst dazu willens waren.
"Ewiggestrige" - auch so ein Wort. Nach der Neuregelung muß jetzt "ewig gestrig" geschrieben werden, die Substantivierung ist "ewig Gestrige". Regelwidrig sieht der Duden (nur) "Ewiggestrige" vor, also offenbar eine weitere Ausnahme, ohne Erklärung dargeboten. Dies und Hunderte von ähnlichen Seltsamkeiten machen die Verwirrung aus. Die bisherige Rechtschreibung ist noch allgemein bekannt und ein sicheres Fundament, auf dem man sich einigen könnte. (Abzüglich Dudenhaarspaltereien, versteht sich!)
Man denkt, wenn "Stengel" erstmals nach tausend Jahren mit ä geschrieben werden muß (wegen "Stange"), dann müßte die "Stenge" (Bramstenge usw.) auch mit ä geschrieben werden. Pustekuchen, sie bleibt beim e! Usw. usf. - ein unendliches Flickwerk. Falsche Grundsätze, schlampige Ausführung.

Nochmals mein Rat zum Abschied: Wer das amtliche Regelwerk samt Wörterverzeichnis studiert, ist fast immer geheilt. Aber der Entschluß, mit diesem bürokratisch-geistlosen Produkt nichts zu tun haben zu wollen, ist auch schon ein Schritt in die richtige Richtung.
__________________
Th. Ickler


eingetragen von uwe am 19.07.2001 um 05.59

Dies wird mein letzter Beitrag in diesem Forum sein (wenn nicht jemand lautstark nach einer Zugabe verlangt). Allein gegen alle zu diskutieren, ist auf Dauer doch zu aufreibend und aufwändig.

Spaß gemacht hat es mir trotzdem (und das war meine einzige Motivation hier mitzumischen). Überdies habe ich unverhofft noch viel dazu gelernt.

Ich gebe zu, ich bin mit dem Vorurteil gekommen, hier würden einige Ewiggestrige über ein Thema diskutieren, was längst schon keines mehr ist. Inzwischen kann ich zumindest ansatzweise ihre Beweggründe verstehen.

Nun ja, so wenig wie ich Sie überzeugen konnte, konnten auch Sie mich nicht überzeugen. Auch wenn ich Ihre Empörung über die RSR nachvollziehen kann, die Diskussion über ein "Zurück zur alten Rechtschreibung" halte ich weiterhin für sinn- und nutzlos. Der Rechtschreibfriede würde dadurch noch weiter zerstört und unsere Kinder vollends verwirrt.

Dank sagen möchte ich allen, die trotz meiner provozierenden Beiträge immer wieder versucht haben, mich von dem Unsinn der Rechtschreibreform zu überzeugen. Viel Erfolg bei Ihren weiteren Anti-Reform-Bemühungen werde ich Ihnen dennoch nicht wünschen. Also, machen Sie's gut.

Uwe

Apropos Banausenschreibe:
Wenn man sie so bezeichnen will, habe ich sie hier zum ersten Mal angewandt. In anderen Diskussionsforen würde eine solche Schreibweise vermutlich nicht einmal auffallen. Hier erschien es mir das richtige Mittel zu sein, um Rechtschreibästheten aus der Reserve zu locken.




eingetragen von Norbert Schäbler am 18.07.2001 um 22.41

Seit wann machst Du das eigentlich mit dieser Banausenschreibe? Und warum?
__________________
nos


eingetragen von Norbert Schäbler am 18.07.2001 um 22.29

Talking

Lieber Uwe!
Es ist ja heute gar nicht mehr so eine große Kunst, schlauer zu sein als ein Kultusminister. Dazu gehören nämlich lediglich der Wunsch, daß man nicht dumm bleiben will, und die feste Absicht, gegen seine Eitelkeit und Borniertheit anzukämpfen.
Ich selbst könnte niemals Kultusminister werden wegen meiner Eitelkeit.
Übrigens erbitte ich mir einen Begrüßungs-Smily.

Zur Sache: Ich finde es gut, daß Du mitmachst. Du bringst Bewegung ins Spiel und schärfst die Argumentation, die unsereins schon tausendmal gehört und gelesen hat. Ich finde es sogar gut, daß Du so begriffsstutzig wirkst, denn dann muß man sich bemühen, immer noch ein Schippchen draufzulegen.
Spätestens dann wird auch die Schriftsprache interessant, denn manchmal sind es nur wenige Zeichen, Buchstaben - ja sogar Leerschläge - die einem Wort die Pointe verleihen. Das lohnt sich dann, genauer auf das Schriftbild zu schauen. Rechtschreiben ist nämlich keine Selbstdarstellung, sondern hat immer nur den Zweck, dem Adressaten - das bist in diesem Falle Du - das Lesen und Verstehen zu erleichtern.

Bis zum heutigen Tag haben es die Kultusminister nicht kapiert, daß die Schrift nicht zum Schreiben da ist; daß vielmehr alle Schrift einem Zwecke dient - nämlich, gelesen zu werden.
Und noch einen Fehler haben sie gemacht in ihrem Erleichterungswahn. Sie haben Fehlerstatistiken gewälzt und haben versucht, Fehler auszuschalten in den verschiedensten Rechtschreibbereichen.
Anstatt den Sprachusus (die Schreibgewohnheiten) zu untersuchen und die vorhandenen Schreibalternativen zuzulassen, haben sie einfach neue Schreibgewohnheiten ins Leben gerufen, was ja eigentlich schon ein Widerspruch ist, denn Gewohnheiten kann man nicht einfach so ins Leben rufen!
Kein vernünftiger Mensch - falls er nicht gerade Schweizer Staatsbürger war - hatte doch vorher in vollem Bewußtsein ein Doppel-S nach kurzem Selbstlaut geschrieben.

Ich kann Dir versichern, des Neuschriebs mächtig zu sein.
Nur! Ich erkenne darin keine innere Logik, keinerlei Sachzwänge, keinerlei Verbesserung, sondern ausschließlichen Rückschritt.
Und selbst wenn sich die Waage zwischen Neuschrieb und altbewährter Schreibweise annähernd auspendeln würde, wenn die rechtschriftliche Einheit unter neuen Vorzeichen wiederhergestellt werden könnte, selbst dann hätte ich große Schwierigkeiten, dieser politischen Arroganz Gefolgschaft zu leisten.
Ich habe die sinnvolle rechtschriftliche Einheit nicht zerstört. Ich kämpfe nur für die Wiederherstellung. Und ich war nie der Auffassung, daß Rechtschreiben das Maß aller Dinge, oder Ausdruck der Intelligenz sei.

__________________
nos


eingetragen von Ursula Morin am 18.07.2001 um 21.40

Nein, wir Deutschen sind offensichtlich zu blöd, unsere eigene Sprache zu lernen. Sonst wären ja alle diese "Erleichterungen" nicht nötig. Wenn ich mich recht entsinne, hat das russische Alphabet 32 Zeichen und für ein Chinesenkind sind - habe ich mal gehört - erst mal 5000 Bildzeichen zu lernen. Komisch, daß die damit keine Probleme haben.
Was die Kleinschreibung betrifft, wäre die Folge, daß wir den - im Vergleich zum Englischen beispielsweise - sehr freien Satzbau im Deutschen aufgeben müßten. Ich weiß nicht, ob Ihnen - lieber Uwe - das gefallen würde. Im Englischen brauchen Sie sich nicht um Groß- oder Kleinschreibung zu kümmern, dafür aber um die Stellung der Substantive im Satz. Im Englischen macht man nämlich Substantive (oder Subjekt/Objekt, also das, wovon im Satz die Rede ist) durch ihre Stellung im Satz kenntlich. Versuchen Sie mal, einen englischen Satz so umzubauen, wie dies im Deutschen möglich ist.

Ich habe auch - vor allem in amerikanischen Schriftstücken - in letzter Zeit zunehmend die Tendenz gesehen, die Dinge, von denen im Satz die Rede ist, groß zu schreiben. In manchen englischen/amerikanischen Bedienungsanleitungen werden Substantive durchgängig mit großem Anfangsbuchstaben geschrieben. Es besteht offensichtlich das Bedürfnis, "wichtige" Wörter durch großen Anfangsbuchstaben zu markieren. Mit der Kleinschreibung wären die Deutschen hier mal wieder einige Jahrzehnte im Hintertreffen ...

Und bitte beantworten Sie die Fragen auch, die gestellt werden. Daß wir uns hier so ausgiebig mit Ihnen beschäftigen, hat vor allem damit zu tun, daß wir so gespannt - weil schon seit langem vergebens - auf sachliche Argumente für die Reform warten.
Es genügt nicht zu sagen, "Kleinschreibung wäre doch ganz schön ... aber ich habe es mir noch nicht richtig überlegt. Denken Sie mal fertig!


eingetragen von uwe am 18.07.2001 um 15.57

Schon über 1.000 Seitenaufrufe zu diesem Leitthema, und das in nicht einmal einer Woche.

Ist ja Wahnsinn, für welch ein Aufsehen ein Rechtschreiblaie hier sorgen kann.




eingetragen von uwe am 18.07.2001 um 15.52

Ich frage mich allerdings, warum anderen Sprachen dieser Welt mit der gemäßigten Kleinschreibung auskommen. Sind wir Deutschen zu blöd, um eine einfache Rechtschreibung zu haben ?

Aber ich will das nicht weiter ausführen. Im übrigen habe ich mich nicht für die Kleinschreibung ausgesprochen.

Uwe


eingetragen von Theodor Ickler am 18.07.2001 um 14.00

Daß gerade die "gemäßigte Kleinschreibung" (so der offizielle Titel), die Sie vorschlagen, die Probleme nicht löst, ist vielfach nachgewiesen worden, sogar von Reformbefürwortern. Die Schwierigkeit verlagert sich auf den Eigennamenbegriff. Ein richtige Darstellung der bisherigen GKS (auf meiner Linie, mit der Unterscheidung von "Sein und Heißen" sowie der Faustregel: "wovon in einem Text die Rede ist") führt dagegen zu erheblicher Erleichterung. Das leuchtet sogar solchen Mitstreitern mehr und mehr ein, die auf diesen Seiten zunächst umfassende Kritik daran geübt haben. Kann man alles nachlesen, war auch für mich ganz förderlich.

Es trifft zu, daß die Rechtschreibung wegen des gegenwärtigen Durcheinanders in der Schule nun niedriger gehängt wird - eine allerdings ganz und gar nich SO gewollte Nebenwirkung der Reform. Außerhalb der Schule wird Rechtschreibung immer wichtiger. (Aus ähnlichen Gründen wie denen, die die Anforderungen an ausübende Musiker immer höher getrieben haben; der Vergleich mit perfekten Aufnahmen sitzt stets im Nacken.)
__________________
Th. Ickler


eingetragen von uwe am 18.07.2001 um 13.28

Anhand meines heutigen Beispiels fällt es mir leicht zu sagen, was eine einfache Rechtschreibung wäre:

Generelle Kleinschreibung, mit Ausnahme von Satzanfängen und Eigennamen. Das Kapitel Groß- und Kleinschreibung könnte im Deutschunterricht auf 5 Minuten reduziert werden. Genial einfach!

Ob ich selbst das befürworten würde, weiß ich im Moment noch nicht.

Nun, dass die neue Groß- und Kleinschreibung leichter erlernbar und beherrschbar ist, da habe ich auch meine Zweifel. Schwerer wird es aber auch nicht. Insgesamt führt die RSR dazu, dass auf die Korrektheit der Rechtschreibung nicht mehr soviel Wert gelegt wird. Ein sehr interessantes Nebenprodukt der RSR.

Uwe


eingetragen von Theodor Ickler am 18.07.2001 um 13.10

Die RSR ändert bewußt nichts an der stark grammatischen Orientierung der Rechtschreibung, im Gegenteil, sie verstärkt sie noch. Man denke an die formalen Tests, die an vielen Stellen vorgesehen sind (Steigerbarkeit usw.). Aus den Schriften der Reformer geht hervor, daß sie semantische Begründungen, die ja den Sprechern und Schreibern immer viel näher liegen, ablehnen, und zwar wegen der angeblichen Vagheit alles Semantischen. Die Rechtschreibung sollte "von semantischen Informationen entlastet werden" (genauere Nachweise in meinem Kommentar). Aber Semantik ist gerade das, was Schreiber und Leser interessiert! Der Gedanke, "Blut saugend", aber "blutstillend", "Kosten sparend", aber "kostendeckend" zu schreiben - und zwar wegen abseitiger grammatischer Proben -, ist ein deutlicher Beweis dafür. (Bei der jüngsten Revision wurde ein Teil davon aufgegeben, wie schon zur Mannheimer Anhörung vorgeschlagen.)
Die Neuregelung entfernt sich also bewußt von der intuitiven Semantik und kommt auch der von Uwe offenbar bevorzugten phonographischen Schreibweise nicht näher. Bei jeder Beschäftigung mit dem umfangreichen Originalregelwerk staunt man über die Menge von Grammatik, die verlangt wird. Nehmen Sie bitte noch hinzu, daß man jetzt die Wortart in kaum noch gelernten Fremdsprachen kennen muß! Corpus Delicti, Herpes Zoster (das haben sogar die Reformer zu erst nicht gewußt!) usw. - das sind doch arge Zumutungen. Bisher schrieb man in mehrteiligen Ausdrücken aus fremden Sprchen das erste Wort groß, alles andere klein - sehr einfach.

Mich würde nun interessieren, wie die einfache Rechtschreibung nach Uwes Geschmack aussehen würde - mit der Neuregelung kann sie jedenfalls nicht viel Ähnlichkeit haben.

Der Vorwurf, die Reformkritiker wollten nicht umlernen, trifft nach meiner Erfahrung überhaupt nicht zu. Gerade die eifrigsten Reformgegner haben sich mit großem Fleiß in das Regelwerk vertieft, Wörterbücher gewälzt usw. Von allen hier auftretenden Diskutanten weiß ich das ganz genau. Dagegen zeigt sich bei Reformbefürwortern oft eine gewisse Unlust, sich das Originalregelwerk genauer anzusehen. Ich führe das aber nicht auf Trägheit oder Faulheit zurück, sondern auf eine geheime Befürchtung, es könnte bei diesem Studium eine Einsicht aufgehen, die man lieber nicht hätte ...
__________________
Th. Ickler


eingetragen von uwe am 18.07.2001 um 12.09

Es gibt Menschen, die Wert auf eine niveauvolle und gehobene deutsche Rechtschreibung legen. Sie erfreuen sich an einer stilvollen Rechtschreibung. Fast alle Forumsteilnehmer hier gehören dieser Gruppe an.

Es gibt auch Menschen, die eine einfache, leicht beherrschbare deutsche Rechtschreibung bevorzugen. Sie sehen Rechtschreibung in erster Linie als Mittel zum Zweck an. Zu dieser Gruppe gehöre ich.

Sicher, das waren jetzt zwei Schubladen, aber entsprechende Tendenzen sind bestimmt vorhanden.

Ich persönlich denke, die zweite Gruppe ist die größere. Demzufolge hätte die RSR eigentlich mehr Befürworter als Gegner haben müssen. Das dies nicht der Fall ist, liegt meines Erachtens daran, dass

a) diejenigen, denen die Rechtschreibung egal ist, sich in der Regel gar nicht zu dem Thema äußern und somit nicht wahrgenommen werden,

b) es den Reformern nicht gelungen ist, die Vorzüge der neuen Rechtschreibung zu vermitteln,

c) die Tendenz, sich neuem zu verweigern, insbesondere wenn es damit verbunden ist, selbst umlernen zu müssen, sehr groß ist.

Meine Theorie!

Uwe


eingetragen von Karl Eichholz am 18.07.2001 um 10.54

Wink

Angeblich steht schon in der Bibel über den ersten Schauffeur geschrieben:

„Leid wird mir nicht wieder fahren“.

Der hatte möglicherweise das Tempolimit nicht beherzigt oder ist bei Rot über die Kreuzung.

Im übrigen ist zu vermuten, daß die Punkte in Flensburg bis heute getilgt sein dürften. Vielleicht war aber auch der Lappen ganz weg?

Zweifelsfrei dürfte feststehen, daß es sich hier um einen Eigennamen handelt, der erstens von der Reform gar nicht betroffen und zweitens groß zu schreiben wäre

;-)
__________________

mit herzlichen Grüßen
Karl Eichholz


eingetragen von Ursula Morin am 18.07.2001 um 10.38

Lieber Uwe,
Sie werden lachen, aber ich habe mit Grammatik auch nicht viel am Hut, sondern habe die Sprachen, die ich einigermaßen beherrsche, auch eher intuitiv gelernt. Allerdings denke ich schon, man sollte die wichtigsten Wortarten wie Substantiv, Verb, Adjektiv usw. identifizieren können.
Über "es tut mir leid" hatte ich mal eine Unterhaltung mit der Duden-Sprachberatung, die sich zu der Behauptung verstiegen hat, man könnte sich vorstellen "es tut mir ein Leid an ...". Was das nun für ein "es" sein soll, konnte man mir aber nicht sagen.
Stellen Sie sich einfach den Satz vor "Er hat mir ein Leid angetan". Man könnte hier, um zu ermitteln, ob es sich um ein Substantiv handelt, fragen: "Was hat er mir angetan". Hier hat also "Leid" eine ganz andere Funktion im Satz, während es sich bei "es tut mir leid" eher um die Beschreibung eines Zustands (des eigenen nämlich) handelt, nach dem man mit "wie ist mir", aber nicht mir "was tut es mir an" fragen könnte. Ich nehme daher an, daß es sich bei "leid" um einen adjektivischen Gebrauch handelt.

Was nun das Englische betrifft, braucht man sich natürlich in diesem Fall keine Gedanken über die Groß- und Kleinschreibung zu machen. Man soll sich hier aber keinen Illusionen hingeben, auch Englisch ist ohne rudimentäre Kenntnis der Wortarten und ihrer Funktion im Satzbau nicht zu erlernen. Dazu genügt, das unsäglich schlechte Englisch zu lesen, das hierzulande von Leuten produziert wird, denen offensichtlich in der Schule nicht einmal elementare Sprachkenntnisse vermittelt wurden und die man dann "per Chefserlaß" dazu verdonnert, "Konzernenglisch" zu schreiben. Gerade die vermeintliche "Einfachheit" der englischen Sprache führt zu den haarsträubendsten Fehlern. Das Deutsche hat hierbei den Vorteil, daß sich niemand so ohne weiteres getraut, sich darüber herzumachen. Ich übersetze aus dem "Englischen" oder nunmehr zumeist aus dem "Pidgin-Englischen", d.h. aus dem sogenannten Konzernenglisch. Das größte Problem dabei ist, nicht zu vergessen, wie richtiges Englisch aussieht. Konzernenglisch ist durch falsche Verwendung der Wortarten, ungeschickten Stil, falsche Wortwahl und falschen Satzbau gekennzeichnet. Zur Not kann man gerade noch verstehen, was gemeint ist, insofern hat dieses Pidgin-Englisch eine gewisse Existenzberechtigung. Ich weiß allerdings nicht, ob auch ein Engländer dieses Englisch verstehen kann.

So, dies war nun eine ganz lange Einlage. Ich hoffe, daß sie etwas zum Nachdenken darüber anregt ... Die Grammatik ist vielleicht eine "trockene Materie", aber ihre praktische Anwendung ist doch einige Gedanken wert.


eingetragen von uwe am 18.07.2001 um 09.47

meinen letzten Beitrag hatte ich schon geschrieben, bevor ich Ihren Beitrag lesen konnte. Aber ich denke, er beantwortet Ihre Frage.

Uwe


eingetragen von uwe am 18.07.2001 um 09.43

Die Grammatik ist - was mir hier schon einige Male vorgeworfen worden ist - nicht meine Stärke. Ich habe es nie als lohneswert angesehen, Grammatiktheorien zu erlernen. Daher bedaure ich es auch, dass man in der deutschen Rechtschreibung so viel Grammatikkenntnisse benötigt, um richtig schreiben zu können. Die RSR hebelt das ein wenig aus, vielleicht kommt sie mir auch deshalb entgegen.

Mein persönlicher Eindruck ist, dass man im Englischen längst nicht so viele Grammatikregeln braucht, um richtig schreiben zu können. Sehe ich das richtig ?

Uwe


eingetragen von Ursula Morin am 18.07.2001 um 09.42

Bezug zu "Leid"

Lieber Uwe,
wie kommen Sie denn darauf, daß die Kleinschreibung von "leid" in "es tut mir leid" eine Ausnahme war? Es handelt sich hier doch nicht um ein Substantiv, was mit etwas Nachdenken über die Satzstellung und Bedeutung sicher zu begreifen wäre. Das Problem war hier wohl nicht die Schreibweise, sondern eher, daß man Ihnen in der Schule nicht beigebracht hat, was ein Substantiv ist. Ähnliche Wörter in Verbindung mit "es tut mir" werden allerdings auch kleingeschrieben, selbst nach den neuen Regeln (womit die Großschreibung von "Leid" hier also zur Ausnahme wird). Ich weiß nicht, ob Sie damit auch Probleme hatten. Oder würden Sie lieber auch "es tut mir Gut" oder "es tut mir Weh" schreiben? Gerade diese Inkonsequenz stört ja an den neuen Regeln ganz besonders. Im übrigen ist es natürlich schon so, daß die "Vereinfachungen" der Reform größtenteils darin bestehen, sprachliche Fehler zur Norm zu erheben. Dadurch werden die Fehler aber nicht berichtigt und dadurch entstehen natürlich auch die Inkonsequenzen. Fehler sind ja naturgemäß nicht regelhaft.

Und bitte, beantworten Sie doch endlich eine meiner Fragen (siehe ersten Satz) mal direkt ... Ich stelle diese Fragen wirklich aus Neugier, nicht zur Provokation ...


eingetragen von Klaus Malorny am 18.07.2001 um 09.26

Sie haben recht, das ist das wirklich allerletzte Beispiel für die Gelungenheit der Reform.

Mittlerweile haben sogar die meisten Reformer kapiert, daß das "leid" in dem Satz "es tut mir leid" KEIN Substantiv ist. Aus der Tatsache, daß es ein Substantiv "Leid" gibt, folgt nicht automatisch, daß jede Zeichenfolge aus l, e, i und d ein Substantiv ist und mit einem großen Buchstaben beginnen muß. Es heißt ja auch nicht: "es tut mir Weh", oder? Stellen Sie mal einen Artikel davor (was man mit Substantiven ja machen können sollte) - ändert sich da nicht der Sinn?

Preisfrage: Was ist es denn nun?


eingetragen von uwe am 18.07.2001 um 08.26

Den Vorwurf, dass sich einer an der Anti-Reform-Bewegung eine goldene Nase verdient, habe ich mit Bedauern zurückgezogen.

Ich selbst habe leider auch noch keinen Auftraggeber gefunden, der mir meine reformbefürwortenden Äußerungen bezahlten. Haben Sie da mal einen Tipp ?

Herzliche Grüße zurück!
Uwe


eingetragen von Karl Eichholz am 18.07.2001 um 07.45

Question

„tja, ähm, man hat mich hergeschickt, ich soll eine Rede halten. Äh, mal sehen, ob es mir gelingt. Versuchen wirs mal so: ....“

Da würd mich doch interessieren, wer Ihr Auftraggeber ist. Und wie reich Sie dran werden. (Sie setzten ja voraus, daß sich hier der eine oder andere an dem Widerstand zur RSR eine goldene Nase anschafft; es scheint also Ihr eigenes Wirkprinzip zu sein?)

nun sind Sie an der Reihe.


__________________

mit herzlichen Grüßen
Karl Eichholz


eingetragen von uwe am 18.07.2001 um 05.43

Die neue Groß- und Kleinschreibung ist zugegebenermaßen der Teil der Rechtschreibreform, den ich bislang am wenigsten verinnerlicht habe und wo ich auch kaum Vorzüge erkennen kann. Nun, versuchen will ich es trotzdem:

In der Schule habe ich gelernt, Substantive groß zu schreiben. Aber da gab es viele Ausnahmen und Besonderheiten, z. B.: Es tut mir leid. Die Schreibweise "Es tur mir Leid" würde ich daher als Vereinfachung ansehen, wenngleich diese Schreibweise möglicherweise andere Probleme hervorruft.

Uwe




eingetragen von Theodor Ickler am 18.07.2001 um 03.16

An unserer Universität glauben manche Verwaltungsmitarbeiter, ihre Vordrucke auf Neuschreibung umstellen zu müssen. Der Deputatsbogen, den die Lehrpersonen jedes Semester ausfüllen, ist an einer einzigen Stelle geändert: "Ermässigung". Dagegen sind "im wesentlichen", "aufeinanderfolgend" und "muß" stehengeblieben.
Zusammen mit einer anderern Institution lädt die Universität ferner zu einer "Abschlussveranstaltung" ein, die im Abstand von wenigen Zeilen zur "Abschlußveranstaltung" mutiert. Sie findet im "Erlanger Schloß" am "Schlossplatz" statt (richtig wäre "Schloss" und "Schloßplatz", denn die Straßennamen sind bisher nicht verändert und sollen laut Innenministerium auch nicht verändert werden).
__________________
Th. Ickler


eingetragen von Karl Eichholz am 17.07.2001 um 21.17

„I“

Das war das erste Wort, welches ich schreiben lernte. Es war recht übersichtlich, nicht unnötig lang und zum Abmalen auch noch nicht sehr schwierig. (Trennregeln kamen erst später.)

Auf der dritten Seite kam dann schon Fortschrittliches:
„Bebi“
Das war schon schnörkeliger, auch schon etwas länger, enthielt dafür aber schon bekannte Wörter und war leicht zu merken.

Als ich dann in der zweiten Klasse war, bin ich dahintergestiegen, daß man uns um der Einfachheit willen ja offensichtlich etwas Falsches beigebracht hatte. Nun, das konnte ich verschmerzen.

Was mir jedoch heute nicht in den Sinn will:

Warum sollen heute die vielen Erwachsenen zu genau diesem Unfug gezwungen werden, nur damit die Erstkläßler es einfacher haben?. Die können doch, so wie wir auch, in der zweiten dann die Erwachsenenschreibung lernen.

Das Schwierigste am „Lernen“ ist, daß die Erwachsenen sich nicht vorstellen können, wie unendlich leicht es die Kinder mit dem Lernen nehmen. Wo Lernschwierigkeiten auftauchen, stellt sich sehr oft ein soziales Problem als Ursache heraus, im Grunde also wiederum das Spiegelbild der Erwachsenen.

Es hilft also nichts, den Stoff noch einfacher zu gestalten, sondern im sozialen Milieu muß mehr Harmonie einkehren. Nur wäre dies manchem „Elter“ zu aufwendig, denn da müßte er/sie bei SICH anfangen. Nix mehr „Mama muß schnell weg, Ihr könnt ja fernsehen“, sondern „jetzt muß gekümmert werden“.

Oder liege ich da falsch?

__________________

mit herzlichen Grüßen
Karl Eichholz


eingetragen von Sigmar Salzburg am 17.07.2001 um 20.22

Das h am Känguruh ist wirklich nicht das Problem eines siebenjährigen Schülers. Es zu streichen zeugt eher von einer Art Putzfimmel der Reformer.

Ab und zu spielen meine siebenjährige und meine fünfzehnjährige Tochter Schule. Englisch: die Große hat Comics gezeichnet und die Kleine (2. Klasse) konjugiert und schreibt in die Sprechblasen nach Situation „I am silly, you are silly ..." – fehlerfrei. Die englische Orthographie macht ihr keine Schwierigkeit – sie lernt sie spielerisch. Nun kommen die „fortschrittlichen" diplomierten und promovierten Pädagoginnen und Pädagogen und behaupten, unsere soviel einfachere Rechtschreibung sei zu schwer für die Kinder und wir müßten „für einen weiteren vereinfachten Schriftspracherwerb für unsere Nachkommenschaft" sorgen: mit der modernen „Scheiß/Stuss"-Formel und ergänztem Pipifax würden 50 Prozent der üblichen Fehler vermieden. Welch eine Verblendung!
Wenn Kinder nach Gehör schreiben, kommen sie auch im Deutschen nie auf irgendeine der jetzigen und zukünftigen „reformierten" Orthographien. Es muß immer gelernt werden.

Bei meiner Siebenjährigen sah also der „Vokabeltest" am 19.03.01 so aus:
crazy – ferückt; silly – dumm; teacher – Lererin; pupil – Schühler ...

Die englische Orthographie, die heute mehr denn je gelernt werden muß, wird niemals reformiert werden – zum Glück, denn sonst könnten die Nachfolgegenerationen die wichtige weltweite belletristische und wissenschaftliche Literatur der vergangenen Jahrhunderte seit Shakespeare kaum noch lesen. Wenn sie es könnte, wäre die „Reform" nicht durchgreifend genug gewesen und bald darauf wieder reformreif. Eine schädliche Verwirrung wäre die Folge.

Die deutsche, vergleichsweise einfache Schreibung immer wieder reformieren zu wollen, obwohl sich die hochdeutsche Aussprache in den letzten hundert Jahren nicht verändert hat, ist ein verderblicher Aktionismus, der die guten Bücher des vergangenen Jahrhunderts alt aussehen läßt. Außer ideologischer Dummheit kann nur noch die Raffgier interessierter Kreise derartiges herbeiführen wollen. (In der ersten Fibel meiner Tochter stand ein einzelnes unmotiviertes „muss", wohl nur als Nachweis, daß sie in „reformierter" Rechtschreibung verfaßt ist, um die kultusministerielle Zulassung zu erlangen.)

Gerade kann ich an meiner kleinen Tochter wieder den Prozeß des Schreiben- und Lesenlernens verfolgen. Der ganze Aufstand z.B. um das „leseerleichternde" Doppel-s ist Unsinn, denn zuerst wird immer der lange Vokal ausprobiert. Wenn dann das Wort als eines der im kindlichen Wortschatz vorhandenen Wörter erkannt wird, ist es völlig gleichgültig, wie es geschrieben wird. Es geht nach einiger Zeit als Bildzeichen in das Langzeitgedächtnis über und buchstabiert wird nur noch, wenn ein unbekanntes Wort auftaucht.

Die „Reformer" heben nun als weiteren besonderen Vorzug der ss-Schreibung hervor, daß jetzt deutsche wie englische Wörter mit ss enden können. Meinem kleinen Jungen (12) wurde dazu in einem Rechtschreib-Kreuzworträtsel das unheimlich wichtige deutsche Lösungswort „Cleverness" beigebracht.

In den Internet-Foren finde ich dazu jetzt massenweise Schreibungen „Ergebniss, Ereigniss, Erlebniss, Erkenntniss, Finsterniss...." Neulich flog mir ein Zettel in Neuschreib auf den Tisch, den meine Tochter wegen Fahrens ohne Fahrschein (neudeutsch: Ticket) im Bus erhalten hat: Ein „Straf- und Bussgeldverfahren" wird angedroht.

Nie hat es mit dem englischen „Tip" Probleme gegeben. STOP steht immer noch auf den Verkehrsschildern und „Shop" auf den Ladenschildern. Aber kaum war in Deutschland die reformbedingte Tipp-Seuche ausgebrochen, da wurde meine Tochter zu einem „tipp" in der Englischarbeit inspiriert und erhielt prompt einen Fehler angestrichen.

__________________
Sigmar Salzburg


eingetragen von Theodor Ickler am 17.07.2001 um 16.11

Ich habe ein bißchen den Überblick verloren, aber wenn ich recht sehe, war es mit den bisherigen Beispielen für die Vorzüge der Neuregelung nicht weit her. Ist überhaupt noch etwas übriggeblieben, was Sie verteidigen möchten?
__________________
Th. Ickler


eingetragen von uwe am 17.07.2001 um 15.25

das Verfahren zur Einführung der RSR ist zwar demokratisch legitim und formal korrekt aber im Sinne einer vorbildlichen Demokratie sehr fragwürdig von statten gegangen (= mein persönliches Schlussresümee).

Für heute klinke ich mich aus, aber (viele werden es nicht glauben) morgen früh fällt mir bestimmt wieder ein neues Beispiel für die Vorzüge der neuen Rechtschreibung ein.

Uwe


eingetragen von Theodor Ickler am 17.07.2001 um 15.09

Uwe hat ein Kernproblem erkannt. Wie geht man auf die Barrikaden in einem Land, wo alles seinen geregelten Gang geht, inklusive höchstrichterliche Billigung? Es gibt viele Hinweise darauf, daß die meisten Bürger in ganz Deutschland die RSR für Unsinn halten, durchaus mit Recht. Aber wie kann man den Widerstand organisieren? Dazu ist der Leidensdruck auch wieder nicht groß genug. Oder, wie Goethe irgendwo sagt: "Es ist die Bequemlichkeit, die uns in unerträglichen Lagen festhält."
Uwe sollte sich erkundigen, wie den aufopferungsvollen Organisatoren des Volksbegehrens in Niedersachsen (Frau Ahrens und ihrem Mann) mitgespielt wurde. Das war genauso skandalös wie der offenere Akt der Vergewaltigung des Volks in S-H. Hier aus Bayern könnte ich auch Geschichten erzählen, zum Beispiel von der Jungen Union ... (wird nachgeholt und dokumentiert).
Übrigens hatten mehrere Kultusminister und andere Politiker versprochen, die Reform zu stoppen, wenn sie in EINEM Bundesland gestoppt würde. Darauf verließen sich die Mitstreiter in S-H und glaubten die mühsame und kostspielige Aktion stellvertretend durchzustehen. Wir wissen, was aus dem Versprechen wurde.
Der einzige Trost in dieser politischen Wüste ist, daß die Reform nun zusehends zerfällt und kein einziger Reformer sich noch einmal zu melden wagt, um sie zu verteidigen oder gar zu rühmen. Ein kläglicher Anblick!
Wer es so recht genießen will, sollte noch einmal das gesammelte Selbstlob der Reformer nachlesen (z. B. im "Schildbürgerstreich").

__________________
Th. Ickler


eingetragen von uwe am 17.07.2001 um 14.50

auch Ihnen möchte ich mein Abschieds-Smilie nicht vorenthalten:



Hoffe, Sie hatten auch ein wenig Spaß an den Diskussionen.

Freundliche Grüße
Uwe


eingetragen von uwe am 17.07.2001 um 14.46

Die Verfassungen des Bundes und der Länder gehen (ich meine zu recht) sehr behutsam mit plebiszitären Elementen um. Wenn aber nun Volksentscheide möglich und zulässig sind, steht nach meinem demokratischen Verständnis die Entscheidungsgewalt des Volkes über die Entscheidungsgewalt der gewählten Volksvertreter. Ergo darf auch nicht das Parlament eine Volksentscheidung aufheben. Dies führt Volksentscheide ad absurdum (Ist aber eine Folge davon, dass man auf der einen Seite scheinheilig plebiszitäre Elemente in seiner Verfassung haben möchte, auf der anderen Seite aber dem Volk eigentlich keine Entscheidungsgewalt zutraut). Die Schleswig-Holsteiner hätten auf die Barrikaden gehen müssen.

Uwe


eingetragen von Helmut Eberwein am 17.07.2001 um 13.29

Da die Diskussion sich hier im Kreise dreht, verabschiede ich mich aus derselbigen.

Wer immer noch nicht versteht, worum es hier eigentlich geht, nun, dem ist auch nicht zu helfen.


eingetragen von Theodor Ickler am 17.07.2001 um 13.21

In Schleswig-Holstein ging es durchaus demokratisch zu. Die Landtagsfraktionen bestehen aus demokratisch gewählten Volksvertretern, ein imperatives Mandat gibt es nicht, und der Landtag durfte die Volksgesetzgebung nach knapp einem Jahr aufheben. Was war daran undemokratisch? Das Ganze zeigt nur, daß es auch demokratische Schweinereien gibt, vor allem, wenn die Parteien sich aus sachfemden Motiven einig sind. Bezeichnenderweise war allerseits davon die Rede, den Volksentscheid zu "korrigieren" - so wie ja auch die Rechtschreibreform den bestehenden Schreibbrauch "korrigieren" sollte. Wer wird da letzten Endes korrigiert? Natürlich das Volk. Zuerst gewöhnt es sich im Laufe einiger Jahrhunderte eine falsche Rechtschreibung an, und dann entscheidet es sich auch noch fälschlicherweise dafür, an dieser festzuhalten. Beides ist nun korrigiert worden.
__________________
Th. Ickler


eingetragen von uwe am 17.07.2001 um 13.19



es war trotzdem angenehm, mit Ihnen zu diskutieren.

Uwe


eingetragen von uwe am 17.07.2001 um 13.11

da ich zeitgleich einen anderen beantwortet habe und er dadurch in den Hintergrund gerückt wurde.

Es ist nicht tolerierbar, wenn die Demokratie in Schleswig-Holstein mit den Füßen getreten wird. Da stimme ich voll und ganz zu. Und man darf und muss das als Schlesig-Holsteiner anprangern. Wie gesagt, ich bin überrascht, dass dieses Thema in den Medien nicht breitgetreten worden ist.

Ich dagegen bin Niedersachse und muss meinem Land zugestehen, dass die Rechtschreibreform hier formal korrekt eingeführt worden ist und das Demokratieprinzip gewahrt worden ist. Daher muss ich es hinnehmen (selbst wenn ich es nicht wollte), dass meinen Kindern in niedersächsischen Schulen die neue Rechtschreibung beigebracht wird.

Uwe


eingetragen von Wolfgang Scheuermann am 17.07.2001 um 12.58

u.a., weil sein Initiator zwischen Eingriffen in die Rechtschreibung und Eingriffen in die Grammatik keinen Unterschied zu sehen vermag. So "leitet" das Thema nach nirgendwo.
__________________
Dr. Wolfgang Scheuermann


eingetragen von uwe am 17.07.2001 um 11.58

es gibt doch eine Erklärung für das Känguru - "h". Vielen Dank, Herr Salzburg. So lerne ich immer mehr dazu.

Wie vermutlich in allen Punkten der Rechtschreibreform kann man wahrschinlich sowohl einleuchtende Argumente für die eine wie für die andere Schreibweise finden.

Nun stellen Sie sich aber bitte mal einen 7-jährigen Jungen vor, der die deutsche Rechtschreibung erlernen möchte. Welche Erklärung wird ihm eher einleuchten ? Ich denke er würde instinktiv Känguru ohne "h" schreiben. Warum muss man die Rechtschreibung unnötig verkomplizieren ?

Uwe


eingetragen von Sigmar Salzburg am 17.07.2001 um 11.45

Das Känguruh (über kanguroo engl./austr.) hat sein h, damit es nicht Kenn-Gúru gesprochen wird. Die Gefahr besteht bei Kakadu weniger. Hier fragt man sich aber, warum die Tippp-Experten der Rechtschreibung in diesem Fall wegen des kurzen Vokals nicht "Kackadu" vorschreiben – ebensowenig wie "Kackofonie". Sonst kennen sie doch auch keine Scham; z.B. bei der Streichung des h in "rauh", das nun wirklich im Süden noch deutlich hörbar ist, in "aufrauhen" auch allgemein und verschärft in "Rauchwerk" unentbehrlich – eine Schandtat so_genannter Experten.

__________________
Sigmar Salzburg


eingetragen von Karl Eichholz am 17.07.2001 um 11.22

Question

welch unerschöpflich reicher Quell an Argumenten aus Ihrem Rechner quillt:

„Nach meinem Verständnis sollte die Rechtschreibung weitgehend der Aussprache folgen.“

Das provoziert natürlich einen Vorgreifer, den Sie erst für übermorgen eingeplant hatten:

„Ketchup“ ist, glaub ich, die verbreitete Schreibung. Die Reform sieht hier ein „Ketschup“ vor. Natürlich genausoweit entfernt von einer deutschen Aussprache wie das Original. Warum nicht gleich „Kätschapp“?
Dies hätte den Vorteil, daß jedenfalls die Deutschen es nach Tradition recht sprechen könnten.
„Ketschup“ wird weder vom Inglschmann noch vom Deutschen logisch ausgesprochen werden können.

Und dann wären wir auch gleich noch vom Thema her bei der ollen Kamelle „numerieren“. Dies wird nach den Regeln ANDERS ausgesprochen als „nummerieren“.

Die RSR soll ja, so wurde von offizieller Seite behauptet, keine Veränderung der Sprache bewirken, sie beschränkt sich auf die Schrift.

Wirklich?


__________________

mit herzlichen Grüßen
Karl Eichholz


eingetragen von uwe am 17.07.2001 um 10.32

Nach meinem Verständnis sollte die Rechtschreibung weitgehend der Aussprache folgen.

Känguru enthält in der Aussprache kein "h". Ich gebe zu, Kuh auch nicht. Aber bei der Kuh brauche ich das "h" um in der Mehrzahl Kü-he zu bekommen. Simpel, aber nachvollziehbar und lernbar. Während mir zu der willkürlichen Unterscheidung von Känguruh und Kakadu nicht einmal ansatzweise eine Erklärung einfällt. Ihnen offenbar auch nicht, oder ?

IM Uwe
Staatliches Rechtschreibschutzsicherheitsministerium
(wenns nach Herrn Riebe ginge, hier im Forum wegen Unwissenheit nicht zugelassen)


eingetragen von Matthias Dräger am 17.07.2001 um 10.32

Lieber Uwe,

ich habe nicht unterstellt, daß das Ergebnis des Volksentscheides in Schleswig-Holstein auch für alle anderen Bundesländer gelten solle.

Wenn wir uns aber einmal auf die ganz formale Ebene begeben: Das von Dir so geschätzte Bundesverfassungsgericht hat festgestellt, daß ein Bundesland durchaus eine andere Rechtschreibung habe dürfe.

Es geht einfach nicht an, daß die es zur Durchsetzung der Rechtschreibreform notwendig ist, die Demokratie "nur" in Schleswig-Holstein außer Kraft zu setzen.

Haben wir eine demokratische Verfassung, oder haben wir sie nicht. Hat das Land Schleswig-Holstein eine demokratische Verfassung? Man kann einen solchen Vorgang nicht einfach gelten lassen, und sagen: Das war ein starkes Stück. Nein, es g e h t so nicht.

Sollen wir jetzt Regeln aufstellen, welche Aufhebungen der Demokratie/Verfassung noch tolerierbar sind?

Die Demokratie wurde nur ...(im Bezirk soundso) aufgehoben.

Oder: Die Demokratie wurde nur von ... bis ...(Uhrzeit) aufgehoben.

Oder: Die Verfassung/Demokratie wurde nur von Frau/Herrn ...soundso aufgehoben.

Zur Durchsetzung der Erlasse der demokratisch gewählten Kultusminister mussten nur die .... (Leute xy) abgeholt werden.

usw., usw.


eingetragen von Sigmar Salzburg am 17.07.2001 um 10.09

[uns uwe:] Kühe machen Mühe... Kängurühe ???

Kängu-Rühe, Rau und Grass,
Namen, die mit der Rechtschreibreform verbunden sind,
und Kühe und Mühe sind längst
vorauseilend reformiert besungen

Schleswig-Holstein
Rau die Winde ween,
Hoe Wellen geen,
Roe Gesellen mäen
In ruiger Reie mit Müe
Noch Gras für Ree und Küe
Und den Grass fressenden Rüe.

aus: „Neuschreib-Gedichte, h-arm- und stiellos",
empfohlen für den Gebrauch an Schulen ab 2005.


Man beachte die fortgeschrittene Systematik,
und dagegen das Stümperwerk unserer Großreformer.

(Zur Erinnerung: Rühe, vergessener Provinzpolitiker,
ermöglichte den Rechtschreibputsch im nördlichsten Bundesland
und damit die Einführung des Scheiß-Stuss-Schreibsystems)


__________________
Sigmar Salzburg


eingetragen von Klaus Malorny am 17.07.2001 um 10.00

Ihre Argumentation ist überhaupt nicht logisch. Der Plural von Ku ist natürlich Küe. Was hat die Bildung des Plurals mit der Frage, ob nach dem u oder ü ein h kommt, zu tun, wo ist da ein Zusammenhang?


eingetragen von uwe am 17.07.2001 um 09.52

Lieber Matthias,

Schulen und Kultur sind Angelegenheiten der Länder. Jedes Bundesland hat das Recht hier seine eigenen Normen zu setzen (Dank dem Föderalismus). Die demokratisch legitimierten Kultusminister der Länder haben gemeinsam mit den Verantwortlichen anderer deutschsprachiger Nationen die RSR erarbeitet. Die Umsetzung in Deutschland ist Ländersache. In Schleswig-Holstein wurde das Volk befragt. Das Ergebnis kann logischerweise nicht für alle anderen Bundesländer gelten (Das entspricht hoffentlich auch Deinem Demokratieverständnis). Ich wiederhole noch einmal: Was in Schleswig-Holstein passiert ist, ist ein starkes Stück. Das gilt aber nicht in allen Bundesländern, da dort das Volk nicht befragt worden ist. Und, zu unterstellen, das Volk hätte anderswo auch nein gesagt, entspricht auch nicht meinem Demokratieverständnis.

Das war jetzt alles sehr formal. Aber es ging ja auch "nur" um die Frage, ob die RSR formal korrekt in die Welt gesetzt worden ist. Nach meinem Verständnis ist sie das.

IM Uwe
Staatliches Rechtschreibschutzministerium



eingetragen von Matthias Dräger am 17.07.2001 um 09.21

Lieber Uwe,

mich stört das Wörtchen "nur" in Deiner Antwort.

Die Demokratie wurde "nur" in Schleswig-Holstein aufgehoben...

Mensch, Uwe, wach auf!


eingetragen von uwe am 17.07.2001 um 08.44

Vielleicht sollte man als Voraussetzung für den Zugang zu diesem Forum einen Aufnahme-Test durchführen, damit Unwissende außen vor bleiben. Ach ja, und ein eindeutiges Bekenntnis gegen die RSR sollte auch abverlangt werden.

Im Namen der Aktionsgemeinschaft "Für ein pöbelfreies Forum":

Uwe


eingetragen von uwe am 17.07.2001 um 08.30

ist es schon Verfolgungswahn ???


eingetragen von uwe am 17.07.2001 um 08.27

Sie haben mich enttarnt!

Ich bin informeller Mitarbeiter des Rechtschreibschutzsicherheitsministeriums. Mein Auftrag ist: Die Reformgegner durch unnütze Diskussionen aufhalten, damit sie keine Zeit mehr finden, gegen die RSR zu agieren. Auftrag erfüllt!

Passt ja auch voll und ganz in ihre Verschwörungstheorie.


eingetragen von Manfred Riebe am 17.07.2001 um 08.16

Unnötige Mühe macht nur "Uwe". Hier beschäftigt der ziemlich uninformierte Anonymus Uwe Cassens, uwe.cassens@web.de, mit seinen haltlosen Behauptungen eine ganze Schar Gutinformierter. Das weckt ungute Erinnerungen an einen Lars Kerner, der hier auferstanden zu sein scheint. Allmählich erhalte ich den Eindruck, daß hier jemand hauptberuflich im Auftrag einer Behörde eine Art Beschäftigungstherapie oder Arbeitsbeschaffung betreibt, um die Reformgegner von wichtigeren Arbeiten abzuhalten.

Uwe am 17.07.2001 22:20 Demokratie: "Zur Demokratie der RSR: Beruflich habe ich fast täglich mit Erlassen zu tun, insofern weiß ich schon wovon hier die Rede ist." Beruflich ist "Uwe" gezwungen, den Neuschrieb mehr schlecht als recht anzuwenden. Nur deswegen hält er daran fest. Solange "Uwe" nicht sagt, welches berufliche Interesse er am Thema hat, ist es wenig sinnvoll, mit ihm weiterzudiskutieren.


eingetragen von Karl Eichholz am 17.07.2001 um 08.05

Arrow

um heißen Diskussionen vorzugreifen:

Unterscheidungsfähigkeit ist ein hohes Gut.

Ich wollte lediglich aufzeigen, daß die Mechanismen, welche zu einem Dritten Reich hinführten, beileibe nicht ausgerottet sind. Sie sind heute genauso präsent wie damals, sie haben sich allerdings zum großen Teil auf andere Ebenen verlagert. Der Krieg braucht heute nicht mehr mit der Kanone ausgefochten zu werden. Heute findet er vermehrt auf der Ebene der Gesundheit des einzelnen statt.

Und was sich heute Demokratie nennt, ist von einer dem Sinne nach gelebten Demokratie recht weit entfernt.


__________________

mit herzlichen Grüßen
Karl Eichholz


eingetragen von uwe am 17.07.2001 um 07.44

Versuchen Sie das mal mit Kängurus! Viele Kängurühe ???
Es ist daher durchaus nachvollziehbar, dass man Kuh mit "h" und Känguru ohne "h" schreibt. Nicht nachvollziehbar war, dass man Känguruh mit "h" schrieb und Kakadu ohne.

Klingt doch alles sehr logisch, nicht wahr ?

Uwe


eingetragen von uwe am 17.07.2001 um 07.39

Sie setzen die Demokratie und Rechtstaatlichkeit der Weimarer Republik mit den heutigen Verhältnissen gleich.

Kein weiterer Kommentar.


eingetragen von uwe am 17.07.2001 um 07.32

aber das wurde nur in Schleswig-Holstein nicht beachtet !


eingetragen von Karl Eichholz am 17.07.2001 um 07.32

Thumbs down

„Über das Für und Wider der RSR kann man streiten , man darf auch Widerstand leisten, es macht aber wenig Sinn darüber zu debattieren, ob die RSR formal richtig erlassen worden ist. Wir leben in einer funktionierenden Demokratie und in einem Rechtsstaat.“

Die Ermächtigungsgesetze 1933 waren vermutlich ebenso wasserdicht untermauert. und „formal richtig erlassen“, ( es ging übrigens buchstäblich um Sekunden), zu dieser Zeit war es wohl auch noch ein Rechtsstaat und die Demokratie hat ähnlich „berauschend“ funktioniert wie heute.

Demokratie wird heute in Werbe- und Abendfernsehen gemacht. Was der einzelne für eine private Meinung hat, wird peinlichst genau dirigiert, gehätschelt und geknetet. Man braucht nur mit wachen Sinnen die Diskussion um Gentechnik und Embryonenstammzellen zu verfolgen, auch der neueste Schrei, Starwars Teil 2, zählt hierzu.
Und Sie brauchen sich ja nur in den Spiegel zu schauen und mal ernsthaft zu hinterfragen, woher die Argumente, welche Sie für oder wider die RSR ins Feld führen, ihnen zugeflossen sind.

Daß das Volk offensichtlich in seiner Meinung und dem Wunsch, was die RSR betrifft, peinlich vermieden wird, ist das offene Geheimnis.

Schöne Demokratie.
__________________

mit herzlichen Grüßen
Karl Eichholz


eingetragen von Klaus Malorny am 17.07.2001 um 07.31

Genauso könnte ich argumentieren:

Ku wie Kakadu

Diese Änderungen sind nachvollziehbar und logisch. Mit welchem Recht hat die Kuh bislang ein "h" beansprucht, wenn es dem Kakadu verwehrt war. Die deutsche Rechtschreibung wird hierdurch vereinfacht. Sehr lobenswert.

und daher auch "ro" wie "so".

kurzum: Es wird immer Wörter geben, die 'h' geschrieben werden, während ähnliche Wörter ohne 'h' geschrieben werden. Es wird nie eine vollständige Systematisierung geben, außer, man wechselt zur reinen phonetischen Schreibweise. Daher ist jede Änderung, wie sie die Reformer durchführen, völlig überflüssig bzw. kontraproduktiv, da sie außer Lernaufwand rein garnichts bringen.

Zudem: "rauen" statt "rauhen" widerspricht auch der Aussprache.


eingetragen von Matthias Dräger am 17.07.2001 um 06.34

DEMOKRATIA ist lt. Lexikon „V o l k s h e r r s c h a f t, Demokratie, wo alle Bürger gleichberechtigt zu Auszeichnungen und Ämtern sind, die höchste Gewalt im Staate bei den Vollbürgern (nicht bei einzelnen oder Tyrannen) in der Volksversammlung ist.“ (Benselers Griechisch-Deutsches Schulwörterbuch, Ausgabe 1904, S.181)

Wenn die Bürger bei einem Volksentscheid - und was ist ein Volksentscheid anderes als eine maximale Volksversammlung? - sagen: „wir (der Staat) gehen den Weg A“, aber dann sagt jemand, wer auch immer das sei „nein, der Staat geht dennoch den Weg B“, dann - ist die höchste Gewalt im Staate nicht mehr bei den Bürgern.


eingetragen von uwe am 17.07.2001 um 06.05

oder: rau wie blau

Diese Änderungen sind nachvollziehbar und logisch. Mit welchem Recht hat das Känguru bislang ein "h" beansprucht, wenn es dem Kakadu verwehrt war. Die deutsche Rechtschreibung wird hierdurch vereinfacht. Sehr lobenswert.

Auch Reformgegner dürften diese Änderungen für hinnehmbar halten, oder irre ich da ???


eingetragen von uwe am 17.07.2001 um 05.50

Eine letzte Äußerung von mir zum Thema Demokratie und Rechtschreibreform:

Es wurde hier im Forum angezweifelt, dass die RSR auf demokratisch legitimen Wege zustande gekommen ist. Das, und nur das, habe ich versucht zu widerlegen. Ich persönlich hätte auch eine andere Verfahrensweise und eine offene Diskussion im Vorfeld als vorteilhaft angesehen. Aber, demokratisch und rechtstaatlich legitim ist die Vorgehensweise.

Schleswig-Holstein habe ich ausdrücklich ausgenommen. Auch hier wird man eine Krücke gefunden haben, die Vorgehensweise zu legitimieren. Es widerspricht aber meinem Demokratieverständnis eine durch Volksentscheid herbeigeführte Entscheidung einfach zu ignorieren.

Ich hoffe, alle Unklarheiten ausgeräumt zu haben. Über das Für und Wider der RSR kann man streiten , man darf auch Widerstand leisten, es macht aber wenig Sinn darüber zu debattieren, ob die RSR formal richtig erlassen worden ist. Wir leben in einer funktionierenden Demokratie und in einem Rechtsstaat. Wer die Rechtmäßigkeit anzweifelt, sollte dies mit rechtstaatlichen Mitteln belegen. Wobei in Punkto Rechtschreibreform meines Wissens längst alle Rechtswege ohne Erfolg ausgeschöpft worden sind.

An Matthias:
Die Diskussionen über die RSR habe ich stets mit Interesse verfolgt. Die Aufhebung des Volksentscheides in Schleswig-Holstein ist mir tatsächlich entgangen, obwohl ich regelmäßig Nachrichten verfolge. Ich bin überrascht, dass dies in den Medien nicht breit getreten worden ist.

Uwe


eingetragen von Theodor Ickler am 17.07.2001 um 03.23

Natürlich kann man Menschen zwingen, "so Leid es mir tut" oder "am Aufsehen erregendsten" zu schreiben. Man kann sie auch zwingen, "2 + 2 = 5" zu schreiben oder aufzusagen. Aber das sind ja nur äußere Zeichen. Man kann durch Erlasse nicht erreichen, daß der grammatische bzw. mathematische Fehler verschwindet, um den es sich in Wirklichkeit handelt. Die Reform selbst definiert zum Beispiel Substantive, verfährt dann aber so, daß sich ein Widerspruch ergibt (s.o.). Dieser Widerspruch ist eine objektive Tatsache, und genau deshalb waren die Reformer im Herbst 1997 zu der Einsicht gekommen, Korrekturen am Regelwerk seien "unumgänglich notwendig". Sie unterblieben auf Geheiß der Kultusminister, und seither lernen alle Schulkinder objektiv Unwahres. Daß sich da mancher an Orwell erinnert fühlt, ist wohl begreiflich.

Nachtrag: Es wird immer wieder einmal gefordert, die Rechtschreibung müsse für jedermann lernbar sein. Nun, das kann nicht wörtlich gemeint sein. Es ist aber auch nicht einzusehen. Warum ausgerechnet die Rechtschreibung? Jeder nicht geradezu Schwachsinnige kann sich auf deutsch verständlich machen, aber es gibt das doch auch ganz gewaltige Unterschiede im Niveau. Die Gestaltung von schriftlichen Texten ist in einem ganz elementaren Sinn von jedem beherrschbar, aber es gibt auch hier höchst unterschiedliche Ansprüche. Als Leser will ich in Büchern usw. Texte von einer Vollkommenheit, die ich eben dem professionellen Verfasser zutraue, nicht jedermann, auch mir selbst nicht. Warum auch? Dafür gibt es ja eben die Profis, daß sie uns alles in höchster Qualität liefern. Ich selbst bin zufällig in der Lage, einen halbwegs anspruchsvollen Text zu machen (meine Bücher "Disziplinierung der Sprache" und "Regelungsgewalt" habe ich zum Beispiel selbst getippt und dann fotomechanisch vervielfältigen lassen, aber ich weiß, daß typographisch nicht alles gelungen ist). Das muß ja wirklich nicht jeder können.
Deshalb braucht sich auch keiner zu schämen, wenn er selbst mal einen Rechtschreibfehler macht. Die Ministerialräte wie Krimm und Schmid im bayerischen Kultusministerium haben sich erlaubt, reformkritische Bürger wegen orthographisch fehlerhafter Eingaben zu verhöhnen. Das habe ich immer als Verfehlung empfunden (und als Ungehörigkeit dazu). Anders steht es natürlich mit den vielen Fehlern, die man zum Beispiel in der Vorlage des IDS für das Bundesverfassungsgericht findet. Da muß man schon mal den Finger drauflegen.
__________________
Th. Ickler


eingetragen von Matthias Dräger am 16.07.2001 um 22.23

Lieber Uwe,

es ist erst einige Tage her, daß Du Dich darüber gewundert hast, daß man von der Aufhebung des Volksentscheides in Schleswig-Holstein gar nichts vernommen hat usw.
Ich vermute fast, Du hast vielleicht doch etwas darüber vernommen, denn jetzt dozierst Du hier ungeniert über Erlasse, und wie man mit Erlassen doch alles so schön regeln kann.
Lieber Uwe, von Dir hätte ich mehr erwartet, Du enttäuscht mich etwas...

Gruß Matthias


eingetragen von Walter Lachenmann am 16.07.2001 um 21.20

So fragwürdig ich selbst es finde, Vergleiche mit dem Nationalsozialismus zur RSR zu ziehen: Was heißt legitimiert? Auch Hitler wurde von einem demokratischen Parlament legitimiert. Wie Legitimationen in einer Demokratie zustande kommen, läßt einen manchmal daran zweifeln, ob Demokratie so eine großartige Staatsform ist.

Der Vergleich mit der Steuerreform ist mir auch schon oft gekommen. Wenn Steuern erhöht werden, was wahrscheinlich sachlich begründbar ist in der Regel, gibt es ein Gezeter in allen Bevölkerungskreisen, die Opposition prangert an, alles regt sich auf, obwohl keiner wirklich Bescheid weiß.

Bei der Rechtschreibreform, die in vielen Lebensbereichen große Kosten verursacht, protestieren nur die Sprachsensiblen (die dennoch in den Verdacht geraten können, dies nur aus Profitgier zu machen, für viele offenbar die einzige vorstellbare Motivationsart, im Leben überhaupt irgend etwas zu tun), keine Geschäftsleute, keine Demokraten protestieren (jedenfalls nicht die, die etwas bewirken könnten) - obwohl der staatliche Über- und Fehlgriff auf der Hand liegt.

Und die Steuern - auch wenn man dagegen ist - man muß sie schließlich zahlen. Aber die neuen Regeln müßte außer den Schülern und den Beamten keiner anwenden (auch die könnten sich bockig stellen), und besonders die Privatwirtschaft könnte viel Geld und Arbeitskraft sparen, wenn sie den Unfug schlichtweg ignorieren würde. Aber eilfertigst gehorcht dem Staat und bereitwilligst selbst Uwe, ein irgendwie kritischer und nicht gerade von Unterwürfigkeit gegenüber Autoritäten gekennzeichneter Geist. Die Respektierung einer staatlich beanspruchten Autorität hat bei ihm aber Vorrang vor dem Respekt einer Autorität in der Sache, in der Sachkompetenz. Seine Kommentare zur Rechtschreibung erinnern in ihrer mangelhaften Sachkenntnis und nebulösen Allgemeinfaselei an das, was ich etwa zur Steuerpolitik zu sagen hätte, von der ich eben auch nur verstehe, daß sie vom Staat geregelt wird und ich schließlich tun muß, was der anordnet.

Erstaunlicherweise wird in der Frage der Rechtschreibung dem Staat, dem sonst in allen Bereichen von seinen Untertanen gerne am Zeug geflickt wird, angefangen eben von den Steuern bis hin zur von den jeweils aktiven Regierungen praktizierten Politik überhaupt, wo jeder Biertischexperte ihm gerne die völlige Inkompetenz in allen Belangen bescheinigt (die Regierung, ja sogar Schröder ganz persönlich ist am Sinken der Börsenkurse schuld, Fischer wollte Krieg auf dem Balkan führen...) - eine Kompetenz attestiert, wo dafür nicht der geringste Anhaltspunkt gegeben ist und wo das Ergebnis das Gegenteil beweist. Völlig seltsam ist das, erklärbar nur dadurch, daß viele die Reform tatsächlich für etwas Innovatives und toll Modernes halten, das beeindruckt immer (man trägt ja auch die scheußlichen roten, gelben oder grünen Jacken, wenn das grade angesagt ist oder die häßlichen teuren Brillen, an denen man früher den mittellosen Kassenpatienten erkennen konnte, oder man humpelt auf Plateausohlen durch die Gegend oder man durchbohrt sich den Körper an den blödesten Stellen) - oder man kann es sich so erklären, daß ihnen das Ganze schlicht wurscht ist.

Eine befreiende Wirkung scheint die Reform auf diejenigen auszuüben, die glauben, damit sei den »Gebildeten« ein Hoheitsgebiet geraubt und der Allgemeinheit geöffnet worden, so wie einst die Schloßparks, in denen jetzt jeder rumlaufen darf, wogegen wenig zu sagen ist, denn was dort niedergetrampelt wird, kann wieder nachwachsen. Auch hier wieder die Analogie zur Mentalität der Nationalsozialisten mit ihrem Haß auf alles »Gebildete«.

»Telligent wollt ihr sein, ihr Professorenbande«, brüllt der Nazifeldwebel die zum Kloputzen angetretenen Männlein an, »wißt ihr, was ihr wirklich seid? In-telligent seid ihr, jawoll!«
__________________
Walter Lachenmann


eingetragen von uwe am 16.07.2001 um 20.20

Der Vergleich der Rechtschreibung mit der Mathematik hinkt. Die Mathematik ist eine Wissenschaft, die nicht durch den Gesetzgeber/Erlassgeber o. a. geändert werden kann. Die Rechtschreibung ist eine Norm, die sehr wohl abänderbar ist.

Zur Demokratie der RSR: Beruflich habe ich fast täglich mit Erlassen zu tun, insofern weiß ich schon wovon hier die Rede ist. Der Staat "regelt" durch Rechtsnormen, d. h. Gesetze, Verordnungen, Satzungen ( = mit unmittelbarer Außenwirkung) und Verwaltungsvorschriften, ohne unmittelbare Außenwirkung. Erlasse sind Verwaltungsvorschriften, die eine oberste Bundes- oder Landesbehörde (=Ministerium) gegenüber nachgeordneten Dienststellen oder Institutionen erlässt. Alle staatlichen Regelungen sind demokratisch legitimiert, da sie entweder unmittelbar durch den gewählten Gesetzgeber oder durch nachgeordnete vom Gesetzgeber legitimierte Institutionen erlassen werden. Vereinfacht dargestellt, aber ich hoffe soweit einverstanden. Schulen sind staatliche Einrichtungen. Es ist daher unstrittig, dass Erlasse für die Schulen und das Schulpersonal (=Lehrer) bindend sind. Der Schulbetrieb und auch Unterrichtsinhalte werden meines Wissens in vielen Fällen per Erlass geregelt. Und jetzt komme ich wieder zu dem, was ich oben bereits angeführt habe: Im Gegensatz zur Mathematik ist die Rechtschreibung keine Wissenschaft sondern eine Norm, die sehr wohl vom Erlassgeber verbindlich für den Schulbetrieb verändert oder reformiert werden kann.

So, für heute reicht es mir. Morgen früh habe ich noch ein Beispiel für die Vorzüge der neuen Rechtschreibung parat.
Gute Nacht!

Uwe


eingetragen von Wolfgang Scheuermann am 16.07.2001 um 17.31

Ein normaler Beurteiler meiner Additionsreihe käme zu dem Schluß, sie sei widersprüchlich: Die beiden 7er hätten doch einen ganz anderen Inhalt!
Ein Befürworter der Rechtschreibreform würde sagen: Das macht doch nichts! Das erkennt man doch aus dem Kontext!
__________________
Dr. Wolfgang Scheuermann


eingetragen von Helmut Eberwein am 16.07.2001 um 17.17

Lieber Uwe,

könnten Sie mir bitte erläutern, wie Sie zu der Schlußfolgerung (Zitat ..."Für das gesamte übrige deutschsprachige Gebiet gilt allerdings: Die neue Rechtschreibung ist unter Wahrung demokratischer Prinzpien zustande gekommen"...) kommen ?

Wie Sie sicher feststellen können, geht es mir nicht nur um den inhaltlichen Murks der RSR sondern vor allem auch um die Durchsetzung eben diesen Unsinns gegen den Willen der gesamten Bevölkerung aufgrund der spinnerten Ideen einer handvoll sich langweilender sog. Sprachexperten - und die mir unbegreifliche Willfährigkeit der Medien.

Ich denke, Sie wissen, warum ich dieses Testbeispiel mit diversen Reformwörtern gewählt habe - es wurde nur durch den Entschluß eines einzigen Entscheidungsträgers nicht Realität(soweit ich weiß), besser wäre es, wenn solch ein Unsinn durch eine wirklich demokratische Entscheidung (Abstimmung) gestoppt wird, aber ich glaube Sie sehen das ähnlich.

Auf die Erläuterung Ihrer Schlußfolgerung bin ich gespannt.


eingetragen von Theodor Ickler am 16.07.2001 um 17.14

Mindestens so "demokratisch legitimiert" wie der neue Eingriff war die frühere Regelung. Denn dieselben Kultusminister, die ihr Amt ja um mehrere Ecken herum den allgemeinen Wahlen verdanken, hatten festgelegt, daß die Regeln von 1902 gelten, in Zweifelsfällen die vom Duden angegebenen Regeln und Schreibweisen. Der Duden hat die Regeln also nicht eigenmächtig gemacht, sondern erstens weitgehend deskriptiv gewonnen und anhand der Festlegung von 1902 fortgeschrieben, und zweitens stets im Auftrag. Das ist völlig unbedenklich, man erinnere sich an den TÜV und ähnliche vom Staat delegierte Aufgaben.
__________________
Th. Ickler


eingetragen von Wolfgang Scheuermann am 16.07.2001 um 16.56

Die von Professor Ickler hier gegebene Erläuterung ist von extremer Bedeutung.

Uwe: Was spricht dagegen, wenn der demokratisch dazu legitimierte Erlassgeber (zugegeben ungewöhnliches Wort) die Regeln der Rechtschreibung verbindlich für die Schulen und Behörden per Erlass neu normiert ?

Dagegen sprechen inzwischen Tausende von Stellungnahmen - auch auf diesen Seiten.

Aber es ist hier auch ein Etikettenschwindel vorgenommen worden: Es wurde nicht nur die Rechtschreibung (wie ich meine: schlecht) neu normiert; es wurde unter dem Tarnmantel "Rechtschreibreform" auch in die Grammatik eingegriffen.

Mein Beispiel:
"1. Adverbien schreibt man klein.
2. Bis auf folgende, bei denen es anders angeordnet wurde: "


ist ein solcher Eingriff in die Grammatik.

Vergleichbar wäre eine Steuerreform, bei der es heißt: Jeder zahlt 10% seines Einkommens, und dazu käme eine Steuertabelle, die ungefähr so aussähe

Einkommen/Steuern
1000/100
2000/200
3000/0
4000/400
5000/921,50

Wenn dieser Steuergesetzgeber demokratisch legitimiert ist, ist das natürlich zu befolgen?

Der Vergleich zur Mathematik ist allerdings viel besser: "Das tut mir sehr Leid!" ist auf der gleichen Ebene wie:
1 + 1 = 2
1 + 2 = 3
1 + 3 = 7 (neuer kultusministerieller Erlaß)
1 + 4 = 5
1 + 5 = 6
1 + 6 = 7

"Demokratisch legitimierter Erlaßgeber" -> muß befolgt werden!

__________________
Dr. Wolfgang Scheuermann


eingetragen von Theodor Ickler am 16.07.2001 um 15.35

Es lohnt sich, den Hergang der Reform genauer zu studieren. Auch das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes ist lesenswert. (Übrigens ging es dabei um die Zulässigkeit der Einführung an den Schulen per Erlaß der Kultusministerien, um nichts anderes!)

Von den vielen problematischen Punkten möchte ich zur Diskussion stellen: Kann ein Lehrer vom Dienstherrn gezwungen werden, eine objektiv falsche Form zu unterrichten, also zum Beispiel "so Leid es mir tut"? Meiner Ansicht nach muß er dagegen nicht einmal Beschwerde einlegen, sondern ist geradezu verpflichtet, diese Regel zu ignorieren. Er darf ja auch nicht im Biologieunterricht lehren, daß Mäuse aus alten Lumpen entstehen (wie man früher glaubte). Auch nach 2005 darf Schülern kein Nachteil daraus erwachsen, daß sie objektiv richtig schreiben (grammatisch richtig), also die Reform weitgehend ignorieren.

Bei der Einführung des Euro usw. weiß im Grunde niemand, was daraus wird, eine objektive Wahrheit gibt es hier nicht. Die grammatischen Tatsachen sind aber objektive Wahrheiten, nicht mehrheitsunterworfen, insofern doch der Mathematik vergleichbar. (Ich rede von grammatischen Tatsachen, nicht von Schreibgewohnheiten.)
__________________
Th. Ickler


eingetragen von uwe am 16.07.2001 um 15.22

Halte ich sie für verfassungswidrig, kann ich dagegen Verfassungsbeschwerde einlegen. Ist meines Wissens in Bezug auf die RSR bereits gescheitert.

Halte ich sie für falsch, muss ich sie akzeptieren, da sie vom demokratisch dazu legitimierten Gesetzgeber beschlossen worden ist. Ich kann sie natürlich anprangern und Änderungen einfordern, aber ich muss sie akzeptieren. Oder würden Sie keine Steuern mehr zahlen, wenn Sie eine Steuerreform nicht gut fänden. Genauso ist es mit der RSR, wobei hier außer den Schülern und staatlich Bediensteten niemand gezwungen wird, sich danach zu richten.

Uwe


eingetragen von uwe am 16.07.2001 um 15.12

Was spricht dagegen, wenn der demokratisch dazu legitimierte Erlassgeber (zugegeben ungewöhnliches Wort) die Regeln der Rechtschreibung verbindlich für die Schulen und Behörden per Erlass neu normiert ?




eingetragen von Wolfgang Scheuermann am 16.07.2001 um 14.56

Das folgende Beispiel stammt nicht von mir, sondern von einem mir unbekannten Leserbriefschreiber aus dem Jahre 1997:

"Die Juden tun uns Leid."

Dieser Satz besagt, daß wir von Juden gequält werden; nach der Rechtschreibreform soll er aber auch bedeuten können, wir hätten Mitleid mit den Juden.

Wenn eine Steuerreform (Ihr Beispiel, sehr geehrter Uwe) derart fehlerhaft ist, kann und darf sie nicht hingenommen werden, sie muß dann zurückgezogen und korrigiert werden. Einem seinen Beruf ernst nehmenden Lehrer kann es auch nicht zugemutet werden, bewußt Fehler zu lehren - er unterläuft doch die Grundlage seines Tuns!

Und ist dies für Sie, Uwe, wiklich eine hinnehmbare Vorstellung, daß Ihren Kindern von dazu auf dem Erlaßwege gezwungenen Lehrern grammatisch fehlerhaftes Deutsch vermittelt wird?

Wie soll ein Schüler, der doch ein Gefühl für die Sprache erst entwicklen soll, damit zurechtkommen können, wenn ihm beigebracht wird:
1. Adverbien schreibt man klein.
2. Bis auf folgende, bei denen es anders angeordnet wurde:

(Herr Professor Augst, einer der Hauptprotagonisten der Reform, hat Professor Ickler gegenüber bekundet, er könne mit solchen Fehlern leben!!!)
__________________
Dr. Wolfgang Scheuermann


eingetragen von Theodor Ickler am 16.07.2001 um 14.31

Ich kann mir das Schmunzeln vorstellen, mit dem die Reformer lesen, die Rechtschreibreform sei auf demokratischem Wege zustandegekommen und müsse deshalb akzeptiert werden.
__________________
Th. Ickler


eingetragen von uwe am 16.07.2001 um 13.43

über die ich ein wenig nachdenken muss.

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Helmut Eberwein
Lieber Uwe,

eine kleine Anfrage: Würden Sie auch folgenden Satz rechtschreiberlich anwenden, insofern er "amtlich" wäre:

"Das katastrofale Restorant triumpfierte über die Apoteke, wobei das Packet auf dem Asfalt lag, welch ein Frefel!"

Oder gefällt Ihnen eher diese Variante:

"Das katastrophale Restaurant triumphierte über die Apotheke, wobei das Paket auf dem Asphalt lag, welch ein Frevel!"



Ich gebe zu, ich favorisiere die zweite Variante.

Ich weise nochmals darauf hin, dass ich kein vehementer Befürworter der neuen Rechtschreibung bin. Ich finde, einige Änderungen sind recht gut gelungen (siehe auch meine simplen Beispiele), andere halte ich für weniger gut gelungen. Insgesamt sehe ich aber absolut keinen Anlass, Widerstand gegen dieses "Reförmchen" zu leisten.

Nun, wer bestimmt unser Schriftbild ? Ich denke wir sind uns einig, dass das nur die Schreibenden und Lesenden sein können, also das deutschsprachige Volk. Nun spricht das Volk nicht mit einer Stimme und wählt nach meinem demokratischen Verständnis einen Normgeber. Und dieser hat das Recht, zumindest verbindlich für Schulen und Behörden die Rechtschreibung neu zu normieren (Dieses Recht würde ich einem Fachbuchverlag wie dem Duden-Verlag nicht zugestehen, weil er nicht demokratisch legitimiert ist). Nun kann man einwenden, dies sei gegen den Willen des Volkes geschehen. Aber ist das der einzige Fall ? Auch die Euro-Einführung würde derzeit nicht die Zustimmung der Bevölkerungsmehrheit finden. Und was ist mit Gesundheits- und Steuerreformen ? Werden die stets von der Mehrheit der Bevölkerung mitgetragen. Lediglich in Schleswig-Holstein kann ich den Widerstand gegen die Reform nachvollziehen, da hier das Volk gefragt worden ist, "Nein" gesagt hat und die neue Rechtschreibung trotzdem eingeführt worden ist. Ein starkes Stück. Für das gesamte übrige deutschsprachige Gebiet gilt allerdings: Die neue Rechtschreibung ist unter Wahrung demokratischer Prinzpien zustande gekommen und damit für Schulen und Behörden verbindlich.

Ich gestehe jedem zu, die neue Rechtschreibung (wie auch die Euro-Einführung) nicht gut zu finden. Ich gestehe auch jedem zu, weiterhin die alte Rechtschreibung anzuwenden. Dies verbietet die Reform ja auch nicht (könnte sie auch nicht). Nur, akzeptieren muss man die Rechtschreibreform, ganau so wie die Euro-Einführung oder eine Steuer- oder Gesundheitsreform.

Uwe



eingetragen von Helmut Eberwein am 16.07.2001 um 12.47

Die Idee bzgl. der Zeichensetzung ist sicherlich vernünftig, wobei man allerdings bei den Zeitungsverlagen auf eine verbindliche Kommaregelung bestehen müßte.

Interessanterweise ignorieren die Printmedien die neuen Kommaregeln vollständig. Bemerkenswert, oder?


eingetragen von Helmut Eberwein am 16.07.2001 um 12.34

Lieber Uwe,

eine kleine Anfrage: Würden Sie auch folgenden Satz rechtschreiberlich anwenden, insofern er "amtlich" wäre:

"Das katastrofale Restorant triumpfierte über die Apoteke, wobei das Packet auf dem Asfalt lag, welch ein Frefel!"

Oder gefällt Ihnen eher diese Variante:

"Das katastrophale Restaurant triumphierte über die Apotheke, wobei das Paket auf dem Asphalt lag, welch ein Frevel!"

Die Frage ist nun die: Wer bestimmt unser Schriftbild, wir selbst - als Betroffene - oder bestimmen andere für uns?

Was müßte geschehen, um beispielsweise auch Sie aus der Reserve zu locken, wie weit müßte man die Sprache mißbrauchen, damit auch Sie das unwohle Gefühl bekommen, sprachtechnisch bevormundet zu werden?

Bei den meisten Mitglieder dieses Forums ist die Sensibilität soweit ausgeprägt, daß die RSR auf Widerstand stößt, und das ist gut so.

Ab welcher Grenze würden Sie denn auf die Barrikaden gehen?


eingetragen von uwe am 16.07.2001 um 12.22

Ich bedaure bereits, den Vergleich der Rechtschreibung mit der Mathematik fortgeführt zu haben. Es lässt sich nicht vergleichen, da die Mathematik eine Wissenschaft und die Rechtschreibung eine Norm ist.

Nun meine ich aber, man sollte Normen auf ein unbedingt notwendiges Maß reduzieren. Die Schreibweise von nummerieren, Schloss, Känguru ... sollte schon einheitlich normiert werden. Hingegen hielte ich es in Bezug auf die Kommasetzung für vorteilhaft, die Normen stark zu reduzieren und im übrigen frei zu geben. Es wäre dann eine Frage des guten Stils, Zeichensetzung so anzuwenden, dass sie leserfreundlich ist und nicht eine Frage von richtig oder falsch. Die Idee ist doch nicht schlecht, oder ?

Uwe


eingetragen von Ursula Morin am 16.07.2001 um 11.41

In bezug auf Karl Eichholz / Uwe "...?"

Ich kann Uwes Wunsch - der ja auch zeitweise meiner war - recht gut verstehen. Nur, es ist ein "frommer Wunsch", wie mir bereits in der Schule schwante. Auch die Mathematik ist eine Sprache, die unter einer Vereinfachung leiden würde, wie Herr Eichholz gerade demonstriert hat. Daher habe ich dieses Beispiel gewählt.

Nun wäre es aber durchaus in Ordnung gewesen, wenn man sich bei der RSR darauf orientiert hätte, Uwes Wunsch zu entsprechen und beispielsweise bestimmte schwierige Bereiche weniger streng zu benoten bzw. in ihrer Anwendung "amtlich" freizugeben, wie dies ja der Duden früher vom Regelwerk her mit der Zusammen- und Getrenntschreibung getan hat (was dann allerdings durch Einzelfestlegungen wieder zunichte gemacht wurde).

Was mich an der RSR vor allem stört, sind die Einzelfestlegungen, die das Ausmaß beim früheren Duden bei weitem überschreiten und zudem aufgrund mangelnder Logik auswendig gelernt werden müssen, und ganz besonders die Tatsache, daß man mich zu grammatisch falschem Deutsch zwingen will (heute Abend, ich bin Schuld - warum dann nicht: ich bin Verrückt, oder ich bin Meier - er hat Recht usw.).

Um auf das Beispiel mit der Algebra zurückzukommen: Ich lasse mir nicht gerne ein X für ein U vormachen, auch nicht "von Amts wegen".


eingetragen von Karl Eichholz am 16.07.2001 um 11.16

Question

Sie wollen also, um exemplarisch bei der Mathematik zu verweilen, daß jeder die Grundrechenarten beherrscht:

1 + 1 = 2
1 - 1 = keins
1 x 1 = 1
1 durch 1 = 1

sehr löblich!

Das gelingt den meisten Kindern auch schon in den ersten zwei Schuljahren.

Nun möchten Sie auch, damit die Mathematik weiterhin so leicht erlernbar ist, daß auch die höhere Mathematik sich auf diese Grundrechenarten beschränkt:

2 x 2 x 2 x 2 x 2 x 2 x 2 x 2 x 2 x 2 = 1024

elegant!

2^10=1024 ist nach Ihrem Konzept nicht vorgesehen.

Wurzelziehen, Integrale, Fakultäten, imaginäre Zahlen, Ableitungen ebensowenig.

Es kommt ja auf die leichte Erlernbarkeit an.

Ja, das ist ein Konzept, was weit, weit in die Zukunft weist.

Gratulation!



__________________

mit herzlichen Grüßen
Karl Eichholz


eingetragen von uwe am 16.07.2001 um 10.47

ich bin der Meinung, dass Rechtschreibung so einfach sein sollte, dass jeder sie beherrschen kann. Der Vergleich mit der Mathematik ist gar nicht so schlecht. Auch dort gibt es Grundrechenarten, die nahezu jeder beherrscht (beherrschen sollte). Darüber hinaus brauche ich als "Normal-Bürger" weder Algebra, Stochastik oder Analysis zu beherrschen.

Genauso würde ich es mir in der Rechtschreibung wünschen. Verbindlich festgelegt werden wenige, grundsätzliche Normen, die einfach erlernbar sind. Nun steht es jedem frei, sich intensiver mit Einzelheiten, wie z. B. einer leserfreundlichen Zeichensetzung, zu beschäftigen. Auch in der Schule könnte dies durchaus unterrichtet werden. Nur es bedarf keiner strikten Regelung. Ähnlich wie in anderen Gebieten, werden sich bestimmte Normen durchsetzen bzw. haben sich längst durchgesetzt. Die RSR habe ich in Punkto Zeichensetzung bislang so verstanden, dass sie mehr Freizügigkeit zulässt. Und das ist gut so (z. Zt. ein sehr beliebter Satz). Nun wird Herr Ickler belegen, dass dies nicht der Fall ist; dem entgegne ich, dass es dann mehr Sinn macht an einer Weiterentwicklung der Rechtschreibung im Sinne von mehr Freizügigkeit zu arbeiten, als die alten Rechtschreibregeln zurück zu fordern.

Uwe


eingetragen von Ursula Morin am 16.07.2001 um 10.22

Lieber Uwe,
ich wüßte schon gerne, wer der "normalschreibende" Bürger ist? Und worum es sich bei den "paar Gebildeten" handelt, die angeblich die einzigen waren, die vor der RSR richtig schreiben konnten.
Wenn ich an meine Schulzeit zurückdenke, kann ich mich gut an meinen Wunsch erinnern, man möge doch zumindest bestimmte Teilbereiche der Mathematik, wie z.B. Algebra, aus dem Lehrplan entfernen oder wenigstens vereinfachen. Leider hat man mir den Gefallen nicht getan und ich mußte weiterhin bei den Algebra-und Trigonometrie-Lektionen den Spott des Lehrers und sehr schlechte Noten erdulden, die ich nur durch meine besseren Noten in den Sprachen kompensieren konnte.
Ich zog daraus aber nicht die Schlußfolgerung, man müßte eine "Mathematikkommission" einsetzen. Meine Entscheidung war hingegen, daß für mich eher ein Sprachstudium als ein Studium der Mathematik geeignet wäre. Ich sah daran auch keine große Katastrophe oder Ungerechtigkeit, sondern war einfach der Meinung, daß Begabungen nun einmal ungleich verteilt sind. Manche können eben schlecht rechnen und andere wiederum schlecht schreiben. Daß man nun letzteren den Gefallen tun wollte, das Schreiben zu erleichtern, halte ich angesichts meiner Erfahrungen aber doch für ziemlich ungerecht. Es hat ja auch nicht geklappt, wie aus allen Zeitungen und Werbeschriften überaus deutlich hervorgeht.

Als im übrigen ganz "normaler" Bürger habe ich nun einen Beruf ergriffen, in dem ich viel schreiben muß. Ich kann daran nichts Ehrenrühriges sehen; auch nicht daran, daß ich mich um guten Stil und richtige Grammatik bemühe.

Und nun zurück zu meiner anfänglichen Frage: Wie viel schreibt Ihrer Meinung nach ein "normalschreibender" Bürger - 1 Seite am Tag, 2 Seiten oder 10 Seiten - und vor allem, was schreibt er? Einkaufszettel, Liebesbriefe, Forumbeiträge oder Zeitungsartikel, Bücher, Gebrauchstexte? Kann es wirklich sein, daß "ein paar Gebildete" das gesamte "Schriftaufkommen" in der Bundesrepublik bewältigen?

Und ist es nicht völlig absurd, eine Rechtschreibung zu entwerfen, die möglicherweise zur Abfassung eines Einkaufszettels genügt, aber viele differenzierenden Ausdrucksmöglichkeiten nicht mehr zuläßt und Leute, die viel schreiben, ständig irritiert? Oder um es anders auszudrücken, wäre es nicht viel besser, eine Rechtschreibung für Leute zu haben, die 10 Seiten am Tage schreiben müssen als für diejenigen, die gelegentlich mal einen Brief verfassen?


eingetragen von uwe am 16.07.2001 um 09.51

Vorurteile ???


eingetragen von Theodor Ickler am 16.07.2001 um 09.49

Ich hatte mich undeutlich ausgedrückt, meinte das Kapitel "Propaganda und Wirklichkeit", das zugleich den ersten TeiL von "Regelungsgewalt" bildet.

Die Neuregelung war mit dem Versprechen der Vereinfachung angetreten, dies war ihre einzige Rechtfertigung. Folglich kommt es ganz entscheidend auf den Komplexitätsgrad an, nicht auf einen Auszug "wesentlicher Änderungen" - abgesehen davon, daß im Regelwerk selbst nicht zwischen wesentlichen und unwesentlichen Änderungen unterschieden wird. Gerade die wesentlichen Änderungen werden übrigens durch eine Unzahl von Ausnahmeregeln unlernbar gemacht.

Über die amtliche Neuregelung zu diskutieren und gleichzeitig zu fragen "Wen interessiert die amtliche Neuregelung?" scheint mir derart sinnlos, daß ich daran nicht weiter teilnehmen möchte. Allerdings hatte ich so etwas schon geahnt ...
__________________
Th. Ickler


eingetragen von uwe am 16.07.2001 um 09.17

Wen interessiert denn die amtliche Neuregelung ? Die wesentlichen Änderungen der Rechtschreibreform lassen sich sehr wohl auf zwei Seiten zusammenfassen. Ich denke, meine simplen Beispiele beschreiben schon den größten Teil der Reform. Über alles andere können sich Gelehrte streiten, für den "normalschreibenden" Bürger ist dies unwichtig. Würden wir z. B. über eine Steuerreform diskutieren, würde ich auch nicht von Ihnen verlangen, das komplette Steueränderungsgesetz mit all seinen Feinheiten zu kennen. Auch hier würde sich die Diskussion auf einige wesentliche Änderungen konzentrieren.

Übrigens:
Den Aufsatz zur Regelungsgewalt habe ich nicht gefunden. Weder im Forum noch unter dem Link "Aufsätze".


eingetragen von Theodor Ickler am 16.07.2001 um 08.35

Nicht der Widerstand gegen die Reform, sondern diese Reform selbst verhindert die weitere Arbeit an der Rechtschreibung. Denn nach dieser Erfahrung wird auf die nächsten Jahrzehnte keiner mehr an ein solches Unternehmen herangehen. Es kostet schließlich jedesmal Milliarden, ganz zu schweigen von den immateriellen Kosten der Umstellung.

Nein, wir verstehen einander durchaus nicht. Ich will nicht die alten Regeln zurückhaben, sondern die bisherige Rechtschreibung beibehalten. Daß es so schwer ist, zwischen der tatsächlichen Schreibweise und ihrer normativen Darstellung im Duden zu unterscheiden!

Wer die amtliche Neuregelung nicht hat, kann bestenfalls über didaktisch vereinfachte Darstellungen, Handreichungen usw. reden. Darum geht es aber nicht. Auch die "alte" Rechtschreibung läßt sich vereinfacht darstellen. Aber eine vereinfachte Darstellung ist keine Vereinfachung der Sache selbst. Ich kann nur raten: Lesen Sie die alte Darstellung im Duden von 1991 oder noch besser meine Rekonstruktion der bisherigen Schreibweise hier auf den Rechtschreibseiten und vergleichen Sie damit die Neuregelung, die man ja beim IDS abrufen kann. Es genügt auch erst einmal ein Auszug, zum Beispiel eben die Kommasetzung oder die Groß- und Kleinschreibung. Man kann die Neuregelung auch in gebundener Form bestellen, als Amtsblatt in Bayern zum Beispiel für 4,50 DM. Die Lektüre des Amtsblattes ist übrigens Pflicht für alle Lehrer!

Vielleicht kommt Ihnen der Unterschied nicht so groß vor, aber für mich ist es geradezu erschütternd, daß jemand hier über die Vorzüge einer Neuregelung schreibt, die er gar nicht im Original kennt. Dabei ist doch der Umfang und Komplexitätsgrad der einen wie der anderen Regelung gerade der Hauptpunkt, um den sich das ganze Gerede von der "Vereinfachung" dreht!

Vielleicht können Sie sich wenigstens zur Lektüre des Kapitels "Regelungsgewalt" unter den Aufsätzen aufraffen.
__________________
Th. Ickler


eingetragen von uwe am 16.07.2001 um 08.09

ich besitze nicht das amtliche Regelwerk und werde mir dieses Werk auch nicht antun.

Ihre Argumentation spricht doch dafür, an einer Weiterentwicklung der Rechtschreibung zu arbeiten und nicht die alten Rechtschreibregeln zurück zu fordern. In diesem Punkt können wir uns auch schnell einig werden. Die RSR war sicher nicht der große Wurf sondern allenfalls ein kleiner Anfang zu einer einfacheren, verständlicheren und leichter erlernbaren Rechtschreibung zu kommen. In seinen Auswirkungen fast bedeutungslos. Deswegen kann ich auch den Widerstand nicht nachvollziehen. Dieser Widerstand verhindert weitere Reformen, da sich keiner mehr an eine Rechtschreibreform herantrauen wird.

Uwe


eingetragen von Theodor Ickler am 16.07.2001 um 07.46

Ich bin ja gar nicht dafür, daß der Staat die Kommasetzung regelt. Meine eigene Darstellung der üblichen und anerkannt leserfreundlichen Kommasetzung ist zum Beispiel auf den Regeltafeln sehr übersichtlich und einfach. In der einfachen Anleitung (im ersten Teil meines Wörterbuchs) umfaßt sie auch nur gut eine Seite). Für höhere Ansprüche gibt es meine ausführliche Darstellung in den "Hauptregeln" ebenda, immer noch sehr kurz.

Der ganze Gedanke der "Liberalisierung" muß mit Vorsicht gehandhabt werden. Da ich die Staatlichkeit der Rechtschreibung ablehne, würde Liberalisierung für mich nur auf eine Vergröberung hinauslaufen. Ich bin wohlgemerkt FÜR Liberalisierung, aber in einem radikaleren Sinn als dem der Beliebigkeit. Mein verschiedenen Fassungen der "Regeln" (die ja eigentlich Beschreibungen sind), gehen von groben Faustregeln bis zu feinen Differenzierungen, die man als Ratschläge für die Gestaltung anspruchsvoller Texte lesen kann.

Es ist die Reform, die - im Einklang mit ihrem obrigkeitlichen Rückhalt - bis ins kleinste festgelegte Regeln vorschreibt und trotzdem oft absurd ist. Wenn das Ganze nun so offensichtlich ohne Widerhall geblieben ist - worin bestehen dann noch die "Vorteile" der Neuregelung in diesem Punkt?

Kleine Frage an Uwe zum Schluß: Besitzen Sie eigentlich das amtliche Regelwerk? (Die Frage ist nicht provokativ gemeint, denn oft stellt sich heraus, daß Diskutanten nur didaktische Aufbereitungen in der Hand haben.) Ich frage auch deshalb, weil die besagten zehn Seiten Kommaregeln ja eigentlich für sich sprechen - oder vielmehr gegen sich.
__________________
Th. Ickler


eingetragen von uwe am 16.07.2001 um 07.40

Welcher Aktionismus ? Ich bin gewiss kein Kämpfer für die neue Rechtschreibung. Wie ich schon gesagt habe, ich bemühe mich, die neuen Rechtschreibregeln zu erlernen. Das man hin und wieder überholte Schreibweisen verwendet, ist doch nur allzu verständlich. Schließlich habe ich kein Wörterbuch neben meiner Tastatur liegen und überprüfe nicht mehrfach meine Beiträge.

Die Diskussionen hier im Forum finde ich sehr interessant. Allein das ist mein Antrieb hier einige (teilw. provozierende) Beiträge einzustellen. Den Aktionismus gegen die RSR sehe ich aber als genauso sinn- und nutzlos an.

Uwe


eingetragen von Klaus Malorny am 16.07.2001 um 07.26

... ist kein Lehrer, sondern Informatiker. Mag schlimmer sein, ist aber egal. Ich hätte nicht über Ihre Fehler gemeckert, hätten Sie nicht angefangen. Nebenbei verteile ich höchstens Tips und keine Tipps, denn ich bin kein Spieler :-) .

Interessant finde ich Ihre Bestätigung, daß Sie nach Ihren eigenen Regeln schreiben. Also Wasser predigen und Wein trinken? Was werden Ihre Kinder von Ihnen denken, wenn sie in Ihren Texten "Greuel" statt "Gräuel" lesen? Ist damit Ihr Aktionismus bzgl. der reformierten Schreibung nicht absurd? Das gleiche werfe ich übrigens den vielen Zeitungen und Zeitschriften vor, die "wegen der Kinder" umgestellt haben, jedoch nicht auf die "originale" reformierte Schreibung, sondern auf ihre eigene Hausorthographie. Sie richten damit größeren Schaden an, als wenn sie bei der alten geblieben wären (wenn man tatsächlich will, daß die Kinder die reformierte Schreibung lernen).


eingetragen von uwe am 16.07.2001 um 07.16

Die Regelungsgewalt des Staates in Bezug auf die Rechtschreibung wurde doch auch von Ihnen, Herr Ickler, einige Male angezweifelt. Warum muss dann die Kommasetzung haarklein geregelt werden. Wenn es mit dieser Reform noch nicht gelungen ist, hier mehr Freizügigkeit zu gewähren, dann ist eine weitere Reform erforderlich.

Den Schülern die lesefreundliche Kommasetzung beibringen, ja, das sollten unsere Lehrer. Aber das ist auch ohne ein umfassendes Regelwerk möglich.

Ich gebe zu, dass sich meine persönliche Kommasetzung (nach Gutdünken) durch die RSR nicht verändert hat. Insoweit kommen wir schnell überein, dass die RSR in diesem Punkt nutzlos war.

Uwe


eingetragen von Theodor Ickler am 16.07.2001 um 06.46

In der umgestellten Literatur, den Zeitungen und in den Schriften der Reformer selbst werden alle Kommas wie bisher gesetzt. Hinzugekommen ist allerdings ein weiteres Komma, das bisher als unnötig angesehen und von Sprachpädagogen sowie der Kommaspezialistin Baudusch (Mitglied des Internationalen Arbeitskreises, der die Reform gemacht hat) sogleich als besonders fehleranfällig bezeichnet wurde: das obligatorische (!) Komma als drittes Satzzeichen nacheinander als Abschluß wörtlicher Rede: "So?", fragte sie. Schon mal einen Schüler getroffen, der dieses Komma nicht vergißt?

Das Ziel, Kommafehler nicht mehr als Fehler zu werten, hätte durch einfache Anweisung an die Lehrer erreicht werden können. Allerdings wäre eine solche Herabstufung des Kommas angesichts der tatsächlichen Praxis (s.o.) kaum zu rechtfertigen, die Kunst der Kommasetzung ist ja offenbar ein ganz wesentlicher Beitrag zur leserfreundlichen Textgestaltung. Es ist auch falsch, hier von "Legalisierung" zu sprechen, auch wenn man das Wort großzügig versteht. In Wirklichkeit geht es um die Korrekturpraxis in den Schulen. Sie muß sich am wirklichen Lernziel orientieren. Wer in einem Bewerbungsschreiben ein Komma wegläßt, das offiziell wegbleiben kann, von der Firma jedoch ebenso wie von Zeitungen und Verlags-Lektoren weiterhin für notwendig gehalten wird, macht einen schlechten Eindruck. Die Personalabteilung kümmert sich verständlicherweise nicht um die archivierte Reform von 1996, sondern um das hierzulande Übliche.
Fragt man die Dudenredaktion oder sogar manche Reformer selbst, so werden sie zugeben, daß die neue Kommasetzung der am deutlichsten gescheiterte Teil der Neuregelung ist. Vgl. die Agenturschreibung, deren kanonische Fassung auf der Internetseite der dpa (www.dpa.de) nachzulesen ist: Die neue Kommasetzung wird in Bausch und Bogen zurückgewiesen, alle anderen neuen Regeln werden dagegen bestenfalls nur modifziert übernommen.

Übrigens umfassen die neuen Kommaregeln 10 DIN-A4-Seiten, ihre Zahl ist ebenfalls nicht geringer als vorher (nur die Numerierung hat sich geändert, damit es keiner merkt).
Bezeichnend ist auch, daß die Reformer ihre Kommaregeln zunächst selbst nicht verstanden hatten und sehr erstaunt waren, als man sie auf das neue obligatorische Komma gemäß § 77 (5) (nach Vorgreifer-es) hinwies. Der Kampf mit diesem Problem ist noch nicht abgeschlossen, die Dudenredaktion macht sich darauf bekanntlich einen eigenen Reim, der aber nicht überzeugt.

Ich verstehe nicht, wie man unter diesen Umständen die reformierte, aber nur auf dem Papier stehende, von niemandem genutzte, nur von den Lehrern zähneknirschend hingenommene Kommasetzung verteidigen kann.
__________________
Th. Ickler


eingetragen von uwe am 16.07.2001 um 05.29

Ach was wurden wir gequält in unseren Schuljahren mit all den vielen komplizierten Regeln zur Kommasetzung. Und trotz größter Anstrengungen seitens der Lehrerschaft ist es nicht gelungen, die Schülerschaft so weit zu bringen, dass sie auch nur annähernd die Regeln der Kommasetzung beherrscht. Das schrie geradezu nach einer Reform.

Bereits vor der RSR wurde die Kommasetzung in den meisten Fällen (von den paar Gebildeten natürlich abgesehen) nach Gutdünken vorgenommen. Oft führte dies ja auch zu einem zutreffenden Ergebnis, bzw. die Leser haben Fehler nicht einmal bemerkt. Die RSR legalisiert dies in Teilbereichen. Bis auf ein paar wenige verbindliche und nachvollziehbare Zeichensetzungsregeln wird es dem Schreibenden überlassen, wann er ein Komma setzt. Großartig!




eingetragen von Reinhard Markner am 15.07.2001 um 23.41

Wink

Pardon, ich habe den untenstehenden Beitrag vor Lektüre von Theodor Icklers sehr ähnlicher Wortmeldung geschrieben. Wir kabbeln uns zwar manchmal über rhetorische Figuren, in bezug auf die Großen Fragen sind wir uns aber offenbar ziemlich einig.


eingetragen von Reinhard Markner am 15.07.2001 um 23.33

Es sei der Hinweis erlaubt, daß in dem Buch, das ich gemeinsam mit Hanno Birken-Bertsch veröffentlicht habe, nicht von Auschwitz die Rede ist. Sozusagen ebensowenig wie in den Darstellungen der deutschen Orthographiegeschichte von seiten der heutigen Reformer von der Rustschen Reform.

Im übrigen ist die »Endlösung« durchaus mit anderen Genoziden vergleichbar. Vergleichen ist nicht dasselbe wie gleichsetzen oder verharmlosen. Tout comprendre n'est pas tout pardonner.


eingetragen von uwe am 15.07.2001 um 20.21

was hier alles geschrieben wird.

Die Diskussion über den Vergleich mit dem Dritten Reich sollten wir jetzt beenden, da sie nicht weiterführt. Bitte entschuldigen Sie, Herr Eichholz, dass ich Sie andauernd zitiert habe. Ich werde nicht weiter darauf eingehen.

Vielen Dank für den Tipp, Herr Malorny. Aber die "ändern"-Funktion habe ich auch schon entdeckt. Ich dachte es gäbe eine Rechtschreibprüfung. Auch Sie könnten Lehrer sein, oder sehe ich das falsch ? Selbstverständlich habe ich meine eigene Hausorthografie. Ich habe nie für mich in Anspruch genommen, weder die alte noch die neue Rechtschreibung perfekt zu beherrschen. Ich habe noch nie jemanden (ernsthaft) kritisiert, etwas falsch geschrieben zu haben. So sollten Sie es hier auch handhaben. Wir sind ja nicht in der Schule.

Ich wünsche allen eine geruhsame Nacht! Morgen werde ich mit einem neuen Beispiel zeigen, welche Vorzüge die neue Rechtschreibung hat.

Uwe


eingetragen von Ursula Morin am 15.07.2001 um 20.07

Zum letzten Eintrag von "Uwe" ...
Bei einer Reform, die sich selbst ständig als fortschrittlich beweihräuchert und von gewissen Politikern sogar als Beispiel für Innovationsfreudigkeit dargestellt wird, hätte man erwartet, daß sie modernen Gegebenheiten Rechnung trägt, u.a. der Tatsache, daß die Silbentrennung bisher automatisch kontrolliert wurde. Dazu steht dann noch im neuen Duden, daß "unsinnige" Silbentrennungen zu vermeiden sind. Wie wollen Sie das einem Computer beibringen? Und wieso schafft man hier Probleme, die leicht zu vermeiden wären? Dies betrifft also nicht allein die Trennung von "st", die ich im übrigen für ein geringeres unter den zahlreichen Übeln der Neuschreibung halte, sondern überhaupt die zahlreichen Trennmöglichkeiten, die offensichtlich in völliger Unkenntnis der modernen Textverarbeitung erfunden wurden.

Meine Anmerkungen zu "st" waren nur beispielhaft gemeint, und zwar dafür, daß es viele "Ausnahmen" in der bisherigen Rechtschreibung gibt, die sich bei genauerem Nachdenken nicht als solche, sondern als vernünftige Kompromisse bzw. Vereinbarungen der Sprachgemeinschaft herausstellen. Ich hatte immer angenommen, daß die meisten deutschen Muttersprachler dies "kapiert" hätten. Daß dem nicht so ist, gehört zu meinen größten Enttäuschungen.


eingetragen von Helmut Eberwein am 15.07.2001 um 18.08

Ich kann Herr Lachenmann nur zustimmen, ich denke unsere Schrift(sprache) ist mächtig genug, sich einem Herrn Augst zu widersetzen.

Man sollte auch bedenken: Alle jetzt heranwachsenden Germanisten haben in den Schulen hautnah den Unsinn miterlebt und miterdulden müssen, der Zorn und die Motivation da einiges geradezurücken wird sicherlich groß sein.

Alle Schüler die ich kenne finden die Reform überflüssig und (würde hier gerne ein Wort reinsetzen, ist aber wohl zu derb), die Sinnlos-Propaganda der Kultusminister ist lächerlich.

Bzgl. Herrn Uwe: Wenn es Vergleiche mit dem Dritten Reich gibt, dann bezieht sich das nicht auf die Vorgänge im einzelnen, sondern auf die vergleichbare Obrigkeitsmentalität (Nach dem Motto: "Was der Staat macht(Frage wer ist der Staat? - nicht wir alle?) ist verwerflich, wir machen aber trotzdem mit" (warum wird mitgemacht??))

Solch eine Mentalität ist absolut schädlich, und sollte die RSR uns Deutsche vielleicht ein bißchen aus dem bequemen Sessel aufrütteln, so hat Herr Augst möglicherweise etwas erreicht, was er vielleicht garnicht wollte - unserem kollektiven Selbstbewußtsein sollte es nicht schaden, etwas zu wachsen.


eingetragen von Karl Eichholz am 15.07.2001 um 17.01

Zitat

Ganz genauso, wie wir heute unsere Eltern (Großeltern) fragen: wie war das dritte Reich nur möglich?

Zitat Ende!

>Herr Eichholz vertritt damit die Auffassung, dass wir uns in Zukunft für das
>Zustandekommen der Rechtschreibreform genau so rechtfertigen
>müssen, wie unsere Eltern-/Großelterngeneration für das dritte Reich.
>Hierdurch wird das Nazi-Regim mit all seinen Greueltaten verharmlost.
>Solche Aussagen müssten den Widerstand eines jeden
>Diskussionsteilnehmers hervorrufen.

Weder werden die Greuel (Gräuel?) verharmlost noch sehe ich einen Zwang zur Rechtfertigung vor der nächsten Generation.

Wenn Sie sich in der älteren Generation umschauen, sofern sie noch da ist, wird Ihnen auffallen, daß es dort wenige Menschen drunter gibt, denen man selbst mit Boshaftigkeit ein verbrecherischens Tun in dieser Vergangenheit vorwerfen wird können. Und doch ist es getan worden. Es ist von wenigen getan worden. Dies konnte allerdings nur dadurch geschehen, daß es genügend Menschen gab, die wegschauten.

Noch zwei oder drei Jahrhunderte vorher war es gar nicht üblich, wegzuschauen. Man hat ganz unverholen und sensationslüstern zugeschaut, als Hexen verbrannt wurden.

Damit wollte ich nur ausdrücken, daß wir uns als Gesamtheit weit davon entfernt befinden, moralisch erwachsen zu sein. Die Mechanismen, welche ein Drittes Reich ermöglichten, sind beileibe nicht abgeschüttelt. Schauen Sie nur einmal hin, wie mit Minderheiten, gleich welcher Beschaffenheit und Couleur, in unserer Gesellschaft umgegangen wird. Ob es jemanden betrifft, der ein körperliches Gebrechen hat, oder ein geistiges, oder ob es seine Weltanschauung betrifft: Das erste, an was die Allgemeinheit denkt: „Das muß seinen angemessenen Rahmen haben“. Ja, und so hat jeder, der zum Normalklischee nicht taugt, seinen Rahmen, seinen Zaun, selbst auch aus Stacheldraht.

Es tut gut, im Vergleich einmal andere Kulturen kennenzulernen, die dies in anderer, ja geradezu eleganter Weise meistern. Sie zeichnen sich als Gesamtkultur durch eine buchstäbliche Unbesiegbarkeit aus, denn die Eigenschaften dazu liegen im Individuum begründet.

„wie war das dritte Reich nur möglich?“

wir werden uns als Gesamtheit auch in bezug auf die RSR unbequeme Fragen gefallen lassen müssen, denn auch unter den Kindern der kommenden Generationen wird es Philosophen, Dichter, Denker, Literaten geben, die sich mit den platten Ausdrucksmöglichkeiten, die die RSR dann noch übriggelassen hat („übrig gelassen hat“), eben NICHT zufrieden geben („zu Frieden geben“). Sie werden auf die Schätze stoßen, die in alten Büchern überdauerten und dann im Vergleich vielfältige Beweise für den Niedergang unserer Kultur entdecken. Und sie WERDEN Fragen stellen.

Was antworten wir ihnen?


__________________

mit herzlichen Grüßen
Karl Eichholz


eingetragen von Theodor Ickler am 15.07.2001 um 16.43

Ich selbst habe den Vergleich nie bemüht, wenn ich mich recht erinnere. Vor einigen Jahren habe ich, das Leid vieler Lehrer (erschütterende Briefe sind mir zugegangen!) vor Augen, in einem privaten Brief an Augst dazu aufgerufen, das "menschverachtende Massenexperiment" RSR abzubrechen. Daraus hat Augst dann ein halbes Jahr lang öffentlich Honig zu saugen versucht, indem er verbreitete, ich hätte die RSR mit "Deutschlands dunkelster Epoche" gleichgesetzt usw. usf. (so vor dem Rechtsausschuß des Bundestaqges; seine pathostriefende Stimme der verfolgten Unschuld werde ich nie vergessen, diese Nummer beherrscht er wirklich sehr gut!). Tatsache ist aber, daß hier Millionen Schüler und Tausende von Lehrern als Versuchskaninchen mißbraucht werden, und wir wissen inzwischen, daß Lehrer daran zerbrochen sind, und zwar nicht die schlechtesten.
Aber "Auschwitz" ist natürlich viel zu hoch gegriffen; wie gesagt, ich halte von diesen Vergleichen auch nicht sehr viel, und meine zahlreichen und umfangreichen Schriften zur RSR argumentieren auch ganz anders.

Aber gleichwohl: Wie hier mit dem Volk umgesprungen wird, mit dem Volksentscheid, wie die Presse gleichgeschaltet wird bzw. sich selbst gleichschaltet, so daß zum Beispiel der SPIEGEL auf Geheiß der Chefredaktion das tolle Buch von Birken-Bertsch und Markner nicht rezensieren DARF - das ist ein besorgniserregender Vorgang. Es gibt unzählige Einzelheiten, die hier zu erwähnen wären, sehr schlimm insgesamt! Die Lügenpropaganda zum Beispiel, und dann die vielen Mitläufer und Radfahrer, auch Denunziantentum (wie hierorts erlebt)! "Ich werde der Norm gehorchen, weil sie die Norm ist." Übel kann einem werden.
__________________
Th. Ickler


eingetragen von Walter Lachenmann am 15.07.2001 um 16.18

Vergleichen oder Gleichsetzen der Rechtschreibreform mit Auschwitz: Bei beidem kann einem angesichts der unterschiedlichen Dimensionen unwohl sein, insofern verstehe ich Uwe schon, obgleich er mit dem Klischee, durch eine solche Parallelisierung würde man die Greuel »verharmlosen« auch seinerseits wieder in die Schublade mit den Diskussionsschablonen greift (muß ja nicht gleich Totschlag sein), mit denen man am Kern der Sache so schön vorbeireden kann, weil man ja nichts von seinem Standpunkt aufgeben möchte.

Meine Prognose, was künftige Generationen betrifft: Sie werden uns und unsere Zeitgenossen nicht dramatisch anklagen, wie wir einst die Generation, die vor uns gelebt und den Nationalsozialismus nicht nur durch allzu große politische Passivität und sonstige uns heute schwer verständliche Befindlichkeiten ermöglicht hat, sondern ihn auch erdulden mußte. Vielmehr werden die Reformer auch in Zukunft nicht aussterben. Was bleibt denen nach der erfolgten Reform zu tun? Die nächste Generation der Reformer wird die jetzigen auslachen und alles dran setzen, die guten alten Regeln wiederherzustellen. Vielleicht findet sie auch Gefallen an dem Ansatz, daß Schrift und Sprache gar keiner Regelung bedürfen, sondern einer guten Beobachtung und einer - differenzierten - Darstellung (die Idee ist nicht von mir, zugegeben). Fragt sich nur, wann die ersten »jungen wilden Reformer« aktiv werden (können). Es ist doch immer ein Hin und Her zwischen den Generationen. Die 68er haben mit dem »Muff von tausend Jahren« ihrer Vorgängergeneration aufgeräumt und dabei leider auch neuen Unsinn produziert, jetzt kommen die nächsten Generationen und räumen mit Sinn und Unsinn der 68er auf, wobei wieder Spreu und Weizen entstehen (vom Weizen ist von hier aus allerdings wenig erkennbar). Daß sich Schrift und Sprache dauerhaft so verschandeln lassen, wie es die Reform täte, wenn sie könnte, ist kaum zu befürchten, da Schrift und Sprache wie etwas Organisches leben und wachsen, und das Lebendige neigt in der Regel dazu, in sinnvoller und schöner Gestalt zu wachsen, auch wenn daran herumgepfuscht wird, dafür gibt es in der Natur zahlreiche Beispiele. Narben können als besondere Schönheitsmerkmale vorteilhaft in das neu gewachsene Gesamtbild eingebunden werden, wer weiß?



__________________
Walter Lachenmann


eingetragen von Klaus Malorny am 15.07.2001 um 15.19

Herr Eichholz sieht offenbar ähnlich wie ich die Wiederholung der Verhaltensmuster von damals. Aus dieser Ansicht heraus sagt Herr Eichholz voraus, daß die Deutschen "danach" auf die gleiche Art und Weise versuchen werden, sich zu exkulpieren. Diese Meinung teile ich voll und ganz.
Jeder kann in die Lage kommen, sich irgendwann rechtfertigen zu müssen - entweder für das, was er getan hat, oder für das, was er unterlassen hat. Wie sich jemand rechtfertigt, hängt weniger von dem ab, was zu rechtfertigen hat, sondern mehr von seinem Charakter und der Fähigkeit zur Selbstkritik. Daher mag ich hier keine Verharmlosung erkennen.

Davon abgesehen. Etwas, was harmlos aussieht, kann schimm enden. Es heißt so schön: "Wehret den Anfängen". Jedoch, wo ist der Anfang? Hat es vielleicht schon längst begonnen? "Was?" werden Sie fragen. Ich weiß es nicht. Ist es mit dem Dritten Reich vergleichbar? Kann ich Ihnen auch nicht beantworten. Nichtsdestotrotz werde ich mir oder Sie sich später vorhalten lassen müssen, zuwenig dagegen getan zu haben. Aus dem Rückblick ist es leicht zu entscheiden, was gut und was schlecht, welche Handlungsweise richtig und welche falsch war. Aber was ist mit jetzt? Können Sie sich wirklich sicher sein, daß Sie mit Ihrer (welcher auch immer) Handlungsweise nicht an der nächsten Katastrophe beteiligt sind? Ich bin es bei mir nicht.


PS: Unter jedem Beitrag gibt es einen Knopf "Ändern", mit dem Sie Ihre eigenen Beiträge ändern können. Nebenbei bemerkt stelle ich fest, daß Sie Ihre Reform entweder noch nicht ganz "intus" haben oder Ihre eigene Hausorthographie praktizieren...


eingetragen von Theodor Ickler am 15.07.2001 um 14.23

Die These von der Unvergleichbarkeit der Naziverbrechen scheint mir eine besondere Form nationaler Überheblichkeit zu sein.
Hans Martin Gauger hat vor einigen Jahren bei einem ähnlichen Anlaß auf die Selbstverständlichkeit hingewiesen, daß Vergleichen etwas anderes als Gleichsetzen ist. Vergleichen kann man alles mit allem.
Im übrigen muß man schon sehr unbelehrt sein, wenn man nicht weiß, daß es in der Nazizeit nicht nur Auschwitz, sondern auch einen Alltag gab mit seinen kleinen Heldentaten und seinen kleinen Feigheiten, wie überall und ímmerdar auf dieser Welt. Die Machtergreifung und die schlimmen Folgen wären nicht möglich gewesen ohne dieses Grundgeflecht von Fehleinschätzungen und eben auch einem Mangel an Zivilcourage und demokratischem Grundkonsens, und es besteht der begründete Verdacht, daß diese Voraussetzungen in Deutschland besonders akut waren. Daß es so wenig Gegenwehr gibt, wenn der Staat sich an der Sprache vergreift, ist einen Vergleich wert. Sehr weit führt das natürlich nicht, vor allem sollte es nicht von der genaueren Untersuchung der heutigen Hintergründe abhalten.
__________________
Th. Ickler


eingetragen von uwe am 15.07.2001 um 14.10

ich glaube, wir werden uns nicht mehr einig. Deshalb ein letzter Versuch von mir, die Vorzüge der st-Trennung zu erläutern:

Zunächst denke ich, sollten sich Rechtschreibregeln nicht nach irgendwelchen Trenn- oder Rechtschreibprogrammen richten, sondern umgekehrt. Die Nichttrennung von st war eine Ausnahme von der sonst möglichen Trennbarkeit von ganzen Wortsilben. Fällt eine solche Ausnahme weg, fällt es unseren Kindern (uns vielleicht nicht mehr) leichter, die Rechtschreibung zu erlernen. Und das war schließlich das Ziel der Rechtschreibreform.

Noch Fragen ?


eingetragen von uwe am 15.07.2001 um 13.55

ich halte Ihren Vergleich für legitim, wenn er Ihre Meinung wiederspiegelt.

Für nicht legitim halte ich folgenden Vergleich:

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Karl Eichholz
Die Folgegeneration wird uns löchern, nicht nur, warum wir den Volksentscheid verteidigt haben, warum wir für das Volk gekämpft haben.

Irgendwann KOMMT die Frage auf den Tisch: Wie war das alles nur so möglich?
Wieso konnte die Presse als geschlossene Front ohne jede Gegenwehr das Volk vergewaltigen?

Wirklich ohne?

Wenn denn das Pendel in die andere Richtung umschlägt, dann gibt es niemanden mehr, der überhaupt nur entfernt DAFÜR gewesen sein will.

Ganz genauso, wie wir heute unsere Eltern (Großeltern) fragen: wie war das dritte Reich nur möglich?

Zitat Ende!


Herr Eichholz vertritt damit die Auffassung, dass wir uns in Zukunft für das Zustandekommen der Rechtschreibreform genau so rechtfertigen müssen, wie unsere Eltern-/Großelterngeneration für das dritte Reich. Hierdurch wird das Nazi-Regim mit all seinen Greueltaten verharmlost. Solche Aussagen müssten den Widerstand eines jeden Diskussionsteilnehmers hervorrufen.

Uwe


eingetragen von Ursula Morin am 15.07.2001 um 13.39

Lieber Uwe,
Sie können ein Argument, das Ihnen nicht schlüssig erscheint, nicht dadurch entkräften, daß Sie ein anderes anführen, das noch weniger schlüssig ist. (Dies ist übrigens eine Sitte, die seit der Reform eingerissen ist.) Außerdem haben Sie mein Argument immer noch nicht ganz verstanden. Ich hatte nicht gesagt, daß die Häufigkeit von "st" ein Grund dafür ist, die Buchstabenkombination "st" nicht zu trennen. Ich wollte nur zum Ausdruck bringen, daß es gute Gründe gab, dies nicht zu tun (wenn man sich die Mühe macht, etwas darüber nachzudenken). Dies ist durchaus ein Unterschied - mir ging es darum, was praktikabel ist und nicht darum, was man "erlauben" könnte. Natürlich "darf" man jetzt alles trennen, also auch z.B. "Bi -otop" usw. Nur praktisch ist dies nicht, weil die Trennprogramme daraus völligen Unsinn machen. Früher hatten die Trennprogramme eine Trefferquote von 98%. Man mußte da nur sehr wenig nachkorrigieren. Nun muß man alles "von Hand" machen, da die Programme "unsinnige" Trennungen nicht erkennen. Mein Argument war also nicht, daß irgendwelche philosphischen oder moralischen Hindernisse dafür vorliegen, das "st" in der Handhabung dem "sp" anzugleichen. Mein Argument war dasselbe wie auch bei anderen Regelungen des Neuschriebs, daß die neue Trennungsregel praxisuntauglich ist und zu vielen neuen Fehlern führt.


eingetragen von Klaus Malorny am 15.07.2001 um 13.06

Ich habe hier noch niemanden gesehen, der die Massenvernichtung und die Judenvertreibung in irgendeiner Weise verharmlost. Mich bestürzt zutiefst, was damals geschehen ist, und ähnliches darf sich nie wiederholen.

Es bestürzt mich aber auch, wie die Deutschen heute damit umgehen. Es waren die "Nazis", die das alles verbrochen haben - die Mehrheit der Bevölkerung hätte entweder von nichts gewußt oder hätten nichts tun können, ohne nicht selbst vom Tode bedroht gewesen zu sein. Ab einem gewissen Zeitpunkt trifft dies zwar zu, ist aber nur ein Teil der Wahrheit. Ein anderer Teil ist, daß die Mehrheit der Deutschen über Jahre hinweg Hitler und seine Schergen an die Macht geführt haben, in einem Zeitraum, als die Demokratie noch funktionierte. Ein langsamer, kontinuierlicher Prozeß. Natürlich gab es damals auch viele Menschen, die das drohende Unheil erkannten. Leider haben sich aber viel zu wenige getraut, öffentlich zu opponieren und den potentiellen Mitläufern die Augen zu öffnen und ihnen in ihr Gewissen zu reden.

Meine Wenigkeit und offenbar auch andere Reformgegner sehen anhand der Vorgänge um die Rechtschreibreform, daß zwar heutzutage alle Deutschen von sich behaupten, sie hätten aus der Geschichte gelernt, aber sich ziemlich widersprüchlich verhalten. Weit mehr als die absolute Mehrheit der Deutschen waren in Umfragen und später in der Wahl in Schleswig-Holstein GEGEN die Rechtschreibreform, nichtsdestotrotz haben sie jedoch NICHT GEHANDELT. Im Gegenteil: die Entscheidungsträger, die in der Lage gewesen wären, sich gegen die Reform zu entscheiden (Zeitungsverlage beispielsweise), haben vor der Obrigkeit ihren Schwanz eingezogen. Um ihre Feigheit zu kaschieren, haben sie entweder das Thema zum Tabu erklärt oder haben sich zum Sprachrohr der Kultusminister und Reformer machen lassen. Sie müßten sich mal die bescheuerten Anworten dieverser Leute anschauen, die ich angeschrieben habe. Der normale Bürger mag sie nicht, fügt sich aber auf die eine oder andere Art und Weise mit der ein oder anderen vorgeschobenen Begründung (so wie Sie).

Wer da nicht Ähnlichkeiten in den Verhaltensmustern von damals und heute sieht, muß Tomaten auf den Augen haben. Es ist hochpeinlich, daß die Deutschen so reagieren, gerade wegen der Geschichte und der Tatsache, daß die ungewollte Reform in ihrer politischen und machtstrukturellen Bedeutung absolut harmlos ist. Wir Deutsche sind offenbar nicht einmal in der Lage, einen so kleinen Angriff auf uns abzuwehren. Wir demonstrieren damit: "Kommt Diktatoren, unterjocht uns, wir werden uns nicht wehren!"

Es gibt meiner Meinung nach noch etliche weitere Anzeichen für die real existierende treudoofe Obrigkeitsgläubigkeit der Deutschen, glaube aber, jetzt genug geschrieben zu haben.

So, und jetzt hätte ich gerne gewußt, was an meinen Vergleichen illegitim ist.




eingetragen von uwe am 15.07.2001 um 12.56

ihr Argument erscheint mir nicht sehr schlüssig. Nur weil eine Buchstabenkombination häufig in einer Konstellation vorkommt, die eine Trennung nicht erlaubt, soll man diese generell nicht trennen dürfen. Das leuchtet mir nicht ein.

Uwe

Nachtrag:
Auch die Buchstabenkombination sp kommt häufig am Wortanfang vor (Mein Wörterbuch zählt über zehn Seiten). Und trotzdem darf man Wes-pe trennen.


eingetragen von Ursula Morin am 15.07.2001 um 12.44

Lieber Uwe,
leider haben Sie zu meinem Argument nicht Stellung genommen. Die Nichttrennbarkeit von "st" war meiner Meinung nach der Tatsache zu verdanken, daß "st" im Deutschen sehr häufig in Stellungen vorkomment, die keine Trennung zulassen. Die Buchstaben "st" am Wortanfang sind im Deutschen so häufig, daß mehrsprachige Wörterbücher dafür zumeist eine eigene "Abteilung" haben. Wenn Sie sich etwas mehr mit Sprache beschäftigen würden, kämen Sie auch zu dem Schluß, daß die neuen Regeln oft über solche durchaus vernünftige Gebräuche hinweggehen, die sich im Laufe der Zeit - ganz ohne amtliche Vorgaben - entwickelt haben. Nur wenn man sehr viel mit der Sprache arbeitet, bekommt man ein Gefühl dafür, weshalb es solche "Ausnahmen" gibt.

Man kann sich natürlich fragen, ob die Neuregelung nicht letztendlich dem Zwecke dienen soll, den professionellen Schreiberlingen endlich einmal eins auszuwischen. Dann stellt sich aber auch die Frage, weshalb man gerade denen, die am meisten zu schreiben haben, das "Geschäft vermiesen" möchte? Ist das vernünftig? Das wäre so, als ob man den Rennfahrern vorschreiben wollte, nur noch mit Zweitaktmotoren zu fahren ...


eingetragen von uwe am 15.07.2001 um 12.05

wo finde ich die Korrekturfunktion ?


eingetragen von uwe am 15.07.2001 um 12.03

dass sie als Korrektorin von der Rechtschreibreform nicht begeistert sind, kann ich verstehen. Aber auch in anderen Berufen muss man mit Veränderungen klar kommen. Zum Beispiel wird Finanzbeamten oder Steuerberatern auch fast jährlich ein neues Steuerrecht präsentiert.

Ihren Einwand zur st-Trennung habe ich zugegebenermaßen nicht ganz verstanden. Trennen darf ich doch ohnehin nur zwischen ganzen Wortsilben. Wenn nun st am Wortanfang steht, ist doch klar, dass eine Trennung nicht möglich ist. Vielleicht können Sie mir dies noch einmal verdeutlichen.

Und, bitte überdenken Sie noch einmal die Frage, welche Logik dahinter steht, Wes-pe trennen zu dürfen und Wes-te nicht ?

Freundliche Grüße
Uwe


eingetragen von uwe am 15.07.2001 um 10.20

Ich plappere nichts nach. Ich habe mich, wie mir hier schon häufiger vorgeworfen wurde, bislang nicht intensiv mit der Orthografie beschäftigt. Ich habe beruflich nichts mit Rechtschreibung am Hut (bin weder Professor, Lehrer, Journalist o. ä.).

Ich habe in der Schule die alte Rechtschreibung erlernt (so gut es ging). Als Vater von (fast) schulpflichtigen Kindern habe ich mich schon früh gezwungen, die neue Rechtschreibung zu erlernen, um mir nicht eines Tages von meinen Kindern vorwerfen zu lassen, nicht richtig schreiben zu können und um anpassungs- und lernfähig zu bleiben.

Aufgrund meiner Erfahrungen mit der neuen Rechtschreibung bin ich der Überzeugung, dass sie gar nicht so schlecht ist. Ich gebe zu, eine Reform wäre nicht unbedingt nötig gewesen. Aber da sie jetzt in die Welt gesetzt worden ist (mit was für einem fragwürdigen Verfahren auch immer) und unseren Kindern seit vielen Jahren gelehrt wird, ist es noch viel unnötiger darüber nachzudenken, sie wieder rückgängig zu machen.

Das ist meine Meinung. Ich gestehe jedem zu, hierüber anders zu denken und habe deswegen noch niemanden beschimpft oder kritisiert. Ich freue mich auf weitere Diskussionen.

Was mich jedoch stört sind überhebliche und arrogante Kommentare, wie z. B. von Herrn I. oder der Vergleich mit den Folgen des Dritten Reiches. Die schlimmen Folgen des Dritten Reiches mit seiner Massenvernichtung und Judenvertreibung sind mit nichts vergleichbar, schon gar nicht mit der Rechtschreibreform.

Uwe


eingetragen von Klaus Malorny am 15.07.2001 um 10.17

Dank der Korrekturfunktion des Forums läßt sich ja sowas beheben. Natürlich könnten Sie nicht nur fremde, sondern auch Ihre eigenen Beiträge auf die korrekte Schreibung (nach welcher RS auch immer) überprüfen...


eingetragen von Ursula Morin am 15.07.2001 um 10.09

Hier noch ein Nachtrag zu "nummerieren". Auch diese neue Schreibweise hat leider unerwünschte (?) Folgen. Neulich las ich in einem Buch "... ein nummerisches System". Das ist natürlich ganz folgerichtig: Wenn man bei "numerieren" nun die Herkunft von "Numerus" verleugnet, muß man das auch bei "numerisch" tun; nur - wie spricht man das aus? Und wie stellt man es an, den Deutschen eine andere Aussprache beizubringen. Vielleicht gibt es bald Aussprachekurse zum Erlernen der "einfacheren" Rechtschreibung, die in vielen Fällen von der bisher üblichen Aussprache abweicht. Und weshalb soll es einfacher sein, abweichend von der Aussprache zu schreiben? Die meisten Erstkläßler können doch schon Deutsch mit richtiger Betonung sprechen? Hat man überhaupt bedacht, welches Problem es darstellt, ihnen in der Schule eine von den Ausspracheprinzipien abweichende Rechtschreibung beizubringen?


eingetragen von Ursula Morin am 15.07.2001 um 10.02

Lieber Uwe,
die "alte" Rechtschreibung hatte einige Eigenheiten, die man mit einigem Nachdenken als vernünftig begreifen konnte. Bei der "neuen" Rechtschreibung ist es leider umgekehrt.

Ich habe mir z.B. die Nichttrennbarkeit von "st" immer damit erklärt, daß im Deutschen eben recht viele Wörter mit "st" beginnen. Wenn man mit solchen Wörtern Zusammensetzungen bildet, ist es angebracht, diese in der Wortfuge zu trennen. Die Eselsbrücke "Trenne nie st .... usw" hatte also eine ganz praktische Anwendbarkeit. Die Ausnahmestellung war - wie gesagt - leicht einzusehen und war auch von den nicht-denkenden Trennprogrammen leicht auszuführen.

Mit der neuen Trennregel wurden nun erst die Ausnahmen geschaffen, und zwar muß man sich nun überlegen, ob das "st" nur eine Buchstabenkombination wie bei "einfachstes", "leichtestes" usw. ist, oder ob das "st" zum Anfang des zweiten oder dritten Wortes einer Zusammensetzung gehört und dann nach den neuen Regeln auch nicht getrennt werden darf. Wir haben nun also zwei Regeln statt einer. Wo da die Vereinfachung sein soll, können Sie mir vielleicht erklären.

Hinzu kommt, daß diese zwei Regeln - also Trennung von "st" bei reiner Buchstabenkombination, aber nicht in der Wortfuge - von den Muttersprachlern zwar ohne Schwierigkeit gelernt werden können (für Ausländer wird's da zumindest beim Lesen und Verstehen schon schwieriger), aber für Trennprogramme kaum nachvollziehbar sind.

Schauen Sie sich dazu die Zeitungen an. Die Trefferquote der Programme ist in dieser Hinsicht ganz bescheiden. Für jemand wie mich, der viel Satzkorrektur lesen muß, ist das überhaupt keine Freude und schon alleine ein Grund, die Reform mindestens dreimal täglich zu verfluchen. Es wäre gut, sich erst Gedanken zu machen, ehe man etwas als "Ausnahme" bezeichnet, was in der herkömmlichen Schreibung durchaus gute Gründe hatte. Man kann dem "alten" Duden hier vielleicht anlasten, daß er solche und ähnliche Aspekte nicht deutlich genug erklärt hat.


eingetragen von uwe am 15.07.2001 um 09.53



Jetzt muss ich mal wieder meine Smilies bemühen, um die Sache richtig zu stellen. Man sollte das Thema nicht nur bierernst diskutieren, sondern hin und wieder auch mal einen Scherz zulassen. Nichts anderes war mein letzter Eintrag.

Uwe


eingetragen von Walter Lachenmann am 15.07.2001 um 09.36

Mit dem Totschlagargument, ein Argument sei ein Totschlagargument, kann man jegliche Diskussion totschlagen, dafür haben wir hier schon viele Beispiele erlebt. Wenn Sie jetzt noch mit Maulkorb, Mobbing und Zensur daherkommen, sind wir darauf bestens eingeschult.
Kleiner Tipp: Herr Malorny könnte sich vertipt haben. Kommt auch bei gebildeten Leuten for.
__________________
Walter Lachenmann


eingetragen von uwe am 15.07.2001 um 09.21

Jetzt gehen Sie aber zu weit, Herr Malorny,

verbohrt schreibt sich trotz RSR noch mit "h". Oder ist das schon der Vorgriff auf die nächste Reform. Die Idee ist gar nicht so schlecht.

Uwe


eingetragen von Klaus Malorny am 15.07.2001 um 08.37

Wie schön, daß Ihnen die Tilgung der st-Trennregel so gut gefällt. Eine "Ausnahmeregel" weniger. Daß durch die Nichttrennbarkeit des ck nun eine neue Ausnahmeregel hinzugefügt wurde, scheinen Sie aber nicht wahrzunehmen. Ich muß Ihre Worte gebrauchen: Warum soll ck nicht trennbar sein, wozu diese Ausnahme? Man kann doch Zucker auch Zuc-ker trennen. Haben Sie da irgendein Problem? Oder man geht zur ursprünglichen Form zurück, nämlich zu dem Doppel-k: Also "Zukker", auch wenn es nicht getrennt wird. Wäre DAS nicht eine Systematisierung und Vereinfachung?

Auch durch die Dreifachbuchstabenschreibung sind jetzt Ausnahmen entstanden, die es vorher nicht gab: Mittag statt Mitttag (vgl. Mittwoch) und dennoch statt dennnoch. Aber das sind plötzlich akzeptable Opfer.

Zum Thema "gebildete/ungebildete Schreiber": Da hat die Reform doch echt Fortschritte gebracht. Man kann sie überall sehen, in Zeitungen, in Werbebeilagen, in dummdeutschen Briefen ("mit freundlichen Grüssen"), die man so bekommt: keiner, wirklich keiner, beherrscht die neue Schreibung. Das ist doch ein echter Erfolg: Zwischen sog. gebildeten und ungebildeten Schreibern gibt es keinen Unterschied mehr. Zwar ein bißchen daneben von den Zielen, die Sie genannt haben, aber was soll's.

Aber machen Sie ruhig weiter. Zeigen Sie's uns. Es amüsiert mich doch sehr, wie Sie die verbohrten Argumente der Reformer und Kultusminister nachplappern.


eingetragen von uwe am 15.07.2001 um 08.09

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Walter Lachenmann

Zur st-Nichttrennung: Warum soll man die Regel ändern? Sie ist leicht zu kapieren und hat Vorzüge bei vielen anderen Wörtern, die durch die s-t-Trennung verunstaltet werden. Man muß halt ein paar Sachen wissen, auch wenn sie einem nicht einleuchten, das ist in vielen anderen Bereichen genauso.


Warum soll man die Regel ändern ? Mit diesem Totschlagargument kann man jede Reform und jede Veränderung in Frage stellen. Ich bleib' lieber bei konkreten Beispielen:

Warum sollte man Wes-pe trennen dürfen und Wes-te nicht ???
Wo ist da die Logik ? Ich behaupte nicht, dass an der Rechtschreibreform alles gelungen ist, aber willkürliche Ausnahmen erschweren zweifelsohne die Erlernbarkeit der Rechtschreibung und gehören abgeschafft. Selbst wenn die s-t-Trennung in einigen Fällen verunstaltend wirkt, spricht dies nicht gegen die Aufhebung der Regel, da keiner zum Trennen gezwungen wird.

Uwe



eingetragen von Walter Lachenmann am 15.07.2001 um 07.33

Ich bin immer wieder darüber erstaunt, wie schnell sich viele Leute selbst als »ungebildet« und als »Pöbel« einstufen, in einer seltsamen Mischung von Beleidigtsein und Stolz. Wahr scheint zu sein, daß das fehlerfreie Schreibenkönnen schon immer als ein Merkmal für eine gewisse Bildungshöhe betrachtet wurde, was nach meiner Beobachtung sehr trügerisch sein kann. Man kann auch ohne jegliche Rechtschreibfehler dummes Zeug von sich geben und andererseits Kluges formal fehlerhaft zu Papier bringen. Es gab und gibt auch in fremden Kulturen Menschen mit immensem Wissen und von beneidenswerter Klugheit, die gar nicht lesen und schreiben können.
Die Frage ist also, weshalb man diesem »Merkmal« eine so große Bedeutung beimißt. Vielleicht weil die fehlerfreie Beherrschung der Sprache überdecken kann, daß es ansonsten mit dem Wissen und der Klugheit nicht weit her ist? Dieser Verdacht ist leider nach meiner Einschätzung nicht völlig unbegründet, er gilt auch für Brillanz in der Rhetorik.
Andererseits kann man aber auch fragen, warum sich diejenigen, die erkennen, daß sie in der Rechtschreibung schwach sind und dies selbst als einen Nachteil gegenüber denjenigen empfinden, die hier keine Probleme haben, sich nicht einfach darum bemühen, dieses Wissen und Können sich anzueignen. Das ist überhaupt nicht besonders schwierig, da ein Grundstock von der Schule her so gut wie bei jedem Menschen gegeben ist, und bestimmt nicht schwieriger als das Erwerben irgendeiner anderen Befähigung, die man haben muß, um in bestimmten Lebensbereichen kompetent zu sein. Millionen von Sekretärinnen ohne »höhere Bildung« haben schon vor der Erfindung von Korrekturprogrammen über Jahrzehnte lang so gut wie fehlerlos Briefe, Protokolle, Berichte usw. geschrieben, auch ein Schriftsetzer hatte üblicherweise lediglich einen Volksschulabschluß und brachte es in der Orthographie doch zu mehr Perfektion als mancher Hochschulprofessor. Und man bedenke, wie lernfähig unglaublich viele Leute in dem immensen Bereich der Computer sind.
Nur völlig absurd ist es, eine hochentwickelte Schreibkultur offiziell herunterschrauben zu wollen auf ein Niveau, von dem man meint, dieses sei nun »einfacher« und könne von einem größeren Personenkreis beherrscht werden. Die Idee ist dumm, und die Praxis zeigt, daß das gar nicht funktioniert: die neue Rechtschreibung ist praktisch nicht erlernbar, weil man sich weder auf Wortherleitungen noch auf eine formale Systematik stützen kann (die vermeintlich plausible ß-ss-Regelung ist ein schlagender Beweis dafür, auch wenn das viele seltsamerweise nicht wahrhaben wollen).
Es soll ja Computerdeppen geben, denen angesichts eines Bildschirms schwarz vor den Augen wird, die nie begreifen, wie man mit einem PC oder Mac umgeht, und die sich deshalb weigern, sich von ihrer guten alten »Erika«- oder »Urania«-Schreibmaschine zu trennen, auf der sie ihr Leben lang virtuos im Zweifingersuchsystem zur vollen Zufriedenheit alles zu Papier brachten, was anstand. Stellen wir uns vor, diese »Ungebildeten« im Computerwesen stellten die Mehrzahl der Bevölkerung dar, und um ihnen entgegenzukommen, verzichtet man auf die Möglichkeiten des Computers und verdonnert das Volk zu »Erika« oder »Urania« (wobei der Vergleich hinkt, denn diese Schreibmaschinen waren in sich perfekt funktionierende Systeme im Gegensatz zur neuen Rechtschreibung).

Zur st-Nichttrennung: Warum soll man die Regel ändern? Sie ist leicht zu kapieren und hat Vorzüge bei vielen anderen Wörtern, die durch die s-t-Trennung verunstaltet werden. Man muß halt ein paar Sachen wissen, auch wenn sie einem nicht einleuchten, das ist in vielen anderen Bereichen genauso.
__________________
Walter Lachenmann


eingetragen von uwe am 15.07.2001 um 06.35

"Trenne nie st, denn es tut ihm weh." Mit diesem Satz wurde jahrelang dem Pöbel eine Ausnahme von der Silbentrennung eingeschärft.

Aber warum eigentlich? Wozu diese Ausnahme ?
Ob nun Muster, Kasten oder Meister. Was spricht dagegen, zwischen den Silben zu trennen ?

Das gleiche gilt für Zu-cker. Warum sollte man das ck zunächst umständlich durch ein kk ersetzen, um es trennen zu können ?

Hier hat die RSR willkürliche Ausnahmeregeln aufgehoben. Gut so!


eingetragen von uwe am 15.07.2001 um 05.48

Herr Ickler schrieb:

Übrigens: Warum sollte man "numerieren" mit mm schreiben? Es kommt ja nicht von "Nummer". "plazieren" kommt auch nicht von "Platz". Das wissen nur die Gebildeten? Freilich, aber warum MÜSSEN diese jetzt so schreiben wie die Ungebildeten? Haben sie denn keinen Anspruch darauf, ihr besseres Wissen anzuwenden? Aber das war und ist die Logik der Herren Augst usw.: Der Gebildete darf aus seiner Bildung keinesfalls einen Vorteil ziehen. Letztlich steckt dahinter wohl der Wunsch, es möge in Erfüllung gehen, was die Schüler seit je singen: "Unser Lehrer ist genauso dumm wie wir." Man lese noch einmal Drewitz/Reuters Dokumentation des GEW-Kongresses "vernünftiger schreiben" (1973, Fischer-Taschenbuch) nach, dann wird man sehen, daß ich keineswegs übertreibe.



Ihre Motivation, gegen die RSR zu kämpfen, habe ich jetzt verstanden. Es könnte ja eines Tages so weit kommen, dass nicht nur die Gebildeten, die deutsche Rechtschreibung beherrschen, sondern große Teile vom Pöbel. Das muss um jeden Preis verhindert werden.


eingetragen von Karl Eichholz am 14.07.2001 um 20.28

Wink

nach dem achten Glas würd ich wohl meinen Augen nicht trauen.

Die Ellejaans von „MMiissssssttaanndd“ würd misch doch ein weenisch fraachwürdisch erscheinen. ::--))

Ansich bin ich nicht neugierig, aber interessieren würde es mich ja doch, was Ihre Berufung ist, lieber Uwe.

Denn Sie haben Ihre Hausaufgaben ja sauber gemacht (nicht „saubergemacht“); die Argumente, die Sie bringen, werden sonst von Lehrern vorgetragen.

Übrigens: wenn sie mal ne Weile nicht hier waren, und die NEUESTEN Beiträge anschauen wollen, geht es am schnellsten, wenn sie links auf der Leiste auf das „F“ von Forum klixen.


__________________

mit herzlichen Grüßen
Karl Eichholz


eingetragen von Theodor Ickler am 14.07.2001 um 18.52

Manche finden Klumpfüße unwiderstehlich, in Fernost war das jahrhundertelang das Frauenideal ("Tulpenfüße"); andere lieben Kröpfe, Hasenscharten. Dazu kann man weiter nichts sagen. Jacob Grimm, wie gesagt, fand es pedantisch, einen einzigen Laut dreimal zu schreiben, aber das ist natürlich auch nur so ein Geschmacksurteil.

Wenn man "Ausnahmen" beseitigen will, muß man nach den Kosten fragen. Findet aber jemand, daß solche Kosten überhaupt nicht entstehen, dann ist er besonders glücklich dran. Andere sind freilich anderer Meinung. Vielleicht ändert sich das, wenn sie acht Glas Bier intus haben.

Übrigens: Warum sollte man "numerieren" mit mm schreiben? Es kommt ja nicht von "Nummer". "plazieren" kommt auch nicht von "Platz". Das wissen nur die Gebildeten? Freilich, aber warum MÜSSEN diese jetzt so schreiben wie die Ungebildeten? Haben sie denn keinen Anspruch darauf, ihr besseres Wissen anzuwenden? Aber das war und ist die Logik der Herren Augst usw.: Der Gebildete darf aus seiner Bildung keinesfalls einen Vorteil ziehen. Letztlich steckt dahinter wohl der Wunsch, es möge in Erfüllung gehen, was die Schüler seit je singen: "Unser Lehrer ist genauso dumm wie wir." Man lese noch einmal Drewitz/Reuters Dokumentation des GEW-Kongresses "vernünftiger schreiben" (1973, Fischer-Taschenbuch) nach, dann wird man sehen, daß ich keineswegs übertreibe.
__________________
Th. Ickler


eingetragen von uwe am 14.07.2001 um 18.39

Auch nach dem achten Glas Bier konnte ich an dem Wort "Missstand" absolut nichts finden, was daran auszusetzen wäre. Natürlich haben wir uns über viele Jahre eine andere Schreibweise angewöhnt. Aber spricht das allein dagegen ?
Auch "Prozesssteuerung" sieht sehr elegant aus. Und wer es so trennt wie Herr Eichholz (oder wer auch immer es war), erhielt schon früher eine "Prozeßs-Teuerung". Auch nicht besser.


eingetragen von Michael am 13.07.2001 um 21.57

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Klaus Malorny
Natürlich handelt es sich hier um ein von mir geschaffenes Kunstwort. Deshalb ist es aber nicht weniger gerechtfertigt, es als - abscheuliches (oder abschäuliches?) - Beispiel heranzuziehen.

Hallo Herr Malorny,

Auch die harmloseren Varianten der 3-Konsonanten-Regel finde ich schon schlimm genug! Da brennen mir schon die Augen, wenn ich in der Zeitung das Wort "Schiffahrt" schon in der geänderten Version lese. Diesen Konsonantenfeteschismus lehne ich völlig ab, zumal ich anderen das Lesen entsprechender Worte nicht zumuten möchte. Daher schreibe ich ein solches Wort (wie alle anderen) weiter in der bewährten Form.

Falls mich jedoch irgendeine Instanz unter Androhung empfindlicher Konsequenzen diese unchristliche neue Rechtschreibung aufzwingen wollte, würde ich mich entweder in der hohen Kunst der Vermeidungssprache versuchen oder aber "Schiff Fahrt" schreiben (dies streicht keine automatische Rechtschreibprüfung an). Als letzte Möglichkeit könnte ich mir auch vorstellen, dann dieses Wort durch das Wort "Shipping" in meinem Sprachgebrauch zu ersetzen.

Kämpfen wir dafür, daß die bewährte Rechtschreibung weiterhin gebräuchlich und legal bleibt.

Viele Grüße
Michael


eingetragen von Karl Eichholz am 13.07.2001 um 14.26

Wink

da hab ich heute noch was nettes aufgesammelt:

>Yahoo Kalenderblatt 14.Juli
>
>1933 - Mit dem «Gesetz gegen die Neubildung der Parteien»
>schreibt die deutsche Reichsregierung den Einparteienstaat
>als Regierungsform vor

In einem ähnlich sachlichen Stil wird uns auch heute noch Tiefgreifendes von den Presseagenturen untergejubelt, damit nur nicht jemand aufwacht.

Die Genforschung ist nicht mehr ernsthaft zu umgehen, wir verlieren die Spitzenposition und würden uns lächerlich machen. (Das hat sich 1944/45 anders angehört: wenn WIR die Atombombe nicht bauen, bauen sie die anderen. Und so wurde uns tatsächlich der große Segen zuerst von den anderen vorgeführt)

Arbeitnehmer werden „freigestellt“, damit man sie nicht auf die Straße setzen muß; die Rechtschreibung wird „um der Einheitlichkeit willen behutsam vereinfacht“, damit die „Kinder es beim Schreiben nicht so schwer haben und weniger Fehler machen“, was eigentlich ja überhaupt nicht nötig wäre, denn es sind „ohnehin nur 0,05% der Wörter betroffen“ ( dies hat sogar das Bundesverfassungsgericht geglaubt)

Es handelt sich genaugenommen also nur um ein Reförmchen.

(wieviel sind 0,05 % von 20 Wörten, die der Erstklässler in der ersten Zeit zu sehen bekommt? Pi mal Daumen ein hundertstel Wort)

Ich zitiere Walter Wittkopp:

„Der Duden verzeichnet, so steht es auf dem Umschlag, 120.000 Wörter. 0,05 Prozent davon, also jedes zweitausendste, sind genau 60 Wörter.

Wenn die Rechtschreib„reform“, wie es heißt, 60 Milliarden Mark kostet, dann kostet jedes reformierte Wort genau 1.000.000.000 DM.“

Nun, nicht gerade billig, aber Opfer müssen dem Fortschritt zuliebe nunmal gebracht werden. Außerdem: die Menge machts.

Weiter wurde verkündet: „Die RSR wird nur dann durchgeführt, wenn alle Bundesländer an einem Strang ziehen.“ übrigens dies auch wiederum der Einheitlichkeit willen.
(Eine Einheitlichkeit war übrigens von vornherein überhaupt nicht geplant, denn fest stand, daß die Schweiz kein „ß“ einführen würde.)

Nun, fast wäre diese Einheitlichkeit sogar „geglückt“, wäre da nicht , äh, sagen wir mal, recht weit oben im Norden so ein klitzekleines Gebiet zwischen Fehmarn und Pellworm, Flensburg und Glückstadt unnötigerweise zu einem nicht eingeplanten anderen Ergäbnis (huch?) gelangt.

Naja, aber solcherart Nebensächlichkeiten sind für eine rechte Demokratie im grundegenommen kein ernsthaftes Hindernis.

Nun, da weder eine Einheitlichkeit irgendwo auszumachen ist, weiter auch die Zahl der Fehler nicht abnimmt, sondern so um den Faktor 5 gar zunimmt, die Verbesserung des Schreibens (nicht des Lesens!) und einfachere Begreifbarkeit der neuen Regeln nicht dem Ziel nahekommen: daher verlegt man sich, der Not nachgebend, auf andere Argumente:

Eine Umkehr ist nachdem nun eingschlagenen Weg vollkommen ausgeschlossen, denn es gibt Kinder, die die alte Schreibung überhaupt nicht mehr kennen (die stecken wahrscheinlich in sterilen Plastiktüten und werden nur in der Schule mal kurz an die frische Luft gelassen).

Außerdem lernen Kinder ja so unendlich schwer, ein Umlernen ist ihnen bei aller Liebe nicht zuzumuten. (was Hänschen leicht lernt, soll Hans (also wir!) aber mal eben im Vorbeigehen umtrainieren.)

Übrigens seien die neuen Regeln ja auch viel logischer, übersichtlicher und damit einfacher lernbar.
(dies machen uns die Journalisten als schreibende Zunft, die übrigens auch über die beste Computerunterstützung verfügen, tagtäglich vor. Siehe Beispiele links und rechts und oben und unten.)

„Und, mal im ernst, SIE wollen sich doch wohl dem Fortschritt nicht verschließen? Sie kommen aber spät. Sie sind einer der letzten, der dieses Thema überhaupt noch anschneidet. Für alle anderen ist das doch kalter Kaffee“

Und was der Schritt zurück für ein GELD kosten würde!
(„die Reform wird kostenneutral durchgeführt“, ein Schritt zurück hätte demnach ebenso keine Kosten zur Folge)

„nummerieren“ heißt es jetzt. Klar, weil wegen „Nummer“.
und folgerichtig heißt es „Nummeruss Claususs“, nehme ich mal an, denn das kommt auch von Nummer und wird am Ende jeweils mit kurzem U gesprochen: damit man das weiß, muß da ja ein doppeltes S hinterstehn. Na logisch.
Ach, es ist ja jetzt alles echt so toll einfach geworden. Mega-spitze!

Das lernen die Kleinen viel einfacher und machen auch um 50% weniger Fehler. (oder waren es 500% ?)


Sie lasen den Buchstaben zum Sonntag


__________________

mit herzlichen Grüßen
Karl Eichholz


eingetragen von Karl Eichholz am 12.07.2001 um 21.34

Cool

Liebe Frau Morin,
im Lexikon hab ich mal ein wenig umhergekramt.

Da gibts noch weitere leckere Dinge, voilà:

Version 1

ss steht nach kurzem Vokal, so daß auch der Ungeübte es leichter hat, die richtige Aussprache zu finden.

Beispiele:

losschreiben, Chaosschrift, Musschale, Moosschicht, Gasschlauch, Geistesschärfe, Delikatesssenf, Aussicht, Gasschieber,


die richtige Aussprache anhand der Wortbestandteile zu treffen, birgt auch dem Anfänger keine Schwierigkeiten:

Glasscheibe, Nasschemie, Nascherei, Nussschale, Musschicht, Nusscharakter Moschus, Nuschelei, Gasschlauch, Gedächtnisschwund, Imbusschlüssel, Gaschlorierung, Nasschlorierung, Sinusschwingung, Flüsschen, Tässchen, Täschchen, Röschen, Rüschen, Delikatessen, Delikatesssenf, Delikatesschikoree, Bisschen, Gasschrank, Ablasschronik, Kompasschronometer




Version 2



Beispiele:

losschreiben, Chaosschrift, Musschale, Moosschicht, Gasschlauch, Geistesschärfe, Delikateßsenf, Aussicht, Gasschieber,


die richtige Aussprache anhand der Wortbestandteile zu treffen, birgt auch dem Anfänger keine Schwierigkeiten:

Glasscheibe, Naßchemie, Nascherei, Nußschale, Musschicht, Nußcharakter, Moschus, Nuschelei, Gasschlauch, Gedächtnisschwund, Imbusschlüssel, Gaschlorierung, Naßchlorierung, Sinusschwingung, Flüßchen, Täßchen, Täschchen, Röschen, Rüschen, Delikatessen, Delikateßsenf, Delikateßchikoree, Bißchen, Gasschrank, Ablaßchronik, Kompaßchronometer
__________________

mit herzlichen Grüßen
Karl Eichholz


eingetragen von Klaus Malorny am 12.07.2001 um 21.02

Natürlich handelt es sich hier um ein von mir geschaffenes Kunstwort. Deshalb ist es aber nicht weniger gerechtfertigt, es als - abscheuliches (oder abschäuliches?) - Beispiel heranzuziehen. Die Qualität einer Sache ergibt sich nicht bei der Betrachtung des besten Falls, sondern bei der des schlechtesten Falls ("worst case"). In anderen Worten: Eine neue Brücke wird nicht dann ihrer Bestimmung übergeben, nachdem ein herübergejagtes Schwein sie irgendwie lebendig überquert hat, sondern wenn sie der vielfachen Überschreitung der Nennlast schadlos standhält.

Nun ja, die RSR bricht nun hierbei gnadenlos ein...


eingetragen von Klaus Malorny am 12.07.2001 um 20.41

neulich ist mir das Wort "Aufwendungen" über den Weg gelaufen. Nach der Reformer-Logik müßte es "Aufwändungen" geschrieben werden, denn hier ist die Verwandschaft zu "Aufwand" sicherlich deutlich stärker als bei "aufwendig".


eingetragen von Johannes Seifried am 12.07.2001 um 17.12

Uwe schreibt:

"Die neue Schreibweise erleichtert aber die Lesbarkeit von Texten, da auf Anhieb die Aussprache des vor dem "ss" bzw. "ß" stehenden Vokal deutlich wird (z. B. Fuß/Fass)."

Wie steht es z.B. mit "bisschen"? Wenn einem dieses Wort unbekannt ist, wären grundsätzlich zwei Aussprachen denkbar: bis-schen und biss-chen.

Also ist die Aussprache auf Anhieb gar nicht klar. Bei "bißchen" hingegen gibt es das Problem nicht.


eingetragen von Karl Eichholz am 12.07.2001 um 12.30

Question

> Alles andere, als "nummerieren" mit zwei "m" zu
> schreiben wäre völlig unlogisch, da das Wort eindeutig von
> "Nummer" abstammt. Ansonsten dürfte ich oben auch
> "unkomentiert" schreiben, oder ?

Stammt also „nummerieren“ von „Nummer“ ab.

Ist „Nummer“ ein deutscher Wortstamm? Oder ist es evtl von „numerus“ abgeleitet, ebenso wie „numerieren“ sich davon herleitet? (nun, ich bin kein Lateiniker oder Grieche, möge man mir eventuelle falsche Vokabeln nicht ankreiden)

sind also „Nummer“ und „numerieren“ beides Nachkommen vom gemeinsamen Wortstamm „numerus“.

Wenn es so wäre, dann stammt „numerieren“ eben NICHT von seinem Geschwister „Nummer“ ab.

Die sogenannte Theorie der Herleitung von der Stammschreibung ist hier also ebenso falsch angewendet wie bei dem Beispiel „aufwändig“.

„aufwendig“ ist gleichberechtigt mit „Aufwand“ von „aufwenden“ abgeleitet, es sind also zwei Geschwister unter demselben Dach.

Interessant, daß ja auch die Reform nicht „einwänden“ vorsieht, obwohl dort ja ebenso ein Bezug zu „Einwand“ besteht.

Logik?

Für mich sind diese Tatsachen ein Beleg dafür, daß die Reform von sehr kurz-sichtigen und -atmigen Intentionen getragen ist.


__________________

mit herzlichen Grüßen
Karl Eichholz


eingetragen von Ursula Morin am 12.07.2001 um 11.16

Thumbs down

Vielleicht stellen Sie sich beim Feiern mal Wörter wie z.B. Missstand, Ablassschlauch, Prozesssteuerung, Gussstahl, Nassspritzbeton oder Messsystem vor? Wird Ihnen da nicht übel?
Und wie bitte soll ein Ausländer sich in solch einem Buchstabensalat zurechtfinden? Und das dann womöglich noch mit neuer, falsch verstandener Silbentrennung (also "Gusss- tahl" oder "Prozesss- teuerung" evtl.)

Nein, die Abschaffung dieser "Ausnahme" in Verbindung mit der neuen ss-Schreibung hat - zumindest für die Lesbarkeit - katastrophale Was sich aus der Kombination der 3-Konsonanten-Regel in Verbindung mit der Abschaffung des "ß" am Wortende ergibt, haben die Reformer wohl nicht bedacht. Auch nicht, daß - und weshalb - es die 3-Konsonanten-Schreibung in keiner anderen europäischen Sprache gibt.


eingetragen von uwe am 12.07.2001 um 09.17

Hier wurde eine Ausnahme (Wegfall eines Buchstaben, wenn drei gleiche Konsonanten aufeinander folgen) abgeschafft. Das erleichtert die Erlernbarkeit der Rechtschreibung. Also grundsätzlich positiv. An das Schriftbild muss man sich zwar gewöhnen, aber nachfolgende Generationen werden damit gewiss keine Probleme mehr haben.

Weitere Beispiele folgen nächste Woche. Ich geh jetzt erst mal feiern.

Uwe


eingetragen von Theodor Ickler am 12.07.2001 um 08.55

Die Heysesche s-Schreibung war schon immer schwieriger und fehlerträchtiger als die Adelungsche. Ob dies der Grund ihrer Abschaffung im Jahre 1902 war, weiß ich nicht. Die Gründe der Schwierigkeit liegen auf der Hand und sind auch hier schon oft dargestellt worden. Man denke nur daran, daß jetzt am Ende eines Wortes grundsätzlich zwischen drei statt bisher zwei Möglichkeiten gewählt werden kann/muß. Der Hauptgrund ist aber die Unklarheit der Vokallänge, besonders bei Diphthongen, und zwar nicht nur bei Dialektsprechern. Die zwölf Gruppen (!) von Ausnahmen bei der Buchstabenverdoppelung im amtlichen Regelwerk sprechen eine deutliche Sprache. Noch deutlicher ist aber die Empirie seit der Einführung.
Die Reformer selbst empfehlen den Bindestrich, um die selbstgeschaffene Unübersichtlichkeit wieder zu entschärfen: Schluss-Satz.

Übrigens führt die Neuschreibung, man möchte es zuerst kaum glauben, durchweg zu einer Verlängerung der Texte, bei Büchern um etliche Zeilen. Das berichten alle, die mit der Überarbeitung bereits vorliegender Bücher beschäftigt sind.

Nida-Rümelin hat vor einiger Zeit gesagt, die an sich überflüssige Reform sei an einigen Stellen doch ganz logisch, zum Beispiel gerade bei Schifffahrt usw., denn die Kinder hätten ja gerade gelernt, daß 2 + 1 = 3. Nun, so dumm waren unsere Altvorderen nciht, daß sie das nicht auch gewußt hätten. Jacob Grimms Urteil im Ohr ("pedantisch!" - Man spricht einen Laut und schreibt ihn dreimal... Kein Volk macht so etwas) haben die Bayern gegen Ende des 19. Jahrhunderts durchweg gekürzt (Sauerstofflasche wie Stoffetzen). Man kann auch andersehrum vereinheitlichen, der bisherige Kompromiß zwischen Preußen und Bayern war gewiß nicht optimal und ist ja sozusagen auch erst vom Duden eingeschmuggelt worden. Aber das Ganze ist natürlich eine Lappalie, verglichen mit den wirklich schweren Fehlern der Reform. Bei mir hat es immer nur zu Fußnoten gereicht, was dieses Thema betrifft.
__________________
Th. Ickler


eingetragen von uwe am 12.07.2001 um 08.12

Mir fällt auf, dass Reformgegner immer die absurdesten Beispiele benutzen. Ich habe noch nie in meinem Leben das Wort "Schlossseeessecke" benutzt. Das dürfte den meisten Menschen so gehen.

Bleiben Sie doch bei so einfachen Beispiele wie den von mir gewählten Worten "Fuß, Fluss". Hieran wird der Sinn der RSR deutlich.

Freundliche Grüße
Uwe


eingetragen von uwe am 12.07.2001 um 08.07

Eigentlich wollte ich Ihnen nicht antworten nach dem unglaublichen Eintrag ins Gästebuch:

"Die Folgegeneration wird uns löchern, nicht nur, warum wir den Volksentscheid verteidigt haben, warum wir für das Volk gekämpft haben.

Irgendwann KOMMT die Frage auf den Tisch: Wie war das alles nur so möglich?
Wieso konnte die Presse als geschlossene Front ohne jede Gegenwehr das Volk vergewaltigen?

Wirklich ohne?

Wenn denn das Pendel in die andere Richtung umschlägt, dann gibt es niemanden mehr, der überhaupt nur entfernt DAFÜR gewesen sein will.

Ganz genauso, wie wir heute unsere Eltern (Großeltern) fragen: wie war das dritte Reich nur möglich?"



Ich antworte trotzdem, um das von Ihnen dargestellte nicht unkommentiert stehen zu lassen:

Mit Spitzfindigkeiten kann man jede Rechtschreibregel ad absurdum führen. Das galt vor der Reform und das gilt nach der Reform. Alles andere, als "nummerieren" mit zwei "m" zu schreiben wäre völlig unlogisch, da das Wort eindeutig von "Nummer" abstammt. Ansonsten dürfte ich oben auch "unkomentiert" schreiben, oder ?

Freundliche Grüße
UWE


eingetragen von Klaus Malorny am 12.07.2001 um 07.51

Erstens erleichtert die uralte Heysesche SS-Schreibung nicht das Lesen, denn Wortfugen sind dank Dreifach-S schwerer zu erkennen - Missstand - Schlossseeessecke

Zweitens hilft es wenig, ein Wort aussprechen zu können, wenn man nicht weiß, was es bedeutet. Wenn man ein Wort kennt, dann weiß man auch, wie es auszusprechen ist. Es ist daher höchstens für Erstkläßler, die einen Text vorlesen müssen, und ausländischen Touristen, die mit ihrem zweiseitigen "Sprachkurs" in ihrem Reiseführer in Deutschland herumgeistern (wobei dort meist noch die Aussprache in irgendeiner Form notiert ist) nützlich.

Drittens, bezüglich "dass": Man registriert immer mehr daß/das-Fehler, da die Signalwirkung, die das "ß" im "daß" hatte, nun verlorengegangen ist.

Viertens, wie Sie schon selbst erkennen, ist das Schreiben nicht einfacher geworden, da man von dem kurzen Vokal trotz der angeblich so genialen Regel nicht auf die Schreibweise eines nachfolgenden S schließen kann (Du hast vs. Du hasst, Erkenntnis, aber Erkenntnisse).


eingetragen von Karl Eichholz am 12.07.2001 um 07.26

Cool

ja, das ist ein interessantes Beispiel:

Wie wird man zukünftig das Wort „numerisch“ schreiben und aussprechen?

nUmmerisch, oder nummEErisch, oder eben doch nuumEErisch?

und da gleich weiter:

„Numerus Clausus“ wird dann folgerichtig zu

„Nummerus Clausus“, gesprochen wie „Nummer“ ?

Die Engländer haben es dort einfacher:
„Number“ wird nicht mit „numerical“ in einen Topf geworfen.



gerade stolpere ich über das Wort „aussprechen“. Es wird mit „ss“ geschrieben. Wird demnach folgerichtig jetzt das „au“ kurz gesprochen?


__________________

mit herzlichen Grüßen
Karl Eichholz


eingetragen von uwe am 12.07.2001 um 07.06

Die Unterscheidung von "ss" und "ß" ist sicher keine Vereinfachung für den Schreibenden, die Regeln sind jedoch leicht erlernbar. Die neue Schreibweise erleichtert aber die Lesbarkeit von Texten, da auf Anhieb die Aussprache des vor dem "ss" bzw. "ß" stehenden Vokal deutlich wird (z. B. Fuß/Fass).

Also insgesamt auch eine Verbesserung.

Die Anpassung von "daß" auf "dass" ist in diesem Zusammenhang nur folgerichtig.

Weitere Beispiele folgen!


eingetragen von uwe am 12.07.2001 um 06.33

Ich kann mich noch an meine Schulzeit erinnern, wo ich bereits "nummerieren" geschrieben habe. Mein damaliger Deutschlehrer hat das als Fehler beanstandet. Ich habe protestiert und konnte es nicht begreifen, dass man Nummer mit zwei "m" und nummerieren mit einem "m" schreibt. Hier hat die RSR eine sinnvolle und nachvollziehbare Änderung gebracht.

Uwe


eingetragen von uwe am 12.07.2001 um 06.29

Aus meiner Sicht gibt es viel Positives an der neuen Rechtschreibung. Hier ein paar Beispiele:


Alle angegebenen Zeiten sind MEZ   

Rechtschreibung.com – Nachrichten zur Rechtschreibfrage