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-- Bindestrich (http://Rechtschreibung.com/Forum/showthread.php?threadid=214)


eingetragen von Sigmar Salzburg am 22.11.2020 um 15.54

Hermann Hesse wurde 1877 in Calw geboren. Als man 1967, fünf Jahre nach seinem Tod, das Calwer Gymnasium mit seinem Namen schmücken wollte, sagte der eingeladene Festredner, Erich Kästner, aus Zeitmangel zwar ab, gab aber den Namengebern mit auf den Weg: "... man werde sich doch hoffentlich nicht an den Duden halten, sondern den Namen mit nur einem Bindestrich schreiben" – wie er es für seinen eigenen Namen verfügt hatte. So wird das ...

... Hermann Hesse-Gymnasium (HHG) ... traditionell mit einem Bindestrich zu wenig geschrieben ... Außer an der Schule, wie sich nun herausstellt. Seit gut vier Jahren steht nämlich Markus Köcher an der Spitze des HHG. Der Deutschlehrer hat – von der Öffentlichkeit unbeachtet – den jahrzehntealten Fehler in der Schulkommunikation korrigiert... Mit Strichen kennt sich der Germanist und Mathematiker berufsbedingt bestens aus.

schwarzwaelder-bote.de 20.11.2020
Es gibt noch andere skurrile Beispiele, die der Duden nicht verhindert, z.B. den einstigen Bischof Tebartz-van Elst (hier), oder sogar auf Geheiß der Kultusminister durchgesetzt hat, wie die Reformschreibung „das 13-Fache“, in Worten „das Dreizehnfache“. Nicht zu vergessen die „-Jährigen“, die seit der „Reform“ täglich massenhaft durch die Presse geistern, so daß sich auch Klardenkende fatalistisch an diesen Unsinn gewöhnen müssen.


eingetragen von Sigmar Salzburg am 16.03.2017 um 10.58

Bindestrich? Voll AfD-mäßig

Eine Kolumne von Jochen Bittner

Das Deppenleerzeichen breitet sich immer weiter aus. Ohne Widerstand wird der Bindestrich bald tot sein. Das zeigt die Verführungskraft irrationaler Moden. Wehrt Euch!

Es tut mir weh, wirklich. Ich spüre die Leerstelle in der Magengrube. Wann immer ich dieses Leiden in Redaktionskonferenzen thematisiere, schauen mich die Kollegen zwar mitleidig, aber auch entgeistert an, ihre Gesichter sagen dann: Der Rechtschreibnazi wieder.

Mir egal. Ich denke, dass ich weder Faschismus noch eine Zwangsstörung habe. Ich glaube einfach, dass der Zusammenbruch von Zivilisationen mit Kleinigkeiten beginnen kann – mit scheinbaren Kleinigkeiten, um genau zu sein. Der schleichende Tod des Bindestrichs ist so eine. Ja, doch.

Vielleicht ist der Kampf gegen seine Auslöschung und – vor allem – gegen die Geisteshaltung, die dahinter steckt, schon verloren. Vielleicht hat sich aber auch einfach noch nicht genug Widerstand gebildet. Gegen Husten und Bronchial Tee [...]

Gibt's keine anderen Probleme?, höre ich Sie fragen, mit ähnlichem gefaltetem Gesichtsausdruck wie meine Kollegen. Doch klar, die gibt es. Die Bedrohung der europäischen Aufklärung durch populistische Bewegungen zum Beispiel. [...]

Mir persönlich ist bloß jeder, der sich unhinterfragt einem Herdentrieb ergibt, schwer unsympathisch, egal ob er nun Kosmopolit oder Nationalist ist, egal ob er Tütensuppen produziert oder Wahlprogramme.

Und, liebe Werbefuzzis: Kommt nicht mit der Rechtschreibreform. Auch nach den neuen Regeln ist das Auslassen von Bindestrichen in Komposita unzulässig. Das hat gute Gründe. Der Hinweis "Wir ändern Frauen, Herren Kinder Bekleidung" heißt beispielsweise etwas fundamental Anderes als "Wir ändern Frauen-, Herren-, Kinder-Bekleidung". [...]

Gerade bei sehr emotionalen Themen gilt: Keine Meinung ohne Recherche. Deshalb habe ich bei DHL nachgefragt, was konkret sie gegen den Bindestrich haben. Das Unternehmen antwortete, es behalte sich vor, die Schreibweise bestimmter Unternehmensbereiche "aus Gründen der Lesbarkeit und Klarheit abweichend zu regeln". Grundlage seien die "Corporate Wording-Vorgaben". Sie seien "Teil unserer Markenarchitektur", und erlaubten es, "als global agierendes Unternehmen gegenüber unseren Kunden mit weltweit einheitlichen Marken- und Produktnamen aufzutreten". Aha.

Die DHL muss also deutsche Begriffe falsch schreiben, damit keine internationale Verwirrung entsteht? Nun ja, antwortet ein DHL-Sprecher, "man könnte dies so betrachten, aber tatsächlich handelt es sich nicht um deutsche Begriffe, sondern um Produkt- und Markennamen, die wir weltweit verwenden."

Der DHL-Paketbote muss also DHL Paketbote heißen, damit man ihn weltweit einheitlich falsch schreiben kann.
Es ist to-tal ga-ga.

zeit.de 16.3.2017


eingetragen von Sigmar Salzburg am 03.09.2013 um 04.55

Sack-hüpfende Raupen

wissenschaft.de 29.8.2013


eingetragen von Christoph Kukulies am 08.03.2005 um 20.15

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Fritz Koch
"Links" großgeschrieben? Es werden doch keine "Links" geregelt. Hier ist "links" doch ein Adverb ("er fährt links").

Klingt plausibel. Also Rechts-vor-links-Regelung? Sieht irgendwie komisch aus.

Gibt es einen Unterschied zwischen Neuschrieb und Normalschreibung hinsichtlich der Bindestrichsetzung?



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Christoph Kukulies


eingetragen von Fritz Koch am 08.03.2005 um 18.16

"Links" großgeschrieben? Es werden doch keine "Links" geregelt. Hier ist "links" doch ein Adverb ("er fährt links").


eingetragen von Christoph Kukulies am 08.03.2005 um 17.52

Wie denn nu?

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Christoph Kukulies


eingetragen von Christoph Kukulies am 08.03.2005 um 07.40

Heute morgen - ich saß noch am Frühstückstisch - klingelte schon das "orthographische" Telefon bei mir. Meine Schwägerin aus Oberbayern, Deutschlehrerin. Sie korrigierte gerade die Arbeit eines ihrer Schüler. Wie ich Rechts-vor-Links-Regelung schreibe. So, wie ich es hier gerade schreibe: Rechts-vor-Links-Regelung.

Ich leite die Frage weiter an die Instanzen hier.Richtig? Falsch? Man ist sich heute nicht mehr sicher.

(Übrigens: schön, daß es hier die Fadensuche gibt. "Bindestrich" führte mich gleich hierhin).

(Anm: Hatte ich wirklich zweimal Recht-vor-Links.. geschrieben? Das war ein Tippfehler, somit korrigiert).
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Christoph Kukulies


eingetragen von Theodor Ickler am 29.07.2003 um 06.11

Bernabei, Dante: Der Bindestrich. Vorschlag zur Systematisierung. Frankfurt: Lang 2002 (Angewandte Sprachwissenschaft 11. Hg. v. Rudolf Hoberg)

Anfang 2003 wurde dieses Buch in Presseberichten mit großem Aufwand angepriesen, als handele es sich um eine wissenschaftliche Sensation. In Wirklichkeit hat der 1936 geborene Chemiker nach einem sprachwissenschaftlichen Seniorenstudium bei Rudolf Hoberg eine Magisterarbeit veröffentlicht, die kaum das Niveau eines Proseminars erreicht. Wiederholungsreich und ohne erkennbare Gliederung stellt er seinen Versuch vor, die Anwendung des Bindestrichs im Dienste der Übersichtlichkeit von Zusammensetzungen erheblich auszuweiten. Daß der Gebauch des Bindestrichs bisher weitgehend freigestellt war, ist ihm ein Dorn im Auge; immer wieder spricht er vom "Chaos" der bisherigen Praxis. Sein Ziel ist erklärtermaßen die völige Einheitlichkeit der Orthographie. Den Verzicht auf theoretische Erörterungen gibt Bernabei als "Praxisorientierung" aus; die Fachliteratur ist daher auch nur teilweise verarbeitet, zum Beispiel fehlen Arbeiten von Gallmann.
Nach Bernabeis Vorstellungen sollte der Bindestrich so großzügig wie im Barock angewandt werden: Aufklärungs-Theologie, Rechtschreib-Reform, Dendro-Chronologie, Doppel-Helix, Sprach-Pyramide, Text-Linguistik, Psycho-Linguistik usw. Viele dieser Komposita wsind offenabr auch ohne Bindestrich leicht lesbar. Überraschenderweise bleiben aber manche langen Wörter wie Leseerleichterung ohne Bindestrich. Statt bisher Bücheraus- und -rückgabe (dies wird auch noch falsch wiedergegeben) will Bernabei schreiben: Bücher-Aus- und -Rückgabe. Das dürfte das Schreiben kaum erleichtern, und dem Lesen dient es auch nicht.
Obwohl der Rechtschreibreformer Hoberg die Arbeit betreut und herausgegeben hat, enthält sie zahlreiche orthographische Fehler: stösst, Ausreisser, letztere, sicher zu stellen, voran gestellt, bedeutend-sten.

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Th. Ickler


eingetragen von Theo Grunden am 06.06.2003 um 08.01

Der Gedanke kam mir beim Lesen von „herzlich-überlegenes Lächeln“„ fahrlässig-verächtlicher Umgang“ (s. Nachrichtenbrett, Raddatz) und ähnlichen „Bindestrich-Verbindungen“.

Wie steht’s z.B. mit „provokant-tiefgreifende Maßnahme“, „sympathisch-naheliegede Verführung“ usw.?

Müßte/dürfte man eigentlich nach neuer Rechtschreibung nun „provokant-tief greifende Maßnahme“ und „sympathisch-nahe liegende Verführung“ schreiben? Oder etwa "provokant-tief-greifende" und "sympathisch-nahe-liegende"?



eingetragen von Wolfgang Scheuermann am 05.11.2002 um 08.21

Eine interessante Anregung; würde aber "Nur Ich AG Verlag" (oder "Only me AG Verlag") nicht noch einen Deut besser in die Zeit passen?
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Dr. Wolfgang Scheuermann


eingetragen von Reinhard Markner am 04.11.2002 um 22.59

Wird der Verlag dann jetzt den Namen Neuer Ego-Verlag erhalten ?


eingetragen von Theodor Ickler am 04.11.2002 um 11.10

Meiner Ansicht nach nimmt die typographisch gefällige Gestaltung von Titeln usw. mit Recht gewisse Vorrechte in Anspruch. Bei Eigennamen kommt zur Ästhetik noch ein gewisses Bedürfnis nach gleichbleibendem Erscheinungsbild hinzu. Der grammatisch motivierte Bindestrich wirkt dann pedantisch.
__________________
Th. Ickler


eingetragen von Wolfgang Scheuermann am 04.11.2002 um 10.56

Dieser Kleinstverlag (den ich aus traurigem Anlaß jetzt weiterzuführen versuche) hat nichts gegen Bindestriche, aber er hat sich für seinen eigenen Namen doch gegen die komplette "Durchkoppelung" entschieden. Ich "verstehe" das auch irgendwie.

Durchkoppeln würde ich allerdings ohne weiteres beim "Robert Koch-Institut" (das sich aber für diese Schreibweise hier entschieden hat).
Kann man sich die eine oder andere Entscheidung auch sprachlich irgendwie herleiten, also daß man etwa begründen könnte, warum dies oder jenes "richtig" oder auch nur besser wäre?
__________________
Dr. Wolfgang Scheuermann


eingetragen von Reinhard Markner am 03.11.2002 um 20.19

Die Regeln der Deutschen Bibliothek richten sich nach RAK (Regeln zur alphabetischen Katalogisierung), einer Norm von 1975 ff. Daß die Verlage meist den Bindestrich weglassen, ist eine schon recht alte Masche im Buchgewerbe, die das vom Englischen her vordringende Mißtrauen gegen den Bindestrich vorweggenommen hat. Es gibt aber Ausnahmen, Aufbau zum Beispiel.


eingetragen von J.-M. Wagner am 03.11.2002 um 19.14

Warum werden eigentlich Verlagsnamen nicht mit Bindestrichen durchgekoppelt? Genauer: Warum schreiben sich zwar die Verlage selber ohne, warum aber werden sie andererseits von der Deutschen Bibliothek in ihrer CIP-Einheitsaufnahme (allerdings nur manchmal) mit Bindestrich(en) geschrieben?

Beispiele (Anm.: "--" steht für einen Gedankenstrich):

1.) Auf dem Innentitel:
Theodor Ickler
Das Rechtschreibwörterbuch
...
LEIBNIZ VERLAG
ST. GOAR

Auf der nächsten Seite:
Die Deutsche Bibliothek -- CIP-Einheitsaufnahme:
Ickler, Theodor:
Das Rechtschreibwörterbuch : ... --
St. Goar : Leibniz-Verl., 2000

2.) Auf dem Innentitel:
Die Rechtschreibreform
Pro und Kontra
Herausgegeben von
Hans-Werner Eroms und Horst Haider Munske
ERICH SCHMIDT VERLAG

Auf der nächsten Seite:
Die Deutsche Bibliothek -- CIP-Einheitsaufnahme
Die Rechtschreibreform : Pro und Contra / ... -- Berlin : Erich Schmidt, 1997

In welchem Buchdruckerduden stehen die zugehörigen (Geheim-) Regeln (insbesondere die zur -- französisch anmutenden -- Absetzung des Doppelpunktes)?
__________________
Jan-Martin Wagner


eingetragen von Thomas Paulwitz am 24.07.2001 um 07.02

Der Gedanke war, daß bei Dichtern eher die Liebe zur Sprache im Vordergrund steht. Liebe tut der Sprache wohl besser als Geschäftsstreben (Werbeleute) oder Pedanterie. Nur ein Gedanke, vielen Dank für Ihr Mühen!

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Norbert Schäbler
Experimente
Es ist grundsätzlich zu fragen, ob man ("frau, der Souverän, die Souveränin") Experimente mit der Sprache statt Pedanten und Werbeleuten nicht lieber den Dichtern überlassen sollte.

Lieber Herr Paulwitz!
Ich habe mir erlaubt, in Ihre erste Aussage Ihre nachgereichten Ergänzungen einzuflechten. So richtige Passung will das Geflecht nicht ergeben, und ich muß sagen, daß ich Herrn Professor Icklers Frage (Wer ist man?) sehr wohl verstehe. Auch ich hätte ein Interesse an einer zutreffenden Antwort.
Mag ja sein, daß Sie auf dem Holzwege waren, aber mir scheint, der Weg würde immer hölzerner.


eingetragen von Norbert Schäbler am 23.07.2001 um 17.14

Experimente
Es ist grundsätzlich zu fragen, ob man ("frau, der Souverän, die Souveränin") Experimente mit der Sprache statt Pedanten und Werbeleuten nicht lieber den Dichtern überlassen sollte.

Lieber Herr Paulwitz!
Ich habe mir erlaubt, in Ihre erste Aussage Ihre nachgereichten Ergänzungen einzuflechten. So richtige Passung will das Geflecht nicht ergeben, und ich muß sagen, daß ich Herrn Professor Icklers Frage (Wer ist man?) sehr wohl verstehe. Auch ich hätte ein Interesse an einer zutreffenden Antwort.
Mag ja sein, daß Sie auf dem Holzwege waren, aber mir scheint, der Weg würde immer hölzerner.

__________________
nos


eingetragen von Thomas Paulwitz am 23.07.2001 um 16.07

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Norbert Schäbler
Lieber Herr Paulwitz!
Ich schätze: Kürze bei gleichzeitiger Redundanz.
Bei der Beantwortung von "W-Fragen" ist die Redundanz etwas schwieriger herzustellen.


Redundanz hängt auch von der Art der Frage ab: privat, öffentlich, Bezug zum Thema usw.


eingetragen von Norbert Schäbler am 23.07.2001 um 15.57

Lieber Herr Paulwitz!
Ich schätze: Kürze bei gleichzeitiger Redundanz.
Bei der Beantwortung von "W-Fragen" ist die Redundanz etwas schwieriger herzustellen.

__________________
nos


eingetragen von Thomas Paulwitz am 23.07.2001 um 11.11

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Walter Lachenmann
Und warum sollte »man« lieber?

Das hat (noch) niemand behauptet.
– geändert durch Thomas Paulwitz am 24.07.2001, 18:08 –


eingetragen von Thomas Paulwitz am 23.07.2001 um 11.10

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Theodor Ickler
Wer ist "man"?

Natürlich auch "frau". Der/die Souverän/in, z.B.


eingetragen von Walter Lachenmann am 22.07.2001 um 20.29

Und warum sollte »man« lieber?
__________________
Walter Lachenmann


eingetragen von Theodor Ickler am 22.07.2001 um 18.30

Wer ist "man"?
__________________
Th. Ickler


eingetragen von Thomas Paulwitz am 22.07.2001 um 12.15

Es ist grundsätzlich zu fragen, ob man Experimente mit der Sprache statt Pedanten und Werbeleuten nicht lieber den Dichtern überlassen sollte.


eingetragen von Manfred Riebe am 22.07.2001 um 07.52

Es ist selbstverständlich verallgemeinernd, simplifizierend oder idealtypisch zuspitzend, die reformierte Rechtschreibung pauschal als Beliebigkeitsschreibung zu bezeichnen. Deswegen sprach ich auch nur von einem staatlich geförderten Trend zur Beliebigkeit. Aber die sogenannte Rechtschreibreform enthält unübersehbar eine Fülle von Ausnahmeregelungen und Varianten und somit von "Beliebigkeitsklauseln". Die Beliebigkeitsschreibung in den Zeitungen ist daher das vorhersehbare Ergebnis.

Gegen Ausnahmeregelungen und Varianten wandten sich schon immer vor allem die Buchdrucker. "Bisher galt die Einheitlichkeit der Rechtschreibung als hoher Wert und die Beseitigung von Varianten geradezu als Gütesiegel." (Ickler). Man ändert aber nur das Etikett, aber nicht die Fakten und Probleme, wenn man nun in einer Umwertung dieser Wertvorstellung die Einheitlichkeit negativ als Pedanterie und die Beliebigkeit positiv als Großzügigkeit bezeichnet.


eingetragen von Theodor Ickler am 22.07.2001 um 01.06

Binnengroßbuchstaben sind ja weder nach alter noch nach neuer Rechtschreibung "zulässig", aber im übrigen kann natürlich jeder schreiben, wie er will, besonders bei Markennamen u. ä. Die Rechtschreibprogramme dürften allerdings damit ihre Schwierigkeiten haben.

Bei "s-Laut" usw. handelt es sich um vorgeführte (zitierte) Erstglieder. Dieser Fall ist, glaube ich, in meinen "Hauptregeln" angemessen dargestellt. Der Bindestrich steht, wenn die normale Zusammensetzung auf Hindernisse stößt, hier den Unterschied zwischen Gebrauchen und Zitieren, also einen Wechsel der Bezeichnungstechnik.

Zu Manfred Riebe: In Titeln, Inschriften usw. wird seit je typographisch großzügiger verfahren. Die Orthographie hat ja den Zweck, das Lesen zu erleichtern. Ladeninschriften und ähnliches werden nicht eigentlich "gelesen" (im Sinne einer raschen Informationsaufnahme), daher herrscht hier gewissermaßen ein Ausnahmezustand. Auf dem Einband des Duden Universalwörterbuchs stand schon vor der Reform und dann ebenso bei der ersten reformierten Ausgabe der Titel in dieser Form:
Deutsches
Universal
Wörterbuch
(auf dem Rücken quergedruckt)

Erst die neueste Reformausgabe hat die duden- und riebegerechte Form
Deutsches Universalwörterbuch.
(auf dem Rücken längsgedruckt)

Im übigen würde ich die reformierte Rechtschreibung nicht pauschal als Beliebigkeitsschreibung kennzeichnen. Dazu ist die Regelungsdichte auf den 90 Seiten viel zu groß. Daß die Fehlerhaftigkeit und Unbeherrschbarkeit der Neuregelung zu einer gewissen Gleichgültigkeit und Beliebigkeit führt, ist ein unbeabsichtigter Nebeneffekt. Aber eigentlich geht die Neuregelung auf eine ungemein strikte und pedantische Festlegung aus, man sehe sich daraufhin die GZS an! Mein eigener Vorwurf der "Beliebigkeit" bezog sich immer auf ganz bestimmte Einzelpunkte, an denen die Reformer offensichtlich nicht weiter wußten und aus Verlegenheit eine Beliebigkeitsklausel einbauten. Das ist von meinem Verfahren der liberalen (und realistischen) Darstellung grundverschieden.
__________________
Th. Ickler


eingetragen von Norbert Schäbler am 21.07.2001 um 21.43

Ich glaube, das Problem ist noch viel tiefer zu sehen. Es geht nicht nur um den Bindestrich, denn neben dem Problem der Getrennt- und Zusammenschreibung schwingt ja zugleich das Problem der Groß- und Kleinschreibung mit.

Zwei aktuelle Beispiele.
1. T-Online, die Tochtergesellschaft von Telekom, bietet an: "eMail"
2. Schon vor 1996 war die Schreibung "s-Laute" gängig.

Beide Male handelt es sich um das Problem der Durchkoppelung.
In beiden Fällen handelt es sich um Substantivierungen.

Es tut mir "Leid"! Ich kann hier keine einheitliche Strategie erkennen.

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nos


eingetragen von Manfred Riebe am 21.07.2001 um 19.54

Was soll man von der Feststellung halten: "Meiner Ansicht nach ist aber auch nichts gegen die verbreitete Praxis einzuwenden (...) alle Bindestriche wegzulassen und nach englischem Vorbild zu schreiben: Emil von Behring Gymnasium. Ganz besonders für Schilder usw. empfiehlt sich diese unpedantische Schreibweise."

Soll die Anglifizierung auch auf anderen Gebieten gefördert werden? Wer möchte schon als "pedantisch" gelten? Soll somit jemand als "pedantisch" gelten, der weiterhin mit Bindestrich schreibt? Soll man nun abwechselnd mit Bindestrich und ohne Bindestrich schreiben?

Wer so fragt, kriegt wahrscheinlich zur Antwort: Das ist die neue Rechtschreibung. Das ist der von Matthias Dräger so genannte "Uwe-Effekt" und zum Teil auch der Effekt der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung bzw. kürzer: der Akademie-Effekt:
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Ich, Uwe Cassens, schreibe nach der neuen ß/ss-Regel. Das ist nämlich die neue Rechtschreibung, jedenfalls nicht die alte. Und da keiner so richtig weiß, was die "neue Rechtschreibung" eigentlich ist, mache ich auch praktisch keine Fehler mehr. Ich genieße Narrenfreiheit!
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Die Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung, Darmstadt, stellte fest, daß das "ss" das deutlichste Zeichen der Unterwerfung unter den Willen der Kultusminister ist (Theodor Ickler: REGELUNGSGEWALT - Hintergründe der Rechtschreibreform, St. Goar: Leibniz-Verlag, 2001, S. 246). Die Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung will den Streit um die neue Rechtschreibung mit einem Kompromißvorschlag beilegen. Die Akademie akzeptiert mit Rücksicht auf die Schulbuchverlage das "Herzstück der Reform", die ss-Schreibung, die 90 Prozent der Reform umfaßt (Hans Krieger: Ein Kniefall vor der Macht. Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung gibt Opposition gegen Rechtschreibreform auf. In: Nürnberger Nachrichten 15.03.99, S. 32). Erarbeiter des Akademie-Vorschlages ist das ehemalige Mitglied der Rechtschreibkommission Professor Peter Eisenberg. Aber gerade durch die neue ss-Schreibung steigt die Zahl der Rechtschreibfehler.

Die Reformer fordern eine einheitliche Rechtschreibung, aber führen viele Ausnahmen und Varianten ein, so daß eine Beliebigkeitsschreibung entstanden ist. Die von Konrad Duden herbeigeführte Einheitlichkeit scheint nicht mehr "in" zu sein. Soll als modern und progressiv künftig eine immer größere Beliebigkeit gelten?

"A&S (Gerhard Augst und Burkhard Schaeder, MR) begrüßen zunächst die zu erwartende Vielfalt der nebeneinander bestehenden Rechtschreibungen. Die Schüler könnten daran lernen, daß Rechtschreibung nichts Unveränderliches sei. Die pädagogische Bewertung dieses Lobes der Vielfalt überlasse ich anderen. Der Glaube an die heilsame Kraft des Chaos wird sicher nicht von jedermann geteilt. Bisher galt die Einheitlichkeit der Rechtschreibung als hoher Wert und die Beseitigung von Varianten geradezu als Gütesiegel. Sie war der eigentliche Inhalt der sogenannten "Reform" zu Beginn des Jahrhunderts (die eben deshalb auch keine wirkliche Reform war)." (Ickler: REGELUNGSGEWALT, S. 119 f.)

Der staatlich geförderte Trend lautet: Von der Einheitsorthographie Konrad Dudens zur modernen Beliebigkeitsschreibung Gerhard Augsts oder: vom Regen in die Traufe.


eingetragen von Theodor Ickler am 20.07.2001 um 17.14

In der amtlichen Neuregelung steckt bekanntlich ein Widerspruch im Zusammenhang mit dem Bindestrich. Einerseits sehen die Reformer im gesamten Kapitel C die Bindestrich-Zusammensetzungen tatsächlich (und mit Recht) als Zusammensetzungen an und bezeichnen sie durchgehend als solche, andererseits soll aber das Zusammensetzungsverbot für Erstglieder auf -ig, -lich und -isch hier anscheinend nicht gelten. Denn "wissenschaftlich-technisch", "lateinisch-deutsch" usw. (§ 45) sind ja ausdrücklich angeführt. Diesen Widerspruch hat bisher niemand auflösen können.
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Th. Ickler


eingetragen von Thomas Paulwitz am 20.07.2001 um 14.14

Auf http://www.bahn.de ist zu lesen:

"Erleben Sie die Festival-Highlights des Sommers! Ob Loveparade oder Salzburger Festspiele. Ob Bundesgartenschau oder Chiemsee Reggae Festival. Wir fahren Sie hin - zu den Sommer-Top-Events."

Mal steht ein Bindestrich, mal keiner.
Ich glaube, die vermehrte "Bindungslosigkeit" ist auch ein Anglizismus. Daneben finden sich auch Zusammenstöße groß geschriebener Wörter, zum Beispiel:

"Am 3. Juli 2001 beginnt der Vorverkauf für das RaverTicket, mit dem es schon ab DM 69,- zur Loveparade geht."

(ebenfalls auf http://www.bahn.de)


eingetragen von Theodor Ickler am 20.07.2001 um 13.05

KULISSENGEPLAUDER

HANSKARL VON NEUBECK

(Südwestpresse online 21.7.2001)

So streng wie früher wird es heutzutage mit der Rechtschreibung nicht genommen. An Kleinigkeiten wie den Satzzeichen ist das besonders gut abzulesen. Damit, einen Punkt zu machen, haben die wenigsten ein Problem. Doch dem Komma beispielsweise ergeht es richtig schlecht. Manche Lehrer klagen gar, dass man schon froh sein kann, wenn Schüler mal auf Verdacht ein Komma setzen.

Wir wollen an dieser Stelle nicht die Schlamperei schlecht schreibender Schüler, die jetzt mit Bangen auf ihr Zeugnis warten, entschuldigen, aber eines anmerken: Die Schulen gehen nicht immer mit gutem Beispiel voran. Nehmen wir die Eduard-Mörike-Schule in Böfingen. Die empfängt ihre Besucher mit einem Schild, auf dem der zweite Bindestrich fehlt, so dass sie nun ¸¸Eduard-Mörike Schule'' heißt. Sieht merkwürdig aus oder nicht? Der Bindestrich ist nicht gestern oder vorgestern verschwunden (was man tolerieren könnte). Nein, der Bindestrich fehlt bereits seit vielen Monaten. Der Eduard-Mörike-Schule oder ersatzweise dem Hochbauamt, das für die Schule geradezustehen hat, kann man folglich, was die Rechtschreibung angeht, kein gutes Zeugnis ausstellen.

Zugegeben, Bindestriche können lästig sein. Ein Ulmer Gymnasium wäre, würde man die ganze Strenge der Rechtschreibregeln walten lassen, gleich mit vier Bindestrichen geschlagen. Vernünftigerweise wurde entschieden, so zu schreiben: Hans und Sophie Scholl-Gymnasium. Eine ähnlich elegante Lösung haben die Wiener für den Platz gefunden, der dem Dirigenten von Karajan gewidmet ist. In Wien schreibt man Herbert von Karajan-Platz, wie die Passanten an der Fassade des Ulmer Theaters studieren können. Dort wurde vorigen Herbst, als das Ulmer Haus zu Ehren des weltberühmten Dirigenten eine neue Adresse bekam, ein Schild aus Wien angebracht. Die Straßenschilder Ulmer Machart schneiden daneben schlecht ab. Sie wirken seltsam verquetscht, weil die hiesigen Schildermaler folgende Variante gewählt haben: Herbert-v.Karajan-Platz.



Kommentar von Th. I.: Nach alter wie neuer Rechtschreibung muß in allen genannten Fällen vollständig durchgekoppelt werden. Es gibt kein Scholl-Gymnasium, das die Vornamen Hans und Sophie hätte usw. Das ist logisch. Meiner Ansicht nach ist aber auch nichts gegen die verbreitete Praxis einzuwenden, gerade bei Titeln - und um solche handelt es sich oft - alle Bindestriche wegzulassen und nach englischem Vorbild zu schreiben: Emil von Behring Gymnasium. Ganz besonders für Schilder usw. empfiehlt sich diese unpedantische Schreibweise.

Übrigens ist es wohl eine unbewiesene Behauptung, daß Rechtschreibung heute nicht mehr so streng genommen würde. Das scheint vielleicht nur so wegen des reformbedingten Durcheinanders. Aber auf lange Sicht dürfte eine so leicht beherrschbare (daher ja auch programmierbare) Kulturtechnik bestens geeignet sein als Maßstab zur Messung von Sekundärtugenden ... - also für die Schule, für Pesonalabteilungen usw.
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Th. Ickler


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