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eingetragen von J.-M. Wagner am 04.03.2005 um 17.51

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Theodor Ickler
Die Zwischenstaatliche Kommission existiert nicht mehr, wohl aber ihre Website unter dem Dach des IDS. Wenn man den Webmaster anmailt, bekommt man die automatisch erzeugte Antwort, daß dessen Stelle aufgelöst sei und man sich mit grammatischen Fragen an Prof. Gisela Zifonun wenden möge.

Jeder normale Verblichene bekommt einen ordentlichen Grabstein, bei der Kommission ist nicht einmal das möglich.
Tja, wie ist das genau? Neben den Presseerklärungen, in denen u.a. über die Ergebnisse der KMK-Tagungen berichtet wird, gibt es unter http://www.kmk.org/aktuell/beschakt.htm noch die eigentlichen Beschlüsse (307. und 308. KMK) als PDF – offenbar gerastert, nicht konvertiert. Zur Einrichtung des Rechtschreibrates heißt es (http://www.kmk.org/doc/beschl/307-KMK-TOP3.pdf):
14./15.10.2004
3.   Neuregelung der deutschen Rechtschreibung
Es wird beschlossen:
1.   Die Kultusministerkonferenz stimmt dem vorgelegten Konzept für einen „Rat für deutsche Rechtschreibung“ vorbehaltlich der Zustimmung der Bundesregierung und der zuständigen Stellen in Österreich und der Schweiz zu. Der Rat tritt an die Stelle der Zwischenstaatlichen Kommission für deutsche Rechtschreibung. Er soll seine Arbeit noch im Jahr 2004 aufnehmen können.

2.   Die Kultusministerkonferenz bittet die Präsidentin, sich mit der Bundesregierung sowie den Regierungen Österreichs, der Schweiz und Liechtensteins und weiteren interessierten Staaten über die Einrichtung dieses Rats und die damit verbundene Auflösung der Zwischenstaatlichen Kommission für deutsche Rechtschreibung abzustimmen.

3.   Das Präsidium wird gebeten, in Abstimmung mit Österreich und der Schweiz dem Rat eine Vorsitzende/ einen Vorsitzenden vorzuschlagen.

4.   Die Kultusministerkonferenz erwartet entsprechend der Beschlussfassung der Ministerpräsidentenkonferenz vom 08.10.2004, dass der Rat ggf. Änderungen in den Bereichen Getrennt- und Zusammenschreibung, Fremdwörter, Interpunktion und Trennung so rechtzeitig vorschlägt, dass sie zum 01.08.2005 in Kraft treten können.

5.   Die Kultusministerkonferenz hält in Übereinstimmung mit der Ministerpräsidentenkonferenz an ihrem Beschluss fest, wonach die Neuregelung von 1996/1996 mit den im 4. sowie im ergänzenden Bericht enthaltenen Änderungen mit Ablauf der Übergangszeit zum 01.08.2005 in Kraft tritt.
Was bedeutet folgender Passus im einzelnen: „Der Rat tritt an die Stelle der Zwischenstaatlichen Kommission für deutsche Rechtschreibung“ – tritt er damit an Stelle der Kommission in die Vereinbarungen der „Wiener Absichtserklärung“ ein? Kann dieser Passus dahingehend interpretiert werden, daß die Kommissionswebseite vom Rat weitergeführt bzw. übernommen werden kann?
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Jan-Martin Wagner


eingetragen von Theodor Ickler am 26.02.2005 um 05.45

Das Buch ist tatsächlich erschienen. Mit der "Vorbemerkung" verabschiedet sich die Zwischenstaatliche Kommission, erwähnt allerdings weder ihre Auflösung noch die Tatsache, daß sich zur selben Zeit der neue "Rat" darangemacht hat, die hier vorgelegte revidierte Fassung nochmals zu revidieren.

Es wird nicht mehr vorgespiegelt, daß die Revision nur "Präzisierungen" usw. umfasse, sondern die Änderungen werden klar als solche bezeichnet.
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Th. Ickler


eingetragen von Theodor Ickler am 17.02.2005 um 18.28

Die Buchfassung, falls sie denn wirklich erschienen ist (ich hatte meinen alten Verlag allerdings frühzeitig gewarnt), ist zweifellos identisch mit der im November auf den Internetseiten der Kommission veröffentlichten.
Eine Prozeßflut wird es zwar nicht geben, aber gegen die Verbindlichkeit der konfusen, sprach- und weltfremden Neuregelung, in welcher Form auch immer, wird geklagt werden, das steht bereits fest.
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Th. Ickler


eingetragen von David am 17.02.2005 um 18.00

Ist diese Veröffentlichung dann als eine weitere Version der sogenannten Amtlichen Regelung anzusehen?
Oder ist es nur eine explizit öffentliche Version?

Was macht man eigentlich mit den Schulbüchern nach dem 1. August? Eigentlich müßte es doch eine wahre Prozeßflut geben, denn kaum ein Buch ist ja quasi "amtlich", da sie ja alle schon ein paar Jahre alt sind und die neueste Version der Reform gar nicht umgesetzt haben. Kann eine Prüfung in Schulen dann überhaupt Gültigkeit haben, wenn als Prüfungsgrundlage solche Bücher dienen? Ist doch dann alles anfechtbar, genau genommen.


eingetragen von Theodor Ickler am 17.02.2005 um 17.42

Herausgegeben von der Zwischenstaatlichen Kommission für deutsche Rechtschreibung
Deutsche Rechtschreibung: Regeln und Wörterverzeichnis
Amtliche Regelung


Erscheinungsangabe: 2005
271 Seiten
Einband: Kart.
ISBN: 3-8233-6157-0
SFR 43,70

24,90 EUR


Die Zwischenstaatliche Kommission für deutsche Rechtschreibung
legt hier die überarbeitete Fassung des amtlichen Regelwerks "Deutsche
Rechtschreibung. Regeln und Wörterverzeichnis" vor.
Die Vorschläge der Kommission beruhen auf der Auswertung der
- oft sehr polemisch geführten - Debatte seit 1998, dem Jahr des
Inkrafttretens der Neuregelung. Die Kommission hat die Umsetzung
der neuen Regeln sorgfältig beobachtet, alle Modifikationsbeschlüsse
der staatlichen Stellen umgesetzt, Regeln präzisiert und Inkonsequenzen
beseitigt. Das Wörterverzeichnis wurde angepasst, die Vorschläge
sind mit den zuständigen Instanzen in Liechtenstein, Österreich und
der Schweiz im Einzelnen abgestimmt.
Allen, die professionell mit Schreiben zu tun haben, bietet der hier
vorliegende authentische Text der amtlichen Verordnung nun die
notwendige Sicherheit, die sie für ihre Arbeit brauchen.


(Gunter Narr Verlag Tübingen)

Das Buch soll am 15. Februar erschienen sein, drei Tage bevor der "Rat" zusammentritt, um die Revision zu revidieren.

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Th. Ickler


eingetragen von Theodor Ickler am 14.02.2005 um 16.27

Die Zwischenstaatliche Kommission existiert nicht mehr, wohl aber ihre Website unter dem Dach des IDS. Wenn man den Webmaster anmailt, bekommt man die automatisch erzeugte Antwort, daß dessen Stelle aufgelöst sei und man sich mit grammatischen Fragen an Prof. Gisela Zifonun wenden möge.

Jeder normale Verblichene bekommt einen ordentlichen Grabstein, bei der Kommission ist nicht einmal das möglich.
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Th. Ickler


eingetragen von Theodor Ickler am 26.01.2005 um 14.37

Deutsche Rechtschreibung. Regeln und Wörterverzeichnis. Amtliche Regelung. Überarbeitete Fassung 2004. (pdf-Format, ca. 1 MB). Eine gedruckte Fassung erscheint am 15. Februar 2005 im Gunter Narr Verlag Tübingen. ISBN: 3-8233-6157-0 (ca. EUR 24,80).

(Von der Internetseite der Zwischenstaatlichen Kommission, 26.1.2005)
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Th. Ickler


eingetragen von margel am 12.01.2005 um 22.10

Bei amazon gibt es häufig sogenannte Kundenrezensionen zu den angebotenen Büchern. Sucht man eine solche zu Augsts "Wortfamilienwörterbuch", so erscheint - der Klappentext. Dabei hat er doch nach eigenen Angaben 25 positive und nur eine negative Kritik (von einem "Reformgegner") erhalten.


eingetragen von Theodor Ickler am 21.12.2004 um 07.52

In § 55 der amtlichen Neuregelung von 1996 war bekanntlich Zusammenschreibung bei nochmal vorgeschrieben. In der Revision von 2004 (und im Duden 2004) ist davon nicht mehr die Rede, es muß wieder getrennt geschrieben werden. In den Berichten ist dieser Fall aber nie diskutiert worden.

Desgleichen ist die Großschreibung morgen Früh usw. in der Revision nicht enthalten, obwohl sie zwischen Kommission und Wörterbuchredaktionen abgesprochen war. Im Duden 2004 steht sie noch. (Die Kommission hatte seinerzeit meinen - als Reductio ad absurdum gemeinten - Vorschlag ernst genommen.)
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Th. Ickler


eingetragen von Theodor Ickler am 17.12.2004 um 17.09

"Spass" stand schon als Variante im Österreichischen Wörterbuch (was mir damals gar nicht aufgefallen war), aber gewissermaßen illegal, denn im amtlichen Wörterverzeichnis war keine solche Extrawurst vorgesehen. Dagegen hatte die Kommission mit den Wörterbuchverlagen vor einiger Zeit vereinbart, den Süddeutschen eine "Mass" zu spendieren. Erstmals taucht sie im Duden 2000 auf.
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Th. Ickler


eingetragen von Karsten Bolz am 17.12.2004 um 16.43

Bei der Durchsicht des Wörterverzeichnisses 2004 ist mir aufgefallen, daß man nun tatsächlich in Österreich auch "Spass" haben kann:
Eintrag 1996: Spaß
Eintrag 2004: Spaß, (österr. auch) Spass
In München darf aber weiterhin keine "Mass" getrunken werden, egal wie kurz auf der Wies'n das "s" gesprochen wird.
Welche Absicht die Reformer tatsächlich bekunden, geht jetzt aus einem Eintrag hervor, der im Wörterverzeichnis absolut nichts zu suchen hat und den wohl auch kein Kultusminister bemerkt hat:
Eintrag 1996: studieren; das Studieren § 57(2), § 57 E3; Studierende § 57(1)
Eintrag 2004: studieren; das Studieren § 57(2); Probieren/probieren geht über Studieren/studieren § 57 E3; Studierende § 57(1)
(Hervorhebung von mir.) Die Reformer fassen Rechtschreibung damit nach eigenem Bekunden als Experimentierfeld für beliebiges Herumprobieren auf! Anders läßt sich dieser Eintrag nicht werten.



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Karsten Bolz


eingetragen von Theodor Ickler am 14.12.2004 um 19.14

Es sind immerhin mehrere hundert Seiten herunterzuladen. Die revidierte Fassung wird nicht gedruckt, weil sie zu verräterisch ist und weil sie im Augenblick ihrer Fertigstellung schon wieder überholt wäre. Die Lehrer werden in der Illusion gehalten, es hätten sich nur Kleinigkeiten geändert.
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Th. Ickler


eingetragen von Karsten Bolz am 14.12.2004 um 18.01

E-Mail von heute:

V A 2 - 675.010.000 -
Wiesbaden, den 14.12.2004

Herrn
Karsten Bolz

Sehr geehrter Herr Bolz,

Ihre E-Mail ist mir zugeleitet worden.
In der Januar-Ausgabe des Amtsblatts des Kultusministeriums wird eine Zusammenfassung der letzten Änderungen im Regelwerk der deutschen Rechtschreibung veröffentlicht. Eine vollständige Veröffentlichung des Regelwerks und des Wörterverzeichnisses ist nicht beabsichtigt, weil beides bequem im Internet unter http://www.rechtschreibkommission.de erreichbar ist. Auf diese Fundstelle wird im Amtsblatt ausdrücklich hingewiesen.

Mit freundlichen Grüßen
Im Auftrag
Stillemunkes

Anmerkung von mir: welche Version des Regelwerkes meint er nur?
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Karsten Bolz


eingetragen von Theodor Ickler am 13.12.2004 um 18.07

KMK-Generalsekretär Thies bestätigt brieflich, daß die Neufassung des amtlichen Regelwerks und Wörterverzeichnisses den Kultusministern nicht mehr zur Billigung vorgelegen hat. Sie verlassen sich vielmehr darauf, daß die Kommission die Juni-Beschlüsse schon richtig umgesetzt haben wird.
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Th. Ickler


eingetragen von Klaus Kolbe am 13.12.2004 um 01.04

Für Niedersachsen habe ich die Anfrage bezüglich einer Veröffentlichung der gesamten Neufassung im Amtsblatt übernommen.


eingetragen von Theodor Ickler am 12.12.2004 um 18.06

Bertelsmann und Duden (und da wieder die Duden-Wörterbücher untereinander) haben verschiedene Lösungen gefunden, es geht wirklich drunter und drüber, auch noch in den letzten Bearbeitungen. Man muß noch Langeweile hinzunehmen, um das ganze Durcheinander zu erleben.
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Th. Ickler


eingetragen von Karsten Bolz am 12.12.2004 um 17.44

Ich habe heute eine Anfrage zur Veröffentlichung der Neuregelung im Amtsblatt an das Hessische Kultusministerium gesendet. Ob darauf eine Antwort kommt? Mal schauen...
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Karsten Bolz


eingetragen von Karsten Bolz am 12.12.2004 um 17.34

Wink

Wahrscheinlich hat die Kommission jetzt erkannt, daß das Hohelied und der Hohepriester als fachspr. einzustufen sind. Man müßte mal in Rom nachfragen, ob der Papst die Begriffe jetzt hat schützen lassen: der Hohepriester™ und das Hohelied™.
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Karsten Bolz


eingetragen von Theodor Ickler am 12.12.2004 um 09.47

Die Änderungen aufgrund der Beschlüsse vom Juni 2004 sind so erheblich und folgenreich, daß die Kultusministerien unbedingt eine Veröffentlichung der gesamten Neufassung im Amtsblatt veranlassen müssen. Das ist schon im Sinne der Rechtssicherheit bei Korrekturen und Notengebung in der Schule unabdingbar. Ich bitte alle, bei ihren zuständigen Ministerien nachzufragen, wann damit zu rechnen ist. Für Bayern übernehme ich es selbst.
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Th. Ickler


eingetragen von Theodor Ickler am 12.12.2004 um 09.38

In meinen Anmerkungen zur Neuregelung (s. unten) weise ich nachtragsweise darauf hin, daß das Hohelied und der Hohepriester aus dem Wörterverzeichnis gestrichen sind. Ein interessanter Fall.
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Th. Ickler


eingetragen von Fritz Koch am 08.12.2004 um 16.54

Mir scheint, daß die neueste neue Rechtschreibung jetzt genauso unlogisch und voller Ausnahmen und Einzelfälle ist, wie die Reformer es der alten Duden-Rechtschreibung vorgeworfen hatten, und daß sie jetzt nicht mehr nach angeblich weniger und leichter zu lernenden Regeln angewandt werden kann, weil das einfach nicht möglich ist.

Aber was bleibt dann als Vorteil außer der angeblich viel logischeren, aber in Wirklichkeit viel fehlerträchtigeren und lese-erschwerenden ss-statt-ß-Schreibung?

Wirklich logischer und einfacher ist nur die von Prof. Ickler auf der Basis des alten Dudens überarbeitete und verbesserte Rechtschreibung, die "Ickler-Rechtschreibung".

Aber eine wirklich gute Rechtschreibung ist angeblich in unserer Verbände-Demokratie politisch nicht durchsetzbar, obwohl die große Mehrheit des Volkes sie will. Merkwürdig.

Wirklich erbärmlich, schäbig und volksschädigend ist die Aussage der Fraktionsspitze der Grünen, eine gute Entscheidung dürfe dann nicht getroffen und unterstützt werden, wenn sie dem politischen Gegner nützen könnte.
Ob sie dem Volk nützt, ist politisch unwichtig.
Jagt diese Schmarotzer zum Teufel!


eingetragen von Fritz Koch am 07.12.2004 um 18.33

Das ist ein Wort für Wort ins Deutsche übersetzter englischer Satz:
"He goes around the house to find to the police."
Wie soll ein Englischsprachiger mit solchen Deutsch-Beispielsätzen Deutsch lernen?


eingetragen von Theodor Ickler am 07.12.2004 um 16.20

Zur Revision der Neuregelung seit Juni 2004



Im Juni 2004 beschlossen die Kultusminister, den vierten Bericht der Zwischenstaatlichen Kommission mit einigen weiteren Änderungen und Ergänzungen anzunehmen. Der volle Umfang dieser ersten amtlichen Revision (nach mehreren inoffiziellen, durch Absprachen mit Duden und Bertelsmann in die Wörterbücher eingeführten) war zunächst nur aus dem Ende August 2004 erschienenen neuen Duden abzulesen. Die Neufassung der amtlichen Regeln samt neuem Wörterverzeichnis erschien Ende November auf der Internet-Seite der Kommission und ist bisher nur in dieser Form greifbar. Ob sie den Kultusministern noch einmal zur Billigung vorgelegen hat, ließ sich nicht feststellen.

Neu eingeführt ist der Begriff des Verbzusatzes, auf dessen Unentbehrlichkeit die Kritiker der Reform von Anfang an hingewiesen haben.
Der besonders problematische Paragraph 34 ist weitgehend neu gefaßt. Die Liste der Verbzusätze ist um mehr als ein Dutzend Elemente erweitert und zugleich geöffnet worden, so daß sie nunmehr nur noch als Beispielsammlung anzusehen ist. Damit werden Tausende von Zusammenschreibungen wieder möglich, die seit 1996 ausgeschlossen waren.
Wie sich bereits im vierten Bericht der Zwischenstaatlichen Kommission abzeichnete, werden in die Regeln zur Getrennt- und Zusammenschreibung die Kriterien der Betonung und der Bedeutung eingeführt, von denen die gesamte Neuregelung eigentlich nichts wissen wollte. Die Kritiker hatten seit je auf die Wichtigkeit und praktische Nützlichkeit von Betonung und Semantik hingewiesen.
Die Reformkommission scheint sich allerdings der Tragweite dieser Zugeständnisse ebensowenig bewußt zu sein wie die Dudenredaktion.
Ein Hauptproblem der Neuregelung war von Anfang an die Unterscheidung von Verbzusatz und adverbialer Erweiterung. Die Neuregelung von 1996 stellte bekanntlich Verbzusatzkonstruktionen wie übrigbleiben, fertigstellen oder heiligsprechen mit den gänzlich anders gebauten adverbialen Erweiterungen freundlich grüßen, gründlich säubern usw. gleich und unterwarfen sie der völlig aus der Luft gegriffenen Regel, wonach Verbindungen mit Adjektiven auf -ig, -lich oder -isch getrennt zu schreiben seien: heilig sprechen usw. - Eine zweite Regel besagte, daß Getrenntschreibung eintrete, wenn der adjektivische Bestandteil steigerbar oder erweiterbar ist. (Diese Regel widerspricht großenteils der vorigen, da heilig usw. in solchen Verbindungen gerade nicht steigerbar oder erweiterbar sind.)
Dieses unbefriedigende Ergebnis führte schon 1997 dazu, daß die Kommission Änderungen für „unumgänglich notwendig“ hielt. Sie wurden jedoch von der KMK untersagt.
In der Neubearbeitung wird nun endlich festgehalten:
„Partikeln (Präpositionen, Adverbien), Adjektive oder Substantive können als Verbzusatz mit Verben trennbare Zusammensetzungen bilden. [...] Der Verbzusatz trägt den Hauptakzent.“ [§ 34] „Kennzeichnend für den Gebrauch als Adverbial ist, dass es nicht den Hauptakzent trägt und zwischen Adverbial und Verb weitere Satzbestandteile stehen können.“ [§ 34 (1) E1]
Auch nach diesen Kriterien, die beide aus der Reformkritik übernommen wurden, ist die Getrenntschreibung bei fertigstellen usw. nicht gerechtfertigt, sie bleibt eine Ausnahmeregel. Dasselbe gilt aber auch für anders gebaute Verbzusätze. Das amtliche Wörterverzeichnis und der neue Duden sehen ausdrücklich vor, daß lahm legen getrennt geschrieben wird. Der Zusatz lahm trägt den Hauptakzent und ist nicht durch weitere Satzbestandteile vom Verb zu trennen. Außerdem ist er aber auch nicht steiger- oder erweiterbar, denn in Wendungen wie völlig lahmlegen – woran die Reformer gedacht haben mögen – bezieht sich die Intensivierung auf den gesamten Komplex. Man kann nicht fragen: „Wie hat er den Verkehr gelegt? Völlig lahm.“
Folglich spricht hier und in zahllosen ähnlichen Fällen alles für die bisher übliche Zusammenschreibung. Sie wäre sogar über den bisherigen Duden hinaus noch auszuweiten, um der tatsächlichen Sprachpraxis gerecht zu werden: ernstnehmen usw.
Die Semantik wird in folgendem Fall herangezogen:
„Bei Verbindungen aus Einzelwort und adjektivisch gebrauchtem Partizip ist neben der Getrenntschreibung nach § 36 E1(1) auch Zusammenschreibung möglich, wenn die Verbindung der beiden Wörter als Einheit aufgefasst werden soll.“ [E2(2)]
Daraus ergeben sich die herkömmlichen Zusammensetzungen ratsuchend, alleinerziehend, ernstgemeint usw. Diese drei werden als Beispiele angeführt, das Wörterverzeichnis enthält 90 weitere, und im neuen Duden sind über 400 Beispiele wiedergewonnener Zusammenschreibung enthalten. Tausende von weiteren lassen sich nach demselben Muster bilden.
Damit wird die anstößige Grundregel nach § 36, wonach partizipale Verbindungen ebenso getrennt geschrieben werden wie das zugrunde liegende Verb, praktisch aufgehoben. Die Neufassung fällt aber immer noch hinter den alten Duden zurück; sie ist insofern unhaltbar, als sie die syntaktischen Bedingungen, unter denen Getrennt- bzw. Zusammenschreibung angebracht sind, nicht spezifiziert. Im vierten Bericht war immerhin schon erkannt worden, daß prädikative Verwendung des verbal konstruierten partizipialen Gefüges nicht zulässig ist: Sie ist allein erziehend. Diese Einsicht ist inzwischen wieder abhanden gekommen. Stattdessen findet man den Hinweis auf „adjektivischen“ Gebrauch des Partizips, woraus im Wörterverzeichnis schlicht der adjektivische Gebrauch des gesamten Gefüges wird, ebenso im neuen Duden. Das ist verwirrend.

Unter § 57 wird das Beispielwort In-Kraft-Treten weiterhin mit Bindestrichen geschrieben, obwohl dies in der Neufassung von § 43 ausdrücklich ausgeschlossen wird und auch der vierte Bericht diesen Fall ausführlich dargelegt hat.
Nachdem die Beispiele teilweise (aber nicht in §§ 84 und 86) von DM auf Euro umgestellt worden sind, könnte man in § 60 – nach dem Institut für deutsche Sprache – auch das Beispiel neue deutsche literatur löschen, denn diese Zeitschrift hat gerade ihr Erscheinen eingestellt.
Die reformierte Kommasetzung läuft großenteils auf Weglaßbarkeit von Kommas hinaus. Dem wird zwar durch Ratschläge zur Vermeidung von Mißverständnissen wieder entgegengewirkt, aber man fragt sich, welchen Sinn eine Neuregelung hat, die folgenden Satz als immerhin zulässig ermöglicht:
Er geht um das Haus zu finden zur Polizei. (Neues Beispiel unter § 76)
Adverbiale Infinitivsätze sollten grundsätzlich mit Kommas abgegrenzt werden, damit solche Torheiten gar nicht erst entstehen.



Das Wörterverzeichnis

Im Wörterverzeichnis fehlen jetzt die Sternchen, die auf reformbedingte Neuschreibungen hinwiesen. Der entsprechende Hinweis in den Vorbemerkungen ist gestrichen. Daher ist es nicht mehr so leicht, die Zahl der Neuschreibungen festzustellen.
Etwa 90mal wird die Zusammenschreibung von Komposita mit präpositionalem Kern ausdrücklich wieder zugelassen unter Hinweis auf den „adjektivischen“ Charakter (s.o.).
Das Wörterverzeichnis enthält den Eintrag
„achtfach § 36(2), 8fach § 41 E, 8-fach § 40(3); das Achtfache, das 8fache, das 8-Fache, um das Achtfache [größer] § 57(1)“
Die Bindestrichschreibung ist neu, die Herleitung aus § 40(3) ist unzutreffend, da es sich nicht um eine Zusammensetzung, sondern um eine Ableitung handelt. Die Reformer haben hier im Gefolge des vierten Berichts einen neuen Ausnahmetatbestand geschaffen. Der neue Duden extrapoliert mit Recht eine neue Unterregel, die nur für dieses eine Element gilt:
„K 30 3. Der Wortbestandteil »-fach« kann mit oder ohne Bindestrich an die Ziffer angehängt werden.
- 8fach oder 8-fach, 8,5fach oder 8,5-fach
Bei Substantivierungen ist nach dem Bindestrich großzuschreiben.
- das 8fache oder 8-Fache (aber: die 8fache oder 8-fache Menge)“

Es ist nicht einzusehen, warum derselbe Bindestrich nicht z. B. auch bei 80-er usw. stehen und warum er bei 8-mal nicht ebenfalls fakultativ sein soll. Laut Erörterung im vierten Bericht „ist der Wortbestandteil einer Grauzone zwischen unselbstständigem Grundmorphem und Suffix zuzuordnen.“ Dasselbe ließe sich aber auch von -jährig, -äugig und vielen anderen Bestandteilen sagen.

Der Eintrag Hohe(s)lied, Hohe(r)priester ist ganz gestrichen. Zuletzt wurde der Fall im dritten Bericht der Kommission erörtert, aber nicht mehr im vierten Bericht. Die Kommission scheint hier kapituliert zu haben; jedenfalls werden wir nie mehr erfahren, wie sie sich die Lösung vorstellt, da sie in diesen Tagen ihre Tätigkeit einstellt.


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Th. Ickler


eingetragen von margel am 07.12.2004 um 12.07

Ich glaube nicht, daß Herr Zehetmair die reformierte Schreibung beherrscht und durchgängig anwendet. Warum sollte er? Aber sagen muß er es natürlich, denn wie könnte er sonst Vorsitzender des Rechtschreibrates werden? Dort will er doch, wenn man ihn ernstnehmen darf, geradezu subversiv wirken. Die Ironie der Ereignisse führt dazu, daß er dann der einzige "Gegner" in diesem Gremium sein wird.


eingetragen von Ruth Salber-Buchmüller am 07.12.2004 um 10.01

Angela Merkel am 6.12.04
im Interview mit Claus Kleber:
"Deutschland darf sich nicht
mit Mittelmaß abfinden".

Zehemair will die "schlimmsten"
Fehler beseitigen.
Was ist mit den schlimmen?
"Schlimm" ist noch unter
Mittelmaß.

Was ich nicht verstehe:
Zehetmair bestätigt, daß er sich
persönlich an die neuen
Rechtschreibregeln halte, daß bei ihm
lediglich die Kommata zahlreicher
seien. Er vermeidet also nur die Zeichensetzung,
nicht aber die Auseinanderschreibung, die
er andererseits revidieren will.
Ein ehemaliger Wissenschaftsminister
schreibt also gegen seine Einsicht
falsch und ungrammatisch.


__________________
Ruth Salber-Buchmueller


eingetragen von Matthias Dräger am 07.12.2004 um 05.15

In der FAZ vom 2. 12. schwadroniert Kater Paul, nachdem er samt (wieder einmal) zerfetzter Zeitung in hohem Bogen von seinem Herrchen (Chef von Leo & Co) vor die Tür gesetzt wurde:

„Fauch! Ich komme wieder! Und dann wird sein
ein großes Wehklagen unter den Herrchen dieser Welt, und
die Polstermöbel und Vorhänge werden erzittern, und
die Vögel werden vom Himmel fallen und
die Heuschrecken werden die Kanaren verwüsten,
und der letzte Experte wird die CDU/CSU verlassen,
und der Dollar wird für einen halben Euro zu haben sein, und
der Rat für deutsche Rechtschreibung wird tagen - “


eingetragen von Theodor Ickler am 06.12.2004 um 15.24

von Helmut Jochems

In Klaus Hellers Sprachreport - Extraausgabe aus dem Jahre 1996 - seitdem in mehreren Millionen Exemplaren verbreitet, unter anderem als Lehrbuch für die staatliche Verwaltung - steht bis auf den heutigen Tag "übrig bleiben wie artig grüßen" als Begründung für die reformierte Getrenntschreibung von Verben wie "fertigstellen" oder "heiligsprechen". Das nicht enden wollende Gelächter über diesen urigen Scherz hat nichts bewirkt. "Verläßlichkeit" geht eben bei den Reformern wie bei den Reformbetreibern über alles. Sollten sie wirklich angenommen haben und immer noch annehmen, in deutschen Schulen erführe man nichts über den Unterschied zwischen einem Adjektiv und einem Adverb? So muß es wohl (gewesen) sein, denn in ihr sonst reichlich abstrakt formuliertes Regelwerk hat die Reformkommission noch kurz vor ihrer Entlassung eine didaktische Erklärung eingeschoben: "Kennzeichnend für den Gebrauch als Adverbial ist, dass es nicht den Hauptakzent trägt und zwischen Adverbial und Verb weitere Satzbestandteile stehen können." [§ 34 (1) E1] Vorher - in der Hauptregel des § 34 - heißt es neuerdings: : "Partikeln (Präpositionen, Adverbien), Adjektive oder Substantive können als Verbzusatz mit Verben trennbare Zusammensetzungen bilden. [...] Der Verbzusatz trägt den Hauptakzent." Daraus ergibt sich zweierlei: Die bisher grundsätzlich unberücksichtigte Betonung, nach der sich jedoch die Schreiber in diesen Fällen intuitiv richten, ist in die Rechtschreibregelung zurückgekehrt. Und weiter: Die meisten Einzelregeln des § 34 sind damit überflüssig geworden. Für den neuen DUDEN kam diese Revision der Rechtschreibreform offenbar zu spät, oder aber die Wörterbuch-Redaktion hat die Brisanz der Umformulierung nicht bemerkt. Warum sollten aber weiterhin umständliche Steigerungs- und Erweiterungsproben vorgenommen werden, wenn die Betonung schon den entscheidenden Hinweis gibt? "Lahmlegen" ist also - entgegen Duden 2004 - stets zusammenzuschreiben, denn der "Verbzusatz" trägt den Hauptakzent. Zum gleichen Ergebnis führt übrigens auch die Steigerungsprobe - "lahmer legen" gibt es nicht, und in "ganz lahmlegen" bezieht sich die Erweiterung auf das komplexe Verb, nicht auf den Zusatz.

An einer anderen Stelle rücken die Reformer in der "Überarbeiteten Fassung" 2004" von einer weiteren Grundsatzentscheidung ab: "Bei Verbindungen aus Einzelwort und adjektivisch gebrauchtem Partizip ist neben der Getrenntschreibung nach § 36 E1(1) auch Zusammenschreibung möglich, wenn die Verbindung der beiden Wörter als Einheit aufgefasst werden soll." [E2(2)] Rückgriffe auf die Bedeutung haben nach der reinen zwischenstaatlichen Lehre in Rechtschreibregeln nichts zu suchen. Der Zusatz wäre hier jedoch nicht einmal nötig gewesen, denn die Anerkennung des adjektivischen Charakters der erweiterten Partizipien in attributiver und prädikativer Stellung führt schon zur Zusammenschreibung. Anhand der "Buchenstabenstrecke D" des Österreichischen Wörterbuchs ermittelte die Zwischenstaatliche Kommission, daß "datenverarbeitend", "dichtbesiedelt", "diensthabend" und "durcheinanderredend" nun wieder zulässig seien, allerdings neben der weiterhin gültigen Getrenntschreibung. Daß Verbindungen mit dem Partizip in prädikativer Stellung ausgeschlossen sind, steht ausdrücklich im 4. Kommissionsbericht, aber diese Präzisierung fehlt in der "Überarbeitung" des Regelwerks. Immerhin gibt es jetzt wieder Zusammenschreibungen mit "einander", dies jedoch wie auch sonst mit der verwirrenden Einschränkung, daß in verbaler Verwendung weiterhin getrennt zu schreiben sei, also: "Das Gerät wurde auseinander genommen" vs. "das auseinandergenommene Gerät". Die Vermutung der Kommission, etwa ein Dutzend Fälle seien betroffen, zeigt erneut die Ahnungslosigkeit der jetzt Abgehalfterten. Im neuen DUDEN sind es 420 Fälle, in Wirklichkeit aber weit mehr, da es sich um ein sehr produktives Wortbildungsmuster handelt. "Das Bedürfnis, solche Verbindungen im Wörterbuch nachzuschlagen, dürfte übrigens gering sein, da die zugrunde liegende allgemeine Regel leicht merkbar ist", sagten die Leute um Herrn Augst zum Abschied - womit sie ausnahmsweise recht haben.

__________________
Th. Ickler


eingetragen von Karsten Bolz am 04.12.2004 um 18.01

Vergleich des amtlichen Regelwerks von 1996 mit der überarbeiteten Fassung von 2004. Dieser Vergleich berücksichtigt nicht das dem Regelwerk angefügte Wörterverzeichnis.

Durchgängige Änderungen: Ersetzung des Ungleichheitszeichens durch das Wort „aber“. Z. B. §10 E: lautete bisher: „Lid # Lied, Mine # Miene usw.“ Jetzt: „Lid aber Lied, Mine aber Miene usw.“

Ersetzung der Schreibweise „Paragraph“ jetzt durch „Paragraf“

Streichung in Kapitel 3.2
Im Kapitel 3.2 „Zum Aufbau des Wörterverzeichnisses“ wurde der folgende Absatz gestrichen:
(6) Neue Schreibungen
Schreibungen, die sich durch die Neuregelung geändert haben, sind durch ein Sternchen markiert, zum Beispiel: rau*. Eingeklammerte Sternchen zeigen an, dass eine analoge Schreibung bereits vorhanden war, so etwa: aufwärts gehen(*).

Die darüber hinausgehenden Änderungen im einzelnen:

§32
In §32 „Über die bisher dargestellten Laut-Buchstaben-Zuordnungen hinaus treten in Fremdwörtern auch fremdsprachige Zuordnungen auf.”
Bisher unter (1.1):
Laute ____ Buchstaben ____ Beispiele
___________ c ___________ Cello, Cembalo
___________ ch __________ Chip, Coach, Ranch
___________ ge, dge ______ College, Bridge

Jetzt:
Laute ____ Buchstaben ____ Beispiele
___________ c ___________ Cello, Cembalo
___________ ch __________ Chip, Coach, Ranch
___________ ge __________ College
___________ dge _________ Bridge


Bisher unter (2)
qu – k Bouquet – Buket(t), Kommuniqué – Kommunikee
Jetzt:
qu – k Bouquet – Bukett, Kommuniqué – Kommunikee

B Getrennt- und Zusammenschreibung
0 Vorbemerkung
Bisher (3):

So wird zum Beispiel stets zusammengeschrieben, wenn der erste oder der zweite Bestandteil in dieser Form als selbständiges Wort nicht vorkommt…
Jetzt:
So wird zum Beispiel meist zusammengeschrieben, wenn der erste oder der zweite Bestandteil in dieser Form als selbständiges Wort nicht vorkommt

§33
§33 Bisher:

Substantive, Adjektive oder Partikeln können mit Verben untrennbare Zusammensetzungen bilden. Man schreibt sie stets zusammen.
Jetzt:
Substantive, Adjektive oder Partikeln (Präpositionen, Adverbien) können mit Verben untrennbare Zusammensetzungen bilden. Man schreibt sie stets zusammen.

§34
§34 Bisher:

Partikeln, Adjektive oder Substantive können mit Verben trennbare Zusammensetzungen bilden. Man schreibt sie nur im Infinitiv, im Partizip I und im Partizip II sowie im Nebensatz bei Endstellung des Verbs zusammen.
Jetzt:
Partikeln (Präpositionen, Adverbien), Adjektive oder Substantive können als Verbzusatz mit Verben trennbare Zusammensetzungen bilden. Man schreibt sie nur im Infinitiv, im Partizip I und im Partizip II sowie im Nebensatz bei Endstellung des Verbs zusammen. Der Verbzusatz trägt den Hauptakzent.

§34 (1) bis (2) bisher:
(1) Zusammensetzungen aus Partikel + Verb mit den folgenden ersten Bestandteilen:
ab- (Beispiele: abändern, abbauen, abbeißen, abbestellen, abbiegen), an-, auf-, aus-, bei-, beisammen-, da-, dabei-, dafür-, dagegen-, daher-, dahin-, daneben-, dar-, d(a)ran-, d(a)rein-, da(r)nieder-, darum-, davon-, dawider-, dazu-, dazwischen-, drauf-, drauflos-, drin-, durch-, ein-, einher-, empor-, entgegen-, entlang-, entzwei-, fort-, gegen-, gegenüber-, her-, herab-, heran-, herauf-, heraus-, herbei-, herein-, hernieder-, herüber-, herum-, herunter-, hervor-, herzu-, hin-, hinab-, hinan-, hinauf-, hinaus-, hindurch-, hinein-, hintan-, hintenüber-, hinterher-, hinüber-, hinunter-, hinweg-, hinzu-, inne-, los-, mit-, nach-, nieder-, über-, überein-, um-, umher-, umhin-, unter-, vor-, voran-, vorauf-, voraus-, vorbei-, vorher-, vorüber-, vorweg-, weg-, weiter-, wider-, wieder-, zu-, zurecht-, zurück-, zusammen-, zuvor-, zuwider- zwischen-
Auch: auf- und abspringen, ein- und ausführen, hin- und hergehen usw.
E1: Aber als Wortgruppe: dabei (bei der genannten Tätigkeit) sitzen, daher (aus dem genannten Grund) kommen, wieder (erneut, nochmals) gewinnen, zusammen (gemeinsam) spielen usw.
E2: Zu den trennbaren Zusammensetzungen gehören auch Zusammensetzungen mit haben und werden wie: innehaben, vorhaben, voraushaben; innewerden.
Zu Verbindungen mit dem Verb sein siehe § 35.
(2) Zusammensetzungen aus Adverb oder Adjektiv + Verb, bei denen
(2.1) der erste, einfache Bestandteil in dieser Form als selbständiges Wort nicht vorkommt, zum Beispiel:
fehlgehen, fehlschlagen, feilbieten, kundgeben, kundtun, weismachen
(2.2) der erste Bestandteil in dieser Verbindung weder erweiterbar noch steigerbar ist, wobei die Negation nicht nicht als Erweiterung gilt, zum Beispiel:
bereithalten, bloßstellen, fernsehen, festsetzen (= bestimmen), freisprechen (= für nicht schuldig erklären), gutschreiben (= anrechnen), hochrechnen, schwarzarbeiten, totschlagen, wahrsagen (= prophezeien)
Zu Zweifelsfällen siehe § 34 E3.

Jetzt:
(1) Zusammensetzungen aus Partikel + Verb mit den folgenden ersten Bestandteilen, zum Beispiel:
ab- (Beispiele: abändern, abbauen, abbeißen, abbestellen, abbiegen), an-, auf-, aus-, bei-, beisammen-, da-, dabei-, dafür-, dagegen-, daher-, dahin-, dahinter-, daneben-, dar-, d(a)ran-, d(a)rauf-, d(a)rauflos-, d(a)rein-, d(a)rin-, da(r)nieder-, d(a)rüber-, d(a)rum-, d(a)runter-, davon-, davor-, dawider-, dazu-, dazwischen-, draus-, durch-, ein-, einher- , empor-, entgegen-, entlang-, entzwei-, fort-, gegen-, gegenüber-, her-, herab-, heran-, herauf-, heraus-, herbei-, herein-, hernieder-, herüber-, herum-, herunter-, hervor-, herzu-, hin-, hinab-, hinan-, hinauf-, hinaus-, hindurch-, hinein-, hintan-, hintenüber-, hinter-, hinterdrein-, hinterher-, hinüber-, hinunter-, hinweg-, hinzu-, inne-, los-, mit-, nach-, nebenher-, nieder-, über-, überein-, um-, umher-, umhin-, unter-, vor-, voran-, vorauf-, voraus-, vorbei-, vorher-, vornüber-, vorüber-, vorweg-, weg-, weiter-, wider-, wieder-, zu-, zurecht-, zurück-, zusammen-, zuvor-, zuwider-, zwischen-
Auch: auf- und abspringen, ein- und ausführen, hin- und hergehen usw.
E1: Viele dieser Verbzusätze können auch als freies Adverbial mit Verben auftreten und werden in diesem Fall als Teil einer Wortgruppe in allen Formen bzw. Stellungen vom Verb getrennt geschrieben. Kennzeichnend für den Gebrauch als Adverbial ist, dass es nicht den Hauptakzent trägt und zwischen Adverbial und Verb weitere Satzbestandteile stehen können: er wollte dabei (auf seinem Bürostuhl) sitzen, sie wird das Rennen wieder (mit großem Vorsprung) gewinnen, während sie zusammen (auf dem Sportplatz) spielten.
E2: Zu den trennbaren Zusammensetzungen gehören auch Zusammensetzungen mit haben und werden wie: innehaben, vorhaben, voraushaben; innewerden.
Zu Verbindungen mit dem Verb sein siehe § 35.
(2) Zusammensetzungen aus Adverb oder Adjektiv + Verb, bei denen der erste, einfache Bestandteil in dieser Verbindung weder steigerbar noch durch sehr oder ganz erweiterbar ist, zum Beispiel:
bereithalten, bloßstellen, fehlschlagen, feilbieten, fernsehen, festsetzen (= bestimmen), freisprechen (= für nicht schuldig erklären), gutschreiben (= anrechnen), hochrechnen, kundgeben, schwarzarbeiten, totschlagen, wahrsagen (= prophezeien), weismachen
Zu Zweifelsfällen siehe § 34 E4.

§34 (3) „Zusammensetzungen aus (teilweise auch verblasstem) Substantiv + Verb mit den folgenden ersten Bestandteilen” wurde erweitert um:
leid- leidtun (nach § 55(4) auch: Leid tun)

In §34 E3 (2) „(zusammengesetztes) Adverb + Verb, zum Beispiel:” ist „auswendig lernen” gestrichen.

§34 E3 (3) lautete bisher:
Adjektiv + Verb, wenn das Adjektiv in dieser Verbindung erweiterbar oder steigerbar ist, wenigstens durch sehr oder ganz, zum Beispiel:
Jetzt:
Adjektiv + Verb, wenn das Adjektiv in dieser Verbindung steigerbar oder durch sehr oder ganz erweiterbar ist, zum Beispiel:
Das Beispiel „fest halten“ ist geändert in „(das Seil) fest halten

Aus §34 E3 (5) „Substantiv + Verb, zum Beispiel:” wurde das Beispiel “Leid tun” entfernt.

§34 E4 verweist jetzt auf §34(2) statt auf §34(2.2), den es nicht mehr gibt: „Lässt sich in einzelnen Fällen der Gruppe aus Adjektiv + Verb zwischen § 34(2) und § 34 E3(3) keine klare Entscheidung für Getrennt- oder Zusammenschreibung treffen,…”

§36
§36(2) „Zusammensetzungen, bei denen der erste oder der zweite Bestandteil in dieser Form nicht selbständig vorkommt, zum Beispiel: einfach, zweifach; letztmalig, redselig, saumselig, schwerstbehindert, schwindsüchtig; blauäugig, großspurig, kleinmütig, vieldeutig
wurde erweitert. Die Beispielliste enthält jetzt zusätzlich:
[der] schwerwiegendere [Vorwurf], [die] zeitsparendste [Lösung]

§36 E1 lautete bisher:
(1) Fälle, bei denen das dem Partizip zugrunde liegende Verb vom ersten Bestandteil getrennt geschrieben wird, und zwar
(1.1) entsprechend § 35, zum Beispiel:
beisammen gewesen (wegen beisammen sein), zurück gewesen
(1.2) entsprechend § 34 E3(2) bis (6), zum Beispiel:
abhanden gekommen (abhanden kommen), auseinander laufend, auswendig gelernt, vorwärts blickend
Der Verweis auf die Paragraphen 35 und 34 ist nun getilgt und es heißt jetzt:
(1) Fälle, bei denen das dem Partizip zugrunde liegende Verb vom ersten Bestandteil getrennt geschrieben wird, zum Beispiel:
beisammen gewesen (wegen beisammen sein), zurück gewesen, abhanden gekommen (abhanden kommen), auseinander laufend, auswendig gelernt, vorwärts blickend...

Unter §36 E1(2) stand bisher der Verweis auf §45(2):
Zur Schreibung mit Bindestrich in Fällen wie wissenschaftlich-technisch siehe § 45(2).
Jetzt:
Zur Schreibung mit Bindestrich in Fällen wie wissenschaftlich-technisch siehe § 44(2).

§36E2 lautete bisher:
E2: Lässt sich in einzelnen Fällen der Gruppen aus Adjektiv, Adverb oder Pronomen + Adjektiv/Partizip zwischen § 36 und § 36 E1 keine klare Entscheidung für Getrennt- oder Zusammenschreibung treffen, so bleibt es dem Schreibenden überlassen, ob er sie als Wortgruppe oder als Zusammensetzung verstanden wissen will, zum Beispiel nicht öffentlich (Wortgruppe)/ nichtöffentlich (Zusammensetzung).
Jetzt:
E2(1): Lässt sich in einzelnen Fällen der Gruppen aus Substantiv, Adjektiv, Adverb oder Pronomen + Adjektiv/Partizip zwischen § 36 und § 36 E1 keine klare Entscheidung für Getrennt- oder Zusammenschreibung treffen, so bleibt es dem Schreibenden überlassen, ob er sie als Wortgruppe oder als Zusammensetzung verstanden wissen will, zum Beispiel: nicht öffentlich (Wortgruppe)/ nichtöffentlich (Zusammensetzung) ebenso bei Positivformen bestimmter Verbindungen mit Partizip, zum Beispiel:ein Zeit sparendes Verfahren (nach dem Infinitiv: Dieses Verfahren kann Zeit sparen) oder ein zeitsparendes Verfahren (nach den Steigerungsformen: ein zeitsparenderes Verfahren, das zeitsparendste Verfahren; § 36(2)) schwer wiegende Vorwürfe (nach den Steigerungsformen: schwerer wiegende Vorwürfe, die am schwersten wiegenden Vorwürfe; aber: schwerstwiegende Vorwürfe (§ 36(2)) oder schwerwiegende Vorwürfe (nach den Steigerungsformen: schwerwiegendere Vorwürfe, die schwerwiegendsten Vorwürfe; § 36(2))
E2(2): Bei Verbindungen aus Einzelwort und adjektivisch gebrauchtem Partizip ist neben der Getrenntschreibung nach § 36 E1(1) auch Zusammen schreibung möglich, wenn die Verbindung der beiden Wörter als Einheit aufgefasst werden soll, zum Beispiel:
die Rat suchenden Bürger oder die ratsuchenden Bürger; eine allein erziehende Mutter oder eine alleinerziehende Mutter; ein ernst gemeinter Vorschlag oder ein ernstgemeinter Vorschlag

§37
In §37(1) „Zusammensetzungen, bei denen der letzte Bestandteil ein Substantiv ist, zum Beispiel:” wurden aus der Beispielliste entfernt: Bigband, Blackbox, Softdrink
E1 wurde geändert von:
E1: Bei Verbindungen aus Adjektiv und Substantiv wie in Bigband, Blackbox, Softdrink ist in Anlehnung an die Herkunftssprache auch Getrenntschreibung möglich: Big Band, Black Box, Soft Drink. Zur Groß- und Kleinschreibung siehe § 55(3); zur Schreibung mit Bindestrich siehe § 45(2).
zu:
E1: Aus anderen Sprachen stammende Verbindungen aus Adjektiv + Substantiv, die sich im Deutschen grammatisch wie Zusammensetzungen verhalten, werden zusammengeschrieben. In Anlehnung an die Herkunftssprache ist ebenso Getrenntschreibung möglich: Bigband/Big Band; Blackbox/Black Box; Bluejeans/Blue Jeans. Zu Verbindungen aus Substantiv + Substantiv siehe auch § 45 E1, zu Substantivierungen aus Verb + Adverb siehe § 45 E2, zur Groß- und Kleinschreibung siehe § 55(1) und § 55(3).

§43
In §43 „Man setzt Bindestriche in substantivisch gebrauchten Zusammensetzungen (Aneinanderreihungen), insbesondere bei substantivisch gebrauchten Infinitiven mit mehr als zwei Bestandteilen.”
ist aus den Beispielen gestrichen: das Make-up, das Rooming-in
Unter E ist das Inkrafttreten neu hinzugekommen: „E: Dies gilt nicht für übersichtliche Zusammensetzungen mit Infinitiv, zum Beispiel: das Autofahren, das Ballspielen, beim Walzertanzen, das Inkrafttreten

§44
§44 ist neu formuliert und gegliedert:
Bisher:
Man setzt einen Bindestrich zwischen allen Bestandteilen mehrteiliger Zusammensetzungen, in denen eine Wortgruppe oder eine Zusammensetzung mit Bindestrich auftritt.
Jetzt:
Man setzt einen Bindestrich zwischen allen Bestandteilen mehrteiliger Zusammensetzungen, in denen eine Wortgruppe oder eine Zusammensetzung mit Bindestrich auftritt, sowie in unübersichtlichen Zusammensetzungen aus gleichrangigen, nebengeordneten Adjektiven.
Statt bisher nur Beispiele anzuführen:
“Beispiele:
A-Dur-Tonleiter, D-Zug-Wagen, S-Kurven-reich (aber kurvenreich), Vitamin-B-haltig (aber vitaminhaltig), … 2-Mark-Stück, …
heißt es nun:
“Dies betrifft
(1) mehrteilige Zusammensetzungen, in denen eine Wortgruppe oder eine Zusammensetzung mit Bindestrich auftritt, zum Beispiel:
A-Dur-Tonleiter, D-Zug-Wagen, S-Kurven-reich (aber kurvenreich), Vitamin-B-haltig (aber vitaminhaltig), …2-Euro-Stück, …
sowie:
“(2) unübersichtliche Zusammensetzungen aus gleichrangigen, nebengeordneten Adjektiven, zum Beispiel:
der wissenschaftlich-technische Fortschritt, ein lateinisch-deutsches Wörterbuch, deutsch-österreichische Angelegenheiten; manisch-depressives Verhalten; physikalisch-chemisch-biologische Prozesse”

§45
§45 lautete bisher:
Man kann einen Bindestrich setzen zur Hervorhebung einzelner Bestandteile, zur Gliederung unübersichtlicher Zusammensetzungen, zur Vermeidung von Missverständnissen, in Zusammensetzungen aus gleichrangigen (nebengeordneten) Adjektiven oder beim Zusammentreffen von drei gleichen Buchstaben.
Jetzt:
Man kann einen Bindestrich setzen zur Hervorhebung einzelner Bestandteile, zur Gliederung unübersichtlicher Zusammensetzungen, zur Vermeidung von Missverständnissen oder beim Zusammentreffen von drei gleichen Buchstaben.

Aus §45(2) „unübersichtliche Zusammensetzungen, zum Beispiel:” wurden entfernt: Desktop-Publishing, Midlife-Crisis

Diese erscheinen nun in den neu eingefügten §45 E1 und E2:
E1: Aus anderen Sprachen stammende Verbindungen aus Substantiv + Substantiv, die sich im Deutschen grammatisch wie Zusammensetzungen verhalten, werden zusammengeschrieben; ebenso ist die verdeutlichende Schreibung mit Bindestrich möglich. Zur Groß- und Kleinschreibung siehe § 55(1) und § 55(3).
Sexappeal (Sex-Appeal), Sciencefiction (Science-Fiction), Shoppingcenter (Shopping-Center), Desktoppublishing (Desktop-Publishing), Midlifecrisis (Midlife-Crisis)
Zu Verbindungen aus Adjektiv + Substantiv siehe § 37 E1.
E2: Aus dem Englischen stammende Substantivierungen aus Verb + Adverb schreibt man mit Bindestrich; das Adverb wird dann kleingeschrieben, zum Beispiel:
Make-up, Go-in
Daneben ist auch Zusammenschreibung möglich, sofern die Lesbarkeit nicht beeinträchtigt ist, zum Beispiel:
Count-down (Countdown), Come-back (Comeback), Knock-out (Knockout), Stand-by (Standby)

§54
In §54 „Das erste Wort eines Ganzsatzes schreibt man groß.“ wurde im Beispielsatz ein Komma getilgt:
Bisherige Fassung:
Nachdem sie von der Reise zurückgekehrt war, hatte sie den dringenden Wunsch, ein Bad zu nehmen.
Jetzt:
Nachdem sie von der Reise zurückgekehrt war, hatte sie den dringenden Wunsch ein Bad zu nehmen.

§55
In §55 „Substantive schreibt man groß.” wurde in
„(4) für Substantive, die Bestandteile fester Gefüge sind und nicht mit anderen Bestandteilen des Gefüges zusammengeschrieben werden (siehe dazu auch Teil B, Getrennt- und Zusammenschreibung, § 34(3) und § 39), zum Beispiel:” in die Beispielliste eingefügt:
Leid tun (nach § 34(3) auch: leidtun),

§57
§57 „Wörter anderer Wortarten schreibt man groß, wenn sie als Substantive gebraucht werden (= Substantivierungen).” verzeichnet weiterhin im Beispiel In-Kraft-Treten statt Inkrafttreten nach §43:
Das In-Kraft-Treten (a, b, c) des Gesetzes verzögert sich.

§58
§58 „In folgenden Fällen schreibt man Adjektive, Partizipien und Pronomen klein, obwohl sie formale Merkmale der Substantivierung aufweisen.”
lautete bisher für (3):
(3) bestimmte feste Verbindungen aus Präposition und nichtdekliniertem oder dekliniertem Adjektiv ohne vorangehenden Artikel, zum Beispiel:
Ich hörte von fern ein dumpfes Grollen. Die Pilger kamen von nah und fern. Die Ware wird nur gegen bar ausgeliefert. Die Mädchen hielten durch dick und dünn zusammen. Das wird sich über kurz oder lang herausstellen. Damit habe ich mich von klein auf beschäftigt. Das werde ich dir schwarz auf weiß beweisen. Die Stimmung war grau in grau. Aus der Brandruine stieg von neuem Rauch auf. Wir konnten das Feuer nur von weitem betrachten. Der Fahrplan bleibt bis auf weiteres in Kraft. Unsere Pressesprecherin gibt Ihnen ohne weiteres Auskunft. Der Termin stand seit längerem fest.
Jetzt:
(3) bestimmte feste Verbindungen
(3.1) aus Präposition und nichtdekliniertem Adjektiv ohne vorangehenden Artikel, zum Beispiel:
Ich hörte von fern ein dumpfes Grollen. Die Pilger kamen von nah und fern. Die Ware wird nur gegen bar ausgeliefert. Die Mädchen hielten durch dick und dünn zusammen. Das wird sich über kurz oder lang herausstellen. Damit habe ich mich von klein auf beschäftigt. Das werde ich dir schwarz auf weiß beweisen. Die Stimmung war grau in grau.
(3.2) aus Präposition und dekliniertem Adjektiv ohne vorangehenden Artikel. In diesen Fällen ist jedoch auch die Großschreibung des Adjektivs zulässig, zum Beispiel:
Aus der Brandruine stieg von neuem/Neuem Rauch auf. Wir konnten das Feuer nur von weitem/Weitem betrachten. Der Fahrplan bleibt bis auf weiteres/Weiteres in Kraft. Unsere Pressesprecherin gibt Ihnen ohne weiteres/Weiteres Auskunft. Der Termin stand seit längerem/Längerem fest. Die Aufgabe wird binnen kurzem/Kurzem erledigt.

§58 E4 lautete bisher:
E4: Wenn hervorgehoben werden soll, dass das Adjektiv nicht als unbestimmtes Zahlwort zu verstehen ist, kann nach § 57(1) auch großgeschrieben werden, zum Beispiel: Sie strebte etwas ganz Anderes (= völlig Neues) an.
Jetzt:
E4: Wenn der Schreibende zum Ausdruck bringen will, dass das Zahladjektiv substantivisch gebraucht ist, kann er es nach § 57(1) auch großschreiben, zum Beispiel:
Sie strebte etwas ganz Anderes an. Die Einen sagen dies, die Anderen das. Die Meisten stimmten seiner Meinung zu.

§60
In §60 „In mehrteiligen Eigennamen mit nichtsubstantivischen Bestandteilen schreibt man das erste Wort und alle weiteren Wörter außer Artikel, Präpositionen und Konjunktionen groß.”
wurde in E2 das Beispiel „Institut für deutsche Sprache“ gelöscht. Aus:
E2: In einigen der oben genannten Namengruppen kann die Schreibung im Einzelfall abweichend festgelegt sein, zum Beispiel:
neue deutsche literatur, profil, konkret (Zeitschriften); Institut für deutsche Sprache, Akademie für Musik und darstellende Kunst „Mozarteum“;
wird jetzt:
zum Beispiel:
neue deutsche literatur, profil, konkret (Zeitschriften); Akademie für Musik und darstellende Kunst „Mozarteum“;

§63
In §63 „In substantivischen Wortgruppen, die zu festen Verbindungen geworden, aber keine Eigennamen sind, schreibt man Adjektive klein.” wurde der goldene Schnitt getilgt, der in §64 als „fachsprachlich“ wieder erscheint:
…die gelbe Karte, das gelbe Trikot, der goldene Schnitt, die goldene Hochzeit,…”
neu
…die gelbe Karte, das gelbe Trikot, die goldene Hochzeit,…”

§64
In §64 „In bestimmten substantivischen Wortgruppen werden Adjektive großgeschrieben, obwohl keine Eigennamen vorliegen.” wurde das Beispiel für Titel und Ehrenbezeichnungen geändert:
Aus
der Heilige Vater, die Königliche Hoheit, der Erste Bürgermeister, der Regierende Bürgermeister, der Technische Direktor
wird nun
der Heilige Vater, der Regierende Bürgermeister, die Königliche Hoheit, der Technische Direktor
Ferner wurde (2) entfernt. Dieser lautete bisher:
(2) fachsprachliche Bezeichnungen bestimmter Klassifizierungseinheiten, so von Arten, Unterarten oder Rassen in der Botanik und Zoologie, zum Beispiel:
die Schwarze Witwe, das Fleißige Lieschen, der Rote Milan, die Gemeine Stubenfliege
Neu eingefügt wurde E:
E: In manchen Fachsprachen werden Adjektive, die mit dem Substantiv zusammen für eine begriffliche Einheit stehen, großgeschrieben, während andere Fachsprachen die Kleinschreibung bevorzugen, zum Beispiel:
Roter Milan, Gelbe Karte, Goldener Schnitt, Kleine Anfrage; eiserne Lunge, grauer Star, seltene Erden
Im nichtfachsprachlichen Zusammenhang ist die Kleinschreibung der Adjektive in solchen Wortgruppen der Normalfall.

§74
In §74 „Nebensätze grenzt man mit Komma ab; sind sie eingeschoben, so schließt man sie mit paarigem Komma ein.”
ist unter E1 (2):
„(2) In einigen Fällen kann der Schreibende zusätzlich ein Komma zwischen den Bestandteilen der Wortgruppe setzen:”
den Beispielen ein weiteres hinzugefügt:
Egal(,) welche Farbe sie sich aussucht, sie wird immer gut aussehen.

§76
§76 „Bei Infinitiv-, Partizip- oder Adjektivgruppen oder bei entsprechenden Wortgruppen kann man ein (gegebenenfalls paariges) Komma setzen, um die Gliederung des Ganzsatzes deutlich zu machen bzw. um Missverständnisse auszuschließen.” hat ebenfalls ein weiteres Beispiel erhalten:
Das Recht(,) zur Förderung von Interessen Vereine zu bilden(,) ist jedermann unbenommen. Er geht(,) um das Haus zu finden(,) zur Polizei. (Aber: Er geht um das Haus und findet die Polizei.)”

§84 und §86
§84 zum Gedankenstrich und §86 (Klammern) enthalten immer noch die in §44 durch den Euro abgelöste DM:
Mit einem Scheck über 2000DM – in Worten: zweitausend Mark – hat er die Rechnung bezahlt. Er bezahlte mit einem Scheck über 2000 DM – in Worten: zweitausend Mark.

§101
In §101 (Punkt) ist die Abkürzung Pf. für Pfennig gelöscht.

§101
In §102 (Abkürzungen) ist DM durch EUR ersetzt.

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Karsten Bolz


eingetragen von Fritz Koch am 04.12.2004 um 08.40

Wenn Stare zur Käfig- oder Volierenhaltung geeignet wären, hätten viel mehr Leute einen (grauen) Star.

(Etymologisch korrekt müßte es "graue Starre" heißen. Der arme Vogel kann nichts dafür, die Sterne auch nicht)


eingetragen von Sigmar Salzburg am 03.12.2004 um 23.07

Der „Heilige Vater“ führt noch in Spitzenposition, während „die Königliche Hoheit“ hinter den „Regierenden Bürgermeister“ zurückgefallen und der „Erste Bürgermeister“ ausgeschieden ist.
Niedere Geschöpfe wie „die Schwarze Witwe“, „das Fleißige Lieschen“ und „die Gemeine Stubenfliege“ sind auch nicht mehr in der Wertung.

Aber es gibt einen neuen Anhang:

„E: In manchen Fachsprachen werden Adjektive, die mit dem Substantiv zusammen für eine begriffliche Einheit stehen, großgeschrieben, während andere Fachsprachen die Kleinschreibung bevorzugen, zum Beispiel: Roter Milan, Gelbe Karte, Goldener Schnitt, Kleine Anfrage; eiserne Lunge, grauer Star, seltene Erden
Im nichtfachsprachlichen Zusammenhang ist die Kleinschreibung der Adjektive in solchen Wortgruppen der Normalfall.“

Im Duden 2004 steht ausdrücklich „gelbe Karte“, „goldener Schnitt“; in meinem Duden 1986 „gelbe Karte“, „Goldener Schnitt“.

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Sigmar Salzburg


eingetragen von Theodor Ickler am 03.12.2004 um 17.20

Man müßte jetzt die im Juni gebilligten Änderungsvorschläge mit der tatsächlichen Fassung im neuen Regelwerk vergleichen. Mir fehlt dazu im Augenblick die Zeit. Ich kann mir aber nicht vorstellen, daß es ohne weitere Eingriffe in den Text abgegangen ist.
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Th. Ickler


eingetragen von J.-M. Wagner am 03.12.2004 um 15.15

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Theodor Ickler
Auf der Internetseite der Zwischenstaatlichen Kommission findet man jetzt eine Neufassung des Regelwerks und des Wörterverzeichnis, allerdings ohne Angabe, ob und wann dies alles von der KMK und den anderen staatlichen Instanzen gebilligt worden ist.
Das überarbeitete Regelwerk (PDF, ca. 1 MB) findet man auf der Seite „Aktuell“ – und nur dort. Auf der Seite „Dokumente zum Inhalt der Neuregelung“ bekommt man die alte Fassung angeboten, und zwar zum einen in verschiedenen Dateiformaten auf der unveränderten Seite http://www.ids-mannheim.de/reform/download.html, zum anderen eine HTML-Version (auf der Seite http://www.ids-mannheim.de/reform/), die folgende Anmerkung enthält:
Der Stand der folgenden Übersicht zur Neuregelung der deutschen Orthografie entspricht dem amtlichen Regelwerk, das seit 1998 in Kraft ist. Die Modifikationen, die von den Kultusministern im Juni 2004 auf der Grundlage des 4. Berichts der Zwischenstaatlichen Kommission beschlossen worden sind, werden nach Fertigstellung des endgültigen Textes durch die Kommission eingearbeitet. Auskunft über diese Modifikationen erhalten Sie schon jetzt auf der Website der Zwischenstaatlichen Kommission unter "Aktuell", wo der 4. Bericht im Wortlaut einzusehen ist. Bereits eingearbeitet sind die Modifikationen in die SPRACHREPORT-Extraausgabe vom Juli 2004.
Der fragliche Hinweis, „ob und wann dies alles von der KMK und den anderen staatlichen Instanzen gebilligt worden ist“, scheint mir in der „Vorbemerkung zur überarbeiteten Fassung 2004“ (obiges PDF-Dokument, S. 3) enthalten zu sein:
Die Zwischenstaatliche Kommission für deutsche Rechtschreibung hat sich seit ihrer Konstituierung 1997 mit der Einführung und Umsetzung der neuen Rechtschreibung intensiv beschäftigt und ihre Stellungnahmen und Empfehlungen in zweijährlichen Berichten den zuständigen staatlichen Stellen zugeleitet. Der letzte, vierte Bericht und die dazugehörige Ergänzung enthielten eine Reihe von Änderungsvorschlägen, denen die Kultusministerkonferenz (KMK) auf ihrer Sitzung am 4. Juni 2004 zugestimmt hat und über die Einvernehmen mit den zuständigen staatlichen Stellen in Liechtenstein, Österreich und der Schweiz hergestellt wurde.
Auftragsgemäß hat nun die Zwischenstaatliche Kommission den amtlichen Text „Deutsche Rechtschreibung. Regeln und Wörterverzeichnis“ entsprechend diesen beschlossenen Änderungen modifiziert und die vorliegende Fassung erstellt.
Einen expliziten Hinweis auf den Gültigkeitsbeginn der Änderungen vom Juni 2004 habe ich auf den Kommissionsseiten nirgendwo gefunden. Er geht aus dem KMK-Beschluß vom Juni 2004 hervor, es ist der 01.08.2005. In der „Vorbemerkung zur überarbeiteten Fassung 2004“ findet sich die Bemerkung:
In der hier vorliegenden Fassung des amtlichen Regelwerks sind alle Modifikationsbeschlüsse der zuständigen staatlichen Stellen umgesetzt; sie ist die Grundlage für die Arbeit an der Weiterentwicklung der deutschen Rechtschreibung.
Hier scheint bereits gedanklich Raum für weitere Änderungen gelassen worden zu sein, indem eben nicht explizit gesagt wird, daß die vorliegende überarbeitete Fassung die ab 1. August 2005 gültige sei – was ja wohl auch nicht eintreffen wird.

Nachtrag: Nun zeigt sich, daß es sehr praktisch ist, nicht von „neuer“ und „alter“ Rechtschreibung zu sprechen, sondern von „reformierter“ und „herkömmlicher“ (und selbst der leicht negative Beigeschmack letzteren Wortes ist willkommen – um auszudrücken, daß man zum einen die damit verbundenen Probleme als solche anerkennt und deshalb zum anderen nicht auf einer 100%igen Rückkehr zu jenen Verhältnissen möchte), denn nun haben wir ein neues und ein altes reformiertes Regelwerk!
Diese beiden kann man auch typographisch unterscheiden: Im alten reformierten Regelwerk hat das Wörterverzeichnis eine unterstrichene Kopfzeile, der Regelteil nicht, im neuen ist es genau andersherum.
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Jan-Martin Wagner


eingetragen von Theodor Ickler am 02.12.2004 um 17.00

Auf der Internetseite der Zwischenstaatlichen Kommission findet man jetzt eine Neufassung des Regelwerks und des Wörterverzeichnis, allerdings ohne Angabe, ob und wann dies alles von der KMK und den anderen staatlichen Instanzen gebilligt worden ist. Einen Vergleich mit dem Duden 2004 habe ich noch nicht durchführen können.
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Th. Ickler


eingetragen von J.-M. Wagner am 01.04.2004 um 18.53

Der vierte Bericht ist wieder zugänglich, und zwar sowohl über http://www.rechtschreibkommission.de/vierter_bericht.pdf als auch über http://rechtschreibung.ids-mannheim.de/vierter_bericht.pdf – man beachte, daß das verschiedene Rechner sind; letzterer steht in Mannheim, der andere gehört zu „freecity.de“.

Entsprechend sind sowohl http://rechtschreibung.ids-mannheim.de/stellungnahme.pdf als auch http://www.rechtschreibkommission.de/stellungnahme.pdf wieder verfügbar. Nur der Hinweis darauf auf der Kommissionsseite fehlt; vielleicht ist einfach/versehentlich/...? eine zu alte Datei aus dem Backup geholt worden.
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Jan-Martin Wagner


eingetragen von Theodor Ickler am 01.04.2004 um 17.18

Die chinesische Übersetzung von Klaus Hellers Sprachreport-Sondernummer, die man von der Internetseite der Kommission herunterladen kann, wirkt so, als sei sie aus der englischen Version übersetzt. Außerdem enthält sie seltsame Fehler, z. B. ezzenziell und Neccessäre.
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Th. Ickler


eingetragen von Karsten Bolz am 01.04.2004 um 07.43

Diese Antwort erhielt mit gestrigem Datum per E-Mail:

Zitat:
KURZMITTEILUNG

Vielen Dank für Ihre Benachrichtigung.

http://www.rechtschreibkommission.de geht wieder.
Der Bericht sowie die Stellungnahme sind vorhanden.
Zumindest von unserem Rechner aus.
Sollten Sie dennoch Probleme haben, so verweisen wir
auf die IDS-Adressen zur Website der Kommission:
http://rechtschreibung.ids-mannheim.de
oder http://www/gra/rechtschreibung.html

Mit freundlichen Grüßen

Sekretariat

Geschäftsstelle der Zwischenstaatlichen
Kommission für deutsche Rechtschreibung
Geschäftsführer: Dr. Klaus Heller
E-Mail: heller@ids-mannheim.de
Internet: http://www.rechtschreibkommission.de


Dem ersten Satz "... geht wieder" entnehme ich, daß es dort ein technisches Problem gab. Jedenfalls ist jetzt wieder alles da.
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Karsten Bolz


eingetragen von Theodor Ickler am 01.04.2004 um 06.18

Nachdem in den letzten Tagen schon der vierte Bericht und die einschlägigen Stellungnahmen von der Netzseite der Kommission verschwunden waren, ist die Homepage heute ganz geschlossen. Ist das der Anfang der Selbstabschaffung?
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Th. Ickler


eingetragen von Theodor Ickler am 25.03.2004 um 15.03

Auf dem Gruppenfoto der Zwischenstaatlichen Kommission (www.rechtschreibkommission.de) sind nicht zwölf, sondern dreizehn Personen zu sehen. Eine Unglückszahl, nebenbei bemerkt. Ich erkenne die meisten, kann aber nicht feststellen, wer sich unbefugt an Bord geschlichen hat. Kann jemand helfen?
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Th. Ickler


eingetragen von Detlef Lindenthal am 21.03.2004 um 19.37

Anders ausgedrückt:
ausgebufft und abgelascht. („N. f., L.“)
Auf alle Fälle: voll hohl.


eingetragen von gestur am 21.03.2004 um 14.10

an der Rechtschreibung:
Da wurde schwer gefummelt, und es wird böse enden.
(Zitatmißbrauch aus dem Kultfilm "Zur Sache, Schätzchen")


eingetragen von margel am 21.03.2004 um 10.19

Die Rechtschreibkommission ist zu beglückwünschen, daß sie weiter im Amt bleiben darf. So kann sie ihre eigene Abschaffung in voller Rüstigkeit erleben. Der Leibhaftige steht ja in Gestalt des Dissidenten E. schon vor der Tür. - Im Zusammenhang mit der Reform fällt mir immer nur das Wort "fummeln" ein. Die Reformer haben an der deutschen Orthographie herumgefummelt. Die Dame will aber liebe- und respektvoll umworben sein und nicht betatscht werden.


eingetragen von Theodor Ickler am 20.03.2004 um 17.23

Wie aus Mannheim zu erfahren ist, wurde die Amtszeit der Zwischenstaatlichen Kommission kürzlich pauschal um eine weitere Periode verlängert.
__________________
Th. Ickler


eingetragen von Theodor Ickler am 18.03.2004 um 04.18

In der zwischenstaatlichen Kommission sitzen vier Dudenautoren: Gallmann, Hoberg, Nerius, Sitta; außerdem zwei Mitarbeiter des Österreichischen Wörterbuchs: Steiner und der Vorsitzende Blüml. Heller hat bei Bertelsmann veröffentlicht und auch sonst mit der Reform Geld verdient. Es ist schon komisch, daß die Öffentlichkeit diese Tatsachen überhaupt nicht beachtet.
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Th. Ickler


eingetragen von Theodor Ickler am 02.03.2004 um 08.28

Zu den Merkwürdigkeiten der Kommission gehört auch, daß eine Mail, die man durch Anklicken von Hellers Adresse versendet, als unzustellbar zurückkommt. Kein Wunder: die angeklickte Adresse enthält bei näherem Hinsehen das Suffix de.de zweimal.
Eigentlich ist die Kommission von ihrer Website aus regulär nicht zu erreichen. Klickt man den "Kontakt"-Knopf an, wird man entweder zum Webmaster oder zu verschiedenen Sprachberatungsstellen geleitet. Die Kommission selbst hat keinen "Kontakt", und der Geschäftsführer ist auf die beschriebene Art hinter einem falschen Suffix verbarrikadiert (abgesehen davon, daß er sowieso fast immer krank ist, wofür man ihn natürlich nicht verantwortlich machen kann).

Nach wie vor sind auch Herberg und Sitta von der Website der Kommission aus nur "über Heller" zu erreichen; sie scheinen keine eigene Mailadresse zu haben oder wollen sie nicht preisgeben.
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Th. Ickler


eingetragen von Theodor Ickler am 01.02.2004 um 09.51

Für Ungeduldige hier schon mal eine vorläufige Fassung meines Kommentars:

Kommentar

zum vierten Bericht der Zwischenstaatlichen Kommission für deutsche Rechtschreibung
vom 27. November 2003

von Theodor Ickler


Im Berichtszeitraum hat die Kommission neunmal getagt, meist zweitägig in Mannheim, einmal in Berlin, einmal in Tramin/Südtirol.

Im Anhang zum Bericht findet man die Stellungnahmen des schweizerischen, des deutschen und des österreichischen Beratungsgremiums; die Kommission ihrerseits gibt einen Überblick, welche dieser Anregungen sie aufgenommen hat und welche nicht.

In der Einleitung betont sie die breite Akzeptanz der Rechtschreibreform. Sie beansprucht ferner:
"Die Kommission ist die zentrale Anlauf- und Schlichtungsstelle für Probleme der Orthografie im deutschen Sprachraum." (S. 8)
Das ist die zur Zeit größtmögliche Ausdehnung ihres Anspruchs, kaum gestützt durch ihre satzungsgemäße Bestimmung. Die Kommission fordert allerdings (vgl. Beschlußvorlage der KMK vom 14. 1. 2004) eine erhebliche Ausdehnung ihrer Machtfülle. Dafür verlangt sie u. a. die Einrichtung einer "wissenschaftlichen Arbeitsstelle für Orthografie" mit einem hauptberuflich tätigen Wissenschaftler im Dienste der Kommission, nicht etwas des Instituts für Deutsche Sprache (IDS), wo solche Forschung bereits betrieben wird. Die Verquickung mit dem IDS soll allerdings fortgesetzt werden, nachdem das Institut schon unter seinem früheren Direktor Gerhard Stickel in großem Umfang in den Dienst der Reformpropaganda gestellt worden war.

Der Bericht ist in allen sechs Bereichen so unterteilt: Regeländerungen, Regelpräzisierungen, Einzelfalländerungen, geänderte Darstellung. Dabei herrscht wie schon seit Jahren das Bestreben, möglichst viele Änderungen als bloße Präzisierungen oder redaktionelle Verbesserungen erscheinen zu lassen, da substantielle Änderungen zu einer geschäftsschädigenden Verunsicherung der betroffenen Öffentlichkeit führen könnten. Diese Rücksichtnahme auf Verlagsinteressen war in den früheren Berichten offener ausgesprochen, kommt aber in der gegenwärtigen Lage schon dadurch zur Geltung, daß im neugeschaffenen "Beirat für deutsche Rechtschreibung" die Lobby der Verlage stark vertreten ist. Die Kommission selbst kann sich daher in diesem Punkt zurückhalten.

A Laut-Buchstaben-Zuordnung

Keine Änderungen in der Substanz, aber eine geänderte Darstellung ist vorgesehen. Auch und gerade die von Gerhard Augst durchgesetzten etymologisierenden und volksetymologischen Schreibungen (einbläuen, schnäuzen, Tollpatsch usw.) werden weder zurückgenommen noch durch die bisher üblichen Schreibweisen ergänzt. Es ist zwar bekannt, daß einige Kommissionsmitglieder (Nerius, Sitta) die Augstschen Einfälle ablehnen und sich privat darüber lustig machen, aber es scheint Ehrensache der Kommission zu sein, ihren langjährigen Vorsitzenden hier nicht im Stich zu lassen.
Die "gezielte Variantenführung" bei der Fremdwortschreibung, ein Relikt aus früheren Stadien der Reform, wird aufgegeben. Es wird also in den Wörterbüchern keine Unterscheidung von Haupt- und Nebenvarianten mehr geben, die eingedeutschten Formen sollen aber jeweils an erster Stelle genannt werden. Dies erfordert viele hundert Änderungen in den Wörterbüchern.


B Getrennt- und Zusammenschreibung

Zu § 34 (1): Die Kommission erkennt an, daß die Liste von Partikeln, die mit dem Verb zusammengeschrieben werden müssen ("trennbare Verben"), unvollständig ist. Früher hatte sie schon einmal vorgeschlagen, diese Liste überhaupt zu öffnen. Im vierten Bericht bleibt sie jedoch bei einer geschlossenen Liste, ergänzt sie aber um 13 weitere Partikeln zuzüglich verkürzter Varianten: dahinter, darauf/drauf, darauflos/drauflos, darin/drin, darüber/drüber, darum/drum, darunter/drunter, davor, draus, hinter, hinterdrein, nebenher, vornüber. Die Liste umfaßt jetzt 103 bzw. 112 Partikeln.
Als "verlässliches Kriterium" der Identifikation trennbarer Verben gegenüber adverbialen Fügungen wird die Nichtunterbrechbarkeit eingeführt: dabeisitzen vs. dabei (auf dem Stuhl) sitzen. Dies ist jedoch nur eines unter mehreren, von der Kritik ausführlich begründeten Merkmalen und keineswegs so "verlässlich", wie die Kommission meint. Besonders die Verbpartikel mit ist bekanntlich erweiterbar, aber auch zurück und einige andere, vgl.:
Schreiber hat Max Strauß oft mit auf Reisen genommen. (SZ 10.1.04)
Hier liegt zweifelsfrei das Partikelverb mitnehmen vor.

Zu § 34 E3 (3): Die willkürliche, völlig unverständliche obligatorische Getrenntschreibung von adjektivischen Verbzusätzen, die auf -ig, -isch oder -lich enden, wird weiterhin mit einer angeblichen Entsprechung zu Adverbialien gerechtfertigt: richtig stellen wie freundlich grüßen. Die beiden Typen von "Kombinationen" (wie es vage heißt) sind ganz unvergleichbar, gerade nach dem grammatischen Maßstab, den die Kommission sonst überall zur Geltung bringen will. Deshalb kann auch von einer nunmehr geschaffenen "Ausnahmslosigkeit" der Regel keine Rede sein, denn es gibt überhaupt keine Regel, der derart Unvergleichbares zusammenfaßt.

Zu § 34 (3), § 34 E3 (5), § 55 (4): Hier geht es um die Fälle
Leid tun
Not tun
Pleite gehen
Bankrott gehen
Kopf stehen
Eis laufen
Acht geben
Recht haben
Unrecht haben


Sie werden weiterhin unter dem Titel "Substantiv + Verb" abgehandelt, obwohl der Fehler der Reform gerade darin besteht, daß es sich teilweise gar nicht um Substantive handelt. Die Kommission behauptet nun, "dass die Wortartzugehörigkeit bei einigen Bestandteilen nicht ohne weiteres klar ist." Sie räumt ein, daß neben Leid tun auch leidtun geschrieben werden könne (nicht aber leid tun, wie bisher üblich), versteigt sich aber zu der abenteuerlichen These:
"Der Bestandteil Leid bzw. leid in der Verbindung mit dem Verb tun ist hinsichtlich der Wortart grammatisch weder synchron noch diachron zu bestimmen."
Jeder Germanist lernt im ersten Semester, spätestens bei der mittelhochdeutschen Lektüre, was für ein Wort leid ist; man kann es auch in allen besseren Wörterbüchern lesen. Es handelt sich um ein altes Adjektiv, das als solches nur noch in Dialekten gebräuchlich ist, adverbial im Komparativ leider vorliegt und genau parallel zu weh, wohl, gut mit tun verbunden wird. Die Großschreibung Leid tun (so Leid es mir tut) ist und bleibt grammatisch falsch. Die Analogie zu kundtun (ebd.) ist irrig, da kund hier ein Resultativzusatz ist.
In der Stellungnahme der Schweizer EDK wird die Neuschreibung leidtun abgelehnt, unter Hinweis auf wie leid es ihr tut wird für die bisherige Getrenntschreibung plädiert. Auch die Schweizer wagen es nicht, eindeutig auf die grammatikalische Verkehrtheit der Großschreibung hinzuweisen. Ihr Vorschlag wird aber von der Kommission zurückgewiesen, die abschließend noch einmal ihren grammatikalischen Irrtum bekräftigt:

"...würde damit für einen Einzelfall eine Schreibung wiederbelebt, die es für diesen Typ (Substantiv + Verb) in der neuen Regelung nicht mehr gibt: Getrenntschreibung des Substantivs mit Kleinschreibung." (S. 52)

Dieser Satz wird nur verständlich, wenn man sich einer Maxime erinnert, die in der Vorgeschichte der Rechtschreibreform von dem österreichischen Ingenieur Eugen Wüster ersonnen wurde: "Entweder groß und getrennt oder klein und zusammen!"- Sie liegt der immer weiter getriebenen Großschreibung in der gegenwärtigen Reform zugrunde, obwohl sie gar nicht ausdrücklich in das amtliche Regelwerk eingegangen ist.
Pleite gehen und Bankrott gehen werden mit einer angeblichen Analogie zu Gefahr laufen und Schlange stehen gerechtfertigt. Die richtige Analogie wäre kaputt, verloren, verschütt, entzwei gehen (mit oder ohne Zusammenschreibung, das ist hier unwesentlich). Es handelt sich um einen adjektivischen Resultativzusatz. Mit Substantiven kann gehen nicht verbunden werden.
Das grammatisch falsche Recht bzw. Unrecht haben (wie Recht du doch hast!) soll offenbar beibehalten werden, es wird nicht weiter thenatisiert. Dasselbe gilt für das widersinnige Not tun (Schifffahrt tut Not!) und das archaisierende Acht geben. Hier klafft eine aufällige Lücke, die aber auch in den Stellungnahmen der Beiräte nicht zur Sprache kommt.

Zu § 36 E2:

"Es ist als ein Hauptfehler der Neuregelung bezeichnet worden, für Verbindungen mit Partizipien automatisch ausschließlich Getrenntschreibung vorzusehen, wenn eine entsprechende Fügung im Infinitiv vorliegt, z. B. Zeit sparend wegen Zeit sparen, allein stehend wegen allein stehen."

Diesen Hauptfehler räumt die Kommission ein. Sie macht sich einige, wenn auch keineswegs alle Argumente der Kritiker zu eigen, vor allem die gesamthafte Steigerbarkeit. Nach jahrelangem Sträuben gibt sie zu, daß nicht nur die komparierten Formen (zeitsparender), sondern bereits der zugehörige Positiv (zeitsparend) zusammengeschrieben wird (neben dem anders gebauten Syntagma [viel] Zeit sparend). Andere Argumente, wie der Hinweis auf den prädikativen Gebrauch, werden nicht aufgegriffen, neuerdings verbreitete Fehlschreibungen wie Das Verfahren ist Zeit sparend also nicht ausgeschlossen. Hier bleibt weiterer Korrekturbedarf.
Daß die Kommission das Argument bezüglich des prädikativen Gebrauchs bis heute nicht verstanden hat, zeigt sich in einem grammatischen Schnitzer, der ihr an anderer Stelle unterläuft:
"...dass die Umsetzung der Rechtschreibregelung in den Korrekturprogrammen diverser Softwareproduzenten nicht zufrieden stellend (!) sei." (S. 55)
Hier muß es zweifellos zufriedenstellend heißen, das auch in einigen neuen Wörterbüchern (z. B. Duden Universalwörterbuch) entgegen dem amtlichen Regelwerk wiederhergestellt ist.
Die Kommission kommt im weiteren Verlauf zu der Einsicht, daß nicht nur komparierbare Zusammensetzungen, sondern auch andere wie kleingedruckt, alleinstehend, alleinerziehend, ratsuchend wiederhergestellt werden müssen. Die lange Zeit von ihr verfochtene These, Großschreibung trete erst bei Substantivierung (Ratsuchende) ein, wird ausdrücklich widerrufen.
Hier haben sich offenbar die Schweizer Kommissionsmitglieder Gallmann und Sitta gegen die Irrlehre von Gerhard Augst (bzw. seinem Berater Burkhard Schaeder) durchgesetzt.
Bedenkt man, daß diese Korrektur auch die vielkritisierten Neuschreibungen Eisen verarbeitend, Erdöl produzierend, Wasser abweisend usw. erfaßt, so erkennt man einen durchgreifenden Änderungsbedarf in den reformierten Wörterbüchern.

C Schreibung mit Bindestrich

Zu § 40 (3), § 41: Für Formen wie 8fach wird analog zur Neuschreibung 8-mal nun eine Variante mit Bindestrich vorgesehen: 8-fach. Als Grund gibt die Kommission an, daß "der Wortbestandteil einer Grauzone zwischen unselbstständigem Grundmorphem und Suffix zuzuordnen" sei.
Im amtlichen Regeltext kommt allerdings weder der Begriff "Morphem" noch gar der des "Grundmorphems" vor. Die Neuregelung des Bindestrichs war bisher ausschließlich auf den Gegensatz von Zusammensetzung und Ableitung aufgebaut. Solange die neuartige Begrifflichkeit der "unselbstständigen Grundmorpheme" nicht definiert ist, läßt sich nicht absehen, ob es mit -fach sein Bewenden haben kann.
Zum Bindestrich werden noch eine Reihe weiterer Änderungen vorgeschlagen, die aber mehr redaktioneller Art und linguistisch uninteressant sind. Es bleibt übrigens bei der Umstimmigkeit, daß Erstglieder auf -ig, -isch und -lich mit Bindestrich in Zusammensetzungen eingehen (wissenschaftlich-technisch), im übrigen aber nach § 36 von Zusammensetzungen ausgeschlossen sind.

D Groß- und Kleinschreibung

Wesentliche Neuerung ist die Zulassung groß geschriebener Varianten bei jenen fünfzehn Wendungen, die besonders der Schweizer Reformer Gallmann als störende Ausnahmen empfunden hatte; es wird also vorgeschlagen: bei Weitem, vor Kurzem usw. - Damit wird eine Schreibweise wiederhergestellt, die im 19. Jahrhundert als "übertrieben" erkannt und allmählich zurückgedrängt worden war. Die Kleinschreibung ist textsemantisch moderner, weil diese Floskeln nicht zum thematischen Material des Textes gehören. Die Auswirkungen dieser rückwärtsgewandten Neuerung sind erheblich, da es sich durchweg um häufig gebrauchte Ausdrücke handelt.
Das gilt noch deutlicher von der Möglichkeit, auch der Eine, der Andere, die Meisten usw. groß zu schreiben, und zwar, wie es seltsamerweise heißt: "wenn der Schreibende zum Ausdruck bringen will, dass das Zahladjektiv substantivisch gebraucht ist". Schreibende wollen gewöhnlich einen bestimmten Sinn zum Ausdruck bringen, nicht eine Wortart.
Der österreichische Beirat will die von seinem Landsmann Wüster vorgeschlagene Großschreibung (bei Weitem usw.) sogar als "einzige Variante" (sic!) festlegen lassen. (S. 65) Die Kommission weist dieses Ansinnen jedoch zurück.

Die Kommission erkennt nunmehr an, daß in der Sprachgemeinschaft eine "offensichtliche Tendenz" besteht, feste Gruppen aus Adjektiv und Substantiv durch Großschreibung als Begriffseinheiten zu kennzeichnen. Dem wollte die Neuregelung entgegenwirken, indem sie die Kleinschreibung erste Hilfe, schwarzes Brett usw. vorschrieb. Die Nachrichtenagenturen und Zeitungen folgten dem nicht, und auch sonst ist der Widerstand gegen diese sprachwidrige Normierung so stark, daß die Kommission seit geraumer Zeit die Klausel nutzt, Fachsprachen seien von der Rechtschreibreform ohnehin nicht betroffen. Der führende Reformer Augst hatte schon vor Jahren geäußert, die Erste Hilfe könne als Fachausdruck auch groß geschrieben werden. Dieser Ausweg wird nun systematisch ausgebaut, wobei am Ende die unklare Bestimmung erscheint:
"Im nichtfachlichen Zusammenhang ist die Kleinschreibung der Adjektive in solchen Wortgruppen der Normalfall."
Die Anerkennung von "Begriffseinheiten" (Nominationsstereotypen) war der richtige Weg; leider ist die Kommission nicht so konsequent, dieser Einsicht zu folgen und die am Ende doch wieder aufgeweichte Beschränkung auf "Fachsprache" aufzugeben. Am Schwarzen Brett ist nichts Fachliches, und doch wird es aus Gründen, die der Kommission offenbar bekannt sind, zweckmäßigerweise groß geschrieben.

E Zeichensetzung

Hier werden keine Änderungen ins Auge gefaßt.

Daß die neue Kommasetzung besonders beim Infinitiv nicht gelungen ist, weiß inzwischen jeder. Aber die Kommission schreibt:
"Der Vorschlag, bei Infinitivgruppen mit bestimmten Einleitewörtern immer ein Komma zu setzen, kommt denjenigen Schreibenden entgegen, die klare mechanische Regelungen schätzen, da sie ihnen die Entscheidungen abnehmen."
Hier werden Schreibende diffamiert, die genau das wünschen, was die Neuregelung sich an so vielen anderen Stellen zu bieten rühmt: klare Regeln, die sozusagen idiotensicher auch den "Wenigschreiber" zu korrektem Schreiben befähigen. Eine solche Regel ist zum Beispiel jene, die obligatorisch Getrenntschreibung bei Wörtern auf -ig, -isch und -lich vorschreibt, ohne Rücksicht auf syntaktische Unterschiede, die als allzu feingesponnen dargestellt werden. In der Praxis erleben wir nun, daß Kommata unter genau gleichen Bedingungen mal gesetzt und mal weggelassen werden (übrigens auch im vorliegenden Bericht, wo sogar ganz typische Kommafehler neuer Art unterlaufen, vgl. S. 25, S. 51 und S. 55). Mit der Freiheit der Kommasetzung soll der professionell Schreibende Unterscheidungen ausdrücken können; es wird aber nicht gesagt, welche Unterscheidungen das sein könnten, da es zu diesem Bereich keine näheren Angaben gibt. Die Andeutung, man könne durch Kommas notwendige von weglaßbaren Infinitiven unterscheiden (S. 40), hat keine Grundlage im amtlichen Text. Daher kann der Leser eines so interpungierten Satzes auch nicht ahnen, was der Schreibende damit zum Ausdruck bringen wollte. Der Schweizer Beirat weist diese Zumutungen denn auch zurück.


F Worttrennung am Zeilenende

Bei der Silbentrennung werden keine Änderungen vorgeschlagen.

Um so überraschender wirkt es, daß die Kommission hier eine umfangreiche, mit Fachausdrücken gespickte Abhandlung über Morphem- und Silbengrenzen einschaltet, die offenbar nur der Auseinandersetzung des Reformers Gallmann mit ganz bestimmten Theorien dient, ohne praktische Folgen für die Neuregelung. Eine Kommentierung ist daher überflüssig. Es sei lediglich bemerkt, daß die sinnstörende Abtrennung einzelner Vokalbuchstaben grundsätzlich beibehalten wird: Sitze-cke. Den Lernenden dürfte damit kein Gefallen getan sein, aber immerhin trennt auch die KMK in ihrer Beschlußvorlage zur Rechtschreibreform vom 14. 1. 2004 zweimal Ü-bergang.

Zu den Stellungnahmen der Beiräte:

Die Stellungnahme der Schweizer EDK ist oben bereits weitgehend berücksichtigt.

Zur Stellungnahme des deutschen Beirates: An dieser knappen Stellungnahme - kaum anderthalb Seiten und weitgehend eine Ergebenheitserklärung an die Kommission - fällt auf, daß es dem Beirat weniger auf die sachliche Angemessenheit der Reform als auf ihre Durchsetzung anzukommen scheint. Er hat vor allem das Geschäftsinteresse der einschlägigen Verlage im Auge, was bei der Zusammensetzung des Beirates durchaus verständlich ist:

"Der Beirat empfiehlt die Änderungen in einem Rahmen zu halten, bei dem die Auswirkungen der Regelmodifizierungen nicht zu einer erneuten öffentlichen Infragestellung der Neuregelung führen können." (S. 63)

In diesem Sinne übernimmt der Beirat auch die verhüllende, die Öffentlichkeit täuschende Sprachregelung, von "Präzisierungen" zu sprechen, wo Änderungen gemeint sind:

"Der Beirat fordert die deutschen Vertreter der Zwischenstaatlichen Kommission auf, sich bei den staatlichen Stellen intensiv dafür zu verwenden, dass die Kultusministerkonferenz frühzeitig im Frühjahr 2004 das Paket der Präzisierungen beschließt, damit genügend Zeit für die Umsetzung in Schulbüchern, Wörterbüchern, Zeitungen, Softwareprogrammen und anderen Publikationen bleibt." (S. 64)

Kann man Präzisierungen "umsetzen"? Nur wenn es in Wirklichkeit Änderungen sind. Und warum sollten Präzisierungen so gravierende Folgen haben, daß die Verlage usw. rechtzeitig darauf vorbereitet werden müssen?
Man muß dazu noch bedenken, daß die neuen Wörterbücher ja bereits in zahlreichen gemeinsamen Beratungsrunden mit der zwischenstaatlichen Kommission bis ins kleinste Detail abgestimmt worden sind, so daß die Kommission feststellen konnte:
„Auf Betreiben und unter Mithilfe der Zwischenstaatlichen Kommission einigten sich die großen Wörterbuchverlage seither auf eine einheitliche Auslegung der amtlichen Regeln. Sie haben dies in den jeweils neuesten Auflagen ihrer Rechtschreibwörterbücher umgesetzt: Bertelsmann im März 1999, Duden im August 2000. Beide Nachschlagewerke sind damit zuverlässige Ratgeber in orthografischen Fragen.“ (Pressemitteilung der Kommission vom 17. 8. 2000)
Die Wörterbücher enthalten also bereits alles, was den Ansichten und Einsichten der Kommission entspricht. Was sollen dann weitere "Präzisierungen"?
Worum es wirklich geht, verrät der Beirat nochmals mit der Forderung:

"Der Wortlaut des § 58 E4 sollte aus der mehrheitlichen Sicht des Beirats keine Präzisierung erfahren."

Wie kann man etwas gegen Präzisierungen haben (die zudem von den Urhebern selbst für notwendig gehalten werden) - außer wenn es in Wirklichkeit geschäftsschädigende Änderungen sind?
Um nicht nur den Eindruck bedingungsloser Jasagerei zu erwecken, schaltet der deutsche Beirat eine scheinbar kritische Bemerkung ein: die erweiterte Partikelliste solle auf ihre Kompatibilität mit § 34 überprüft werden. Die Kommission hat diese Überprüfung unternommen (die der Beirat natürlich innerhalb von zwei Minuten selbst hätte erledigen können) und kommt zu dem voraussehbaren Ergebnis, daß sich keine Inkompatibilität feststellen lasse. (S. 52) - Ob die Kultusminister diese Farce durchschauen?

Im Anhang des Berichts findet sich ein Abdruck der Buchstabenstrecke D aus dem Österreichischen Wörterbuch (ÖWB) mit den z. T. handschriftlich eingetragenen Änderungen, die sich laut 4. Bericht ergeben würden. Obwohl eine Auszählung hier schwer ist, weil einerseits ganze Wortnester, andererseits nur einzelne Verweise geändert werden, ergeben sich weit über 100 Änderungen, was hochgerechnet rund 3.000 Änderungen im ganzen ÖWB bedeutet. Im Rechtschreibduden mit seinem größeren Stichwortbestand wären es etwa 4.000 Änderungen, im Großen Wörterbuch von Duden nochmals das Doppelte. Jedenfalls die Größenordnung dieser Schätzung dürfte stimmen. Daraus geht hervor, daß nach Billigung des vierten Berichts alle Wörterbücher usw. sofort neu bearbeitet werden müßten, wie es ja auch vom deutschen Beirat angedeutet wird.

Der Bericht soll nach dem Wunsch der Kommission der letzte seiner Art sein. In Zukunft will die Kommission Regeländerungen nicht mehr nur vorschlagen, sondern aus eigener Machtvollkommenheit einführen und durchsetzen und der KMK nur noch im Fünfjahresrhythmus darüber berichten.

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Th. Ickler


eingetragen von Theodor Ickler am 01.02.2004 um 06.44

Es ist noch etwas komplizierter; ich bitte nochmals um Nachsicht, daß ich mit dem Kopieren und Versenden des vierten Berichts nicht so schnell bin, wie es für unsere Diskussion wünschenswert wäre. Erst mit dem Einscannen wird es möglich sein, jedermann mit dem Text zu versorgen. Zuerst habe ich die Multiplikatoren bedacht, die uns Resonanz in der Presse verschaffen wollen. Mein unverdientes Privileg, als einziger den Originaltext zu besitzen, versuche ich mir durch fleißiges Kommentieren zu verdienen, was ja dann auch allen Mitstreitern zugute kommt. Wir arbeiten dran, der Engpaß wird bald überwunden sein.
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Th. Ickler


eingetragen von Wolfgang Wrase am 31.01.2004 um 19.00

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Theodor Ickler
„Der Beirat empfiehlt die Änderungen in einem Rahmen zu halten, bei dem die Auswirkungen der Regelmodifizierungen nicht zu einer erneuten öffentlichen Infragestellung der Neuregelung führen können.“

Interessant: Der "Beirat" spricht von "Änderungen" und "Regelmodifizierungen". Damit unterläuft er die sorgsame Strategie der Reformer, diese Begriffe tunlichst zu vermeiden und die Tatsache der umfangreichen Änderungen zu verleugnen, so weit es irgend geht. Die Reformer sprechen ja immer verhüllend von "Präzisierungen" und "Erläuterungen". Dennoch ist die Verlogenheit des Beirats offenbar nicht geringer als die Verlogenheit der Reformer. In genau demselben Stil wie die Reformer stellen die Mitglieder des "Beirats" das Ziel obenan, die Reform dürfe nicht mehr öffentlich in Frage gestellt werden. Das ist nicht nur eine Mißachtung der Demokratie, sondern man kann sich unschwer vorstellen, was für ein Murks dabei auch weiterhin herauskommen wird, wenn die Regelung der Rechtschreibung an solchen Vorgaben ausgerichtet wird. Nämlich immer weitere zaghafte Korrekturstufen in immer weiteren Trippelschritten mit immer mehr Verrenkungen - jahrelang, jahrzehntelang.
– geändert durch Wolfgang Wrase am 01.02.2004, 09.13 –


eingetragen von Theodor Ickler am 31.01.2004 um 18.06

„Der Beirat empfiehlt die Änderungen in einem Rahmen zu halten, bei dem die Auswirkungen der Regelmodifizierungen nicht zu einer erneuten öffentlichen Infragestellung der Neuregelung führen können.“

Das ist aus der Stellungnahme des deutschen Beirats zum vierten Bericht. Diese Stellungnahme ist eine anderthalb Seiten lange Ergebenheitsadresse des Beirats, der damit seine Rolle als verlängerter Arm der Kommission bestätigt, der die Mitglieder ja auch ihre Berufung verdanken.

Man könnte noch verstehen, daß Geschäftsleute wie der Dudenchef usw. hauptsächlich an der reibungslosen Durchsetzung der Reform und nicht an der Sprache, an den Schülern, am Wohl der Sprachgemeinschaft interessiert sind, aber dem Beirat gehören an:

Arbeitsgemeinschaft der deutschsprachigen Nachrichtenagenturen
(Andrea Hellmich, dpa, vorher Albrecht Nürnberger)

Prof. Dr. Johano Strasser (vertreten durch Jens Wonneberger)
P.E.N.-Zentrum Deutschland
Kasinostr. 3, 64293 Darmstadt

Verband deutscher Schriftsteller (VS) in ver.di
Bundesgeschäftsstelle
Bundesgeschäftsführerin: Sabine Herholz
Potsdamer Platz 10
10785 Berlin

Ulrike Kaiser
Deutscher Journalisten-Verband
Bundesgeschäftsstelle
Bennauerstraße 60
53115 Bonn

Anja Pasquay
Bundesverband
Deutscher Zeitungsverleger
Markgrafenstraße 15
10969 Berlin

Verband Deutscher Zeitschriftenverleger e.V. (VDZ)
Haus der Presse
Markgrafenstrasse 15
10969 Berlin

Börsenverein des Deutschen Buchhandels


VDS Bildungsmedien
Zeppelinallee 33
60325 Frankfurt am Main

(vormals: Verband der Schulbuchverlage:
Vorsitzender: Gerd-Dietrich Schmidt
Geschäftsführer: Andreas Baer
Im Beirat f. dt. Rechtschreibung: Michael Banse)

Renate Hendricks
BundesElternRat
Görresstr. 13
53113 Bonn

Dr. Reinhard Mayer
Korngasse 7
69221 Dossenheim
(für: Deutscher Gewerkschaftsbund: Lehrerorganisationen)
http://www.rechtschreibkurse.de

Deutscher Beamtenbund
Dr. Ludwig Eckinger
Verband Bildung und Erziehung
Behrenstr. 23/24
10117 Berlin

Eva Baxmann-Krafft
DIN Deutsches Institut für Normung e. V.
Burggrafenstraße 6
10787 Berlin

Dr. Sonya Dase
Verband der Freien Lektorinnen und Lektoren
Regionalgruppe Hamburg
Paulsenplatz 6
22767 Hamburg

Dr. Werner Scholze-Stubenrecht
Bibliographisches Institut & F. A. Brockhaus AG
Dudenstraße 6
68167 Mannheim

Dr. Sabine Krome
Wissen Media Verlag
Avenwedder Str. 55
33311 Gütersloh

Dr. Renate Wahrig-Burfeind
Grüner Weg 6
64521 Groß-Gerau


Man braucht den Pranger gar nicht wiedereinzuführen (wie kürzlich von einem Leser der FAZ für die Rechtschreibreformer vorgeschlagen - diese Liste IST der Pranger!
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Th. Ickler


eingetragen von Christoph Kukulies am 31.01.2004 um 06.19

Heute in der Aachener Zeitung:


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Christoph Kukulies


eingetragen von Theodor Ickler am 30.01.2004 um 14.49

Im Rheinischen Merkur wird auch Herr Augst interviewt. Erwartungsgemäß sieht er sich wieder einmal verunglimpft. Das ist sein Lieblingswort, seit die Reform nicht so läuft, wie er er sich gewünscht hat.
Das Rechtschreib-Spezial des RhM ist im übrigen nicht gerade glänzend, bis auf die Beiträge von Markner und Stirnemann natürlich.
Ein Schriftsteller namens Joachim Helfer darf zeilenschindend daherschwadronieren, daß ihn das Them eigentlich nicht interessiert. Warum lehnt er den Auftrag dann nicht ab? Am Schluß äußert er dann doch noch orthographische Wünsche wie den, daß die Unterscheidung von Konjunktion und Pronomen nicht verlorengehen dürfe. Er braucht bloß umzublättern, dann könnte er lesen, daß genau dieses Verwischung ein Ziel der Reformer war, und die Reform danach beurteilen.
Michael Jansen, der Korrektor, erklärt den Lesern, welche Mischorthographie er dem Blatt verpaßt, aber nicht, warum überhaupt geändert wurde und ob die Leser das gewollt haben.
Die aneinandergereihten Stimmen zur Reform sind ja ganz schön, aber da sie alle in Neuschreibung konvertiert wurden (auch meine), sehen sich die Reformgegner indirekt lächerlich gemacht. Das war gewiß nicht nötig.
Der verantwortliche Redakteur meint, der Krieg sei beendet, aber der Kampf gehe weiter. Was soll das heißen? Sind wir im Irak? Der Kampf geht einfach weiter.
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Th. Ickler


eingetragen von Theodor Ickler am 30.01.2004 um 10.30

Im Anhang des vierten Berichts findet man den Buchstaben D aus dem Österreichischen Wörterbuch, versehen mit den - zum Teil handschriftlichen - Änderungen, die nach dem vierten Bericht zu erwarten sind.
Da ganze Nester von Einträgen zu verändern sind, ist es schwer, die Zahl der Änderungen zu bestimmen, ich bin jedoch auf mehr als 110 gekommen. Hochgerechnet aufs ganze ÖWB bedeutet das mindestens 3000 Änderungen (wahrscheinlich aber erheblich mehr). Für den umfangreicheren Duden kann man also 4000 Änderungen veranschlagen, für das Große Wörterbuch noch einmal das Doppelte. Diese vorsichtige Schätzung beruht - wohlgemerkt - auf der offiziösen Grundlage, die uns die Österreichische Kommission geliefert hat, und entspringt nicht der Bosheit der Kritiker.
Und da sollen wir glauben, daß nicht der sofortige Neudruck aller Wörterbücher erforderlich würde?
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Th. Ickler


eingetragen von Christoph Kukulies am 30.01.2004 um 09.45

Schröder rudert doch auch gerade zurück in Sachen Pflegeversicherungsreform. Vielleicht können wir ihm die RS"R" noch ins Boot hinterherwerfen.
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Christoph Kukulies


eingetragen von Theodor Ickler am 30.01.2004 um 05.02

Klaus Heller hat laut Presseberichten bedauert, daß die Beschlußvorlage vorzeitig bekannt geworden ist. Das heißt, eigentlich sollten vollendete Tatsachen geschaffen werden, bevor jemand mitkriegt, was überhaupt gespielt wird. Daß Heller das so offen zugibt, ist einer ganz bestimmten mentalen Struktur zu verdanken, von der auch seine Briefpartner ein Lied zu singen wissen.

Außerdem möchte ich noch die Stellungnahme des mecklenburgischen Philologenverbandes kommentieren. Sie ist typisch für Lehrerverbände (nicht für Lehrer). Sie protestieren, wenn es um Gehalt oder Arbeitszeit der Lehrer geht, nicht aber, wenn bloß der Logos, dessen Philoi sie sein wollen, auf dem Spiel steht. Nun sagen sie, kaum verblümt: Jetzt haben wir uns an den Unsinn gewöhnt, jetzt wollen wir ihn auch beibehalten.

Diese Verbände - und das kann man verallgemeinern - bevormunden ihre Mitglieder, und durch die allgemeine Verbreitung des Verbändewesens wird der gerade Menschenverstand ebenso wie schlichte ehrenhafte Gesinnung immer mehr daran gehindert, sich zu äußern und die gesellschaftlichen Vorgänge zu beeinflussen. Verbände haben ein Interesse an Selbsterhaltung und Machtvermehrung und ziehen daher alle an einem Strang, verbandeln sich untereinander und wollen vom gewöhnlichen Volk nicht gestört werden. Die Lehrervertreter gehen beim Schulministerium ein und aus und überlegen mit diesem gemeinsam, wie sie die Lehrer bei Laune und ruhig halten können. In Bayern war das gleich zu Beginn der Rechtschreibreform mit Händen zu greifen: Minister Zehetmair und sein Duzfreund Durner Hand in Hand gegen Lehrer und Schüler.
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Th. Ickler


eingetragen von Theodor Ickler am 30.01.2004 um 04.37

Ich glaube, die beiden Falttafeln, die Herr Dräger und ich angefertigt haben, enthalten den gesamten Stoff, den ein Schüler braucht, um ziemlich professionell richtig schreiben zu können - ein Wörterbuch wird er ja wie bisher auch noch zur Hand haben (am besten natürlich meins, aber der alte Duden tut es auch). Rechtschreibunterricht kann wie bisher erteilt werden, auch die alten Hilfsmittel lassen sich neu auflegen.
Aber ich könnte mir in vieler Hinsicht einen besseren Deutschunterricht vorstellen, als er an den meisten Schulen üblich ist. Die Lehrer könnten, wenn sie nicht durch zentnerschwere Lehrpläne belastet wären, mehr aus dem täglichen Leben heraus an die Sprache herangehen. Die Rechtschreibung wird vollkommen isoliert als scheinbarer Selbstzweck unterrichtet, genau wie die Wortarten und andere Dinge, an die man sich später nur mit Abscheu erinnert. Das ist ja der Grund, warum die Leute auch den Skandal RSR hingenommen haben - das Thema selbst ekelt sie an.
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Th. Ickler


eingetragen von Carsten Zander am 29.01.2004 um 21.20

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Martin Reimers
Ist irgendwann in diesem Forum schon einmal darüber diskutiert worden, wie die Rückumstellung konkret aussehen könnte? Genauer - gibt es über den von Herrn Prof. Ickler vorgeschlagenen Weg einer großzügigen Übergangsfrist hinaus Überlegungen, wie man die klassische Rechtschreibung speziell für reformgeschädigte Schüler darstellen könnte?

Kein Problem. Die Kultusminister lassen kindgerechte Lernprogramme entwickeln, die wirklich begeistern und die dann kostenlos verteilt werden. Kein "fortschrittlich gesinnter Mensch" käme dann auf die Idee, daß die Rückkehr zur bewährten Rechtschreibung etwas Schlechtes ist.

Die Kinder würden nebenbei noch ein wenig motiviert werden durch Eltern und Lehrer...

Es wurden so viele Millionen oder gar Milliarden verschwendet, dann sind sicher auch noch die Millionen übrig, den Schaden wiedergutzumachen.

Und die Kultusminister würden am Schluß sogar als Helden dastehen.

Ist sicher eine kleine Utopie, aber technisch wäre es sicher realisierbar.


eingetragen von Martin Reimers am 29.01.2004 um 20.31

Wahrscheinlich werden wir in der abzusehenden Diskussion der nächsten Wochen das Lieblingsargument der Geiselnehmer demnächst wieder öfter hören, wie ja auch die Mecklenburgischen Philologen offenbar das von ihnen so genannte "Possenspiel" in verläßlicher Form beibehalten wollen. Dazu eine pragmatische Erwägung:

Ist irgendwann in diesem Forum schon einmal darüber diskutiert worden, wie die Rückumstellung konkret aussehen könnte? Genauer - gibt es über den von Herrn Prof. Ickler vorgeschlagenen Weg einer großzügigen Übergangsfrist hinaus Überlegungen, wie man die klassische Rechtschreibung speziell für reformgeschädigte Schüler darstellen könnte? Die Chanchen dafür, daß solche Unterrichtsmaterialien eines Tages gebraucht werden, stehen ja vielleicht nicht so schlecht. Oder täte es eine Neuauflage der alten Lehrbücher?
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Martin Reimers


eingetragen von margel am 29.01.2004 um 17.24

Jawohl, es ist nötig, hervorzuheben, daß diese ominöse Beschlußvorlage nicht von der Kommission stammt, wenn sich darin auch die Bestrebungen der Reformer mit denen der MK aufs schönste treffen. Soll man nun diese Herzenseinigkeit nur negativ sehen, oder liegt darin nicht vielleicht doch eine kleine Chance zur Umkehr? Zwar würde die Kommission zu einer Quasi-Behörde aufgewertet, aber außerhalb der Schulen würden ihre Anordnungen womöglich weniger ernst genommen als jetzt die "amtlichen" Verlautbarungen der MK. Von "amtlichen" Regeln könnte dann nicht mehr so unbefangen geschwafelt werden. Dies würde Zeitungen usw. vielleicht doch mehr Luft verschaffen.


eingetragen von Theodor Ickler am 29.01.2004 um 14.55

Das sehe ich so: Die KMK hält gar nichts von ihrer Kommission, das ist mir mehrfach bestätigt worden, und es gilt auch und erst recht von den meisten Ministerialbeamten in den Kultusministerien. Aber: Die KMK hat keine Alternative, und nun kommt noch die neue Verlockung hinzu, durch vollständige Übergabe der "Regelungsgewalt" (O-Ton Kommission) an die Kommission die ganze peinliche Geschichte endgültig loszuwerden. War das denn zu Duden-Zeiten anders? Nur daß beim Duden Fachleute mit Verstand und Geschmack am Werke waren, jetzt dagegen Heuchler und Dummköpfe. Aber das kann den Kultusministern egal sein. Daher ist ernsthaft zu befürchten, daß sie die Gelegenheit zu diesem Handstreich nicht verpassen werden. Man muß bedenken, daß die Beschlußvorlage nicht von der Kommission stammt, sondern bereits von den Kultusministern und dem KMK-Sekretariat, also gewiß nicht ohne Ausloten der Chancen bei der KMK-Sitzung im März entworfen worden ist. (Aus KMK-Kreisen verlautet zwar, daß die Rechtschreibung nicht auf der Tagesordnung stehe, aber das glaube ich nicht, und es kann sich ja auch schnell ändern.)
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Th. Ickler


eingetragen von J.-M. Wagner am 29.01.2004 um 14.54

Ein Kalkül der Politiker würde ich nicht vermuten; die wollen viel lieber ihre Ruhe haben und das Thema zu einem Abschluß bringen, der nur minimale Kosten verursacht – genau das sieht man ja in der Beschlußvorlage, daß diese Hoffnung auf einen "billigen Ausweg" bedient wird. Das dürfte für die Politiker sehr verlockend sein: endlich Ruhe zu haben und keine weiteren Prügel zu beziehen.

Zwei Möglichkeiten (ohne Erfolgsgarantie), sowohl bei den KuMis als auch in der Presse etwas zu bewirken: a) Unmißverständlich klarmachen, daß es eine solche nahezu kostenneutrale Lösung nicht gibt – siehe dazu die Beschlußvorlage: Durch gewisse Änderungen werden bestimmte bisherige Reformschreibungen falsch; b) Rechtschreibkommission als untragbar entlarven – siehe dazu den Zustand der Selbstevaluation sowie die massiven Mängel und Fehler des dritten Kommissionsberichtes.
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Jan-Martin Wagner


eingetragen von margel am 29.01.2004 um 13.56

Was wir nicht wissen, ist: Wieviel Rückhalt und Kredit hat die Kommission noch bei ihren Auftraggebern? Oder anders gefragt: Ab wann sehen die KM den größeren politischen Gewinn darin, die Kommission zum Teufel zu jagen, anstatt sie zu halten? Ist es möglicherweise das Kalkül der Politiker, die Kommission so in Verruf zu bringen, daß sie dann als die tatkräftigen Retter aus der Not dastehen können?


eingetragen von Christian Dörner am 29.01.2004 um 13.29

Frau Salber-Buchmüller gebe ich völlig recht: Im Moment befinden wir uns im letzten, bestenfalls im vorletzten (wenn man Juli/August 2005 noch hinzuzählt) kurzen Zeitfenster, in dem etwas erreicht werden könnte.
Die Frage ist nur, wie man vorgehen sollte, da zwar fast alle Journalisten die Reform ablehnen, aber um ihren Arbeitsplatz fürchten und daher aus durchaus verständlichen Gründen nicht wagen, in dieser Richtung aktiv zu werden.
Was könnte uns noch retten? Nur das Umkippen einer Zeitung wie der »SZ«, dem »Handelsblatt« oder vielleicht noch der »Welt«.
Nur erscheint mir eine solche Vision allzu illusorisch.
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Christian Dörner


eingetragen von Ruth Salber-Buchmüller am 29.01.2004 um 13.14

Wer eigentlich wäre befugt, diese
Kommission zu entlassen? Im übrigen: wenn wir jetzt nicht
den Durchbruch schaffen, dann gar nicht mehr.
Jetzt müssen ein paar große Zeitungen umkippen.
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Ruth Salber-Buchmueller


eingetragen von Theodor Ickler am 29.01.2004 um 12.33

Bald werden die Besucher dieser Seiten selbst sehen, was für ein ehrloses Gesindel der deutsche Beirat ist.
In seiner knappen Stellungnahme vermeidet er genau wie die Kommission den Begriff der "Änderung" und verwendet stattdessen "Präzisierung". Dadurch kommt es zu skurrilen Sätzen:
"Der Beirat fordert die deutschen Vertreter der Zwischenstaatlichen Kommission auf, sich bei den staatlichen Stellen intensiv dafür zu verwenden, dass die Kultusministerkonferenz frühzeitig im Frühjahr 2004 das Paket der Präzisierungen beschließt, damit genügend Zeit für die Umsetzung in Schulbüchern, Wörterbüchern, Zeitungen, Softwareprogrammen und anderen Publikationen bleibt." (Vierter Bericht, S. 64)
Kann man Präzisierungen umsetzen? Nur wenn es in Wirklichkeit Änderungen sind. Warum sollten Präzisierungen solche gravierenden Folgen haben, die ja nichts anderes zu sein scheinen als eine veritable Reform der Reform? Diese Katze ist aus dem Sack, immerhin, egal wie sie heißt.

Nachbetrachtung: Man muß dazu noch bedenken, daß die neuen Wörterbücher ja bereits in zahlreichen gemeinsamen Beratungsrunden mit der zwischenstaatlichen Kommission bis ins kleinste Detail abgestimmt worden sind und daß Heller und andere Kommissionsmitglieder diese Werke als nunmehr zuverlässig empfohlen haben. Sie enthalten also bereits alles, was den Ansichten und Einsichten der Kommission entspricht. Was sollen denn weitere "Präzisierungen"?
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Th. Ickler


eingetragen von margel am 29.01.2004 um 11.25

Ich meinte nicht die Macht über die Sprache (Ziel der Reformer), sondern die über die Schulen (Lieblingsspielwiese der KM). H. Kuhlmann hat meiner Meinung nach die unterschiedlichen Zielsetzungen klar herausgearbeitet.


eingetragen von Theodor Ickler am 29.01.2004 um 03.46

Schon wahr, aber man darf nicht übersehen, daß die Ermächtigung der Kommission die Kultusminister in erwünschter Weise entlastet. Macht über die Sprache wollen die Kultusminister wohl nicht haben, dafür gibt es auch keine Anzeichen in der Vergangenheit. Wer empfindlich reagieren müßte, das sind die Journalisten usw., aber weniger wegen der Sprache (die ist ihnen ziemlich wurscht, das macht alles MSWord) als wegen der undemokratischen Machtergreifung.
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Th. Ickler


eingetragen von margel am 28.01.2004 um 20.34

Gerade daß die Kommission sich anschickt, nach der Macht zu greifen, an der sie bisher nur parasitisch teilhatte, könnte ihr das Genick brechen. Da sind die wirklichen Herren empfindlich...


eingetragen von Theodor Ickler am 28.01.2004 um 16.41

Aus dem vierten Bericht der Zwischenstaatlichen Kommission, S. 11:

"Die Kommission befürwortet im Bereich der Laut-Buchstaben-Zuordnung eine Rücknahme neuer Schreibungen nicht."


(Der vollständige vierte Bericht erscheint in Kürze unter den "Dokumenten".)
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Th. Ickler


eingetragen von Theodor Ickler am 27.01.2004 um 16.23

Alle Berichte der Rechtschreibkommission und nun die Beschlußvorlage der KMK beweisen, daß die Kultusminister der Meinung sind, nur die Reformer selbst seien befugt, ihr Werk nach Qualität und Erfolg zu beurteilen. Es handelt sich um reine Selbstevaluation, die man überall sonst aus naheliegenden Gründen vermeidet.
Die erste historisch belegte Selbstevaluation steht in Genesis I,1. Sie gelangte zu dem vorausehbaren Ergebnis: Alles okay! Freilich muß man berücksichtigen, daß damals noch niemand existierte, der zu einer anderen Beurteilung hätte kommen können. Meckerer traten erst später auf - und riefen die Theologie auf den Plan, die zuvor keinen Stoff hatte, an dem sie sich abarbeiten konnte.
Heute haben wir eine Zwischenstaatliche Kommission ...(Großbuchstaben reichen nicht aus, ihre unantastbare Herrlichkeit zum Ausdruck zu bringen.)
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Th. Ickler


eingetragen von Jörg Metes am 22.11.2003 um 18.12

Wobei man noch anmerken sollte, daß dieses dritte Komma im dritten Satz "weder nach den alten, noch nach den neuen Regeln möglich ist". § 72 des Reformregelwerks lautet:

Sind die gleichrangigen Teilsätze, Wortgruppen oder Wörter durch und, oder, beziehungsweise/bzw., sowie (= und), wie (= und), entweder ... oder, nicht ... noch, sowohl ... als (auch), sowohl ... wie (auch) oder durch weder ... noch verbunden, so setzt man kein Komma.
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Jörg Metes


eingetragen von J.-M. Wagner am 07.11.2003 um 17.37

»Die Akademie für Sprache und Dichtung, Darmstadt, steigt getreulich in die Fußstapfen derer, die mit falschen Beispielen die neue Rechtschreibung verunglimpfen wollen. Schreibweisen wie "Blut leer" seien nicht nachzuvollziehen, lässt die Akademie verlauten. Es bedarf keiner tieferen orthografischen Kenntnisse, um festzustellen, dass eine solche Schreibweise von "blutleer" weder nach den alten, noch nach den neuen Regeln möglich ist. Die Zwischenstaatliche Kommission für deutsche Rechtschreibung kann sich nur erstaunt zeigen über derartig krasse Fehlleistungen der Darmstädter Akademie.«

(http://rechtschreibung.ids-mannheim.de/aktuell.html)
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Jan-Martin Wagner


eingetragen von Theodor Ickler am 08.08.2003 um 12.45

Laut dpa Kulturpolitk 42/2002, 14. Oktober sagte Rudolf Hoberg: "Der Prozess ist unumkehrbar". Fast alle Zeitungen und Neuerscheinungen auf dem Buchmarkt hielten sich an das neue Regelwerk. Dass die Wörterbücher klammheimlich zur alten Rechtschreibung zurückkehren, kann Hoberg nicht erkennen. "Da bin ich auf die Beweise gespannt".

Er kann es nicht erkennen! Dabei sitzt er in der Kommission, die schon Jahre zuvor die Revision der Wörterbücher beraten und beschlossen hat. Der teilweise rückgebaute Duden lag schon über zwei Jahre vor. Aber Hoberg weiß von nichts. Daran hat sich nichts geändert.
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Th. Ickler


eingetragen von Theodor Ickler am 03.08.2003 um 17.57

Leider wird nicht angegeben, woher diese Aufgabenbeschreibung stammt. Es liegt auf der Hand, daß die Geschäftsstelle (!) das gar nicht leisten kann.
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Th. Ickler


eingetragen von Christian Stang am 03.08.2003 um 09.59

http://www.ids-mannheim.de/gra/rechtschreibung.html

Geschäftsstelle der Zwischenstaatlichen Kommission für deutsche Rechtschreibung
Aufgaben der Geschäftsstelle sind:

Inhaltliche und organisatorische Vorbereitung der Kommissionssitzungen. Koordination der Arbeit der Kommission
Beobachtung der Entwicklung der deutschen Rechtschreibung
Zusammenarbeit mit Wörterbuchredaktionen, Medien und politisch zuständigen Stellen
Beratung und Auskünfte bezüglich der geltenden Rechtschreibung
Archivierung und Aufarbeitung von Materialien zur Neuregelung der deutschen Rechtschreibung
Fortschreibung einer umfassenden Bibliografie zur deutschen Rechtschreibung


eingetragen von J.-M. Wagner am 23.07.2003 um 17.29

Zufällig habe ich bemerkt, daß die Internetseiten der Kommission unter einer neuen IDS-internen Adresse zu erreichen sind. Bis auf http://www.ids-mannheim.de/reform/ liefen meine Lesezeichen (bookmarks) plötzlich alle ins Leere. Die Startseite heißt nun http://rechtschreibung.ids-mannheim.de/, und alle anderen Seiten, die bislang von der zuvor genannten zweiteiligen Adresse abhingen, findet man direkt darunter wieder (Beispiel: http://rechtschreibung.ids-mannheim.de/aktuell.html statt http://www.ids-mannheim.de/reform/aktuell.html). Die Liste der Paragraphen ist jetzt unter http://www.ids-mannheim.de/reform/index.html zu finden. Interessanterweise liegt die Seite http://www.rechtschreibkommission.de auf einem Rechner, der nicht zum IDS gehört; bis auf den Titel ist sie aber mit der anderen Startseite identisch, und alle Verweise führen auf den IDS-Rechner.

Diese Umstrukturierung hat zur Folge, daß es die Seite, die die bemerkenswerte Fehlermeldung enthält, von der ich in meinem vorigen Beitrag sprach, nicht mehr gibt. Ruft man sie trotzdem auf, erfährt man nicht nur, daß sie nicht gefunden werden konnte, sondern außerdem das Datum der letzten Änderung: 04. 07. 2003. Glücklicherweise ist die gesuchte Seite noch im Cache von Google vorhanden; wie lange noch, weiß ich aber nicht. (Eine Kopie der Originalseite hatte ich mir bereits im Januar aufgehoben.)
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Jan-Martin Wagner


eingetragen von J.-M. Wagner am 04.01.2003 um 17.53

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von J.-M. Wagner
Kann man diese Distanzierung des IDS von der RSR-Kommssions-Selbstdarstellung auch im Netz nachlesen? Das ist doch ein "gefundenes Fressen" - auch wenn Sie sonst nicht viel von diesem Institut zu halten scheinen, könnte man doch andere darauf aufmerksam machen, was "unabhängige Fachleute" von der RSR-Kommssion halten.
Per Zufall bin ich auf eine solche Seite gestoßen, die ex pressis verbis eine Verantwortung des IDS für die Rechtschreibseiten ausschließt: http://www.ids-mannheim.de/reform404.html

Daß das IDS auf seiner Startseite (http://www.ids-mannheim.de/) in einem "Haftungsausschluss" nur die Verantwortung für die eigenen Inhalte übernimmt, ist nicht weiter verwunderlich; davon sind alle möglichen Links betroffen. Jeder Seiteninhaber sollte so einen Vermerk auf seiner Seite haben, um nicht etwa von irgend einem geldgierigen Anwalt wegen einer Markenschutzverletzung abgemahnt zu werden (näheres dazu unter http://www.freedomforlinks.de/).

(Weiß jemand, welches Gesetz mit dem Kürzel "TDG" gemeint ist?)
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Jan-Martin Wagner


eingetragen von Norbert Schäbler am 29.11.2002 um 12.37

Unglaublich, die Ermittlungen von Prof. Ickler.

Die beschriebene Taktik der Bürokratie, stets neue Schützengräben auszuheben, um dem Stellungskrieg auf diese Weise eine Wende zu geben, weckt Assoziationen an das Kriegsende 1918.

Duplizität der Ereignisse?

Damals kam es zur Meuterei der Kieler Flotte!

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nos


eingetragen von Theodor Ickler am 29.11.2002 um 11.19

"Mit der Einrichtung der in staatlichem Auftrag tätigen Kommission ist ein erheblicher Vorteil für die weitere Entwicklung und Pflege der deutschen Rechtschreibung gewonnen. Anders als Verlagsredaktionen, die ihre orthographischen Entscheidungen nicht mitzuteilen und zu begründen brauchen, muss die Kommission ihre Empfehlungen und Vorschläge öffentlich vorlegen und vertreten. Sie ist damit für die engere wissenschaftliche und die weitere sprachinteressierte Öffentlichkeit kritisierbar." (Aus der Stellungnahme des IDS für das Bundesverfassungsgericht vom 10.11.1997)

"Die im Verlauf der Überarbeitung aufgetretenen Zweifelsfälle zur Neuschreibung von Wörtern wurden nach vorheriger Absprache mit dem 'Institut für deutsche Sprache' in Mannheim, an dem künftig eine ständige zwischenstaatliche Kommission für deutsche Orthographie ihre Geschäftsstelle haben wird, geregelt. Die Entscheidung über weitere, die deutsche Rechtschreibung betreffende Regelungen wird in Zukunft diese Expertenkommission übernehmen." (Wahrig, Deutsches Wörterbuch. (Bertelsmann; aus dem Vorwort zur Neuausgabe 1997)

"Die vorliegende 7. Auflage des DEUTSCHEN WÖRTERBUCHS folgt den Empfehlungen der 'Zwischenstaatlichen Kommission für deutsche Rechtschreibung' und ist damit auch für den amtlichen und schulischen Gebrauch geeignet." (Wahrig, Deutsches Wörterbuch. Bertelsmann; aus dem Vorwort zur Neuausgabe 2000)

"Die neuen Formen wurden nach Absprache mitr dem 'Institut für deutsche Sprache' in Mannheim, dem Sitz der neuen zwischenstaatlichen Kommission für deutsche Rechtschreibung, in das DEUTSCHEN WÖRTERBUCH eingearbeitet." (Wahrig, Deutsches Wörterbuch. Bertelsmann; aus dem Vorwort zur Neuausgabe 2000)

"Bei einigen Suffixen ist die Anwendung der neuen Worttrennungsregel, wonach bei mehreren Konsonanten der letzte auf die neue Zeile gesetzt werden sollte, zwar theoretisch denkbar, praktisch aber weder mit dem Sprachgebrauch noch mit der Aussprache der Wörter vereinbar, mitunter sogar sinnentstellend. Die Kommission für deutsche Rechtschreibung hat daher in Abstimmung mit den Wörterbuchverlagen für die Trennung von Fremdwörtern eine Liste von Lexemen erarbeitet, die nicht mechanisch, sondern morphematisch, d. h. nach Wortbestandteilen, getrennt werden sollen." (Wahrig, Deutsches Wörterbuch. Bertelsmann; aus dem Vorwort zur Neuausgabe 2000)
Vgl.:
"In Zweifelsfällen ist den Empfehlungen der Zwischenstaatlichen Kommission für Rechtschreibung zu folgen, soweit solche vorliegen. Dieses Prinzip konnte naturgemäß erst seit dem 25. März 1997 befolgt werden, da es die Kommission vorher (also auch in der Zeit, als die 21. Auflage der Dudenrechtschreibung bearbeitet wurde) noch nicht gab. Auch heute kann die Kommission nicht als beliebig abfragbare Auskunftsstelle für das lexikographische Tagesgeschäft angesehen werden, da sie nur in mehrmonatigen Abständen zusammentritt und dabei auch nicht ad hoc die verschiedensten Problemfälle abarbeiten kann. Deshalb berät sich die Dudenredaktion sporadisch mit einzelnen Kommissionsmitgliedern oder anderen Linguisten, natürlich unter dem Vorbehalt, dass in grundsätzlichen Fragen der Gesamtkommission nicht vorgegriffen, deren Entscheidung nicht vorweggenommen werden kann. Was hingegen von der Kommission selbst als verbindlich oder als Empfehlung verabschiedet wurde, wird von der Dudenredaktion als ebenso maßgeblich wie das amtliche Regelwerk angesehen." (Duden-Redakteur Werner Scholze-Stubenrecht in Sprachwissenschaft 2/2000)

Anmerkung: Das "Institut für deutsche Sprache" hatte schon 1997 und hat auch heute keinerlei Befugnis oder Auftrag, verbindliche Anweisungen zur Auslegung der Neuregelung zu geben; es ist überhaupt nicht mit Orthographie befaßt. Zwar ist die Kommission unter seinem Dach angesiedelt, doch legt das Institut selbst großen Wert auf deren Selbständigkeit (s. Internetseite http://www.ids-mannheim.de) Es ist lediglich dem langjährigen Direktor Gerhard Stickel zu verdanken, daß das Institut sich zeitweise als Propagandazentrale der Reform und manchmal auch als offiziöse Auskunftsstelle darstellte.
Weder die immer wieder genannten "Empfehlungen" der Kommission noch die mit "den Wörterbuchverlagen" (in Wirklichkeit nur mit Duden und Bertelsmann) abgesprochene Liste zulässiger Worttrennungen sind veröffentlicht. Die korrekte Umsetzung in den Wörterbüchern kann von der Öffentlichkeit nicht überprüft werden. Darüber hinaus ist fraglich, ob die Kommission tatsächlich zu verbindlichen Empfehlungen befugt ist. Die Beschreibung des Auftrages der Kommission durch die zuständigen politischen Stellen läßt das nicht ohne weiteres erwarten. Bedenkt man ferner, daß die Empfehlungen inhaltlich keineswegs nur Interpretationen, sondern auch Änderungen des Regelwerks betreffen (die im ersten Bericht der Kommission vom Dezember 1997 durchaus auch als "Änderungen", und zwar "unumgänglich notwendige", bezeichnet werden), so fragt sich um so mehr, ob die Kommission dergleichen unmittelbar an die Wörterbuchredaktionen geben kann. Denn in der Auftragsbeschreibung heißt es nur, daß die Kommission "Vorschläge" für Anpassungen erarbeiten soll; man würde erwarten, daß solche Vorschläge zunächst den zuständigen politischen Stellen unterbreitet werden, ebenso wie die Neuregelung selbst. (Zwischen Kommission und KMK ist aufgrund von Erfahrungen mit der Kommissionsarbeit noch ein "Beirat" eingeschaltet worden, der die Berichte der Kommission kritisch zu prüfen hat. Er tagte erstmals am 8.2.2001 und hat den dritten Bericht kommentiert; seither ist nichts mehr über ihn mitgeteilt worden.)

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Th. Ickler


eingetragen von Elke Philburn am 09.07.2002 um 14.23

Vielleicht gefällt es Herrn Heller nicht, wenn man ihm auf die Finger schauen will.

Für Leute, die noch nie einen PC benutzt haben, ist der Tip völlig unbrauchbar.


eingetragen von Theodor Ickler am 09.07.2002 um 13.58

Der Geschäftsführer der Rechtschreibkommission, Klaus Heller, schrieb kürzlich an eine Dame, die ihn um den dritten Bericht gebeten hatte:

"Sehr geehrte Frau X,
es tut mir Leid, aber ich muss Sie doch bitten ein Internetcafé aufzusuchen um sich den Bericht herunterzuladen. Die Möglichkeit dazu besteht ja heute selbst in jeder kleineren Gemeinde."

Außer dem gewohnt unhöflichen Ton (es handelt sich um ein dienstliches Schreiben!) fällt nicht nur der Grammatikfehler es tut mir Leid auf, sondern auch die barbarische Kommasetzung. So primitiv verfährt nach meinen Beobachtungen kein anderes Mitglied der Rechtschreibkommission. Und einem solchen Mann vertraut der Staat die Pflege und Weiterentwicklung der deutschen Sprache an!
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Th. Ickler


eingetragen von Theodor Ickler am 30.05.2002 um 06.22

Eines der österreichischen Kommissionsmitglieder sollte aus dem unverdienten Schattendasein herausgeführt werden. Lesen Sie doch bitte seine einschlägigen Schriften, zum Beispiel http://www.univie.ac.at/Germanistik/schrodt/rechtschreibreform/rechtschreibideologie.html
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Th. Ickler


eingetragen von Theodor Ickler am 05.03.2002 um 03.53

Das kleine Problem mit der Netzseite der Kommission hat sich erledigt.

Was den ersten und den zweiten Bericht betrifft, so sind sie nicht veröffentlicht, das soll aber hier im Forum bald nachgeholt werden. Einstweilen kann man sich über den Inhalt einen Überblick verschaffen durch meine Kommentare dazu, und zwar hier unter den Aufsätzen: "Anhörung" zum ersten Bericht, "Zweiter Bericht" zum zweiten. Meine Darstellung zur Mannheimer Anhörung (auch enthalten im "Kritischen Kommentar" und in "Regelungsgewalt") dürfte für den Leser sehr hilfreich sein, denn ich habe darin mit großer Mühe eine vollständige Rekonstruktion der Paragraphen 34 und 36 gegeben, wie sie nach den (später abgeblockten) Änderungsvorschlägen der Kommission aussehen würden. Das ist im ersten Bericht alles sehr verworren und verwirrend. Auch der dritte Bericht ist ja absichtlich undurchschaubar gehalten, so daß der Kommission eine Menge Schlupflöcher bleiben. Man sehe doch nur, wie Augst jetzt (zum Beispiel im Neuen Deutschland vom 5. März) dreist behaupten kann, die Kommission schlage keine Änderungen vor! Das stimmt sogar, denn sie schlägt nur Vorschläge vor ...
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Th. Ickler


eingetragen von J.-M. Wagner am 05.03.2002 um 01.04

Wenn die Pforten einer Netzseite - genauer: eines zusammenhängenden Systems von Netzseiten - geschlossen werden, dann meist durch Deaktivieren des WWW-Server-Programms auf dem jeweiligen Rechner, so daß auf gar keine Seite mehr zugegriffen werden kann. In diesem Fal würde dies bedeuten, daß auch auf die Seiten des IDS nicht zugegriffen werden kann, denn das, was einem unter http://www.rechtschreibkommission.de angeboten wird, ist inhaltlich identisch mit http://www.ids-mannheim.de/reform; es unterscheidet sich zwar äußerlich im Titel der Seite, den der HTML-Interpreter ("Brauser") in der Kopfleiste anzeigt: »Zwischenstaatl. Kommission für dt. Rechtschreibung« bzw. »Startseite der Zwischenstaatlichen Kommission für deutsche Rechtschreibung«, erstere ist aber nur ein FRAMESET, innerhalb dessen die zweite erscheint. Sollte ein Zugriff auf die Kommissionsseiten wegen einer Abschaltung nicht möglich sein, läge dies quasi am IDS, nicht an der Kommission (d. h. an dem jeweiligen "Webmaster"). Und: Für einen Umbau von Seiten, die nur Informationen zum Abrufen bereithalten und Schreibzugriffe (wie bei den hiesigen Forumsseiten) nicht zulassen, ist ein Abschalten nicht erforderlich. Es wird lediglich eine vorhandene HTML-Datei durch eine neue ersetzt, welche zuvor separat getestet wurde (hoffentlich).

Die Zugriffsschwierigkeiten sind meist nicht durch Probleme der direkt angesprochenen Seite bedingt; zum einen können es echte Netzwerkprobleme sein, d. h. Überlastungen, zum anderen können es sekundäre Zugriffe des direkt angesprochenen Rechners auf weitere Netzknoten sein, wie z. B. bei Werbung. Im Fall der Kommissionsseiten macht momentan der Zugriffszähler (ganz am Fuß der Seite) Probleme; wenn ich die Seite aufrufe, sehe ich meinen HTML-Interpreter Kontakt mit http://counter34.bravenet.com aufnehmen, ohne darauf eine Antwort zu bekommen. Wenn ich dann auf STOP klicke, erscheint sofort die Kommissionsseite, aber ohne die Grafik, welche die Anzahl der Zugriffe anzeigt. Greift man aber, wie es Herr Riebe beschrieben hat, auf eine der untergeordneten Seiten direkt zu, ist man von dem Problem des lahmenden Zugriffszählers nicht betroffen (der hält sich bzw. einen Besucher nur auf der Startseite auf). Also einfach gleich STOP anklicken und auf den nichtangezeigten Zugriffszählerstand pfeifen.

Interessant ist übrigens eine Google-Suche nach "Reform der Reform" (inclusive der Anführungszeichen auszuführen!). Mir zeigt Google dann als erstes die Seite an, welche ich für ein Überbleibsel des ersten Berichtes halte, genauer: für das, was sich die Kommission traut, aus ihrem ersten Bericht in sehr vorsichtiger und sehr zurückhaltender Form der Öffentlichkeit zur Diskussion zu unterbreiten:
http://www.ids-mannheim.de/reform/Diskussionsbeitraege_reformderreform.html. Stimmt diese Vermutung? Und ist eigentlich der erste Bericht jemals an die Öffentlichkeit gelangt bzw. irgendwo im Netz zu finden? Ich würde ja zu gern einmal das »Nicht zur Veröffentlichung bestimmt« mit meinen eigenen Augen sehen ...
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Jan-Martin Wagner


eingetragen von Manfred Riebe am 04.03.2002 um 20.09

Wenn die Rechtschreibkommission die Pforten ihrer Netzseite schließt, braucht man kein Hacker zu sein, um evtl. doch über Suchmaschinen durch die Hintertür hineinzugelangen.
Man rufe http://www.google.de auf und gebe nicht "Rechtschreibkommission" ein, sondern versuche es wie weiland der listenreiche Odysseus mit dem Trojanischen Pferd "Gerhard Augst Literatur". Und siehe, die Trojaner öffnen ihre Tore. Vielleicht wären die Trojaner noch heller über "Klaus Heller Literatur" begeistert. Es wäre einen Versuch wert.


eingetragen von Michael Krutzke am 04.03.2002 um 15.37

Ich komme auf die Seite rechtschreibkommission.de, aber vom dritten Bericht ist nichts zu sehen. Die Rubrik "Aktuell" (Zitat: Diese Seite wird ständig aktualisiert.) führt zurück zum Dezember 2001.

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Michael Krutzke


eingetragen von Theodor Ickler am 04.03.2002 um 15.12

Mir fällt auf, daß ich heute partout nicht auf die Internetseite der Rechtschreibkommission gelange. Wahrscheinlich wird umgebaut. Wetten, daß Augst und Heller wahrheitsgemäß behaupten, der dritte Bericht mache keine Vorschläge für Änderungen?

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Th. Ickler


eingetragen von J.-M. Wagner am 14.02.2002 um 12.14

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Theodor Ickler
Ja, stimmt, die Zeittafel war´s. Aber die Formulierung ist so schwammig ("wesentliche Teile") daß man das kaum anfechten kann. Lohnt sich sowieso nicht, denn die ganze Selbstdarstellung der Kommission ist so kontraproduktiv, daß sich das IDS ausdrücklich davon distanziert hat. Das ändert aber nichts daran, daß das IDS sich als Propagandazentrale der Reform hat mißbrauchen lassen und die Konsequenzen tragen muß.
Kann man diese Distanzierung des IDS von der RSR-Kommssions-Selbstdarstellung auch im Netz nachlesen? Das ist doch ein "gefundenes Fressen" - auch wenn Sie sonst nicht viel von diesem Institut zu halten scheinen, könnte man doch andere darauf aufmerksam machen, was "unabhängige Fachleute" von der RSR-Kommssion halten.

Was hatten Sie eigentlich damals in der Welt genau gesagt? Ist nicht die Behauptung (der Kommission) an sich, daß es sich damals um eine "Falschmeldung" gehandelt habe, eine ebensolche - unabhängig vom konkreten Gegenstand? Ich frage mal mit Norbert Schäbler: Was ist aus den ganzen inhaltlichen Einwänden der RSR-Kritiker geworden, wer hat sich dieser Kritik jemals inhaltlich gestellt?
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Jan-Martin Wagner


eingetragen von Theodor Ickler am 14.02.2002 um 10.45

Ja, stimmt, die Zeittafel war´s. Aber die Formulierung ist so schwammig ("wesentliche Teile") daß man das kaum anfechten kann. Lohnt sich sowieso nicht, denn die ganze Selbstdarstellung der Kommission ist so kontraproduktiv, daß sich das IDS ausdrücklich davon distanziert hat. Das ändert aber nichts daran, daß das IDS sich als Propagandazentrale der Reform hat mißbrauchen lassen und die Konsequenzen tragen muß. Nachdem die Projekte dieses aufgeblähten Instituts so ziemlich alle kläglich versandet sind, steht es vor dem Nichts und kann ohne Schaden gesundgeschrumpft werden.

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Th. Ickler


eingetragen von Jörg Metes am 14.02.2002 um 09.50

http://www.ids-mannheim.de/reform/dokumente_neuregelung_Zeittafel.html
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Jörg Metes


eingetragen von Theodor Ickler am 14.02.2002 um 09.38

Lange Zeit stand auf der Internet-Seite der Rechtschreibkommission, daß ich im August 2000 eine "Falschmeldung" über die Reform der Reform verbreitet hätte. Gerade habe ich mich entschlossen, mit juristischen Mitteln gegen diese Nachrede vorzugehen, da finde ich diese Stelle nicht mehr. Kann mir jemand helfen?
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Th. Ickler


eingetragen von Theodor Ickler am 14.02.2002 um 09.27

Auf ihrer Internetseite (unter dem Dach des IDS) verbreitet die Kommission u. a. folgende "Widerlegung" meines bekannten Einwandes:
"Steigerungsformen wie am Aufsehen erregendsten und noch viel sagender sind ungrammatikalisch und entsprechen weder der Intention des Regelwerkes noch werden sie in einem der gängigen Rechtschreibwörterbücher aufgeführt. Im Duden 1996, S. 132 wird unter dem Eintrag ein Aufsehen erregendes Ereignis auf die Duden-Richtlinie 40 verwiesen.
Diese Regel fordert - in Übereinstimmung mit dem amtlichen Regelwerk - Zusammenschreibung, wenn der zweite Bestandteil gesteigert ist: eine Furcht einflößende Gestalt, aber: eine noch furchteinflößendere Gestalt. Bei den Verbindungen von viel + Partizip (Duden 1996, S. 804 f.) wird ebenfalls auf Richtlinie 40 verwiesen."

Das ist sehr lustig, denn genau dies war ja mein Einwand! Die Reformer hatten schlicht vergessen, an die Steigerung zu denken. Der zweite Bestandteil von Furcht einflößend kann auch gar nicht gesteigert werden, sondern es ist erst das gesamte zusammengesetzte Wort, das gesteigert werden kann (natürlich ist das Suffix hinten, wo denn sonst?). Und darauf kommt es laut Regelwerk und neuer Interpretation auch an: daß gesteigert werden KANN, nicht daß gesteigert IST. Folglich ändert sich, auch nach den Maßstäben der Kommission, an der Schreibweise gar nichts, und die Reformer sind eine Erklärung der Sternchen schuldig, die doch für Neuschreibung stehen. Auf eine entsprechende Bitte haben aber weder Heller noch seine Vasallen in den Kultusministerien je geantwortet. So warte ich auch seit fünf Jahren vergeblich auf eine Bestätigung meiner Vermutung, daß es laut Neuregelung zum Komparativ des zusammengesetzten Adjektivs furcherregender keinen Positiv gibt.
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Th. Ickler


eingetragen von Jörg Metes am 04.01.2002 um 15.56

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Theodor Ickler
Wie ein Mitglied der Rechtschreibkommission vertraulich mitteilt, wird der dritte Bericht der Kommission besonders umfangreich - über 100 Seiten!

Und sollte dieser Bericht nicht schon Ende 2001 abgegeben werden? Wenigstens Bruchstücke müßten ja nach außen dringen! Doch man hört noch rein gar nichts, oder?
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Jörg Metes


eingetragen von Christian Melsa am 11.08.2001 um 18.00

Klaus Heller schreibt dazu in jenem Sprachreport Extra, der der Rechtschreibreform gewidmet ist (auch beim IDS herunterladbar):

An die Stelle schwer handhabbarer inhaltlicher Kriterien (Zusammenschreibung "wenn ein neuer Begriff entsteht" oder "wenn die Bedeutung des Substantivs verblasst ist") treten grammatische Proben (Erweiterbarkeit, Steigerbarkeit usw.).

Eine wieder einmal sehr irreführende Aussage, denn auch im neuen Regelwerk gibt es immer noch verblaßte Substantive, die nicht getrennt geschrieben werden dürfen (s. §34(3)). Es hat an dieser Stelle gar keine systematische Veränderung stattgefunden, es wurden, wie eigentlich so gut wie überall, effektiv nur Grenzen verschoben. Dabei wurde insgesamt die Komplexität des Regelwerks nachweislich noch erhöht, aber das verdrängen die Reformer und ihre Jünger natürlich lieber. Gleichzeitig wurde die Orthographie damit selbstverständlich dem Usus entfremdet, was ja eigentlich auch nicht gerade dem Dienst einer Sprachtechnik zugute kommt und logischerweise Berge neuen Lernstoffs produziert, sowie das Gewöhnen an eine konsistente Orthographie durch das gegenwärtige (vorhersehbare) Durcheinander erschwert - in Zeiten des Personalnotstands in den Schulen. Eine Prachtleistung der Kultuspolitik.


eingetragen von Michael Krutzke am 11.08.2001 um 17.16

Danke Herr Melsa.

Die "Amtliche Regelung" (als PDF-Datei - erstellt am 18.10.99 - von der IDS-Homepage heruntergeladen) unterscheidet in der Tat die beiden Fälle. Das Wortgruppenbeispiel aus §34(1)E1 ist allerdings sehr hilfreich - wenn die Verwirrung noch nicht groß genug ist. Auch http://www.ap-online.de bietet ein weiteres Beispiel, das wohl darauf aufbaut: (alt:) zusammengehen - (neu:) zusammen gehen.

Das "usw." ist originell. Vielleicht entwickelt ein Informatiker mal einen "usw."-Algorithmus für reformierende Korrekturprogramme; wenn schon keine eindeutige Liste der Ausnahmewörter vorliegt. "Zusammen tragen" ist mir in falscher Anwendung häufiger begegnet - irrte da der Autor oder das Korrekturprogramm? Vielleicht verkündet die Kommission bald mal ein "usw.-Generalpardon", auf das sich dann jeder berufen kann.

Die Bedeutung der Wörter trat bei deren Reformierung in den Hintergrund - zugunsten einer scheinbar einfacheren Struktur? Habe ich Sie da richtig verstanden? Das war mir in dieser Deutlichkeit noch nicht klar. Interessant ist es schon. Wenn wir einmal von der Reformkommission absehen - was mag Lehrer veranlassen, den neuen Regelungen zumindest teilweise zuzustimmen? Gibt es darüber Untersuchungen? (Hier im Forum hat sich bislang ja noch niemand aus dieser Richtung geäußert, soweit ich die Diskussionen verfolgt habe.)

Die heutige Zeit wird ja auch als "Informationsgesellschaft" bezeichnet. Zu Recht heißt es, eines der Hauptprobleme bestehe darin, aus einer Informationsflut das jeweils Bedeutsame herauszufiltern. Diese Ansicht wird von allen Verantwortungsträgern in unserer Gesellschaft plakativ vertreten. Bilden sich die Kommission, "reformfreudige" Pädagogen und alle "willigen Vollstrecker" des Reformwerks ein, daß darauf eine Verflachung der Sprache, eine Unterordnung von Inhalten/Bedeutungen unter Strukturen (wenn ich es richtig gedeutet habe) die angemessene Antwort ist? Daß zur Vermeidung von Fehlern und Entlastung der Schüler Falsches kurzerhand für richtig erklärt wird, soll junge Menschen auf die vielfältigen Herausforderungen - nicht nur der "Informationsgesellschaft" - besser vorbereiten? Schlimmer kann eine Bankrotterklärung kaum ausfallen. Eine wirklich lohnende Aufgabe wäre es, zeitgemäße pädagogisch/didaktische Konzepte zu entwickeln, die Schüler für Sprache interessieren und vielleicht sogar begeistern können (Sie nannten es Sprachkompetenz). Mit der "Informationsgesellschaft" (Stichwort: Recherche) kämen solche Schüler hervorragend klar - und die Kultur dürfte ebenfalls profitieren. Nun gut - das zu vertiefen, würde jetzt vom Leitthema (hier wohl besser: Leidthema) "Reformkommission" wegführen.


eingetragen von Christian Melsa am 10.08.2001 um 18.41

Tja, stimmt schon, eigentlich müßte man doch erwarten, daß man bei Duden den Unsinn begreift. Aber wieso muß dann in dem erwähnten Buch für Schüler diese widersinnige Schreibung auch noch ausgerechnet als Beispiel in einem Erläuterungskasten gebracht werden? Das ist doch kaum noch zu überbieten! Ich frage mich, was Schüler denken, die dieses Buch erwerben, wenn sie über solche Stellen stolpern - denn über sie hinweggehen kann man ja nicht, man muß zwangsläufig stolpern, wenn man seinen Verstand nicht völlig abgeschaltet hat. Sie müßten entweder einsehen (falls das noch nicht geschehen ist), daß die Preisungen der Reform jeder Grundlage entbehren, oder sie sind von den Erläuterungen an dieser Stelle so verwirrt, daß sie annehmen müssen, sie seien einfach zu dumm, um diese Regelung zu durchschauen. Ersteres untergräbt die Glaubwürdigkeit der Lehrinstitution (zu Recht, aber mit möglichen negativen Folgen), letzteres demotiviert zum Lernen von Sprachkompetenz.


eingetragen von Stephanus Peil am 10.08.2001 um 09.47

Herrn Icklers Vorschlag, die katholische Kirche zu fragen, was sie von "allein selig machend" halte, habe ich bereits in die Tat umgesetzt, indem ich meinem zuständigen Bischof schrieb. Mein erster Brief wurde nicht beantwortet. Nach 2 Monaten hakte ich nach und bekam am 7.8.01 folgende Antwort:

Der Bischof von Limburg, Theologischer Referent

Sehr geehrter Herr Peil,

im Auftrag von Bischof Kamphaus danke ich Ihnen für Ihr Schreiben. Gleichzeitig möchte ich mich dafür entschuldigen, dass Sie Ihren ersten Brief noch nicht beantwortet bekommen haben.

Sie schätzen Bischof Kamphaus als einen Mann, der sich stark in der Gesellschaft engagiert. Deswegen soll er sich auch gegen die Rechtschreibreform einsetzen. Zur Zeit (!) befasst sich der Bischof intensiv mit der Frage der Frauen im Schwangerenkonflikt. Dazu hat er die Aktion Konfliktberatung initiiert. Gleichzeitig ist er Vorsitzender der Kommmission (!) Weltkirche der Deutschen Bischofskonferenz. Neben der Leitung des Bistums nehmen ihn diese Arbeiten so stark in Anspruch, dass er leider keine Möglichkeit sieht, Ihrer Bitte nachzukommen.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Caspar Söling


eingetragen von Theodor Ickler am 10.08.2001 um 02.51

Ja, mit dem "wieder" kommen die Dudenleute immer noch nicht zurecht. Ich glaube aber, daß sie es im Grunde nun eingesehen haben (vielleicht auch wegen meiner Erklärungsversuche), aber da sie jede Selbständigkeit zugunsten der Unterwerfung unter die Ratschlüsse der "allein selig machenden" (!) Kommission aufgegeben haben, dürfen sie ihre bessere Einsicht nicht wirksam werden lassen. "wieder gutmachen" gehört zum Restbestand von fünf bzw. sechs Aufspaltungen, die nun noch stehen geblieben sind. Niemand kennt den Grund.
Um es noch einmal festzuhalten: Etwas "wieder-x-en" bedeutet, es durch "x-en" in den früheren Zustand zurückversetzen. Die Erklärung mit "erneut, nochmals" im amtlichen Regelwerk ist Quatsch. Und die Zusammenschreibung bei "wieder-" ist nur eine mehr oder weniger starke Tendenz, daher in meinem Wörterbuch der kleine Bogen, der dies andeutet.
In vielen Aufarbeitungen der Reform (Listen bei Duden, Bertelsmann usw.) werden die Strecken mit "wieder-" und "wohl-" (sowie "hoch-") einfach weggelassen, weil die Bearbeiter sich nicht trauen, hierzu etwas Bestimmtes zu sagen. Die Kommission scheint auch alle paar Monate was anderes auszuhecken.

Übrigens könnte man auch mal die katholische Kirche fragen, was sie von "allein selig machend" hält, das nur noch so geschrieben werden darf. (Das hat sich jetzt stablisiert, nachdem es hier, wie bei allem, was nicht direkt im amtlichen Wörterverzeichnis steht, alle denkbaren Interpretationen gegeben hatte.)
__________________
Th. Ickler


eingetragen von Christian Melsa am 09.08.2001 um 19.14

Kleine Korrektur, Herr Krutzke: Verben werden mit "zusammen" als Erstglied auch gemäß Neuregelung zusammengeschrieben, entsprechend der Wortliste aus §34(1). Natürlich nicht immer, wie §34(1)E1 gleich belehrt, indem es in einer Reihe von Beispielen nach "Aber als Wortgruppe:" den Fall "zusammen (gemeinsam) spielen" nennt. Dann folgt ein "usw.", es handelt sich also nicht um eine komplette Liste aller Ausnahmen. Es wird nicht näher ausgeführt, nach welchen genauen Kriterien die in der Wortliste aufgeführten Partikel mit einem folgenden Verb nun doch nicht zusammengeschrieben werden sollen. Es handelt sich bei §34(1)E1 daher um eine ziemlich brisante Klausel, die in der Auslegung der Wörterbücher dann auch interessante Blüten getrieben hat. An sich werden mit den Beispielen einige Fälle erwähnt, die man - völlig selbstverständlich! - doch getrennt schreiben müsse, weil ja sonst Mißverständnisse entstehen könnten. Nimmt man diesen Einwand ernst, so ist natürlich die ganze Reformregelung unbrauchbar. Witzigerweise wird hier doch wieder die Bedeutung herangezogen, um Getrenntschreibung zu begründen - dabei war doch der Grundgedanke der Reform-GZS, semantische Kriterien zunächst einmal zu verwerfen, und daß (natürlich) von der Getrenntschreibung als Normalzustand ausgegangen wird, um daher nur die Zusammenschreibungen regeln zu müssen. Und in Wirklichkeit sind ja die Zusammenschreibungen von speziellen Bedeutungen motiviert, nicht die Getrenntschreibungen, die ja, völlig klar, der Normalfall sind (jedes Wort wird durch einen Zwischenraum vom nächsten getrennt geschrieben). Ein Paradebeispiel für die hoffnungslose Verknotung, der die Reformer mit ihrem Regelwerk erlegen sind.

Übrigens habe ich im Buchladen gestern einen neuen Schülerduden zum Gebiet "Rechtschreibung und Wortlehre" durchgeblättert und mir dabei einen Kasten zum Umgang mit dem Erstglied "wieder" durchgelesen. Darin hieß es unter anderem sinngemäß, man schreibe "wieder" von folgenden Verben vor allem (sic!) dann getrennt, wenn es in dem Sinne von "erneut, nochmals" gebraucht wird. Unbegreiflicherweise folgt darauf gleich als Beispiel "wieder gutmachen". Was mögen sich die Dudenleute dabei gedacht haben (ohne §34(1)E1 müßte man nach neuer Rechtschreibung "dabeigedacht" schreiben)? Halten die wohl den Satz "Ich werde heute gutmachen und morgen dann wieder gutmachen" für sinnvoll, das Wort darin für richtig benutzt? Immerhin hat man bei Duden ja inzwischen "wieder sehen", wie noch in der 96er Ausgabe des Rechtschreibwörterbuchs, zu "wiedersehen" korrigiert. Aber man muß angesichts solcher Entdeckungen wie meiner gestrigen dann doch den Eindruck haben, daß die Dudenleute das alles immer noch nicht richtig begriffen haben. Was soll man sonst davon halten? Ein wahrhaft groteskes Theater.


eingetragen von litebloo am 09.08.2001 um 13.35

Oh, danke. Werd ich mir mal anschauen.
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So sei es.


eingetragen von Manfred Riebe am 09.08.2001 um 13.23

Allein die ss-Schreibung umfaßt 90 Prozent der sogenannten Rechtschreibreform. Leider wurde kein "großer Teil der Reform rückgängig gemacht", sondern es wurden nur einige Kleinigkeiten zurückgenommen.

"Sind da nicht auch Sachen von diesem Augst dabei?" Diese "Volksetymologien" des Herrn Augst wurden nicht zurückgenommen, obwohl besonders über sie viel gespottet wird.

"Ab wann kann man denn von Legasthenie sprechen?" Für eine solche Fachfrage sind Fachleute und Fachärzte zuständig, insbesondere weil der Wissensstand sich ständig ändert. Ich gebe Dir einschlägige Adressen und Netzseiten an:

Bundesverband Legasthenie e.V., Königstr. 32, 30175 Hannover, Tel. (0511) 31 87 38, info@legasthenie.net, http://www.legasthenie.net, Bundesvorsitzende Christiane Sczygiel, Landesverband Legasthenie Bayern e.V., Waldstr. 3a, 82166 Gräfelfing, Tel. (089) 85 19 11, Landesvorsitzende Christiane Sczygiel

Arbeitskreis Legasthenie Bayern e.V., Waldstr. 3a, 82166 Gräfelfing bei München, Tel.: 089 / 8 54 19 08, Fax.: 089 / 85 22 60, info@akl-bayern.com, http://www.akl-bayern.com


eingetragen von litebloo am 09.08.2001 um 12.36

Sie müssen mr ja nicht dauernd deuten, wie dumm Sie manches finden. Allerdings würde kein Mensch das falsch verstehen. (Das "Leid tun" stammt ja wohl auch von dem "Leid antun" ab... denk ich mal)
Übrigens habe ich heute meine neue Deutschlehrerin gefragt, was sie denn von der Reform hält, und hab dabei auch gesagt, dass ich darüber diskutiere und so (nunja, sowas muss halt sein... ich will ne gute Deutschnote, hehe). Jedenfalls hat sie gesagt, dass sie manches danebengegangen findet, aber ihr die Reform im Ganzen eigentlich gefällt... oder so in der Art.
Übrigens bin ich die litebloo, Herr Krutzke.

litebloo.
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So sei es.


eingetragen von Michael Krutzke am 09.08.2001 um 12.19

Hallo Sarah,

auch mir tun Herr Augst und seine Mitstreiter Leid ... sehr Leid ... sehr viel Leid sogar. Moment mal - "sehr" vor einem Hauptwort? Das geht doch nicht. Mit "viel" klingt es schon besser. Also: Sehr viel Leid tut er mir. Aber das war nicht das, was Du sagen wolltest. Er tut Dir nämlich leid - oder vielleicht sehr leid. Da gäbe es dann auch keine Probleme mit dem "sehr".

Was Herrn Augst und Mitstreiter vielleicht auch zu bedauernswerten Zeitgenossen macht, könnten Reformanhänger in einem Satz zusammenfassen: "Die Herren Ickler, Riebe, Markner usw. haben die Rechtschreibreform so schlecht gemacht, dass die Verwirrung jetzt groß ist."

Da kann doch etwas nicht stimmen. Wer hat die Reform gemacht (und für Verwirrung gesorgt)? Die drei genannten Herren doch nicht. Das waren doch Herr Augst und sein Reformteam. Und daß diese die Reform nicht nur gemacht, sondern eben schlecht gemacht haben, ist ja der Kern der Kritik. Der Vorwurf an das Kritikertrio müßte also lauten, sie hätten das gute Reformwerk schlechtgemacht. Aber diese Schreibweise ist ja wohl nicht mehr erlaubt (oder inzwischen wieder, Prof. Ickler?).

Das Auseinanderreißen von Wörtern, die über sehr lange Zeit zusammenwuchsen (aber nicht zusammen wuchsen) und dabei eine eigene Bedeutung bekamen, ist mehr als ärgerlich. "Zusammentragen" und "zusammen tragen" beispielsweise auch. Über Gerichtsverfahren wird oft berichtet, die Anwälte hätten eine Fülle von Beweisen "zusammen getragen". Körbeweise in den Gerichtssaal vielleicht? Auch das gibt es. Aber doch erst, nachdem sie alles zusammengetragen hatten. Es sind also zwei Sachverhalte.

Was hat die Reform da verbessert? Sie hat eigenständige und eindeutige Wörter gestrichen und durch Mehrdeutiges ersetzt. Zum Teil werden Aussagen in ihr Gegenteil verkehrt! Vereinfachungen kann ich nicht erkennen. Im Gegenteil: Selbst wenn ich das Regelwerk auch nur annähernd verstehen könnte (was ich nicht kann), müßte ich eine Menge auswendig lernen, um alle Ausnahmen zu kennen. (Schau doch mal in S. Peils Wörterliste - falls Du das nicht schon getan hast - da wird einiges sehr deutlich.)

Kann Dir vielleicht Dein (neuer) Deutschlehrer erklären, wo der Sinn dieser Neuerungen ist? Laß es uns wissen. Für mich jedenfalls ist diese Reform - soweit ich sie überblicke - nicht einmal mehr "schwach sinnig", sondern nur noch schwachsinnig.


eingetragen von litebloo am 09.08.2001 um 12.10

Grmbl. Sie wissen ganz genau, dass ich nicht "Leid antun" meinte. Nunja, wie auch immer.
Joa, ich verstehe, glaube ich. Trotzdem wurde doch eh schon so ein großer Tei der Reform rückgängig gemacht, oder? Sind da nicht auch Sachen von diesem Augst dabei?
Ach, ab wann kann man denn von Legasthenie sprechen? Ich meine, ich kenn einige Leute, die so gut wie fast keinen Satz richtig schreiben können... -_- Außerdem waren in der 5. und 6. Klasse oder so etwa 5 Leute in so einem Kurs... urgh.

litebloo.
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So sei es.


eingetragen von Christoph Kukulies am 09.08.2001 um 07.50

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Manfred Riebe

Wer hat eine Fernsehsendung mit Augst allein aufgenommen? Falls Augst eine Lese-Rechtschreibschwäche hat, wäre dies ein außerordentlich bemerkenswertes Motiv dieses Antreibers der Rechtschreibreform.


Bei einem Richter würde man so etwas Befangenheit nennen und das Verfahren würde neu aufgerollt.

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Christoph Kukulies


eingetragen von Manfred Riebe am 08.08.2001 um 19.14

Sarah, Du hast ins Schwarze getroffen, weil Du schreibst: "Dieser Augst tut mir Leid! [Schrecklich Leid]"
Auch ich bin dieser Meinung, daß Gerhard Augst allen Kindern und Jugendlichen schreckliches Leid tut und nicht nur Schülern, sondern auch Lehrern und anderen Erwachsenen. Ich glaube nicht, daß die Reformer Kinder- und Jugendfreunde sind, wenn sie bei ihrem Rechtschreibmassenexperiment nur an legasthenische Kinder denken.

Die Behauptung, Gerhard Augst habe im Fernsehen gesagt, er habe eine Lese-Rechtschreib-Schwäche, ist aber bisher nur ein nicht bewiesenes Gerücht, von dem ich aber gern wüßte, ob es den Tatsachen entspricht. Deshalb habe ich die Frage gestellt, ob jemand jene beschriebene Fernsehsendung gesehen und aufgezeichnet hat. Warum?

Natürlich kann ein solchermaßen Behinderter nichts dafür, "dass er ein bisschen neben der Kappe ist...", wie Du schreibst. Gemeint ist damit eine psychosoziale Persönlichkeitsentwicklung, die auch auf eine Kompensation der Rechtschreibschwäche ausgerichtet sein kann. Legasthenie, d.h. Lese-Rechtschreib-Schwäche, gibt es in leichter Form, ohne wesentliche Beeinträchtigung der Schulleistungen manchmal auch unter Lehrern. Es gibt auch mittelgradige, schwere und besonders schwere Ausprägungen dieser Behinderung, wie man den "Anhaltspunkten für die ärztliche Gutachtertätigkeit nach dem Schwerbehindertengesetz" entnehmen kann. Obwohl mir Gerhard Augst auch "Leid tut", könnte ich aber nicht zustimmen, daß man das Lese- und Schreibvermögen auch von nur leicht lese- und rechtschreibschwachen Menschen zum allgemeinen Lern- und Unterrichtsmaßstab macht. Dies schreibe ich als langjähriger Vertrauensmann der Schwerbehinderten, der auch Legastheniker unterrichtet hat. Ein sinnvoller Unterricht wäre nicht möglich, wenn wir das allgemeine Lern- und Unterrichtsniveau an den schwächsten Schülern ausrichten würden. Das schließt eine Rücksichtnahme auf Behinderte im Einzelfall natürlich nicht aus, sondern ein.


eingetragen von litebloo am 08.08.2001 um 16.38

Dieser Augst tut mir Leid! [Schrecklich Leid] Wollen Sie noch sowas über ihn verbreiten? Das ist ungerecht... er kann doch nix dafür, dass er ein bisschen neben der Kappe ist...

Sarah.
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So sei es.


eingetragen von litebloo am 08.08.2001 um 16.33

Upsa. Hab wahrscheinlich an was anderes gedacht beim Schreiben. Ich meinte, er wäre mir sympathisch. Der letzte, von dem die Rede war.
Schüssie,
litebloo.
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So sei es.


eingetragen von Manfred Riebe am 08.08.2001 um 16.00

An Sarah: Du schreibst: "Er ist mir zum sympathisch." Soll das heißen: "Er ist mir zu sympathisch." oder: "Er ist mir unsympathisch"? Ist ein Rechtschreibreformer gemeint?

Jemand schrieb: "Der Vorsitzende der Zwischenstaatlichen Rechtschreibkommission, Prof. Augst, Hochschullehrer an der Gesamthochschule Siegen, hatte sich laut eigener Aussage schon in jungen Jahren aufgrund einer gewissen Lese-Rechtschreibschwäche die Vereinfachung der Rechtschreibung vorgenommen."

Auf meine Frage antwortete man mir, Augst habe dies in einer Fernsehsendung gesagt. Augst sei allein gewesen und habe vom Blatt abgelesen. Im Hintergrund habe man eine Bücherwand sehen können. Wann und in welchem Fernsehsender das war, konnte man mir nicht sagen.

Wer hat eine Fernsehsendung mit Augst allein aufgenommen? Falls Augst eine Lese-Rechtschreibschwäche hat, wäre dies ein außerordentlich bemerkenswertes Motiv dieses Antreibers der Rechtschreibreform.


eingetragen von litebloo am 08.08.2001 um 12.35

Er ist mir zum sympathisch. Danke sehr!
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So sei es.


eingetragen von Theodor Ickler am 07.08.2001 um 14.21

Wolfgang Mentrup ist ein Mitarbeiter des Instituts für Deutsche Sprache, und das ist das Propagandazentrum der Reform. Dort sitzen auch gute Grammatiker, die sehr brauchbare Arbeit leisten, aber leider hat es eben auch zu dieser Reform beigetragen. Mentrup hat viele Jahre lang die Hauptarbeit geleistet, die dann zur Reform führte. Er ist immer sehr für die Kleinschreibung gewesen, hat auch Bücher bei Duden geschrieben. Seine Vorarbeiten sind viel besser als die Reform selbst. Er ist übrigens mit dem Journalsiten Dieter E. Zimmer befreundet, der die "ZEITSchreibung" erfunden hat, eine Reform der Reform, sehr seltsam. (Meinen offenen Brief an diesen findest Du unter den Aufsätzen von der Startseite aus.)
Gerhard Augst ist ein Germanist von der Uni Siegen. Durch seine Ausdauer und seinen Ehrgeiz ist die ganze Reform erst möglich geworden, und darauf ist er sehr stolz. Leider versteht er nicht genug von Grammatik und sehr wenig von Sprachgeschichte. Inhaltlich hat er nicht viel zur Reform beigetragen (Gämse, Stängel, einbläuen und noch ein paar andere Kuriositäten). Aber er hat es verstanden, vielen wichtigen Leuten einzureden, die Reform sei gut für die Kinder.
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Th. Ickler


eingetragen von litebloo am 07.08.2001 um 12.30

Wer genau ist denn dieser Wolfgang Mentrup? Und dieser Augst?
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So sei es.


eingetragen von Theodor Ickler am 06.08.2001 um 16.46

Die Reformer haben hier all die Perlen angehäuft, die sich im Laufe der Jahrzehnte in der Literatur angehäuft hatten, manches stammt von Wolfgang Mentrup. (Das war einmal ein sehr rühriger und auch tüchtiger Reformarbeiter. Er schied aus, als man ihm Augst vor die Nase setzte.)
Es handelt sich um Übergangsphänomene und zum Teil unrealistische Duden-Haarspaltereien. Damit kann man Bauernfängerei betreiben, Unwissenden mächtig imponieren.

Viel harmloser sieht es schon aus, wenn man zum Beispiel mein Rechtschreibwörterbuch dagegenhält. Aber ganz ohne Übergangsphänomene ist Sprachentwicklung naturgemäß nicht möglich. Ob man das als "Widersprüche" bezeichnen soll, ist eine andere Frage. Ich hatte ja seit je auf das Schülerhafte der Reformer und ihrer einfältigen Argumente hingewiesen,. Die Internetseiten der Kommission unter dem Dach des IDS sind ziemlich unwürdig.
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Th. Ickler


eingetragen von Wolfgang Scheuermann am 06.08.2001 um 16.29

Diskussionsbeiträge zur Neuregelung
Wir wollen die gewohnte Schreibung behalten!
Oder?
Haben Sie schon bemerkt, welch reiche Differenzierungsmöglichkeiten uns verloren gehen, wenn die neue Schreibung kommt? Sie will Erleichterungen für die Kinder bringen. Aber Sie haben doch wohl mit den folgenden alten (!) Schreibungen keine Probleme:



Elefant (früher Elephant) Delphin
Kakadu, Emu, Gnu Känguruh
Resümee (früher Résumé) Exposé
Nummer
Summe numerieren
summieren
roh - Roheit
hell - hellicht Ro|heit
hell|licht
Ballettänzer, Ballettheater Balletttruppe
geradebiegen krumm biegen
kurz schneiden kleinschneiden
fertigkochen
fertiggekochtes [Fleisch] [Fleisch] gar kochen
gargekochtes [Fleisch]
rein halten sauberhalten
bestehenbleiben erhalten bleiben
ernst nehmen übelnehmen
jmdn. zufriedenlassen jmdn. zufrieden machen
aufrecht sitzen geradesitzen
bummeln gehen spazierengehen
sich bereit halten etwas bereithalten
(wörtl.) im Bett liegenbleiben
(wörtl.) auf dem Stuhl sitzen bleiben (übertr.) mit seinem Plan baden gehen
(übertr.) in der Schule sitzenbleiben
(wörtl.) das Essen heiß machen
(wörtl.) das Fenster offenlassen (übertr.) jmdm. die Hölle heiß machen
(übertr.) eine Frage offenlassen
Angst haben recht haben
etwas macht mir angst etwas macht mir Sorge
beim Bisherigen bleiben beim alten bleiben
etwas zum besten geben etwas zum Besten wenden
das folgende beachten (= dieses) das Folgende beachten (= das, was folgt)
ein Urteil rechtens fällen das Urteil ist Rechtens
einer Person Herr werden einer Person feind sein
im Großen wie im Kleinen treu sein im großen und im kleinen betreiben
etwas als Ganzes betrachten etwas im ganzen betrachten
Ski fahren lernen
jmd. fährt gerne Ski radfahren lernen
jmd. fährt gerne Rad
jenseits von Gut und Böse sein gut und böse nicht unterscheiden können
auf dem Trockenen sitzen
(wörtl. = auf trockenem Boden)
ins Schwarze (wörtl. = in die Mitte der
Zielscheibe) treffen auf dem trockenen sitzen
(übertr. = in Verlegenheit sein)
ins Schwarze treffen (übertr. = das Richtige
erkennen)
aufs Ganze gehen in die vollen gehen
in bezug auf mit Bezug auf
alles übrige alles Weitere
eine Reise nach unbekannt eine Anklage gegen Unbekannt
[im] folgenden (= unten) [im] Folgenden (= im folgenden Text)
im Nu im nachhinein
die schwarze Liste das Schwarze Brett

der Schwarze Kontinent der blaue Planet
der deutsche Schäferhund der Sibirische Tiger
die Gemeine Stubenfliege die fliegenden Fische
das schwarze Schaf in der Familie jmdn. den Schwarzen Peter zuschieben
das Goldene Zeitalter die jüngere Steinzeit
die eiserne Lunge der Goldene Schnitt
die hohe Jagd die Hohe Schule (des Reitsports)
das Zweite Gesicht das andere Ich
Hard cover
High-riser
Hardware Hard Rock
High-Fidelity
Drama-turgie Chir-urgie
Ab-itur Tran-sit
Melo-die Par-odie
An-ode Ka-thode
Main-au (au = Insel) Norder-ney (ey = Insel)





Wenn Sie der Meinung sind, dass wir auf diesen Reichtum widersprüchlicher Schreibungen nicht verzichten können, dann schimpfen Sie ruhig weiter auf die Rechtschreibreform!

Orthographicus

(zu finden auf der Webseite des IdS, dort auch formatiert)
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Dr. Wolfgang Scheuermann


eingetragen von Theodor Ickler am 24.07.2001 um 13.35

Wie ein Mitglied der Rechtschreibkommission vertraulich mitteilt, wird der dritte Bericht der Kommission besonders umfangreich - über 100 Seiten! Dieser Bericht soll vor allem die Kultusminister beruhigen. Sie sollen den Eindruck gewinnen, mit der Reform habe es - abgesehen von einigen Kinderkrankheiten - im wesentlichen seine Richtigkeit und die Durchsetzung laufe einigermaßen nach Plan. Dies wird durch die gewohnte Mischung von Lügen, Halbwahrheiten und Verschweigungen erreicht. Die Korrekturen werden weiterhin als "Interpretationen" und "Präzisierungen" dargestellt. Es wird betont, daß auch die Schreibung nach den ursprünglichen Regeln gültig bleibt, die Neuerungen werden nur als liberale Ergänzungen angeboten.
Die Auseinandersetzung mit den Kritikern beschränkt sich auf das Aufspießen gelegentlicher "falscher Beispiele" und sonstiger Versehen. Die gute Zusammenarbeit mit Wörterbuchredaktionen und Software-Unternehmen wird hervorgehoben.
Bei der Getrennt- und Zusammenschreibung werden einige weitere Neuschreibungen zurückgenommen bzw. durch frühere Schreibungen ergänzt. Dasselbe gilt für einige volksetymologische Schreibweisen.
An eine Veröffentlichung des Berichts ist nicht gedacht.
__________________
Th. Ickler


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