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eingetragen von Sigmar Salzburg am 28.04.2010 um 09.57

Politiker soll 13-Jährige geheiratet haben
Öffentliche Empörung in Nigeria: Ein Senator soll eine 13-jährige Ägypterin geheiratet haben. Die staatliche Menschenrechtskommission hat eine parlamentarische Untersuchung gefordert. … Außerdem haben nigerianische Frauen- und Menschenrechtsgruppen zu Protesten gegen den Senator aufgerufen, der als Gouverneur einst islamisches Recht in seinem Heimatstaat Zamfara eingeführt hatte, hieß es in dem Bericht weiter.
spiegel.de 28.4.2010

In Europa ist man mancherorts aber auch nicht viel weiter:

Vatikan erlaubt Sex mit Kindern ab zwölf Jahren
Der Vatikanstaat hat in Europa das niedrigste Schutzalter für Kinder. Es liegt bei 12 Jahren, in Deutschland dagegen bei 14 und in der Schweiz bei 16….
welt.de 24.4.2010

In Österreich sieht man lieber weiter:

… Die Grazer FPÖ-Spitzenkandidatin Susanne Winter kämpft mit islamfeindlichen Parolen um Wählerstimmen … . "Er als 50-jähriger hat ein 6-jähriges Mädchen geheiratet, im heutigen System ist dieser Mohammed ein Kinderschänder", sagt Winter. [... und wurde mit 24.000 Euro bestraft.]
tagesschau 14.1.2008

Aischa war sechs, als Mohammed sie geheiratet hat, mit neun wurde die Ehe „vollzogen“. Der Prophet genehmigte gläubigen Männern vier Ehefrauen, sich selbst aber durch eine Sonderoffenbarung „Gottes“ beliebig viele, so daß er es auf neun bis dreizehn Ehefrauen brachte; Sure 33, 50: „Diese Vergünstigung (chalisatan, Akk.) ist nur für dich, nicht für die übrigen Gläubigen“.

Muslim-markt.de (der Gebrüder Özoguz) übersetzt kaum verständlich, aber in Neuschreib: „Lauterkeit für dich unter Ausschluss der Überzeugten“.


eingetragen von Sigmar Salzburg am 22.04.2010 um 06.38

München - Der erste Professor für islamische Religion in Deutschland, Muhammad Sven Kalisch, ist vom muslimischen Glauben abgerückt. Dies bestätigte am Mittwoch ein Sprecher der Universität Münster, wo Kalisch seinen Lehrstuhl innehat. "Es wird derzeit rechtlich geprüft, ob das Konsequenzen hat", sagte der Sprecher. Zu den Gründen habe sich Kalisch, der als Jugendlicher zum Islam konvertiert war, nicht geäußert. Der 44-Jährige hatte ursprünglich an der Ausbildung von Islamlehrern mitwirken sollen. Weil er die Existenz des Propheten Mohammed anzweifelte, rieten islamische Verbände aber vom Studium bei ihm ab. Der Bayreuther Religionswissenschaftler Christoph Bochinger sprach von einer "Katastrophe". Der Schritt nähre den Verdacht unter Muslimen, dass an deutschen Universitäten ein Staats-Islam etabliert werden solle. rpr

.Sueddeutsche.de 22.4.2010

Die grundgesetzlich vorgeschriebene Trennung von Staat und Kirche – jetzt auch für den Islam aufgeweicht – wird von jeher mißachtet. Dies führt dazu, daß Professoren, die den Glauben zu lehren haben, aber von ihm abfallen, anderweitig beschäftigt werden müssen, weil sie unkündbar sind. Die Aufgabe muß dann von Glaubensstärkeren übernommen werden. Auf diese Weise kommt es zu einer wundersamen, kostspieligen Professorenvermehrung.

Bekannt ist der Fall des Göttinger Professors Lüdemann, dem in einem protestantischen Ketzerprozeß von der Kirche die Lehrbefugnis entzogen wurde.
Dagegen wurden dem früheren Hamburger Pastor Schulz nach seiner Entfernung aus dem Dienst zugleich sämtliche bis dahin erworbenen Pensionsansprüche gegen seine Kirche gestrichen.
Es wäre interessant zu beobachten, wie das bei Bischöfen gehandhabt wird – jetzt etwa im Fall Mixa. Die werden skurrilerweise nicht von der Kirche, sondern meist vom Staat bezahlt.


Nachtrag:

Doch einfach die Bezüge von Mixa einzubehalten, wie das die religionspolitische Sprecherin der Grünen, Ulrike Grote, fordert, geht auch nicht. Mixas Gehalt beträgt nach Angaben des ARD-Magazins „Panorama“ 7900 Euro und wird vom Freistaat Bayern bezahlt. „Dazu sind wir verpflichtet, und solange Bischof Mixa im Amt ist, wird sich daran auch nicht ändern“, sagt Ludwig Unger, Pressesprecher des bayerischen Kultusministeriums. Im Konkordat von 1924 sei geregelt, dass hohe kirchliche Würdenträger, darunter Bischöfe und der Erzbischof, vom Staat bezahlt werden.

tagesspiegel.de 22.4.2010


2. Nachtrag


Kulturrevolution in der CDU: Die designierte Sozialministerin von Niedersachsen, Aygül Özkan, hat sich für ein Verbot von Kruzifixen an öffentlichen Schulen ausgesprochen. Im FOCUS-Interview sagte die muslimische CDU-Politikerin: „Christliche Symbole gehören nicht an staatliche Schulen.“ … Ein Kind müsse selbst entscheiden können, wie es sich religiös orientiere. Darum hätten auch Kopftücher „in Klassenzimmern nichts zu suchen“. …
Herbe Kritik an ihrem Kruzifix-Vorstoß gab es insbesondere aus Reihen der CSU. Der Integrationsbeauftragte der CDU/CSU-Bundestagsfraktion und Parlamentarischer Geschäftsführer der CSU-Landesgruppe, Stefan Müller, bezeichnete die Äußerungen der 38-Jährigen zum Kruzifixverbot als „abwegig und erschreckend“

focus.de 24.4.2010

3.Nachtrag

Wulff distanziert sich von Neu-Ministerin Özkan
Die designierte niedersächsische Sozialministerin Aygül Özkan (CDU) löst einen Kruzifix-Streit aus: Christliche Symbole gehörten nicht an staatliche Schulen. Die Muslimin solle sich überlegen, ob sie in der christlichen Partei richtig sei, erwidert ein CSU-Politiker. Auch ihr Mentor Christian Wulff distanziert sich.

Welt.de 25.4.2010
.


eingetragen von Sigmar Salzburg am 15.04.2010 um 19.06

Recherche zur Musik des 20. Jahrhunderts:

Wikipedia erteilt die Auskunft:
Paul Hindemith (* 16. November 1895 in Hanau; † 28. Dezember 1963 in Frankfurt am Main) war ein deutscher Bratschist und bedeutender Komponist der Moderne (Neue Musik).

Das Spiegel-Lexikon behauptet jedoch:

Paul, US-amerikanischer Geiger, Bratschist, Komponist und Dirigent deutscher Herkunft, * 16. 11. 1895 Hanau, † 28. 12. 1963 Frankfurt am Main; …

http://www.spiegel.de/lexikon/54336592.html

Ich erwartete daher von den Spiegel-Schlumpschützen: „Thomas Mann: US-amerikanischer Schriftsteller, deutschsprachig …“ Oder gar: „… tschechischer Schriftsteller …“

Aber da heißt es:

Thomas Mann, *6.6.1875 Lübeck, † 12.8.1955 Kilchberg bei Zürich, Schriftsteller. Einer der bedeutendsten deutschsprachigen Erzähler des 20. Jahrhunderts.

Nur sieben Jahre lebte Hindemith als amerikanischer Staatsbürger in den USA. Als Geiger und Bratschist ist er da nicht mehr aufgetreten. Goebbels hätte seine Freude an der nachträglichen „Ausstoßung aus dem deutschen Volkskörper“.


eingetragen von Sigmar Salzburg am 10.04.2010 um 12.42

Am 10. April 1970 beendete Paul McCartney seine Zusammenarbeit mit John, George und Ringo. Das Ende der Beatles schockierte die Fans, doch der Mythos der Band ist ungebrochen.
… Die Beatles waren nicht nur Protagonisten einer jugendlichen Selbstbestimmung, wie es sie vorher noch nie gegeben hatte, sie hatten auch die Popmusik revolutioniert, was Leonard Bernstein zu dem Ausspruch veranlasste, dass „die Beatles die größten Komponisten seit Mozart“ seien.
…. „Die Beatles waren die Ersten, die sagten: Wir wollen nicht einfach im Studio stehen und unsere Songs singen.’ Sie haben das Aufnahmestudio mit all seinen technischen Möglichkeiten benutzt, ….“
… Astrid Kircherr, die berühmte Beatles-Fotografin. „Das Phänomen ist die Begabung der Beatles insgesamt und ihre immense Ausstrahlung, ihre Persönlichkeit, ihr Humor. Sie haben uns die langen Haare gegeben. Das war Wahnsinn in meiner Jugend, absolut revolutionär. Ich finde es schön, dass man auch heute noch: ’Danke Schön, Beatles‘ sagt, für das, was sie uns gegeben haben.“

focus.de 10.04.2010

Nichts gegen die Beatles, aber Lenny Bernstein hat, wie so oft, übertrieben. Er hat auch behauptet, John Lennon sei der „größte Liederkomponist seit Schubert“. Das mag eher zutreffen, aber Mozart und Schubert konnten dazu, im Gegensatz zu den Beatles, Noten lesen, Sinfonien komponieren, Opern schreiben und eine unübersehbare Zahl von Instrumentalwerken schaffen, die noch heute das Können der Virtuosen herausfordert und die Empfindungen der Menschen anrühren könnte – wenn nicht die allgemeine Musikkultur, in den kultusministeriell gegängelten Schulen beispielsweise, darniederläge.


eingetragen von Detlef Lindenthal am 08.04.2010 um 16.12

Zitat:
Sigmar Salzburg schrieb
Sexuelle Übergriffe an der Odenwaldschule
Ort der Qual und der Gewalt
... Daniel Cohn-Bendit ...

Daniel Cohn-Bendit, heute lauttönender UdESR-Funktionär, war es denn auch, der in seinen eigenen Veröffentlichungen sich brüstete von seinen Übergriffen gegen Kinder.
Das sind sehr traurige Entgleisungen; wer sich an Kindern vergreift, sollte nicht Politiker oder Erzieher sein, und man sollte den englischen Weg gehen: Öffentliche Bekanntmachung der Menschen, die solche Schwierigkeiten haben.
__________________
Detlef Lindenthal


eingetragen von Sigmar Salzburg am 07.04.2010 um 15.35

Sexuelle Übergriffe an der Odenwaldschule

Ort der Qual und der Gewalt

Essen. Daniel Cohn-Bendit und Amelie Fried, Wolfgang Porsche, Joachim Unseld, Abkömmlinge derer von Weizsäckers und sogar Beate Uhse haben auf der Odenwaldschule gelernt. Ihre Schülerliste ist ein „Who is who“ der deutschen Gesellschaft. Wer dieses Internat besucht, lebt für 2220 Euro Schulgeld im Monat in einer „freien Gemeinschaft, in der die verschiedenen Generationen unbefangen miteinander umgehen“, wie die Schulordnung vorgibt.

Doch das Renommee der großen Reformanstalt, die als integrierte Gesamtschule geführt wird, zerstört sich gerade selbst. Der Satz aus der Schulordnung wirkt zweideutig. …

WAZ online 7.4.10


eingetragen von Sigmar Salzburg am 17.03.2010 um 10.54

junge welt 13.3.2010:

Gespräch mit [dem Komponisten] Siegfried Matthus.
Über die Kammeroper Schloß Rheinsberg in ihrem 20. Jahr, über musikalische Bildung heute

Könnte ein vernünftiger Musikunterricht helfen?

Die Crux der ganzen Sache liegt darin, daß wir in der Schule die jungen Leute sehr einseitig ausbilden. Sie machen eine Musik – man muß das einfach mal so sagen – die keine deutschen Wurzeln hat. Jazz und Rock und Popmusik, das kann man den jungen Leuten nicht wegnehmen. Sich dagegen stellen, das hatte man ja mal in der DDR versucht, geht natürlich auch nicht. Man muß wissen, daß das so ist. Und deshalb finde ich es auch nicht richtig, daß die wenige Zeit, die für den Musikunterricht da ist, genutzt wird, nur um Schlagzeug und Gitarre zu lernen. Keiner erzählt ihnen etwas über die Oper, über die großen deutsche Komponisten oder geht mal mit ihnen in ein Konzert oder eine Opernvorstellung. Die künstlerische Bildung ist ausgesprochen einseitig und unzureichend.

Vergangenes Jahr haben wir in der Kirche mit der Kammeroper ein Schumannkonzert gemacht. Balladen von Schumann und Duette. Schauspieler haben aus den Briefen von Clara und Robert Schumann gelesen. Und eine Schauspielerin, ungefähr 30 Jahre alt, – und jetzt kommt das Schlimme – erzählte, daß sie zum ersten Mal etwas von Clara und Robert Schumann gehört hat. Das ist doch entsetzlich. Das zeigt doch das Bildungsniveau unserer jungen Leute. Naja, wer wundert sich da, daß die nicht hingehen, wenn die Philharmoniker eine Schumann-Sinfonie spielen? …

junge welt 13.03.2010


eingetragen von Sigmar Salzburg am 13.02.2010 um 06.53

Nebenprodukt einer Internetsuche

Google findet 1870mal die Nennung „rechtsextreme Verlage“.
Dagegen werden „linksextreme Verlage“ nur einmal genannt, in „Vorwärts“ durch Helmut Lölhöffel, („Hofjournalist“ der SPD). Bei genauem Hinsehen bezeichnet auch diese Nennung nur ein Phantom:


Weiter behauptet Krautkrämer in seiner scheinwissenschaftlichen Ausarbeitung, „mindestens acht der 18 Autoren“ des von der „Süddeutschen Zeitung“ zur Lektüre empfohlenen Buchs „Die Wochenzeitung Junge Freiheit“ (VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden 2007) schrieben für linksextreme Verlage

http://www.vorwaerts.de/nachrichten/unheilvolle-allianz

NB: Lölhöffel war auch eifriger Propagandist der „Rechtschreibreform“.


eingetragen von Sigmar Salzburg am 14.01.2010 um 06.54

14.01.2010, 06:49
Horst Wessel
Vom Pastorensohn zum SA-Schläger
Vor 70 Jahren wurde der SA-Führer Horst Wessel, Verfasser der gleichnamigen Partei-Hymne, angeschossen …
focus.de 14.01.2010


eingetragen von Sigmar Salzburg am 28.11.2009 um 09.53

Wer nicht an das „Wunder des leichteren Schreibens“ glaubt, wird auch sonst eher zum Skeptiker, wenn es um das Schreiben geht:

Dem "Spiegel" gab Houben ein Interview, wonach er 23 Jahre lang alles um ihn herum genau wahrgenommen habe. Seine Worte zweifeln jetzt Neurologen in Deutschland und den USA an.
… Aber schreibt Houben wirklich selber, oder sind es die Worte seiner Assistentin, die auf dem Bildschirm erscheinen?
welt.de 28.11.09

Auch hier spricht ein Skeptiker:

For those who may need further evidence for my contention, the proof can be found at http://tinyurl.com/ye9d9lp -- where it is clearly seen that the “facilitator” is looking directly at the keyboard, while the subject is asleep! There can be no further doubt. This FC claim is simply untrue, a farce, a lie – and the “facilitator” knows it! … Put a stop to this, someone!"
randi.org 25.11.09


eingetragen von Sigmar Salzburg am 26.11.2009 um 12.29

Hessischer Kulturpreis
Kurz vorm Totalschaden

Frankfurter Rundschau 26.11.09


eingetragen von Sigmar Salzburg am 05.10.2009 um 08.01

Dalai Lama: Früher hieß es von chinesischer Seite immer, neben der Angst vor Abspaltung sei vor allem der starke buddhistische Glaube eine Gefahr. Daher auch die Kontrollen der Klöster und die Umerziehungsversuche usw. Jetzt aber versuchen sie zum Beispiel ganz bewusst die Sprache abzuschaffen. Tibetisch ist in Tibet nicht mehr notwendig, haben die ganz offen gesagt! In manchen Gebieten wollen chinesische Behörden das Tibetische auch ganz aus der Schule verbannen. Auch deshalb spreche ich - ob es absichtlich passiert oder nicht - von "kulturellem Völkermord".

http://www.merian.de/reiseziele/artikel/a-652367.html


eingetragen von Sigmar Salzburg am 28.09.2009 um 07.29

Unklare Vorstellungen vom Norden in der Focus-Redaktion,
Überschrift zu einem Video bei Focus online:

Schleswig-Holstein: Platzeck hat die Qual der Wahl

focus.de 28.9.09


eingetragen von Sigmar Salzburg am 18.09.2009 um 10.36

18. September 2009, 11:22 Uhr

"Junge Freiheit" kapert Piratenpartei
Der stellvertretende Vorsitzende hat der rechtslastigen Wochenzeitung "Junge Freiheit" ein Interview gegeben, der Parteichef verteidigt ihn. Für Blogger eine Steilvorlage, sie kritisieren die politische Naivität der Piratenspitze. …
Denn die Berliner Wochenzeitung ist umstritten, der nordrhein-westfälische Verfassungsschutz warf dem rechtsgerichteten Blatt in einem Verfahren 2005 vor, "rassistische, antisemitische und demokratiefeindliche Texte" veröffentlicht zu haben. …
Viele von ihnen wissen nicht, dass sie sich an den rechten Rand begeben und plötzlich in einer Liste mit extremen Rechten genannt werden. So auch Piraten-Vize Andreas Popp, der sich im Nachhinein in seinem Blog bei den Piraten-Anhängern für das Interview entschuldigt hat …

spiegel.de 18.9.09

Ich kenne die JF nicht näher. Mich ärgert aber die Denunziation mit halben Wahrheiten. Die ganze Wahrheit ist nämlich, daß der NRW-Verfassungsschutz (und nur dieser tut sich in dieser Form hervor) keinen Erfolg hatte und ihm die Nennung dieser Zeitung in seinen Berichten untersagt wurde. Das gleiche Recht würde ich übrigens auch der linken „Jungen Welt“ und der Partei „Die Linke“ einräumen, die ja wohl beide immer noch „beobachtet“ werden.

Der NRW-Verfassungsschutz hat 1997 auch die Gegnerschaft einzelner Rechter zur „Rechtschreibreform“ zu unangemessener Wichtigkeit aufgeblasen, um so die ganze Bewegung zu diskreditieren.


eingetragen von Sigmar Salzburg am 02.09.2009 um 14.51

Tatsache ist: Energiesparlampen enthalten das Nervengift Quecksilber. … Geht doch einmal eine Lampe zu Bruch, können laut Angaben des Bundesumweltministeriums je nach Modell maximal 5 Milligramm (bei Neonröhren maximal 10 Milligramm) in die Luft gelangen. Als tödlich wird eine sehr viel höhere Dosis von 150 bis 300 Milligramm angesehen.

focus.de 1.9.09


eingetragen von Sigmar Salzburg am 02.09.2009 um 06.45

Ein Berliner Gericht hat entschieden, dass Eltern ihren Sohn "Djehad" nennen dürfen. Das Kindeswohl sei dadurch nicht gefährdet. Ein Standesbeamter hatte den arabischen Vornamen zuvor abgelehnt, denn "Djehad" bedeutet Heiliger Krieg. …
Bei "Djehad" handele es sich um eine im Arabischen auch als männlicher Vorname gebräuchliche Bezeichnung für die Verpflichtung der Muslimen zum geistigen und gesellschaftlichen Einsatz für die Verbreitung des Glaubens, hieß es zur Begründung. Der Gebrauch des Wortes als Vorname sei daher keineswegs verunglimpfend oder anstößig.
Daran ändere nichts, dass radikale Islamisten in jüngster Zeit den Begriff im Sinne eines bewaffneten Kampfes gegen Ungläubige verwendeten.
spiegel.de 1.9.09

Da hat ein Gericht wieder blind entschieden: In meinem arabischen Lexikon von Hans Wehr von 1952, also nicht aus „jüngster Zeit“, steht eindeutig: „… Heiliger Krieg (gegen die Ungläubigen als religiöse Pflicht).“ Im Langenscheidt von 1976 hat das Wort nur diese Bedeutung.


eingetragen von Sigmar Salzburg am 24.07.2009 um 17.48

24. Juli 2009, 16:49 Uhr

RÜCKBAU DES REAKTORS JÜLICH
Heißer Meiler
Aus Jülich berichten Frank Dohmen und Barbara Schmid
In NRW steht eine der umstrittensten Atomanlagen weltweit: der Versuchsreaktor von Jülich. Erst jetzt beim Abriss der Forschungsruine kommt ans Licht: Der Reaktor wurde über Jahre hinweg mit zu hohen Temperaturen gefahren. Und ist möglicherweise nur knapp einer Katastrophe entgangen….

In spätestens zwei Jahren soll er in ein eigens gebautes Zwischenlager auf dem Gelände des dortigen Forschungszentrums eingeschlossen werden. Damit würde nicht nur einer der kompliziertesten und gefährlichsten Rückbauten einer Atomanlage nach mehr als 15 Jahren zu Ende gehen…."Auf diese spektakuläre Aktion", weiß Rittscher, "schaut die gesamte Welt - und wir haben nur einen einzigen Versuch." Ende 2011, mehr als 20 Jahre nach der Stilllegung des Versuchsreaktors, soll es endgültig so weit sein….

Mehr als eine halbe Milliarde Euro wird der Rückbau des Reaktors bis dahin voraussichtlich gekostet haben - Endlagerung und Reinigung des Bodens nicht eingeschlossen.
Sorgloser Umgang mit einem Problemreaktor
Was erst im Laufe des Rückbaus herauskam: Die Suche und Entwicklung eines eigenen deutschen Reaktors war ein fragwürdiges Experiment,…
Hinter den tonnenschweren Betonwänden auf dem Forschungsgelände soll der Reaktor deshalb 30 bis 60 Jahre lang abklingen. Dann kann er möglicherweise von Robotern zersägt und weiter transportiert werden.
Erschreckender noch ist eine wissenschaftliche Analyse, die nahelegt, dass der Reaktor jahrelang wohl nur knapp an einer gewaltigen Katastrophe vorbeigeschrammt ist…. Selbst eine unkontrollierte Kettenreaktion wie in Tschernobyl wäre möglich gewesen, schreibt Moormann in seinem Bericht. ….
. So geht das Bundesumweltministerium (BMU) seit einigen Wochen der Frage nach, ob Betreiber und Atomaufsicht in Jülich versagt haben. Als am vergangenen Wochenende die Vorabmeldung über einen Bericht des SPIEGEL bekannt wurden, in dem die Problematik des AVR geschildert wurde, reagierte das NRW-Ministerium mit der Erklärung, alles sei sicher und man halte es für "verwunderlich"[,] dass das Bundesumweltministerium Fragen zu einem Vorgang stellt, der "31 Jahre zurück liegt". …
Spiegel onlin 24.7.08

Der vollständige Abriß der Rechtschreib-Reformruine müßte nur einen minimalen Bruchteil der Abrißkosten der fehlgeplanten Kernkraftanlagen kosten.


eingetragen von Sigmar Salzburg am 17.04.2009 um 05.25

Franz Belting 101

Von Sigmar Salzburg
zum 17. April 2009


Franz Belting
Gehägestr. 24e
30655 Hannover-Buchholz


Lieber Herr Belting,

zu Ihrem 101. Geburtstag sende ich Ihnen die herzlichsten Glückwünsche.

Sie werden sich sicher kaum noch an die kleine Ausstellung Ihrer Werke erinnern,
die wir, meine (damalige) Frau und ich, als Betreiber der Galerie „Werkhof Bissendorf“ vor 34 Jahren für Sie ausgerichtet haben. Ihre beiden Bilder, die Sie uns als Dank überlassen haben, nehmen noch heute einen Ehrenplatz auf meinem Klavier ein. Die Abstraktionen in gräulichen Wachsfarben erinnern mich sehr an die Darstellungen in meinem alten Physikbuch, das mir als Neunjährigem mein Großonkel geschenkt hatte. Wer hätte bei unseren Gesprächen in der kleinen Teeküche gedacht, daß wir Sie, damals schon rüstiger Rentner, noch heute unter den Lebenden finden würden. Der Laudator der voraufgegangenen Gesamtausstellung, Prof. Helmut Gressieker, schrieb damals: „… Der Arbeitsstil Beltings, die ungeachtet seiner Jahre spürbare Mobilität, belegen, daß er die Gestaltungsweise der jüngsten Periode … nicht als förmliche Ablösung einer vorausgegangenen und nun abgeschlossenen ansieht….
Das könnte auch für ein ganzes Leben gelten.

In diesem Sinne „ad multos annos“!

Ihr

Sigmar Salzburg

Nachtrag: Franz Belting ist am 26. Juni 2010 im Alter von 102 Jahren gestorben.
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Sigmar Salzburg


eingetragen von Sigmar Salzburg am 11.04.2009 um 18.34

Frohe Ostern
allen Besuchern dieses Forums,

begleitet von einem musikalischen Gruß
aus der Shakespeare-Zeit,
der zum Dialog auffordert:

„Response Pavan“ von Richard Allison.






(Ein „Broken Consort“ aus sechs Instrumenten.
Die verlorengegangene Lautenstimme habe
ich im Stil der Zeit interpoliert – meine Hauptarbeit z.Zt.
Den Synthetikklang bitte ich zu entschuldigen)

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Sigmar Salzburg


eingetragen von Christoph Kukulies am 16.03.2009 um 10.40

Man badet quotengeil im Leid anderer.

Amoklauf in Winnenden: Die wahren "Täter" sitzen in den Redaktionen:

Sankt Gallen (12.03.2009) - Wie schon bei einem anderen Amoklauf an einer Schule in Deutschland ist die Verwunderung gross, wieso gerade so etwas in Deutschland passieren konnte. Man wird dafür erneut keine Antwort finden und am Ende wird der Täter medienwirksam und psychologisch durch Horden von Möchtegern-Experten zum eigentlichen Opfer gemacht oder man schiebt die Schuld auf Computerspiele.

Der komplette Artikel:
http://schweizmagazin.ch/news/336/ARTICLE/7127/2009-03-12.html
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Christoph Kukulies


eingetragen von Sigmar Salzburg am 02.02.2009 um 13.22

Schwuler Bürgermeister verklagt seine Stadt
Er hat einen Mann geheiratet: Mit dieser Begründung verwehrt Heidelberg einem seiner Bürgermeister den Ehegatten-Zuschlag. Nun hat Wolfgang Erichson seine Stadt wegen sexueller Diskriminierung verklagt
http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,604605,00.html

Einstmals sollte der Ehegattenzuschlag der Ehefrau ermöglichen, weniger zu arbeiten und Kinder zu kriegen. Ein Mann ist dazu genauso nutzlos, wie der Heizer auf einer Elektro-Lok, wie er in manchen Ländern von den Gewerkschaften durchgesetzt wurde.

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Sigmar Salzburg


eingetragen von Sigmar Salzburg am 06.10.2008 um 09.16

Im Videotext war die Ankündigung noch zu lesen. Wenige Minuten vorher hatte die Nachrichtenmoderatorin noch auf die folgende Sendung im Ersten, „Titel, Thesen, Temperamente“, hingewiesen und auf die Besprechung des Buches von Michael Grandt „Schwarzbuch Waldorf“. Interessierte Zuschauer warteten vergebens. Es kam – ohne Erklärung – nichts.

Später konnte man auf der Homepage lesen
Thema: Schwarzbuch Waldorf
Aus redaktionellen Gründen kam dieses Thema in der Sendung vom 05. Oktober 2008 nicht vor.

Wie man anderweitig erfahren konnte, war die Auslieferung des Buches, das schon in Zeitungen (ungünstig) rezensiert worden war, durch einstweilige Verfügung gestoppt worden.

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Sigmar Salzburg


eingetragen von Sigmar Salzburg am 16.03.2008 um 09.18

Tibet braucht mehr Unterstützung

von Alan Posener,
Kommentarchef der WELT am SONNTAG

Wäre China ein kleines Land wie – sagen wir – Serbien, es hätte wohl seiner unglücklichen Kolonie Tibet längst die Unabhängigkeit geben müssen. …
Tibet war das erste Opfer des maoistischen Imperialismus. Seit 1913 unabhängig, wurde das Land von Maos Armee 1950 annektiert. Proteste und Aufstände wurden in den folgenden Jahren blutig niedergeschlagen, der Dalai Lama wurde ins Exil getrieben. Peking nennt Tibet eine „autonome Region“, in Wirklichkeit aber betreibt die Kommunistische Partei seit Jahrzehnten eine brutale Politik der Ansiedlung von Chinesen und der Zerstörung der tibetischen Kultur. So etwas nennt man kulturellen Völkermord.
Weil China mächtig ist, wird diese „Einstaatenpolitik“ nicht in Frage gestellt. Dass sie von Leuten akzeptiert wird, die sich der emanzipatorischen Tradition der Sozialdemokratie verpflichtet fühlen, ist besonders perfide. …

WELT.de 15.03.2008

http://debatte.welt.de/kommentare/64453/tibet+braucht+mehr+unterstuetzung?req=RSS

Aus den gleichen Kreisen heraus werden Leute, die im eigenen Lande gegen die Verdrängung der traditionellen Sprach- und Schreibkultur eintreten, als „Hochwohlgeborene“ denunziert. Natürlich ist in Tibet alles unendlich viel schlimmer: Die tibetische Schrift (Abkömmling der indischen Devanagari) wird zunehmend von der chinesischen verdrängt, mit der man Tibetisch überhaupt nicht darstellen kann. Die Sprache, obwohl dem gleichen „sinotibetischen“ Sprachstamm zugerechnet, hat mit dem Chinesischen keine nähere Verwandtschaft. Das Ganze ist Kolonialismus, sogar wider die menschliche Natur: Neugeborene der chinesischen Immigranten müssen oft künstlich beatmet werden, weil sie genetisch nicht für die Hochlandatmosphäre gerüstet sind.

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Sigmar Salzburg


eingetragen von Sigmar Salzburg am 04.03.2008 um 09.48

SPIEGEL special 1/2008 - 26. Februar 2008
http://www.spiegel.de/spiegelspecial/0,1518,537794,00.html

LIEBE, LUST & ROLLENSPIELE

Das gewollte Klischee
Von Rafaela von Bredow
Allein des Sexes wegen findet sich das Weib auf der Venus, der Mann auf dem Mars - ansonsten gleichen sich die Geschlechter frappierend. Dennoch stirbt der Mythos vom großen Unterschied nicht - er zementiert so hübsch die Rollenbilder.


Kommentar: Natur und Evolution werden beherrscht von blinden Naturgesetzen. Sie verwehrten seit der Altsteinzeit weiblichen Einsteins intellektuelle Abwege, wenn dadurch die Brutpflege dauerhaft beeinträchtigt wurde. Wir sind eher Nachkommen von Müttern, die mit einsteinscher Phantasie die Gefährdungen ihrer Kinder erkannt haben, als von solchen, die der gravitativen Krümmung des kosmologischen Raumes auf der Spur waren.

Die Natur weist wie von selbst der Erhaltung der menschlichen Art und damit der Mutterrolle den höheren Rang zu. Erst die technische Zivilisation kann dies in Frage stellen und einen neuen gleichmacherischen „Mythos“ erschwitzen, in dem die bewährte traditionelle Rolle der Frau als niederste Form menschlicher Existenz dargestellt wird. Das hört sich bei der Spiegel-Journalistin so an:

… Forscherinnen besetzen nur 15 Prozent der Professuren und gerade mal 9 Prozent der C4-Stellen - ewiger Old Boys' Club. Währenddessen verwendet daheim die Architektin, die Studienstiftlerin, die habilitierte Biologin ihre Intelligenz darauf, Gluten [Gluteen?] aus dem Babybrei herauszuhalten.

… In die gleiche Richtung gehen, wenn auch um ein Vielfaches provinzieller, Versuche wie der von Eva Herman, ihre Geschlechtsgenossinnen mit dem Biologieargument wieder zurück in den Dauerdienst an der Wiege zu schicken. So erzählt die selbsternannte Expertin, dass eine komplette Hirnregion bei Müttern vergrößert sei. Daher würden sie ihren Babys "mit wachsender Begeisterung" stundenlang Silben vorsprechen: "Sag mal Ma - ma, ma - ma, bis das Kind 'Mama' sagt".

Solche pseudowissenschaftlichen Anekdoten sind umso schwerer zu glauben, wenn man weiß, dass nicht einmal die Schwangerschaft "ausschlaggebend für die Bindung an menschliche Säuglinge ist", wie Melissa Hines erklärt, Neuropsychologin an der University of Cambridge. …


So einfach ist das nun doch nicht:
http://www.wissenschaft.de/wissenschaft/news/288995.html

Jeder, der die Wucht der Wissenschaft ausnutzt, um dem Publikum immer wieder die Stereotype in die Köpfe zu hämmern, trägt dazu bei, dass diese zur selbsterfüllenden Prophezeiung werden. Denn die Klischees verändern die Welt in ihrem Sinne. Wie Viren in Zellen nisten sie sich ein in den Köpfen und veranlassen ihre Opfer dazu, sich dem Stereotyp entsprechend zu verhalten.

… Doch die Erklärung, soziale Prägung dirigiere die Geschlechter, gilt als hoffnungslos gestrig, verstaubter feministischer Ideologie entsprungen.

Naturgegebene, mehr oder weniger unkontrollierbare Schübe von Testosteron müssten es dann auch sein, die Männer in die Rolle von Kriegsverbrechern oder Hooligans zwingen. Die sie - hormongegebenermaßen - gleichzeitig zu potentiellen Physikgenies, Diktatoren oder Meisterköchen befähigen. Und die das "Wickelvolontariat" im Rahmen des Elternjahres als Anschlag wider die Männlichkeit entlarven.

Gern begründen Soziobiologen die Rollenverteilung der Geschlechter mit uralter Steinzeitbiologie. … Der paläolithische Weiberclub dagegen sammelte Wurzeln und kleine, fragile Beeren. So erwarben die Damen das Fingerspitzengefühl, das sie heute noch zum Zwiebelhacken und zum Ostereiermalen mit den Kindern befähigt.


Schöner neuer Emanzissmuss: Der Artikel selbst verwendet umfunktionierte Alltagswörter als „Hassstereotypen“, die virenartig (selbstzerstörerische) Autoimmunreaktionen in den Hirnen junger Frauen hervorrufen sollen:

Babybrei, Dauerdienst an der Wiege, „Wickelvolontariat“, Zwiebelhacken, Ostereiermalen …

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Sigmar Salzburg


eingetragen von Norbert Lindenthal am 09.11.2007 um 20.08

Heise online 09.11.2007 19:22

Scharfe Reaktionen auf Absegnung der Vorratsdatenspeicherung

Bürgerrechtler, Datenschützer und Medienverbände haben die Verabschiedung der Novelle der Telekommunikationsüberwachung und die damit einhergehende Verpflichtung zur Vorratsspeicherung von Telefon- und Internetdaten durch den Bundestag entschieden verurteilt. "SPD, CDU und CSU haben das Vorhaben gegen alle Warnungen und Widerstände durchgepeitscht und nicht einmal die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs abgewartet, die in wenigen Monaten ansteht", moniert der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung. Das Gesetz erwarte nun die mit rund 7.000 Teilnehmern größte Verfassungsbeschwerde, die dem Bundesverfassungsgericht jemals vorgelegt worden sei. Diese werde eingereicht, sobald die Bestimmungen voraussichtlich Ende des Jahres im Bundesgesetzblatt veröffentlicht worden seien.

Entgegen der Einschätzung von Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) zeigen sich die Kritiker optimistisch. "Das Fernmeldegeheimnis wird von den Gerichten wieder hergestellt werden", meint Patrick Breyer von dem Zusammenschluss von Bürgerrechtsorganisationen und Internet-Nutzern. Dagegen sei die Wählbarkeit von SPD, CDU oder CSU für die Generation Internet "endgültig verloren gegangen". Diesmal habe die Koalition noch "auf stur geschaltet", ergänzt der Politikwissenschaftler Ralf Bendrath. "Aber der Protest gegen die Vorratsdatenspeicherung wird sich ausweiten zu einer gesellschaftlichen Bewegung für mehr Freiheit und weniger Angst."

Der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar bemängelte ebenfalls, dass der Bundestag "trotz der von vielen Seiten vorgebrachten erheblichen Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit die generelle und verdachtslose Vorratsdatenspeicherung von Telekommunikationsdaten beschlossen hat". In verschiedener Hinsicht gehe das Gesetz über die Vorgaben der entsprechenden EU-Richtlinie hinaus, insbesondere bei der Verwendung der Daten für weniger schwere Straftaten und ihre Übermittlung an die Nachrichtendienste und Ordnungsbehörden. Im Gegensatz zur Polizei werde diesen sogar "ohne richterliche Prüfung ein Zugriff" auf die Datenberge gestattet. Nicht zuletzt werde die Möglichkeit zur anonymen und unbeobachteten Internetnutzung "künftig nicht mehr gewährleistet".

Besonders bedauert der Datenschützer, dass bei der Neuregelung der Vorgaben zum Abhören der Telekommunikation in der Strafprozessordnung im Rahmen der parlamentarischen Beratungen "keine substanziellen Verbesserungen erreicht wurden". Im Gegenteil habe der Bundestag Änderungen beschlossen, die etwa bei der Anordnungsdauer von Telekommunikationsüberwachungen oder bei den über die Maßnahmen zu erstattenden Berichten die verfahrensrechtlichen Schutzvorkehrungen des Regierungsentwurfs "wieder verwässern". Unzureichend seien auch die Regelungen zum Schutz des Kernbereichs privater Lebensgestaltung. Weiter stößt sich Schaar am "nicht ausreichenden Schutz besonderer Vertrauensverhältnisse".

Das Zwei-Klassen-Recht bei Berufsgeheimnisträgern hat auch Medienverbände erneut zu scharfen Reaktionen veranlasst. Der Schutz der Pressefreiheit bleibe auf der Strecke, heißt es beim Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger (BDZV) und beim Verband Deutscher Zeitschriftenverleger (VDZ). Anders als bei Abgeordneten, Geistlichen und Strafverteidigern, die von der Überwachung ausgenommen werden, solle bei Journalisten nur im Einzelfall eine Verhältnismäßigkeitsprüfung erfolgen. Wie schwach dieser Maßstab sei, habe zuletzt die Beschlagnahmeaktion von Briefen an verschiedene Berliner Zeitungen deutlich gemacht. Kein Informant werde künftig noch reden, wenn seine Telefonnummer, E-Mail-, IP-Adresse und seine Standortdaten ebenso erfasst würden wie auch Zeitpunkt und Dauer des Kontakts. Ähnlich äußerte sich der Deutsche Fachjournalisten-Verband (DFJV).

Sachsen-Anhalts Landesdatenschützer Harald von Bose sagte der Mitteldeutschen Zeitung: Wenn das Kommunikationsverhalten des Bürgers so eklatant berührt und er unter Generalverdacht gestellt werde, müsse man sich fragen, ob nicht auch ein Stück des demokratischen Fundaments durch diese informationelle Fremdbestimmung berührt werde. "Dass diese Entscheidung zum Einschnitt in Freiheitsrechte genau am 9. November als dem Tag des Mauerfalls getroffen wird, ist bitter." Für Claudia Roth und Malte Spitz aus der Bundesspitze der Grünen zeigt der "bewusste Verfassungsbruch", dass Bürgerrechte in der großen Koalition kein schützenswertes Gut sind. Bei der Online-Durchsuchung versuche die SPD noch, "nach außen den Schein der Anständigkeit zu wahren". Doch mit der Zustimmung zur Vorratsdatenspeicherung mache sie sich unglaubwürdig.

Für den Vorsitzenden des Bundes Deutscher Kriminalbeamter (BDK), Klaus Jansen, ist die Vorratsdatenspeicherung eine Ermittlungshilfe, die nur unter gewissen Voraussetzungen eingesetzt wird. Wenn man erkenne, dass ein Verdächtiger etwa häufiger mit einer bestimmten Person Kontakt habe, würden zu dieser Person Hintergrundinformationen eingeholt. "Es hilft uns also zu einer Verdachtsfindung, zu der wir sonst nicht in der Lage wären", sagte Jansen im ZDF-Mittagsmagazin. "Ich glaube, unsere Demokratie ist stark genug, um das aushalten zu können."

Telcos müssen im Rahmen der Massendatenlagerung vom 1. Januar 2008 an Rufnummern, Uhrzeit und Datum der Verbindung, bei Handys auch den Standort zu Beginn des Gesprächs sowie die Gerätenummern erfassen und sechs Monate aufbewahren. Für Internetanbieter gilt eine "Schonfrist" bis Anfang 2009. Danach sind von ihnen die zugewiesene IP-Adresse, Beginn und Ende der Internetnutzung und die Anschlusskennung zu speichern. Von Anbietern von E-Mail-Diensten verlangt der Staat vor allem die Kennungen der elektronischen Postfächer, also die E-Mail-Adressen, und die IP-Adressen von Absender sowie Empfänger nebst Zeitangaben. Wer Internet-Telefonie (VoIP) zur Verfügung stellt, muss die Rufnummern, Zeitpunkte der Kommunikation und ebenfalls die IP-Adressen vorhalten. Deutsche Anbieter von Anonymisierungsdiensten sind ausdrücklich nicht von den Auflagen ausgenommen.

Abrufbar ist inzwischen die genaue Abstimmungsliste (PDF-Datei). Demnach haben neben der Opposition fünf Abgeordnete der CDU/CSU-Fraktion sowie sieben Sozialdemokraten gegen den Entwurf gestimmt. Eine Übersicht bietet die Plattform Abgeordnetenwatch. Der medienpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Jörg Tauss, konnte wegen dringender Verpflichtungen in Baden-Württemberg nicht an der Sitzung teilnehmen. In einer Erklärung bedauerte er die politische Entscheidung der Mehrzahl seiner Genossen. Bei ihm seien "massive Bedenken hinsichtlich der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit einer solchen flächendeckenden Speicherung von Telekommunikationsdaten auf Vorrat" geblieben. Fest stehe, dass die Umsetzung zurückgenommen werden müsse, wenn der EuGH die in Brüssel gewählte Rechtsgrundlage für nichtig erkläre. Er prüfe, ob er rechtliche Schritte gegen den "Dammbruch" im deutschen Datenschutzrecht anstrengen und sich einer Klage vor dem Bundesverfassungsgericht anschließen werde.

Zum aktuellen Stand und der Entwicklung der Debatte um die erweiterte Anti-Terror-Gesetzgebung, die Anti-Terror-Datei sowie die Online-Durchsuchung siehe:

Von Datenschutz und Schäuble-Katalog: Terrorbekämpfung, TK-Überwachung, Online-Durchsuchung

(Stefan Krempl) / (pmz/c't)


eingetragen von Sigmar Salzburg am 29.10.2007 um 15.51

An den kommenden drei Sonntagen bittet Showmaster und Entertainer Hape Kerkeling auf dem Kölner Privatsender Super-RTL jeweils um 20.15 Uhr zum "Großen Deutsch-Test".
Verwirrungen lassen sich durch anhaltende Änderungen der Rechtschreib-Reform nicht ausschließen, da es sich bei den drei ausgestrahlten Shows um Wiederholungen aus den Jahren 2004 bis 2006 handelt.
(http://www.satundkabel.de/)


Gestern abend konnte ich noch die letzten Minuten der Körung der Sieger dieser Duden-Werbeveranstaltung miterleben. Kerkelings auffälliges Embonpoint (lt. Duden veraltetet [seit 96?] für Wohlbeleibtheit) paßte zur geistigen Verfettung des netten Chaos-Kaspers in Reform-Duden-Diensten. Anwesend war auch Ministerpräsident Wulff, der nach einer [dieser?] Veranstaltung zum Tigersprung gegen die „Rechtschreibreform“ angesetzt hatte, bei dem er als Bettvorleger ankam, weil er soviel meuchelnde Mißgunst seiner Kollegen nicht vorausgesehen hatte. Unvermeidlich war auch der handzahme Hellmut Karasek (12 Fehler im Diktat) als Vertreter der „embedded critics“.

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Sigmar Salzburg


eingetragen von Calva Dos am 08.05.2005 um 19.02

Wie hätte H.K. folgende Sätze diktiert und wie hätte Gracia B. geschrieben ?

Selbstgekaufte Tonträger halfen in die Charts.
Selbst gekaufte Tonträger helfen nicht mehr in die Charts.


eingetragen von Calva Dos am 08.05.2005 um 18.33

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Klaus Malorny
Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Calva Dos:
Heinz Rudolf Kunze hat sich beim Diktat an die "alte" Rechtschreibung gehalten. Die "Fehler"-Zahl aufgrund des alten Regelwerks ist mir entfallen, waren es 12 oder 26?
nach meiner Erinnerung 12.


Merkwürdig, daß RTL in einer Pressemeldung (s. Link auf http://www.sprachforschung.org./index.php?show=thorheiten&id=52 ) als Ergebnis 15 nennt.


eingetragen von 1 am 08.05.2005 um 17.23

Heinz-Rudolf Kunze: Nieder mit der Rechtschreibreform!

Der Sänger und Dichter Heinz-Rudolf Kunze nutzte heute abend die RTL-Unterhaltungssendung „Der große Deutschtest“ zu einer politischen Erklärung gegen die Rechtschreibreform. Kunze nahm als Gast an der Sendung teil und schrieb deswegen auch ein Diktat mit. Am Anfang seines Diktatheftes schrieb Kunze: „Achtung: alte Rechtschreibung. Nieder mit der neuen!“ Wenn sein Diktat nach der Rechtschreibreform korrigiert werde, sei dies „schnöde Siegerjustiz“. Sein neues Buch „Artgerechte Haltung“ werde demnächst in klassischer Rechtschreibung erscheinen. Die Schriftsteller Grass, Hanke und Botho Strauß seien in der Frage der Rechtschreibung auf seiner Seite. Moderator Hape Kerkeling verlas die Erklärung Kunzes. Das Publikum im Studio dankte mit langem und heftigem Beifall. Im vergangenen Jahr bewog der RTL-Deutschtest Niedersachsens Ministerpräsidenten Christian Wulff, sich nachdrücklich gegen die Reformschreibung einzusetzen.

geschrieben von pau am 07.05.2005

gefunden bei:
http://deutsche-sprachwelt.de/nachrichten/neues_detail.php?id=252


eingetragen von Klaus Malorny am 08.05.2005 um 15.29

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Calva Dos:
Heinz Rudolf Kunze hat sich beim Diktat an die "alte" Rechtschreibung gehalten. Die "Fehler"-Zahl aufgrund des alten Regelwerks ist mir entfallen, waren es 12 oder 26?
nach meiner Erinnerung 12.
Zitat:
Wie war nochmal der Name von diesem Duden-Experten (irgendwie nach Loriot klingender Doppelname) ?
Scholze-Stubenrecht


eingetragen von Klaus Malorny am 08.05.2005 um 15.19

Liebe Frau Salber-Buchmüller!

Das war Heinz Rudolf Kunze. Er hatte in sein Diktatheft einige Bemerkungen gegen die Reform hineingeschrieben (und auch die Forderung, ihn nach bewährter Rechtschreibung zu korrigieren*), die Hape Kerkeling dann vorlas. Es gab Beifall vom ganzen Publikum. Kunze erläuterte seine Position kurz und erwähnte, daß sein nächstes Buch natürlich in der alten Rechtschreibung herauskäme. Das war der einzige positive Lichtblick der Sendung, den ich gesehen habe -- etwa eine halbe Stunden mittendrin und den Anfang. An diesem Anfang wurde in einer Einspielung das Thema "Rechtschreibreform" thematisiert, allerdings auf einem ziemlich oberflächlichen Niveau. Auch von der letzten Zusammenkunft des Rates für deutsche Rechtschreibung waren Aufnahmen zu sehen, mit der offenbar einzig erwähnenswerten Essenz, daß "Leid tun" nun als "leidtun" wieder kleingeschrieben werden darf** -- von den anderen "Errungenschaften" kein Wort. Bei dem Blick in die Runde war auch Prof. Ickler zu sehen. Eine latent vorherrschende Kritik in der Einspielung wurde nie konkret, aber die Schnittechnik drückte zumindest eines aus: Chaos.

Scholze-Stubenrecht hat die Sendung als Fachidiot begleitet. Ein paar (spaßige) Fragen von Hape Kerkeling dürften ihn etwas gestört haben, so wie etwa, wann denn der nächste Duden herauskäme, mit der Nachfrage, ob das sei, wenn der Duden wieder Geld bräuchte. Als Antwort kam, daß, wenn es danach ginge, dann morgen ein neuer Duden erscheinen würde!! Ich kann mich jetzt leider nicht mehr erinnern, was Kerkeling noch dazwischen gefragt hatte, aber es ging um die Gültigkeitsdauer des Dudens. Scholze-Stubenrecht behauptete, daß der letzte Duden durchaus mehrere Jahre nützlich sei -- welch eine Lüge!

mfg.

Klaus Malorny

* ob es tatsächlich getan wurde, habe ich nicht mitbekommen
** was ja nach unserer Kenntnis nach schon letztes Jahr oder gar früher beschlossen wurde.


eingetragen von Calva Dos am 08.05.2005 um 14.51

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Ruth Salber-Buchmüller
Hat jemand diese Sendung gesehen?
Ich sah und hörte nur gegen Ende, daß ein Herr (Namen?)
klar und deutlich erklärte, daß er nur nach der "alten"
Rechtschreibung schreibe, und er sich damit in bester
Gesellschaft aller Schriftsteller befinde.
Die Reaktion Kerkelings war verwischt - eben, so gut wie keine! Klar, Maulkörbe kennen wir ja.


Ich meide "Test"-Sendungen mit "Promis" und Konsorten, aber diese habe ich mir dann doch angetan, des Themas wegen. Es fehlten aus der verdienten RTL-Garde eigentlich nur noch Axel Schulz und Rudi Carell
Beim Diktat ist mir aufgefallen, daß H.K. deutlich mit Pause "b(B)esorgnis ----- erregend" diktierte und es nachher doch in einem Wort zu schreiben war.

Heinz Rudolf Kunze hat sich beim Diktat an die "alte" Rechtschreibung gehalten. Die "Fehler"-Zahl aufgrund des alten Regelwerks ist mir entfallen, waren es 12 oder 26 ?
Kaum zu glauben, daß das Ergebnis besser war als das des Vorjahres. Und wie kann man in diesen Text 113 Fehler schaffen, wie es wohl einer gebracht hat ?

Wie war nochmal der Name von diesem Duden-Experten (irgendwie nach Loriot klingender Doppelname) ?


eingetragen von Ruth Salber-Buchmüller am 08.05.2005 um 13.49

Hat jemand diese Sendung gesehen?
Ich sah und hörte nur gegen Ende, daß ein Herr (Namen?)
klar und deutlich erklärte, daß er nur nach der "alten"
Rechtschreibung schreibe, und er sich damit in bester
Gesellschaft aller Schriftsteller befinde.
Die Reaktion Kerkelings war verwischt - eben, so gut wie keine! Klar, Maulkörbe kennen wir ja.

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Ruth Salber-Buchmueller


eingetragen von Detlef Lindenthal am 08.05.2005 um 08.12

DLF heute in den 9-Uhr-Nachrichten:
„Mit einer Vielzahl von Gedenkveranstaltungen wird heute europaweit an das Ende des Zweiten Weltkriegs vor sechzig Jahren erinnert.“

Gleich mehrere Lügen in einem Satz. „Europaweit“ stimmt nicht, denn die Russen gedenken bzw. feiern heute nicht, sondern morgen, am 9. Mai. Und „Ende des Zweiten Weltkrieges“?
Die Atombombenabwürfe am 6. und 9. August 1945 auf Hiroschima und Nagasaki waren kein Krieg, vermutlich dann wohl Terrorismusbekämpfung oder peace keeping?
Und die Hungerblockade bis 1948 gegen Deutschland? (Mein Vater wog im Sommer 1945 noch 45 kg). Rheinwiesen? Menschenjagd und Todesurteile? War die Potsdamer Konferenz kein Krieg? (17. Juli bis 2. August; regierungsoffiziell auf http://www.hdg.de/lemo/html/Nachkriegsjahre/DieAlliierteBesatzung/potsdamerKonferenz.html heißt es: „Ebenfalls wird die "Überführung" der in diesen Gebieten wohnenden Deutschen "in ordnungsgemäßer und humaner Weise" beschlossen. Die schon laufende Vertreibung von über 12 Millionen Menschen wird damit legalisiert. Über die Auslegung des Potsdamer Abkommens kommt es in der Folgezeit immer wieder zu Auseinandersetzungen, da es Begriffe enthält, die in Ost und West unterschiedlich interpretiert werden.“) Vertreibung, millionenfache Vergewaltigung, Teilung, Verschleppung nach Sibirien sind kein Krieg?

Ja, die Muster sind die gleichen: Der DLF gehört zu denselben Medien, die in den vergangenen Jahren über die Rechtschreibung berichtet haben.
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Detlef Lindenthal


eingetragen von David am 24.04.2005 um 20.57

Diesbezüglich lohnt es sich, mal hier zu stöbern:


http://cache.ucr.edu/~heraty/yanega.html

http://home.earthlink.net/~misaak/taxonomy.html


eingetragen von Sigmar Salzburg am 24.04.2005 um 20.20

London - Die Benennung einer neu entdeckten Mistkäfer-Art nach US-Präsident George W. Bush sorgt für Streit unter den Zoologen. […]
Wheeler und Miller hatten im März vorgeschlagen, von 65 neu entdeckten Käferarten eine mit dem wissenschaftlichen Namen „Agathidium bushi" zu belegen. Die betreffenden Käfer ernähren sich von Schleimpilzen.
[…] Wheeler räumte gegenüber dem „New Scientist" ein, die Gefahr von Missverständnissen bestehe. „Aber das war nicht meine Absicht." Er habe auch eine Käferart nach seiner Frau benannt. afp(KN 21.4.05)

In der Nazi-Zeit wurde ein brauner, blinder Höhlenkäfer von seinem Entdecker „Anophthalmus hitleri“ genannt, „dem Führer in tiefer Verehrung gewidmet“ (lt. SPIEGEL ?).
Der Großvater eines Schulkameraden, ein Insektenforscher, soll seine Tochter nach einer Spinnenart benannt haben, und mein Großonkel Fritz Mayer, Zeichner von Aquarienfischen, wurde im „Nothobranchius mayeri“ unsterblich.

Man sollte sich auch nicht scheuen, verdiente Schreibreformer zu verewigen, etwa:

Serranus scriba bluemli

Oft sieht man im glasklaren Wasser kleine Lippfischarten wie den in großen Schwärmen auftretenden Meerjunker ,kleine Barsche z.B. Schriftbarsche (übrigens gebraten sehr lecker!) …

P.S. Lesbare Schriftbarsche habe ich noch nicht gesehen, obwohl mir die arabische Schrift, der ihre Zeichnung ähneln soll, an sich geläufig ist.

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Sigmar Salzburg


eingetragen von Ruth Salber-Buchmüller am 11.03.2005 um 10.19

Brief meiner Urgroßmutter aus
dem Jahre 1915. Sie war zu der Zeit 70 Jahre alt,
also im Jahre 1845 geboren. Der Brief ist wie gestochen
geschrieben, ohne einen einzigen Fehler, stets an richtiger
Stelle das "ß", in Sütterlin geschrieben.
Nichts ist verbessert, nichts durchgestrichen.

Man muß sich mal überlegen, welche Schulbildung diese Frau
hatte. Sie lebte in ganz einfachen Verhältnissen in
Solingen ( wahrscheinlich Scherenschleifer der Vater).
Der Brief ist ein einzigartiges Dokument.
Eine Kopie liegt bei Walter Kempowski im Archiv.






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Ruth Salber-Buchmueller


eingetragen von Heinz Erich Stiene am 11.03.2005 um 08.11

Als Begründung für eine Rechtschreibreform ist nahezu gebetsmühlenartig "der Wunsch nach Vereinfachung komplizierter Regeln ... (und) das Ziel, den Zugang zur Schriftkultur zu erleichtern", genannt worden. So stellt es auch Horst Haider Munske im Vorwort seines unlängst erschienenen Buches 'Die angebliche Rechtschreibreform' dar. Ich habe diese Begründung immer für einen fadenscheinigen Vorwand gehalten: Hinter gutmenschlicher Maske sollte das banale Anliegen der Reformer und ihrer Unterstützer verschleiert werden, mit wichtigtuerischem Hokuspokus die eigene Eitelkeit zu befriedigen und ganz nebenbei Geld zu verdienen. Natürlich hat es immer wieder Texte in fehlerhafter Rechtschreibung gegeben – hätte man sie aber deshalb ausgerechnet den halbwissenschaftlichen Didaktikern zum Fraß vorwerfen sollen, jener Zunft, die ihre Moden und Methoden schneller wechselt als andere ihre Unterwäsche? Genährt wurde meine Skepsis obendrein durch Erfahrungen mit Schreibern anderer Sprachen. Ich bekam z.B. Briefe aus England oder Italien, die nicht wenige Rechtschreibfehler enthielten. Schwierigkeiten mit der Orthographie waren und sind weiß Gott also keine Besonderheit des Deutschen.
Hat die normale deutsche Rechtschreibung die Sprachgemeinschaft aber wirklich so brisant vor die behaupteten Probleme gestellt? Gab es überhaupt ein orthographisches Tohuwabohu, das auch nur den Gedanken an eine Reform gerechtfertigt hätte? Mein ohnehin schon kräftiger Unglaube hat in diesen Tagen noch tiefere Wurzeln geschlagen.
Dazu muß ich zunächst kurz ausholen. Als Kind und Jugendlicher habe ich eine Zeitlang Ansichtskarten gesammelt, die ich später zu einer Sammlung vereinigte. Mit Photoecken brachte ich die Karten damals auf weiße DIN-A4-Blätter auf. Nach langen Jahren habe ich die Sammlung jetzt wieder einmal betrachtet und dabei mehrere Karten aus ihren Photoecken herausgenommen und gelesen.
Acht davon hatte einer meiner Onkel (Jahrgang 1931) 1950 und 1951 aus Frankreich und Spanien nach Hause geschickt und sich dabei keineswegs auf die Übermittlung herzlicher Urlaubsgrüße beschränkt. Obwohl der damals ganz junge Mann – fast noch ein Jugendlicher – die Volksschule mit vierzehn Jahren verlassen hatte, weisen die Karten nicht einen einzigen Rechtschreibfehler auf. Gleiches kann ich von den Karten seines vier Jahre älteren Bruders, meines Patenonkels, behaupten, der mir einige Karten von der Weltausstellung in Brüssel 1958 schickte. Der gleiche Schulabschluß und auch hier die gleiche orthographische Souveränität: nicht ein Fehler. Ich könnte noch mehrere mir bekannte Leute anführen, für welche die gleichen Voraussetzungen gelten, will mich aber mit einem Hinweis auf den Großvater meiner Frau beschränken. Der alte Herr ist im November 1910 geboren, hat von 1917 bis 1925 die Volksschule besucht und anschließend, wie damals üblich, ein Handwerk erlernt. Vor ein paar Jahren hat er sich aus Verärgerung noch einmal hingesetzt und einen längeren Brief geschrieben, den ich später zu Gesicht bekam. Auch dieses Schreiben des damals Neunzigjährigen war orthographisch tadellos – bis auf zwei einsame Kommafehler. Und über die durfte man doch wohl hochachtungsvoll hinwegsehen.
Ich weiß, meine Beobachtungen sind nicht repräsentativ. Sie beweisen aber, daß selbst Leute, die nur acht Jahre Volksschule absolviert hatten und dann in eine Lehre gegangen waren, die herkömmliche deutsche Rechtschreibung zu beherrschen wußten. Dafür liegen mir die angeführten und weitere Beispiele vor, die nicht aus der Welt zu disputieren sind. – –
Wechseln wir Zeit und Schauplatz. Im Februar 2005 erhielt ich die E-Mail eines Studenten, eines künftigen Hochschulabsolventen also: "Hallo Herr Docktor, ich möchte sie fragen, wann ..."


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Heinz Erich Stiene


eingetragen von Fritz Koch am 09.03.2005 um 22.42

Die Teilchennatur entspricht den Einzelfestlegungen von Wörterschreibungen, die Wellennatur entspricht den übergeordneten Regeln. Man kann die Rechtschreibung mit jedem von beiden Modellen betrachten, aber wie in der Physik beschreibt keines der beiden Modelle das System vollständig, man braucht beide Modelle, weil sie sich ergänzen.


eingetragen von Fritz Koch am 09.03.2005 um 15.36

ist ein fassungsloser Brillenträger.
Andernfalls trägt er eine Brille mit Fassung.

Wer sich neue Brillengläser einsetzen lassen will, darf nicht davor die Fassung verlieren.


eingetragen von Fritz Koch am 06.03.2005 um 14.05

Ein "würde-voller" Redner "würde glauben, meinen, sagen" usw. Er spricht voller "würde".
Ein "würde-loser" Redner "glaubt, meint, sagt" usw. Er spricht ohne "würde".
.
– geändert durch Fritz Koch am 06.03.2005, 18.42 –


eingetragen von Fritz Koch am 06.03.2005 um 13.02

Der Konkurrenz-Brauser wurde in der Süddeutschen Zeitung vom 4.3.05, Feuilleton, "Feuer frei" sehr gelobt:
"Open-Source-Produkt, offen zugänglicher Code, kann von jedem Programmierer verbessert werden, was im großen Stil geschieht"

Nach meiner Erfahrung ist er bedienungsfreundlicher als Microsofts "Internet Explorer". Wenn man es dem "Manager" erlaubt, wird bei Änderungen der Name und das Paßwort automatisch eingesetzt. (Dann darf man aber niemand anderen an diesen Computer lassen.)


eingetragen von Fritz Koch am 04.03.2005 um 17.43

Die Anhänger der konservativen Rechtschreibung wurden gelegentlich als "Spießer" bezeichnet, in der Absicht, sie herabzuwürdigen.

Laut Süddeutscher Zeitung vom 28.2.05, Feuilleton, "Ehe, Kinder, Bausparvertrag: Die jungen 'Neocons' sind die Antwort auf 50-Jährige, die nicht erwachsen werden wollen"

Auszüge:
"die Realität einer Kulturkonversion.
Gemeint sind damit Teenager und Twens, die entgegen ihrer angestammten Jugend-Klischees (der Rebellion, des Unangepasstseins et cetera) liebend gerne 'konservativ' sein wollen.
Die jungen Deutschen zwischen 18 und 30 Jahren sind eine weitaus ernsthaftere und in konkreten Werten verwurzelte Generation, als viele von uns angenommen haben.
Eine Jugend, deren Weltbild durch eine anhaltende Rezession und ungewisse Zukunftsaussichten schwer erschüttert ist.
Das Spießertum erscheint jungen Leuten auch deshalb so verführerisch, weil es sich so passgenau gegen jene in Stellung bringen lässt, die es einst vehement abschaffen wollten.
All die Erwachsenen, die sich vor allem vor dem Spießertum und dem Erwachsensein fürchten, weshalb sie sich jugendlich 'progressiv' gerieren: also betont unabhängig, unverantwortlich oder in sonstiger Weise unkonventionell.
Womöglich sind es genau diese nervtötend orientierungslosen, sich unablässig selbst beobachtenden Schein-Jugendlichen, welche die biologische Jugend dazu bringen, sich auf die andere Seite zu flüchten: also ins 'Gesetzte' und 'Arrivierte'.
Wenn die 40- und 50-Jährigen die Parties dominieren, dann gehen die 20- und 30-Jährigen nach Hause, um es sich in den verwaisten Ohrensesseln gemütlich zu machen und das Kleingedruckte in den Bausparverträgen zu studien."

Es besteht also berechtigte Hoffnung für die konservative Rechtschreibung. Man muß bei der richtigen Zielgruppe, den Neocons (neoconservatives), für sie werben.
.
– geändert durch Fritz Koch am 05.03.2005, 13.07 –


eingetragen von Fritz Koch am 20.02.2005 um 21.57

Näheres bei http://www.w-asg.de/Aktuelles


eingetragen von Matthias Dräger am 20.02.2005 um 20.05

Wahlbeteiligung in Schleswig-Holstein so gering wie nie zuvor


Kiel (dpa) - Noch nie war in Schleswig-Holstein das Interesse an einer Landtagswahl so gering wie heute. Mit voraussichtlich weniger als 68 Prozent Wahlbeteiligung unterboten die Wähler den bisherigen Tiefststand aus dem Jahr 2000. Damals waren 69,5 Prozent der rund 2,1 Millionen Wahlberechtigten an die Urnen gegangen. Nur noch 1947 war die Beteiligung mit 69,8 Prozent unter die 70-Prozent-Marke gefallen. Den Höchststand erreichte Schleswig-Holstein 1983, als 84,8 Prozent der Wähler zur Landtagswahl gingen.

Hätte Heide Simonis 1998 den Volksentscheid als IHRE persönliche Chance ergriffen, die Rechtschreibreform bundesweit anzuhalten - sie wäre in Schleswig-Holstein zur Legende geworden, jedenfalls diese Wahl wäre noch ein glatter Stich für sie und die SPD gewesen.

Aber (Heide Simonis über Heide Simonis): „Ich mache immer, was ich will. Das ist das Problem.“


Die Aufhebung des Volksentscheides, ja, allein schon die Ankündigung dieser Maßnahme, war das nordische Tschernobyl der deutschen Politik, das noch über Jahre und Jahrzehnte weiter auf die politische Landschaft abstrahlen wird.
Aus der fröhlichen politischen Aufbruchsstimmung, mit themenbzogenen Sonderausgaben zum Thema Direkte Demokratie (wie in "DieZeit"), ist eine Mitnehmer- und Versorger-Gesellschaft geworden, ein Langweiler-Club, in der jeder vor allem vor seiner eigenen Tür kehrt.


eingetragen von glasreiniger am 20.02.2005 um 19.40

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Matthias Dräger
Die Wahlbeteiligung in Schleswig-Holstein lag irgendwo bei 66 Prozent – das ist die geringste Beteiligung in der Gechichte dieses Bundeslandes.

Zum Vergleich: Bei der Bundestagswahl 1998 hatten wir noch eine Wahlbeteiligung von 86 Prozent.



Die korrekte Vergleichszahl muß die der Landtagswahl von 2000 sein. Auch die liegt höher (69,5%), aber nicht so deutlich. Ob man dies mit Verdrossenheit wegen des Volksentscheids erklären kann oder darf, mag jeder für sich selbst überlegen.


eingetragen von Fritz Koch am 20.02.2005 um 18.48

PC, der: Personal Computer;
PC, die: Political Correctness.


eingetragen von Matthias Dräger am 20.02.2005 um 18.39

Die Wahlbeteiligung in Schleswig-Holstein lag irgendwo bei 66 Prozent – das ist die geringste Beteiligung in der Gechichte dieses Bundeslandes.

Zum Vergleich: Bei der Bundestagswahl 1998 hatten wir noch eine Wahlbeteiligung von 86 Prozent.


eingetragen von Fritz Koch am 20.02.2005 um 18.01

wäre es sinnvoller und ehrlicher, die Gültigkeit der reformierten Rechtschreibung als "Einfachschreibung" auf die Grund- und Hauptschulen (und Förderschulen) zu beschränken. Bekanntlich ist an Realschulen und Gymnasien Unterforderung und gar Bremsung pädagogisch viel schlimmer. Diese Schüler merken doch, daß die Einfachschreibung unzureichend ist, um sich genau auszudrücken. Ein "Hightec"-Land braucht auch eine "Hightec"-Schriftsprache. Mittelmäßigkeit liefern andere Länder billiger.


eingetragen von Ursula Morin am 20.02.2005 um 17.37

Ich denke, gemeint war das schon so - nämlich daß die Hauptschüler nun in puncto Rechtschreibung das Sagen haben. Aber sagen darf man das nicht, das wäre nicht politisch korrekt, denke ich.

Dann könnte man natürlich mal eine Diskussion darüber führen, ob es besser ist, die Herrschaft des sogenannten Bildungsbürgertums durch die Tyrannei der Schreibschwachen zu ersetzen, und wohin das möglicherweise führt ...
Ebenso interessant wäre eine Diskussion darüber, ob es schlimmer ist, etwas nicht zu können, oder etwas zu können, aber es nicht zu dürfen.

Aber das wäre nun im Sinne der politischen Korrektheit wirklich nicht angesagt.


eingetragen von Fritz Koch am 20.02.2005 um 17.15

zu sagen, die reformierte Rechtschreibung sei extra und nur für die Hauptschüler gemacht worden, damit die endlich weniger Fehler machen?


eingetragen von Fritz Koch am 20.02.2005 um 10.02

Eine CSU-Abgeordnete zu einer Grünen-Abgeordneten:
"Ich bin ja Ihrer Meinung, aber ich darf Ihnen natürlich nicht zustimmen."

(Barbara Rütting, bayerische Landtagsabgeordnete der Grünen, gefunden in der Südd. Zeitg. v. 19./20.2.05, Bayern)


eingetragen von Fritz Koch am 07.02.2005 um 11.20

("ich würde meinen", "ich würde sagen"), keine Konjunktivitis ist? Denn das ist eine Bindehautentzündung, Entzündung der Konjunktiva, der Bindehaut.

Aber die Angewohnheit, im Irrealis zu reden ("ich wär' jetzt da"), ist eine Irrealitis.


eingetragen von PL am 06.02.2005 um 09.48

Am 19. Januar 2005 machte ich eine Bekannte von mir (eine Deutsche) auf dieses Forum aufmerksam und erhielt von ihr die folgende Antwort:

„Alle Mann Achtung vor der hohen Rechtschreibung !

Alle Mann kehrt um, vor der hohen Rechtschreibung !


Gruss
F.“

Zeichengetreu wiedergegeben von

Peter Lüber
(Depprimierter)


eingetragen von Fritz Koch am 05.02.2005 um 09.15

Südd. Zeitg. v. 5./6.2.05, Panorama, Slowake nimmt Urlaub für Haft in Deutschland:
Weiden/Hof (dpa) - Statt 450 Euro Geldbuße für einen Verstoß gegen das Versammlungsgesetz zu zahlen, ist ein Slowake per Anhalter zur ersatzweisen Haft nach Bayern gereist. Polizisten kontrollierten den Mann an der Autobahn bei Weiden. Der 25-jährige sagte, er habe für die vierwöchige Haft im Hofer Gefängnis unbezahlten Urlaub genommen. Er sitze lieber ein, als zu zahlen. In deutschen Gefängnissen herrsche eine angenehme Atmosphäre und er könne sein Deutsch verbessern. Die Beamten brachten den Mann im Dienstwagen ans Ziel.


eingetragen von Wolfgang Scheuermann am 04.02.2005 um 08.06

... sehr geehrter Herr Isleif,
deshalb nur ganz kurz: Ich dachte, ich hätte gerade Gegensätzlichkeiten herausgestellt - einerseits zwischen der geliehenen Autorität von Augst und der gewachsenen von Ickler und andererseits zwischen dem Erwerb von Autorität durch Lernen von Ingenieurwissen und durch Dienst an einer höheren Sache.

In Wirklichkeit ist alles natürlich vielschichtiger und man kann das auch viel feinsinniger ausführen - wie mir auch der zitierte Film (incl. der Rolle von H. Krüger) etwas gebrochener in Erinnerung ist als offenbar Ihnen - aber (s.o.) man soll das alles nie zu weit treiben.
__________________
Dr. Wolfgang Scheuermann


eingetragen von Karl-Heinz Isleif am 04.02.2005 um 01.07

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Wolfgang Scheuermann
In dem bekannten (und aus vielerlei Gründen auch bemerkenswerten) Film »Der Flug des Phoenix« f


Lieber Herr Scheuermann,

was die Autorität von Herrn Ickler betrifft, so stimmt Ihnen jeder zu.

Der Film jedoch, der Ihnen als Aufhänger für Ihre Ausführungen dient, porträtiert einen 'typischen' Deutschen: gescheit bis genial, aber charakterlich ein Schwein. Er trinkt in der Wüste den anderen das letzte Wasser weg und begründet das mit der überlegenen Rolle, die er in der Situation spiele. Ich habe den Film nur während meiner Zeit in Amerika gesehen, darum weiß ich nicht, ob diese Botschaft in der deutschen Fassung ankommt. Aber wenn ich jemanden loben wollte, würde ich mich auf die Person, die H. Krüger dort darstellt, nicht berufen.

Freundlichst
Karl-Heinz Isleif


eingetragen von PL am 04.02.2005 um 00.03

Wenn Anonymus „margel“ Herrn Scheuermann „auch im Namen [!] aller anderen [?] seriösen Diskutanten“ dankt, dann klingt dies in meinen Ohren wie Hohn; zumal ich unter Seriosität Vertrauenswürdigkeit, d.h. Offenheit, Ehrlichkeit und Wahrhaftigkeit verstehe.

Soll „margel“ doch endlich Herrn Isleif antworten und Ort und Namen nennen!

Von Herrn Koch erwarte ich noch immer eine ausführliche Erklärung seines Satzes, der lautet: „Natürlich haben Diskussionen um Wortbedeutungen nur sehr wenig (oder gar nichts) mit Rechtschreibung zu tun. (Aber Spaß macht es schon.)“

Peter Lüber


eingetragen von PL am 03.02.2005 um 19.02

Im Bewußtsein, erneut etwas in die „Es gehört nicht hierher, aber dennoch…“ betitelte Rubrik einzutragen, schreibe ich diese Zeilen.

Wenn es hier allein um Orthographie geht, weshalb dann werden hier Wörter wie „Humankapital“, „Luftverschmutzer“ oder Ausdrücke wie „bedeutender Politiker“ überhaupt zur Sprache gebracht? – Bekämpfen wir nicht gemeinsam, einjeder mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln und gemäß seiner Weltanschauung, die unsägliche, peinliche (beim Lesen Grindweh verursachende) „Rechtschreibreform“?

Peter Lüber


eingetragen von 1 am 03.02.2005 um 15.49


Wolfgang Scheuermann schrieb:
Ich denke nicht, daß finstere Mächte diesen Beitrag gezielt "ins Hinterzimmer" verfrachtet haben; da ist irgendeine Voreinstellung am Werk, die irgendwem irgendwann aus irgendwelchen Gründen als sinnvoll erschien.
Im Skript http://rechtschreibreform.de/php/neueste_Eintraege_mit_Technik.php wird dieser Faden gebracht. Aus dem Skript http://rechtschreibreform.de/php neueste_Eintraege.php wurde dieser Faden verbannt, nachdem sich mehrere Foristen eine ziemlich unorthographische Debatte über den (Nicht-)Politiker A.H. geliefert hatten.
Dies Wegschalten hatte margel sogleich ausdrücklich begrüßt:

Prima! ... was sollen auch die Leute denken, die hier vorbeischauen und sich in Rechtschreibreformfragen unterrichten wollen? Ich bin sehr dafür, ab sofort nur wieder einschlägige Beiträge in die neuesten Nachrichten einzustellen.
Später dann schrieb margel:

(Ist es nicht bezeichnend für den Zustand dieses einstmals durchaus bedeutenden Forums, daß Ihr Beitrag in irgendein Hinterzimmer verbannt wird, während auf der Hauptseite irgendein Desperado ungebremst Amok laufen darf?) -
Herrn Dr. Scheuermanns Beitrag steht in diesem Faden, weil Herr Dr. Scheuermann ihn hier hereingestellt hat.

Nachdem die A.H.-Erörterung weiter nach unten gerutscht ist, stelle ich diesen Faden im Skript "neueste_Eintraege.php" wieder an.


eingetragen von Wolfgang Scheuermann am 03.02.2005 um 15.29

an margel (und an Herrn Koch der, soweit ich es richtig sehe, meinen Beitrag im wesentlichen etwas verkürzt paraphrasiert hat - habe ich das richtig verstanden?).

Ich denke nicht, daß finstere Mächte diesen Beitrag gezielt "ins Hinterzimmer" verfrachtet haben; da ist irgendeine Voreinstellung am Werk, die irgendwem irgendwann aus irgendwelchen Gründen als sinnvoll erschien.

Zu Herrn Isleifs Frage (und zu margels Kritik zur Entwicklung dieses Forums) nur soviel:

Es gibt m.E. eine ganze Reihe von Entwicklungen, die in Sachen Rechtschreibreform im Gange sind (oder in Gang gesetzt werden könnten). Wenn ich das richtig wahrnehme, ist die Entwicklung hin zum "Heyse-s" gestoppt. (Ich sehe - möglicherweise selektiv - jedenfalls wieder mehr "richtige" Eszett - z.B. gab es gerade in einem 16seitigen Werbeprospekt eines überregionalen Computer-/Elektronikhändlers weit mehr Geräte mit Anschluß als mit Anschluss. Und die hiesige Brauerei hat ein neues Bier auf den Markt gebracht, das offenbar nur "vom Faß" zu bekommen ist, etc.)
Dazu könnte positiv beigetragen haben, daß nur noch eine am Sonntag erscheinende Tageszeitung von (zumindest etwas) überregionaler Bedeutung in der neuen Schlechtschreibung erscheint - der Berliner Tagesspiegel.

Daß Süddeutsche und Spiegel sich bislang als wortbrüchig erweisen, könnte (und müßte) ihnen ständig vorgehalten werden.

Wenn hier über längere Zeit mit unterschiedlich temperierten Nadeln hantiert wird (u. dergl.), so ist dies sicher kurzfristig unterhaltsam, aber es bringt diese positiven Entwicklungen nicht voran.

Dazu abschließend ein Beispiel: Es ist eine m.E. auffällige Koinzidenz, daß Amok, von hinten gelesen, sich in ein Koma verkehrt. Das kennzeichnet ein wenig den Eindruck, den das Forum derzeit auf einen Besucher machen könnte: es geht nicht voran!
(Mehr gibt dieses Amok-Koma-Beispiel aber wirklich nicht her!)

__________________
Dr. Wolfgang Scheuermann


eingetragen von Karl-Heinz Isleif am 03.02.2005 um 14.20

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von margel
(Ist es nicht bezeichnend für den Zustand dieses einstmals durchaus bedeutenden Forums, daß Ihr Beitrag in irgendein Hinterzimmer verbannt wird, während auf der Hauptseite irgendein Desperado ungebremst Amok laufen darf?)

Liebe Frau Margel,
bitte helfen Sie mir: Welches ist die Hauptseite, wer ist der Desperado und wer läuft Amok?

Dankeschön im voraus

Karl-Heinz Isleif


eingetragen von margel am 03.02.2005 um 12.49

Sehr geehrter Herr Scheuermann, für Ihre tiefgründigen, ich möchte sagen: seelenvollen, Betrachtungen über den Dienst an der Sprache danke ich Ihnen herzlich. Ich denke, auch im Namen aller anderen seriösen Diskutanten. (Ist es nicht bezeichnend für den Zustand dieses einstmals durchaus bedeutenden Forums, daß Ihr Beitrag in irgendein Hinterzimmer verbannt wird, während auf der Hauptseite irgendein Desperado ungebremst Amok laufen darf?) - Ich erlaube mir, eine chinesische Fabel anzuführen. Ein Mann klopft an die Tür der Geliebten. "Wer ist da?" "Ich." "Hier ist nicht Platz für uns beide." - Ein Jahr später. "Wer ist da?" "Du bist es." "Komm herein." Mit freundlichen Grüßen


eingetragen von Fritz Koch am 03.02.2005 um 12.14

"Autorität" ...
in der Kenntnis der Sprache,
im Umgang mit der Sprache,
in der Beobachtung der Sprache,
in Fragen der Grammatik,
in schwierigen sprachlichen Fällen,
in Stilfragen,
...?

"Die Sprache gestalten" im ingenieurmäßigen Sinne gibt es nicht.
Auch Schriftsteller können nur kreative Vorschläge machen.
Ob sie sich durchsetzen, entscheidet die Gemeinschaft der Sprachbenutzer.
Vieles, was in älteren Sprachlehrbücher als Fehler oder Umgangssprache gekennzeichnet ist, ist heute üblicher Sprachgebrauch, weil es sich durchgesetzt hat.
Insoweit ist die Sprache ein lebender Organismus, an dem alle Nutzer mitarbeiten.
Die Sprachbenutzer entwickeln die Sprache weiter, nicht "Autoritäten" oder gar der Staat. "Autoritäten" können höchstens Werturteile abgeben, aber ob die Sprachbenutzer darauf hören, haben sie nicht im Griff.


eingetragen von Wolfgang Scheuermann am 03.02.2005 um 10.47

In dem bekannten (und aus vielerlei Gründen auch bemerkenswerten) Film »Der Flug des Phoenix« fragt Hardy Krüger an einer entscheidenden Stelle: »Wer hat hier die Autorität?« Klar ist: Er hat die Autorität, und zwar aufgrund seiner fachlichen Kompetenz als Flugzeug-Konstrukteur (wenn auch von Modellflugzeugen).

Wie gewinnt man eine vergleichbare Autorität in Sachen Sprache?

Kann man das in ähnlicher Weise erlernen, in einer Art »Sprach-Konstruktionslehre«? Und dann hat man »die Autorität«?

Aus den Diskussionen um die Rechtschreibreform kann man einiges zu dieser Frage lernen.

Professor Augst hätte diese Autoriät gern gehabt, aber er hatte sie nie. So hat er sich mit Geschick die Regelungsgewalt des Staates zunutze gemacht: unter diesem Schild konnte er sogar prägend* auf die Sprache einwirken. (Hätte er ein mehr als nur rudimentär entwickeltes Gespür für solche Dinge, müßte ihm das in höchsten Maße peinlich und beschämend sein; es scheint ihn aber eher mit einem Triumphgefühl zu erfüllen).

Professor Ickler hat diese Autorität, aber warum? Hat er in seiner eigenen Ausbildung im Fach Sprachkonstruktionslehre einfach besser aufgepaßt als Augst? Das ist es sicher nicht. Diese Autorität erwirbt man nicht durch eifriges Studium. Man kann sie auch nicht kaufen. Sie wird einem verliehen. Und zwar von der Sprache selbst. Das mag vielen verschroben klingen, aber ich bin sicher, es ist nahe an der Wahrheit. Versucht man einmal, diesen Gedanken nicht gleich zu verwerfen, sondern ihm ein bißchen zu folgen – wie sollte »die Sprache« dies tun: Autorität verleihen? Und wieso?

Was wäre denn dafür die Voraussetzung? Die Sprache ist da sehr eigensinnig und verleiht diese Autorität nur dem, der sich ihr zuvor unterwirft**. Intelligenz, die Fähigkeit zum folgerichtigen Denken, Kenntnisreichtum, Neugierde und eine bestimmte*** Empfindsamkeit sind hilfreiche Dreingaben, aber entscheidend ist die a priori dienende Haltung. Dafür erhält man die Autorität als Kredit; wenn die anderen genannten Faktoren und eine gewisse*** Dauerhaftigkeit dazukommen, wird der Kreditrahmen erweitert. Wenn man sich weiter an die Grundregeln hält, wird diese Autorität mehr und mehr kennzeichnend für eine Person (und wird von manchen dann als »päpstlich« kritisiert****).
Während der Flugzeugkonstrukteur Hardy Krüger »die« Autorität hat, weil er die Natur ein Stück weit zu beherrschen gelernt hat, ist der Germanist Theodor Ickler Autorität in sprachlichen Dingen, weil er sich gerade nicht zum Herrn über die Sprache aufgeschwungen hat.

* Sprachprägend sind alle, die an der Entwicklung der Sprache teilhaben, in besonderer Weise aber die Dichter und Schriftsteller, die den Sprachraum durch ihre Kunst zu erweitern vermögen. Ein Germanist, der implizit sprachprägend wirken möchte, hat dagegen recht eigentlich seinen Beruf verfehlt.

** Ganz analog hat schon Sir Francis Bacon, der die experimentelle Methode in die Wissenschaft eingeführt hat – was ihm bis heute andauernde, z.T. prominente Kritik eingebracht hat – geschrieben: »Nature to be commanded must be obeyed« [Eine Beherrschung der Natur setzt voraus, daß man ihr gehorcht]. Da Sprache ein natürlicher Prozeß ist, ist diese Analogie nicht notwendig überraschend.

*** Das Deutsche widersetzt sich dem Gebrauch solcher Vokabeln nicht, bei denen unüberhörbar das Gegenteil von dem mitschwingt, was sie eigentlich bedeuten.

**** was weder dem Papst noch Ickler gerecht wird

__________________
Dr. Wolfgang Scheuermann


eingetragen von PL am 31.01.2005 um 23.40

Lieber Herr Fleischhauer

Ich habe vieles von Ihnen gelesen in diesem Forum und viel von Ihnen gelernt. Ihren Rat, höflich darum zu bitten, daß man mich sperren möge (um Himmels willen, wie sähe ich dann aus!) befolge ich nicht. Ich heiße nicht M I C H E L I N. Ihnen aber rate ich, da man Sie offensichtlich nicht gesperrt hat, hier weiter zu schreiben und Ihre profunden Kenntnisse der deutschen Sprache niederzulegen, damit sie jeder Interessierte zu seinem Nutzen aufnehmen kann.

Ihr Wort, das lautet, „machen Sie es so wie ich“, gebe ich Ihnen hiermit zurück.

In Erwartung Ihrer Entgegnung grüße ich Sie herzlich

Peter Lüber


eingetragen von PL am 31.01.2005 um 22.44

Lieber Herr Isleif

Vielen Dank für Ihre Aufmunterung. Wie Sie sehen, habe ich wieder einen Beitrag in dieses Forum gestellt. Ihr ehemaliger Lehrer Professor Theodor Ickler hat gesagt, daß sein Wörterbuch nicht mit dem Duden konkurrieren soll. Das finde ich sehr schade. Denn was wir alle dringend brauchen, ist „der Ickler“ (dies finden a l l e meiner Bekannten, denen, wie mir, selbst der alte Duden inzwischen zum Ekel geworden ist). Ich hoffe – nicht untätig – auf den Tag, wo alle neuen Duden Makulatur werden und grüße Sie freundlich.

Peter Lüber


eingetragen von PL am 31.01.2005 um 20.55

„Natürlich haben Diskussionen um Wortbedeutungen nur sehr wenig (oder gar nichts) mit Rechtschreibung zu tun. (Aber Spaß macht es schon.)“ Dies sagt Herr Fritz Koch (siehe heute unter „Beispielsammlung über Sinn und Unsinn“).

Nützlich machen wollte ich mich in diesem Forum, „bierernst“, aber anscheinend umsonst.

Ist es wahr, was Herr Koch schreibt? Ist es wirklich wahr? Wenn ja, dann könnte ein Befürworter der bewährten Rechtschreibung ein sogenannter oder so genannter sein. Oder habe ich hier überhaupt nichts gelernt?

Peter Lüber


eingetragen von Stephan Fleischhauer am 30.01.2005 um 15.09

Lieber Herr Lüber,

machen Sie es so wie ich! Ich habe vor ein paar Monaten auch ganz höflich darum gebeten, daß man mich sperren möge. Klappt bestens und - natürlich - "nachhaltig"! Die Sperrung (auf dem Nachrichtenbrett) ist bis heute nicht aufgehoben worden.

Grüezi!


eingetragen von margel am 30.01.2005 um 08.48

Der eine oder andere in diesem Forum, der so freundlich war, meinen bescheidenen Beiträgen über die Jahre seine geschätzte Aufmerksamkeit zu schenken, wird mir vielleicht eine gewisse Sprachmächtigkeit nicht gänzlich absprechen wollen. So war mir natürlich auch bei der Anführung des bewußten Zeitungszitats die Mehrdeutigkeit von "bedeutend" (Goethe!) keinen Moment unklar. Wenn es mir gelungen ist, in provokativer Absicht einen kleinen semantischen Tsunami hervorzurufen, so ist das ja auch ein Erfolg, der die paar Schlammspritzer, die ich abwischen mußte, mehr als aufwiegt. Was da an den Strand gespült wurde, war nicht alles aufsammelnswert. Tote gab´s zum Glück nicht, aber manchem wurde sein Hüttchen baufällig. Wie andere standen im bloßen Hemde da. - Daß Hitler nicht, wie z.B. Napoleon zu den Großen der Weltgeschichte gerechnet wird (wie wir alle hoffen: Nie!), liegt vielleicht daran, daß er keine große Persönlichkeit war. Man verdammt ihn ja weniger wegen seiner Eroberungskriege, sondern weil uns in ihm, wie auch bei Stalin, die nackte Fratze der reinen Mordlust entgegenblickt. Massenmörder würde man die großen Kriegstreiber der Geschichte wohl nicht nennen.
– geändert durch margel am 30.01.2005, 22.02 –


eingetragen von 1 am 30.01.2005 um 08.41

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Peter Lüber
... Friedhofsfrieden dieses Forums ...
Lieber Herr Lüber,

solange Sie beleidigen, befasse ich persönlich mich nicht mit möglicherweise in Ihrem Beitrag vorhandenen Sachargumenten. Dementgegen ist es mein Vorschlag, daß Sie Ihre Formulierungsschärfe auf Sachfragen niedersausen lassen und nicht auf Ihre Forumskollegen. Wenn es Ihnen darum geht, des Forums verwiesen zu werden, dann können Sie das doch freundlich sagen; wir schließen Ihren Forumzugang, und keiner braucht mehr vor dem anderen zusammenzuzucken. Also, wie gesagt, bitte wenden Sie doch etwas mehr Trennschärfe auf; denn das können Sie.

Gruß,
Walter Wittkopp


eingetragen von Theodor Ickler am 30.01.2005 um 05.12

Wie gesagt, es geht eigentlich um die Wortbedeutungen. Ich habe - entgegen der Einlassung eines Diskutanten - hier noch niemanden entdecken können, der Hitler etwas Positives abzugewinnen versucht hätte. Der unverdächtige Sebastian Haffner (übrigens auch ein Pseudonym - manchmal gibt es eben Gründe) hat ja in seinen "Anmerkungen" versucht, das Ineinander von Verbrechertum und "Erfolg" darzustellen und sich damit auch schon Kritik eingehandelt. Es geht also darum, daß das Wort "bedeutend" tatsächlich mal im Sinne von "einflußreich, wirkungsmächtig, relevant", andererseits im Sinne von "historischer Größe" verstanden wird. Man sollte es also lieber vermeiden, wenn es in dieser trivialen Weise mißverstanden werden kann, zumal das eigentlich Gemeinte ja unschwer mit vielen anderen Ausdrücken gesagt werden kann.
Was Hitler betrifft, so ist der Fall viel uninteressanter als jene, die nicht diese beinahe einhellige Verurteilung erfahren. Alexander d. Gr., Napoleon usw. - wie steht es denn mit diesen? Beinahe ungebrochene Verehrung durch die ganze Weltgeschichte (Panthéon!), trotz ungeheurer größenwahnsinniger Menschenschinderei und Millionen Toten. Nur wenige skeptische Historiker wie Burckhardt äußern sich nachdenklicher.
In der Probefassung meines Wörterbuchs firmiert Hitler (Golo Manns "H.") übrigens als "österreichischer Politiker"; ich war gerade in der früheren Braunschweiger Amtsstube gewesen, in der er Deutscher wurde.
Was ich eigentlich wissen möchte: wie ist mit den gewünschten Prädikaten in einem Wörterbuch umzugehen? Wie anderswo schon diskutiert, haben mir Kritiker ja vorgeworfen, daß ich Goebbels usw. überhaupt aufgenommen habe. Meine Antwort war und ist: die allerorten verlangte Auseinandersetzung mit der Vergangenheit kann doch nicht damit beginnen, daß man die Namen der Verbrecher nicht mehr richtig schreibt.
__________________
Th. Ickler


eingetragen von PL am 30.01.2005 um 03.33

An „margel“:

Als Schweizer anerbiete ich Ihnen einen Kompromiß: Ihrer Meinung nach war Adolf Hitler ein bedeutender Politiker. Ich sage: Viele hielten ihn für einen solchen.

Peter Lüber


eingetragen von PL am 30.01.2005 um 03.16

Lieber Herr Wittkopp

Ihre Ermahnung nehme ich ernst. Ich bitte Sie hiermit um Verzeihung dafür, daß ich den Friedhofsfrieden dieses Forums gestört und gemeinsam Betende in ihrer Andacht gestört habe.

Daß Sie meine Beiträge nicht zensuriert haben, rechne ich Ihnen hoch an – nach meinen Erfahrungen im Forum namens „Klartext“; und dafür, daß Sie mich hier erneut willkommen heißen, danke ich Ihnen herzlich.

Ich werde mich künftig darum bemühen, auch dann sachlich zu bleiben, wenn andere mich, statt das, was ich sage, ironisch kommentieren.

Peter Lüber


eingetragen von Karl-Heinz Isleif am 30.01.2005 um 01.00

Zitat:

Wie auch immer, nach Ihrer bereits erwähnten Rückkunft am 25.1. heiße ich Sie hiermit wieder willkommen

Lieber Herr Lüber,

das Angebot würde ich annehmen. Auseinanderliegende Meinungen tun einem Forum gut, sonst wird’s allzu inzestuös. Internetforen und auch die Rechtschreibung sind indessen keinen Herzinfarkt wert: Argumentieren wir also bissig, aber nicht verbissen!

Freundlichen Gruß
Karl—Heinz Isleif


eingetragen von 1 am 29.01.2005 um 17.59

Lieber Herr Lüber,

am 22.1.2005 um 16:39 haben Sie geschrieben:


Ich kapituliere und gebe hiermit bekannt, daß dies mein letztes Wort in diesem Forum ist.
Schade, dachte ich, und: Na ja, dafür nutzt das dem Forumfrieden.

Am 25.1.2005 haben Sie sich wieder zu Wort gemeldet mit zuviel Bitterkeit und zu wenig Schärfe, wie ich meine; sicherlich werden Sie mir darin zustimmen, daß ein solcher Satz nur eine Schmähung ist (die übrigens vom Presserecht nicht gedeckt wird) und nicht zur Sacherörterung beiträgt: »Dem Anonymus „margel“ gebricht es wahrlich nicht an ökonomischem Sachverstand: Er geht sehr sparsam um mit seinen intellektuellen Ressourcen.«
Auch Ihre Angriffsversuche gegen Herrn Prof. Ickler finde ich ungenau und ungerecht.

Wie auch immer, nach Ihrer bereits erwähnten Rückkunft am 25.1. heiße ich Sie hiermit wieder willkommen, ermahne Sie zu pfleglichem Umgang mit Ihren Schreibgefährten und hoffe, daß eine gute Besserung eintritt, so daß wir diesen Faden wieder unter "neueste_Eintraege.php" einstellen können und nicht hinten in der Schmuddelecke verstecken müssen.

Decknamen sind in etlichen Foren üblich und auch bei uns nicht verboten; freuen Sie sich über jeden, der hier mit Klarnamen schreibt.

Danke für Ihr Verständnis!

Für die Redaktion: Walter Wittkopp


eingetragen von rrbth am 29.01.2005 um 09.50

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Fritz Koch
Er sagte: "Nicht mal ignorieren!"

War das nicht Karl Valentin?


eingetragen von margel am 29.01.2005 um 08.47

Nur weil Hitler ein Politiker war, und zwar ein bedeutender d.h. wirkungsmächtiger, konnte er überhaupt seine bis dahin unbekannten Menschheitsverbrechen begehen. Als Postkartenmaler wäre ihm das wohl kaum möglich gewesen. Allerdings war er kein Staatsmann, schon gar kein bedeutender. - Man sieht wieder an dieser Diskussion, daß dem Phänomen Hitler gar nicht so leicht beizukommen ist. Das ist ja gerade das Gefährliche an dieser Erscheinung.
– geändert durch margel am 29.01.2005, 12.49 –


eingetragen von Fritz Koch am 29.01.2005 um 08.32

Er sagte: "Nicht mal ignorieren!"

Ignoranz: Nichtwissen, Ignorant: Nichtwisser, ignorieren: nicht wissen wollen.


eingetragen von Karl-Heinz Isleif am 29.01.2005 um 06.54

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Theodor Ickler
Alles sehr problematisch, wenn man Ihre Worte zum Nennwert nimmt.

Lieber Herr Ickler!

Phantastisch, von Ihnen zu hören, auch wenn ich diesmal ganz anderer Meinung bin. Den Einwand habe ich übrigens erwartet, wenngleich nicht von Ihnen.

Mit Politik bezeichnet man die Maßnahmen zur Führung und Verwaltung eines Staates. Gezielte Maßnahmen zur Zerstörung des Staates und der Menschen darin sind das Gegenteil davon; wer sie plant und ergreift, kann also kein Politiker sein.

Hitler einen Politiker zu nennen wertet ihn auf, verharmlost ihn, stellt ihn mit Menschen auf eine Stufe, auf die er nicht gestellt werden darf. Auch ein Bankräuber ‚arbeitet’ zwar in der Bank, man nennt ihn aber deshalb trotzdem keinen Bankier.

Man muß solchen Sprachgebrauch bloßlegen, denn er ist wegen des Gewöhnungseffektes gefährlich. (Wozu habe ich schließlich damals ganz bei Ihnen in der Nähe ein so seltsames Fach wie Psycholinguistik belegt ...)

In Ihrem Wörterbuch habe ich gerade nachgeschlagen. Da steht zwar Reichskanzler, nicht Politiker, aber der Eintrag ist unglücklich gewählt. Reichskanzler war dieser Kerl zu allerletzt. Zuerst war er Despot und Diktator und Demagoge und Massenmörder. Das wären treffende 'Berufsbezeichnungen'.

Mit freundlichem Gruß

Karl-Heinz Isleif








eingetragen von margel am 29.01.2005 um 06.28

Jawohl, Herr Lindenthal, was sollen auch die Leute denken, die hier vorbeischauen und sich in Rechtschreibreformfragen unterrichten wollen? Ich bin sehr dafür, ab sofort nur wieder einschlägige Beiträge in die neuesten Nachrichten einzustellen.


eingetragen von Detlef Lindenthal am 29.01.2005 um 06.23

Anmerkung: Die Grenze zwischen Politik und Verbrechen ist fließend.
Vorschlag: Dieser Faden sollte bei "neueste_Eintraege.php" nicht mehr gezeigt werden.

__________________
Detlef Lindenthal


eingetragen von margel am 29.01.2005 um 06.14

Ich geb´s ja zu: Es ist ein ziemlich billiges Vergnügen und zeugt bestimmt von keinem guten Charakter, einen eigentlich doch ziemlich harmlosen...( hier wurde das ursprüngliche "Tschumpel" in "Dubel", baseldytsch: "Duubel" geändert) ständig aufs Glatteis zu locken und dann amüsiert seinem Gehampel zuzusehen. Andererseits fasziniert mich dieses anscheinend unerschöpfliche Potential an diffusem Haß und vagabundierender Aggressivität. Dazu dieser dumpfe Bierernst. Wie einer mit bloßem Ressentiment Seite um Seite füllen kann - das ist schon bemerkenswert, aber auch erschreckend. Ich glaube auch, daß solche gequälten Seelen in hohem Maße anfällig für totalitäre Verlockungen sind.
– geändert durch margel am 30.01.2005, 11.02 –


eingetragen von Theodor Ickler am 29.01.2005 um 05.54

Lieber Herr Isleif, so gern ich Ihnen sonst zustimme (und mich überhaupt freue, wieder mal ein Lebenszeichen von Ihnen zu finden) - aber diese Alternative ist ungefähr so sinnvoll wie "A ist kein Konditor, sondern ein Schurke". Wenn Hitler kein Politiker war, dann war er wohl auch kein deutscher Reichskanzler (und mein Wörterbucheintrag wäre falsch)? Und die anderen, die mit ihm verhandelt und rechtskräftige Verträge (Nichtangriffspakte und andere) abgeschlossen haben? Und überhaupt die Rechtsnachfolge der Bundesrepublik? Alles sehr problematisch, wenn man Ihre Worte zum Nennwert nimmt.
__________________
Th. Ickler


eingetragen von Karl-Heinz Isleif am 28.01.2005 um 23.17

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von margel
Schon wahr, Herr Dr. Schultz. Aber wann nennen Sie einen Politiker bedeutend, woran messen Sie seine Bedeutung? Als Politiker, wohlgemerkt. (Hier steht nicht der Verbrecher Hitler auf dem Prüfstand) Und wenn Hitler kein bedeutender Politiker war, was für einer war er dann?
– geändert durch margel am 28.01.2005, 18.15 –


Gar keiner. (Verzeihen Sie die Einmischung.) Politiker war er nämlich auch nicht, nur Verbrecher.

Freundlichst
Karl-Heinz Isleif


eingetragen von PL am 28.01.2005 um 22.28

Herr Fritz Koch scheint das bewährte Rezept gefunden zu haben: Ignoranz. „Persönliche Angriffe schaden dem Ansehen dieses Forums“, meint er. Nun gut, so verrate er mir, wie man es anstellen muß, um einen anonymen Schreiberling p e r s ö n l i c h anzugreifen. Wüßte ich das, dann würde ich ihn (den Anonymus) zu einem Glas Wein einladen und zu einer mit Brot und Käse und belegten Platte.

Peter Lüber


eingetragen von PL am 28.01.2005 um 22.01

An Dr. Konrad Schultz:

Ob Sie Sätze wie „Eiertänze der Rhetorik-Schule um Walter Jens“ oder „wer drei Kinder gezeugt hat, wird zum Zeugungsrat ernannt“ oder „Sie wußte nicht, daß ‚Leipziger Lerchen‘ ein Gebäck waren“ oder „politisch korrekte Mitbürger nannten es allerdings ‚Geheiligte Blähungen‘“ als Argumente betrachten, die Ihren Intellekt und Ihr Gewissen befriedigen, sei Ihnen anheimgestellt. Überlesen Sie einfach, was ich als Laie hier schreibe. Oder veranlassen Sie, daß es gelöscht wird, zur Schonung Ihrer Nerven.

„margel“ hat sie gefragt, „aber wann nennen Sie einen Politiker bedeutend, woran messen Sie seine Bedeutung?“ – Leider habe ich darüber nichts von Ihnen erfahren, obschon, wie Sie sagen, die Argumente ausgetauscht sind.

Peter Lüber


eingetragen von Fritz Koch am 28.01.2005 um 21.40

Man sollte daher gar nicht auf sie eingehen, dann bleibt der Angreifer allein und schadet sich selbst.


eingetragen von Dr. Konrad Schultz am 28.01.2005 um 20.53

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Peter Lüber
[B Herr Dr. Konrad Schultz hat „margel“ noch nicht geantwortet, und „margel“ hat Herrn Karl-Heinz Isleif noch nichts entgegnet.

Peter Lüber

Warum soll ich "margel" antworten, wenn Herr Isleif schon das Notwendige geschrieben hat. Ich muß Ihnen sagen, Herr Lüber, daß Sie als Zuchtmeister unnötig sind. Ihr ständiges Nachschlagen nervt, wenn die Argumente ausgetauscht sind.


eingetragen von PL am 28.01.2005 um 20.37

Jetzt ist mir etwas passiert: Ich habe in die Adreßleiste des Internet-Explorers folgendes eingetippt: „margel.de“ (ohne Anführungs- und Schlußzeichen) und danach die Enter-Taste betätigt. Da wird mir tatsächlich die Internetseite „PUNKROCK Oi & other Noise“ angezeigt. Darunter steht geschrieben: „Das Forum für Punks, Skins und andere Stiefelträger.“

Hiermit beschließe ich diesen Tag und wünsche Ihnen eine heilsame Nachtruhe.

Peter Lüber


eingetragen von PL am 28.01.2005 um 20.20

Ich zitiere Sie, „margel“: „Der deutsche Reichskanzler A. Hitler hat zwar Europa und die halbe Welt durcheinandergebracht, war aber offenbar ganz unbedeutend und ist eigentlich gar keiner Erwähnung wert.“

Was soll denn dieses scheinheilige Gerede? Sie, „margel“, haben doch Adolf Hitler heute in diesem Forum erwähnt. „Daß in einem deutschen Parlament schon wieder Hitler als bedeutender deutscher Politiker bezeichnet werden darf“, erfüllt Sie wohl mit Freude.

Nochmals Ihren Satz, mit dem Sie sich jede Ächtung erworben haben, die einem anonymen Schreiberling Ihres Schlags gebührt: „Der deutsche Reichskanzler A. Hitler hat zwar Europa und die halbe Welt durcheinandergebracht, war aber offenbar ganz unbedeutend und ist eigentlich gar keiner Erwähnung wert.“ Hat er das? Er, ganz allein? – Nun denn: Soweit Ihr kurzsichtiges Alter Ego sieht, sind sich alle Diskutanten in der Einschätzung Hitlers einig.

Peter Lüber


eingetragen von margel am 28.01.2005 um 18.42

Die Bremskraft gibt es natürlich auch. Das ist aber nicht die Kraft, mit der Sie aufs Bremspedal drücken. Es gibt auch die Bremsarbeit u.a.m. Beschleunigung hat die von mir angeführte Dimension, ebenso die Verzögerung. Um etwas anderes ging es hier nicht. Die richtige Erklärung lautet: Die Beschleunigung ist ein Vektor, weil die Geschwindigkeit ein Vektor ist.


eingetragen von Fritz Koch am 28.01.2005 um 18.07

Kraft ist Masse mal Beschleunigung, also ist Beschleunigung Kraft pro Masse: Je größer die Kraft, desto größer die Beschleunigung oder Verzögerung, je größer die Masse, desto kleiner. Wer drückt denn auf die Bremsbacken? Das ist Physik zum Anfassen auch für Hauptschüler.
Definiert ist sie und meßtechnisch ermittelt wird sie von einem außen stehenden Meßgerät als Geschwindigkeitsänderung pro Zeiteinheit und von einem gleichförmig mitbewegten Meßgerät als Krafteinwirkung, zusätzlich zur Relativbewegung des Außensystems. In der klassischen Physik hat alles eine Ursache.

Und gerade lese ich: Der Stimmenzuwachs der großen Parteien ist negativ.


eingetragen von margel am 28.01.2005 um 17.25

Negative Beschleunigung ist landläufig Verzögerung. (Können Sie schön auf der Anzeige am Rollenbremsprüfstand beim TÜV sehen) Die Kraft, verehrter Herr Koch, ist zwar eine vektorielle Größe, kommt aber in der Beschleunigung (Weg/Zeit²) nicht vor.


eingetragen von PL am 28.01.2005 um 17.17

„Soweit ich sehe, sind alle Diskutanten sich in der Einschätzung Hitlers einig.“ – Herr Professor Ickler, Sie sehen was, was ich nicht sehe.

Herr Dr. Konrad Schultz hat „margel“ noch nicht geantwortet, und „margel“ hat Herrn Karl-Heinz Isleif noch nichts entgegnet.

Peter Lüber


eingetragen von Fritz Koch am 28.01.2005 um 16.51

denn Kraft ist eine gerichtete Größe.
Auch die Verstärkung kann (zumindest in der Elektrotechnik) positiv oder negativ sein.
Ob die kriminelle Energie nur negativ ist oder auch positiv sein kann, ist noch nicht ganz geklärt. Vor allem, ob sie wie alle anderen Energieformen zur Gewinnung von Wärme oder mechanischer Arbeit dienen kann.


eingetragen von PL am 28.01.2005 um 16.35

Dem Anonymus „margel“ gebricht es wahrlich nicht an ökonomischem Sachverstand: Er geht sehr sparsam um mit seinen intellektuellen Ressourcen. Wenn er etwas sagt, das er „leicht ironisch“ meint, dann sagt er, daß er es „leicht ironisch“ meint – und sei es auch nur im Zusammenhang mit Adolf Hitler (ausgerechnet am heutigen Tag, wo weltweit Millionen Menschen der Millionen ermordeten Menschen jüdischen Glaubens gedenken).

Sprechen jetzt Sie ungeniert weiter von Confiserie-Produkten namens „Nonnenfürzchen“ und anderem Gebäck.

Peter Lüber


eingetragen von Theodor Ickler am 28.01.2005 um 16.25

Soweit ich sehe, sind alle Diskutanten sich in der Einschätzung Hitlers einig. Folglich geht es um Bedeutungen und Nebenbedeutungen von Wörtern und nicht um Hitler. Es wäre wünschenswert, dies jederzeit vor Augen zu haben, dann wäre allerdings aus der Diskussion bald die Luft raus.

Es erinnert mich ein bißchen an die Eiertänze der Rhetorik-Schule um Walter Jens, die sich darin gefällt, Hitler die Redekunst völlig abzusprechen. Zwar hatte er als Redner enormen Erfolg, aber nach der Schulrhetorik war er eine Null. Leider hat der Erzvater der Rhetorik, Gorgias von Leontinoi, die Rhetorik ganz unklassisch definiert ("Meisterin der Überredung"), so daß selbst er nichts von der Sache verstanden hätte. In Wirklichkeit ist die domestizierte und völlig zahnlose Rhetorik der wohlmeinenden Tübinger Schule auf dem Holzweg.

Die Unwort-Jury besteht aus Laien. Bekanntlich ist das ein relationaler Begriff, da man stets das Fachgebiet angeben muß. Im vorliegenden Fall war von vornherein klar, daß die Sprachwissenschaftler, über deren Rang innerhalb ihres Faches ich mich hier nicht äußern muß, Laien auf dem Gebiet der Wirtschaftswissenschaften sind. Der Kritik vorzuhalten, daß die betreffenden Leute doch Sprachwissenschaftler und folglich keine Laien seien, ist ein Kalauer auf bescheidenem Niveau.

In meinem Buch "Dis Disziplinierung der Sprache" wird ausführlich dargelegt, wie die Fachleute ihre Begriffe bilden und warum es nicht sinnlos ist, von "Minuswachstum", "negativer Steigung" usw. zu reden, mag der Laie sich noch so sehr darüber ereifern.
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Th. Ickler


eingetragen von margel am 28.01.2005 um 15.23

In meiner Heimatstadt gab es ein hervorragendes Café, geführt von einer Dame aus Frankfurt. Dort wurde ein Confiserie-Produkt namens "Nonnenfürzchen" ("Nonnefirzsche") angeboten. Politisch korrekte Mitbürger nannten es allerdings "Geheiligte Blähungen".


eingetragen von margel am 28.01.2005 um 15.03

Die köstliche Friederike Kempner hat sich einmal in einem Gedicht tränenreich darüber erregt, daß die Leipziger Lerchen äßen. Sie wußte nicht, daß "Leipziger Lerchen" ein Gebäck waren.


eingetragen von margel am 28.01.2005 um 14.24

Im alten Österreich gab es etwa folgende Definition: Wer drei Kinder gezeugt hat, wird zum Zeugungsrat ernannt. Hat er sie außerehelich gezeugt, so ist er ein Geheimer Zeugungsrat. Gelingt es ihm schließlich noch, um die Unterhaltszahlung herumzukommen, so wird er zum Wirklichen Geheimen Zeugungsrat befördert.


eingetragen von Karl-Heinz Isleif am 28.01.2005 um 14.05

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von margel
"...dass in einem deutschen Parlament schon wieder Hitler als bedeutender deutscher Politiker bezeichnet werden darf..." (Gunars Reichenbachs in der OZ von heute.) - Der deutsche Reichskanzler A. Hitler hat zwar Europa und die halbe Welt durcheinandergebracht, war aber offenbar ganz unbedeutend und ist eigentlich gar keiner Erwähnung wert.

Bedeutend hat eine positive Konnotation, deswegen ist der Ausdruck ‚Hitler war bedeutend’ eine unglaubliche Entgleisung, die nicht nur sprachlicher Natur ist. Hitler war alles (Negative), aber bedeutend war er nie.

Karl-Heinz Isleif


eingetragen von margel am 28.01.2005 um 13.53

Schon wahr, Herr Dr. Schultz. Aber wann nennen Sie einen Politiker bedeutend, woran messen Sie seine Bedeutung? Als Politiker, wohlgemerkt. (Hier steht nicht der Verbrecher Hitler auf dem Prüfstand) Und wenn Hitler kein bedeutender Politiker war, was für einer war er dann?
– geändert durch margel am 28.01.2005, 18.15 –


eingetragen von PL am 28.01.2005 um 13.50

Laien?

Zitat: „Die Entscheidung über das ‚Unwort des Jahres‘ trifft eine unabhängige Jury. Ihre ständigen Mitglieder sind die Sprachwissenschaftler Prof. Dr. Nina Janich (Darmstadt), Prof. Dr. Margot Heinemann (Zittau), Prof. Dr. Rudolf Hoberg (Wiesbaden), Prof. Dr. Horst Dieter Schlosser (Frankfurt a. M.). Zwei weitere Jurorensitze sind jährlich neu mit Vertretern der öffentlichen Sprachpraxis besetzt.“ http://www.unwortdesjahres.org/

Peter Lüber


eingetragen von Dr. Konrad Schultz am 28.01.2005 um 13.29

Einspruch, margel, "unbedeutend" und "bedeutend" sind nicht gerade das logische Gegenteil voneinander. Aber mißverstanden kann man mit solchen Wörtern im Deutschen immer. Der Russe sagt für groß im Sinne von bedeutend velikij, sonst bol'shoj, Napoleon wollte groß nur im Sinne von bedeutend verstanden wissen, sonst sagte er "lang".


eingetragen von Fritz Koch am 28.01.2005 um 12.15

Um einen Bau-Rat fragt man einen Baurat, um einen Kommerzien-Rat einen Kommerzienrat und um einen Geheim-Rat einen Geheimrat. Deswegen heißen die so.


eingetragen von margel am 28.01.2005 um 11.51

"...dass in einem deutschen Parlament schon wieder Hitler als bedeutender deutscher Politiker bezeichnet werden darf..." (Gunars Reichenbachs in der OZ von heute.) - Der deutsche Reichskanzler A. Hitler hat zwar Europa und die halbe Welt durcheinandergebracht, war aber offenbar ganz unbedeutend und ist eigentlich gar keiner Erwähnung wert.


eingetragen von margel am 28.01.2005 um 09.06

Die Lektüre des Original-Aufsatzes von H.-D. Schlosser zu Ursprung und Intention der Unwort-Kür hinterläßt, soweit es um Fachsprachlichkeit geht, bei mir die unbeantwortete Frage nach der eigentlichen Stoßrichtung. Verlangt er von den Experten, bereits bei der Wahl eines terminus technicus an die möglichen Verheerungen zu denken, die dieser in den Hirnwindungen eines Laien anrichten könnte? Aber damit käme man nie an ein Ende. Denn es gibt schlechterdings nichts, was einem moralischen Durchlauferhitzer nicht als Energielieferant dienen könnte. Oder wendet sich die Kritik gegen den Laien selbst - einschließlich der Journalisten, die ja bei solcher Popularisierung die entscheidende Rolle spielen - und verurteilt den unscharfen, unsachgemäßen Gebrauch irgendwo aufgeklaubter Vokabeln? Aber Laien kann man nicht kritisieren.


eingetragen von margel am 28.01.2005 um 07.56

Hallo, Renate Maria, schön, nach so langer Pause Sie hier wieder einmal begrüßen zu dürfen! Richtig geht das Verslein so:
Ein Studienrat, ein Studienrat,
das ist ein Rat, wo Studien hat.
Fidirallala, fidirallala, fidirallarallala...
usw. (Melodie nach "Ein Vogel wollte Hochzeit machen") -

Und das Universalrelativpronomen "wo" lassen Sie bitte stehen! (Ausweis meiner Liebe zur Schweiz...)
– geändert durch margel am 28.01.2005, 13.04 –


eingetragen von RenateMariaMenges am 28.01.2005 um 06.42

Wink

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von margel
Ein Studienrat, ein Studienrat
das ist ein Rat, der Studien hat.
Und wenn er keine Studien hat,
dann ist er auch kein Studienrat.


__________________
RenateMariaMenges


eingetragen von Kathrin Dörrbecker am 27.01.2005 um 21.47

Der Plural von Rat ist u.U. in der Verneinung gegeben: "er wollte keinen Rat annehmen."
Im Singular liegt m.E. ein Bedeutungsunterschied vor, ähnlich wie Christoph Kukulies schon beschrieben hat. Wenn man jemandem einen Rat gibt, dann möchte man auch, daß er ihn befolgt. Wenn man hingegen nur einen Ratschlag gibt, dann ist das etwas mehr als eine Meinungsäußerung, aber man dringt nicht so darauf, daß der andere diesen Ratschlag auch annimmt.


eingetragen von margel am 27.01.2005 um 21.22

Ein Studienrat, ein Studienrat
das ist ein Rat, wo Studien hat.
Und wenn er keine Studien hat,
dann ist er auch kein Studienrat.


eingetragen von Fritz Koch am 27.01.2005 um 18.40

In "Rat suchen" ist "Rat" eine Stoffbezeichnung wie "Wasser": "Rat" kann ohne Artikel einen Rat oder mehrere "Ratschläge" bedeuten.

In "einen Rat suchen" könnte ein Scherzbold die Suche nach einem "Gemeinde-, Stadt-, Regierungs-, Studien-, Bau-, Kommerzial-, Geheim-" oder sonstigen "-rat" sehen: Man sucht einen Rat, denn nur ein Rat kann einen richtigen Rat geben.

"Ratschlag" braucht im Singular immer einen Artikel: Man sucht nicht "Ratschlag", sondern "einen Ratschlag" oder "Ratschläge".


eingetragen von Theodor Ickler am 27.01.2005 um 17.41

Tatsächlich tritt der Plural in Zeitungen ungefähr viermal so oft auf wie der Singular. Das liegt daran, daß er den nicht vorhandenen Plural von Rat (in dieser Bedeutung) vertritt. Ein Bedeutungsunterschied ist damit also zunächst nicht verbunden. Die besseren Wörterbücher vermerken richtig, daß der Ratschlag mehr die einzelne Beratungshandlung bezeichnet, was ja mit der Pluralmöglichkeit zusammenhängt. Das ältere Wort Rat ist in viele Phraseologismen eingegangen, die mit Ratschlag nicht möglich sind. Also unser beliebtes Rat suchen usw.
__________________
Th. Ickler


eingetragen von PL am 27.01.2005 um 17.24

An Karl-Heinz Isleif:

Ich hoffe, daß Ihnen aus Ihrem Beitrag, der zur Gunsten eines Laien spricht, keine Nachteile erwachsen sind. Falls doch, sprechen Sie mich ungeniert per E-Mail an.

Peter Lüber


eingetragen von PL am 27.01.2005 um 16.57

An „margel“, den Propheten der „zukünftigen Wissensgesellschaft“: Gesetzt der Fall, diese von ihnen prophezeite Gesellschaft würde demnächst Wirklichkeit: Wüßte dann jeder Ihren wahren Namen? und darüber Bescheid, weshalb Sie ihn bis heute verborgen gehalten haben?

Peter Lüber


eingetragen von PL am 27.01.2005 um 16.35

Herr Professor Theodor Ickler hat richtig erkannt: ich bin ein Laie. In seinem Fach, der deutschen Sprache, kenne ich mich nicht gut aus, obschon er fortwährend damit beschäftigt ist, es ordentlich aufzuräumen. Aber das liegt an mir, nicht an ihm. Als Schweizer gebe ich unumwunden zu, daß mir die deutsche Sprache Mühe bereitet. Kaum einen Satz bringe ich zu Papier, der nicht einen grammatikalischen Schnitzer enthält. Darüber schäme ich mich wirklich sehr. Als Laie nun, der nicht zu befürchten hat, unter der Last von Titeln und Würden zusammenzubrechen, rede ich hier als einer, dem, dank des Großmuts der Administratoren dieses Forums, eine gewisse Narrenfreiheit zusteht. Einen Lektor sollte ich engagieren, raten mir wohlgesinnte Menschen, da an meiner Seite kein Sekundant wie „margel“ bellt. Darauf verzichte ich und rede und schreibe, wie mir es mir beliebt – solange ich es hier darf.

Zum Humankapital, wovon hier jetzt wieder (zwar nur kurz) die Rede ist, folgendes: Herr Professor Ickler meint, daß „an der ganzen Geschichte“ „nur eins merkwürdig“ [ist]: „Warum geht dpa so willig mit?“

Beziehungen muß man haben! Die einen haben mehrere und bessere als die andern. Ist es dies, was Sie so aufregt? Ihnen fehlt es doch nicht an Reputation?

Peter Lüber


eingetragen von margel am 27.01.2005 um 10.52

Ich stimme mit Herrn Kukulies in seiner Wertung von "Rat" und "Ratschlag" überein. Von Ratschlag gibt es ja auch den Plural, meistens als "gute Ratschläge". Man sagt z.B.: "Auf Deine guten Ratschläge kann ich verzichten." Mit "Rat" bildet man einen solchen Satz kaum. Also: Ratschläge haben leicht etwas von "unerbeten" und "Einmischung".


eingetragen von Christoph Kukulies am 27.01.2005 um 08.09

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Kathrin Dörrbecker
Eine Freundin fragte mich neulich, ob zwischen den Begriffen „Rat“ und „Ratschlag“ ein Unterschied läge, oder ob „Rat“ nur eine Verkürzung von „Ratschlag“ sei. Was ich ihr geantwortet habe, verrate ich erstmal noch nicht. Mich würden zunächst weitere unvoreingenommene Meinungen interessieren.

Jmdm. einen Rat geben, kann unaufgefordert erfolgen im Sinne auch von jmdn. belehren. Einen Ratschlag gibt man eher, wenn man danach gefragt wird. "Wenn du mich fragst, würde ich dir den Ratschlag geben...".

Der Rat hat eine gewisse Erhabenheit, mehr moralisches Gewicht, der Ratschlag kommt leichter daher, kürzer, knapper. Ein Schlag eben.
__________________
Christoph Kukulies


eingetragen von Theodor Ickler am 27.01.2005 um 04.32

Herkunftswörterbücher geben keine Auskunft über gegenwärtige Bedeutungsunterschiede. Das tun distinktive Synonymiken, und davon haben wir im Deutschen heute nur - den Schülerduden "Richtige Wortwahl". Das ist eine weitere Schande der Germanistik (nicht der Schülerduden, sondern das Fehlen einer großen Synonymik). Aber wir arbeiten dran.
__________________
Th. Ickler


eingetragen von Fritz Koch am 26.01.2005 um 21.07

Nextes Moi schauts Ös selba im Herkunftsdudn noch!


eingetragen von Kathrin Dörrbecker am 26.01.2005 um 20.38

genau


eingetragen von margel am 26.01.2005 um 19.53

Ich denke, die Fragestellerin möchte wissen, ob etwa zwischen den Wendungen "Ich gab ihm den Rat..." und "Ich gab ihm den Ratschlag..." ein Bedeutungsunterschied besteht.


eingetragen von Dr. Konrad Schultz am 26.01.2005 um 19.41

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Kathrin Dörrbecker
..., ob zwischen den Begriffen „Rat“ und „Ratschlag“ ein Unterschied läge, oder ob „Rat“ nur eine Verkürzung von „Ratschlag“ sei.
Der Begriff "Rat" ist umfassender: Geheimrat, Rat für Rechtschreibung, Sowjet. Auch ist es nicht dasselbe, ob jemand keinen Ratschlag geben kann, oder ratlos ist.


eingetragen von Kathrin Dörrbecker am 26.01.2005 um 18.54

Eine Freundin fragte mich neulich, ob zwischen den Begriffen „Rat“ und „Ratschlag“ ein Unterschied läge, oder ob „Rat“ nur eine Verkürzung von „Ratschlag“ sei. Was ich ihr geantwortet habe, verrate ich erstmal noch nicht. Mich würden zunächst weitere unvoreingenommene Meinungen interessieren.


eingetragen von margel am 26.01.2005 um 15.17

Prof. Schlosser kriegt es ja wirklich knüppeldick. Kaum haben ihn die Leute vom Fach in Sachen "Humankapital" auf Normalmaß, nämlich das eines Laien, zurückgestutzt, so muß er sich schon einer weit ärgeren, ärgerlicheren Attacke erwehren. Der Bundesinnenminister nämlich droht ihm und der Jury eine Vertragsstrafe von 10 000 Euro an, falls sie ihm weiterhin die Urheberschaft an dem Ausdruck "Begrüßungszentren" für Auffanglager zuschreiben. Da bleibt dem tapferen Moralisten nur noch die klägliche Bitte, doch nicht mit Kanonen auf Spatzen zu schießen. Zum Trost sonnt er sich in der Vorstellung, wenigstens mit dem Hauptunwort "einen Nerv" getroffen zu haben. Dies beweisen ihm die vielen ablehnenden Reaktionen der Wirschaftswissenschaftler. Wo es doch in Wirklichkeit nur um ein, wohlwollend ausgedrückt, produktives Mißverständnis, weniger wohlwollend: um ahnungslose Arroganz ging.


eingetragen von PL am 25.01.2005 um 22.29

An die Gestalt, welche sich „glasreiniger“ nennt: Reinigen Sie Ihre Gläser, auf daß Sie klar sehen, wem Ihre Fürsorge gilt.

Peter Lüber


eingetragen von glasreiniger am 25.01.2005 um 21.01

Thumbs down

Lieber Prof. Ickler,
antworten Sie bitte dem Herrn Lüber nicht mehr. Oder nur noch privat, wenn SIe Lust darauf haben.


eingetragen von PL am 25.01.2005 um 19.06

Herr Professor Ickler, ich warte auf Ihre Antwort. Ich möchte Sie zwar nicht stören beim Verspeisen Ihres Abendbrots. Haben Sie guten Appetit! Vielleicht sinnen Sie kauend darüber nach, wer denn die Gehälter der Professoren bezahlt im orthographisch geeinten Deutschland? Schlucken Sie diesen Bissen ruhig herunter (ein Rat von einem jener „wirtschaftsfernen Menschen“, deren Sie öfters verachtend Erwähnung tun, „bei denen das Geld von der Bank kommt“ und welche sich „gerne über die Ökonomisierung aller Lebensverhältnisse ereifern“) – damit Sie sich nicht verschlucken.

Herr Ickler, reden Sie vom „Humankapital“; lassen Sie sich auffordern zu einer Diskussion, die nicht vom Thema abweicht, das hier in Rede steht. Nicht von „Luftverschmutzung“ ist hier die Rede, sondern vom Wort „Humankapital“ – und somit, wie Sie meinen, von der Moral. Sie selbst haben dieses angesprochen – vielleicht im Übereifer. Ich aber stehe parat. Ihnen zur Seite: Ihr anonymer Jagt- und Windhund „margel“.

Peter Lüber


eingetragen von PL am 25.01.2005 um 16.12

Somit wären wir, dank Ihnen, „margel“, des mutigen anonymen Wortführers dieses Forums, bei der Malerei angelangt. Ihnen gebe ich zu bedenken, daß Johann Wolfgang von Goethe sich selbst als Dilettanten bezeichnet hat – bezüglich der Malerei (vollkommen war er insofern, als es ihm an Musikgehör fehlte).

Ach, die Malerei, wie liebe ich sie! Denn sie hat soviel mit dem hier in Rede stehenden Thema zu tun, wie Mehl, das Sie ungebacken verspeisen. Richten Sie ihrem Freund Karl Kraus meine besten Grüße aus.

Peter Lüber


eingetragen von margel am 25.01.2005 um 14.40

Gerade lese ich, daß die Malerinnung von Hinterstberg sich gegen die Verwendung des Ausdrucks "Pinsel" zur Kennzeichnung eines einfältigen Menschen verwahrt und dieses Wort der Unwort-Jury zur Ächtung empfiehlt.


eingetragen von PL am 25.01.2005 um 13.59

Der soeben von mir spärlich kommentierte Text richtet sich nicht nur an Herrn Theodor Ickler, sondern auch an den mutigen Anonymus „margel“, den Propheten der zukünftigen „Wissensgesellschaft“. Auf sein nächstes Zitat von Karl Kraus warte ich jetzt gespannt.

Peter Lüber


eingetragen von PL am 25.01.2005 um 13.39

Alles, was im folgenden Text in eckigen Klammen steht, sind Assoziationen eines Laien:

„Humankapital – effektive und effiziente Nutzung – . Einzig aus Humankapital entstehen einem Unternehmen dauerhafte und schwer nachahmbare Wettbewerbsvorteile. Doch Investitionen in Humankapital scheinen ungleich riskanter […] als in Sachkapital, da eine Wiederveräußerung […] unmöglich ist.

Die enorm gewachsene [von Natur aus?] und dennoch oft vernachlässigte [von wem? den Managern? oder Inhabern des Kapitals?] Bedeutung dieser Ressource spiegelt sich in neuen Management-Feldern wie dem Human Resource [etwas, das manchen nur unter dem Aspekt der Ausbeutung relevant erscheint] Management wider, das die effektive und effiziente Nutzung [ich sagte soeben Ausbeutung] des Humankapitals verwirklichen soll. Auch wenn das Wissenszeitalter die einzigartige Rolle des Humankapitals immer deutlicher macht: die Bewertung des Humankapitals mit monetären Größen [...] bleibt wie bei anderen immateriellen Vermögenswerten eines Unternehmens (sogenannten Intangible Assets) schwierig.“

Peter Lüber

http://www.4managers.de/01-Themen/..%5C10-Inhalte%5Casp%5CHumankapital.asp?hm=1&um=H


eingetragen von PL am 25.01.2005 um 12.59

An Theodor Ickler:

Daß auch Laien sich in diesem Forum äußern, ist Ihnen, Herr Ickler, also nicht verborgen geblieben. Jemand hat hier umständlich (indirekt) geäußert, daß ich Sie womöglich für einen Schuft halte. Dem habe ich (direkt) widersprochen. Von jemand anderem habe ich hier (von Ihnen unwidersprochen) erfahren, daß er Sie für unfehlbar hält. Da ist mir sogleich August Bernhard Haslers Buch mit dem Titel „Wie der Papst unfehlbar wurde“ eingefallen, welches ich 1971 gelesen habe.

Als „aufgeklärter Beobachter“ haben Sie festgestellt, daß es (hier? wem? mir?) darum geht, „die eigene moralische Vortrefflichkeit“ zur Schau zu stellen. Ich frage Sie: Wer hat Sie darüber aufgeklärt? Etwa Sie sich selbst? Als Laie erlaube ich Ihnen, mich künftig direkt anzusprechen, wenn Sie mir denn antworten wollen.

Um die Rede vom Fachwort „Humankapital“ abzulenken – dies vermute ich – haben Sie flink und wendig ein anderes Wort angeführt: „Luftverschmutzer“. Hierauf gehe ich heute nicht ein, deshalb nicht, weil ich Ihnen vorher noch eine weitere Assoziation zum Wort „Humankapital“ zumuten will.

Jean Ziegler, Professor der Soziologie, verwendet öfters das zusammengesetzte Wort „Roulettekapitalismus“ (im assoziativen Zusammenhang mit dem englischen Ausdruck „shareholder value“). Als Facharbeiter empfehle ich Ihnen die Lektüre seiner Werke.

Ein Zitat von Ihnen: „Man sitzt am Frühstückstisch, blättert die Zeitungen durch und räsoniert über die Miesheit der anderen.“ Dies finde ich herzig und läßt mich vermuten, wie Sie Ihre Tage beginnen. Ich jedenfalls habe noch niemanden auf die Lektüre eines Zeitungsartikels verwiesen, um von den eigenen Problemen abzulenken.

Peter Lüber


eingetragen von margel am 25.01.2005 um 09.32

Nachdem die Unwort-Jury so kläglich gescheitert ist, scheitern mußte, als sie sich auf das Gebiet einer Fachsprache begab, um dort "Inkompetenzkompensationskompetenz" (frei nach Odo Marquard) zu beweisen, sollte man ihr vielleicht einige Tips geben, wo sie noch weiter grasen könnte. Da fällt mir im Moment aus der Technik "male screw/ connector" bzw. "female..." ein, die im Angelsächsischen ganz unbefangen für Schraub- und Steckverbindungen benutzt werden. Wenn das nicht schwerstsexistisch ist! - Der Schaden, den die Unwort-Fuzzies anrichten, besteht aber nicht nur in der eigenen Blamage. Sie nähren auch die Illusion, man könne überall mitschwätzen und urteilen, ohnen das geringste von der Sache zu verstehen. Nicht zuletzt diese Irrlehre hat das große Geschwätz, beginnend schon in der Schule ("Reflexion über...") ins Uferlose anschwellen lassen.
– geändert durch margel am 25.01.2005, 14.11 –


eingetragen von Karl-Heinz Isleif am 25.01.2005 um 07.08

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Theodor Ickler
Was ein Laie an Assoziationen zu Fachausdrücken hervorbringt, kann doch für die Fachleute nicht maßgebend sein.

J. Teubel (dessen giftige Anwürfe ich hier nicht mehr finde), hat nicht recht. Kapital gab es auch im Osten, denn die Gewehre mußten finanziert werden, mit denen 40 Jahre lang auf jeden geschossen wurde, der das Paradies verlassen wollte.

Peter Lüber hat eher recht. (Ich grüße meinen ehemaligen Lehrer, Herrn Ickler, und wage, ihm hiermit - als Laie - ganz vorsichtig zu widersprechen!).
‘Humankapital’ ist Fachjargon des Sklavenhandels, es bezeichnet dessen Geschäftsgrundlage. Das Wort ist semantisch dem ‘Menschenmaterial’ verwandt, stilistisch der ‚Lehrerschwemme’ u.ä. Unternehmensberater dürfen ihm einen karitativen Eimer überstülpen, das ändert den Geschmack des Ausdrucks nicht, das ‚Humane’ in ihm bleibt verdächtig. Unwort hin oder her, ich würde das Wort nicht gebrauchen. Nicht wegen irgendwelcher Jury-Entscheidungen, und auch nicht aus politisch motivierten Erwägungen, sondern weil es unsympathisch klingt und häßlich aussieht.

Karl-Heinz Isleif
Tokio, Japan


eingetragen von Theodor Ickler am 25.01.2005 um 05.03

In der FAZ-Sonntagszeitung vom 23.1.05 erschien noch ein guter Artikel von Winand von Petersdorff, den ich aus Gründen des Urheberrechts nicht hierhersetzen kann:
"Warum versteht uns keiner? - Die Ökonomen sind ratlos. Ausgerechnet "Humankapital" wird zum Unwort des Jahres gewählt."
Dis SZ äußerte sich im gleichen Sinn.

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Th. Ickler


eingetragen von Theodor Ickler am 25.01.2005 um 04.53

Was ein Laie an Assoziationen zu Fachausdrücken hervorbringt, kann doch für die Fachleute nicht maßgebend sein. Die Frankfurter Jury, zu der ja auch unser alter Rechtschreib-Freund Hoberg gehört, hat sich in Bereiche eingemischt, von denen sie nichts versteht und nichts verstehen will - wie es eben ihrer Tradition entspricht. Anderswo spricht man von "Krankengut" usw. - schrecklich, nicht wahr? "Minuswachstum" ist auch schon angeprangert worden. Ein müßiges Spiel, an dem man sich aus Gründen des guten Geschmacks nicht beteiligen sollte.

In allen solchen Fällen fragt der aufgeklärte Beobachter: Was springt für den Sprachkritiker dabei heraus? Da muß man nicht lange suchen. Es geht darum, die eigene moralische Vortrefflichkeit zur Schau zu stellen, und zwar, das ist ja gerade das Schöne, ohne jede eigene Anstrengung. Man sitzt am Frühstückstisch, blättert die Zeitungen durch und räsoniert über die Miesheit der anderen.

Natürlich gibt es Euphemismen. Aber sind sie es wert, entlarvt zu werden? Jeder weiß doch, daß Freistellungen Entlassungen sind.

An der ganzen Geschichte ist nur eins merkwürdig: Warum geht dpa so willig mit? Aber vielleicht erledigt sich das in Zukunft, falls die Jury einsichtig genug ist, ihre wenig ruhmreiche Aktion nach dem jüngsten Debakel einzustellen.
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Th. Ickler


eingetragen von PL am 25.01.2005 um 02.45

Da ich meinen letzten Asthmaanfall doch noch überstanden habe, bin ich jetzt wieder in der Lage, hier um Worte zu ringen.

Nach allem, was ich in diesem Forum gelesen habe, behaupte ich, daß alle Befürworter der bewährten Rechtschreibung etwas gemeinsam haben: nämlich das Bedürfnis, richtig verstanden zu werden, wenn sie sich schriftlich äußern.

Assoziationen zum Wort „Humankapital“ (in Stichworten):

Kapital: z.B. Land, Immobilien, Edelmetalle, Bargeld, Aktien oder was noch sonst; kurzum Besitztümer. Also Kapital ist etwas, das (wenige) Menschen besitzen. Der Mensch nun als Kapital betrachtet (für mich eine Vorstellung, bei der es mir schlecht wird): Wessen Besitz ist dann der Mensch? – Hierzu: Leibeigenschaft und Sklaverei.

Ein wesentlicher Aspekt des Humanismus war und ist das Bestreben, die „biblischen Zeiten“ zu überwinden. Leider leben wir immer noch in biblischen Zeiten: In Deutschland haben Kultusminister einen neuen Turm zu Babylon errichtet. An ihm steht, orthographisch korrekt in Stein gemeißelt, das Wort zu lesen: „DEM DEUTSCHEN HUMANKAPITAL“.

Peter Lüber


eingetragen von Detlef Lindenthal am 23.01.2005 um 06.57


„Jeder, der lebt, verschmutzt die Umwelt.“
Kollektives Zusammenzucken ist deshalb angesagt, weil, seit grüne Weiblein und Männlein die Parlamente und Medien erobert haben, „Umweltschmutz“ als neue Argumenthülse vorhanden, das Hinterfragendürfen aber noch nicht nachgewachsen ist.

... als Umweltverschmutzer bezeichnen, auch als Stoffwechsler ...
Wenn ich meinen Apfelgripsch hinters Blumenbeet werfe, so ist das Umweltverschmutzung oder Stoffwechsel. Wenn alle Menschen das machen würden, lägen dort 6 Milliarden Apfelgripsche, je 10 Gramm macht das 60.000 Tonnen Apfelabfall – das gibt Ärger im Dorf! Sed dosis fecit venenum; der von mir verursachten Verschmutzung ist auch, als Stoffwechselbeitrag der Umwelt, deren Selbstreinigung gegenzurechnen: Meine Gänse freuen sich über Apfelreste, und mein Garten läßt mehr Holz nachwachsen, als ich in einem Winter verheize. Meine Stoffwechsellast hält sich also im Rahmen, und ich wage, sie als vertretbar zu bezeichnen.

Seit unsere Lehrer die Kunst des Hinterfragens als Herrschaftshindernis entdeckt haben, wird sie in Schulen hintertrieben statt unterrichtet. Ergebnis: siehe Rechtschreibfrage; siehe unsere Welt insgesamt.
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Detlef Lindenthal


eingetragen von Theodor Ickler am 23.01.2005 um 05.31

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Peter Lüber
An Theodor Ickler:

„Jeder, der lebt, verschmutzt die Umwelt.“ – Also wirklich, dieser Satz hat mich umgehauen. Ich versuche nun, mich wieder aufzurappeln. Vielleicht gelingt es mir.

Peter Lüber


Das verstehe ich nun wieder nicht. Wie kann man so etwas Elementares denn verkennen? Herr Lüber kann dies nicht mehr lesen und auch nicht antworten, denn er hat sich endgültig verabschiedet. Wir heizen, die meisten von uns fahren Auto usw. - ganz zu schweigen vom Kern der Sache, den Gütern,die wir hübsch sauber ge- und verbrauchen, die aber unter beträchtlicher Umweltbelastung hergestellt werden (z. B. die PCs, an denen wir gerade sitzen, aber auch die Marmeladenbrote, die wir zum Frühstück essen).
Natürlich kann mich Herr Lüber als Umweltverschmutzer bezeichnen, auch als Stoffwechsler, wenn er will. Mich haut das nicht um - so wenig wie andere Tatsachen des Lebens.
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Th. Ickler


eingetragen von Rolf Genzmann am 22.01.2005 um 15.55

Vorgestern durfte man schon wieder mal eine Sternstunde der Redekunst erleben, der Bundestag behandelte die Nachhaltigkeit. Die SPD Abgeordneterin erfreute uns nachhaltig mit Nachhaltigkeit, Nachhaltigkeit und Nachhaltigkeit sowie weiteren rund fünfzig mal Nachhaltigkeit. Ebenso nachhaltig wurde von der CDU, von den Grünen und von der FDP die Nachhaltigkeit und die Nachhaltigkeit betont. In jedem Satz der Bundestagsredner und RednerInnen kam das Wort Nachhaltigkeit mindestens einmal vor. Offenbbar gibt es einen Nachhaltigkeitsausschuss, eine Nachhaltigkeitsverordnung, ein nachhaltiges Nachhaltigkeitsgesetz, eine soziale Nachhaltigkeit, die wirtschaftliche Nachhaltigkeit, die umweltpolitische Nachhaltigkeit und Nachhaltigkeitsbestimmungen auf jedem nur denkbaren Gebiet für jeden kleinsten Furz.
Nachhaltigkeit war das Wort der Woche, des Monats, - Vorhaltigkeit kam nicht zum Zuge, noch nicht einmal die Hinterhaltigkeit oder -hältigkeit. Kein Haushälter, keine Vorbehalte, keine Zuhaltigkeit, kein Zuhälter, keine Gehälter, auch fehlte jeder Bezug zu Inhalt und Gehalt.

Hier auf den Rechtschreibseiten war gerade mal wieder von aufwändig nachhaltig die Rede.
Bedauerlicherweise haben die Reformer im volksetymologischen Bereich noch ohne Nachhaltigkeitsverordnungen handeln dürfen. In der Not behalf man sich mit einem Stammprinzip, das aber bei aufwändig noch nicht einmal aufwänden einbrachte. Sogar das einfache wändig konnte man nicht erschließen, obwohl damals noch jeder vom Wändehals sprach. Kein Wunder, wenn Reformgegner Einwändungen erheben gegen die Verwändung einzig und allein von aufwändig. Sogar BILD hat sich abgewändet unter Markierung eines Wändepunktes, obwohl doch humankapitale Schulkinder aufwändig bereits auswändig zu lernen hatten. Inwändig weiß jeder, die Anwändung der Reform bedarf noch mehr eines nachhaltigen Hinwändens, wie auch die Sonne den Wändekreis bestrahlt und sich dann umwändet. Die Wändeltreppe, die an der Wand klebt, fehlt noch ganz, obwohl es doch evident ist. Und im Zuge der Nachhaltigkeit wird das Gewinde dem Gewände weichen müssen. Windschief wird zu wändschief.
Die Wimper, die unsicher von der sich wändenden Braue stammt, wird zu Wämper, der Windhund zum Wändhund, nach dem Stamm der Wänden.
Auch im Denglisch treten nachhaltige Wändungen ein: he wänd, - Vergangenheitsform von to go, sich wänden, gehen.

Den Erfindern des Unwortes des Jahres aber sollte man diese Tätigkeit entwänden.
Ich bin mehr für ein Wort des Jahrzehnts, was sag ich, des neuen Jahrhunderts, möchte es sogar nachhaltig selbst aus einem Wörterbuch auswählen. Ein Kölsch für den, der’s auch findet und mitstimmt.
Hier ist es: RAPUNSION.

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Rolf Genzmann


eingetragen von PL am 22.01.2005 um 15.39

Ich kapituliere und gebe hiermit bekannt, daß dies mein letztes Wort in diesem Forum ist.

Wie viele Erkenntnisse habe ich gewonnen in diesem Forum! Ich danke allen hier. Für die Beibehaltung der bewährten deutschen Rechtschreibung habe ich mich eingesetzt, mit allen Mitteln, die mir zur Verfügung stehn. Die Lektüre der Beiträge dieses habe Forums habe ich jedem und jeder empfohlen, als Quelle seiner, bzw. ihrer Bereicherung.

Die deutsche Sprache liegt mir sehr am Herzen – sie ist mein einziges Kapital. In meinem Testament steht, wer was von mir erben wird: Alles, was ich besitze, das aus Papier und/oder Karton ist, erbt meine Freundin Cristina. Also Bücher und Handschriften, die zu 100 Prozent unter Einhaltung der Regeln der bewährten deutschen Rechtschreibung verfaßt worden sind.

Als Vater einer leiblichen Tochter (Flora) und als Pflegevater von fünf angenommenen Kindern (Mirjam, Sara, David, Benjamin und Debora) verabschiede ich mich hier – aus gesundheitlichen Gründen – nicht ohne mich nochmals dafür zu bedanken, was Menschen wie Karin Pfeiffer-Stolz zur Erhaltung der Würde des Menschen tun und getan haben.

Peter Lüber


eingetragen von Fritz Koch am 22.01.2005 um 13.47

Ohne diese Investitionen und Gebühren wären wir auch in Deutschland Umweltverschmutzer. Jeder Mensch produziert Abfälle.


eingetragen von PL am 22.01.2005 um 12.17

Darf ich, da – gemäß Herrn Icklers Urteil, „jederMensch, der lebt, die Umwelt verschmutzt“, – Sie als ‚Umweltverschmutzer‘ bezeichnen?

Peter Lüber


eingetragen von Fritz Koch am 22.01.2005 um 11.26

Fahren Sie zum Beispiel mal nach Bosnien, dort sehen Sie, wie eine Umwelt mit rußenden Kohleöfen und ohne Abwasserreinigung und ohne organisierte Abfallbeseitigung aussieht. Wir können uns in Deutschland ein sehr gut organisiertes System leisten. Das ist woanders nicht selbstverständlich.


eingetragen von PL am 22.01.2005 um 11.16

An Theodor Ickler:

„Jeder, der lebt, verschmutzt die Umwelt.“ – Also wirklich, dieser Satz hat mich umgehauen. Ich versuche nun, mich wieder aufzurappeln. Vielleicht gelingt es mir.

Peter Lüber


eingetragen von Fritz Koch am 22.01.2005 um 11.12

durch Entlassungen, denn Kapitalvernichtung gilt als Dummheit oder Unfähigkeit einer Firmenleitung.

Aus der Südd. Zeitg. v. 21.1.05, Wirtschaft, "Sprachforscher verunglimpfen gut gemeinte Idee Die Jury kritisiert einen Begriff, der Mitarbeiter als Träger von Fähigkeiten und Erfahrungen ansieht und nicht als Kostenfaktoren", Beitrag von Professor Christian Scholz, Lehrstuhl für Betriebswirtschaftslehre mit Schwerpunkt Organisation, Personal- und Informationsmanagement an der Universität Saarbrücken:
"Endlich ist sich die Nation einmal einig - die Wahl von 'Humankapital' zum Unwort des Jahres 2004 setze ein klares Zeichen, und zwar ein richtiges. Die vielen Befürworter der Entscheidung folgen einer einfachen Argumentation: Es ist und bleibt verwerflich, den Mitarbeiter als ökonomischen Faktor anzusehen. Wer das macht, erkennt den Menschen nicht als ganzheitlich-soziales Wesen an. Den Ignoranten gehe es nur um Geld und nicht - wie dem Sprachforscher Professor Horst Dieter Schlosser als Präsident der Unwort-Wahljury - um das Wahre, Gute und Schöne, sagen die Humankapital-Kritiker.
Sie fragen rhetorisch, ob es denn nicht stimme, dass auf Ökonomie fixierte Unternehmensberater von McKinsey oder der Boston Consuling Group mit Instrumenten wie 'Gemeinkostenwertanalyse' und 'Übergewinn pro Mitarbeiter' Arbeitsplätze vernichten? Werden nicht wegen dieser Orientierung jeden Tag Menschen 'freigesetzt' - egal ob bei Siemens, Hewlett-Packard oder der Bahn?
Die Argumentation der Humankapital-Kritiker ist simpel und passt gut in verbreitete Denkmuster. Nur leider ist an diesen Überlegungen so ziemlich alles falsch, was falsch sein kann. Wer das Wort Humankapital nutzt, dem geht es nicht um Kostensenkung und Entlassungen. Ganz im Gegenteil: So hat die Europäische Union den Begriff Humankapital in die Debatte eingeführt, um auf die Bedeutung von Wissen und Fähigkeiten der Menschen hinzuweisen. Noch weiter gehen Organisationen wie der Human Capital Club, die den Wert von Mitarbeitern als Kapital der Firmen hervorheben.
Auch bei Diskussionen um Unternehmensbewertungen gibt es deutliche Tendenzen, neben leicht berechenbaren Aktiva wie Grundstücken immaterielle Werte wie Humankapital einzubeziehen. Davon profitieren die Beschäftigten, da sie dann nicht nur als Kostenfaktor gesehen werden, sondern zugleich schützenswertes Kapital darstellen.
Ebenfalls falsch in der Argumentation von Professor Schlosser und Co. ist der Vorwurf an Beratungsunternehmen wie McKinsey. Viele Berater sind sich der positiven Bedeutung von Humankapital durchaus bewusst. Sprechen sich die Experten aber gegen Massenentlassungen aus und weisen auf die Bedeutung des Humankapitals, also des Wissens und der Erfahrung der Mitarbeiter, hin, machen sie sich häufig Feinde in der beratenen Firma: den Finanzvorstand, der Personalkosten senken will, und den Personalvorstand, der den Begriff Humankapital an sich für unangemessen hält. Die Scheu vor dem H-Wort lässt sich auch in der personalwirtschaftlichen Fachpresse ablesen: Nahezu alle Autoren wehren sich gegen die ökonomische Bestimmung des Humankapitalwertes.
Die Unwort-Jury kritisiert einen Begriff und tötet damit eine gut gemeinte Idee - auch dadurch, dass der Präsident des Gremiums auf seiner Internet-Homepage den ehemaligen Bundespräsidenten Johannes Rau zitiert mit dem Satz 'Unworte bereiten Untaten den Boden'. Wer will schon zu einer unmenschlichen Randgruppe gehören, die offensichtlich Untaten plant?
Professor Schlosser muss sich zudem fragen lassen, was an die Stelle der Idee des Humankapitals treten soll. Wir kennen die Hochglanzbroschüren der Personalabteilungen mit Slogans wie 'Bei uns steht der Mensch im Mittelpunkt'. Ist das die Alternative? Auf der einen Seite die unantastbare Würde des Menschen, auf der anderen Seite entlassen sie Mitarbeiter und behandeln sie menschenverachtend - eben weil manche Konzerne ihre Angestellten nicht als wertvolles Kapital sehen: Wollen wir wirklich zurück zu dieser Scheinheiligkeit?
Stigmatisierte Randgruppe
Die Jury um Schlosser hat zynisch und menschenverachtend gehandelt: Sie hat eine intellektuelle Minderheit brutal stigmatisiert und in verantwortungsloser Weise diskreditiert - eine Minderheit, die eine Alternative sucht zur Denkhaltung, dass Mitarbeiter vor allem Kostenfaktoren sind. Die betroffenen Wissenschaftler und Praktiker werden sich schlimmstenfalls von dem verunglimpften Thema zurückziehen.
Es wurde die Chance vertan, ein positives Signal zu setzen, denn für den Standort Deutschland und die Wissensgesellschaft sind Menschen das wichtigste Kapital. Humankapital hätte statt zum Unwort zum Wort des Jahres gewählt werden sollen."


eingetragen von Theodor Ickler am 22.01.2005 um 09.59

Ich finde das Wort "Luftverschmutzungsrecht" sehr gut. Jeder, der lebt, verschmutzt die Umwelt. Um das in Grenzen zu halten, hat man verschiedene Methoden erprobt. Der Handel mit Anteilen erwies sich als besonders flexibel und erfolgreich, besser als starre technische Vorschriften. Der Eigennutz, die verläßlichste Größe, sorgt dafür, daß jeder versucht, von hohen Anteilen herunterzukommen und damit seine Kosten zu minimieren. Je weniger für die Luftverschmutzung bezahlt werden muß, desto mehr kann man z. B. in Humankapital investieren. Gute Idee!
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Th. Ickler


eingetragen von Theodor Ickler am 22.01.2005 um 09.54

Kommentar
Simples Feindbild


18. Januar 2005 orn. Die Welt ist einfach, wenn die Feindbilder simpel sind. "Humankapital" ist das Unwort des Jahres, "Luftverschmutzungsrecht" folgt auf Platz drei. Diesen Unehrentitel vergibt eine Jury von Sprachwissenschaftlern, wenn ein Wort "sachlich grob unangemessen" ist und "möglicherweise die Menschenwürde verletzt". An den Kriterien ist nichts auszusetzen. Sprache prägt das Denken, es gilt, früh auf die Bremse zu treten. Im Fall des Luftverschmutzungsrechts wird in der Tat ohne Wimpernzucken ein positives Recht an etwas Negativem festgestellt. Allein - darf man hier stehenbleiben und ausblenden, daß erst definierte Ansprüche Grenzen setzen, daß das implizite Recht auf Verschmutzung ohne ein explizites Verschmutzungsrecht unendlich wäre? Wird etwas unangemessen dadurch, daß man es klar beim Namen nennt? Wirklich bedenklich ist jedoch die Wahl des Wortes "Humankapital". Es degradiere Menschen zu nur noch ökonomisch interessanten Größen, lautet der Vorwurf. Also degradieren auch funktionale Kollektivbegriffe wie Personal, Mitarbeiter und Gewerkschaft? Wohl kaum. Der Feind ist das Wort "Kapital". Dabei ist Kapital schlicht Vermögen - und entspringt in jeder Form stets menschlichen Köpfen. Die ganze abendländische Philosophie ist darauf ausgerichtet, daß der Mensch diesen Reichtum vervollkommnet. Vor einem Reflex, der darin Böses sehen will, vermag der Humanismus nur zu kapitulieren.


Text: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 19.01.2005, Nr. 15 / Seite 11


eingetragen von Theodor Ickler am 22.01.2005 um 09.45

Dazu habe ich folgende Geschichte gehört: Da Harald Weinrichs Grammatik, in erster Auflage vom Dudenverlag herausgebracht, in der bewährten Rechtschreibung gehalten ist, stellte sie offenbar für den Verlag eine peinliche Erinnerung an bessere Zeiten dar. Wie dem auch sei, eines Tages stellte sich heraus, daß fast tausend noch unverkaufte Exemplare "versehentlich eingestampft" worden waren. Herr Weinrich ging daraufhin zum Verlag Olms.
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Th. Ickler


eingetragen von PL am 22.01.2005 um 08.31

„Wir sind das Kapital“, müßten – Ihrer Meinung nach – Mitarbeiter zum eigenen Schutz sagen. Vor wem oder vor was wären sie dann geschützt? Etwa vor Arbeitslosigkeit?

Peter Lüber


eingetragen von Fritz Koch am 21.01.2005 um 11.36

Führt man den Faktor "Wertveränderung durch Zeitablauf" ein, dann ist der Vergleich des Wertes der Belegschaft mit Kapital sogar schmeichelhaft: Kapital verliert an Wert nur durch Inflation; da wir zurzeit keine haben, überwiegt die Wertsteigerung durch einen zum Kapital addierten Zinsertrag. Viele Firmen lassen es aber zu oder kalkulieren es sogar ein, daß der Wert ihrer Mitarbeiter durch vorenthaltene Weiterbildungsmaßnahmen durch Zeitablauf stetig sinkt, über 50jährige haben schon fast keinen Marktwert mehr. Es scheint ihnen auch billiger, junge Mitarbeiter zu importieren und die eigenen älteren auf Kosten der Sozialversicherung zu entsorgen. Wenn Mitarbeiter einen Kapitalwert darstellen, darf man eigentlich nicht so handeln. Die Mitarbeiter müßten zum eigenen Schutz sagen: "Wir sind das Kapital."


eingetragen von Heinz Erich Stiene am 21.01.2005 um 10.52

Mein Vorschlag:
Harald Weinrich, Textgrammatik der deutschen Sprache, 2. revidierte Aufl., Hildesheim (Olms) 2003.

Das über 1100 Seiten starke Buch ist in bewährter Rechtschreibung verfaßt.
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Heinz Erich Stiene


eingetragen von Karin Pfeiffer-Stolz am 21.01.2005 um 10.02

Mit Destruktivität kann man nichts gewinnen.

Kann mir jemand weiterhelfen? Ich bin um Rat gefragt worden, hier der Wortlaut der Mail:

Sehr geehrte Damen und Herren,
können Sie mir bitte mitteilen, ob es ein Buch gibt, worin die deutsche Grammatik der alten Schreibform – also noch vor der Rechtschreibreform erklärt wird, genauer gesagt, wie sie aufgebaut ist? Mich würde es wirklich interessieren, denn mit diesem heutigen „Undeutsch“ weiß man bald wirklich nicht mehr, wie die gute alte deutsche Grammatik aufgebaut ist bzw. war.


Danke für Rat und Tat.
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Karin Pfeiffer-Stolz


eingetragen von J. Teubel am 21.01.2005 um 09.20

Was denn, was denn, argumentativer Notstand ausgebrochen? Oder fällt Ihnen gerade keine griffige Scheißhausparole ein?

Ja, richtig, wieso eigentlich bleiben? Der Kampf gegen die westdeutsche Blödheit war sowieso von Anfang an verloren. Wie erleichternd zu wissen, aus welcher verkrüppelten Gesellschaftsform die Reform entsprang. Hoch lebe der Profit und die Ahnungslosigkeit der Bekloppten und Blöden!


eingetragen von margel am 21.01.2005 um 08.49

"Wer etwas zu sagen hat, trete vor und schweige."(Karl Kraus bei anderer Gelegenheit) Das Forum ist ja in letzter Zeit ziemlich heruntergekommen. Da wartet man am besten ab, bis all diese Hocherhitzten samt ihren unverdaulichen Speiseresten das Feld wieder geräumt haben. Erfahrungen in dieser Richtung haben wir ja genügend.
– geändert durch margel am 21.01.2005, 13.02 –


eingetragen von J. Teubel am 20.01.2005 um 23.10

Was stand denn nun im Kommentarteil der Entscheider-Journaille? So vom Tenor her, daß es nie wieder passieren darf, daß russische Panzerkeile gen Westen fahren?

margel, zu Ihrem "gewaltigen Fortschritt": 40 Jahre Sozialismus waren ein gewaltiger Fortschritt. 40 Jahre nämlich, in denen das Kapital wenigstens im Osten Deutschlands NICHTS zu sagen hatte. Für 'nen Wessi unvorstellbar, was?


eingetragen von PL am 20.01.2005 um 21.14

Theodor Ickler verweist uns auf den Wirtschaftsteil der Frankfurter Allgemeinen Zeitung: Ablenkung nenne ich das.

Peter Lüber


eingetragen von PL am 20.01.2005 um 20.55

An margel:

„Spitzfindigkeit“ hatte ich schreiben wollen, nicht „Spritzfindigkeit“. Diesen Rechtschreibfehler gebe ich freimütig zu, ohne mich davon ablenken zu lassen, um was es hier geht: um die Würde des Menschen.

Peter Lüber


eingetragen von margel am 20.01.2005 um 19.01

"Spritzfindigkeit" ist das Humankapital der Feuerwehrleute.


eingetragen von Theodor Ickler am 20.01.2005 um 17.39

Im Wirtschaftsteil der FAZ stand sogleich der treffendste Kommentar zur Unwortwahl.

Am 20.1. schob die FAZ noch einen halbe Seite Stellungnahmen von Wirtschaftswissenschaftlern nach: allesamt vernichtend über die weltfremde Schöngeisterei der selbsternannten Moralwächter.
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Th. Ickler


eingetragen von PL am 20.01.2005 um 17.08

An margel, den Propheten der zukünftigen „Wissensgesellschaft“:

Ich bitte Sie zu bedenken, daß Menschen sehr vergeßlich sind. „Die Würde des Menschen ist unantastbar“, steht irgendwo geschrieben. Dies, zu Ihrer Erinnerung.

Peter Lüber


eingetragen von PL am 20.01.2005 um 16.27

Wo leben Sie denn, frage ich (im Tonfall Loriots) Sie, Herr Scheuermann? Da, wo ich lebe (in der deutschsprachigen Schweiz), höre ich beinahe jeden Tag Sätze wie „Das finde ich gar nicht gut“ oder „Wie findest du das?“

Ich finde, Rosen sind schön. Rosen waren die Lieblingsblumen meiner Mutter. Als Fünfzehnjähriger malte ich eine Rose in Aquarell. Der Inhaber einer der renommiertesten Cliché-Anstalten fand diese so schön, daß er mich (einen von mehr als zweihundert Bewerbern) in die Lehre nahm. Darauf bin ich heute noch stolz.

Nun denken Sie vielleicht, Herr Scheuermann, ich wäre auf Ihre Spritzfindigkeit hereingefallen und dadurch vom Thema abgekommen. Wenn ja, dann irren Sie sich. Wenn nein, dann nicht.

Peter Lüber


eingetragen von J. Teubel am 20.01.2005 um 13.01

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von margel
In der zukünftigen "Wissensgesellschaft" und angesichts der Globalisierung wird dieses Humankapital eine immer größere Bedeutung erlangen.

Welch ein typisch kapitalistisches Gesülze. Daß das "Humankapital" ja sooo wichtig ist, sehen Sie an den rapide sinkenden Erwerbslosenzahlen und steigenden Gehältern der Arbeiter und Angestellten. Wie unentbehrlich das eigene im Lande ausgebildete Humankapital ist, sehen Sie an den verfügbaren Ausbildungsplätzen und an der Schulbildung. Vielleicht sollten Sie mal öfter über Ihren Tellerrand schauen und weniger FAZ und Financial Times studieren.


eingetragen von Wolfgang Scheuermann am 20.01.2005 um 11.41

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Peter Lüber
An Fritz Koch:

Sie finden „Humankapital“ ein treffendes Wort und fordern dazu auf, ein treffenderes zu finden. Wozu denn?

Peter Lüber


Obwohl man diese Nutzung von "finden" häufig antrifft, hinterläßt sie bei mir immer einen zwiespältigen Eindruck.

"Die Menschen finden die Verträge zu kompliziert"; "ich finde das gut" - dieser Gebrauch von finden im Sinne von empfinden ist sicher völlig in Ordnung, aber "ich finde Rosen schöne Blumen" - das ist m.E. nicht mehr so richtig stimmig.
__________________
Dr. Wolfgang Scheuermann


eingetragen von margel am 19.01.2005 um 19.27

"Humankapital" vom englischen "human capital" ist eine gelungene und überaus menschenfreundliche Fügung. Besagt der Ausdruck doch, daß neben den Sach- und Finanzmitteln eines Betriebes auch die Fähigkeiten und Kenntnisse (denn um die geht es) der dort Tätigen als mindestens gleichrangig anzusehen sind. Das war in der Geschichte des "Kapitalismus" nicht immer so und bedeutet einen gewaltigen Fortschritt. In der zukünftigen "Wissensgesellschaft" und angesichts der Globalisierung wird dieses Humankapital eine immer größere Bedeutung erlangen.


eingetragen von Fritz Koch am 19.01.2005 um 18.44

Wenn ich Betriebswirtschaftler wäre, könnte ich es genauer erklären: Ich verstehe unter Betriebskapital das Geld, das eine Firma auf dem Konto flüssig hat. Daneben existiert der Wert der Betriebseinrichtungen: der Anlagen und Maschinen usw. Weiters existiert der Wert der Kenntnisse und Fähigkeiten der Belegschaft, dieser ist am schwierigsten bewertbar. Aber ohne die richtigen Fachleute kann eine Firma einen Auftrag nicht erfüllen. Manche Firmen glauben, im Bedarfsfall für einen bestimmten Auftrag einfach Fachleute einstellen oder importieren zu können, um sie danach wieder zu entlassen; sie möchten die Mitarbeiter wie flüssiges Kapital behandeln. Im Bauwesen könnte das vielleicht funktionieren. In Hochtechnologieprojekten ist es sehr riskant, denn die wirklich guten Leute spielen dieses Leben als Zeit- und Wanderarbeiter nicht mit. Solche Berufsaussichten schrecken sie auch schon vor dem Studium ab. Eigentlich kann nur ein Betriebswissenschaftler den richtigen Ausdruck für den Wert der Kenntnisse und Fähigkeiten der Belegschaft finden. Eine Analogie zum Maschinenpark gibt es: Auch der Wert des Wissens und Könnens der Mitarbeiter muß durch Weiterbildung und Übungen aufrechterhalten werden. Wenn da gespart wird, sinkt dieser Wert.


eingetragen von PL am 19.01.2005 um 16.49

An Fritz Koch:

Sie finden „Humankapital“ ein treffendes Wort und fordern dazu auf, ein treffenderes zu finden. Wozu denn?

Peter Lüber


eingetragen von PL am 19.01.2005 um 16.23

An margel:

„Dafür stellen sich dann sofort Assoziationen wie ‚Kapitalismus = Ausbeutung‘ oder ‚Mensch als bloßes Produktion[s]mittel‘ ein.“ – Also Assoziationen, die sich bei Ihnen einstellen? oder bei andern, von denen Sie es wissen? Immerhin bestreiten Sie diese Assoziationen nicht. Und dies halte ich Ihnen zugute.

Menschen – politisch betrachtet als „Stimmvieh“, militärisch als „Kanonenfutter“ oder, wenn damit nicht Soldaten, sondern totgeschossene Zivilisten gemeint sind, als „Kollateralschäden“, philosophisch als „Fabrikware der Natur“ (Schopenhauer) und nun ökonomisch als „Humankapital“ – da kann ich nur sagen: Ecce-Homo!

Das Unwort des 20ten Jahrhunderts lautet, gemäß dem weisen Urteil der Jury, „Menschenmaterial“.

Peter Lüber


eingetragen von PL am 19.01.2005 um 13.55

An Theodor Ickler

„Dabei könnte es auch sein Gutes haben, Menschen (vor allem Kinder) für ebenso wertvoll zu halten wie Aktien.“ Nehmen Sie bitte diesen Satz zurück; zumal es Aktien gibt, die keinen Dreck wert sind. Ich frage Sie: Finden Sie es nicht bemerkenswert, daß Aktien von Unternehmen, welche ihr „Humankapital“ in die Arbeitslosigkeit entlassen, im Werte steigen? Es gibt eine Firma, die nennt sich „Adecco Human Resources AG“. Ob ein „Gutmensch“ diesen Namen erfunden hat?

Von Ihnen, Herr Ikler, würde ich mir jede grammatikalische und orthographische Korrektur gefallen lassen; jedoch nicht jede Ihrer Narreteien. Ich gebe Ihnen zu bedenken, daß man Kapital auch abschreiben kann – und nicht nur in einem Sinne!

Falls Sie dereinst ein Bedeutungswörterbuch verfassen sollten: Ich werde einer Ihrer ersten Leser sein.

Peter Lüber


eingetragen von margel am 18.01.2005 um 18.13

Wahrscheinlich wissen die Erfinder dieses "Unwortes" nur so ungefähr, was man unter Kapital zu verstehen hat. Dafür stellen sich dann sofort Assoziationen wie "Kapitalismus = Ausbeutung" oder "Mensch als bloßes Produktionmittel" ein. Wäre ich Angehöriger einer Firma, so wäre ich jedenfalls stolz darauf, aufgrund meiner Kenntnisse und Fähigkeiten zum Humankapital gerechnet zu werden.


eingetragen von Fritz Koch am 18.01.2005 um 17.26

Eine treffende Bezeichnung für den Wert des Wissens und Könnens der Mitarbeiter eines Betriebes. Meist merkt die Firmenleitung ihn erst, wenn er zur Konkurrenz abgewandert ist und teuer neu eingekauft und wieder aufgebaut werden muß.

Der jüngste Fall betraf die Firma Infineon, wo der (inzwischen unehrenhaft entlassene) Chef Schuhmacher in einer Flaute massenhaft Mitarbeiter entlassen wollte und erst von klügeren Leuten vorgerechnet bekommen mußte, daß gleichwertige Mitarbeiter bei einem Aufleben des Geschäftes sofort und für lange Zeit fehlen würden.


eingetragen von Theodor Ickler am 18.01.2005 um 15.50

"Humankapital" soll Unwort des Jahres sein? Das war es aber vor sechs Jahren auch schon mal, wenn auch nicht an erster Stelle. Aber die Plazierung ist sowieso egal, weil die Jury ja ohnehin nicht die meistgenannten Wörter auswählt, sondern nach eigenem Gutdünken entscheidet und daher ohne weiteres auch ein Wort aussuchen kann, das überhaupt niemand vorgeschlagen hat.

Die Begründung ist lächerlich,wie immer. Warum soll denn mit einem solchen Wort der Mensch auf einen Wirtschaftsfaktor reduziert werden? Jede Bezeichnung greift nur einen Aspekt heraus. Wenn der Mensch im Kranknehaus liegt, ist er eben ein "Patient" oder ein "Fall" oder ein "Blinddarm auf Zimmer 11" usw. Damit reduziert man ihn doch nicht. Über das "Humankapital" haben sich schon Generationen von Sprachkritikern aufgeregt. Dabei könnte es auch sein Gutes haben, Menschen (vor allem Kinder) für ebenso wertvoll zu halten wie Aktien.

Wirtschaftsferne Menschen, bei denen das Geld von der Bank kommt, ereifern sich gern über die Ökonomisierung aller Lebensverhältnisse. Zum Glück bestimmen nicht solche Gutmenschen über die wirtschaftlichen Grundlagen unserer Existenz, sonst wären wir arm dran. Unverständlich ist bloß, warum die Nachrichtenagenturen diese Wichtigtuerei jedes Jahr so zuverlässig unters Volk bringen.
__________________
Th. Ickler


eingetragen von margel am 18.01.2005 um 13.57

"...mehr Platz, sowohl für Passagiere als auch fürs Gebäck." (Ein Weltblatt aus Frankfurt/Main über den Audi A3 2.0 Sportback Ambition)


eingetragen von margel am 13.01.2005 um 10.01

Aus einem Anzeigenblatt: "Nahchilfelehere für Deutsch, Kl 4 gesucht"


eingetragen von rrbth am 01.01.2005 um 18.55

H. Ickler schrieb mal, es ging um den Kauf von Tellern, hier:

> Die fränkische Verkäuferin vergewisserte sich mehrmals,
> ob „Body-Deller“ gemeint seien. Nach einiger Zeit
> erkannte meine Frau das Wort „Party-Teller“.

Sowas hab ich auch:
An der Fleischtheke.
... Parma-Schinken?
??? - - -
... Farmer-Schinken!


eingetragen von margel am 31.12.2004 um 10.27

Meine Frau hatte die Gelegenheit, unser Plan-Patenkind mit seiner Familie in Ecuador persönlich zu besuchen. Sie konnte sich davon überzeugen, daß die Mittel auch wirklich dort ankommen, wo sie gebraucht werden. Das ist ja immer die Unbekannte bei all den vielen Hilfsorganisationen. Schließlich will man nicht vor allem Reisen von Vereinsfunktionären finanzieren.


eingetragen von Matthias Dräger am 31.12.2004 um 07.50

Angesichts der unvorstellbaren Flutkatastrophe habe ich hier eine Übersicht von Hilfsorganisationen eingestellt - entnommen aus http://www.zdf.de/ZDFde/inhalt/2/0,1872,2243874,FF.html
Da viele Kinder ihre Eltern verloren haben, werde ich meine Spende an Plan International schicken, die mir von der Ausrichtung her für die Bewältigung der Spätfolgen der Flut bestens geeignet erscheinen (s.u.).


Aktion Deutschland hilft
(Johanniter, Malteser Hilfdienst, action medeor, Arbeiter-Samariter-Bund, Arbeiterwohlfahrt, HELP, CARE, Paritätischer Wohlfahrtsverband, ADRA, World Vision)
Bank für Sozialwirtschaft Köln
BLZ 370 205 00 Konto 10 20 30
Stichwort: Seebeben
Aktion Deutschland hilft im Internet

 
   
ADRA - Adventistische Entwicklungs- und Katastrophenhilfe Deutschland e.V.
Dresdner Bank
BLZ 508 800 50 Konto 200 070 209

 
   
Andheri-Hilfe
Sparkasse Bonn
BLZ 380 500 00 Konto 40 006
Stichwort:Seebeben
andheri-hilfe.de

 
   
Ärzte für die Dritte Welt
EKK Bank
BLZ 500 605 00 Konto 104 888 880
Stichwort: Seebebenopfer
Ärzte für die dritte Welt im Internet

 
   
Ärzte ohne Grenzen
Sparkasse Bonn
BLZ 380 500 00 Konto Nr. 970 97
Stichwort: Seebeben
Ärzte ohne Grenzen

 
   
CARE
Sparkasse Bonn
BLZ 380 500 00 Konto 440 40
Stichwort: Nothilfe Südasien
Care im Internet

 
   
Caritas International
Postbank Karlsruhe
BLZ 660 100 75 Konto 202 753
Stichwort: Erdbeben Südasien
Caritas International im Internet

 
   
CCF Kinderhilfswerk
BfS Stuttgart
BLZ 601 205 00 Konto 778 00 06
Stichwort Asienhilfe
ccf-kinderhilfswerk.de

 
   
Christoffel-Blindenmission
Sparkasse Bensheim
BLZ 509 500 68 Konto 505 050 5
Kennwort: Südasien
Christoffel Blindenmissionim Internet

 
   
Deutsches Rotes Kreuz
Bank für Sozialwirtschaft
BLZ 370 205 00 Konto 41 41 41
DRK im Internet

 
   
Diakonie Katastrophenhilfe
Postbank Stuttgart
BLZ 600 100 70 Konto 502 707
Stichwort: Erdbeben Südasien
Diakonie Katastrophenhilfe im Internet

 
   
Deutsche Welthungerhilfe
Sparkasse Bonn
BLZ 380 500 00 Konto 111 5
Stichwort: Erdbeben Asien
Deutsche Welthungerhilfe im Internet

 
   
Handicap International
Bank für Sozialwirtschaft
BLZ 700 205 00 Konto 595
Stichwort: Sri Lanka

 
   
humedica
Sparkasse Kaufbeuren
BLZ 734 500 00 Konto 47 47
Stichwort "Flutkatastrophe"
humedica e.V.

 
   
Kindernothilfe
KD-Bank
BLZ 350 601 90 Konto: 45 45 40
Stichwort: Seebeben
Kindernothilfe im Internet

 
   
MISEREOR
Sparkasse Aachen
BLZ 390 500 00 Konto 52 100
Stichwort: Erdbebenopfer
Misereor im Internet

 
   
Missionszentrale der Franziskaner
Sparkasse Bonn
BLZ 380 500 00 Konto Nr. 25 00 14 47
Stichwort: Flutkatastrophe Südostasien
mzf.org

 
   
Oxfam Deutschland
Bank für Sozialwirtschaft
BLZ 370 205 00 Konto 13 13 13
Kennwort: "Seebeben"
Oxfam Deutschland

 
   
Plan International
Deutsche Bank
BLZ 200 700 00 Konto 06 12 81 202
Stichwort "Hilfe für Südasien"
Plan International im Internet

 
   
SOS-Kinderdörfer weltweit
Deutsche Bank München
BLZ 700 700 10 Konto 111 11 11 (siebenmal die Eins)
Stichwort: SOS-Südasien
SOS-Kinderdörfer

 
   
terre des hommes
Volksbank Osnabrück
BLZ 265 900 25 Konto 700 800 700
Stichwort: Flutwelle
Terre des hommes im Internet

 
   
UNICEF
Bank für Sozialwirtschaft
BLZ 370 205 00 Konto 300 000
Stichwort: Erdbeben Asien
Unicef im Internet

 
   
World Vision
Volksbank Frankfurt
BLZ 501 900 00 Konto 20 20
Stichwort: "Tsunami Südasien"
World Vision im Internet


 


Über Plan International (ex internet):
In den vier Arbeitsfeldern Gesundheit, Bildung/Ausbildung, Lebensumfeld und Einkommen führt Plan Hilfsprojekte durch, die eine dauerhafte Entwicklung der Patenkinder, ihrer Familien und Gemeinden gewährleisten. Oberstes Ziel der Arbeit von Plan ist es, die Unabhängigkeit und das Selbstvertrauen der Menschen zu fördern, um den Kindern ein gesundes Aufwachsen in einer starken Gemeinschaft zu ermöglichen. Das Konzept: Statt spektakulärer Maßnahmen überschaubare und sinnvoll aufeinander abgestimmte Selbsthilfe-Projekte, die die Lebenssituation der Kinder nachhaltig verbessern. Gleichzeitig spielt die interkulturelle Kommunikation zwischen Paten und Patenkindern für Plan eine wichtige Rolle, um das gegenseitige Verständnis zu fördern.

   
An der Auswahl, Planung und Durchführung der Hilfsprojekte sind die Gemeinden unmittelbar beteiligt. Als Gesundheitshelfer, Elternrat oder in Wasserkomitees nehmen sie die Entwicklung ihrer Gemeinschaft selbst in die Hand. Das Plan-Büro vor Ort betreut die Hilfsprojekte. Hier arbeiten einheimische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die mit der Sprache und der Kultur ihres Landes vertraut sind. Sobald die Gemeinschaft in der Lage ist, die Arbeit aus eigener Kraft fortzusetzen, zieht sich Plan zurück und wendet sich anderen Regionen zu, in denen Kinder und ihr Umfeld Not leiden.

So gelingt es Plan, Hilfe sehr gezielt und ohne Umwege leisten zu können. Mit einer Patenschaft können Sie diese Arbeit tatkräftig unterstützen.

http://www.plan-deutschland.de/ueber_plan/so_arbeiten_wir.php



http://www.plan-deutschland.de/laenderlexikon/laenderinfos.php


eingetragen von Detlef Lindenthal am 25.12.2004 um 21.00

Danke für die Erläuterung, und in den Einzelheiten kann ich Ihnen durchaus zustimmen.
Wenn ich allerdings die Denkweise und Planungsziele mir bekannter Wirtschaftsstudenten mitbekomme, deren Universitäts-Zeitschriften lese oder die DLF-Wirtschaftsnachrichten höre, dann ist Jonas’ Forderung durchaus kein aufderhandliegender Allgemeinplatz; denn in den Köpfen und Herzen dieser Studenten geht es um ungebremstes Wachstum, wie in der Genesis 1.28 angedeutet: „... mehret euch und füllet die Erde machet sie euch untertan ...“
In den Köpfen der Wirtschaftler geht es um sehr, sehr dicke Autos, um Besitzstandswahrung und Arbeitplätzeexport (verniedlicht als outsourcing, 7,3 Mio. Gugel) und kaum um Allgemeinverträglichkeit.
Eher so: Wir sind der Abschaum der Menschheit; aber Schaum schwimmt oben.
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Detlef Lindenthal


eingetragen von Theodor Ickler am 25.12.2004 um 18.35

Bei Kant hat die Sache noch ein gewisses intellektuelles Niveau, auch wenn weiterhin Schopenhauers Satz gilt, "daß Moral-Predigen leicht, Moral-Begründen schwer ist". (Eher unmöglich, würde ich sagen, weshalb man ja auch Moralphilosophisches meistens gleich weglegt, es ist schier zum Gähnen. Das Moralische versteht sich eben von selbst - oder gar nicht.) Aber eine wohlklingende Phrase im Predigerton ("auf Erden"!) kommt hierzulande immer gut an und wird unvermeidlicherweise preisgekrönt. Man soll also immer an die Nachwelt denken und nicht nach dem Motto "Nach uns die Sintflut!" handeln. Das ist doch nett, nicht wahr? Aber ist es wert, ausgesprochen zu werden? Und gar als Ergebnis jahrzehntelangen Philosophierens auf Briefmarken verewigt zu werden? Und dann wird die unübertreffliche Trivialität noch durch den sehr wissenschaftlich klingenden Ausdruck "Permanenz" vernebelt, eine Geschmacklosigkeit ersten Ranges.
Manchmal frage ich mich, wie ein Mensch dazu kommt, seine Mitbürger mit solchem Gewäsch zu belästigen. Das gilt natürlich auch für Weihnachtsansprachen hoher Politiker, die ja auch nicht dafür bezahlt werden, daß sie erbauliche Reden vortragen.
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Th. Ickler


eingetragen von Dr. Konrad Schultz am 25.12.2004 um 17.30

Auf der Seite des im Mai 1998 gegründeten Hans-Jonas-Zentrums ist das Zitat jedenfalls richtig wiedergegeben. Mit "daß".


eingetragen von Detlef Lindenthal am 25.12.2004 um 14.01

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Theodor Ickler
Zum Lecken
Gestern kam ein dicker Umschlag mit hübschem Inhalt (vielen Dank, lieber M.!). Aber die Briefmarke (2.20 Euro) ließ mich vor Scham fast im Erdboden versinken:: „Handle so, dass die Wirkungen deiner Handlungen verträglich sind mit der Permanenz echten menschlichen Lebens auf Erden. Hans Jonas 1903–1993"
Darauf paßt nur der klassische Kommentar: Es genügt nicht, keine Gedanken zu haben, man muß auch unfähig sein, sie auszudrücken.
Können Sie Ihren Einwand gegen Jonas’ kategorischen Imperativ für unsere jungen Leser, Handwerker usw. noch etwas verdeutlichen?
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Detlef Lindenthal


eingetragen von Theodor Ickler am 25.12.2004 um 09.10

Gestern kam ein dicker Umschlag mit hübschem Inhalt (vielen Dank, lieber M.!). Aber die Briefmarke (2.20 Euro) ließ mich vor Scham fast im Erdboden versinken:: „Handle so, dass die Wirkungen deiner Handlungen verträglich sind mit der Permanenz echten menschlichen Lebens auf Erden. Hans Jonas 1903-1993"

Darauf paßt nur der klassische Kommentar: Es genügt nicht, keine Gedanken zu haben, man muß auch unfähig sein, sie auszudrücken.
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Th. Ickler


eingetragen von Karin Pfeiffer-Stolz am 23.12.2004 um 05.10

Die Abwendung von der „Kunst“ des Schreibens an Schulen ist doch schon in vollem Gang, Herr Dräger!
Viele Lehrer sehen das auch so, finden es aber nicht schlimm, denn „wir haben ja den Computer“.
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Karin Pfeiffer-Stolz


eingetragen von Matthias Dräger am 22.12.2004 um 23.03

gibt es keine wesentlichen Unterschiede zwischen dem neuen Passat und der neuen Rechtschreibung? Befreien uns nicht beide von den „Fesseln der Vernunft“?

Ist das vielleicht die Magie der Rechtschreibreform, die Aufhebung der Unterscheidung von richtig und falsch, von „Gut“ und „Böse“, also die Rückkehr ins Paradies des Nicht-Erkennens?

Dann sollte man aber nicht auf halbem Wege stehenbleiben. Zu einer Ächtung der Orthographie gehört unbedingt auch eine Ächtung der Schrift als einer Kulturtechnik, die seit alters her ja doch nur zur Knechtung der menschlichen Freiheit mißbraucht wurde.
Ist nicht auch die Sprache in aller Regel die Quelle aller Mißverständnisse? Auch diese gehört abgeschafft, insbesondere in der Schule, da hier die Weichen gestellt werden für die Zukunft der menschlichen Gesellschaft.

Für die Schule der Zukunft hat das große Schillerwort zu gelten: „Spricht die Seele, ach, spricht die Seele nicht mehr!“

Was Deutschland jetzt braucht, ist eine Sprachreform!


eingetragen von Fritz Koch am 22.12.2004 um 22.48

Jeanne Rubner hat einen sehr schönen Kommentar auf der "Meinungs"-Seite der Südd. Zeitg. v. 22.12.04 geschrieben:
"Musterknabe mit Schulproblemen:
... Fast überall in der Republik fehlen Pädagogen oder zumindest die Stellen für sie. Kaum ein Bundesland schafft es, ausreichend Lehrer an die Schulen zu schicken - mal hat man den Bedarf falsch eingeschätzt, meistens aber will man einfach nur Personalkosten sparen. Und spekuliert darauf, dass eine Stunde weniger Biologie oder Deutsch den Kindern schon nicht schaden wird.
Diese Einstellung der Bundesländer aber ist mangelhaft. Wenn ständig Stunden gestrichen werden, können auch die Schüler den Unterricht nicht mehr wirklich ernst nehmen. Weitaus schädlicher als der entgangene Stoff oder die fehlenden Übungsstunden ist die Botschaft, die der mutwillig verursachte Lehrermangel vermittelt: Schule ist nicht so wichtig. rub"


eingetragen von margel am 22.12.2004 um 18.44

Der neue VW Passat "trägt sehr konzentrierte Linien an der Frontpartie, dort spricht er Worte der Dynamik. Das Heck ist für die Botschaft der Solidität zuständig. Und dazwischen, zum Beispiel an den Flanken das Fahrzeugs, spielen sich kleine Ereignisse ab, je nach den Einflüssen von Licht und Schatten." - Was ist der neue Passat? "Der Beginn einer Emotionalisierung von VW." - Was sorgt dafür? "Dafür sorgt vor allem eine sehr dichte Designsprache." - Wovon befreit sie das neue Auto? "Sie befreit es von den Fesseln der Vernunft." - Was löst sie beim Kunden aus? "Begehrlichkeit." (Wolfgang Peters in der F.A.Z. vom 21.12.2004) - Nach reiflicher Überlegung habe ich beschlossen, lieber doch kein von den Fesseln der Vernunft befreites Auto zu kaufen. Wer weiß denn, welche Sprache die Bremsen verstehen, im Ernstfall...?


eingetragen von Theodor Ickler am 14.12.2004 um 15.38

Kürzlich wies mich ein Kollege darauf hin, daß Michael Endes Jim Knopf nicht mehr nach China fährt, sondern nach "Mandala". Unter den entsprechenden Stichwörtern findet man im Internet eine Menge über diesen neuen Akt politischer Korrektheit (obwohl der Grund eigentlich nicht ganz einzusehen ist). Der Verlag heißt übrigens Thienemann und ist aus mehreren Gründen zu meiden.
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Th. Ickler


eingetragen von Fritz Koch am 10.12.2004 um 13.41

wird in dem Artikel von Heinz-Elmar Tenorth "Grundausstattung, Pisa und seine Kritiker", in der Süddeutschen Zeitung v. 10.12.04, Feuilleton, beschrieben.


eingetragen von Detlef Lindenthal am 10.12.2004 um 12.42

DLF, Kultursendung Fazit, 10.12.2004, 0:51:

>>Sabine Christiansen ist mit ihrem Antrag auf Unterlassung einer sie betreffenden Passage in der Inszenierung des Gerhard-Hauptmann-Stückes „Die Weber“ am Dresdener Staatsschauspiel gescheitert. Das Dresdner Landgericht sah in seiner heute verkündeten Entscheidung durch die Textstelle: „Wen ich sehr schnell erschießen würde, das wäre Sabine Christiansen“ das Persönlichkeitsrecht der TV-Moderatorin nicht in unerträglicher Weise angegriffen. Christiansen hatte die Passage als Mordaufruf verstanden. Der angegriffene Satz dürfe allerdings nicht isoliert betrachtet werden, sondern müsse im Gesamtzusammenhang des Theaterstückes gesehen werden, betonte Richterin Martina Handke. Sobald verschiedene Interpretationen eines Kunstwerkes möglich seien, müsse die Rechtsprechung jene zur Beurteilung zugrunde legen, die andere Rechtsgüter am wenigsten beeinträchtige. [hä?]

Dennoch darf das Stück bis auf weiteres nicht aufgeführt werden, der lizenzhabende Verlag Felix Bloch Erben hatte erfolgreich beantragt, dem Schauspielhaus die Aufforderung aller Szenen mit dem Chor der Arbeitslosen zu untersagen, die wegen scharfer Angriffe auf Prominente für Aufsehen gesorgt hatten. Das Schauspiel[haus] wehrt sich gegen das Aufführungsverbot, eine Entscheidung in diesem Verfahren soll am 11. Januar fallen.<<

Meine Meinung:
Die Richterin (am Landgericht!) sollte lieber einer nützlichen Arbeit nachgehen und sich um ihre Kinder und Enkel kümmern, als sich selbst im StGB zu verstricken.
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Detlef Lindenthal


eingetragen von margel am 03.12.2004 um 19.15

Auf der Seite des Deutschen Sprachrates kann man jetzt im Zusammenhang mit dem "schönsten deutschen Wort" lesen: Was Sie gewinnen konnten... Das läßt sich ausbauen: Warum Sie nicht gewonnen haben. Wie Sie hätten gewinnen können. Warum ein anderer gewonnen hat. Wie Sie das nächste Mal vielleicht gewinnen könnten. Warum Sie wieder nicht gewinnen werden. Wieso ausgerechnet eine Reise nach Mauritius der Hauptgewinn war. Wie Sie Ihren Zweiten Preis loswerden können.


eingetragen von Giesbert Rainhagen am 03.12.2004 um 11.46

Gestern gab es in der FAZ eine Nachricht über Cannabis mit schrecklichen Rekordzahlen. Heute am Tag danach, wenden sich meine Gefühle schon wieder davon ab. Es ist wie mit dem Ozonloch. Schweigen, vergessen. Sind wir Verdrängungskünstler ? Ich will meine Eindrücke darum festhalten.

Die Grünen mit der These "ein Recht auf Rausch" haben es endlich geschafft, daß Cnanabis eine Alltagsdroge geworden ist. Die Zahl der Cannabis-Raucher hat sich seit 1990 von 5 auf 12% mehr als verdoppelt, ein Drittel davon mit tägl. Konsum -- Tendenz bei Jugendlichen steigend -- Durchschnitt 16,4 Jahre, traurig ! Das klingt nicht viel aber ich finde, das ist schon eine große Menge. Am Schluß: Ob diese Entwicklung rückgängig gemacht werden kann, stand in Berlin nicht zur Debatte! Ist das erwünscht, weil wie in der Reportage stand, Cannabis das Urteilsvermögen beeinträchtigt? --


eingetragen von Fritz Koch am 03.12.2004 um 10.03

und eine schwarze "Zorro"-Maske.


eingetragen von Giesbert Rainhagen am 02.12.2004 um 20.20

Was meinen Sie denn mit "gesitteter"? Welche Sitten fehlen hier denn? Vielleicht spielen Sie auch nur auf die letzten Statements - wie ich es einmal nennen möchte - von Herrn N. Schäbler an. Was will er denn sagen?: Entschuldigung, Gegenentschuldigung, „überversorgter Vorruheständler“, und: daß sich dieses Forum wieder erholt? Aber wenn er sich verabschiedet, soll man da nun nicht rätseln.


eingetragen von Theodor Ickler am 02.12.2004 um 17.42

Unter http://www.sprachforschung.org (wo es überhaupt gesitteter zugeht) findet man alles Nötige.
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Th. Ickler


eingetragen von margel am 02.12.2004 um 17.06

Lieber Herr Koch, danke für den Hinweis auf Prof. Munskes Artikel in der SZ. Kann man an diesen Aufsatz gelangen, ohne Abonnent zu sein? Danke im voraus und freundliche Grüße


eingetragen von Fritz Koch am 01.12.2004 um 17.34

"David gegen Goliath?
Die Neuausgaben von 'Ickler' und 'Duden' markieren die Positionen im Rechtschreib-Streit"
Besprechung von Horst Haider Munske
Süddeutsche Zeitung v. 1.12.04, Literatur


eingetragen von Theodor Ickler am 01.12.2004 um 15.58

Gerhard Helbig: Zur Bedeutung der Wörter. Darmstadt 2004

Es handelt sich um ein populäres etymologisches Wörterbuch, das nach folgendem Muster kompiliert ist:

„Atlas: 'Kartenwerk, besonders der Erd- und Himmelskunde'
Das Wort wird so zum ersten Mal verwendet im Titel eines großen kartographischen Werks (1595) des Geographen G. Kremer (gen. Mercator). Atlas ist ursprünglich der Name einer Gestalt aus der griech. Mythologie, des Titanen Atlas, der das Himmelsgewölbe auf seinen Schultern trägt und später zu einem mythischen König von Mauretanien umgedeutet wird. Die Figur des Himmelsträgers ist auf dem Titelblatt von Mercators Kartensammlung abgebildet.“

Hier die Vorlage, Wolfgang Pfeifers Etymologisches Wörterbuch:

„Atlas: 'Kartenwerk', bes. der Erd- und Himmelskunde. Der Ausdruck erscheint in dieser Verwendung zum ersten Mal im Titel eines großen kartographischen Werks (1595) des Geographen G. Kremer, genannt Mercator. Er ist ursprünglich der Name einer Gestalt der griech. Mythologie, des Titanen Atlas (...) der das Himmelsgewölbe auf seinen Schultern trägt und später zu einem mythischen König von Mauretanien umgedeutet wird. Die Figur des Himmelsträgers ist auf dem Titelblatt von Mercators Kartensammlung abgebildet.“

Wo es wirklich interessant werden könnte („Meerrettich“ u.ä.), weiß Helbig nichts zu sagen oder nur Läppisches, und selbst dies ist abgeschrieben.

(Helbig, verdienter Leipziger Emeritus, hatte niemals etwas mit Etymologie oder Bedeutungswörterbüchern zu schaffen.)

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Th. Ickler


eingetragen von Karin Pfeiffer-Stolz am 25.11.2004 um 04.49

[ ... hiermit, ob die Angaben über Zugangsschwierigkeiten bestätigt werden können.

Ergebnis, wie hier sichtbar: Es bestehen keine Zugangsschwierigkeiten. – W.W. ]


eingetragen von J. Teubel am 24.11.2004 um 14.30

Fuer die Ukrainer scheint das Wort Demokratie noch nicht zu einer Worthuelse verkommen zu sein, wie in einem Land, das sich "BRD" nennt. Gluecklicherweise gibt es keine ukrainischen Wessis, die sich anmaszen, alles besser zu koennen und dann alles abwickeln. Aus welchem Teil und aus welcher Gesellschaftsform des Landes kam noch mal die Rechtschreibreform?! Es tut gut, sich dieser Antwort hin und wieder zu vergewissern. Wird auch endlich Zeit, dasz ich die olle FAZ abbestelle, die kapitalistischen Absonderungen und die Lobhudelei auf die Demokratie mag ich nicht mehr lesen.


eingetragen von Matthias Dräger am 24.11.2004 um 09.50

In der Ukraine ist derzeit, das ist allgemein bekannt, (Aufbruchs-) Stimmung angesagt. Man muß nicht mehrfach das Land bereist haben, um zu wissen, daß, wie z.B. für Donezk gemeldet, eine Wahlbeteiligung von 96 Prozent mit fast 100 Prozent Stimmen für den Kandidaten Janukowitsch nicht nur unglaubwürdig ist, sondern nur noch lächerlich. Solche Zahlen könnten auch von Idi Amin oder der SED ausgegeben sein, könnten den Stoff bilden für einen weiteren Woody-Allen-Film.

Bei dieser Gelegenheit möchte ich noch einmal einen Witz loswerden, den mir ein Dolmetscher im Herbst 2003 im Süden der Ukraine erzählt hat. Der geht so:

Die Wahlen sind vorbei. Der Generalsekretär des Präsidenten erstattet Bericht:
Sekretär: Herr Präsident, ich habe eine gute und eine schlechte Nachricht für Sie. Zuerst die gute: Sie sind wiedergewählt!
Präsident: Gut - was kann es denn da noch an schlechten Nachrichten geben?
Sekretär: Herr Präsident, es ist keiner zur Wahl gegangen!

Mit dem friedlichen Eintreten für die Anerkennung der tatsächlichen Mehrheitsverhältnisse wird, hoffentlich, aus der Ukraine bald eine richtige Demokratie. Für die Verhältnisse im Land, die sehr unter allgemeiner Korruption leiden, wäre das sehr zu wünschen.

Ich bitte um Nachsicht, daß ich diesen scheinbar sachfremden Beitrag hier einstelle. Aber ich bin kein Freund von Wahlfälschungen, auch nicht von Annullierungen der Ergebnisse von Abstimmungen, wie 1999 in einem Bundesland geschehen. Ein solcher Vorgang wäre übrigens in der Ukraine undenkbar, das würde sich die Bevölkerung dort nicht gefallen lassen. Hier geht's.


eingetragen von margel am 22.11.2004 um 20.56

Heute hätte ich beinahe die Duden-Sprachberatung angerufen. Aber dann fiel mir ein, daß ich für die Kosten eines Drei-Minuten-Gesprächs schon eine Flasche Bordeaux, Crû Bourgeois, bei Aldi oder Lidl erstehen könnte, und da fiel mir dann die Entscheidung doch ziemlich leicht. - Aber das Konterfei einer zierlich-sportlichen Blondine habe ich mir heruntergeladen und benutze es jetzt als Bildschirmschoner.
– geändert durch margel am 23.11.2004, 10.13 –


eingetragen von Fritz Koch am 22.11.2004 um 16.46

Wenn noch nicht, bin ich dafür, "datt dat datt as een Bindewoord mit tt schriewen weerd".

Begründung: Man kann die Hochdeutsche Lautverschiebung auch in umgekehrter Richtung auf die Wanderung hochdeutscher Wörter ins Niederdeutsche anwenden, hochdeutsche Wörter "einniederdeutschen".


eingetragen von Karsten Bolz am 22.11.2004 um 16.34

Was ein deutscher Schüler alles nicht weiß, würde ausreichen, um vier finnische Schüler durchfallen zu lassen!
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Karsten Bolz


eingetragen von Karsten Bolz am 22.11.2004 um 15.29

Dat lernt uns getz, dat dat im Kohlenpott "Aufsehen erregende" Bratskartoffeln gipt. Ein Grauen erregender Gedanke.
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Karsten Bolz


eingetragen von margel am 22.11.2004 um 14.54

Gestern stand ich vor der Frage, ob ich für 1,86/min eine hilfsbereite Dame ("total versaut") oder die Duden-Sprachberatung (total...ja, was?) anrufen sollte. Heute weiß ich dank Herrn Mackowiak, der offenbar viel herumkommt, daß man beim Duden mehr für sein Geld bekommt. (Ich habe dann beides gelassen). - Wußten Sie übrigens, daß das Fugen-s ein gebürtiger Ruhrgebietler ist?


eingetragen von Sigmar Salzburg am 22.11.2004 um 06.17

Deutsche Dichterin
von Hannes Stein
Helga M. Novak ist eine große Lyrikerin. Wer ihre "Tragoballade vom Spitzel Winfried Schütze in platten Reimen" einmal gelesen hat, wird sie so schnell nicht wieder vergessen. Und all die Themen, von denen heute behauptet wird, die Literatur habe sie aus politischer Korrektheit nicht angefaßt - die Leiden der Deutschen im Zweiten Weltkrieg etwa -, sie finden sich längst in den Gedichten dieser Frau. Freilich ohne Wehleidigkeit oder Ressentiment (dann wäre es ja schlechte Poesie). Helga M. Novak war auch eine Dissidentin, lange bevor es dieses Wort gab. Als radikale Sozialistin lebte sie in der DDR, stellte dort die Herrschaft der Einheitspartei in Frage, unterschrieb allerdings auch eine Verpflichtungserklärung der Stasi, heiratete dann einen Isländer, wanderte aus, kehrte in die größte DDR der Welt zurück und flog 1966 endgültig raus: Bei dieser Gelegenheit verlor sie die DDR-Staatsbürgerschaft.
Während der letzten zwölf Jahre hat Helga M. Novak in Polen gelebt. Heute ist sie schwer krank, sie benötigt eine Reihe von Operationen. Die könnte sie am besten in Leipzig bekommen, einer Stadt, der die Lyrikerin besonders verbunden ist - sie hat dort einst am "Literaturinstitut Johannes R. Becher" studiert. Damit sie ärztlich behandelt werden kann, bräuchte sie aber erst einmal eine Aufenthaltsgenehmigung für den Landkreis Leipzig. Die will man ihr nicht geben - schließlich habe sie nicht die deutsche, sondern nur die isländische Staatsbürgerschaft…


mehr: http://www.welt.de/data/2004/11/22/363758.html


WELT am Mo, 22. November 2004

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Sigmar Salzburg


eingetragen von Detlef Lindenthal am 21.11.2004 um 07.04

>>BUNDESWEHR-SKANDAL
General bestätigt Foltervorwürfe

... "grobe Pflichtwidrigkeiten" ... rührten "an Grundlagen unseres Dienstes", sagte der Kommandeur des Heerestruppenkommandos in Koblenz. Die gesamte Rechtsordnung sei geschädigt worden. ...
Nach Angaben des Militärsprechers sind die staatsanwaltschaftlichen und disziplinarrechtlichen Ermittlungen noch im Gange. Er fügte hinzu, der Vorfall sei durch Zufall ans Tageslicht gekommen. So habe ein Soldat nach seiner Versetzung einem Vorgesetzten "beim Kaffee trinken" von der Geschichte erzählt. ...

Die Hauptmann und die 17 Unteroffiziere seien umgehend suspendiert worden und dürften keine Uniformen mehr tragen, sagte der Sprecher. Die Vorfälle seien bereits am 11. November bekannt gemacht worden. "Wir haben sofort gehandelt, weil es so etwas in der Bundeswehr nicht geben darf."

Zwischen Juni und September dieses Jahres sollen die Ausbilder vier Mal mit Rekruten zum Abschluss der Grundausbildung ein grausames Spiel gespielt haben ... <<
... indem sie Geiselnahme mit Folter nachgespielt haben.

– – Halt – da war doch was: Gibt es nicht in der Bundeswehr einen Professor, der sich öffentlich, nämlich im Fernsehen (n-tv-Sendung am 5.5.2004), für die Folter ausgesprochen hat? „Als eines der Mittel gegen Terroristen halte ich Folter oder die Androhung von Folter für legitim. Jawohl." – Ach so, das war ein Professor, keine 17 Unteroffiziere.

Ein Staat,
– der die kleinen Leute (Unteroffiziere) aus dem Dienst jagt, aber deren Folter-Vordenker im Amt beläßt,
– der 10 Millionen Schüler immer noch mit Rechtschreib-Spitzfindigkeiten nervt, aber 200.000 Deutschlehrer im Amt beläßt, die die Abschaffung des Kommasetzungsunterrichtes und die Wörterverbote geduldet haben,
– in dem laut Landgerichtsurteil (Flensburg) Volksgesetzgeber durch die Presse als Vollidioten bezeichnet werden dürfen,
ist bis ins Mark korrupt. Er macht sich selbst böswillig verächtlich und verstößt damit gegen § 90a StGB.
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Detlef Lindenthal


eingetragen von Theodor Ickler am 17.11.2004 um 19.45

Das ZDF (Knopp) fragt: "Welcher Staatschef hat als einziger je den Literatur-Nobelpreis gewonnen?" Und die FAZ antwortet im heutigen Feuilleton: Winston Churchill.
- Aber der war doch kein Staatschef. Meiner Ansicht nach kommt nur Senghor in Betracht. Hatte mich grade in Gedanken mit ihm beschäftigt, weil mich aus anderen Gründen die Frage bewegte, was eigentlich aus der "Négritude" geworden ist. Ideen von gestern. Wenn man älter wird, wundert man sich, was alles mal aufregend gewesen ist ...
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Th. Ickler


eingetragen von Matthias Dräger am 07.11.2004 um 21.01

Heute erhielt ich eine ganze Reihe von Mails, die ein Dokument mit der Endung .zip als Anhang enthielten. Das waren alles infizierte Mails, in der Betreff-Zeile stand meistens:

please
best regards
urgent
text

Das ist alles Müll, bestenfalls, solche Dokumente sollten ungeöffnet gelöscht werden, sonst infizieren sie den eigenen Rechner.
Der Befall ist meiner Ansicht nach massiv, allein bei mir gingen zig infizierte Mails ein!
Abhilfe: Bei Verdacht Norton Virenschutzprogramm laufen lassen bzw. Update aus dem Internet herunterladen.

Eine der infizierten E-mails sah z.B. so aus:

SUBJECT: urgent
FROM: ...
TO: Reichl-Verlag@telda.net
DATE: [[ So, 07 Nov 2004 12:33:50 ]]

Hi

Sorry, I forgot to send an important
document to you in that last email. I had an important phone call.
Please checkout attached doc file when you have a moment.

Best Regards
Anlage konvertiert: cube:doss.zip* 1 (pZIP/pZIP) (0010EB51)


Hierzu fand ich folgende Yahoo!-Meldung vom 1. 11. 2004:

Neuer Virus: Bagle deaktiviert Firewall

Wieder einmal darf man sich auf einen neuen Virus namens Bagle einstellen. TREND MICRO hat seit dem 29.10.2004 einen globalen Yellow Alert ausgelöst, was soviel heißt wie hohes Infektionsrisiko. Der Mass-Mailing-Wurm verfügt über die Fähigkeit auf Windows XP Plattformen die Firewall, sowie den Security Center Service von Windows zu deaktivieren.
Mit deaktivierter Firewall ist es daher für Außenstehende leicht möglich, Verbindungsanfragen durchzuführen.

Viren können sich somit ohne Wissen des Nutzers auf dem befallenen Rechner ausbreiten und ihre Funktion ausführen.
Verbreitet wird der Wurm über SMTP und Email. Der Trick aber besteht darin, dass der Wurm nicht nur Email-Adressen verwendet, um sich weiter zu schicken, des Weiteren kann er den Absender der Email fälschen (spoofen). Zusätzlich durchsucht er bestimmte Dateitypen auf dem Computer nach weiteren Email-Adressen. Ist er fündig, kann er diese Email-Adressen übernehmen. Eine genaue Angabe, woher der Wurm stammt, ist also nicht möglich.

Zu erkennen ist Bagle an der relativ knapp gehaltenen Betreffszeile "Re:Hello", "Re:Hi", "Re:Thank you!" oder "Re:Thanks ". Jedoch gibt es seit neuestem auch andere Formen von Bagle, die gewisse Endungen wie Bagle.AT und Bagle.BC besitzen. Große Unterschiede gibt es aber nicht.

Die Virenhersteller haben schnellstmöglich auf den neuen Wurm reagiert. Updates verschiedener AntiVirus- und Firewallprgramme sind über die Updatefunktion der Programme zum Download verfügbar. Wer sicher gehen will, ob der installierte Virenscanner den Wurm erkennt, der sollte am besten in der Virenliste unter dem Namen W32/Bagle.xx@mm und W32/Beagle.XX.mm suchen. Wenn dieser enthalten ist, wird meistens auch ein Schutz davor gewährleistet.


eingetragen von Matthias Dräger am 06.11.2004 um 03.26

http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/0,1518,grossbild-404057-325995,00.html



Es handelt sich, wie am DM-Preis ersichtlich, um ein altes Bild, und die Telefonnummern sind nicht mehr gültig.


eingetragen von Detlef Lindenthal am 06.11.2004 um 02.54

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Matthias Dräger
a) vor die Adresse: imgsrc= ...
der Link sieht dann, ohne die spitze Klammer vor imgsrc=, folgendermaßen aus:
imgsrc=http://eur.news1.yimg.com/eur.yimg.com/xp/dpa/20041007/16/3558124341.jpg>

Es muß natürlich <img src=http://... ... ...> heißen, denn img und src sind getrennte Befehle, die vereint nicht erkannt werden; also z.B.:
<img src=http://personenlexikon.de/Bilder/Kissinger.jpg>
die spitze offene Klammer kann man mit &lt; darstellen, ohne daß sie als Befehl wirksam wird.
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Detlef Lindenthal


eingetragen von Detlef Lindenthal am 06.11.2004 um 02.38

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Matthias Dräger
Wir von der Demenz-WG ... Jörg Burbaum hat schon Visionen von Lehrer-WGs (»die machen dann den ganzen Tag Konferenz«)
(Soll das eine Anspielung auf die mehreren RfdR sein?)

Als Sozialpädagoge stelle ich hiermit die Frage, welche Gründe die Sich-für-nichtdement-Einschätzenden für ebendiese Einschätzung anführen könnten.
Denn ich für meinen teildementen Teil kann nicht den wirklichen Unterschied zwischen der Mensch-ärgere-dich-nicht-Runde und den RfdR erkennen.

Außer Zerebraldemenz gibt es auch Sozialdemenz, siehe RS„R“, KMK, RfdR, Rechtschreibseiten, BRD, Welt.
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Detlef Lindenthal


eingetragen von Matthias Dräger am 06.11.2004 um 02.19

Wurde es schon einmal erklärt? So jedenfalls kann man hier auch Bilder, die man im Netz gefunden hat, in einen Beitrag einstellen:

1) Mit der rechten Maustaste auf das gewünschte Bild klicken, es öffnet sich ein kleines graues Fenster.

2) Unten auf „Eigenschaften“ klicken

3) Es öffnet sich ein weiteres graues Fenster, als 3. Position von oben erscheint die URL-Adresse des Bildes; dieser Eintrag sollte mit "http" beginnen.

4) Die gesamt URL-Adresse kopieren, das ist z.B. die Adresse

http://eur.news1.yimg.com/eur.yimg.com/xp/dpa/20041007/16/3558124341.jpg

für das Bild



5) Fügen Sie (ohne Leerzeichen vor und hinter img src) an:

a) vor die Adresse: img src=
vor das i gehört noch eine nach rechts offene spitze Klammer,
die ich hier nicht eintragen kann, da der Text sonst nicht mehr
sichtbar wäre,
b) nach der Adresse: >

der Link sieht dann, ohne die spitze Klammer vor img src=, folgendermaßen aus:

img src=http://eur.news1.yimg.com/eur.yimg.com/xp/dpa/20041007/16/3558124341.jpg>


6) Setzen Sie den gem. 5) zusammengebauten Link in Ihren Beitrag. Das Bild erscheint dann an der Stelle, an der Sie ihren Link setzen.
Das geht sicher auch in anderen Foren.


eingetragen von Matthias Dräger am 06.11.2004 um 01.34

Wir von der Demenz-WG




Foto: Andre Zelck für DIE ZEIT

In Castrop-Rauxel leben verwirrte alte Menschen in einer Wohngemeinschaft. Jeder kann seine Marotten pflegen. Wer will, schläft unterm Bett

Von Sabine Etzold


Die Wohngemeinschaft liegt seit Wochen im Mensch-ärgere-Dich-nicht-Fieber. Nachmittags gegen vier versammeln sich alle um den großen Esszimmertisch – dann klappern die Würfel, tackern die Spielfiguren übers Brett, ertönen Protestschreie und Hurragebrüll. Ein Ende der ersten Partie ist nicht abzusehen. Auch heute will Frau A. wieder mal nicht gewinnen, sondern nur rauswerfen. Konsequent schickt sie ihr Figurengeschwader zum fünften Mal an der Abzweigung zur Zielgeraden vorbei in die nächste Vernichtungsrunde.

Die Mitglieder dieser WG in Castrop-Rauxel, Ortsteil Habinghorst, sind alle über 70. Die unorthodoxe Spielweise mag mit der Tatsache zu tun haben, dass sie nur deshalb hier eingezogen sind, weil ihnen Ärzte dieselbe medizinische Diagnose ausstellten: »Altersschwachsinn«. Die Dementen verschlug es in die WG wegen Alzheimer, Schlaganfällen, Durchblutungsstörungen im Gehirn, exzessivem Alkoholmissbrauch. Die Krankheit ist nicht zu verwechseln mit dem normalen Erlahmen des Erinnerungsvermögens. Wen die Altersdemenz erwischt, der vergisst nicht einfach, den Herd auszuschalten, sondern der weiß partout nicht mehr, wie man das überhaupt macht.

Auch Gehirnjogging hält die Demenz nicht auf

Gegen Altersdemenz ist bislang kein Kraut gewachsen. Je älter man wird, desto größer die Gefahr, dem Leiden anheim zu fallen. Von den 70- bis 74-Jährigen sind 2,8 Prozent betroffen, von den über 90-Jährigen bereits 34,6 Prozent. Weder Medikamente noch Gehirnjogging bringen die auf unterschiedliche Weise zerstörten Nervenzellen zurück. Selbst der Berliner Altersforscher Paul Baltes hat keine andere Empfehlung, als »nicht in die Jahre des vierten Alters hineinzuleben«.

Da die Menschheit in den westlichen Industrienationen sich nicht an die Empfehlung hält, sondern immer älter wird, wächst die Zahl der Dementen. Heute sind eine Million Deutsche dement, im Jahr 2040 werden es doppelt so viele sein. Noch leben sechs von zehn Demenzkranken in Privathaushalten. Die Übrigen sind in den 9300 stationären Pflegeeinrichtungen in Deutschland, wo jeder Zweite der insgesamt 600000 Insassen an einer Demenz leidet – und damit das Aufnahmekriterium in die Habinghorster WG erfüllen würde.

Klaus Niehoff, technischer Angestellter bei Siemens, war mit der erste, der seine Mutter hier unterbrachte und ihr so das Heim ersparte. Bei ihm und seiner Frau kann sie nicht bleiben: Zu Hause ist schon eine behinderte Tochter zu betreuen. Jetzt wird die Mutter 85, und in den letzten anderthalb Jahren sei in ihrem Kopf »gar nichts mehr« gegangen. Mit der Notfallklingel hatte sie die Krankenschwester des ambulanten Pflegedienstes in der Nachbarwohnung nachts bis zu fünfmal rausgeklingelt. Und regelmäßig vergessen, weshalb. »Dieser Besuch hat dann jedes Mal 50 Euro gekostet«, erzählt Niehoff. An Unbilden kamen hinzu: Kreislaufstörungen, Stürze, Knochenbrüche.

Seit Anfang Juli ist die demente Oma WGlerin. Das ist auch nicht billig. Aber 3500 Euro im Monat kostet ein gutes Heim auch. Und da ihr Eigenkapital längst aufgebraucht ist, zahlt das Sozialamt.

Die WG Habinghorst ist eine von vier »Wohngemeinschaften für Demenz-betroffene Menschen«, die im letzten Jahr im Ruhrgebiet gegründet wurden: zwei in Castrop-Rauxel, je eine in Essen und Dortmund. Weitere sind in Gütersloh, Hamm, Wuppertal und Herne geplant. Betreiberin ist Autonomia, eine GmbH mit einem besonderen Wohn- und Pflegekonzept für Menschen mit Altersdemenz. Dazu gehören ein eigenes Zuhause, Normalität, Vertrautheit und Sicherheit für diejenigen, die so hilflos geworden sind, dass sie weder allein noch in ihren Familien leben können. Sieben bis acht Bewohner leben in einer solchen WG – zwar rund um die Uhr von zwei Pflegern betreut, doch so selbstständig wie eben möglich.

Die Straße: aufpolierte Ruhrpott-Tristesse. Das Haus, in dem die beiden Dementen-WGs untergebracht sind, hebt sich, leuchtend gelb gestrichen, aus der langen Reihe grauer, etwas heruntergekommener Genossenschaftshäuser ab. Drinnen wirkt es, als hätte sich ein Dutzend Innenarchitekten nicht einigen können. Und aus dem Wohnzimmer ist erneut Protestgeheul zu hören. Frau A. geht in die nächste Vernichtungsrunde.

Margarete Decher führt durch die Wohnung. Vorsichtig schiebt sie die geparkte Gehhilfe zur Seite und schreitet durch den Flur. Die ehemalige Krankenschwester und ihr Mann Jörg Burbaum haben Autonomia im Mai vergangenen Jahres gegründet. Beide hatten nach vielen Berufsjahren in der Psychiatrie reichlich Heimerfahrung gesammelt und fingen dann noch ein Studium der Pflegewissenschaft an der Universität Witten/Herdecke an – schon damals mit dem Hintergedanken, auf wissenschaftlicher Grundlage eine Alternative zu den Heimen zu finden.

Noch an der Uni entwickelten sie in einer »Denkwerkstatt« die Idee von einer Betreuung in kleinen Gruppen weiter. Als Vorbild diente der vor 15 Jahren in Berlin gegründete Verein Freunde alter Menschen. Decher erinnert sich noch an den Wortlaut der damals selbst gestellten Aufgabe: »Rauskommen aus der Vorstellung von optimierter Hotelversorgung in den Heimen und hinein in eine Vorstellung von menschenwürdiger Versorgung in menschenwürdigen Strukturen«.

Frau F. ist die Mutter von Niehoff. Sie hat ihre Spielfiguren zurück in die Schachtel gelegt, hat die Nase voll vom Nicht-Ärgern. Doch in einem der langen Flure mit unvermuteten Abzweigungen und toten Winkeln ist sie vom Weg abgekommen. »Kenne ich die Dame?«, fragt sie besorgt, als sie unvermittelt vor Margarete Decher steht. Als Gesunde würde sie sie seit dem 1. Juli kennen. Für die Bewohner sind zwar »Orientierungshilfen« angebracht: Fotos von den Angehörigen oder selbst gemalte Bilder an den Zimmertüren. Aber manchmal versagt auch dieses System zur Positionsbestimmung. Heute braucht Frau F. Begleitung, vorbei am Badezimmer, an dessen Türrahmen außen in Augenhöhe eine Rolle Toilettenpapier prangt.

Der skeptische Nachbar amüsierte sich bei der Einweihung bestens

»Lauter Bekloppte in einer WG?«, habe der Nachbar von gegenüber gefragt, erzählt Decher. Verwirrte alte Leute, die hier gemeinsam wirtschaften, Besuch empfangen, ihren Hobbys frönen, Ausflüge und Einkäufe machen und sich sogar, wenn sie wollen, ein Haustier halten? »Das kann ja nicht gut gehen«, war nicht selten die erste Reaktion der Angehörigen, der Anwohner oder der Vermieter. Der skeptische Nachbar wurde zur Einweihungsfete eingeladen, amüsierte sich bestens und freundete sich mit den »Altersschwachsinnigen« an. Viele Zweifler haben sich inzwischen durch Augenschein vom Sinn einer Lebensform überzeugt, in der Fachleute längst das Zukunftsmodell in der Alten- und Demenzpflege sehen: Überschaubare betreute Wohngemeinschaften werden die herkömmlichen Heime ersetzen.

Aus gutem Grund. Bis Ende 2003 überprüfte der Medizinische Dienst der Krankenkassen (MDK) 14500 Pflegeeinrichtungen und -dienste. Er kommt zu dem Ergebnis, »dass es einzelnen Heimen auch unter den heutigen Rahmenbedingungen gelingt, qualitativ gute Pflege zu leisten«. Mit anderen Worten: Den meisten gelingt es nicht.

Defizite gebe es in der Versorgung »gerontopsychiatrisch veränderter Menschen«. Zwar würden die Grundbedürfnisse erfüllt im Sinn einer »satt-und-sauber«-Pflege. Das sei aber schon alles. Auf einem vom Zukunftsforum Demenz im März veranstalteten Workshop fasste Hans-Peter Winter vom Kuratorium Deutsche Altershilfe (KDA) zusammen, wovon inzwischen nicht nur viele Experten überzeugt sind: »Große Einrichtungen und die an Krankenhäuser angeglichenen Betriebsabläufe mit zentralen Strukturen machen alte, pflegebedürftige Menschen noch verwirrter, pflegebedürftiger und sozial schwächer. Die alten Menschen sterben in solchen Heimen erst einmal mehrere soziale Tode, bis sie den physischen sterben.«

An dem zum Spielfeld umfunktionierten Esszimmertisch ist der Geräuschpegel gestiegen. Frau C. hat es sich – wie jeden Tag – im angrenzenden Wohnzimmer vor dem Farbfernsehgerät gemütlich gemacht und die Lautstärke voll aufgedreht. Es brüllt Pfarrer Fliege. Das gute Geschirr in der wuchtigen Schrankwand klirrt. Der Trockenblumenstrauß rieselt. Der prächtige Kronleuchter über dem Couchtisch vibriert. Die Mensch-ärgere-Dich-nicht-Runde gerät aus dem Takt. »Ruhe!«, tönt es allenthalben. Für Frau D. ist das zu viel Trubel. Sie hat sich in ihr Zimmer und auf ihr blaues Zweisitzersofa verzogen. Eingemummelt in eine Wolldecke, erholt sie sich bei einem Nickerchen.

Jeder hat von zu Hause die Sachen mitgebracht, an denen er hängt. Das verleiht der Einrichtung einen unberechenbaren Charme, hat aber vor allem psychologische Bedeutung: Die Bewohner fühlen sich daheim und quälen sich und andere seltener mit dem Wunsch, nach Hause zu wollen. Für Frau D. ist das blaue Sofa unverzichtbar; auch nachts schläft sie darauf, schon seit vielen Jahren – friedlich mit der kleinen Rotkäppchen-Puppe am Kopfende, und über ihr hängt, wie stets, das goldgerahmte Bild einer Lindenallee.

Die WGs der Autonomia GmbH haben den Vorteil, dass es sich, juristisch betrachtet, um die normale Vermietung von Wohnraum handelt. Jenseits von Hygiene- und Heimverordnungen oder Aufsichtsbehörden ist möglich, was staatliche Reglementierung verhindert: vertraute Umgebung und alte Gewohnheiten zu erhalten.

Die größte Herausforderung für das Pflegepersonal ist nicht das Gebot von satt und sauber, sondern die Kunst, sich in eine fremde Biografie hineinzuversetzen. Autonomia – vom Zwei-Personen-Betrieb auf ein Team von sieben angewachsen – arbeitet mit privaten Pflegediensten zusammen. Das Personal qualifiziert sich für die besonderen Anforderungen in Extrakursen, wo es etwa Tipps erhält, wie man mit kriminalistischem Scharfsinn Probleme aus der Biografie heraus löst.

Decher erzählt von einer Bewohnerin, die partout nicht in, sondern unter ihrem Bett schlafen wollte. Offenbar war sie in ihrer Erinnerung ins Bombardement des Krieges geraten und fühlte sich nur dort sicher. Im Heim hätte ihr »Fixierung« gedroht; in der WG aber bekam sie eine zusätzliche Matratze unter das Bett gelegt; dort schlief sie ein paar Wochen lang, selbst versorgt mit einer Kanne Tee und einer Notration Kekse. Heute schläft sie wieder auf dem Lattenrost.

Schwierig zu lösen war auch der Fall einer Bewohnerin, die nachts einen Panikanfall bekam, sich von Mördern bedroht fühlte, gellend um Hilfe schrie und sich erst von ihrem aus dem Bett geklingelten Sohn halbwegs beruhigen ließ. Am nächsten Tag machten Pfleger und Autonomia einen Ortstermin, dunkelten das Zimmer ab und versuchten herauszubekommen, was die alte Dame erschreckt hatte. Schließlich erkannte man das Oberlicht in der Zimmertür, durch das nachts immer wieder Licht hereinblitzte, zusammen mit den ungewohnten Geräuschen, wenn ein unruhiger Mitbewohner über den Flur in die Küche oder ins Bad tappte. Das Oberlicht wurde übertapeziert – und nicht nur das. Um das Gefühl von Sicherheit zu verstärken, zog der Nachtpfleger eine Zeit lang seine Runden im dunklen Anzug und mit einer Art Dienstmütze. Der ängstlichen Bewohnerin präsentierte sich der Verkleidete als ausgebildeter Wachmann, den ihr Sohn extra für ihren persönlichen Schutz engagiert habe. Fortan schlief sie ruhig und friedlich.

Demenzkranke sind häufig weniger schwierig und unberechenbar, als die meisten meinen. Pflegewissenschaftler vermuten, dass vermeintlich typische Symptome von Demenz, etwa die Regression, der innere Rückzug oder auch Aggressivität und motorische Unruhe, womöglich nicht von der Krankheit, sondern von der Umgebung ausgelöst werden. »Wahrscheinlich ist das so etwas Ähnliches wie der Hospitalismus, den wir von emotional unterversorgten Heimkindern kennen«, sagt Christel Bienstein, Professorin und Leiterin des Instituts für Pflegewissenschaften der Universität Witten/Herdecke. Ihre Mutter bewohnte als eine der Ersten die Autonomia-WG in Essen. Sie hat zuvor am eigenen Leib erfahren, wie kräftezehrend das Zusammenleben mit Dementen im eigenen Heim sein kann.

Herr F., der Quotenmann in der WG, hat sich für kurze Zeit diskret aus der Spielrunde ausgeklinkt. Früher hatte der Exmonteur bei solchen Anlässen stets laut verkündet: »Ich muss jetzt pissen.« Solche Ausdrucksweise hat ihm die Damenrunde inzwischen ausgetrieben. Sage niemand, Alzheimerkranke seien nicht lernfähig.

Die Mitarbeiter von Autonomia konstatieren solche Entwicklungen mit Genugtuung. »Erstaunlicherweise kennen sich die WG-Bewohner untereinander, obwohl sie die Namen der Angehörigen vergessen haben«, sagt Jörg Burbaum. In der kleinen Gruppe wird der einzelne Demente weniger drangsaliert. In Heimen ist das anders: »Nimm die Prothese von der Untertasse, setz den Kaffeewärmer nicht als Hut auf.« Die würden sich, sagt Burbaum, »gegenseitig verrückt« machen.

Die Diagnose und Kategorisierung von Demenzerkrankungen interessieren Burbaum nur mäßig. Wichtig sei die Empfindungsebene, auf der die Einzelnen sind. Wie bei dem Liebespärchen in der Dortmunder WG: »Mir ist doch völlig egal, ob die wechselseitig glauben, sie sind der ehemalige Ehepartner oder Geliebte oder der erste Lover, oder ob sie meinen, sie hätten sich hier erst kennen gelernt. Hauptsache, die haben es gut miteinander.«

Frau G. sitzt am Küchentisch, vor sich einen Becher Buntstifte, und malt versunken die vorgedruckten Muster von Mandalas aus. Möchte sie denn nicht mitmachen beim Spiel? »Nein, nein«, versichert sie freundlich. Zu viel Tumult, zu laut? »Ja, ja.« Früher hat sie Bilder gestickt, von denen viele die Wände zieren. Jetzt hat sie umgestellt. »Dieses hier wird sehr schön«, sagt sie nach sehr langem Schweigen. Es stört sie nicht, dass der Buntstift, mit dem sie eifrig strichelt, längst bis aufs blanke Holz abgenutzt ist.

Margarete Decher sagt: »Es gilt, die richtige Beschäftigung für die Bewohner zu finden. Das Gefühl, sich sinnvoll zu betätigen, tut ihnen gut.« Eine ihrer Patientinnen hackt jeden lieben langen Tag hoch zufrieden zusammenhanglose Wörter auf einer alten Schreibmaschine herunter. Die einzige Schwierigkeit beim Zeitvertreib der ehemaligen Sekretärin: der Versorgungsengpass bei passenden Farbbändern für das antike Modell. Eine andere, die gern Lehrerin geworden wäre, erfüllt sich endlich ihren Berufswunsch: Bei einem jungen türkischen Krankenpfleger hapert es mit der Rechtschreibung. Nun lässt sie ihn jeden Tag ein Diktat schreiben, korrigiert es gewissenhaft und gibt ihm dann doch jedes Mal eine Eins, »sonst wäre er ja so traurig«. Eine andere putzt stundenlang hingebungsvoll einen Quadratmeter Flur und erklärt dabei unsichtbaren Zuschauern, dass die jungen Dinger von heute nicht mehr wissen, wie man das richtig macht.

Dass es insgesamt friedlich zugeht, führt Decher auch auf die homogene Zusammensetzung der Gruppen zurück – meist Frauen der Kriegsgeneration, die gelernt haben, ohne große Ansprüche zufrieden zu sein. In den WGs der Zukunft wird man versuchen, die Bewohner nach ihrem beruflichen und sozialen Hintergrund zusammenzubringen. Jörg Burbaum hat schon Visionen von Lehrer-WGs (»die machen dann den ganzen Tag Konferenz«) und träumt von Zeitungsanzeigen: »Heavy-Metal-WG sucht noch Mitglieder; Nichtraucher unerwünscht.«

Die Nachfrage ist jetzt schon riesig. Margarete Decher wurde neulich von einer älteren Dame aus der Nachbarschaft gefragt, ob sie nicht auch einziehen könne. Auf den Einwand, da dürften nur Demente wohnen, habe sie nicht lockergelassen: »Und wenn ich einfach so tue, als ob?«

http://www.zeit.de/2004/46/Demenz-WG


eingetragen von margel am 02.11.2004 um 07.16

Für Seiteneinsteiger in den Schuldienst, z. B. Diplomingenieure, gilt im allgemeinen die Auflage, ein Art Vorbereitungszeit zu durchlaufen. D. h. sie unterrichten bereits voll bei voller Bezahlung, besuchen dabei aber regelmäßig das Seminar. Es finden Unterrichtsbesichtigungen durch die Dezernenten statt. Am Ende steht die schulpraktische Prüfung. - Als ich selbst in den Schuldienst ging, war es allerdings, zumindest in Niedersachsen, ganz einfach: Das Seminar entfiel. Ich weiß auch nicht, ob ich dieses Theater im Alter von 34 Jahren noch mitgemacht hätte, zumal ich auch andere Berufschancen hatte.


eingetragen von Fritz Koch am 01.11.2004 um 22.51

wegen der Einführung des achtjährigen Gymnasiums (G8). Aber das Diplom genügt nicht, das Staatsexamen muß zusätzlich abgelegt werden. Ich weiß das von einem Mathelehrer, der erst Diplom-Informatiker war und für das Unterrichtsfach Informatik zusätzlich das Staatsexamen in Informatik machen mußte.


eingetragen von Elke Philburn am 01.11.2004 um 22.24

Auch von mir - wenn auch etwas verspätet - alles Gute zur bestandenen Verteidigung. Ich wünsche Ihnen, daß diese tolle Leistung sich für Sie auszahlen wird.

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von J.-M. Wagner

Für eine wissenschaftliche Karriere in Deutschland bin ich bereits zu alt; da müßte ich jetzt bereits habilitiert sein, um gegenüber den Mitbewerbern eine Chance zu haben. In den USA sähe dies vermutlich anders aus. Ob ich aber diesen Weg einschlagen werde, weiß ich noch nicht.


Diese Altersbegrenzung ist ja im Grunde genommen eine Diskriminierung. Und wie alle Diskriminierungen ist sie irrational. Wie man Ihrer Homepage entnehmen kann, sind Sie jetzt 37 - ein Alter, in dem man von nachlassender Geisteskraft noch weit entfernt ist. Welchen Grund gäbe es, einen Bewerber dieser Altersgruppe gar nicht erst zum Vorstellungsgespräch einzuladen und stattdessen nur jüngere vorzuladen? Die Universitäten sind voll von alten Männern - je höher der Posten, desto älter der Mann, der ihn belegt. Die großen kulturellen Leistungen dieser Welt wurden meines Wissens auch nicht nur von jungen Männern erbracht.

Mir sind hier in Großbritannien noch keine Stellenanzeigen im akademischen Bereich untergekommen, in denen man eine Altersgrenze gesetzt hätte. Man sieht so etwas aber sehr wohl in deutschen Stellenanzeigen. In gewisser Weise halte ich so ein Ausgrenzen für unethisch und frage mich wirklich, was in diesen Köpfen vor sich geht. Wissen Sie es?
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http://www.vrs-ev.de/


eingetragen von Christian Dörner am 01.11.2004 um 21.16

Selbstverständlich auch in Bayern.
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Christian Dörner


eingetragen von J.-M. Wagner am 01.11.2004 um 20.42

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Detlef Lindenthal
Wobei ich mich und Sie frage: Wenn Sie die Auswanderung erwägen, warum machen Sie dann noch so viel Aufhebens um die deutsche Sprache und Rechtschreibung; ist Deutsch in den USA derart der Renner?
Wie gesagt, ist noch nicht klar, ob ich diesen Weg einschlagen werde. Ein anderer denkbarer Weg wäre, Physiklehrer zu werden. Der Quer- bzw. Seiteneinstieg ist derzeit u. a. möglich in Hessen, NRW und evtl. in Niedersachsen; weitere Möglichkeiten muß ich noch sondieren (für entsprechende Hinweise wäre ich dankbar).
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Jan-Martin Wagner


eingetragen von Detlef Lindenthal am 30.10.2004 um 04.57


J.-M. Wagner schrieb:
... eine Chance zu haben. In den USA sähe dies vermutlich anders aus. Ob ich aber diesen Weg einschlagen werde, weiß ich noch nicht.
Wobei ich mich und Sie frage: Wenn Sie die Auswanderung erwägen, warum machen Sie dann noch so viel Aufhebens um die deutsche Sprache und Rechtschreibung; ist Deutsch in den USA derart der Renner?
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Detlef Lindenthal


eingetragen von J.-M. Wagner am 29.10.2004 um 22.42

Auf dem Gebiet der GaN-basierten blauen Leuchtdioden (LEDs) ging es recht abenteuerlich zu: Die japanische Firma Nichia hatte die erste kommerzielle blaue LED schon vor ca. 10 Jahren auf den Markt gebracht, nach einer intensiven Versuch-und-Irrtumsphase: Einem leitenden Wissenschaftler (er war ursprünglich Elektroingenieur), Shuji Nakamura, wurde hinreichend Geld und Technologie zur Vefügung gestellt, um durch geschicktes Herumprobieren zum Ziel zu gelangen. Wie die erhaltenen LEDs funktionieren und welche Wachstumsparameter wofür verantwortlich sind, wurde erst später herausgefunden – unter anderem durch Untersuchung der fertigen LEDs.

Wichtig ist wegen der zuvor beschriebenen Wachtumsproblematik die Pufferschicht zwischen dem Substrat und dem eigentlichen Bauteil. Insbesondere für Laser, aber auch für Hochleistungseletronik muß nicht nur die Verspannung, sondern vor allem die Defektdichte reduziert werden, um nahezu einkristallines Material zu erhalten. Die Zusammensetzung der Pufferschicht ist daher das Geheimnis des Erfolges. Auf einer Konferenz habe ich einmal erlebt, daß eine Antwort auf die Frage nach dieser Schicht verweigert wurde mit der Begründung, dabei handele es sich um „classified material“ (d. h. eine geheime Information). Eine Frage im Anschluß an einen anderen Vortrag, ob, wenn schon nichts zum Aufbau, dann doch wenigstens etwas zur Dicke der Pufferschicht gesagt werden könnte, wurde mit dem Kommentar beantwortet: „I can tell you, it is very thick“ (Ich kann Ihnen sagen, daß die Schicht sehr dick ist). – Meine Ergebnisse sind letztlich für jeden nützlich, der meine paper (Fachjargon für Veröffentlichung) liest, aber wer das alles ist, davon bekomme ich kaum etwas mit. Auf jener Konferenz sprach mich nach meinem Vortrag ein Experimentalphysiker (ebenfalls Doktorand) an und sagte mir, daß ihn meine Ergebnisse sehr interessieren, weil in seinem Labor entsprechende Meßmethoden häufig angewendet werden.

Inzwischen hat auch die deutsche Halbleiterindustrie auf diesem Markt Fuß gefaßt. Ein wenig Schleichwerbung möge man mir an dieser Stelle verzeihen. „Die Osram Opto Semiconductors GmbH ist der weltweit zweitgrößte Hersteller von optoelektronischen Halbleitern“, heißt es auf http://www.led-info.de/zulieferer/x_osram.htm. Pressemitteilungen zu LEDs etc.: http://www.osram.de/cgi-bin/presse/archiv.pl?kategorie=4. – Zur allgemeinen Information (viele Begriffe gut erklärt, aber mit der Orthographie hapert's): http://www.led-info.de/.

Für eine wissenschaftliche Karriere in Deutschland bin ich bereits zu alt; da müßte ich jetzt bereits habilitiert sein, um gegenüber den Mitbewerbern eine Chance zu haben. In den USA sähe dies vermutlich anders aus. Ob ich aber diesen Weg einschlagen werde, weiß ich noch nicht.
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Jan-Martin Wagner


eingetragen von Fritz Koch am 22.10.2004 um 07.01

es freut mich sehr, daß in der Halbleiterphysik auch deutsche Wissenschaftler wichtige Beiträge liefern, und ich hoffe, daß auch die deutsche Halbleiterindustrie einen Vorteil davon hat. Herzlichen Glückwunsch!
Werden Sie in Deutschland bleiben, oder sehen Sie in den USA größere wissenschaftliche Entwicklungsmöglichkeiten?


eingetragen von J.-M. Wagner am 21.10.2004 um 20.52

...trägt den Titel „Structure and Lattice Dynamics of GaN and AlN: Ab-Initio Investigations of Strained Polytypes and Superlattices“ (Struktur und Gitterdynamik von Galliumnitrid und Aluminiumnitrid: Ab-initio-Untersuchungen von verzerrten Polytypen und Übergittern). Es geht darin um den Zusammenhang zwischen den Gitterschwingungsfrequenzen und der atomaren Geometrie von hexagonalen und kubischen Modifikationen der genannten Gruppe-III-Nitridhalbleiter (die u. a. das Ausgangsmaterial für blaue Leuchtdioden und insbesondere blaue Halbleiterlaser darstellen) unter bestimmten äußeren Deformationen, wie sie von einem hydrostatischen Druck, einer biaxialen Verspannung oder einem uniaxialen Druck hervorgerufen werden. Dabei bedeutet „Ab-initio-Untersuchung“, daß alle Ergebnisse parameterfrei aus einer vollquantenmechanischen Rechnung (d. h. auf atomarer Ebene) gewonnen werden, um mit hinreichender Genauigkeit Daten zu erhalten, die experimentell nicht oder nur unvollständig oder nur ungenau bekannt sind. Das ist mir weitestgehend gelungen.

Die Absicht dahinter ist, aus gemessenen Gitterschwingungswerten auf die Verspannung bzw. Verzerrung (Deformation) in epitaktisch gewachsenen Schichten rückschließen zu können. Das ist zum einen nötig, weil die Gruppe-III-Nitride bei sehr hohen Temperaturen (typischerweise 1000 Grad Celsius oder mehr) durch Abscheiden auf einem Fremdsubstrat hergestellt werden, so daß sich beim Abkühlen auf Zimmertemperatur eine mechanische Spannung (biaxial, in der Schichtebene) zwischen dem Substrat und der darauf befindlichen Nitridschicht ausbildet, was zu einer entsprechenden Deformation führt. Zum anderen ist die Kenntnis des Verzerrungszustands der Schichten wichtig, weil die gewünschten (opto-)elektronischen Eigenschaften der darauf basierenden Bauelemente empfindlich mit der Verzerrung variieren.

Weil ich schon einige Veröffentlichungen zu dem Thema geschrieben habe, habe ich die Arbeit auf Englisch geschrieben. Hätte ich sie auf Deutsch geschrieben, wäre mir die Wahl der Rechtschreibung nicht schwergefallen (und natürlich habe ich die erforderliche deutsche Zusammenfassung in herkömmlicher Schreibweise verfaßt). Wer einen Blick in eine meiner Originalveröffentlichungen wagen will, wird hier fündig; dies stellt quasi den Hauptteil der Ergebnisse meiner Arbeit dar.
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Jan-Martin Wagner


eingetragen von margel am 19.10.2004 um 16.24

Sehr geehrter Herr Wagner, darf man das Thema Ihrer Dissertation erfahren, eventuell mit einer kleinen Zusammenfassung? Danke!


eingetragen von David am 18.10.2004 um 23.27

Herzlichen Glückwunsch!!


eingetragen von J.-M. Wagner am 18.10.2004 um 21.01

Letzten Donnerstag (14.10.) habe ich meine letzte Promotionsprüfung bestanden, die sogenannte Verteidigung: Vortrag zur Arbeit mit anschließenden Fragen dazu (und nur dazu). Beides lief sehr gut, und so wurde die Verteidigung (sowie die gesamte Promotion) dann auch bewertet ("magna cum laude"). Geschafft!
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Jan-Martin Wagner


eingetragen von Heinz Erich Stiene am 18.10.2004 um 09.35

Im Zusammenhang mit der Rechtschreibreform ist in diesen Tagen die Unfähigkeit, ja Feigheit der Politiker beklagt worden, getroffene Fehlentscheidungen zu korrigieren und den Gordischen Knoten einfach zu durchschlagen. Ein Grund dafür mag sein, daß sich, wie Stanislaw Lec einmal so trefflich erkannt hat, ein Gordischer Knoten, in dem der eigene Kopf steckt, nicht auf die übliche Art lösen läßt. Diese Politiker handlangern als Marionetten einer Lobby, deren Teil sie selbst sind; der Wille des Volkes, das sie durch seine Stimme in ihre Position gebracht hat, ist ihnen gleichgültig.
Daß es aber in der Politik auch anders gehen kann, belegt das Beispiel der schon fast vergessenen Stadt Lahn, die in den an blödsinnigen Einfällen überreichen siebziger Jahren durch einen gewaltsamen Akt gezeugt, dann aber doch wieder ziemlich rasch beerdigt wurde. Sie erhielt sogar ein eigenes Autokennzeichen L. Der Brockhaus widmete dem entschlafenen Kunstgebilde 1990 nur noch diese wenigen Zeilen: "ehemalige (kreisfreie) Stadt in Hessen, am 1. 1. 1977 durch Zusammenschluß der Städte Gießen und Wetzlar sowie 14 weiterer Gemeinden gebildet; aufgrund starker politischer Opposition zum 31. 7. 1979 wieder in die Städte Gießen, Wetzlar sowie die Gemeinden Heuchelheim, Lahnau und Wettenberg aufgelöst."
Hier hat die starke politische Opposition tatsächlich Wirkung gezeigt, trotz des zweifellos gewaltigen Aufwandes, der damals Planung und Durchführung des Zusammenschlusses zweier eigener Städte und mehrerer Gemeinden begleitet haben muß. Im Hinblick auf die Rechtschreibung kann das nur bedeuten, daß die Reformgegner die Stümper in den Kultusministerien und Parlamenten nicht aus dem Schwitzkasten lassen dürfen. Denn Stümper sind es allemale; Hommes de lettres, die außer ihrem aktuellen Tagesgeschäft noch andere, tiefere Dimensionen hätten, vermag ich jedenfalls nicht zu erkennen. Und wenn der amtierende Bundeskanzler verrät, er habe seit langem nicht mehr geschrieben, dann ist das ein offenes Wort, aber eine intellektuelle Blamage. Augenblicklich agieren grinsende, salbadernde oder betroffenheitstrunkene Chargen auf der politischen Bühne. Carlo Schmid, Theodor Heuss oder Winston Churchill gehörten einer anderen Welt an. Im greisen Helmut Schmidt scheint wohl noch ein Abglanz von ihr auf.
Zu etwas anderem. Vor einiger Zeit fand ich bei einem Autor des 19. Jahrhunderts die Schreibung "einen Knix machen". Ich hielt sie für eine Eigentümlichkeit des betreffenden Schriftstellers und beachtete sie nicht weiter. Jetzt fand ich dieselbe Schreibung aber auch in den 1947 im Insel-Verlag erschienenen Lebenserinnerungen ("Im Lichte der Freiheit") des Kunst- und Literarhistorikers Hermann Uhde-Bernays (1875-1965). Wer weiß mehr über den "Knix"? Übrigens schreibt Uhde-Bernays immer nur getrennt "kennen lernen", "kennen zu lernen". So machte es auch der Altgermanist und Mittellateiner Karl Langosch (1903-1992) in seinem Buch "Politische Dichtung um Kaiser Friedrich Barbarossa" (Berlin, Verlag Lambert Schneider, 1943). Wie er oder seine Verlage, vornehmlich die Wissenschaftliche Buchgesellschaft, es später gemacht haben, weiß ich im Augenblick nicht. Das jüngste mir bekannte Beispiel für die Getrenntschreibung stammt aus der lateinischen Grammatik von Hans Rubenbauer und J. B. Hofmann (2. Aufl., München 1949): "ich habe kennen gelernt". In der überarbeiteten Fassung (12. Aufl., 1995) heißt es "kennengelernt". Dies sind nur Beobachtungen, nicht etwa Wertungen.
Erfreulich: Am Samstag erhielt ich eine wohlformulierte Einladung zur Konzertsaison 2004/2005 des Kölner Kammerorchesters unter Helmut Müller-Brühl - in klassischer Rechtschreibung.
Zum Schluß ein bedenkenswertes Wort von Hans Habe: "Reform hat keine Lieder."


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Heinz Erich Stiene


eingetragen von Ursula Morin am 15.10.2004 um 12.12

Ein ganz kurzer Kommentar eines sprachwissenschaftlichen Laien an die "Pedanten" im Forum: Man sollte über der ganzen Grübelei, z.B. hinsichtlich der GZS, eines nicht vergessen: Die Sprache war zuerst da, denn sonst hätte man sie ja überhaupt nicht durch Regeln erklären können.

Man kann also dem "früheren" Duden z.B. die - ach so "schwierigen" - Ausnahmen gar nicht vorwerfen, es sind nur Versuche, in der natürlich gewachsenen und sich ständig weiterentwickelnden Sprache eine gewisse Regelhaftigkeit zu erkennen, die jeder Sprache zu eigen ist und ihre Besonderheit ausmacht.

Die Reform wird daran scheitern, daß man versucht hat, den umgekehrten Weg zu gehen. Der Trugschluß war von Anfang an vorhanden: Man hat die Beschreibung mit dem Objekt dieser Beschreibung, der tatsächlich vorhandenen Schreibwirklichkeit, verwechselt.

Daß aus der Vermischung zweier diametral entgegengesetzer Prinzipien ein Chaos entsteht, hätte man von vornherein wissen müssen. Dieses Chaos ist nun allenthalben schriftlich belegt und wird auch durch die Betrachtung und "behutsame" Verfolgung einer nunmehr gründlich gestörten Sprachentwicklung nicht beseitigt werden können.

Daß nun der sogenannte "Rat für Rechtschreibung" der KMK durch die Beschreibung der völlig chaotischen Sprachwirklichkeit zu einer neuen, kompromißfähigen Regelhaftigkeit gelangen könnte, ist völliger Irrwitz und kann nur von denen geglaubt werden, die sich mit der Sache überhaupt nicht beschäftigt haben. Glaubt der Spiegel wirklich daran? Er sollte es besser wissen ...

Wie gesagt, dies sollte ein kurzer Kommentar werden. Dennoch: Was mich die letzten Tage im Zusammenhang damit und mit den Diskussionen, gerade über die GZS, ebenfalls beschäftigt hat, ist die Frage: Kann es sein, daß man gar nicht mehr unbehindert schreiben kann, wenn man zu sehr darüber nachdenkt, weshalb man so schreibt, wie man schreibt? Ist das nicht wie beim Autofahren? Oder beim Tennisspielen? Und sind nicht gerade die Schriftsteller so vehement gegen die Reform, weil sie beim Schreiben ganz bestimmt nicht an Regeln denken wollen, sondern sozusagen die Sprache ständig erweitern und damit - ganz nebenbei und nach dem erstgenannten Prinzip - neue "Regeln" schaffen?












eingetragen von Theodor Ickler am 15.10.2004 um 10.15

Auf der Nachrichtenseite toben sich zur Zeit Menschen aus, die zur Sache wenig beizutragen haben. Eigentlich haben wir über Jahre hinweg den Brauch gepflegt, einander keine Rechtschreibfehler oder gar Tippfehler vorzuwerfen. Nicht nur, weil das unter unserem Niveau ist. Wer eine fehlerfreie professionelle Orthographie oder was auch immer verlangt, muß sie ja nicht selbst beherrschen. Das ist nicht anders als bei anderen Kunstübungen. Insofern gehört es zur Sache.
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Th. Ickler


eingetragen von Karsten Bolz am 11.10.2004 um 16.59

Liebe Frau Ahrens,

hier auf dem Nachrichtenbrett entpuppen Sie sich ja als eine ganz böse: Brandstiftung, igittigitt! Sie Rechtschreibfundamentalistin, Sie militante, Sie! Das ist mit meiner Ehre als Freiwilliger Feuerwehrmann (kein Witz, stimmt wirklich!) ja nun gar nicht vereinbar! Pfui Deibel!

PS: Wo wir schon dabei sind zu zündeln, haben Sie vielleicht ein kleines Streichholz für mich? Ich sage Ihnen dann auch, wie wir das Feuer gaaaanz grooooß kriegen. (Hoffentlich verpfeift mich da keiner: Ich werde garantiert nicht löschen! Ich schmeiße höchstens ein paar anständige Stängel rein. Oder 'ne Schneewächte, wenn die denn brennt, oder andere "Stammprinzipien".)

PPS: Ich muß mich bremsen, sonst werde ich zynisch!
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Karsten Bolz


eingetragen von Heinz Erich Stiene am 30.09.2004 um 11.42

Das Glück der Chinesen mag nicht hierhin gehören, doch zielt der Beitrag in die Mitte der geistigen Malaise, die unserer Gesellschaft seit einigen Jahrzehnten als heilsam und fortschrittlich eingeredet wird. Die Zahl der Roten Buchläden mag allgemach abgenommen haben, die der gesellschaftspolitischen Flausenköpfe keinesfalls.
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Heinz Erich Stiene


eingetragen von Theodor Ickler am 30.09.2004 um 10.53

Vor dreißig Jahren, als die Rechtschreibreformer in die Zielgerade einbogen, herrschte in Deutschland eine eigentümliche Verwirrung der Köpfe. Im Keller habe ich noch ein Lesebuch von damals gefunden: Kritisches Lesen - Lesebuch für das 6. Schuljahr. Diesterweg 1975. Darin wird Mao Tse-tungs "Yü Gung versetzt Berge" abgedruckt, also die alte chinesische Fabel mit aktueller Anwendung von 1945. Die Einleitung schließt: "Maos Appell blieb nicht ohne Wirkung: im August 1945 mußten die Japaner kapitulieren; im Jahre 1949 konnte sich das chinesische Volk nach einem dreijährigen Bürgerkrieg auch von den einheimischen Unterdrückern befreien."
Glückliches chinesisches Volk! Aber im Ernst: Wäre es denkbar, daß Texte von Hitler oder anderen Massenmördern des 20. Jahrhunderts in deutschen Lesebüchern abgedruckt werden?
Als Frage zum Text fällt den Herausgebern nur ein: "Warum bedient sich der Redner eines Gleichnisses? Wozu möchte er auffordern?"
Damals gab es in jedem deutschen Städtchen einen roten Buchladen, in dem man sich billig mit chinesischer Propagandaliteratur eindecken konnte. Die Apperzeptionsverweigerung war dieselbe wie einige Jahrzehnte vorher die Stalinverherrlichung durch westliche Intellektuelle. Luise Rinser reiste später durchs halbverhungerte Nordkorea und schmachtete nach Kim Il-sung. Dafür wäre sie beinahe grüne Bundespräsidentin geworden.


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Th. Ickler


eingetragen von Theodor Ickler am 17.09.2004 um 08.50

Elfte Klasse eines Gymnasiums, erster Schultag nach den Ferien:

Lehrer: "Wer schrieb 'Die Räuber'?"
Schülerin: "Schröder."
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Th. Ickler


eingetragen von Christoph Kukulies am 07.09.2004 um 08.39

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von J.-M. Wagner
Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Christoph Kukulies
Was ich nämlich wissen wollte, Herr Wagner: Warum verwenden Sie in letzter Zeit dieses Spazierstock-ſ?
Siehe dazu meinen vorhergehenden Beitrag in diesem Leitthema.


Es liest sich schwerer. Man muß ständig leise lisſpeln. Was ist der Hintergrund?
Seltſam, nicht wahr? Auch mir geht es ein wenig ſo, obwohl es eigentlich Gewöhnungsſache ſein ſollte. Damit will ich experimentieren: Braucht man lange, bis man ſich daran gewöhnt hat?

...



Zumindest in der Darstellung mit dem Zeichensatz des Brausers sieht es eigenartig aus. Das ſ ist zu mager, nicht lang genug und das Spatium zum Folgebuchstaben oft zu groß. (Ich habe es in dieser Zeile einmal etwas vergrößert und fetter gemacht)

Wäre alles in Fraktur gesetzt, hätte ich vermutlich weniger Probleme, flüssig zu lesen.
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Christoph Kukulies


eingetragen von J.-M. Wagner am 06.09.2004 um 16.41

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Christoph Kukulies
Was ich nämlich wissen wollte, Herr Wagner: Warum verwenden Sie in letzter Zeit dieses Spazierstock-ſ?
Siehe dazu meinen vorhergehenden Beitrag in diesem Leitthema.


Es liest sich schwerer. Man muß ständig leise lisſpeln. Was ist der Hintergrund?
Seltſam, nicht wahr? Auch mir geht es ein wenig ſo, obwohl es eigentlich Gewöhnungsſache ſein ſollte. Damit will ich experimentieren: Braucht man lange, bis man ſich daran gewöhnt hat?


Und außerdem entziehen Sie Ihre Texte damit den Suchmaschinen bzw. der Suche auf diesen Seiten.
Das iſt ein ſehr wichtiges Argument; vielen Dank für den Hinweis! Ich werde daran denken. Andererſeits findet die Suche aber auch Wörter mit einem Lang-ſ, wenn man es ſo eingibt, wie es im Quelltext enthalten iſt (d. h. mittels &#383; – ſchauen Sie mal, was im Eingabefeld der Suchmaſke erſcheint, ſobald das Suchergebnis angezeigt wird!).

Eine ſinnvolle Verbeſſerung der Suchfunktion wäre im übrigen, daß die Wahl der UND- bzw. ODER-Verknüpfung erhalten bleibt. Startet man eine ODER-Suche und will dieſe wiederholen, weil man etwas am Sucheintrag geändert hat, ſo muß man erst das ſich automatiſch zeigende UND wieder auf ODER ſetzen.
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Jan-Martin Wagner


eingetragen von J.-M. Wagner am 04.09.2004 um 20.14

Bei meinem Rundgang in der Sächſiſchen Landesausſtellung „Glaube und Macht – Sachsen im Europa der Reformationszeit“ (in Torgau), deren Beſuch ich ſehr empfehlen kann, habe ich einige Originaldokumente des 16. Jahrhunderts geleſen – nun, das iſt wohl etwas übertrieben; ſagen wir lieber, ich habe ſie überflogen und punktuell etwas zu entziffern verſucht. Dabei iſt mir die Lang-ſ-Schreibung ſehr angenehm aufgefallen, und deshalb (iſt das ohne Lang-ſ richtig: deshalb?) probiere ich das jetzt für eine Weile aus.
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Jan-Martin Wagner


eingetragen von Ulrich Morgenstern am 11.08.2004 um 08.23

Lieber Herr Scheuermann,

das gehört wirklich nicht hierher. Lassen Sie doch die Hinterbliebenen in Frieden mit dieser kleinen Ungenauigkeit in ihrer Traueranzeige. Comical Augst und seine Restmannschaft bieten uns doch jeden Tag so viel zu lachen - müssen wir uns da solche Späße aus den Fingern saugen?
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Ulrich Morgenstern


eingetragen von Wolfgang Scheuermann am 11.08.2004 um 06.32

"Nach kurzer schwerer Krankheit nehmen wir Abschied ..."

Da erkranken die Ehefrau, die Kinder und die Enkel ... und dann (s. Überschrift)!

Aus einer Todesanzeige in der heutigen FAZ.

Tragisch.
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Dr. Wolfgang Scheuermann


eingetragen von Detlef Lindenthal am 24.07.2004 um 13.32

Liebes histj (alias Sofa alias gestur),

wenn Du, so wie ich meistens, unter Klarnamen schriebest, würdest Du mit hoher Wahrscheinlichkeit zuvor doppelt so gut nachdenken und hernach halb so oft schreiben, und wir hätten als Lesestoff Deine wesentlichen Beiträge und nicht sämtliches weniger wichtige Gemurmel.

Gerade dann, wenn Du beruflich Deutschlehrer oder Leibwächter bei der Kultusministerin bist (wannen Du sogar durch Beamten-Status geschützt bist), ist es viel wirkungsvoller, wenn Du Dich bürgermutig mit Klarnamen zu Wort meldest. Also, wie wär’s?

Grüße,
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Detlef Lindenthal


eingetragen von histj am 24.07.2004 um 12.13

für manche Deutschen.


eingetragen von Detlef Lindenthal am 24.07.2004 um 11.45


Renate Maria Menges schrieb::
... denn es wird Gesetz im Schul- und Verwaltungsbereich werden.
Meistens regeln die Kultusministerinnen das ganz parlamentarisch-„demokratisch“ ohne Gesetze auf dem Befehls-, genannt Verordnungswege, so wie etliches 1933 ff. Zu Gesetzen würde eine parlamentarische und damit öffentliche Erörterung gehören, und sowas scheuen die Landesregierungen.
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Detlef Lindenthal


eingetragen von Norbert Lindenthal am 24.07.2004 um 11.32

Zitat:
… denn es wird Gesetz im Schul- und Verwaltungsbereich werden …
Als ich vor Jahren eine Sekretärin der Industrie- und Handelskammer zu Koblenz fragte, welches Gesetz es denn sei [damals wurde behauptet, es wäre schon Gesetz], war die Antwort einfach nur Stille. Nun „wird“ es also Gesetz „werden“. Welches denn? Doch wieder das schleswig-holsteinische Schulgesetz? Und wenn dieses auch im überparteilichen Konsens ausradiert wurde, dienstbeflissene Dienstleiter folgen ihm dennoch jetzt schon, egal was drinstehen wird. Denn Machteinbildung will genährt sein.


eingetragen von Reinhard Markner am 24.07.2004 um 10.10

Überaus legal und überaus dumm.


eingetragen von RenateMariaMenges am 24.07.2004 um 10.03

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Karin Pfeiffer-Stolz
In verschiedenen Zeitungsforen – wie auch in unserem eigenen Gästebuch – kann man die Beobachtung machen, daß Kritiker der Reform ihre Identität preisgeben. Die Befürworter der Reform, besonders die militanten, toben sich anonym aus.

Das gibt zu denken.


Da gibt es aber auch viele andere Personen, die sagen, dass es nun keinen Neuanfang und kein "Zurück" mehr geben darf. Sie müssen sich nicht anonym melden, denn es wird Gesetz im Schul- und Verwaltungsbereich werden. Also ist es überaus legal in der Neuen Rechtschreibung zu schreiben.

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RenateMariaMenges


eingetragen von Karin Pfeiffer-Stolz am 23.07.2004 um 09.08

In verschiedenen Zeitungsforen – wie auch in unserem eigenen Gästebuch – kann man die Beobachtung machen, daß Kritiker der Reform ihre Identität preisgeben. Die Befürworter der Reform, besonders die militanten, toben sich anonym aus.

Das gibt zu denken.
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Karin Pfeiffer-Stolz


eingetragen von Wolfgang Scheuermann am 22.07.2004 um 12.19

Als Patenonkel des ein Vierteljahr nach Strauß' Tod geborenen Franz Hohlmeier wird Doktor Stoiber (Dissertation: Der Hausfriedensbruch im Licht aktueller Probleme) an seiner Kultusministerin ("Die Sozialdemokraten haben ... alles schlecht gemacht" - soll heißen: herabgewürdigt) festhalten - solange es denn irgend geht.
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Dr. Wolfgang Scheuermann


eingetragen von Sigmar Salzburg am 05.07.2004 um 05.56

Das millionenteure Software-Projekt Fiscus, das den 650 Finanzämtern spätestens ab 2006 einheitliche Programme bringen sollte, steht nach einem Bericht des Focus endgültig vor dem Aus. ... bislang zwischen 250 und 900 Millionen Euro gekostet ... [Bundesrechungshof:] ... wegen schlampiger Planung, fehlender Steuerung und Erfolgskontrolle, inkompetenter Mitarbeiter, unflexibler Insellösungen und unausgereifter oder überfrachteter Konzepte.
(04.07.2004 12:57)

http://www.heise.de/newsticker/meldung/48843

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Sigmar Salzburg


eingetragen von Richard Dronskowski am 27.06.2004 um 09.11

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Christoph Kukulies

Übrigens bin ich gerade auf der Suche nach dem Spruch, den ich auf diesen Seiten schon mal gelesen habe, der mir aber in seiner ürsprünglichen Formulierung wieder entfallen ist. Auch die erweiterte Suche in Beitragstexten führte bisher nicht zum gewünschten Erfolg. Er lautete etwa so:

Wer etwas kann, der macht es.
Wer etwas nicht kann, der lehrt es.
Wer das nicht kann, der verwaltet es,
aber wie ging es weiter? Wurde man dann Politiker?



Lieber Christoph,

wir hatten gestern abend schon darüber geplaudert, und ich habe gerade schnell bei George Bernard Shaw nachgeschlagen. Dort steht der Spruch, aber er geht nur über zwei Zeilen: "Man and Superman", Anhang "The Revolutionist's Handbook and Pocket Companion", Abschnitt "Maxims for Revolutionists", Unterabschnitt "Education", und dann steht dort:

He who can, does. He who cannot, teaches.

In unserer Abiturzeitung hatten wir dies mit "Wer fähig ist, schafft. Wer unfähig ist, lehrt." übersetzt.

Schöner Gruß (und vielen Dank für die Zeitung!),


eingetragen von gestur am 26.06.2004 um 06.58

"Wer nichts ist und wer nichts kann,
geht zu Post und Eisenbahn.
Und wer dazu ist zu dumm,
kommt ins Ministerium
(oder: treibt sich bei der Wehrmacht rum)."


eingetragen von Karl Eichholz am 25.06.2004 um 21.50

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Wer etwas kann, der macht es.
Wer etwas nicht kann, der lehrt es.
Wer das nicht kann, der verwaltet es,

aber wie ging es weiter? Wurde man dann Politiker?
Wie gesagt, es gehört nicht hierher - oder vielleicht doch?


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nee nee, das ist eine Verwechslung. Der Spruch geht so:

wer nichts wird wird wirt
wer gar nichts wird wird bahnhofswirt
wer das nichts schafft hat das zeug fürn kultusminister.

So, liebe Bahnhofswirte, jetzt dürft Ihr die Augen wieder aufmachen. Ich habe mich an Eurem Ansehen versündigt und bitte daher um Vergebung.


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mit herzlichen Grüßen
Karl Eichholz


eingetragen von margel am 25.06.2004 um 20.08

Als Voraussetzung einer Reform genügt es schon, etwas nicht zu können bzw. nicht zu verstehen. Der blinde Eifer der Reformer nährte sich ja aus einer höchst unzureichenden Vorstellung von dem zu reformierenden Gegenstand.


eingetragen von Christoph Kukulies am 25.06.2004 um 16.12

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von margel
Lieber Herr Kukulies, ich glaube, regulär geht dieser Spruch nicht weiter. Aber als mögliche Erweiterung schlage ich vor: Wer es nicht verwaltet, evaluiert es...

... oder vielleicht: "reformiert es"?
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Christoph Kukulies


eingetragen von margel am 25.06.2004 um 15.26

Lieber Herr Kukulies, ich glaube, regulär geht dieser Spruch nicht weiter. Aber als mögliche Erweiterung schlage ich vor: Wer es nicht verwaltet, evaluiert es...


eingetragen von Christoph Kukulies am 25.06.2004 um 14.03

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Karsten Bolz
Der Schraubenzieher heiß so, weil man damit Schrauben "anzieht", d.h. festschraubt. Irgend so ein Sesselpuper beim DIN hatte das wohl nicht mitbekommen. Seither heißt es in der Ausbildung "Schraubendreher". ;-)

So, wie man sich mit dem Schuhanzieher die Schuhe anzieht.
Oder mit dem Kontoüberzieher das Konto überzieht. Aber lassen wir das. Apropos: ich hatte mir für heute nachmittag noch etwas ausgedacht, nämlich noch eine Geldüberweisung zu tätigen.


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Christoph Kukulies


eingetragen von Karsten Bolz am 25.06.2004 um 13.52

Der Schraubenzieher heißt so, weil man damit Schrauben "anzieht", d.h. festschraubt. Irgend so ein Sesselpuper beim DIN hatte das wohl nicht mitbekommen. Seither heißt es in der Ausbildung "Schraubendreher". ;-)
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Karsten Bolz


eingetragen von gestur am 25.06.2004 um 13.46

Jedenfalls beim Hineindrehen machen meine Handgelenke Drehungen und keine Züge.
Der Schraubenschlüssel umschließt (hoffentlich) den Schraubenkopf passend.
Aber bei Torx-Schrauben benutzt man eigentlich schon Schraubenschlüssel, weil es für jede Schraubenkopfgröße eine eigene Torx-Dreher-Größe gibt, die genau in den Kopf hineinpassen muß, sonst geht gar nichts.


eingetragen von Christoph Kukulies am 25.06.2004 um 13.00

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von gestur
Zitiert aus der Südd. Zeitg., weil das Wort
...
gar nicht bewußt, daß ich mit derjenigen Hand den Schraubendreher oder Schraubenschlüssel führe, mit der ich besser hinkomme, oder wechsele, wenn eine Hand ermüdet ist.


Schraubendreher? Sagen Sie mal ehrlich, gestur, sagen Sie zu Ihrem Helfer: "Gib mir mal den Schraubendreher"?
Ich weiß wohl um diesen Begriff, wie auch um Drehmaschine, aber bei mir ist das immer noch der Schraubenzieher oder die Drehbank, trotz der letzten Maschinenbaureform. Dort hatte man wohl den Schraubenschlüssel ganz vergessen. Der schließt nämlich ebensowenig Schrauben auf wie der Schraubenzieher Schrauben zieht.

Übrigens bin ich gerade auf der Suche nach dem Spruch, den ich auf diesen Seiten schon mal gelesen habe, der mir aber in seiner ürsprünglichen Formulierung wieder entfallen ist. Auch die erweiterte Suche in Beitragstexten führte bisher nicht zum gewünschten Erfolg. Er lautete etwa so:

Wer etwas kann, der macht es.
Wer etwas nicht kann, der lehrt es.
Wer das nicht kann, der verwaltet es,
aber wie ging es weiter? Wurde man dann Politiker?

Wie gesagt, es gehört nicht hierher - oder vielleicht doch?

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Christoph Kukulies


eingetragen von gestur am 25.06.2004 um 12.19

Zitiert aus der Südd. Zeitg., weil das Wort "Rechtschreibung" drin vorkommt:
SZ v. 25.6.04, WISSEN, Zur rechten Zeit nach links
Auszug aus dem Zeitungsartikel:
"Spätestens mit Schulbeginn sollte eindeutig feststehen, mit welcher Hand das Kind schreibt. Größere Sorgen als eindeutige Linkshänder machen Pädagogen deshalb Kinder, die beide Hände gleichermaßen nutzen. Bei allem, was man tut, muß natürlicherweise eine Hand die aktive sein und die andere eher stabilisierend. Wenn das nicht automatisch geschieht, kann das zu enormen Problemen führen.
Beidhändige Kinder könnten sich oft schlecht orientieren, hätten Probleme mit der Rechtschreibung und der Konzentration und seien oft unbeholfen oder ungeschickt. Weil die Automatisierung fehlt, müssen sich solche Kinder bei jedem Buchstaben, jedem Wort die Richtung neu überlegen. Klar, daß sie nach kurzer Zeit erschöpft sind und sich nicht mehr konzentrieren können.
Viele Kinder mit verzögerter Sprachentwicklung wechseln von einer Hand zur anderen. Der Leidensdruck von Beidhändern sei erheblich. Auch das Selbstwertgefühl dieser Kinder sei im Keller."

Meine Meinung dazu:
Ich habe noch selten so einen Schmarrn gelesen. In der Schule haben wir Mitschüler bewundert, die gleichzeitig mit beiden Händen zeichnen konnten. Bei jeder Art von handwerklicher Arbeit ist beidhändiges Arbeiten-Können ein großer Vorteil und eine Arbeitserleichterung: Man kann abwechselnd mit der rechten oder linken Hand arbeiten und gleichzeitig die andere Hand ausruhen lassen und schafft dadurch mehr und arbeitet schneller. An manche Engstellen kommt man überhaupt nur mit der linken Hand hin. Niemand schreibt heute längere Texte noch mit der Hand. Es ist eine gewollte Behinderung, wenn in der Schule eine Hand bewußt vernachlässigt wird. Sich später beidhändiges Arbeiten anzutrainieren, kostet Überwindung und Ausdauer, aber es bringt danach große Arbeitserleichterungen. Es ist mir meist gar nicht bewußt, daß ich mit derjenigen Hand den Schraubendreher oder Schraubenschlüssel führe, mit der ich besser hinkomme, oder wechsele, wenn eine Hand ermüdet ist.


eingetragen von Wolfgang Scheuermann am 14.06.2004 um 15.39

... sieht der 17. äußerlich sehr ähnlich; während auf ersterer auf einem grünen Streifen über der rechten unteren Ecke "Jubiläumsausgabe" steht (100 Jahre Duden), findet sich bei der 17. Auflage auf rotem Untergrund der etwas verkorkst klingende Hinweis "Mit über 10000 Wörtern neu!"
Statt 160000 Stichwörtern hat die 18. "mehr als 200000 Stichwörter".
Auffällig ist die bessere Papierqualität der 18. Auflage: Während die Seiten bei den zwei, drei Ausgaben der 17. Auflage, die ich zu Gesicht bekommen habe, deutlich vergilbt sind, sehen die (ähnlichen Bedingungen ausgesetzten) Exemplare der 18. Auflage aus wie gerade aus dem Druck gekommen.
65 Seiten "Vorbemerkungen" mit 341 Regeln bei der 17. Auflage, die systematisch aufgebaut sind, wurden bei der 18. Auflage ersetzt durch 49 Seiten alphabetisch gegliederter "Richtlinien" mit 212 Regeln (mit denen ich schneller zum Ziel komme). 11 Seiten von Regeln zum "Beistrich (Komma)" z.B. sind ersetzt durch 9 1/2 Seiten zum "Komma (Beistrich)", die optisch besser gegliedert sind. (Es ist wahrscheinlich aber eine Frage von persönlichen Vorlieben, mit welcher Ausgabe man sich besser bedient fühlt.
Angesichts eines angeblichen Zuwachses von mehr als 40000 Stichwörtern ist es höchst erstaunlich, daß beide Ausgaben fast exakt die gleiche Seitenzahl haben (die 18. hat sogar eine Seite weniger), obwohl keine Unterschiede im (sehr guten) Satz in den Wörterverzeichnissen auffallen.
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Dr. Wolfgang Scheuermann


eingetragen von Matthias Dräger am 13.06.2004 um 19.18

Die 20. Auflage des Dudens, der sog. „Vereinigungsduden“, der dem 40jährigen Nebeneinander einer Leipziger und einer Mannheimer Ausgabe ein Ende bereitete, erschien 1991.

Mit der von Herrn Genzmann empfohlenen 17. Auflage des Dudens begleite ich seit 1984 die Buchproduktion des Reichl Verlages, das Wörterbuch ist also seit 20 Jahren im Verlag im Gebrauch - man vergleiche dies mit den Halbwertszeiten der heutigen Wörterbuchproduktion!

Seit 1999 benutze ich zum Nachschlagen von Schreibweisen vor allem das Wörterbuch von Prof. Ickler, vorzugsweise auch bei allen Fragen, bei denen es um richtige (gebräuchliche) Getrennt- und Zusammenschreibung geht. Der von Ickler hier neu eingeführte Bogen zur Kennzeichnung beider Möglichkeiten (sowohl Getrennt- als auch Zusammenschreibung ist gängig und somit richtig) ist dabei eine große Hilfe. Ich weiß dann, welchen Spielraum ich habe, und wähle im Zweifelsfall dann die Schreibweise, die dem Zusammenhang am besten gerecht wird.
Bei spezielleren Fragen, etwa zu Herkunft und Sprachgebrauch, ziehe ich neben dem Duden (17. Auflage) noch „Das große Wörterbuch der deutschen Sprache“ hinzu, das 1976 erschien (1977 durchgesehener Nachdruck).

Interessant ist, daß die 20. Auflage des Dudens (1991) nur 115.000 Stichwörter bringt, die 17. Auflage (1973) aber immerhin 160.000 Stichwörter verzeichnet. Da die 17. Auflage auch noch ein etwas gefälligeres Schriftbild hat und, im Gegensatz zur 20. Auflage, mit einer Fadenheftung ausgestattet ist, halte ich die 17. Auflage für weitaus besser als die 20. Auflage.


eingetragen von Norbert Lindenthal am 13.06.2004 um 18.33

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Karin Pfeiffer-Stolz
… wo ich noch bewährte Wörterbücher, Duden, Grammatikduden bekomme? Während zweier Umzüge habe ich – leider – diese wertvollen Werke in die Tonne entsorgt. Das war ganz am Anfang, gleich nach Einführung der Reform. Damals habe ich noch nicht geahnt, wovon ich mich trenne ...

Sehr geehrte Frau Pfeiffer-Stolz, als Sie nichtsahnend Ihre guten alten Wörterbücher weggaben, habe ich Buchhandlungen abgeklappert und etliche Duden eingesammelt. Vereinigungsduden und andere bekam ich von Buchhändlern, denen sie wegzuwerfen zu schade waren. Es wäre mir eine große Freude, Ihnen ein Exemplar schicken zu dürfen. Wir können ja tauschen. Ich habe noch kein Geld für einen neuen, nun alten, Duden ausgegeben :-).


eingetragen von Rolf Genzmann am 13.06.2004 um 18.06

ZVAB.com (Zentrales Verzeichnis Antiquarischer Bücher) hat hunderte alter Duden aller möglichen Auflagen und Jahrgänge ab ca. 4. Auflage 1895. Solche aus dem Kaiserreich, aus dem dritten Reich, aus der DDR und aus der Bundesrepublik.
Welcher Jahrgang war der beste? Das dürfte eines längeren Studiums bedürfen, denn man will sein Geld doch nicht für schlechte Ware ausgeben.
Der westdeutsche Duden hatte nach den Angaben bei ZVAB eine 14. Auflage 1957/1958. Dann gab es eine 15. völlig neu bearbeitete Auflage 1959, die im „Handbuch des Deutschunterrichts“, Herausgeber Alexander Beinlich, 3. Auflage 1963, erwähnt wird. Eine 16. Auflage folgte 1967, eine 17. Auflage 1973, eine 18. Auflage 1980, eine 19. Auflage 1986, eine 20. Auflage ???? (fand ich nicht verzeichnet bei ZVAB) und eine 21. Auflage 1996 (sog. Reformduden).
Die 20. Auflage war meiner schwachen Erinnerung nach mit lateinischen Wörtern sehr schlecht gemacht, während die 17. Auflage 1973 in verständlicher deutscher Sprache gehalten war. Die Auflagen 18 und 19 kenne ich nicht, also weiß ich nicht, wann der Mannheimer Duden von in gutem Deutsch gefaßten Randnummern in unverständliche Lateinwörterei zurückgefallen ist.
Ich besitze die 17. Auflage, Rechtschreibung 1973 und Grammatik 1973 sowie das Herkunftswörterbuch (Band 7) 1963, bin daran gewöhnt, halte sie für recht ordentlich und kann sie empfehlen.

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Rolf Genzmann


eingetragen von margel am 13.06.2004 um 10.08

Liebe Frau Pfeiffer-Stolz, ich habe mal bei ebay nachgesehen. Da werden über 400 Duden-Bücher angeboten, auch Rechtschreibwörterbücher "alter Art". Die Leute bieten auf die neuen...man sollte sie warnen.
Freundliche Grüße


eingetragen von Reinhard Markner am 13.06.2004 um 10.04

http://www.amazon.de/exec/obidos/ASIN/3411021764/qid=1087120889/sr=1-32/ref=sr_1_2_32/302-2059334-0992039

http://www.amazon.de/exec/obidos/ASIN/3411209259/qid=1087121032/sr=1-52/ref=sr_1_2_52/302-2059334-0992039


eingetragen von Karin Pfeiffer-Stolz am 13.06.2004 um 09.32

Gehört auch nicht hierher, aber dennoch:
Wer kann mir einen Hinweis geben, wo ich noch bewährte Wörterbücher, Duden, Grammatikduden bekomme? Während zweier Umzüge habe ich – leider – diese wertvollen Werke in die Tonne entsorgt. Das war ganz am Anfang, gleich nach Einführung der Reform. Damals habe ich noch nicht geahnt, wovon ich mich trenne ...

Danke für Antwort!
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Karin Pfeiffer-Stolz


eingetragen von gestur am 12.06.2004 um 19.00


eingetragen von Theodor Ickler am 12.06.2004 um 18.08

Die Erlanger haben gerade ihre berühmte Bergkirchweih überstanden. Zehn Tage lang machte die Lokalzeitung Werbung für den Konsum von möglichst großen Mengen Bier. Auch Jugendliche hoben auf Zeitungsfotos die Literkrüge (macht jeweils 65 g reinen Alkohol). Nach vielen Schlägereien, Gehörschädigungen usw. wurde zum Abschluß "Lili Marleen" gespielt und gesungen, womit sich ja schon die Deutsche Wehrmacht auf bessere Zeiten vertröstete. Besagte Zeitung erinnerte daran, daß sich Marlene Dietrich damit unsterblichen Ruhm erwarb, und auch in einer Bildunterschrift wurde noch einmal der "Dietrich-Song" gefeiert.
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Th. Ickler


eingetragen von Sigmar Salzburg am 23.05.2004 um 15.41

»Ich denke noch mit Entzücken an unsern Bürgermeister, der bei einem offiziellen Empfang des (ausgerechnet!) Bischofs Krenn die anwesenden Priesterinnen und Priester begrüßte.«
Reinhard Gonaus in de.etc.sprache.deutsch

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Sigmar Salzburg


eingetragen von gestur am 06.05.2004 um 09.42

Natürlich muß es auch Vaterland und Mutterland, Vaterhaus und Mutterhaus, Vatersprache und Muttersprache, Sohnfirma und Tochterfirma, Krankenbruder und Krankenschwester usw. heißen. Es gibt da noch viel zu tun, warten wir es ab.


eingetragen von Christoph Kukulies am 06.05.2004 um 09.25

Muß man nicht sagen Verbraucher- und Verbraucherinnenschützer- und Schützerinnen? Nur so ein Gedankenspiel.

Ich atme immer auf und finde es erholend, wenn mal jemand ganz unverkrampft von Verbrauchern und Bürgern spricht. Von Lesern, Zuschauern und Studenten. Wohin soll das alles noch führen?

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Christoph Kukulies


eingetragen von Reinhard Markner am 05.05.2004 um 08.45

Die Etymologie von Santiago ist offenbar umstritten, vgl. z. B. http://etimologias.dechile.net/?santiago .


eingetragen von gestur am 05.05.2004 um 07.31

wissen wir doch längst. Und auch, daß er gefährliche Strömungen hat. Berühmte Geschlechter gab es am Main auch, z.B. die Babenberger. Und wenn die Franken sich endlich einigen und ein eigenes Bundesland gründen, ist in Franken der Main der Hauptstrom.


eingetragen von Elke Philburn am 05.05.2004 um 04.16

Das 'Gender-Mainstreaming' scheint nichts anderem als einem Selbstzweck zu dienen. Da lobe ich mir ja die Feministinnen der 60er und 70er Jahre, die wenigstens noch guten Grund hatten, auf die Gleichstellung der Frau zu drängen.
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http://www.vrs-ev.de/


eingetragen von Theodor Ickler am 05.05.2004 um 03.32

Wer Spaß an staatlich geförderten Wahnsystemen hat, kann ja mal hier vorbeischauen (und beim zuständigen Bundesministerium für Familie usw.): http://www.genderkompetenz.info/gm.php?PHPSESSID=42f34df733b82743c65e7877e4a5a622

Vgl. auch http://www.gender-mainstreaming.net/gm/gender-budgeting.html
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Th. Ickler


eingetragen von Theodor Ickler am 19.04.2004 um 03.54

"Norma" bietet chilenischen Rotwein in Papp-Kanistern an. Für deutsche Konsumenten heißt das Getränk "San Tiago". Das muß ein Heiliger indianischen Geblüts gewesen sein.
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Th. Ickler


eingetragen von gestur am 17.04.2004 um 16.05

heißt

BLEI FREI

Das steht an allen Tankstellen, auch dort, wo keine Touristen fahren. Anscheinend ist es ein schöner, einprägsamer und kurzer Name.

(Die übrigen Sorten heißen EURO SUPER und EURO DIESEL.)


eingetragen von gestur am 31.03.2004 um 18.54

ist laut Duden-Herkunftswörterbuch ein uraltes Wort: mittelhochdeutsch lecker = feinschmeckend;
Leckerbissen seit dem 16. und Leckermaul seit dem 17. Jahrh. belegt;
indogermanische Wurzel *(s)leigh- = lecken, mit s-Anlaut schlecken;
altgriech. leichein = lecken;
lat. lingere = lecken;


eingetragen von Reinhard Markner am 31.03.2004 um 13.49

Ein gewisser Jochen Schmidt, der bei C. H. Beck ein Buch veröffentlicht hat, präsentiert in der heutigen "taz" einige Beobachtungen zum Thema Sprache.
http://www.taz.de/pt/2004/03/31/a0186.nf/textdruck

Schmidt ist in der DDR geboren und kommt mit dem Wort "lecker" nicht klar, das bekanntlich in Westdeutschland (und im Niederländischen) verbreiteter ist. Er berichtet : "Dann [d. i. nach 1989] schmeckte das Essen nicht mehr "gut", sondern "lecker". "Sicher, auch in der Odyssee steht: "Und sie erhoben die Hände zum lecker bereiteten Mahle", aber ich könnte schwören, dass ich das Wort vor 89 nie benutzt habe, es klingt für mich nach wie vor irgendwie lasch."

Und ich "Sprachtrampel" (Schmidt) dachte noch, Homer (so es ihn gab) habe auf griechisch gesungen.

Der Artikel geht dann irgendwie weiter. An vielen Leuten, die neuerdings in Deutschland als "Schriftsteller" durchgehen, ist wirklich nur die Blasiertheit bemerkenswert.


eingetragen von margel am 29.03.2004 um 16.24

Vielen Dank, Herr Dörner, für diesen Hinweis. Vielleicht paßt er doch zum Thema: "... den gestirnten Himmel über mir und die Rechtschreibreform hinter mir..." - wär´s das nicht?
Vor einigen Tagen stand schon die Venus ganz dicht beim untergehenden Mond, ein rührendes und erhabenes Schauspiel. Hier im Flachland habe ich vielleicht heute abend das Glück, endlich einmal Merkur zu sehen. Jedenfalls wird es eine klare Nacht.


eingetragen von Christian Dörner am 29.03.2004 um 15.36

[Gelöscht durch Christian Dörner, damit die Diskussion im Forum nicht vom Thema abkommt.]
– geändert durch Christian Dörner am 31.03.2004, 11.10 –
__________________
Christian Dörner


eingetragen von Ruth Salber-Buchmüller am 20.03.2004 um 09.07

Gestern abend in "Wer wird
Millionär":Es sollte
DER MANN dekliniert werden in
der (bekannten) Reihenfolge:
Nom., Gen., Dat., Akk.
Nur ein einziger konnte es aus
der Kandidatenriege!


__________________
Ruth Salber-Buchmueller


eingetragen von Theodor Ickler am 20.03.2004 um 05.28

Das strukturalistische Mangoldtörtchen
Nach vierzig Jahren täglicher Lektüre hätte ich nicht damit gerechnet, daß die FAZ ins satirische Fach wechselt und einen „Jürgen Dollase“ erfindet, der nun jeden Samstag die Kolumne „Geschmackssache“ bestreitet – anstelle von „Natur und Wissenschaft“, womit man wohl den Leser am Wochenende nicht belasten zu dürfen meint.
Welcher FAZ-Leser interessiert sich dafür, was ein 29jähriger Schnösel von Küchenchef in einem Dorf bei Padua einmal aufgetischt hat? Zum Beispiel ein Risotto mit Süßwein, Kapern und Kaffee, der sich während des Essens als braune Pfütze in der Mitte des Tellers sammelt, von Dollase aber als „Kristallisationspunkt für grundsätzliche Überlegungen zu einer rückgekoppelten oder einer Art aleatorischen Kreativität“ verstanden wird. (FAZ 22.5.04)
Dazu gibt es aber ein Glas mit gewürzten Brotwürfeln, der – kalten – Creme einer speziellen Brokkoli-Sorte und Trüffelstückchen, was wie der unreflektierte Versuch wirkt, auch noch strukturalistische Momente durch Textur- und Temperaturvarianten zu installieren. (FAZ 22.5.04)
Wenn Goossens die Langustinen mit Kaviar und Kartoffelcreme kombiniert, ist dies zunächst nur eine eher klassische Basis, die in anderen Häusern sich selbst genug ist. Er aber erweitert die Creme durch ein Broccoli-Püree (...) (FAZ 13.3.2004)
Und was exakt ist beim „Filet vom australischen Wagyu-Rind mit Chinakohl und Ingwer in Burgunderjus“ (in drei Variationen) passiert? Bühner entfernt – äußerst subtil denkend - die Bratkruste von einem Stück, um den reinen Geschmack dieses fettreichen und außergewöhnlich zarten Fleisches freizulegen, und kombiniert dünne gebratene Scheiben mit krossen Foie-gras-Croutons (was ein wunderbares Eß-Erlebnis ist) – überwürzt die Scheiben aber (mit Senf) und mariniert sehr dünn geschnittenes, rohes Fleisch mit einer alles übertünchenden Sojasauce. Kurzfristig muß da einmal die Sinn-Verankerung ausgesetzt haben. (...) Ein Rochen (...) präsentiert sich als strukturalistische Kreation (...) (FAZ 3.4.04)
Der Strukturalismus hat es Dollase angetan, wahrscheinlich erinnert er sich einschlägiger Lektüre („Das Rohe und das Gekochte“) und interpretiert die Speisekarte semiotisch:
Ähnlich wirkt auch sein Wolfsbarsch mit Blutwurst, Entenstopfleber und Lavendelvinaigrette oder – etwas strukturalistischer – ein Mangoldtörtchen mit Entenstopfleber auf einer Teigscheibe mit präzise dimensioniertem Speck zu Austern und einer Curry-Sauce. (FAZ 30.4.04)
Hier gibt sich der Autor allerdings eine Blöße, denn die postkoloniale „Curry-Sauce“ sogenannter Feinschmecker ist, auch wenn sie über Austern und Speck gegossen wird, grundsätzlich etwas Vulgäres. Seit sogenannte Weinkenner beim Genuß österreichischer Frostschutzmittel verzückt die Augen verdrehten, werden wir ja den Verdacht nicht also, daß die Feinschmeckerei viel mit Selbstbetrug zu tun hat oder – strukturalistischer ausgedrückt – ein selbstreferentielles Produkt sozialer Konstruktion von Wirklichkeiten ist.
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Th. Ickler


eingetragen von Reinhard Markner am 12.03.2004 um 07.45

Wolfgang Schuller hält beinhalten, exemplarische Beispiele, zum Tragen kommen, Stellenwert, zeitgleich für »Ausdrücke aus dem Wörterbuch des Papiermenschen« (FAZ 12. 1. 2004). Was mag ihn gegen zeitgleich aufgebracht haben ?

Einem Leser aus Leonberg ist es gelungen, einen schwäbischen Umlaut ins Blatt zu bringen : »Man frägt sich« (FAZ 17. 1. 2004).

Leserin Ingrid Metz behauptet : »Das Zusammentreffen kleinerer Fehler, die dann wider Erwarten zur Katastrophe führen, ist juristisch bekannt und heißt »Übervertrauen ins eigene Risikowissen von Expertengruppen«.« (SZ 9. 3. 2004) Sollte man sich merken.


eingetragen von J.-M. Wagner am 10.03.2004 um 16.30

E = m€2

(An einem Physikgebäude in Jena.)
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Jan-Martin Wagner


eingetragen von Theodor Ickler am 03.03.2004 um 16.53

Frau Schavan ist nicht dumm, und kürzlich soll sie sich mit einem andern Kultusminister über die RSR unterhalten haben. Insgesamt darf man allerdings von Politikern gar nichts erwarten. Diese Spezies handelt nur unter dem Druck der Verhältnisse (Mehrheitsverhältnisse). Diesen Druck muß die Presse ausüben.
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Th. Ickler


eingetragen von Wolfgang Wrase am 03.03.2004 um 15.05

Wenn Frau Schavan Bundespräsidentin wird (das vermute ich), gehe ich eher davon aus, daß die Politik einen guten Vorwand haben wird, die Rechtschreibreform noch sturer und hirnloser als bisher zu verteidigen. Denn Kritik an der Rechtschreibreform wäre dann Kritik auch an der Bundespräsidentin, und man darf doch dieses edle Amt nicht beschädigen! Die Rechtschreibreform ist plötzlich unmittelbar mit der Würde des höchsten Amtes im Staat verknüpft. Für die Parteien wäre dies ein guter Vorwand, ihre dämliche Befürwortung der Rechtschreibreform mit einer ganz neuen Ausflucht zu verbrämen. Bei Roman Herzog und Johannes Rau, die sich deutlich bzw. mäßig von der Reform distanziert hatten, war das nicht möglich. Anläßlich der Auswahl des Präsidentschaftskandidaten sieht man jedenfalls wieder einmal überdeutlich, daß es in der Politik nicht um Werte geht, gar etwa um kulturelle Werte, sondern zu 99 Prozent um Machtkalkül und Postengeschacher.


eingetragen von Christoph Kukulies am 03.03.2004 um 14.40

Komisch, geht es Ihnen nicht auch so in den letzten Tagen, daß Sie sich insgeheim fragen, welcher der kursierenden Bundespräsidentschaftskandidaten wohl der geeignetste für die Sache der Wiederherstellung der einheitlichen deutschen Rechtschreibung sein könnte?

Mit Schrecken stelle ich mir Frau Schavan in diesem Amt vor. Wolfgang Gerhardt und Wolfgang Schäuble haben hinsichtlich Rechtschreibangelegenheiten auch nicht gerade eine weiße Weste. Töpfer, Köhler, Schmalz-Jacobsen, recht unbeschriebene Blätter.

Aber vielleicht würde Frau Schavan ja sogar am ehesten auf den Pfad der Vernunft zurückfinden. Ein Stück Wiedergutmachung.

Alles Spekulation.

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Christoph Kukulies


eingetragen von Theodor Ickler am 29.02.2004 um 07.54

Im Urlaub habe ich einen Leserbrief von Anglistikprofessor Dieter Mindt gelesen, worin er zeigt, daß es "brain up" in der gemeinten Bedeutung (falls Frau Bulmahn überhaupt etwas gemeint hat) nicht gibt.
Ein anderer Leserbriefschreiber führt in der FAZ vom 4. März vor, daß es sich doch belegen läßt (was wir ja auch schon ergoogelt hatten), und folgert daraus, daß Frau Bulmahn sich lieber der deutschen Sprache bedienen solle - wenn schon ein Anglistikpofessor solche Ausdrücke nicht kennt.
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Th. Ickler


eingetragen von L.Willms am 27.02.2004 um 11.31

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Matthias Dräger
In der Nacht vom 19. auf den 20. Februar betrat ich im Traum einen Laden.

erwiderte die Verkäuferin, [...] „Sie wollen etwas tun für die gute Rechtschreibung?“

Das Wort „gut“ hat mich im Traum angenehm überrascht, ich hatte es vorher im Zusammenhang mit der herkömmlichen Rechtschreibung noch nie gehört.
[...]

Wer also sprach hier?
Mein Verstand war es sicher nicht, der hätte sich kaum über sich selbst gewundert.

Naja, Ihr Traum verläuft ja nach Ihrem Drehbuch und unter Ihrer Regie ...

Der Georg Christoph Lichtenberg, der mich hier bei jedem meiner Beiträge begleitet, notierte folgendes dazu in seinen Sudelbüchern:
Zitat:
Wenn ich im Traum mit jemandem disputiere und der mich widerlegt und belehrt, so bin ich es der sich selbst belehrt, also nachdenkt. Dieses Nachdenken wird unter der Form von Gespräch angeschaut. Können wir [uns] also wundern, wenn die frühen Völker das was sie bei der Schlange denken (wie Eva) ausdrücken durch: die Schlange sprach zu mir. Der Herr sprach zu mir. Mein Geist sprach zu mir. Da wir eigentlich nicht genau wissen wo wir denken, so können wir den Gedanken hin versetzen, wo wir wollen. So wie man sprechen kann, daß man es glaubt es komme von einem Dritten, so kann [man] auch so denken, daß es läßt, als würde es uns gesagt: Genius Socratis pp. Wie erstaunend Vieles ließe sich nicht durch die Träume noch entwickeln
[J156]


MfG,
L. Willms




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Es gibt eine wahre und eine förmliche Orthographie. -- Georg Christoph Lichtenberg (1742 .. 1799)


eingetragen von Sigmar Salzburg am 27.02.2004 um 11.30

Gerade habe ich den Erstdruck 1774 von Goethes „Werther“ vor mir. Auch hier ist auf Seite 13 „vom sogenannten Pöbel“ die Rede, auf Seite 53 vom „sogenannten Herrn Schmidt“.
Gerne hätte ich noch ältere Beispiele.
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Sigmar Salzburg


eingetragen von Heinz Erich Stiene am 27.02.2004 um 11.02

Wie klug die Regelung ist, zwei durch "und" verbundene Hauptsätze durch ein Komma voneinander abzusetzen, wurde mir in diesen Tagen wieder einmal deutlich. Gerade hatte ich ein Buch von 1792 gelesen, das in einem jeden solchen Fall ein Komma enthielt. In einem umfänglichen Briefcorpus aus der Mitte des 19. Jahrhunderts, das vor einem guten Dutzend Jahren erstmals getreu nach dem Originalmanuskript veröffentlicht wurde, sieht das ganz anders aus. Darin sind die Satzzeichen im allgemeinen weitaus sparsamer gesetzt, und so trifft man auf Sätze, bei denen Auge und Hirn beim ersten Anlauf unweigerlich ausrutschen. Zwei Kostproben: "Die Herzogin soll mit ihrer Begleitung herumgehen und die Marktleute preisen ihr in Versen ihre Waaren an." - "Pastoren sind aber zu Allem fähig. Ihr Wandel ist im Himmel und auf Erden machen sie Mißgriffe."
Daß aber auch ein gesetztes Komma mitunter zu wenig sein kann, erweist sich an diesem Beispiel: "Der Reichthum geht in die Hände der Wirthe und Fabrikanten, Staatsdiener und Handwerker hungern und die Arbeiter verhungern oder wandern aus."
Die besagten Briefe sind übrigens nach "Ehstland" gegangen. Das "h", im 19. Jahrhundert noch verbreitet, ist später konfisziert worden. Dennoch liest und hört man, korrekt sei "Estland" mit langem "E" zu sprechen. Warum hat man das "h" überhaupt getilgt, wo diese Maßnahme zwangsläufig eine Angleichung der Aussprache an "Rest", "Fest", "Nest" nach sich ziehen mußte?
Doch noch ein Wort zum Buch von 1792. Die Orthographie ist recht konsequent; keineswegs geht es dort wie Kraut und Rüben durcheinander. Schwankungen treten bezeichnenderweise (?) bei adverbialen Verbindungen wie "im voraus", "zum Voraus" auf. Bemerkenswert erscheint mir ferner der Umstand, daß es grundsätzlich "demonstriren", "celebriren" usw. heißt, aber immer "studieren", "Studierende". Wie ist das zu erklären?
Zu guter Letzt: in beiden Werken findet sich nur "sogenannt".
Eine allgemeine Erkenntnis drängt sich heute dem bewußten Leser auf: Eine Rechtschreibung, gerade wenn sie wie die deutsche über anderthalb Jahrhunderte, von Adelung bis Duden, reifen konnte, ist nicht nur eine Kulturnorm, wie Munske gesagt hat. Sie ist ein empfindlicher Biotop. Stirbt darin ein Baum oder Strauch nach einem ihm angemessenen Leben allmählich ab, so ist längst ein anderer nachgewachsen, und alles bleibt im Lot. Willkürliche Eingriffe an einer Stelle, erst recht an mehreren, bringen das ganze Gefüge nachhaltig aus dem Gleichgewicht. Bis sich ein solches wieder einstellt, wird es jetzt, so fürchte ich, einige Generationen dauern. Vermutlich sind wir wieder in Adelungs Zeiten zurückversetzt.

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Heinz Erich Stiene


eingetragen von Matthias Dräger am 21.02.2004 um 10.10

Ich kann mir Träume schlecht merken, es sei denn, ich schreibe sie mir direkt nach dem Aufwachen auf. Manchmal taucht im Traum auch eine markante Situation auf, die so intensiv durchlebt wird, daß sie auch später noch präsent ist, ohne Aufschreiben.

In der Nacht vom 19. auf den 20. Februar betrat ich im Traum einen Laden. Ich wollte eine Kampagne für den Erhalt der herkömmlichen Rechtschreibung starten, und brauchte dazu einen - Kutter (Schiff) und Papier für Plakate. „Ach“, erwiderte die Verkäuferin, nachdem ich mein Anliegen vorgebracht hatte, und ihre Miene verriet verständnisvolle Zustimmung, als ob ich nach einem seit langem eingeführten Markenartikel gefragt hätte, „Sie wollen etwas tun für die gute Rechtschreibung?“

Das Wort „gut“ hat mich im Traum angenehm überrascht, ich hatte es vorher im Zusammenhang mit der herkömmlichen Rechtschreibung noch nie gehört. Ich habe bisher nur die Begriffe

- herkömmliche,
- bewährte, auch mal
- alte,
- normale
- klassische

Rechtschreibung verwendet. Wer also sprach hier?
Mein Verstand war es sicher nicht, der hätte sich kaum über sich selbst gewundert.


eingetragen von Karsten Bolz am 10.02.2004 um 17.17

Leo (www.leo.org) kennt nur: to brain sth. up <> etw. anspruchsvoller machen. Wobei dann der Imperativ "brain up!" schon etwas merkwürdig dasteht.
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Karsten Bolz


eingetragen von Theodor Ickler am 10.02.2004 um 16.40

"Mozart starb, bevor er sein Requiem vollenden konnte."

Daraus folgt logisch:

"Nachdem Mozart gestorben war, konnte er sein Requiem vollenden."
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Th. Ickler


eingetragen von Reinhard Markner am 05.02.2004 um 12.53

Durchgewinkt

Zu jW vom 2. Februar 2004: »Gabi Zimmer durchgewunken«

Als ich Eure Überschrift sah, habe ich nur abgewinkt. Oder abgewunken? Abseits aller politischen Debatten ist die leider einfach nur falsch. »Winken« ist ein schwaches (regelmäßiges) Verb, nach alter und neuer Rechtschreibung. Um auf »gewunken« zu kommen, müßten wir leitformmäßig »winken-wankte-gewunken« bilden. Aber klar: »Wankte« ist die Präteritumsform von einem anderen schwachen (regelmäßigen) Verb, nämlich von wanken. Also bitte: Künftig nicht gewankt und (auch wenn auf RTL etc. täglich »abgewunken« wird) sowohl mutig als auch richtig, ja, in diesem Falle sogar nachhaltig-konservativ einfach nur »durchgewinkt« schreiben.

Sebastian Köhler, Potsdam


eingetragen von Theodor Ickler am 30.01.2004 um 04.40

Das ist interessant, danke für die Recherche!

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Th. Ickler


eingetragen von Elke Philburn am 30.01.2004 um 02.07

“Brain up” habe ich bislang noch nicht gehört, aber dieser Begriff scheint sich der Recherche nach zu ergänzen mit dem gegenteiligen und weitaus bekannteren Ausdruck “to dumb down”, was soviel heißt wie “die Ansprüche senken” oder “sich einem niedrigeren Niveau anpassen”. Diesen Begriff habe ich oft in Zusammenhang mit den sinkenden Standards an Universitäten gehört. Beim “braining up” scheint es also um das Gegenteil von “dumbing down” zu gehen.

http://www.br-online.de/jugend/izi/english/e-buck.htm

In this context, television in general is largely defined as anti-educational. If it has a role, it is not to ‘dumb down’, but to ‘brain up’.

http://education.guardian.co.uk/higher/arts/story/0,9848,773168,00.html

Mr Saumarez Smith, a former academic, believes the answer is not to dumb down, "as the Department for Culture Media and Sport would sometimes seem to like us to do", but to "brain up".

http://books.guardian.co.uk/review/story/0,12084,900135,00.html

Throughout his career, despite his hard work, success, publications, and grave and grown-up pronouncements on museum issues - museums, he says, must "brain up" rather than "dumb down".
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http://www.vrs-ev.de/


eingetragen von Wolfgang Wrase am 29.01.2004 um 16.53

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Theodor Ickler
Die Zahlen täuschen ein wenig.
Ja, vor allem die erste Zahl. Deshalb hatte ich ja die englischen Varianten als Kontrolle eingefügt, die sind eher mager. Im deutschen Sprachraum würden den flektierten Formen vielleicht je fünf Belege entsprechen; für die Grundform vielleicht hundert Belege. Außerdem tauchen verdächtigerweise auch Anführungszeichen auf, die auf die Neuartigkeit, Künstlichkeit oder Unüblichkeit des Ausdrucks hindeuten.


eingetragen von Theodor Ickler am 29.01.2004 um 15.43

Die Zahlen täuschen ein wenig. Wenn man mal genau nachschaut, was da eigentlich steht. Jedenfalls ein blöder Titel für eine deutsche Kampagne.
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Th. Ickler


eingetragen von Wolfgang Wrase am 29.01.2004 um 15.12

(Google)

brain up: 9800
brained up: 31
braining up: 41


eingetragen von Detlef Lindenthal am 28.01.2004 um 22.25


Theodor Ickler fragte:
Gibt es „brain up“ eigentlich im Englischen?
Ein Teil der Angeln zog nach Ängland, der andere Teil blieb hier in meiner Heimat. Bregen heißt bei uns das Gehirn des Schlachtviehs, mit der Forke bekommt selbiges zuvor das Futter, mit dem Spaten würde man z.B. die Futterrüben zerkleinern. An Englishman, who uses his brain, would utilize fork and spoon to eat his food. Als Hiergebliebener erlaube ich mir, derartige verbale Reimporte (Bregen ab oder auf) suspekt zu finden.
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Detlef Lindenthal


eingetragen von Theodor Ickler am 28.01.2004 um 16.47

Schon mancher hat sich über den Titel der Hirn-Offensive von Frau Bulmahn gewundert. Gibts es "brain up" eigentlich im Englischen? Ich habe wahrscheinlich gefehlt, als das dran war, und es auch seither nicht gelesen.
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Th. Ickler


eingetragen von margel am 24.01.2004 um 10.24

Margel fand den Vers für Hesse doch etwas gar holprig. Um seiner dunklen Erinnerung aufzuhelfen, gab er bei google die entsprechenden Schlagworte ein - und siehe da!


eingetragen von Detlef Lindenthal am 24.01.2004 um 09.03

@margel


margel schrieb:
Ich erinnerte es und fand es so:
Mir ist zwar nicht die handschriftliche Fassung zugänglich, aber die Zeile: „Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne...“
Bitte um Aufklärung. Vielen Dank – und immer schön cool bleiben!
Dazu ist mein Vorschlag: Wenn es Ihnen bei Ihrem früheren Beitrag ...

„Und in jedem Anfang steckt ein Zauber inne...“ (Hermann Hesse) – Offenbar eine Rückübersetzung aus dem Plattdeutschen.
... um die wortgenaue Zitierung ging, wäre es für uns Leser leichter verständlich gewesen, wenn Sie auf diese Frage der Zitierfassung hingewiesen hätten, statt uns Leser auf die Niederdeutsch-Fährte mit ihrem für mich immer noch schwer zugänglichen Humor zu locken. – Allgemein finde ich, daß unsere Seite auch für Handwerker und Abiturienten verständlich bleiben sollte.
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Detlef Lindenthal


eingetragen von margel am 24.01.2004 um 08.30

Mir ist zwar nicht die handschriftliche Fassung zugänglich, aber die Zeile: "Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne..." Bitte um Aufklärung. Vielen Dank - und immer schön cool bleiben!


eingetragen von Theodor Ickler am 24.01.2004 um 05.06

Der Streit ist gegenstandslos, weil Hesse, wie eine Nachprüfung an der Handschrift ergab, in Wirklichkeit geschrieben hat: "In jedem Zuber steckt ein Anfang drin" - offenbar in Anspielung auf frühneuzeitliche Badebräuche, wo das gemeinschaftliche Zubersitzen von Männlein und Weiblein naturgemäß oft der Anfang von etwas war.
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Th. Ickler


eingetragen von Detlef Lindenthal am 24.01.2004 um 02.29

Wieso bekomme ich die Mecker, und margel nicht? Was hat das althochdeutsche Wort innestekken / innestecken und hochdeutsche Neuwort mit dem Niederdeutschen zu tun?
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Detlef Lindenthal


eingetragen von Jörg Metes am 24.01.2004 um 01.02

Kann man denn wirklich gar nichts tun, um Ihnen diesen Ton abzugewöhnen, Herr Lindenthal?
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Jörg Metes


eingetragen von Detlef Lindenthal am 23.01.2004 um 22.23


margel schrieb:
„Und in jedem Anfang steckt ein Zauber inne...“ (Hermann Hesse) – Offenbar eine Rückübersetzung aus dem Plattdeutschen.

Und wenn?
Und was ist daran so erwähnens- oder bemerkenswert?
Und wenn innestecken genauso gebildet wird wie innewohnen (25 Gugel) und innehalten (2410 Gugel), wie innewerden, innesein?
Sollen wir jetzt den Herrn Hesse oder seinen etwas freisinnigen Zitator vor die Reichsschrifttumskammer zitieren oder beide aus dem Schriftstellerverband der Union ausschließen?
Oder sollen wir Spiegel.de vorschlagen, daß er bei seinen Wörterverbotsversuchen sich insbesondere aller Wörter annimmt, die inne drin oder dran haben?
Ich erbitte Aufklärung.
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Detlef Lindenthal


eingetragen von margel am 23.01.2004 um 15.44

Unsere Volkshochschule bzw. die Dozentinnen stellen über einen Kurs "Workshop für Frauen in Trennungssituationen" folgendes Motto: "Und in jedem Anfang steckt ein Zauber inne..." (Hermann Hesse) - Offenbar eine Rückübersetzung aus dem Plattdeutschen.


eingetragen von margel am 22.01.2004 um 20.32

In unserer Kleinstadt gab der Kaufmännische Verein kurz vor Weihnachten die Parole aus:"Christmas out". Es sollte wohl eine Veranstaltung auf dem Marktplatz sein.


eingetragen von Theodor Ickler am 22.01.2004 um 15.26

In einem fränkischen Kaff namens Eckental gibt das Jugendbüro eine Informationsbroschüre heraus. Nun ratet mal, welchen Titel sie hat. "What's up"! Die Dialektforscher an unserem Institut (Sprachatlas) sind ratlos, können es einfach nicht einordnen ...
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Th. Ickler


eingetragen von margel am 22.01.2004 um 14.41

Könnte man nicht der KMK einen Papagei verehren, der so einen F***-Satz, auf die Reform bezogen, ca. alle 10 Minuten von sich gäbe...?


eingetragen von Sigmar Salzburg am 21.01.2004 um 22.35

Hochpolitischer Vogel
Mit großer Befriedigung hören wir die Nachricht, dass Winston Churchills Papagei noch lebt und dass er mit 104 Jahren noch nicht zu alt ist, um "Fuck Hitler" und "Fuck the Nazis" zu krächzen. Herrlicher Vogel! Er soll zwar schon ein bisschen zerzaust aussehen, aber man noch erkennt deutlich, dass Charlie (so heißt das tapfere Tier) blau und gelb gefiedert ist…
( DIE WELT 21.01.2004)

Churchills Flüche leben noch immer
Winston Churchills Papagei „Charlie" flucht auch mit 104 Jahren immer noch auf die Nazis. Wie der „Daily Mirror" berichtet, krächzt der Vogel auch 39 Jahre nach dem Tod des Premiers „Fuck Hitler" und „Fuck the Nazis"…
( KN/dpa 20.01.2004)

Churchills Papagei
104-jähriger Nazigegner
Winston Churchills Papagei "Charlie" flucht auch mit 104 Jahren noch auf die Nazis. Seine Lieblingsausdrücke sind "Fuck Hitler" und "Fuck the Nazis."

Wie der Daily Mirror berichtete, krächzt der wahrscheinlich älteste Papagei Großbritanniens auch 39 Jahre nach dem Tod des Premierministers „Fuck Hitler“ und „Fuck the Nazis“ mit dessen Zungenschlag...
(sueddeutsche.de 19.01.2004)

Und das Original:

F*** THE NAZIS, SAYS CHURCHILL'S PARROT
By Bill Borrows
SHE WAS at Winston Churchill's side during Britain's darkest hour. And now Charlie the parrot is 104 years old...and still cursing the Nazis.
Her favourite sayings were "F*** Hitler" and "F*** the Nazis". …

(Mirror 19.01.2004)

(Inzwischen ist die Sache als Zeitungsente entlarvt.)
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Sigmar Salzburg


eingetragen von margel am 21.01.2004 um 10.36

Nach reiflicher Überlegung möchte ich doch einer sprachpsychologischen gegenüber einer schreibphysiologischen Erklärung für Fehler à la "Philiosophie" den Vorzug geben. Stichwort: "Kontamination" usw.


eingetragen von Theodor Ickler am 21.01.2004 um 05.27

Die "selbst ernannten" Moralapostel von der Unwortjury (durchweg Neuschreiber) haben es wieder einmal geschafft, auf die erste Seite aller Zeitungen zu kommen. In der FAZ wird immerhin klargestellt, daß die Jury zwar die Voten der Mitbürger einholt, sie aber nicht berücksichtigt. Es können also auch Wörter ausgewählt werden, die kein einziger Einsender vorgeschlagen hat.
Nachdem nun der Fall Hohmann weidlich durchgekaut worden ist, kommt diese verschnarchte Gutmenschengruppe auch auf den Dreh: "Tätervolk" gibt es nicht. Das haben doch die Neonazis auch immer gesagt. Und Hohmann ja eigentlich auch, und gerade darin bestand die "Verbindung", die er hergestellt hat. Zum Teufel mit dem Goldhagen und so weiter. Nicht mal die Rechtschreibreform kann man dem ganzen Volk in die Schuhe schieben, sondern bloß einer Hand, nun ja, voll Schwachköpfe.
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Th. Ickler


eingetragen von Theodor Ickler am 21.01.2004 um 05.20

Und wohl auch richtig. Aber eben nicht einfach, wie gesagt.
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Th. Ickler


eingetragen von Wolfgang Wrase am 21.01.2004 um 00.28

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Theodor Ickler
Ich habe ja nicht bezweifelt, daß es ein Tippfehler ist, aber eine Erklärung, warum gerade die eine Kombination so fehlerträchtig ist, haben Sie immer noch nicht gegeben. Vielleicht spielt die Häufigkeit von phili- eine Rolle (Philipp u. a.). Ergonomisch wäre ein Vergreifen bei nebeneinanderliegenden Tasten in jeder Umgebung zu erwarten.
In meinem kleinen Aufsatz über "konstrastiv" (vor zehn Jahren im "Sprachdienst" veröffentlicht) habe ich auch zu mehreren kombinierten Ursachen greifen müssen, um diesen "häufigsten deutschen Druckfehler" zu erklären.
Sonderbar ist hier wie dort, daß der Fehler unbemerkt bleibt. Und das keineswegs nur bei flüchtig hingeworfenen Forumsbeiträgen, sondern auf offiziellen Netzseiten von Anwaltskanzleien usw., die ihre "Philisophie" bekanntgeben. "Konstrastive Linguistik" steht sogar auf Bucheinbänden in großen Lettern! Das ist ergonomisch überhaupt nicht zu erklären.


Also, zunächst stelle ich fest, wie mühsam PHILOSOPHIE zu tippen ist. Ich bin ein vielfaches langsamer als bei durchschnittlich schwierigen Wörtern desselben Umfangs. Warum? P-I-O liegen über der Normalposition der Finger, und zwar außen, über den relativ ungeschickten drei äußeren Fingern. Direkt nebeneinander. Und man muß jeden dieser drei Buchstaben in PHILOSOPHIE gleich zweimal aktivieren. Das alles ist offensichtlich unangenehm und macht Probleme. Warum nun PHILI statt PHILO? Erstens meine ich, daß bei diesen drei Buchstaben gerade der vierte Finger für O relativ schwierig zu sortieren ist, weil der Mittelfinger immer noch relativ geschickt ist (er ist dem Zeigefinger ähnlicher), und der kleine Finger ist immerhin eindeutig außen, so daß man dort nicht viel verwechseln kann. Der Ringfinger ist dazwischen eingeklemmt. Aber wichtiger: Nachdem P und I getippt wurden - das allein wäre noch nicht schwierig -, käme der Ringfinger mit dem dazwischen liegenden O dran. Vorher muß er aber noch schnell ein L erreichen, und das liegt in der Zeile darunter. Und dann mit demselben Ringfinger gleich wieder das O darüber, also sofort wieder nach oben? Das ist einfach schwierig und fehlerträchtig. Somit wird manchmal ein ähnliches Programm aktiviert: Statt der Ringfinger-Wiederholung L-O verschafft man sich mit L-I Erholung. Das hat auch mit der Ungeduld beim Tippen zu tun: L-I kann man praktisch gleichzeitig tippen, bei I-L-O muß man mit der Hand und/oder dem Ringfinger blitzschnell zuerst nach unten und dann nach oben. Ich finde, PHILI ist aus ergonomischer Sicht ein naheliegender Ersatz für PHILO. Auch die Fortsetzung dürfte eine Rolle spielen: SOPHIE mit O-P. Man "weiß" nach PHI, daß das O drankommt, und glaubt es in SOPHIE "abzuarbeiten". Da fällt den verhedderten Fingern nicht so leicht auf, daß es dann schon etwas zu spät ist.

Gerade Fall "konstrastiv" zeigt, wie leicht gewohnte Fingerprogramme als Tippfehler für sehr ähnliche Buchstabenfolgen hineinrutschen können. KONSTR ist eben überaus vertraut und wird schon mal statt KONTR getippt. KONS dürfte überhaupt die häufigste Erweiterung von KON sein. Also braucht es nicht einmal eine Schwierigkeit, um das gewohnte S hineinzumogeln, das nicht nur nach KON angesagt ist, sondern ebenso vor TR. Es gehört statistisch geradezu dort hinein, von beiden Enden her gesehen. Zugleich ist in diesem Fall das erste (falsche) ST ein Vorgriff auf das zweite (richtige) ST - ein Fehler, wie man ihn auch von mündlichen Verhasplern kennt.

Ein ähnlicher Fall ist ..TZTEN statt TZEN. Ersteres ist so häufig (Imperfekt und Partizip: sie verletzten, die Verletzten), daß TZT als gewohnte Erweiterung von TZ (jedenfalls vor EN) in den Fingern steckt, und schon haspeln man das zweite T mit ab. [Meinen Tippfehler HASPELN statt HASPELT habe ich absichtlich stehengelassen: Offensichtlich eine rein mechanische Verwechslung, der Abruf einer ähnlichen, gewohnten Sequenz. Allenfalls könnte hinzukommen, daß die schnellen Finger schon das N in MAN erzeugen wollten, also gewissermaßen eine Abkürzung gewählt haben; vgl. oben.]

"Ergonomisch wäre ein Vergreifen bei nebeneinanderliegenden Tasten in jeder Umgebung zu erwarten": Das hört sich plausibel an, ist aber doch nur theoretisch. Die Finger sind doch völlig verschieden, und die Buchstabenfolgen sind ganz individuell anspruchsvoll, was auch mit der Verteilung auf der Tastatur zusammenhängt. Man kann ja auch nicht sagen: "Ergonomisch wäre zu erwarten, daß man beim Zweifingersystem irgendwelche zwei Finger verwendet. Alle möglichen Kombinationen müßten gleich häufig auftreten, zum Beispiel linker Daumen und rechter Mittelfinger gleich häufig wie linker Ringfinger und linker Zeigefinger oder sonst eine Kombination." Es sind aber immer - falls vorhanden - die beiden Zeigefinger.

Ein bißchen Realitätsbezug und Differenzierung muß schon sein für eine zielstrebige Klärung. Sonst behaupte ich beispielsweise zurück: "Aus physiologischer Sicht könnte eine Katze genausogut die Gestalt einer Kugel haben." Nun beweisen Sie mal, warum das nicht stimmt. Da müßte man bei den Einzellern anfangen ...


eingetragen von Theodor Ickler am 20.01.2004 um 16.30

Ich habe ja nicht bezweifelt, daß es ein Tippfehler ist, aber eine Erklärung, warum gerade die eine Kombination so fehlerträchtig ist, haben Sie immer noch nicht gegeben. Vielleicht spielt die Häufigkeit von phili- eine Rolle (Philipp u. a.). Ergonomisch wäre ein Vergreifen bei nebeneinanderliegenden Tasten in jeder Umgebung zu erwarten.
In meinem kleinen Aufsatz über "konstrastiv" (vor zehn Jahren im "Sprachdienst" veröffentlicht) habe ich auch zu mehreren kombinierten Ursachen greifen müssen, um diesen "häufigsten deutschen Druckfehler" zu erklären.
Sonderbar ist hier wie dort, daß der Fehler unbemerkt bleibt. Und das keineswegs nur bei flüchtig hingeworfenen Forumsbeiträgen, sondern auf offiziellen Netzseiten von Anwaltskanzleien usw., die ihre "Philisophie" bekanntgeben. "Konstrastive Linguistik" steht sogar auf Bucheinbänden in großen Lettern! Das ist ergonomisch überhaupt nicht zu erklären.
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Th. Ickler


eingetragen von Theodor Ickler am 20.01.2004 um 16.29

Ich habe ja nicht bezweifelt, daß es ein Tippfehler ist, aber eine Erklärung, warum gerade die eine Kombination so fehlerträchtig ist, haben Sie immer noch nicht gegeben. Vielleicht spielt die Häufigkeit von phili- eine Rolle (Philipp u. a.). Ergonomisch wäre ein Vergreifen bei nebeneinanderliegenden Tasten in jeder Umgebung zu erwarten.
In meinem kleinen Aufsatz über "konstrastiv" (vor zehn Jahren im "Sprachdienst" veröffentlicht) habe ich auch zu mehreren kombinierten Ursachen greifen müssen, um diesen "häufigsten deutschen Druckfehler" zu erklären.
Sonderbar ist hier wie dort, daß der Fehler unbemerkt bleibt. Und das keineswegs nur bei flüchtig hingeworfenen Forumsbeiträgen, sondern auf offiziellen Netzseiten von Anwaltskanzleien usw., die ihre "Philisophie" bekanntgeben. ("Konstrastive Linguistik" steht sogar auf Bucheinbänden in großen Lettern!) Das ist ergonomisch überhaupt nicht zu erklären.
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Th. Ickler


eingetragen von Wolfgang Wrase am 20.01.2004 um 16.01

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Theodor Ickler
Wie Herr Markner schon andeutet, ist es mit den Tippfehlern nicht so einfach. Philosophie enthält zwei o und zwei i, und die beiden Tasten liegen nebeneinander, aber sie werden bei weitem nicht in jeder Position gleich häufig verwechselt. Eine harte Nuß, lieber Herr Wrase, für Ihre "ergonomische" Erklärung!

Nach meinen Erfahrungen sind gewisse Tippfehler sogar deutlich häufiger als 1 Prozent. Sehr oft wird zum Beispiel "besetzten" statt "besetzen" getippt, obwohl die Folge T-Z ja nicht besonders schwierig ist und die Folge T-Z-T offensichtlich keine Erleichterung bringt. Laut Google hat der Tippfehler "ersetzten" einen Anteil von rund 2 Prozent! (Probe: "ersetzten müssen" vs. "ersetzen müssen".)

Gründe für Tippfehler sind komplex und ganz vom jeweiligen Tippmuster abhängig. Ich meine, das Ansteuern von P-I-O in "Philosophie" ist deutlich schwieriger als nur das Bedienen von I-O in kurzer Folge. Das kann man doch schon daran erkennen, daß man "Philosophie" bei weitem nicht so zügig tippen kann wie andere, durchschnittlich schwierige Wörter. Ein Unterschied wie Jonglieren mit drei Bällen statt mit zwei Bällen. Mich wundert deshalb eine Tippfehlerquote von nur 0,5 Prozent bei diesem Fingerbrecher nicht, und ich fühle mich mit meiner Ergonomie-Erklärung ganz gut beraten. Was sollte denn "Philisophie" sonst sein, wenn nicht ein Tippfehler?


eingetragen von Theodor Ickler am 20.01.2004 um 08.46

Wie Herr Markner schon andeutet, ist es mit den Tippfehlern nicht so einfach. Philosophie enthält zwei o und zwei i, und die beiden Tasten liegen nebeneinander, aber sie werden bei weitem nicht in jeder Position gleich häufig verwechselt. Eine harte Nuß, lieber Herr Wrase, für Ihre "ergonomische" Erklärung!
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Th. Ickler


eingetragen von margel am 19.01.2004 um 11.15

Wenn Otto Schily von "Sperrhaken" spricht, die es in der Beamtenlaufbahn nicht nur "nach oben" geben dürfe, so meint er vermutlich "Sperrklinken". Wenn Ulrike Guérot von einem "Quantensprung" für Europa spricht, so wiederholt sie nur ein schon öfter angesprochenes Mißverständnis. (Beides in der FAZ von heute)


eingetragen von Reinhard Markner am 19.01.2004 um 10.48

Zitat:
"Philisophie" ist nur ein Tippfehler.
Merkwürdig ist, wie sehr die Häufigkeit von Tippfehlern schwankt. Phisolophie, Philsophie sind ziemlich selten, Philosphie hingegen ist fast so häufig wie Philisophie. Übrigens ist die Relation von Orginal zu Original 1:100. Wie hoch mag der Anteil an reinen Tippfehlern sein ?


eingetragen von Horst am 19.01.2004 um 09.50

Liebe Teilnehmer,

seit einiger Zeit lese ich hier gelegentlich mit und amüsiere mich meist. Angesichts der kuriosen Getrenntschreibung der RSR möchte ich Ihnen einen Lektüretip geben: A. Bronnen: O.S.
Dieser alte Roman (1930?) über die Kämpfe in Oberschlesien ist zwar nicht politisch korrekt, seine Schreibung macht ihn aber wieder sehr aktuell! Man fühlt sich ständig an die RSR erinnert.


eingetragen von margel am 19.01.2004 um 09.40

Bei ebay las ich neulich in einer Artikelbeschreibung "philligran". Und der Kannibale hat Körper in Marzipanmasse "nachmoduliert", schreibt mein Leibblatt. Aber was macht ein Model? Es "modelt" natürlich.


eingetragen von Heinz Erich Stiene am 19.01.2004 um 09.31

Letzte Woche sah ich auf dem großen Lastwagen eines Bielefelder Speditionsunternehmens die Aufschrift: Transport - Logostik.
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Heinz Erich Stiene


eingetragen von Wolfgang Wrase am 19.01.2004 um 08.58

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Theodor Ickler
Unter Google findet man rund 12.000 Belege für Philisophie.

Aber rund 2,3 Millionen für "Philosophie", also rund 200 mal mehr. "Philisophie" ist nur ein Tippfehler. Man muß da mit drei Fingern oben zwischen P, I und O herumgurken, da ist der auch sonst häufige Tippfehler I/O kein Wunder. Es sagt ja niemand "Philisophie".


eingetragen von margel am 18.01.2004 um 13.56

In der FAZ schreibt Wolfgang Sandner, Bachs Musik sei "unverbesserlich", womit er wohl meint, daß sie nicht zu verbessern sei. - Aus einem Gratisanzeiger: Neues vom schönsten Tag im Leben: Hochzeit-spaaren (klingt irgendwie unpassend)/ Mitta-gessen/ etwas Untermahlung (klingt auch nicht gut) / Atmos-phäre/ ländlich-rustikales Ambiente (da geht´s zu!) Außerdem erfahren wir, daß Hochzeitszeremonien im Garten vor allem im Sommer im Trend liegen (wär´ ich nie drauf gekommen) - Das Motto der "boot 2004" lautet angeblich "Nass macht Spass".


eingetragen von Theodor Ickler am 18.01.2004 um 08.05

Unter Google findet man rund 12.000 Belege für Philisophie.
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Th. Ickler


eingetragen von margel am 17.01.2004 um 11.17

Der Mathematikprofessor Lothar Gerritzen hofft auf einen Modellversuch der Kultusminister zwecks Einführung der neuen Zahlwörter ("zwanzig-eins" usw.). Man muß kein Prophet sein, um vorherzusagen, daß die MK nach ihrem Rechtschreibcrash ganz bestimmt in Zukunft die Finger von solchen Abenteuern lassen werden.


eingetragen von Rolf Genzmann am 16.01.2004 um 23.00

Neuer Zwischenstaatlicher Grammatikwettbewerb hat begonnen
Endlich wurde der Streit um die anzuwendende Skala entschieden, nach einem mehrmaligen Machtwort des Vorsitzenden. Die BSKS (Bildungs-Standards-Kompetenz-Skala) hätte fast das Rennen gewonnen, da sie weit mehr Punkte ermöglicht. Doch nun ist beschlossene Sache, die erst 1996 eingeführte Kugramatt-Skala weiterhin anzuwenden, - sie habe sich bestens bewährt, trotz des vereinzelten Widerstandes Ewiggestriger.
Die Bewertungen erfolgen also nach der üblichen kompetenten Kompetenz-Skala in Kugramatt.
Beispiele:
des Öfteren = 1 Kugramatt,
den Kürzeren ziehen = 1 Kugramatt,
des Öfteren den Kürzeren ziehen = 2 Kugramatt,
er zog den Kürzeren, und zwar des Öfteren = 3 Kugramatt,
er zog den Kürzeren, des Öfteren sowie des Langen und Breiten = 3,5 Kugramatt.

Zum ersten Mal sollen im Zuge des Wettbewerbs um Kugramattpunkte auch die neuen reformierten Zählweisen zum Einsatz gelangen. Statt 3,5 ist zu sprechen: der Vierte halb; die Schüler hätten es immer mit 35 und mit 53 verwechselt, daher sei ein erhöhter Reformstau entstanden. Ferner seien Kommas wie bei 3,5 auch im Rechnen nunmehr weitgehend abgeschafft.
Ab 10-2, neue Pflichtsprechweise für früher zwölf, wird in 1 Aua umgewandelt, die neue volksetymologische Einheit. Herkömmliche Zählweisen wie 21 Kugramatt werden kongenial reformiert zu 1 Aua plus 9.
Eine achtjährige Übergangszeit ist vorgesehen, in der Rechenfehler nicht bewertet werden. Die Lehrer sollen nur das Ergebnis noch zusätzlich hinschreiben dürfen in die Hefte der Kinder, also 1 + 9 für eine bisweilen noch bei Altrechnern anzutreffende 21. Die neuen Mathematikbücher sind bereits gedruckt und werden sofort ausgeliefert, nachdem nächstes Jahr die Teilnehmer der zwischenstaatlichen Mathematikkommission eine Absichtserklärung zur künftigen Reform unterzeichnet haben werden. Ein KM-Vertreter erklärte bereits, er kenne kein besseres Verfahren als das vorgeschlagene, um aus Pisa herauszukommen. Er werde demnächst sogar selbst Unterricht nehmen, um es kennenzulernen. Unbedingt notwendige Beraterverträge zu Werbekampagnen bei der Fortbildung von Eltern seien schon unter Dach und Fach, man habe seine Hausaufgaben gemacht, Deutschland könne gelassen in die Zukunft schauen. Experten aus der Kommission rechneten mit einem Absinken der Fehlerquote von jetzt oft 90 Prozent auf allerhöchstens zwei Prozent. Eine Gewerkschaftssprecherin fügte hinzu, mit der Sprechweise Aua Aua Aua plus 1 für herkömmlich 37 käme endlich eine lange vermißte Freude auf im trockenen Unterricht der Mathematik, das höre man besonders bei den großen Zahlen, die von nun an keinerlei Probleme mehr machten.
R. G.


eingetragen von Christoph Kukulies am 16.01.2004 um 14.56

Mir fällt in letzter Zeit immer häufiger, gerade bei Sprechern der Nachrichten oder des Wetterberichts, auf, daß von der eigentlich üblichen Weise, nämlich den Dezimalbruch nicht zu flektieren, sondern ihn zunächst einmal vollständig auszusprechen, abgewichen wird und die "1" dem nachgeschalteten Wort, meist der Einheit zugeschlagen wird.

Also sagt der Sprecher nicht minus 4 bis minus 3 Komma eins Grad, sondern "3 Komma ein" Grad. Das geht mir fürchterlich gegen den Strich. Ich weiß nicht, wie es anderen geht, aber das ist eine Unsitte, die sich zunehmend breit macht.

Nun kommen sicherlich auch noch regionale Unterschiede hinzu. In Aachen – ich bin kein Aachener, und wenn ich es wäre, würde ich wahrscheinlich, allein schon wegen Ullalallala Chmidt, meine Herkunft leugnen – sagt man auch "halb ein", wenn man "halb eins" meint, aber das kann durch den Einfluß des benachbarten frankophonen Sprachraumes bedingt sein.

Aber beim Wetterbericht, den neuesten Arbeitslosenzahlen, Wirtschaftswachstumsprognosen oder Wahlergebnissen, kriege ich jedesmal das Ohrenzucken, wenn ich dieses "Komma ein Prozent" höre.
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Christoph Kukulies


eingetragen von Theodor Ickler am 15.01.2004 um 16.06

Für Joachim Kaiser gibt es zum 75. Geburtstag eine Ausstellung in München. Wahrscheinlich wird nicht erwähnt, daß Kaiser auch die deutsche Sprache bereichert hat, um den sogenannten Kaiserplural nämlich. Bei Musikern, vornehmlich Pianisten, hört er fast jedesmal Redseligkeiten, Übertriebenheiten, Willkürlichkeiten, Forciertheiten, Affektiertheiten, blutige Heftigkeiten, und bei Kroetz sieht er sogar fürchterliche Blutigkeiten und sexuelle Abwegigkeiten. Das hat nachweislich Schule gemacht, vor allem in der SZ. Nicht verhindern konnte er bekanntlich, daß die von ihm mitherausgegebene Zeitung tagtäglich orthographisch verhunzt und der wohlverdiente Nobelpreis für den Freund Grass in einen schlappen wohl verdienten umgeschrieben wurde. Armer mächtiger ohnmächtiger Kaiser!
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Th. Ickler


eingetragen von Norbert Schäbler am 13.01.2004 um 23.56

Es gehört wirklich nicht hierher:
Und ich will das Thema nicht vertiefen, geht es doch hier um Erbsenzählerei, also eine zutiefst bürokratische und beamtentechnische Angelegenheit!

... aber trotzdem:
Leben, bewirken, bessermachen - setzt Ehrlichkeit voraus, und da verstehe ich keinen Spaß, weil Ehrlichkeit am längsten währt.

Ich muß noch was Böses sagen gegen die Kultusministerkonferenz!
Die müssen wir nicht abkupfern!
Das ist die verlogenste aller Institutionen unserer nicht einsüdostnordwestbaren Republik, in der wir leben.
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nos


eingetragen von Walter Lachenmann am 13.01.2004 um 23.22

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Norbert Schäbler
Manchmal trägt es sogar zur Sprachverwirrung bei, wenn irgendwer was Unsinniges tut (z.B. seinen Beitrag umschichtet).
Ich finde das nicht gut, denn Lüge und Schwindel gehören zu den Grundübeln.


Was kann ich dafür, wenn jemand gleichzeitig mit mir ins Forum schreibt? Besser man erkennt seinen Fehler selber, als daß es andere tun. "Die Kraft des Wortes" gehört nicht zum Thema Cornelsen, sondern eben "nicht hierher, aber dennoch".
"Sprachverwirrung", "Unsinniges", gar "Lüge, Schwindel" und "Grundübel" - ich muß doch bitten, die Moralpauke bei anderer Gelegenheit und woanders zu schlagen!
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Walter Lachenmann


eingetragen von Norbert Schäbler am 13.01.2004 um 23.10

Manchmal trägt es sogar zur Sprachverwirrung bei, wenn irgendwer was Unsinniges tut (z.B. seinen Beitrag umschichtet).
Ich finde das nicht gut, denn Lüge und Schwindel gehören zu den Grundübeln.

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nos


eingetragen von Walter Lachenmann am 13.01.2004 um 22.38

Deutschlandfunk
Kultur Heute | Meldungen
29.12.2003
Schreibt Harald Schmidt die Bibel neu?


Das Jahr der Bibel geht zu Ende, alle sind zufrieden über die Resonanz der Aktion, die beiden großen christlichen Kirchen haben zum Abschluss des Bibeljahrs sogar der "Bild"-Zeitung ihren Sonderpreis für das "Projekt mit der größten medialen Breitenwirkung" verliehen. Das Blatt hatte jeden Tag die Rubrik "Meine Lieblingsbibelstelle" abgedruckt, in der Prominente ihren Lieblingsvers nannten. Wohl angespornt von der Bibelpopularität wird in der evangelischen Kirche eine Neuüberarbeitung der Lutherbibel diskutiert, wie heute in verschiedenen Zeitungen zu lesen ist. Die letzte Neuüberarbeitung gab es 1984. Der Vize-Präses der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland, Michael Schibilsky, denke an einen zwölf Mitglieder umfassenden Kreis, der bis 2015 Buch für Buch umschreiben solle. Neben Theologen und Philologen sollten auch "Wortkünstler" wie Walter Jens und Elke Heidenreich und Harald Schmidt für das Projekt gewonnen werden. Der Kirchenpräsident der Landeskirche von Sachsen-Anhalt könne sich sogar die Erlebnisse von König David "gut in Harry-Potter-Sprache" vorstellen.

Kommentar WL:
Die Idee ist absolut hip und wird den Kirchen Besucherströme in solchen Dimensionen bescheren, daß man auf Erden WM-Stadien zu Domen wird umbauen und im Himmelreich Platz schaffen müssen für die Ströme bekehrter Sünder, die da hineinwollen. Das Jüngste Gericht wird wegen Überlastung eine Generalamnestie erlassen, jeder Drecksack kommt rein, es wird die reinste Hölle! Da Dieter Bohlen der Überzeugung ist, Johann Sebastian Bach hätte, wenn er heute leben würde, dieselbe Art von Musik gemacht wie Bohlen - und umgekehrt: Bohlen hätte zu Bachs Zeiten ein genausogutes Weihnachtsoratorium hinbekommen wie Bach - liegt doch nichts näher, als daß Bohlen für die Evangelische Kirche ein affengeiles Songbook anstelle des abgelatschten Kirchengesangbuches liefert. Die Marienfiguren werden gegen Naddels ausgetauscht, die Jesusgestalten werden durch Repliken des Schmerzensmannes Grönemeyer ersetzt. Volle Kirchen bzw. Stadien mit kerzenwedelnden Spaßgesellschaftskrüppeln wären gewährleistet.

Mein Gott, mein Gott, warum hast du Schibilsky und seine Amtsbrüder verlassen!

Vater, vergib ihnen ...


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Walter Lachenmann


eingetragen von margel am 13.01.2004 um 21.36

Wahrscheinlich ist das Adjektiv "emeritus" eher vom Deponens "emereor" abzuleiten und heißt "der sich verdient gemacht Habende".


eingetragen von Detlef Lindenthal am 13.01.2004 um 19.17

Wir sollten soviel Mitgefühl mit der Generation PISA im allgemeinen und den Praktikanten von Spiegel.de im besonderen haben, daß wir denen die Eselsbrücke verraten, auf der das Wort für ausgediente Hochschullehrer daherkommt:

merere heißt im Lateinischen (ver-)dienen, Meriten sind die löblichen Verdienste; ex-meritiert oder emeritiert aber heißt nur: aus dem Dienst ausgeschieden.

Übrigens, lieber Herr Wrase, Ihre scharfsinnige Herleitung wäre dann voll überzeugend, wenn die Wörter eremittiert, eremittierte, eremittierter nicht mit verräterischen null Gugel daherkommen würden. Nun, in wenigen Tagen wird deren Reichweite auf 1 bis 3 Gugel angewachsen sein! Aus Leere entsteht Sprache. „Voll hohl“, pflegte unser Maurer zu sagen.
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Detlef Lindenthal


eingetragen von Wolfgang Wrase am 13.01.2004 um 16.47

(Wenn ein Professor von der Hochschule emittiert wird und dann als Eremit lebt, wie heißt das nochmal?)

Dallas Hodgins, ein eremittierter Professor der Michigan University.

http://www.spiegel.de/wissenschaft/weltraum/0,1518,281681,00.html


eingetragen von Jörg Metes am 12.01.2004 um 19.36

»Kleine Meldungen

Nicht Ingrid Thulin, sondern Gunnel Lindblom (neben Birger Malmsten) in Ingmar Bergmans Film "Das Schweigen" von 1963 war auf dem Foto zu sehen, das über unserem Thulin-Nachruf (F.A.Z. vom 10. Januar) stand. Wir bedauern die bei der Bildbeschaffung entstandene Verwechslung. F.A.Z.«

(Frankfurter Allgemeine Zeitung, 13.01.2004, Nr. 10 / Seite 35)

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Jörg Metes


eingetragen von Theodor Ickler am 11.01.2004 um 09.46

Als Kinomuffel weiß ich doch immerhin, daß Ingrid Thulin eine sehr berühmte Schauspielerin war. Nun ist sie gestorben, und fast alle deutschen Zeitungen drucken ein und dasselbe, von AP übermittelte Szenenfoto aus Bergmans "Schweigen" ab. Es zeigt aber gar nicht Thulin, sondern Gunnel Lindblom, ihre "Schwester".
Die Berliner Morgenpost weiß außerdem, daß die Verstorbene bereits in Bergmans Film "Blutige Erdbeeren" gespielt hatte.

Wie unsere Zeitungen schafherdenhaft das Falsche verbreiten, sieht man nicht nur an den Propagandalügen über die vorzügliche Akzeptanz der Rechtschreibreform, sondern zum Beispiel auch an der "Praxisgebühr", die ja nichts weiter bewirkt als eine weitere Verunklarung der Gesundheitskosten. Überall wird behauptet, die Patienten hätten sie ohne Widerstand hingenommen, und man sieht sogar Pressefotos, auf denen die Leute geradezu freudig erregt ihren Schein über den Anmeldetresen reichen. Inzwischen ist die Korrekturbedürftigkeit dieser absurden Sondergebühr erkannt, und es soll nachgebessert werden ... Das immerhin ist etwas, worauf man bei der RSR bisher vergeblich hofft.
– geändert durch Theodor Ickler am 12.01.2004, 16.06 –
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Th. Ickler


eingetragen von Theodor Ickler am 08.01.2004 um 15.47

Wie mir berichtet wird, werden im April die staatlichen japanischen Universitäten in privatrechtliche Organisationen umgewandelt. Die Beamten werden entlassen und dann gegebenenfalls als Angestellte wiedereingestellt. Besonders unter Geisteswissenschaftlern herrscht große Sorge, daß sie dem Effizienzdenken und der wirtschaftlichen Nutzbarkeit geopfert werden. Die japanische Germanistik ist schwer bedroht, was zum Teil auch damit zusammenhängt, daß sie etwas altmodisch literaturwissenschaftlich ausgerichtet ist.

Andere werden über diese Dinge besser Bescheid wissen, ich gebe nur wieder, was ich von Betroffenen gehört habe. Man muß wohl damit rechnen, daß Deutsch in Japan künftig keine Rolle mehr spielt.
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Th. Ickler


eingetragen von margel am 06.01.2004 um 18.19

Der Selbstzwang zum Ausdruckswechsel treibt bei dpa (die Nachrichten im DLF atmen förmlich unredigiertes dpa-Deutsch) mitunter kuriose Blüten. Da ihnen kein Synonym zu "Europäischer Gerichtshof" einfiel, heißt es im nächsten Satz einfach der "EUGH". Da könnten sie doch für Frankfurt statt "die Mainmetropole" auch "Ffm" sagen. - Im übrigen geht es vorwärts in Deutschland: Nach den Bildungsstandards kommt die Elite-Universität. Was fehlt denn da noch...?


eingetragen von Norbert Schäbler am 03.01.2004 um 21.20

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von margel
Im Deutschen werden italienische Pluralformen häufig durch Anhängen eines "s" noch einmal in den Plural gesetzt: "Scampis"/ "Graffitis"... anscheinend aber nicht oder nur sehr selten "Spaghettis".

... hält besser!

„Spaghettis“ esse ich für mein Leben gerne.
Wenn ich aber so mittäglich vor meinem Teller sitze – und der ist randvoll mit diesen weichgekochten Mikadostäbchen – dann esse ich Spaghetti im italienischen Plural, aber im deutschen Singular.
Liegt vielleicht daran, daß ich ziemlich viele von dieser Art Pasta via Löffel auf die Gabel wickle.

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nos


eingetragen von margel am 03.01.2004 um 16.33

Im Deutschen werden italienische Pluralformen häufig durch Anhängen eines "s" noch einmal in den Plural gesetzt: "Scampis"/ "Graffitis"... anscheinend aber nicht oder nur sehr selten "Spaghettis".


eingetragen von margel am 02.01.2004 um 12.01

Der Sänger Reinhard Fendrich bezeichnet sich laut Bild-Zeitung als den "gehörntesten Ehemann des Jahres". Wie hat man sich das vorzustellen? Sind die Hörner besonders lang, besonders haltbar, oder sind es einfach besonders viele Hörner? - Man kann auch mit einer einzigen Nadel stricken, aber mit der "heißen Nadel" wird genäht, nicht gestrickt, wie der Kommentator der OZ meint. - Ein schönes Wort: "verhanfen".


eingetragen von Theodor Ickler am 31.12.2003 um 15.26

Im Deutschen kann man sagen "sehr damit zufrieden", aber nicht "sehr damit unzufrieden". Ebenso "nicht damit zufrieden", aber nicht "nicht damit unzufrieden". Hier muß man jeweils die Wortfolge ändern. (Schaut euch die Beleglage bei Google an, wenn ihr's nicht glaubt!)
Warum ist das so?

Mit dieser Frage verabschiede ich mich für dieses Jahr und wünsche allen ein gutes neues.
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Th. Ickler


eingetragen von margel am 30.12.2003 um 12.32

Ja, Herr Fahnenstich, das war offenbar zu leicht. Nun etwas anderes zum Thema: In einem bedeutenden Roman des 20.Jhdts. stehen die Ausdrücke "Kraftleiche" und "Benzintrab". Bitte!


eingetragen von Werner Fahnenstich am 30.12.2003 um 06.22

Seh' ich einen Leichenwagen
eine Leich' zum Kirchhof fahren
denke ich, das muß es geben,
alle Leute wollen leben.

Aus einem Lied von Insterburg & Co.

Wenn Sie mal schauen wollen:

http://cgi.ebay.de/ws/eBayISAPI.dll?ViewItem&item=2450358553&category=18303

Gruß in die Runde
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Werner Fahnenstich


eingetragen von margel am 29.12.2003 um 20.04

Was ist ein "Heckflossenbestatter"? - Für die erste richtige Antwort gibt´s etwas Schönes!


eingetragen von Theodor Ickler am 28.12.2003 um 04.06

Nur so ist das Schopenhauersche (!) Credo "Tat twam asi" zu verstehen. Es stammt aus dem Sanskrit und bedeutet "das bin ich". (Eckhart Nickel in: Süddeutsche Zeitung 27.12.2003)
Nun, man braucht keine Sanskritkenntnisse, sondern nur ein wenig indogermanisches Sprachgefühl, um diese Übersetzung gleich als unmöglich zu erkennen. Es heißt natürlich "das bist du".
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Th. Ickler


eingetragen von Matthias Draeger am 26.12.2003 um 17.50

In der Ukraine hat man vor einem Jahr auch eine Rechtschreibreform gemacht. Es wurden zwei neue Buchstaben zum Alphabet hinzugefuegt, so dass, wie eine Mutter mir gestern erklaerte, sie nicht mehr versteht, was ihre Tochter macht (schreibt). Sie wird es wohl noch lesen, aber nicht mehr korrigieren oder gar vormachen koennen.

Anders als in Deutschland koennen hier die Leute nicht einnmal im Traum daran denken, sich gegen so etwas zu wehren.
Dazu passt ein Witz, den ich heute gehoert habe:
Sekretaer zum Praesidenten: Herr Praesident, ich habe eine gute und eine schlechte Nachricht fuer Sie. Also, zuerst die gute: Sie sind als Praesident wiedergewaehlt!
Praesident: Also - was gibt's da noch an schlechten Nachrichten?
Sekretaer: Niemand ist zur Wahl gegangen.

Seit dem Versuch der Einfuehrung der Rechtschreibreform ist die Wahlbeteiligung in Deutschland von vormals gut 80 (Volksentscheid: 86 %) auf 50 bis 60 Prozent gefallen. Zufall?
Traeumt weiter...
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Matthias Draeger


eingetragen von Elke Philburn am 26.12.2003 um 16.12

Zu Wolfgang Wrase:

Das Beispiel mit dem Mann von Petra Gerster ist passend, weil es einen Unterschied aufzeigt: Ihr Mann fühlt sich offenbar abgewertet, wenn man ihn lediglich als den Gatten einer berühmten Frau wahrnimmt. Ihr ‘Glanz’, wenn man das so sagen kann, färbt nicht auf ihn ab, sondern er meint, in ihrem Schatten zu stehen. Komischerweise scheint auch niemand solche Männer glühend zu beneiden.

Ganz anders sieht es für Ehefrauen berühmter Männer aus. So tüchtig sie in ihren erlernten Berufen auch sein mögen, so würden sie doch nie auf den zusätzlichen Status verzichten mögen, der ihnen qua Heirat mit einem Prominenten zuwächst.

Es ist auch richtig, daß Sprache oftmals einen Zustand männlicher Priorität widerspiegelt, der auf längst vergangene Zeiten zurückgeht. Dies betrifft aber lediglich sprachliche Ebenen, die unabänderlich sind, wie z. B. die Pronomen ‘jemand’, ‘man’ oder ‘jedermann’. Wo es leicht machbar ist, kann sich der Sprachgebrauch innerhalb weniger Jahre ändern. Das Wort ‘Kauffrau’ z. B. ist noch gar nicht so alt, wird aber inzwischen mit der größten Selbstverständlichkeit benutzt.
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http://www.vrs-ev.de/


eingetragen von Norbert Schäbler am 25.12.2003 um 22.32

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Walter Wittkopp
Fröhliche Weihnachten!
W.W.

Ist das eine Arbeitshypothese?
(Schließe mich an!)
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nos


eingetragen von Walter Wittkopp am 25.12.2003 um 16.44

Fröhliche Weihnachten!
W.W.


eingetragen von Christian Dörner am 24.12.2003 um 22.19

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Manuel
100 Nachrichten, die uns dieses Jahr glücklich machten
[...]
95. Das Diktat der Rechtschreibreform bröckelt.

Daß das ausgerechnet die sonst so reformtreue »Bild« schreibt, verwundert und erfreut zugleich.
Aber die Reform war vor 3 Jahren bereits um ein vielfaches mehr im Wanken begriffen, als dies heute der Fall ist.
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Christian Dörner


eingetragen von Manuel am 24.12.2003 um 22.11

100 Nachrichten, die uns dieses Jahr glücklich machten
[...]
95. Das Diktat der Rechtschreibreform bröckelt.





eingetragen von Wolfgang Wrase am 24.12.2003 um 12.27

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Elke Philburn
... Das ist alles richtig, nur läßt sich doch nicht von der Hand weisen, daß die Übertragung des Ehegatten-Status, wenn überhaupt, stets vom Mann auf die Frau stattfindet. Nie umgekehrt ...

Mir ging es in meinen Anmerkungen vor allem darum, eine differenziertere Beurteilung nahezulegen. Elke Philburn hatte nämlich genauso absolut wie auch in dem obigen, neueren Zitat formuliert: "... wobei die Übertragung des beruflichen Status immer nur vom Mann auf die Frau stattfindet."

Das stimmt als starke Tendenz, aber "immer nur" oder "stets" ist nicht richtig. Zum Beispiel hat Petra Gerster, die prominente Redakteurin und Nachrichtensprecherin des ZDF, gemeinsam mit ihrem Ehemann Christian Nürnberger den Bestseller "Der Erziehungsnotstand" geschrieben, und die beiden haben an zahlreichen Diskussionen über das Thema teilgenommen. Herr Nürnberger berichtet (nicht erst seitdem) über seinen anstrengenden und vergeblichen Kampf dagegen, daß er - wenn überhaupt - immer als der Mann von Frau Gerster vorgestellt wird, als Partner der prominenten Redakteurin, anstatt als Schriftsteller von eigenem Rang. Vom Plakat bis hin zur Aufmerksamkeit, die der Person gilt.

Deshalb habe ich versucht, den angeblich allein ausschlaggebenden Faktor Geschlecht (bzw. sein Einfluß in unserer Gesellschaft) zu relativieren.

Bei "seine Witwe" vs. "ihr Witwer" ist das Ungleichgewicht, wie Frau Philburn richtig darlegt, sprachlich noch größer, als es der Statistik Witwen vs. Witwer entspräche. Auch hier muß man aber weiterdenken, anstatt einfach eine Voreingenommenheit bei der Geschlechteroptik im rechnerisch noch "fehlenden" Ausmaß anzunehmen. So hatte ich darauf hingewiesen, daß Witwer viel eher wieder heiraten als Witwen. Bei ihnen ist es gar nicht so sicher, daß sie Witwer bleiben, wenn sie Witwer geworden sind - anders als bei den Witwen, rein statistisch festgestellt. Somit ist der "Status" einer Witwe gewissermaßen immer noch endgültiger, eindeutiger als der "Status" eines Witwers; entsprechend hat die Umwelt bei einer hinterlassenen Frau eher die Anschauung, daß der Mann sie durch seinen Tod zur Witwe gemacht hat: "seine Witwe". Und deshalb wird auch mehr zu dieser Formulierung gegriffen.

Weiter muß man bedenken, daß Sprache sehr viel Überlieferung und Tradition enthält. Wir haben viele tausend Ausdrücke, denen man sofort ansieht, daß sie in vergangenen Jahrhunderten entstanden sind, und sie werden einfach aus Tradition auch auch die heutigen Verhältnisse angewendet, auch wenn die sich vollkommen gewandelt haben mögen und teilweise die angesprochenen Gegenstände überhaupt nicht mehr existieren: "keinen Heller wert", "neuen Wein in alte Schläuche füllen" u. v. a. Wenn jemand die Formulierung "neuen Wein in alte Schläuche füllen" verwendet, kann man daraus ja nicht schlußfolgern, daß es heute üblich sei, Wein in Schläuche (womöglich aus Ziegenleder) abzufüllen. Dasselbe gilt auch für Formulierungen wie "seine Witwe". Somit sagt deren große relative Häufigkeit nicht unbedingt etwas darüber aus, wie Frauen HEUTE in ihrem Verhältnis zu ihren Partnern wahrgenommen werden, sondern möglicherweise vor allem etwas darüber, wie Frauen FRÜHER, in vergangenen Jahrhunderten, wahrgenommen wurden. Sprache hinkt in vielen Details der Gegenwart um Jahrzehnte und Jahrhunderte hinterher.

Mir ging es nur um diese Differenzierung.


eingetragen von Theodor Ickler am 24.12.2003 um 07.22

Im Hauptteil der FAZ (23.12.2003) steht ein ganzseitiger Aufsatz von Thomas Hettche "Sammlung und Zerstreuung". Man weiß nicht recht, wovon er handelt, außer von der umfassenden Bildung des Verfassers. Alypius und römische Gladiatoren, Elias Canetti, Pornographie und Kardinal Meisner, und am Ende sieht es so aus, als sei der "Kannibalismus" für unsere Zeit besonders bezeichnend. Typisch sind Parenthesen wie "man denke nur an Coco Chanels Selbstverständnis". Ich weiß nicht, wie Frau Chanel sich selbst verstand, und glaube, daß so gut wie kein Leser es weiß. Zum Bildungskanon gehört es gewiß nicht, also kann auch Hettche nur zufällig etwas darüber gelesen haben und tut nun so, als müßte man das selbstverständlich parat haben.
Wer diese Bildungssprache beherrscht, einen Zettelkasten und keine Skrupel hat, kann solche Texte am laufenden Kilometer hervorbringen. Warum nicht? Aber warum wird es gedruckt? Das ist die interessante Frage. Als junger Mensch war ich selbst in Gefahr, mich in diese Welt der "Gebildeten" zu verirren, erkannte aber noch rechtzeitig, daß es sich um eine Art Geisteskrankheit handelt.


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Th. Ickler


eingetragen von Elke Philburn am 23.12.2003 um 23.51

Zu Wolfgang Wrase:

Das häufigere Vorkommen von Witwen gegenüber Witwern im realen Leben hat sicher etwas mit der höheren Häufigkeit des einen Wortes gegenüber dem anderen zu tun. Dies erklärt aber nicht, warum 'seine Witwe' so viel häufiger ist als 'ihr Witwer'.

Google ergibt dabei folgende Zahlen:

"Witwe" zu "Witwer": 145000 : 40700 = 3.56 : 1

"die Witwe" zu "der/den Witwer": 25700: 3692 = 7 : 1

"eine Witwe" zu "ein/einen Witwer": 5290 : 1654 = 3,2 : 1

Aber:

"seine Witwe" zu "ihr/ihren Witwer": 4960 : 90 = 55 : 1

Es liegt also nahe, daß die Wendung "ihrWitwer" einfach nicht so üblich ist wie das weibliche Äquivalent.

Zitat:
Außerdem wird der erwachsene Mensch hierzulande in erster Linie nicht durch seinen Partner definiert (auch Frauen nicht), sondern durch das, was er tut, sprich durch seinen Beruf. Wenn nun die Frau Hausfrau ist und der Mann arbeiten geht (in einem typischeren „Beruf“, mit Ausbildung, Arbeitgeber, Einkommen usw.) – und das ist immer noch viel häufiger so als der umgekehrte Fall –, dann wird diese Kategorie eben auch für die Frau herangezogen: die Pfarrersfrau. Das gilt als Standardformulierung wiederum nur für einige besonders typische Fälle; man sagt ja kaum: „die Elektrikerfrau“. Hier zeigt sich auch ein sprachlicher Aspekt: Kanzlergattin ist ein klarer Fall, aber Kanzlergatte?

Das ist alles richtig, nur läßt sich doch nicht von der Hand weisen, daß die Übertragung des Ehegatten-Status, wenn überhaupt, stets vom Mann auf die Frau stattfindet. Nie umgekehrt. Meines Wissens ist es z. B. in Österreich noch nicht einmal ungewöhnlich, daß die Frau eines Mannes mit Doktortitel als 'Frau Doktor' angesprochen wird.

Zitat:
Das hat wenig mit Frauenverachtung oder Feminismus zu tun, eher mit der hypertrophen inneren und äußeren Identifizierung von Personen mit dem Beruf in unserer Gesellschaft.

Nein, es hat gar nichts mit Frauenverachtung zu tun, im Gegenteil. Die Frau erfährt ja damit sozusagen eine Aufwertung. Allerdings gibt es diesbezüglich unterschiedliche Meinungen, wie man diesem Aufsatz hier entnehmen kann:

Zum ...In - Sinn oder Unsinn: Oder warum Ostdeutsch und Westdeutsch manchmal verschiedene Sprachen sind.
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http://www.vrs-ev.de/


eingetragen von margel am 23.12.2003 um 10.11

Mä honns, mä konns - wie der Kasseläner spricht.


eingetragen von Norbert Schäbler am 23.12.2003 um 01.04

Unn ich habb immer gedachd, mir wissde a ebbes!
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nos


eingetragen von margel am 22.12.2003 um 19.41

Und ich dachte immer, die Erforschung von Grenzüberschreitungen sei die Aufgabe des Bundesgrenzschutzes. Aber so eine Staatskulturministerin - oder wie das heißt - ist da ja wohl besser im Bilde, kraft Amtes. Alles nur eine Frage der Besoldungsgruppe.


eingetragen von Wolfgang Wrase am 22.12.2003 um 09.11

Zitat:
[Zur Seltenheit von "ihr Witwer"]
Liegt vermutlich daran, daß eine Frau immer noch stark durch ihren Ehemann definiert wird, und nicht umgekehrt. Dies zeigt sich ja auch in Bezeichnungen wie 'Kanzlergattin' oder 'Pastorenfrau', wobei die Übertragung des beruflichen Status immer nur vom Mann auf die Frau stattfindet.


Sicher. Es gibt aber auch andere, entscheidendere Gründe. Zum Beispiel gibt es viel mehr Witwen als Witwer. Und statistisch noch wichtiger: Die wenigen Witwer überleben ihre Frauen um viel weniger Zeit als die vielen Witwen ihre Männer (weil die Frauen im Durchschnitt deutlich jünger sind als ihre Männer und weil Frauen deutlich älter werden als Männer), so daß man allein durch diese Faktoren schon einen ungeheuren Vorsprung der Realität "Witwe" bekommt - und davon ist entsprechend auch viel öfter die Rede. Verschärft wird dieser statistische Hintergrund dadurch, daß Witwer viel eher (bzw. früher) wieder heiraten als Witwen - und dann keine Witwer mehr sind. Meistens gibt es dann wieder eine Witwe.

Außerdem wird der erwachsene Mensch hierzulande in erster Linie nicht durch seinen Partner definiert (auch Frauen nicht), sondern durch das, was er tut, sprich durch seinen Beruf. Wenn nun die Frau Hausfrau ist und der Mann arbeiten geht (in einem typischeren "Beruf", mit Ausbildung, Arbeitgeber, Einkommen usw.) - und das ist immer noch viel häufiger so als der umgekehrte Fall -, dann wird diese Kategorie eben auch für die Frau herangezogen: die Pfarrersfrau. Das gilt als Standardformulierung wiederum nur für einige besonders typische Fälle; man sagt ja kaum: "die Elektrikerfrau". Hier zeigt sich auch ein sprachlicher Aspekt: Kanzlergattin ist ein klarer Fall, aber Kanzlergatte? Kanzleringatte oder Kanzlerinnengatte geht ja auch nicht. Statt dessen würde man sagen: der Gatte der Kanzlerin, ihr Gatte. Kein Zweifel, daß davon die Rede wäre, wenn wir eine Kanzlerin bekommen. Das hat wenig mit Frauenverachtung oder Feminismus zu tun, eher mit der hypertrophen inneren und äußeren Identifizierung von Personen mit dem Beruf in unserer Gesellschaft.

Übrigens bei "Emma" gefunden: "Bisher wurden weiblichen Kundinnen Kredite verweigert, etwa weil sie in Teilzeit arbeiten oder gerade ein Kind bekommen."

http://www.emma.de/04_1_eu-krimi.html

Vielleicht entspricht diese Formulierung der statistischen Tatsache, daß es so viele weibliche Kundinnen gibt ...


eingetragen von Theodor Ickler am 22.12.2003 um 03.14

"Aufgabe der Kunst ist es, Erwartungen zu durchbrechen und uns zu packen und aufzurütteln. Die zeitgenössische Kunst hat genau diesen Auftrag, hat ihn immer schon gehabt. Sie geht immer über Grenzen hinweg. Kunst ist die Erforschung von Grenzüberschreitungen." (Kulturstaatsministerin Christina Weiss)

Hat die Kunst einen Auftrag? Von mir nicht. Wie man ab und zu lesen kann, wird jede Theaterkarte hoch subventioniert, bis zu 200 Euro. Das ist der Betrag, den ich jährlich für jedes meiner Kinder zusätzlich aufbringen muß, wenn jetzt die Lernmittelfreiheit gestrichen wird. Einen Markt gibt es hier nicht. Die Schule bestimmt, welche Schulbücher gekauft werden, und ich muß sie kaufen. Schulbücher sind aus diesem Grunde ohnehin stark überteuert. Einen Teil davon mußten wir auch bisher schon selbst kaufen. Übrigens wird eine Seite dieser Geschichte bisher übersehen: Die Schulbuchverlage werden, wenn die Bücher nicht mehr von einer Klasse zur nächsten weitergegeben werden, noch mehr Bücher herstellen, in die man die Lösungen und Antworten gleich hineinschreibt. Die Bücher können also kein zweites Mal benutzt werden. Das ist nicht nur unpädagogisch, sondern auch reine Verschwendung.

Nun, trösten wir uns mit dem geplanten Kopftuchverbot. Das wird die deutschen Schulen mächtig voranbringen, so daß wir der nächsten PISA-Untersuchung zuversichtlich entgegensehen können. Wie die Rechtschreibreform.
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Th. Ickler


eingetragen von Theodor Ickler am 22.12.2003 um 02.59

Das Kapitel "The Woman" in Otto Jespersens famosem Werk "Language" (1922) ist immer noch höchst lesenswert. Gibt's auch auf deutsch, aber diese Ausgabe habe ich noch nicht in der Hand gehabt. Leider werden die Aussagen des großen dänischen Anglisten in feministischen Kreisen oft falsch wiedergegeben.
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Th. Ickler


eingetragen von margel am 21.12.2003 um 21.18

Frage:"Warum heißt es eigentlich Muttersprache?"
Antwort:"Was hat Vater schon zu sagen?"


eingetragen von Elke Philburn am 21.12.2003 um 19.28

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Theodor Ickler
In einem Buch fand ich den interessanten Hinweis, daß man zwar "seine Witwe", kaum aber "ihr Witwer" sagt. In der Tat verhalten sich die Vorkommen bei Google wie 100 : 1.

Liegt vermutlich daran, daß eine Frau immer noch stark durch ihren Ehemann definiert wird, und nicht umgekehrt. Dies zeigt sich ja auch in Bezeichnungen wie 'Kanzlergattin' oder 'Pastorenfrau', wobei die Übertragung des beruflichen Status immer nur vom Mann auf die Frau stattfindet.

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eingetragen von Elke Philburn am 21.12.2003 um 19.15

Wink

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von margel
Muß ma eigentlich "Kätzin" sagen, um politically correct zu sein?

Naja, um es ganz korrekt auszudrücken, müßte man freilich KätzIn schreiben.
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http://www.vrs-ev.de/


eingetragen von Theodor Ickler am 21.12.2003 um 18.40

In einem Buch fand ich den interessanten Hinweis, daß man zwar "seine Witwe", kaum aber "ihr Witwer" sagt. In der Tat verhalten sich die Vorkommen bei Google wie 100 : 1.
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Th. Ickler


eingetragen von margel am 21.12.2003 um 17.10

Muß man eigentlich "Kätzin" sagen, um politically correct zu sein? (Wird als entlaufen gesucht). Noch eine wird gesucht, mit einer "weißen Blässe". Sicher eine seltene Rasse.


eingetragen von margel am 18.12.2003 um 16.52

...in der Zeitung steht, jemand "drücke aufs Tempo", so ist gemeint,daß er Tempo macht, beschleunigend, antreibend wirkt. Aber eigentlich heißt "aufs Tempo drücken" bremsend, verzögernd, behindernd wirken. Es kommt vom Schachspiel, wo es Tempogewinne und -verluste gibt. - Wahrscheinlich denkt man heute ans Gaspedal, wo das Drücken beschleunigend wirkt.


eingetragen von margel am 18.12.2003 um 14.50

XY "Maurer-und Zimmermeister"


eingetragen von margel am 17.12.2003 um 13.08

Auf der faz.net-Seite heißt es: My Site/ My Portfolio/ Mails & More/Newsletter /Forenbeiträge. Könnte denen nicht mal einer sagen, was "Beiträge" auf englisch heißt?


eingetragen von margel am 16.12.2003 um 09.00

Der Bundeskanzler redet mich in seiner "Agenda 2010" mit "Lieber Mitbürger" an, unser Landkreis, schon sympathischer, mit "Lieber Bürger". Am angenehmsten, weil wahrheitsgetreuesten wäre mir die französische Formel "Cher administré" = " Lieber Verwalteter".


eingetragen von Theodor Ickler am 15.12.2003 um 05.17

Im Mai wurde der Deutsche Sprachrat gegründet, aber wenn man auf nähere Informationen aus ist und dem entsprechenden Verweis nachgeht, bietet sich außer der Eingangsseite immer noch nichts. Sollte der Sprachrat eingeschlafen sein wie der "Beirat für deutsche Rechtschreibung"?
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Th. Ickler


eingetragen von margel am 13.12.2003 um 11.50

Wo das Thema verfehlt wurde, sind alle Themen passend.Oder mit Karl Valentin: Nur in der Fremde ist der Fremde fremd.


eingetragen von Walter Lachenmann am 13.12.2003 um 11.40

Wie wäre als Strafe für schlechte Witze eine Verurteilung zu Turm und Strang? Und Essen auf Rädern statt Wasser und Brot? Wo bitte geht's zum Katzentisch, Herr Margel? Wir hatten ja mal die Mädchendusche, aber dort ist es jetzt zu kalt.
__________________
Walter Lachenmann


eingetragen von Theodor Ickler am 13.12.2003 um 11.38

Das wird auch durch die Google-Zahlen bestätigt: überwältigende Mehrheit für "des Sturm und Drang" (wie bei Eigennamen üblich).
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Th. Ickler


eingetragen von margel am 13.12.2003 um 11.33

Ich finde, es würde sogar besser "Dichter des Sturm und Drang" heißen. Es ist hier ja nicht von einem wirklichen Drang die Rede. Eventuell auch Dichter des "Sturm und Drang".


eingetragen von Theodor Ickler am 13.12.2003 um 11.11

"Eis und Schnee"

"Trotz des Eises und Schnees Bergtour nicht abgeblasen."

Falsche Entscheidung! Denn bei Wortpaaren, die wie "Eis und
Schnee" mit "und" verbunden sind und als formelhafte Einheiten
empfunden werden, bleibt das erste Glied ungebeugt.

Richtig also: "trotz des Eis und Schnees"; "ein Stück eigenen
Grund und Bodens"; "Dichter des Sturm und Drangs". Nichtbeugung beider Glieder des Wortpaares ist korrekt, wenn
die Glieder ohne Begleitwort stehen ("trotz Eis und Schnee")
und wird besonders im Wem- und Wenfall schwach gebeugter Glieder mit der Endung "-(e)n" bevorzugt, um eine Verwechslung mit der Mehrzahl zu vermeiden: "das Verhältnis zwischen Patient (nicht: "Patienten") und Arzt".


Aus: Duden-Kalender, Fallstricke der deutschen Sprache -
Duden Sprachtipps Tag für Tag. Mannheim 2004.

--

Soweit Duden. Dazu zwei Bemerkungen: Erstens ist das Urteil im ersten Falle viel zu streng. "des Eises und Schnees" ist selbstverständlich ebenfalls richtig. Die zweite These steht ebenfalls auf schwachen Füßen, denn bei Aufzählungen einer bestimmten Art entfallen sowohl der Artikel als auch die Flexion, vgl. "wegen Arzt (nicht Arztes) und Patient" usw. Das ist unabhängig von der genannten Verwechselbarkeit.
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Th. Ickler


eingetragen von margel am 13.12.2003 um 10.26

Also, lieber Herr Lachenmann, wenn Sie es gelegentlich unseriös mögen, schauen Sie einfach ab und zu mal am Katzentisch vorbei. Dort genießt man (noch!) die unermeßlichen Vorteile der Schande wie einst Hans Castorp, nachdem er sitzengeblieben war...


eingetragen von Walter Lachenmann am 13.12.2003 um 10.07

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von DS

Eine Amsel singt ihr Lied nach Herzenslust am 1. April 2002 vor dem Haus der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung auf der Mathildenhöhe in Darmstadt.


Müssen wir jetzt da rein?
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Walter Lachenmann


eingetragen von DS am 13.12.2003 um 08.43


Eine Amsel singt ihr Lied nach Herzenslust am 1. April 2002 vor dem Haus der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung auf der Mathildenhöhe in Darmstadt.


eingetragen von Detlef Lindenthal am 04.12.2003 um 13.18


margel schrieb:
"Psychiatrisierung" gefällt mir jedenfalls besser als "Psychiatrierung".
Beide genannten Begriffe gefallen mir außerordentlich schlecht.
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Detlef Lindenthal


eingetragen von margel am 04.12.2003 um 13.11

"Psychiatrisierung" gefällt mir jedenfalls besser als "Psychiatrierung". Was "lololagisch" bedeutet - null Ahnung. Muß ich aber irgendwoher haben... Erinnert mich an gaga bzw. Ecken ab, wie der Schweizer sagt. - Infantile Wortlust im Werbedeutsch ist sicher auch ein Zeichen der Zeit und spiegelt natürlich die Vorstellung wider, die sich die Kreativen in den Agenturen von ihren potentiellen Adressaten machen.


eingetragen von Detlef Lindenthal am 04.12.2003 um 10.12

@margel:
Zwangspsychiatrierung (111 Gugel) kann z.B. anhand des § 61 in unserem StGB erläutert werden:
„Maßregeln der Besserung und Sicherung sind
1. die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus,
...
6. das Berufsverbot.“
Psychiatrierung (61 Gugel) oder Psychiatrisierung (1190 Gugel) ist dann wohl das gleiche mit etwas weniger Zwang; statt dessen vielleicht mit Überredung(skunst) oder Gruppendruck (je rd. 6000 Gugel)
Um unseren Wortschatz wieder abiturientenkompatibel zu machen, bitte ich nun umgekehrt um Erläuterung Ihres Wortes zwangslololagisch (0 Gugel).
__________________
Detlef Lindenthal


eingetragen von Matthias Dräger am 04.12.2003 um 07.36

Lieber Detlef,
ich freue mich vor allem auch über die Uhrzeit Deines Eintrages.

Bei dieser Gelegenheit:

Der Naturschlaf nach Stöckmann beginnt um kurz vor 19.00 Uhr und endet gegen 23.20 - ohne Wecker, versteht sich, man ist frisch und ausgeschlafen wie am sechsten Tag der Schöpfung.
Wer´s nicht erlebt hat oder probiert, kann sich keine Vorstellung machen. Es ist schlicht und einfach ein Naturgesetz - man befolgt es, oder läßt es bleiben.

Warum die Natur das so eingerichtet hat, ist mir ein Rätsel. Ich finde die Zeit aber passend: Wenn der Tag erst um 3.00 Uhr beginnt, fehlt etwas, das man später kaum wieder einholt.



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In der Rhein-Zeitung vom 1. Dezember 2003 stand auf Seite 14 übrigens ein interessanter Bericht über einen Einbruch in einem Kloster am 2. Dezember 1733:
„Die Kirch ist um selbige Zeit hinterwärts in des Paters Garten erbrochen, und das Ciborium (Kelch) samt den hochheiligen Hostien,Ölbüchs,welches alles auf 20 Reichstaler höchstens geschätzt weren, erbeutet worden. Weil auch die grünen Altartücher mitgenommen,so ist die Mutmaßung, dass sie von denen zum Dreschen um 3 Uhr aufgestandenen Knechten gleichfalls verjagd worden.“


eingetragen von margel am 04.12.2003 um 07.24

1. Die Approbation (auf deutsch "Bestallung") kann man gar nicht ablegen. Man kann sie eventuell zurückgeben, ihr Ruhen beantragen, entzogen bekommen usw. Wahrscheinlich war im Text das Staatsexamen gemeint.

2. Ich weiß zwar nicht, was eine "Psychiatrierung" ist, halte aber trotzdem die Verfasser vieler Werbetexte für mehr oder weniger zwangslololagisch.


eingetragen von Detlef Lindenthal am 04.12.2003 um 03.42


margel schrieb:
„legte 19.. seine Approbation ab“ (Das wollen wir nicht hoffen!)
Das ist wie mit Dienst- und Amtseid: abgelegt und vergessen.

Schwachsinn als Beruf / Die grassierende Neigung zu Wortspielen ...
Ohne daß ich hier, einerseits, Werbetexter pauschal in Schutz nehmen möchte, warne ich andererseits doch vor einer leichtfertigen Psychiatrierung von wortspielenden Werbetextern.
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Detlef Lindenthal


eingetragen von margel am 03.12.2003 um 14.52

Die grassierende Neigung zu Wortspielen in der Werbung wäre mal eine eigene Untersuchung und theoretische Erörterung wert - gibt es so etwas schon?


eingetragen von Christoph Kukulies am 03.12.2003 um 14.33

German Wings (Sie wissen schon, die mit dem "Fly high, pay low") werben jetzt mit

"White weg Christmas"

Wo landen wir eigentlich?
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Christoph Kukulies


eingetragen von margel am 03.12.2003 um 14.25

XY "legte 19.. seine Approbation ab" (Das wollen wir nicht hoffen!) "...findet immer Zeit, Sport zu treiben: Beim Ski fahren, Tennis spielen, Fahrrad fahren und Wandern gelingt es ihm..." (Der DAZ gelingt es leider nicht.)


eingetragen von Theodor Ickler am 03.12.2003 um 14.00

In der Zeitung (FAZ, Seite 1) liest man, daß die Deutschen, besonders in den neuen Bundesländern, sich heute wesentlich länger mit ihren Kindern beschäftigen als noch vor zehn Jahren. Eine besonders schonende Art, Arbeitslosigkeit in Worte zu kleiden.
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Th. Ickler


eingetragen von margel am 03.12.2003 um 12.06

Heute auf der Tafel eines Bäckers: "Cultbrot, Cultbrötchen".
Und auf dem Parkplatz vor dem Supermarkt hielt der "Kidz Express" aus Surwold.


eingetragen von Sigmar Salzburg am 29.11.2003 um 04.49

Könnte es sein, daß automatische Suchmaschinen das Netz abgrasen? Bei Google finde ich mittlerweile Texte von RSR.com schneller als mit der eigenen Suchfunktion.
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Sigmar Salzburg


eingetragen von Matthias Dräger am 29.11.2003 um 04.38

Hello,
at present, on a Saturday morning at half past five, there are

45 visitors

in our forum - who is it? It could not be from our country. Is it a german class in Australia or Japan, maybe on behalf of it´s teacher? Any idea, whoever is out there in the universe?


eingetragen von Theodor Ickler am 28.11.2003 um 05.15

Über die lateinischen Bezeichnungen der Kasus werden gewisse Legenden immer wieder aufgewärmt, so daß eine Richtigstellung vielleicht von allgemeinerem Interesse ist:

Zuerst was Triviales: Im Handbuch der deutschen Grammatik von Hentschel/Weydt(1990) steht 151ff., Ablativ komme von afferre - was aber gerade das Gegenteil von "wegtragen" wäre. Richtig ist also auferre.
Genetiv wird zunächst richtig auf genus "Geschlecht, Herkunft" zurückgeführt, dann aber auf das griech. Vorbild genike ptosis "die Gattung bezeichnend", im Sinne von "allgemein". Richtig wäre: "Abkunft", nach der griechischen Namensgebung mit dem Vatersnamen im Genitiv. Das war nämlich die typischste Verwendungsweise, und so findet man auch den Schlüssel zum nächsten Fall: Akkusativ wird üblicherweise auf ein Mißverständnis des griech. aitiatike (ptosis) duch den Grammatiker Remmius Palaemon zurückgeführt; das soll "Verursachungsfall" heißen und als "Anklagefall" mißdeutet worden sein (aitia heißt sowohl "Ursache" wie "Anklage" - übrigens sind auch Sache, Ursache forensische Begriffe). So auch Duden Universalwörterbuch:
"Ak|ku|sa|tiv, der; -s, -e [lat. (casus) accusativus = die Anklage betreffend(er Fall), zu: accusare = anklagen; falsche lat. Übersetzung von griech. (ptosis) aitiatike = Ursache u. Wirkung betreffend(er Fall)]"
Jedoch hat Ernst Kapp gezeigt, daß auch "Anklagekasus" auf eine typische Verwendung zurückgeht: der Beschuldigte steht im Akkusativ. Übrigens bezeichnet der Akkusativ ja auch gar nicht die Ursache, sondern die Wirkung! Die alten römischen Grammatiker konnten auch ganz gut Griechisch ...
Der Dativ ist durchsichtig genug als "Gebefall" benannt (dotike), aber auch hier gibt es bei Dionysius Thrax eine speziellere Bezeichnung: epistaltike, d. h. Brief- oder Adressenkasus - wiederum nach der typischen Verwendung am Anfang eines Briefs: "dem Epikur einen schönen Gruß" usw.



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Th. Ickler


eingetragen von Reinhard Markner am 27.11.2003 um 12.02

A thousand million ist britisches Englisch, a billion amerikanisches. Unter einer billion verstehen die Briten dasselbe wie wir. Die amerikanische billion dringt aber inzwischen über den Teich vor, was nicht selten zu Mißverständnissen führt.


eingetragen von Christoph Kukulies am 27.11.2003 um 09.13

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Matthias Dräger

Der Auftragsvolumen für diesen Markt veranschlagt die Branche auf rund 100 Millionen Dollar (840 Millionen Euro).“

Demnach kostet ein Lufttanker - im Bild des Artikels ist ein zweistrahliger Jet in der Größe des Airbus A330 zu sehen - die Schutzgebühr von ca. 130.000,- US-$? Das würde doch nicht einmal für den Anstrich reichen!
Und für einen Dollar müssen jetzt schon fast achteinhalb Euro hingelegt werden? Ist das wahr?




Es fehlt schlicht eine Null. Nicht hundert sondern 1000 Millionen. Da hätte man natürlich auch eine Milliarde schreiben können. Dann kommt der derzeitige Kurs ziemlich genau heraus:

1000/840~1.1905

Es steckt aber trotzdem ein Anglizismus in der Formulierung. 1000 Millionen würde man bei uns nicht sagen. Thousand million Dollars ist aber im am. durchaus üblich (dies ist ja bekannterweise "one billion dollars", auch immer eine beliebte Falle für angehende Journalisten und Nachrichtenredakteure).

Woher ich das weiß? Von Onkel Dagobert natürlich, der am liebsten in seinen Trillionen und Zentillionen badete, in dem er von seinem Sprungbrett im Geldspeicher einen Kopfsprung machte, und dann sein Geld in die Luft warf, daß es ihm "auf die Glatze prasselte".

Nachtrag: Ich hatte allerdings den Einzelpreis nicht nachgerechnet. In der Tat, auch ein Einzelpreis von 1,3 Mio. € ist noch im höchsten Grade unplausibel. Auch ein Markt von einer Milliarde über einen Zeitraum bis 2015 ist, in militärischen Dimensionen gedacht, nicht gerade attraktiv.

Das Zahlenwerk stimmt hinten und vorne nicht. Also in höchstem Grade schlampig zusammengetragen.



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Christoph Kukulies


eingetragen von Matthias Dräger am 27.11.2003 um 07.08

Führt die Rechtschreibreform zur Gehirnerweichung? Solchen Stuß habe ich jedenfalls vor der Rechtschreibrefrom noch nicht in den Zeitungen gelesen - nie. Was ist aus der deutschen Presse geworden?

Unter der Überschrift „Airbus kämpft um Einstieg ins Milliardengeschäft mit Tankjets“ (F.A.Z. vom 24. 11., S. 17) heißt es in der letzten Spalte oben:

„Der größte Teil dieser Flotten ist seit mehr als 25 Jahren im Einsatz. Entsprechend hoch fällt der Ersatzbedarf aus. Bis 2015 stehen nach Schätzungen der EADS weltweit bis zu 690 Lufttanker vor der Ausmusterung -das Gros entfällt mit 550 Fliegern auf die amerikanische Luftwaffe. Der Auftragsvolumen für diesen Markt veranschlagt die Branche auf rund 100 Millionen Dollar (840 Millionen Euro).“

Demnach kostet ein Lufttanker - im Bild des Artikels ist ein zweistrahliger Jet in der Größe des Airbus A330 zu sehen - die Schutzgebühr von ca. 130.000,- US-$? Das würde doch nicht einmal für den Anstrich reichen!
Und für einen Dollar müssen jetzt schon fast achteinhalb Euro hingelegt werden? Ist das wahr?



eingetragen von Theodor Ickler am 24.11.2003 um 15.07

Wer ein schönes Beispiel gesamteuropäischen Gremienwahnsinns sucht, wird hier fündig: http://www.goethe.de/z/50/commeuro.
Es geht um das illusionäre Unternehmen, gestufte Fremdsprachenfähigkeiten international vergleichbar zu machen. Ein ungeheurer Wortschwall, der auch das Trivialste nicht unausgesprochen läßt, täuscht darüber hinweg, daß man nix Genaues weiß. Wir kennen das seit Jahrzehnten aus dem "Kontaktschwellen"-Projekt des Europarats, aber nun ist noch viel mehr erreicht: maximaler Umfang bei minimalem Gehalt. Wer solche Gremien kennt, weiß, daß aus jahrelangen steuerfinanzierten Sitzungen nichts anderes herauskommen kann.

"Jeder, siehst du ihn einzeln, ist leidlich klug und verständig,
Sind sie in corpore, gleich wird dir ein Dummkopf daraus."
– geändert durch Theodor Ickler am 27.11.2003, 15.54 –
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Th. Ickler


eingetragen von Christoph Kukulies am 18.11.2003 um 17.20

Da erinnere ich mich an eine Sendung von Peter Frankenfeld - es muß so Ende der 50er gewesen sein. Die Zuschauer hatten die Hausaufgabe mit auf den Weg bekommen, bis zur nächsten Sendung einen neuen Begriff aus den Buchstaben und genau den Buchstaben der Worte "GUTEN ABEND" zu bilden. Es entbrannte darüber noch ein Streit, ob es das Wort überhaupt gebe, also, das gefundene und von vielen Zuschauern eingesandte, aber dennoch... Raten Sie mal.
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Christoph Kukulies


eingetragen von Matthias Dräger am 18.11.2003 um 12.59

Es dauert nicht mehr lange, und die Schüler, die jetzt in der Schule die Rechtschreibreform eingetrichtert bekommen (nein, nur eingetrichtert bekommen sollen, denn auch die Lehrer können´s nicht verstehen), verfassen die Texte bei T-online.

Dann, etwa 2010, werden wir wohl lesen (müssen):

Jemen hat zum Ramadan rund 150 Mut maßliche Terror Helfer genadigt.


Übrigens: Auch mit

R
a
u
c
h
s
i
g
n
a
l
e
n

soll ja „Verständigung weiterhin möglich sein", ja, man könnte damit, wenn es sein muß, sogar den Text der Ilias von A nach B übertragen.
Die Frage, die sich stellt, lautet aber: Acuh wnen Väsringetsdug wthieren mclöigh bieblt - ghet es nhcit acuh enihcaefr?


eingetragen von Theodor Ickler am 17.11.2003 um 14.53

Jemen hat zum Ramadan rund 150 mutmaßliche Terrorhelfer genadigt

(T-Online-Startseite)
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Th. Ickler


eingetragen von Christoph Kukulies am 12.11.2003 um 18.08

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Theodor Ickler
Google deutsch: mehrere tausend Einträge!

Das klingt wie Nektarine, (Kreuzung zwischen Pfirsich und Pflaume), also zwischen Limone und Apfelsine.

Aber Google spiegelt ja immer wieder nur den Bestand an Texten wider, der irgendwie den Weg ins Internet gefunden hat. Vieles wird verzerrt durch Gelegenheitsschreiber oder Wenigschreiber, notorische Falschschreiber, Möchtegernschreiber, Neuschreiber, Irgendwieschreiber.

Wie nennt man die Falschsinger im Chor? Terzschleudern, Brummer.


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Christoph Kukulies


eingetragen von Theodor Ickler am 12.11.2003 um 16.26

Google deutsch: mehrere tausend Einträge!
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Th. Ickler


eingetragen von margel am 12.11.2003 um 09.39

Viele Verfasser von Kleinanzeigen können "Limousine" nicht richtig schreiben. Aber auch die Weltfirma Bosch kann es nicht. Auf einer Luftfilter-Packung steht "Limosine".


eingetragen von Matthias Dräger am 11.11.2003 um 04.46

Der Vorsitzende des Bundesverfassungsgerichtes, Papier, hat sich vor einigen Wochen darüber beklagt, daß die Bundesreigerung die Beschlüsse des BVerfG nicht gebührend beachten würde.
Der Herr Papier rafft aber auch gar nichts mehr: er hat noch nicht gemerkt, daß wir schon längst in einer politischen Ellbogengesellschaft angekommen sind, wo jeder das macht, was eben machbar ist. Wenn ein Urteil nicht gebührend beachtet wird, soll er doch ein zweites Urteil in der gleichen Sache sprechen – das ist auch nicht schwieriger, als einen erneuten Volksentscheid herbeizuführen.
Papier hat übrigens selbst seinen gebührenden Teil zu dieser Entwicklung beigetragen: Das ablehnende Votum des Deutschen Bundestages zur Rechtschreibreform ist vom Gericht im Urteil vom 14. 7. 1988 in Form eines Langzitates gewürdigt worden, Papier hat den Bundestagsbeschluß in sein Urteil eingeklebt, wie man ein seltenes Alpenblümchen in sein Herbarium einklebt – wie süüüß! Der Deutsche Bundestag hat zwar explizit ausgeführt: „Die Sprache gehört dem Volk“, aber wozu gibt es schließlich das Gericht, man sagt ganz einfach: „Die Sprache gehört dem Gericht und den Ministern.“ Was man hat, das hat man, die Gelegenheit ist doch günstig. Wirklich?

Die Geschichte wird zeigen, daß das ein Riesenirrtum war. Die Sprache gehört denen, die ihrer mächtig sind, also in erster Linie gehört sie der schreibenden Zunft, vor allem auch der Bevölkerung, keinesfalls aber ministeriellen Sprachgrabschern – die genausowenig wissen, was sie eigentlich machen und anrichten wie ein Opa, der einem Mädchen an den Busen faßt.

Brauchen die Kultusminister die Lufthoheit über die deutsche Rechtschreibung?
„Wer sich etwas nimmt, was er nicht braucht, stiehlt“ (Mahatma Gandhi).


eingetragen von Heinz Erich Stiene am 29.10.2003 um 13.55

Lieber Herr Kukulies, seien Sie herzlich bedankt für Ihre umgehende und überzeugende Antwort. Gerne werde ich sie in mein Reclam-Heft einlegen. Ich hatte u.a. den Brockhaus konsultiert. Darin fand ich zwar auch einen Hinweis auf Südwestafrika, aber der war so umständlich siedlungstechnisch, daß ich ihn nicht mit der bei Edschmid vorgefundenen Stelle in Verbindung bringen konnte, erst recht nicht, wo dessen Novelle in Nordamerika angesiedelt war. Aber der Autor war eben in Kolonialzeiten geboren. Also nochmals: ganz herzlichen Dank!
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Heinz Erich Stiene


eingetragen von Christoph Kukulies am 29.10.2003 um 13.22

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Heinz Erich Stiene
Während einer Bahnfahrt las ich Kasimir Edschmids Erzählung "Der Lazo", erschienen 1915 innerhalb der Novellensammlung "Die sechs Mündungen". Zur Hand hatte ich die Reclam-Ausgabe von 1967. In der Novelle verschlägt es den Helden Raoul als Cowboy auf eine Farm nach Amerika. Eine Stelle machte mich stutzig: "Nach einem halben Jahr fand er zwei Werft von der Farm ein Buch. Er hob es auf. Longfellow: Hiawatha ..." Die "zwei Werft" bereiteten mir Kopfzerbrechen, doch stieg rasch ein Verdacht in mir auf: Der Erstdruck 1915 war vermutlich in Fraktur gedruckt, und womöglich hatte dort "Werst" (mit langem s) gestanden, was ja ein altes, freilich russisches, Längenmaß ist. Zum Vergleich besorgte ich mir also die Originalausgabe von Edschmids "Sechs Mündungen". Aber auch darin heißt es "zwei Werft". Bislang sind alle meine lexikographischen Bemühungen, dem geheimnisvollen Wortlaut auf die Spur zu kommen, im Sande verlaufen. Weiß jemand Rat?

Ich glaube weniger an einen Druckfehler,
denn als ich vor zwei Jahren in Namibia (ehem. Südwestafrika) war, wohnte ich bei Bekannten auf einer Farm und die kleine Ansammlung von Hütten, in denen die Bediensteten wohnten, ca. 300 m von den Farmgebäuden entfernt, hieß dort "Werft".




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Christoph Kukulies


eingetragen von Heinz Erich Stiene am 29.10.2003 um 12.59

Während einer Bahnfahrt las ich Kasimir Edschmids Erzählung "Der Lazo", erschienen 1915 innerhalb der Novellensammlung "Die sechs Mündungen". Zur Hand hatte ich die Reclam-Ausgabe von 1967. In der Novelle verschlägt es den Helden Raoul als Cowboy auf eine Farm nach Amerika. Eine Stelle machte mich stutzig: "Nach einem halben Jahr fand er zwei Werft von der Farm ein Buch. Er hob es auf. Longfellow: Hiawatha ..." Die "zwei Werft" bereiteten mir Kopfzerbrechen, doch stieg rasch ein Verdacht in mir auf: Der Erstdruck 1915 war vermutlich in Fraktur gedruckt, und womöglich hatte dort "Werst" (mit langem s) gestanden, was ja ein altes, freilich russisches, Längenmaß ist. Zum Vergleich besorgte ich mir also die Originalausgabe von Edschmids "Sechs Mündungen". Aber auch darin heißt es "zwei Werft". Bislang sind alle meine lexikographischen Bemühungen, dem geheimnisvollen Wortlaut auf die Spur zu kommen, im Sande verlaufen. Weiß jemand Rat?

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Heinz Erich Stiene


eingetragen von Detlef Lindenthal am 17.10.2003 um 11.12

Das meine ich so:
Zu einer Welt gehören u.a. ein Raum und eine Abstandsfunktion;
den Abstand zwischen zwei makrokosmischen Orten, Planeten, Spiralnebeln usw. kann man betrachten oder berechnen; ebenso den Abstand zwischen zwei mikrokosmischen Atomkernen, Photonen usw.;
die Mengenmächtigkeit der Atome im Weltall ist zu groß, als daß jemand es unternehmen würde, mit ihnen eine Weltbetrachtung zu stricken. Statt dessen werden die Atome und kleineren Teilchen zu den Klassen der Elemente, Isotope, Kleinteilchen, Zustände usw. zusammengefaßt, was dann wieder eine (mikrokosmische) Welt ergibt.

Zu jedem Ding und jeder Untermenge in einer Galaxie ist der Abstand (ob nun gemäß der makro- oder mikrokosmischen Abstandsfunktion) zu einem Klassenvertreter des Mikrokosmos kleiner als jeder nennbare Abstand, und das habe ich salopp „Abstand null“ genannt. Nicht richtig?
Der Abstand eines Pullovers zum ihn erzeugenden Wollfaden ist null.
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Detlef Lindenthal


eingetragen von J.-M. Wagner am 17.10.2003 um 07.43

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Detlef Lindenthal (unter „Von den Reizen der neuen Rechtschreibung“)
>>Zwischen diesen Welten liegen Welten!<<
Andererseits liegen diese und etliche weitere Welten nicht weiter auseinander als Mikrokosmos und Makrokosmos (Abstand null).
Wie meinen Sie das mit dem „Abstand null“?
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Jan-Martin Wagner


eingetragen von Detlef Lindenthal am 16.10.2003 um 10.14

Talking


margel:
"Rasterkasten" ist genauso schön und originell wie "Stöberer".
Danke!

margel:
Es ist wie mit familieninternen Kosenamen.
In diesem Zusammenhang: Alle Warnlampen sollten blinken, wenn jemand zu seiner Gattin „Schatzi“ sagt, denn das ist eine Abkürzung, wenn er sich nicht entscheiden kann, ober Schaf oder Ziege sagen soll.


eingetragen von margel am 16.10.2003 um 09.21

Wie man den Punkt auf dem kleinen i nennt, ist völlig beliebig. Ich könnte ihn auch O-Punkt nennen, z.B. für "Oberpunkt". "i-Punkt" ist wohl eher selbsterklärend und kommt einem daher leicht als die einzig sinnvolle Schreibweise vor.- "Rasterkasten" ist genauso schön und originell wie "Stöberer". Die Frage ist, ob Sie damit ohne Zusatzerläuterung verstanden werden. Es ist wie mit familieninternen Kosenamen.


eingetragen von Theodor Ickler am 16.10.2003 um 08.34

Warum sollte Kritik an der alten Rechtschreibung nicht zugelassen sein? Man sollte allerdings unterscheiden zwischen der tatsächlich praktizierten Rechtschreibung und ihrer normativen Darstellung im Duden. D. h., man sollte jeweils sagen, worauf sich die Kritik bezieht. Denn daraus folgt, ob man die Rechtschreibung oder den Duden für korrekturbedürftig hält. Ein riesiger Unterschied.
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Th. Ickler


eingetragen von Christoph Kukulies am 16.10.2003 um 08.12

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Detlef Lindenthal
Zitat:
Ursprünglich eingetragen von guest
Gibt es dafür wirklich kein deutsches Wort?
Oder ist es ein richtiges deutsches Wort geworden?

Das Wort scannen bedeutet in Empirie und Druckvorstufe mehrerlei:
a.) der Reihe nach pixelweise/stückweise/reihenweise abtasten/überprüfen/aufnehmen; z.B. ein Farbbild zur Darstellung im Internet oder im Flachdruck; nennt man nicht auch die Überprüfung einer Bevölkerungsgruppe scanning? Oder sagt man da screening?
b.) auch (üblicherweise im Njudeutschen): maschinenlesen, d.h. aufnehmen und mittels Lesemaschine (OCR=optical character recognition) die Pixelbilder in ASCII-, ANSI- oder Unicode-usw.-Kennungen umsetzen

Übersetzung also je nach Anwendungsfall:
aufnehmen, manchmal auch: abtasten
(auf-)rastern (englisch aber richtig: screening),
maschinenlesen.

Scanner heißt bei mir Rasterkasten oder Rasterkiste (findet jemand diese Wörter doof und albern?)


Dr. Rudolf Hell erfand den Hellschreiber, den Vorläufer unseres heutigen Faxgerätes.

http://log-in.fachdid.fu-berlin.de/Archiv/2001/3_4/C&A/geschichte.html

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Christoph Kukulies


eingetragen von Detlef Lindenthal am 15.10.2003 um 21.23

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von guest
Ist auch Kritik an der alten Rechtschreibung zugelassen?
N.m.M. auf alle Fälle; denn gerade beim genauen Überprüfen stellt man fest, wie ausgereift unsere bisherige Rechtschreibung ist.
Auch sonst „lohnt“ das Überprüfen sich: Der Duden _21 hat rechtschreibmäßig einen (in Ziffern: 1) Vorteil gegenüber Duden _20:
Duden _20: I-Punkt,
Duden _21: i-Punkt;
nur letzeres ist natürlich richtig, denn das große I hat ja gar keinen Punkt. (Ironie der Geschichte: Diese Änderung hatte vor langem unser 1. Unterschriften-Sammler in S.-H., Herr Karl-Heinz Requard, vom Duden verlangt – und erhalten.)
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Detlef Lindenthal


eingetragen von Detlef Lindenthal am 15.10.2003 um 20.46

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von guest
Gibt es dafür wirklich kein deutsches Wort?
Oder ist es ein richtiges deutsches Wort geworden?

Das Wort scannen bedeutet in Empirie und Druckvorstufe mehrerlei:
a.) der Reihe nach pixelweise/stückweise/reihenweise abtasten/überprüfen/aufnehmen; z.B. ein Farbbild zur Darstellung im Internet oder im Flachdruck; nennt man nicht auch die Überprüfung einer Bevölkerungsgruppe scanning? Oder sagt man da screening?
b.) auch (üblicherweise im Njudeutschen): maschinenlesen, d.h. aufnehmen und mittels Lesemaschine (OCR=optical character recognition) die Pixelbilder in ASCII-, ANSI- oder Unicode-usw.-Kennungen umsetzen

Übersetzung also je nach Anwendungsfall:
aufnehmen, manchmal auch: abtasten
(auf-)rastern (englisch aber richtig: screening),
maschinenlesen.

Scanner heißt bei mir Rasterkasten oder Rasterkiste (findet jemand diese Wörter doof und albern?)
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Detlef Lindenthal


eingetragen von Walter Lachenmann am 15.10.2003 um 19.52

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von RenateMariaMenges
Im Ernst: Ich stehe hier für die neue Rechtschreibung ...

Es handelt sich also auch hier wohl um eine Trotzmacht, aber ist es die des Geistes? Zum Überleben im Schulbetrieb ist die ja nicht immer hilfreich, anders als bei Frankl.
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Walter Lachenmann


eingetragen von guest am 15.10.2003 um 19.46

Ist hier nur Kritik an der neuen Rechtschreibung erlaubt?
Oder auch an der alten?
Sprache und Schreibweise sind Werkzeuge, um Informationen zweifelsfrei zu übertragen, also Datenübertragungssysteme. Im richtigen Leben müssen Werkzeuge immer wieder auf ihre Tauglichkeit überprüft werden und nötigenfalls verbessert werden.
Das neue Werkzeug Rechtschreibung ist "Murks aus Germany".
Aber ist das alte Werkzeug über jeden Zweifel erhaben oder gar eine "heilige Kuh"? Also: Ist auch Kritik an der alten Rechtschreibung zugelassen?


eingetragen von margel am 15.10.2003 um 19.29

Liebe Frau Doktor, ich glaube, Sie bekämen ganz gewaltig viele dicke Schmützli, wenn Sie in den Schoß der rechtschaffenen Rechtschreibergemeinde zurückfänden. Sympathisch sind Sie sowieso, und es sind ja die Fehler und Irrtümer eines Menschen, die ihn recht eigentlich liebenswert machen ( sagt irgendein Weiser).


eingetragen von Matthias Dräger am 15.10.2003 um 19.24

Liebe Frau Menges,
ich darf Sie beruhigen: wenn Sie hier wieder ganz normal schreiben, werden Sie dafür wohl kaum kritisiert. Warum?
Soll ich Ihnen ein kleines Geheimnis verraten? Ich glaube, wir, Ihre Kritiker, würden es gar nicht merken. Wir stolpern nur über

Besorgnis erregend
Nerven aufreibend

und andere Kuriosa. Wenn Sie es mir nicht glauben: wie wäre es mit einem Versuch?


eingetragen von guest am 15.10.2003 um 19.23

Gibt es dafür wirklich kein deutsches Wort?
Oder ist es ein richtiges deutsches Wort geworden?


eingetragen von RenateMariaMenges am 15.10.2003 um 18.30

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von margel
Liebe Renate Maria, ... jawohl, und bin bis auf weiteres Ihnen die Freundschaft kündigend.

Bei uns steht dann an der großen Tafel:
Reinhard I. (b.a.w.) abwesend
Das heißt aber, dass er wieder kommt. Ob ich das wohl erwarten kann? Übrigens warte ich schon lange auf neuen Nachschub. Wo der wohl bleibt. Bei mir im Zimmer margelt es an der Wand...


Im Ernst: Ich stehe hier für die neue Rechtschreibung und würde sofort vom Forum von irgendjemanden kritisiert werden, wenn ich plötzlich diese nicht mehr schriebe. Das sagt nichts über die ERKENNTNIS aus und ob sich wer täuscht oder nicht.
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RenateMariaMenges


eingetragen von J.-M. Wagner am 15.10.2003 um 18.10

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Theodor Ickler
Wie kommt es eigentlich, daß die neuesten Einträge in verschiedenen Schriften erscheinen? Machen die das, oder mache ich was? Oder margel? Oder stellt sich das nur auf meiner alten Maschine so dar?
Kein Grund zur Beunruhigung, das liegt weder am Alter Ihrer Maschine noch an der Neuigkeit der Eintragungen: Schauen Sie sich mal eine ganz beliebige Seite (kann auch ziemlich alt sein) des Forums an... Damit ist klar, daß es sich um ein Späßchen der Haustechnik handelt; ich vermute, daß da letztlich ein Zufallsgenerator am Werk ist, der entscheidet, ob die Type umgeschaltet wird oder nicht.

Mir scheint, daß dieses Experiment immerhin ein Gutes hat: Es zeigt, wie nah sich Typographie und Rechtschreibung sind, wenn es um die Leserfreundlichkeit geht.
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Jan-Martin Wagner


eingetragen von margel am 15.10.2003 um 18.02

Liebe Renate Maria, ich wähnte Sie schon auf dem Wege hin (zurück) zur guten Rechtschreibung - was muß ich da lesen? "...nicht so Besorgnis erregend"! Das ist mir sehr Kummer bereitend. Ich finde das voll Nerv tötend, jawohl, und bin bis auf weiteres Ihnen die Freundschaft kündigend.


eingetragen von RenateMariaMenges am 15.10.2003 um 16.04

ich weiß, was es heißt am PC immer fit zu sein und sozusagen auch noch engagiert ehrenamtlich zu arbeiten. Gerade ich erkenne, wie wichtig Techniker sind und ich bin auch in meiner Arbeit darauf angewiesen Techniker und handwerklich begabte Leute um mich zu haben. Was täte ich ohne sie, da ich doch sonst schon so viel Arbeit habe. Ich bin also ständig von einem Team umgeben, außerdem gewohnt Achtung von allen Seiten zu erleben und damit gebe ich auch unter Beachtung aller Regeln diese Achtung weiter. Die Achtung vor dem Menschen überhaupt ist mir wichtig, aber vorsicht, hier wird es ein wenig philosophisch! Außerdem besitze ich immer ein wenig mehr Humor als andere! Natürlich ist es interessant, was Herr Wittkopp unter seiner Rubrik Zeichen hier eingibt.

Kennen Sie eigentlich das bayerische Sprichwort: Nix für unguat, meine Herren? Übersetzt ist dies bereits im Voraus eine Entschuldigung. Na - ich finde das ganze Thema nicht so Besorgnis erregend und ich freue mich schon auf den Tag, wo wir uns alle einmal treffen werden. So wie ich mein Leben kenne, wird das unter Umständen einmal so zutreffen.

Ein kleiner Disput hat noch nie geschadet, aber ich sehe auch Herrn Wagner hier nicht mehr. Das wäre allerdings schade!

Ich beurteile Ihre handwerkliche Arbeit als sehr beachtenswert. Ein Staat ohne die Zusammenschau von allen Disziplinen wäre ein Staat ohne Biss! Ein Forum ohne diese Zusammensetzung wäre langweilig. Diese Seiten sind außerdem lesenswert und das wäre ohne den Einsatz der Handwerker nicht möglich. Theorie alleine bringt niemanden weiter, es muss auch eine Umsetzung geben.

Machen Sie weiter mit der Sache Zeichensetzung! Es ist eben ein Teil des Rechtschreibens, aber geht dies nicht manchmal in Grammatik über ...

P.S.:
Stöbern ist ein gutes Wort und kann durchaus für das www benutzt werden.
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RenateMariaMenges


eingetragen von Theodor Ickler am 15.10.2003 um 15.21

Wie kommt es eigentlich, daß die neuesten Einträge in verschiedenen Schriften erscheinen? Machen die das, oder mache ich was? Oder margel? Oder stellt sich das nur auf meiner alten Maschine so dar?
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Th. Ickler


eingetragen von Walter Lachenmann am 15.10.2003 um 15.00

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Dominik Schumacher
Sollen zig Netzautoren eine „nicht lemmatisierte Erfindung eines Privatgelehrten“ (Lachenmann) gebraucht haben?

Inzwischen habe ich bei Amazon den Begriff »Stöbern« auch gefunden. Da paßt er auch einigermaßen, denn in einem Laden, was Amazon auf eine Art doch ist, kann man ja im gewohnten Sinne dieses Begriffs stöbern.

Ich ziehe also meine Behauptung vom Privatgelehrten feierlich zurück, es kamen wohl schon andere auf dieselbe Idee. Das Thema der Bemühungen, für Begriffe der Computer- und Internetwelt anstelle der jedermann geläufigen und deshalb in der internationalen Kommunikation sehr nützlichen englischen Ausdrücke um jeden Preis deutsche zu finden, die nichtdeutsche »Wellenreiter« dann nicht verstehen können und die überdies oft nichts anderes sind als phantasielose, nicht immer unbedingt passende Übersetzungen des englischen Begriffs ins Deutsche, wurde an anderer Stelle schon reichlich diskutiert. Das mag jeder albern oder toll finden, wie er will und halten wie es ihm sinnvoll erscheint. Daß der deutschen Sprache damit ein wichtiger Dienst erwiesen wird, will mir nicht einleuchten, da gibt es wirkungsvollere Betätigungsfelder.
Ärgerlich ist die Englischhuberei doch wohl hauptsächlich bei Begriffen, für die es deutsche Entsprechungen durchaus gibt, und bei Aussagen, die man genausogut oder besser auf Deutsch machen könnte, zumal wenn sie international gar nicht relevant sind, wie etwa in der Werbung oder in vielen öffentlichen Bereichen.
In diesem Sinne: Be inspired!
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Walter Lachenmann


eingetragen von margel am 15.10.2003 um 14.46

Hallo, Dominik, was bedeutet die Abkürzung "PC"? - Ich habe mal im "Collin´s" nachgeschlagen: to browse (mit entsprechenden Zusätzen) = in den Büchern schmökern/sich umsehen/weiden, äsen. Aber merkwürdigerweise nirgends "stöbern". Und wie wird "browser" ins Deutsche übersetzt? Na,wie wohl: "(Comput) Browser"!


eingetragen von Dominik Schumacher am 14.10.2003 um 22.11

Warum soll das ß in Netzzielen (URL) von morgen fehlen? Bei mir ist der Emailer angekommen, der dank Unicode alle europäischen Sprachen in allen Einzelheiten korrekt schreiben läßt – und dazu Russisch, Arabisch, Bilderschriften usw. SVG schickt sogar versteckt Zeichensätze mit. Wir sind mehr als nah am lebendigen PDF. Da lohnt es sich eher, bei TCPA mißtrauisch zu sein. Eudora 6 wiederum nimmt SPAM-Post vor dem Zeitverlust zur Seite und findet bei mir ganze Anerkennung. Solange auf meine Tasten die Anführungszeichen nicht aufgedruckt sind, merke ich mir den richtigen Kombi-Tipp (auch für den Gedankenstrich) und poche auf mindestens ein weiteres (kurzes) Leerzeichen für z.[Leerzeichen]B. 100[Leerzeichen]%. Für alle, die den PC als Schreibmaschine mißverstehen, gibt es Schreibmaschinenschriften. Bei Proportionalschriften klappe ich die Decke des PC hoch und gebrauche ihn wie eine Setzmaschine. Vorwärts, Jungs, hin zur Professionalität.
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Dominik Schumacher

übrigens heiße ich wirklich Norbert Lindenthal


eingetragen von Dominik Schumacher am 14.10.2003 um 22.02

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von margel
... Stöberer, mit dem man durchs weltweite Netz schiffen kann.

Nachdem ich vor Jahren kapierte, daß browsen stöbern heißt, verstand ich, daß der browser etwas erledigt, was ich auch verstehe, er stöbert im Netz meine gesuchten Seiten auf. Oft hatte ich den Mut, vom Stöberer zu schreiben und schrieb in Klammern kleinlaut und kleinbuchstabig den browser dazu. Unser geschätzter Suchgockel findet für »Stöberer« 930 Fundstellen (unter den obersten Ergebnissen eine von gestern hier aus unserem Fachforum!). Hunde sind Stöberer. Familien heißen Stöberer. Und ansonsten geht es um zig Netzseiten, auf denen der browser mit Stöberer erklärt wird, einmal die Erläuterung Internet-Surfer. Sollen zig Netzautoren eine „nicht lemmatisierte Erfindung eines Privatgelehrten“ (Lachenmann) gebraucht haben?
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Dominik Schumacher

übrigens heiße ich wirklich Norbert Lindenthal


eingetragen von Theodor Ickler am 14.10.2003 um 17.26

Wenn es "hier" an Themen fehlt, ist das ein gutes Zeichen, denn diese Rubrik enthält ja das Geplänkel aus Zeiten, in denen orthographisch nicht viel los ist. Ich erlaube mir, einen Faden zu meinem neuen Thema "Strategie" zu legen, und bitte höflich, mir dorthin zu folgen.
__________________
Th. Ickler


eingetragen von RenateMariaMenges am 14.10.2003 um 14.07

Könnte es sein, dass hier und dort über einen Trampelpfad getrampelt wird? Könnte es sein, dass gewisse handwerkliche Trampeltiere so manche Diskussion niedertrampeln? Trampeln ist schon ein komisches Wort und wenig im Gebrauch. Manchmal passt das Wort aber wie die Faust auf das Auge, nix für unguat, meine Herren!
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RenateMariaMenges


eingetragen von Ruth Salber-Buchmüller am 14.10.2003 um 11.20

Wie MARGEL habe ich leider
auch den Eindruck, daß es hier
momentan an "nahrhaften Themen
fehlt".
Anstoß: Gibt es schon Resonanzen
auf den SCHRIFTSTELLER-AUFRUF?

Auch wiederhole ich meine Bitte
um Auskunft, warum wohl die
größte Regionalzeitung
Deutschlands, die WAZ, nichts
gebracht hat?
Auf meine direkte Frage an
die Zeitung erhielt ich keine
Antwort - auch eine Antwort, oder?
__________________
Ruth Salber-Buchmueller


eingetragen von guest am 14.10.2003 um 09.39

Was mich schon immer ärgert:
Für mehrfach geschachtelte Klammerungen gibt es drei Zeichenarten:
die runde ( ), die eckige [ ] und die geschweifte { } Klammer.
Für mehrfach geschachtelte Zitate gibt es nur zwei Zeichenarten:
die doppelten " " und die einfachen ' ' Redezeichen, obwohl hier der Bedarf mindestens ebenso groß ist.
Wer erfindet noch mehr Redezeichen?


eingetragen von margel am 14.10.2003 um 08.11

Hochverehrter Herr Wittkopp, ich habe großen Respekt vor ausgewiesenen Fachleuten, besonders aus dem Handwerk, (weniger vor "Experten", die sich ja nicht auszuweisen brauchen, wie wir erlebt haben). Nie würde es mir einfallen, z.B. an der Technik meines Autos gegen fachmännischen Rat zu basteln. In manchen Fällen, wo es ja auch niemandem schadet, nehme ich mir dennoch die Freiheit, leichtfertig über Fachmanns Auskunft und Rat hinwegzuhüpfen, selbstverständlich immer auf eigenes Risiko. So mögen Sie mich in unserem Beispiel für einen unbelehrbaren Tapergreis halten, an den alle Mühe verschwendet ist. Sei´s drum! Viele Grüße an Ihren werten Herrn Vater.


eingetragen von Theodor Ickler am 14.10.2003 um 06.26

Lieber Herr Wittkopp,
so ernst habe ich das alles nicht genommen. Übrigens: In meinem Rechtschreibwörterbuch wird die Form und Stellung der Anführungszeichen nicht eigens gelehrt, sondern schlicht vorausgesetzt. Ich sage in meinen Regeln nur, wozu sie dienen.
Ich habe auch nicht gesagt, daß Form und Stellung der Anführungszeichen (und anderer Satzzeichen) gleichgültig seien, sondern nur, daß sie nicht zur Orthographie im engeren Sinne gehören. Deshalb haben die Rechtschreibbücher meistens noch ein eigenes Kapitel "Regeln für den Schriftsatz" bzw. das Maschinenschreiben. (Mein Wörterbuch enthält diesen sinnvollen Teil noch nicht, wir haben aber schon überlegt, so etwas noch einzufügen.) Dabei kommt es oft zu Überschneidungen mit der Rechtschreibung. Diese Regeln sind Gegenstand von DIN-Normen, während die Rechtschreibung ja (leider) von den Kultusministern bestimmt wird.
Ich habe auch den Hinweis der Rechtschreibprogramme nicht als Beweismittel verstanden, sondern als zusätzlichen Hinweis auf das gewöhnliche Verständnis dieser Zusammenhänge.
Natürlich liegt es mir fern, irgendwelche Volksbildungsbestrebungen unterlaufen zu wollen, das ist ja aus meinen sonstigen Schriften klar. Die Unterscheidung von Typographie und Orthographie ist aber durchaus notwendig, schon wegen der Kompetenzverteilung.
Schönen Dank noch für die nützliche Tabelle! Allerdings ist es mit "Deutsch" nicht so einfach, man müßte die Schweiz noch gesondert anführen.
__________________
Th. Ickler


eingetragen von Walter Wittkopp am 14.10.2003 um 03.56

Hier eine Übersicht über die An- und Abführungszeichen in einigen europäischen Sprachen:

Sprache„ “» «“ ”« »” ”„ ”“ „» »
Dänisch„ “» «      
Deutsch„ “» «      
Englisch  “ ”« »    
Finnisch    ” ”  » »
Französisch  “ ”« »    
Italienisch   « »  “ „ 
Niederländisch     „ ”  
Norwegisch„ “  « »    
Polnisch„ “» «      
Portugiesisch   “ ”« »    
Rumänisch„ “  « »    
Russisch„ “  « »    
Schwedisch    ” ”  » »
Serbokroatisch„ “» «      
Slowenisch„ “  « »    
Spanisch  “ ”« »    
Tschechisch„ “» «      
Ungarisch » «   „ ”  

Bei der italienischen Variante “...„ bin ich neugierig, ob die Kinder in der Schule sie lernen oder ob nur wenige Fachleute sie wissen.
__________________
Walter Wittkopp


eingetragen von margel am 13.10.2003 um 20.34

Im Augenblick fehlt es hier wohl an nahrhaften Themen. Da kann sich die Diskussion dann schon mal um die richtigen Gänsefüßchen und die richtige Länge des Gedankenstrichs ranken. Ich nehme das zur Kenntnis, möchte aber, was mich und meine Tippgewohnheiten betrifft, nichts "klären", verehrter Herr Wittkopp. Ich bin eben in manchen Dingen äußerst lässig, wenn ich glaube, daß es nicht darauf ankommt; tut mir leid für alle, die sich solche Mühe mit mir geben. (Ich erwarte heftige Zurechtweisungen). "doof" kam zeitlich vor "albern", ich hatte es aber erst später gesehen und gab so ganz unbefangen meinen Senf dazu. In einem meiner Bücher steht:"Browser = Programm, mit dem man das WWW durchsurfen kann, d.h. Webseiten betrachten kann." Ich werde für einige Zeit probeweise mal so sagen (falls ich gefragt werde): Stöberer, mit dem man durchs weltweite Netz schiffen kann.


eingetragen von Walter Lachenmann am 13.10.2003 um 20.02

1. Wenn Herr Ickler schreibt, es gehöre zur Typographie, ob Anführungszeichen oben oder unten stehen, unterstellt er wohl so viel Volksbildung bei seinen Gesprächspartnern, daß diese wissen, wann sie unten und wann sie oben stehen müssen, also daß die Abführung niemals unten steht. Und daß bestimmte Paare von Anführungszeichen zusammengehören. Eine Frage der Typographie ist es aber zunächst nicht, wie man hier wählt, sondern das hängt von der Sprache des Textes ab. Meines Wissens kann man nur in deutschsprachigen Texten zwischen den „normalen“ Anführungszeichen und den »französischen« wählen (und die auch noch »so« oder «so» stellen. Dann handelt es sich um ein bißchen Typographie. Viele Autoren, die druckfertige Satzdaten schreiben wollen oder sollen, und Schreibkräfte, die jetzt mit »Satz« beauftragt werden, haben davon allerdings keine Ahnung, da haben Sie völlig recht. Den Leuten ist das auch in der Regel gleichgültig, und da ist dann alle unsere Schwarze Kunst für die Katz. Aber muß man darum zürnen? Außerdem ging es um diesen Aspekt hier ja nicht, der Volksbildung wurde insofern kein Schaden zugefügt.
2. Der Begriff »typographische Anführungszeichen« ist allerdings so unpräzise wie wenn man sagen würde »typographische Buchstaben«. Gemeint sind die im Druck üblichen, von denen es unterschiedliche Formen und Konstellationen gibt, im Gegensatz zu den von den alten Schreibmaschinen gewohnten obenstehenden Doppelstrichelchen, die das Zeichen für Zoll und Sekunden sind.
3. Wie kommen Sie darauf, ich wäre gelernter Schriftsetzer und gäbe mich mit den Microsoft-Vorgaben zufrieden? War kein Wort davon die Rede und stimmt beides nicht.
4. »Doof« als Bezeichnung für »doof« ist sprachwissenschaftlich nachweisbar und als Maßstab für Schmarrn hieb- und stichfest, »Stöberer« für »Browser« dürfte eine individuelle, von der Wissenschaft vorläufig nicht lemmatisierte Erfindung eines Privatgelehrten sein.

__________________
Walter Lachenmann


eingetragen von Walter Wittkopp am 13.10.2003 um 19.00


Theodor Ickler schrieb:
Ob ein Bindestrich und ob Anführungsstriche gesetzt werden, ist eine Frage der Orthographie (im weiteren Sinne, es gibt auch viele Autoren, die von "Orthographie UND Zeichensetzung" sprechen). Ob die Anführungszeichen oben oder unten stehen und wie lang der Gedankenstrich ist, gehört dagegen zur Typographie. Das Textprogramm fragt ja auch, ob es bei der Autokorrektur "typographische" Anführungszeichen einsetzen soll.
Lieber Herr Professor Ickler,

ja, es stimmt, daß Rechtschreibung und Zeichensetzung auch im Schulunterricht zuweilen unterschieden wurden; deren Fehler wurden gesondert gekennzeichnet (allerdings letztlich gemeinsam gezählt).

Ihre Aussage
> Ob die Anführungszeichen oben oder unten stehen ..., gehört dagegen zur Typographie.<
steht mindestens im Gegensatz zum Duden und auch zu Ihrem eigenen Wörterbuch; im Duden, 17. Auflage, Mannheim 1973, heißt es (durchaus angreifbar):
„Die Zeichen  „ “  , ‘  “ ”  ‘ ’ werden in der Handschrift und bei der Schreibmaschine verwendet. Im deutschen Schriftsatz erscheinen „ “ oder » « , in sprachwissenschaftlichen Arbeiten außerdem ‘  ’.“
Die 16. Auflage, Leipzig 1974, ist überaus deutlich darin:
„Sie [die Anführungsstriche] werden im deutschen Schriftsatz sowohl in der Form „...“ als auch in den Formen »...« und «...» und in der Form der halben Anführungszeichen ,...‘ verwendet.“ (S. 670)

Ihr eigenes Rechtschreibwörterbuch, St. Goar 2000, zeigt nur diese  „...“  Anführungszeichen (S. 62). Ebenso die neueren Duden.

Meinen Sie nicht, daß wir von unserer Schreiblehrkraft einen Fehler angestrichen bekommen hätten, wenn wir die Anführungszeichen so ”...“ oder so  “...„  gesetzt hätten? (Handschriftlich habe ich niemals jemanden letzteren Fehler machen sehen.)

> ... wie lang der Gedankenstrich ist, gehört dagegen zur Typographie. <

Das ist richtig, doch um die Länge des Gedankenstriches ging es nicht (die bekanntlich von Zeichensatz zu Zeichensatz schwankt), sondern um den Unterschied von Bindestrich und Gedankenstrich.
In etlichen Zeichensätzen hat der Bindestrich die Form eines sehr kurzen, etwas schrägen Gleichheitszeichens; da darf man nicht einfach Gedankenstrich und Bindestrich vertauschen.
Und zur (rechtschreiblichen) Zeichensetzung gehört auch, wie ich für margel erläutern wollte, wann ein Leerzeichen vor oder nach einem Satzzeichen kommt ;es ist sicherlich keine Frage der Typographie ,wenn jemand den Leerschlag auf die falsche Seite setzt oder den Bindestrich mit Leerschlägen umgibt ,oder ?( Das haben wir alles schon gesehen !)

Anders ausgedrückt:
Ich finde es unkollegial von Ihnen, wenn Sie in dieser Sache die Volksbildungsbemühungen der wenigen hier verfügbaren Fachleute unterlaufen.
Auch die richtige Setzung der Anführungszeichen ist ein schützenswertes Kulturgut; und daß jedermann sich für den Preis eines besseren Fahrrades bei Aldi eine vollgültige Setzanlage kaufen kann, sollte doch nicht dazu führen, daß unsere Schreibkultur Schaden leidet; im Gegenteil sollte durch Fortbildung die Sachkenntnis zunehmen.

Sie schreiben:
>Das Textprogramm fragt ja auch, ob es bei der Autokorrektur "typographische" Anführungszeichen einsetzen soll.<
Ich dagegen meine, daß sich mit einem solchen Rechner-Zitat kaum ein Wahrheitsbeweis führen läßt.

William Gates kommt aus einer Rechtsanwaltfamilie und steht auf Kriegsfuß mit der Schreibkunst; bei seinem Microsoft Word ist „Reform“schreibung voreingestellt, seit Jahrzehnt lassen sich dort die Sonderzeichen nicht vernünftig erreichen; aber sie lassen sich erreichen.


Lieber Herr Lachenmann,

mit Bedauern nehme ich zur Kenntnis, daß Sie, der gelernte Schriftsetzer, inzwischen sich mit den Microsoft-Vorgaben zufrieden geben; warum? HTML und Tex („täch“) haben doch alles, was das Schriftsetzerherz begehrt!?!

Sie schreiben:
> Stöberer ... klingt in diesem Zusammenhang aber doof.<
Das ist eine Dimension der sprachwissenschaftlichen Betrachtung, die außerhalb meines Begriffsrahmens liegt: “We’ll call this tool a browser.” – „Das klingt in diesem Zusammenhang aber doof“ ... ist das ein Maßstab?


Liebe(r) margel,

> Frei nach Hitchcock... nach dem ein Verbrechen ein Stein ist, den man in einen ruhigen Teich wirft, lasse ich gern mal etwas fallen, was dann zu meiner großen Freude stets wieder überraschend viele ernste und auch weniger ernste Reaktionen hervorlockt.<
Au weia, das möchte ich doch etwas hinterfragen: Wenn andere Leute in gleicher Weise in ruhige Teiche Steine plumpsen lassen, erzeugt das dann auch in Ihnen zuverlässig große Freude? Genauer gefragt: Würden Sie es darin auf einen Wettbewerb ankommen lassen, wer mit welcher Steingröße bei wem wieviel Freude erregt?
Hat nicht Professor Augst in ebendiesem Sinne seinen Antrieb zur Rechtschreib„reform“ beschrieben?

Und den anderen Gedanken hat vor Ihnen schon Herr Lachenmann ausgedrückt:
> "Stöberer" statt "Browser" finde ich albern. <
Wenn einer Ihrer Schüler eine solche Stellungnahme abgegeben hätte, hätten Sie ihm dann schulterklopfend gesagt: „Ja, das ist eine reife Stellungnahme“?


Wir sollten diese Dinge klären.

Herzlichen Gruß und guten Abend!
__________________
Walter Wittkopp


eingetragen von margel am 13.10.2003 um 16.29

las ich in der F.A.Z. von einem Meßgerät, mit dem der Anteil der "freien Radikalen" im Blut bestimmt werden kann. - Und ich dachte, die seien längst alle hinter Schloß und Riegel.


eingetragen von margel am 13.10.2003 um 15.42

nach dem ein Verbrechen ein Stein ist, den man in einen ruhigen Teich wirft, lasse ich gern mal etwas fallen, was dann zu meiner großen Freude stets wieder überraschend viele ernste und auch weniger ernste Reaktionen hervorlockt. Also, ich meinte natürlich die Länge des Gedankenstrichs, wohl doch ein typographisches Merkmal (Danke, Herr Prof.!). Der Gedankenstrich als Satzzeichen war schon bisher mir nicht ganz unbekannt. "Stöberer" statt "Browser" finde ich albern.


eingetragen von Walter Lachenmann am 13.10.2003 um 14.33

WaWi: Somit ist das Wort browser als Stöberer zu übersetzen.

Es könnte allerdings ein Problem insofern auftreten, als außer einigen verträumten Weltnetzwellenreitern wohl kaum jemand erraten würde, was ein Stöberer sein soll. Doch eher einer, der irgendwo herumstöbert, als das, was nun mal ein Browser ist. Stöberer ist zwar deutsch, klingt in diesem Zusammenhang aber doof. Wie eine Steigerung von Stoiber - man kann's auch overdriven.
Im übrigen wäre es doch viel sprach- und vaterländisch selbstbewußter, für solche neuen Dinge treffende deutsche Wörter zu erfinden, anstatt die englischen Begriffe, die im Deutschen gar nicht richtig passen, sklavisch zu übersetzen.
__________________
Walter Lachenmann


eingetragen von Theodor Ickler am 13.10.2003 um 14.15

Ob ein Bindestrich und ob Anführungsstriche gesetzt werden, ist eine Frage der Orthographie (im weiteren Sinne, es gibt auch viele Autoren, die von "Orthographie UND Zeichensetzung" sprechen). Ob die Anführungszeichen oben oder unten stehen und wie lang der Gedankenstrich ist, gehört dagegen zur Typographie. Das Textprogramm fragt ja auch, ob es bei der Autokorrektur "typographische" Anführungszeichen einsetzen soll.
__________________
Th. Ickler


eingetragen von Walter Wittkopp am 13.10.2003 um 13.24


margel schrieb:
Ich verwende seit längerem den Opera 7 - Browser. ... Um Typographie (Gedankenstrich usw.) kümmere ich mich nicht. ... bin schon froh, wenn ich die Tasten treffe und mit der Maus nicht danebenpfeile.
Liebe(r) m.,

mit Ihren Belehrbarkeitshemmnissen sind Sie aber kein gutes Vorbild für jedweden lebenslang Lernenden. Würden Sie einem Verkehrsrichter das auch sagen: „Um die verschiedenen Ampelfarben kümmere ich mich nicht, ich bin schon froh, wenn ich den Gashebel treffe und beim Autoradio nicht danebengreife“?

Mit Ihrer Wortwahl sind Sie ähnlich schlau wie mein 86jähriger Vater, der eigens, um sich ein entsprechendes Profil zu geben, Anglizismen aufschnappt und einbaut;

das englische Wort browser sollte insbesondere deshalb, weil die Brause und der brausende Porschefahrer ein völlig anderes Wortfeld betreffen, stets übersetzt werden;
wie Sie unter
http://dict.leo.org/?search=browse
mühearm nachlesen können, heißt to browse auf deutsch stöbern, schmökern. Somit ist das Wort browser als Stöberer zu übersetzen.

Sie irren eindeutig, wenn sie die Zeichensetzung in den Bereich der Typographie verbannen; Zeichensetzung gehört zur Rechtschreibung, und auch Sie haben gelernt (auch wenn es lange her ist), daß Anführungszeichen unten stehen und Abführungszeichen oben: „ ... “. Aus tausend gelesenen Büchern wissen Sie, daß der Bindestrich kurz und wortnah ist, während der Gedankenstrich mittellang ist und im Deutschen ein Leerzeichen davor und eines danach bekommt – außer am Zeilenanfang und -ende und vor dem Beistrich.

Worbildungen mit Bindestrich(en) werden durchgeschleift:
Theodor-Storm-Schule,
Opera-7-Stöberer,
Opera-7-Stöberer,
Opera-7-Stöberer,
Opera-7-Stöberer,
Opera-7-Stöberer,
Opera-7-Stöberer
– bitte abschreiben  :-)

Trotzdem danke ich für jede Belehrung.
Bitte, gern geschehen!

Gruß,
W.W.


eingetragen von margel am 13.10.2003 um 11.24

Ich verwende seit längerem den Opera 7 - Browser. Schnell! Nur bei manchen Firmen kommt er nicht an. - Um Typographie (Gedankenstrich usw.) kümmere ich mich nicht. Trotzdem danke ich für jede Belehrung. Ich hab erst im hohen Alter zum PC gefunden und bin schon froh, wenn ich die Tasten treffe und mit der Maus nicht danebenpfeile.


eingetragen von Detlef Lindenthal am 07.10.2003 um 10.34

Um die bisher genannten Beispiele zu ergänzen:
Mit der Strahlkraft von Flammenwerfern können Keller, Erdbunker und Schützengräben entmenscht werden; Strahlkraft haben auch Truppentransporter, Marschflugkörper, Kurz, Mittel- und Langstreckenraketen und etliche weitere Trägerfahrzeuge.
Allgemein ist ein kräftiger Strahl dann ein Mittel der Wahl für die Machtausübung, wenn die vorhandenen Kräfte der Sprache und des Geistes für die gewünschte Wirkung nicht ausreichen.
__________________
Detlef Lindenthal


eingetragen von guest am 07.10.2003 um 09.01

Die Strahlkraft ist das entscheidende Merkmal eines Wasserwerfers, mit dem die Polizei Demonstranten (z.B. auch solche gegen die Rechtschreibreform) "kampfunfähig" macht, indem sie sie mit einem Wasserstrahl umwirft, aber möglichst nicht lebensgefährlich verletzt. (Befeuchten genügt nicht, weil die Demonstranten vorbeugend wasserundurchlässige Kleidung tragen, die aber natürlich äußerlich nicht als "passive Bewaffnung" erkennbar sein darf.) Der Strahl darf also weder zu wenig, noch zu viel gebündelt sein und muß beim Aufprall noch genügend Kraft haben. Gegen das Umgeworfenwerden durch die Strahlkraft eines Wasserwerfers gibt es für den Einzelnen keine Hilfsmittel außer das möglichst feste Zusammenkrallen von vielen menschlichen Körpern zu einer größeren Gesamtmasse.

Vielleicht werden diese Hinweise auch hier einmal wichtig.


eingetragen von Wolfgang Wrase am 04.10.2003 um 08.09

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Christian Melsa
Hamburger Bischöfin bedient sich suspekter DSW-Diktion:

"Unser Glaube braucht neue Strahlkraft"

http://www.abendblatt.de/daten/2003/10/01/214021.html


Sehr guter Querverweis. Wörter wie "Strahlkraft" liegen nicht nur auf der Linie der Nazi-Diktion, sondern gehören ganz allgemein in einen religiösen Zusammenhang - und speziell in den Bereich des Missionierenden, wenn davon die Rede ist, daß das eigene Banner "mehr Strahlkraft braucht". Deshalb war die Formulierung der Deutschen Sprachwelt sehr bräunlich ("suspekt" ist hier höflich ausgedrückt): Die deutsche Sprache solle sich mit Hilfe einer höheren Geburtenrate stärker ausbreiten können und dank der so gewonnenen "Strahlkraft" die anderen Nationen beeindrucken. Nicht nur der Gedanke als solcher gehört in den Zusammenhang "Deutsches Wesen soll die Welt verbessern", sondern der religiöse, missionierende Eifer, der mehr "Strahlkraft" für das Deutsche einfordert, unterstreicht den geistigen Grund dieser Forderung. Mit einem religiösen Pathos das Deutsche stärken wollen - das ist mehr als suspekt und mehr als unangemessen. Das einzige, was sich hier zugunsten der Deutschen Sprachwelt vorbringen läßt, ist, daß es sich dabei um einen relativ seltenen Ausrutscher handelt und daß die sonstigen Verlautbarungen der Deutschen Sprachwelt meistens eher nüchtern und vernünftig lauten. Aber: Wem passieren in einiger Regelmäßigkeit solche Ausrutscher?


eingetragen von Christian Melsa am 03.10.2003 um 16.56

Hamburger Bischöfin bedient sich suspekter DSW-Diktion:

"Unser Glaube braucht neue Strahlkraft"

http://www.abendblatt.de/daten/2003/10/01/214021.html


eingetragen von margel am 03.10.2003 um 16.54

Noch wichtiger ist der Artikel 20 (2) GG:"Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und ABSTIMMUNGEN ... ausgeübt." Von Abstimmungen wollten die Oberen (dazu gehören selbstverständlich auch die Bundestagsabgeordneten) bisher nichts wissen. Denn nichts fürchten unsere Volksvertreter mehr als das frei und unabhängig entscheidende Volk. Ein Vorgang wie in Schleswig-Holstein wäre in wirklichen Demokratien undenkbar. Uns fehlt sowohl ein "Ur"- Demokratiebewußtsein wie auch ein Nationalgefühl, d h. die Überzeugung, in der Welt eine unentbehrliche Rolle zu spielen. Dieser Glaube mag dumm und überheblich sein, seine Bedeutung für den Zusammenhalt einer Nation ist gar nicht zu überschätzen. Er speist sich aus einem Gründungsmythos (Tell-Sage usw.) und einer mythologisch verklärten, oft zurechtgebogenen Geschichte, die uns fehlen bzw. durch unsere Vergangenheit diskreditiert worden sind. Auch der EU fehlt dieser Mythos, weshalb sie nie eine "Sache der Herzen" werden wird. Ihr Zerfall ist damit voraussehbar.


eingetragen von Theodor Ickler am 03.10.2003 um 15.11

Unsere Regionalzeitung berichtet heute, daß ein Drittel der jüngeren Erwachsenen nicht weiß, was am 3. Oktober eigentlich geschah. Die Zeitung selbst erwähnt es allerdings auch nicht, allen Jubiläumsworten zum Trotz. Wie soll sich da eine breitere Kenntnis einstellen?
__________________
Th. Ickler


eingetragen von Detlef Lindenthal am 03.10.2003 um 13.45


(Theodor Ickler: )
... statt dessen ein Tag der Administration ...
Wir sind das Volk. Ergibt sich daraus nicht schon mehr oder weniger per definitionem, daß wir nicht die Administration sind?? (... von deren Gnaden, das müssen Sie zugeben, auch jahrzehntelang der 17.-Juni-Feiertag war ...)

-- -- --

Zur längst ins Leere gelaufenen, einst doch so klar beantworteten Demokratiefrage (ja, ich weiß, ich kenne mich da aus, bin ich doch selbst in den 50er und 60er Jahren zur westdeutschen Schule gegangen) auf Spiegel.de ein lesenswerter Fünfteiler von Adrian Schimpf, Hochschullektor des DAAD für deutsches Recht an der University of Surrey im englischen Guildford, Quelle: www.spiegel.de/politik/debatte/0,1518,267865,00.html, Titel: »Verfassung ohne Volk«;
Leseprobe:

»Wäre es nicht angebracht, das Volk nach seiner Meinung zu fragen, bevor eine neue, diesmal sogar gesamteuropäische Verfassung in Kraft tritt? Allzu hartnäckige Querulanten, die nicht lassen können, nach einem Plebiszit zu schreien, werden dann meist von den Inquisitoren der repräsentativen Demokratie mürrisch und schmallippig abgefertigt, das Grundgesetz sehe eine solche Abstimmung nicht vor, die Forderung sei damit verfassungswidrig.

Befürworter von Plebisziten verweisen in solchen Diskussionen gerne auf Artikel 146 des Grundgesetzes. Ihr Argument: Gerade dieser Artikel sei Ausdruck des schlechten Gewissens, nie das Volk befragt zu haben. Artikel 146 GG lautet nämlich: „Dieses Grundgesetz, das nach Vollendung der Einheit und Freiheit Deutschlands für das gesamte deutsche Volk gilt, verliert seine Gültigkeit an dem Tage, an dem eine Verfassung in Kraft tritt, die von dem deutschen Volke in freier Entscheidung beschlossen worden ist.“

Mit den Worten „vom deutschen Volke in freier Entscheidung beschlossen“ könne ja nur eine Volksabstimmung über die deutsche Verfassung gemeint sein. Und warum sollte man Artikel 146 GG nicht sogar analog auf eine neue europäische Verfassung anwenden können?

„Grober Unfug“, sagen dazu jedoch viele der etablierten Rechtsgelehrten. Denn schon der Ausgangspunkt sei falsch. Jene Zeile in Artikel 146 GG, „vom deutschen Volke in freier Entscheidung beschlossen“, sei nämlich keineswegs ein Hinweis auf eine Volksabstimmung. Vielmehr ergäbe eine systematische Interpretation dieser Vorschrift, daß das Grundgesetz stets davon ausgeht, daß das Volk durch seine Repräsentanten in freier Entscheidung etwas beschließt. Eine Volksabstimmung über eine neue Verfassung könne es daher auch gemäß Artikel 146 GG nur dann geben, wenn zuvor ein solches Plebiszit im Wege der Verfassungsänderung ausdrücklich ins Grundgesetz aufgenommen wurde.«

-- -- --

<zyn>Waren Stalin, Hitler und Honnecker in diesem Sinne nicht prächtige Demokraten??</zyn>
__________________
Detlef Lindenthal


eingetragen von Theodor Ickler am 03.10.2003 um 03.39

Es ist bezeichnend, daß der 17. Juni, an dem das aufmüpfige Volk sich gegen die Tyrannei erhob, nicht länger Nationalfeiertag bleiben durfte, sondern statt dessen ein Tag der Administration, mit dem sich keine Emotionen verbinden, in diesen Rang erhoben wurde. Insofern gehört diese Bemerkung doch hierher, denn es ist Geist vom gleichen Geist. Alle Wohltaten kommen hierzulande von oben.
__________________
Th. Ickler


eingetragen von Reinhard Markner am 02.10.2003 um 12.24

»Wie verhält sich ein Tonträgerproduzent angesichts des wegbrechenden Marktes? Es gibt zwei gegenteilige Muster. Das eine vertrat kürzlich im Branchenmagazin «Musikmarkt online» der Managing Director von Universal Sales Deutschland, dem Vertriebsteil des Medienmultis Universal Music. Die «kundenindividuelle Repertoirebearbeitung» will er durch «hoch spezialisierte Sales Forces wie Breaker Force und Special Sales Classics & Jazz» verstärken; Hauptziele seines Kampfes an der Verkaufsfront sind für ihn «Artist Development / Breaking New Acts, die Akquisition neuer Trend-Outlets, das Forcieren von Impulskäufen sowie ein enger Kontakt zu den Opinion-Leadern und Trendsettern».« (NZZ, 2. 10. 2003)

Man beachte den feinen orthographischen Unterschied zwischen Opinion-Leadern und Trendsettern.


eingetragen von margel am 02.10.2003 um 10.55

Ein Teddybär-Händler schreibt auf seinen Lieferwagen:"Der Arctophillist."


eingetragen von margel am 01.10.2003 um 20.02

"It´s wieder Brunch-Time" (sagt "Big Ben" in Wiesmoor)


eingetragen von Christoph Kukulies am 29.09.2003 um 11.13

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Dominik Schumacher
Δ



Ungewohnt, aber im Netz möglich: Griechische Zeichen. Auf dem empfangenden Rechner muß der Symbolzeichensatz vorhanden sein.


Δ∇

&Delta;&nabla;


__________________
Christoph Kukulies


eingetragen von margel am 29.09.2003 um 08.12

Zum Abschluß dieses erbaulichen und lehrreichen Sonntags: Wie hatten einen Lehrer, erst strammer Nazi, dann frommer Christ (die Mutation war gar nicht so schwer, bei vielen DDR-Kommunisten funktionierte sie ja auch in Richtung Demokraten reibungslos), der uns jeden Morgen ein Gedichtchen oder auch Gebetchen vorsprach, während wir schweigend dabeistanden. Da kam auch etwas von diesem W. vor.- Der besagte Lehrer war übrigens auch derjenige, der uns strafend und stumm fixierte, wenn wir losen Buben wieder einmal über die bekannten Wörter grinsten. Rückblickend kann ich sagen, daß es der schmierigste, verlogenste Typ war, der mir in meiner Schulzeit untergekommen ist. Damals fühlten wir das nur instinktiv mit dem feinen Gespür der Jugend, ganz ohne große Welt- und Menschenkenntnis oder begriffliche Durchdringung.


eingetragen von Dominik Schumacher am 28.09.2003 um 22.20

Δ



Ungewohnt, aber im Netz möglich: Griechische Zeichen. Auf dem empfangenden Rechner muß der Symbolzeichensatz vorhanden sein.


eingetragen von Walter Lachenmann am 28.09.2003 um 21.29

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von margel
Nee, nee, er sagte etwa wörtlich: "Das ist nicht das Bermuda-Dreieck, obwohl hier auch schon mancher zuschanden geworden ist (verschollen ist)."

Da dieser schöne Tag in einen eher halt- und gottlosen (Höllenbibel!) Herrenabend auszuarten droht, möchte ich, auch zur Erbauung unserer frommen Damen, ein Gedicht, ja ein Gebet, zum Besten geben, das mir soeben in die Hände gefallen ist. Es mag ein höherer Fingerzeig gewesen sein, um dem schlüpfrigen Delta etwas wahrhaft Knackiges mit deutscher Strahlkraft entgegenzuhalten.


Hymnus auf die deutsche Sprache

O wie raunt, lebt, atmet in deinem Laut
der tiefe Gott, dein Herr ; unsre Seel,
die da ist das Schicksal der Welt,
Du des Erhabenen
starres Antlitz,
mildes Auge des Traumes,
eherne Schwertfaust !

Eine helle Mutter, eine dunkle Geliebte,
stärker, fruchtbarer, süßer als all deine Schwestern ;
bittern Kampfes, jeglichen Opfers wert :
Du gibst dem Herrn die Kraft des Befehls und Demut dem Sklaven,
Du gibst dem Dunklen Dunkles
und dem Licht das Licht.
Du nennst die Erde und den Himmel : deutsch !

Du unverbraucht wie dein Volk !
Du tief wie dein Volk !
Du schwer und spröd wie dein Volk !
Du wie dein Volk niemals beendet !

Im fernen Land
furchtbar allein,
das Dach nicht über dem Haupte
und unter den Füßen die Erde nicht :
Du einzig seine Heimat,
süße Heimat dem Sohn des Volks.

Du Zuflucht in das Herz hinab,
du über Gräbern Siegel des Kommenden, teures Gefäß
ewigen Leides !
Vaterland uns Einsamen, die es nicht kennt,
unzerstörbar Scholle dem Schollenlosen,
unsrer Nacktheit ein weiches Kleid,
unserem Blut eine letzte Lust,
unserer Angst eine tiefe Ruhe :

Sprache unser !
Die wir dich sprechen in Gnaden, dunkle Geliebte !
Die wir dich schweigen in Ehrfurcht, heilige Mutter !


Leider zittern mir vor Erschütterung so die Lippen, daß ich den Namen des Dichters nicht über dieselben bringe, zumal ich beim Abschreiben - der Scanner hat sich geweigert - dieses Tremendum nur ertragen konnte, indem ich jenem Trunk zusprach, den der Dichter, so kündet es sein Name, unablässig hebt bzw. gehoben hat.
__________________
Walter Lachenmann


eingetragen von margel am 28.09.2003 um 17.47

Nee, nee, er sagte etwa wörtlich: "Das ist nicht das Bermuda-Dreieck, obwohl hier auch schon mancher zuschanden geworden ist (verschollen ist)."


eingetragen von Walter Lachenmann am 28.09.2003 um 17.32

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von margel
Ein bedeutender Hochschul-Dermatologe brachte in einem Vortrag zu einem einschlägigen Foto mal den schönen (treffenden!) Namen "Bermuda-Dreieck".

Der hat vielleicht Bermuda mit Bikini verwechselt. Kann ja vorkommen.
__________________
Walter Lachenmann


eingetragen von margel am 28.09.2003 um 16.42

Ein bedeutender Hochschul-Dermatologe brachte in einem Vortrag zu einem einschlägigen Foto mal den schönen (treffenden!) Namen "Bermuda-Dreieck".


eingetragen von margel am 28.09.2003 um 16.38

Hallo, Herr Kukulies, entschuldigen Sie bitte meinen Mangel an emotional-erotisch-graphisch-genitaler Intelligenz. Ich wollte es gerade gemäß Ihrem Ratschlag mit Papier und Bleistift versuchen - da schaute mir eine meiner Damen über die Schulter und fand diesen regressiven Schleichweg doch etwas besorgniserregend. ("Ob der Alte jetzt endgültig zum dirty old man mutiert?") - Kennen Sie auch den Werbespruch zu "DEUKA-Legemehl"? Wie anspruchslos und harmlos waren wir doch damals, Folge der Zurückdrängung und Tabuisierung des ganzen Komplexes.


eingetragen von Theodor Ickler am 28.09.2003 um 15.55

Im Griechischen sieht der Buchstabe Delta (also das Dreieck) so aus und wurde daher auch symbolisch als weibliches Geschlechtsteil gedeutet ("to gynaikeion morion" erläutert irgend ein alter Autor, den ich aber nicht mehr finden kann). Vgl. "Delta der Venus" usw. Scheint auch als Gaunerzinken benutzt worden zu sein.
__________________
Th. Ickler


eingetragen von Christoph Kukulies am 28.09.2003 um 15.34

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von margel
Lieber Herr Kukulies, Ihre geheimnisvollen Buchstaben kann ich leider nicht deuten. Wir fanden damals z.B. "Sackpfeife" (Berg im Rothaargebirge) und "Sacktuch" (Taschentuch bei P.Rosegger) wahnsinnig komisch bzw. geil.

Meist hatte jemand die Buchstaben als große Lettern an die Innenseite der Tafel (untereinander) geschrieben, wobei der künstlerischen Ausgestaltung des W's damals besondere Aufmerksamkeit galt. Fällt der Groschen? Nehmen Sie zur Not einen Bleistift und ein Stück Papier.
__________________
Christoph Kukulies


eingetragen von margel am 28.09.2003 um 14.20

Lieber Herr Kukulies, Ihre geheimnisvollen Buchstaben kann ich leider nicht deuten. Wir fanden damals z.B. "Sackpfeife" (Berg im Rothaargebirge) und "Sacktuch" (Taschentuch bei P.Rosegger) wahnsinnig komisch bzw. geil.


eingetragen von Sigmar Salzburg am 28.09.2003 um 12.45

In meinem Duden finden sich etwa 7 Spalten Wörter mit Fo... – gegen 20 Spalten Wörter mit Vo...
__________________
Sigmar Salzburg


eingetragen von guest am 28.09.2003 um 12.19

Wenn die Substantivkomposita mit Folk früher zur Blütezeit des Genitivus Objektivus gebildet worden wären, würde sicher Folksschule, Folksmusik, Folkstanz usw. geschrieben werden.


eingetragen von guest am 28.09.2003 um 11.21

Eine Folksschule gibt es nicht. Die Folkschule (oder Folk-Schule) ist eine Schule für Folkmusik (oder Folk-Musik) und Folktanz (oder Folk-Tanz). Mit Folk- gibt es schon viele Begriffe. Bald wird es ein deutsches Wort.


eingetragen von Christoph Kukulies am 28.09.2003 um 11.03

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von margel
Vom Dreieck zum V ist es gar nicht so weit...

In der Volksschule (oder muß man jetzt Folksschule schreiben?) kicherten wir immer über W . Y. Kennen Sie das auch noch, margel?
__________________
Christoph Kukulies


eingetragen von margel am 28.09.2003 um 07.23

Vom Dreieck zum V ist es gar nicht so weit...


eingetragen von Theodor Ickler am 28.09.2003 um 05.46

Neulich fiel mir der Druckfehler auf, und die Suche bei Google ergibt rund 7000 Belege, wohl in Analogie zu dasselbe.

Vielleicht schon einmal erwähnt: Der ehemalige Dudenmitarbeiter Dr. W. Müller hat vor Jahren in einem Aufsatz darauf hingewiesen, daß manche unanständigen Wörter ständig falsch geschrieben werden. Ich erinnere mich, in Unterführungen und öffentlichen Klos Votze gelesen zu haben, bevor ich wußte, was das Wort überhaupt bedeutet. Dudengerecht ist die Schreibweise Fotze. Die Stelle von Klowänden und Unterführungen hat heute das Internet eingenommen, wo die Leute ihre Bedrängnis loswerden bzw. ihre Geschäfte machen. Und nun schauen Sie mal mit Google nach, wie oft immer noch Votze geschrieben wird, nämlich genau wie im Mittelalter (vut, in derselben Bedeutung wie heute), aber sicher nicht in Kenntnis dieser Herkunft. Aber wie kommen die Leute bloß auf V? Ich kann es nicht erklären.
__________________
Th. Ickler


eingetragen von guest am 27.09.2003 um 15.08

Schade, ich hielt es für ein Zeitungsbeispiel unfreiwilligen sprachlichen Humors. Natürlich kann man geteilter Meinung sein, ob es einer ist. Am besten kündige ich einen solchen Versuch vorher an.


eingetragen von Christian Melsa am 27.09.2003 um 11.40

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Walter Lachenmann
Ähnlich hat auch die »Schriftleitung« der »Deutschen Sprachwelt« reagiert, wenn man sich zu Zeiten, als sie noch ein Internetdiskussionsforum betrieb, über drastische rechtsradikale Beiträge und Links auf rechtsradikale Internetseiten beschwerte. Schließlich wurde deutlich, daß es sich nicht um den Wunsch, sich mit diesen Positionen kritisch auseinanderzusetzen handelte (kritische Beiträge wurden umgehend gelöscht), sondern um geistige Nähe, sofern man hier von geistig sprechen kann.

Diesem Verdacht setzt sich jeder aus, der sich als Vermittler für solcherlei im Grunde völlig indiskutables Gedankengut zur Verfügung stellt, zumal wenn über die politische Position ihrer Urheber keinerlei Zweifel bestehen kann. Es ist bedauerlich, daß die Freunde im VRS trotz reichlich vorhandener Erfahrungen sich immer wieder in den Dunstkreis dieser vermeintlichen Verbündeten ziehen lassen und sich damit selbst in ihren Wirkungsmöglichkeiten einschränken.

Daß im VRS nicht nur Christian Melsa mit dieser Gesinnungswelt nicht das Geringste am Hut hat, steht außer Frage, umso unverständlicher ist diese merkwürdige Waffenbrüderschaft.


Aus Sicht mancher Leute setzt man sich bereits dadurch dem Verdacht der geistigen Nähe zu rechtsradikalen Positionen aus, daß man nur gegen die Rechtschreibreform ist. Das beruht einfach auf Unkenntnis. Aber schuldig ist man ja noch nicht bei Verdacht.

Man kann doch auch nur wegen eines simplen Links noch nicht von einer "Waffenbrüderschaft" sprechen. Der "Tag der deutschen Sprache" selbst beispielsweise beruht auf einer Initiative des VDS, dessen offizielle Ausrichtung in einigen Punkten eindeutig von der des VRS abweicht. Man kann auch nicht davon ausgehen, daß der VRS wegen des Hinweises auf diese Gedenktagaktion nun eine Waffenbrüderschaft mit dem VDS eingegangen wäre.

Sowohl der VDS als auch die Deutsche Sprachwelt sind nun einmal eine nicht ganz unbedeutende Institutionen, die man nicht einfach ignorieren sollte. Die von ihnen behandelten Themen sind meistens solche, die natürlich auch den VRS als Sprachpflegeverein betreffen. Ich meine, man sollte schon zur Kenntnis nehmen, mit welchen Forderungen sich die DSW zum Tag der deutschen Sprache an die Öffentlichkeit begibt. Auf dieser Grundlage kann dann auch jeder einzelne bestimmen, was er von der DSW zu halten hat, ob gewisse politische Zuordnungen von diesen Äußerungen bestätigt werden oder nicht.


eingetragen von margel am 27.09.2003 um 10.30

Also: Ich finde hier "durch" nicht doppeldeutig oder mißverständlich. Aufmärsche gehen ja auch nicht durch irgendetwas, sondern finden auf einem Platz usw. statt. Vor gewolltem Mißverstehen solten wir uns gerade auf diesen Seiten hüten, weil wir sonst leicht als "Tüpflischysser" dastehen.


eingetragen von guest am 27.09.2003 um 09.25

Gefunden in der Süddeutschen Zeitung v. 27.9.03, Bayern, "Rechtsradikale sagen Demonstration ab":
"Die NPD als Organisator verzichtete nach dem Verbot der Aufmärsche durch das Landratsamt Rosenheim auf Widerspruch vor dem Verwaltungsgericht."
Also wenn ich Landrat wäre, würde ich auch Aufmärsche durch das Landratsamt verbieten. Denn wer putzt hinterher das Landratsamt?


eingetragen von guest am 27.09.2003 um 09.18

Kann man etwas dagegen tun, daß die Frakturschrift von den Rechtsradikalen als ihr Markenzeichen benutzt wird? Kann man verhindern, daß zu "Rechtsradikale benutzen die Frakturschrift" der unzulässige Umkehrschluß gezogen wird "Frakturschriftanhänger sind möglicherweise rechtsradikal"?


eingetragen von Walter Lachenmann am 27.09.2003 um 08.14

Ähnlich hat auch die »Schriftleitung« der »Deutschen Sprachwelt« reagiert, wenn man sich zu Zeiten, als sie noch ein Internetdiskussionsforum betrieb, über drastische rechtsradikale Beiträge und Links auf rechtsradikale Internetseiten beschwerte. Schließlich wurde deutlich, daß es sich nicht um den Wunsch, sich mit diesen Positionen kritisch auseinanderzusetzen handelte (kritische Beiträge wurden umgehend gelöscht), sondern um geistige Nähe, sofern man hier von geistig sprechen kann.

Diesem Verdacht setzt sich jeder aus, der sich als Vermittler für solcherlei im Grunde völlig indiskutables Gedankengut zur Verfügung stellt, zumal wenn über die politische Position ihrer Urheber keinerlei Zweifel bestehen kann. Es ist bedauerlich, daß die Freunde im VRS trotz reichlich vorhandener Erfahrungen sich immer wieder in den Dunstkreis dieser vermeintlichen Verbündeten ziehen lassen und sich damit selbst in ihren Wirkungsmöglichkeiten einschränken.

Daß im VRS nicht nur Christian Melsa mit dieser Gesinnungswelt nicht das Geringste am Hut hat, steht außer Frage, umso unverständlicher ist diese merkwürdige Waffenbrüderschaft.
__________________
Walter Lachenmann


eingetragen von Christian Melsa am 26.09.2003 um 20.36

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Walter Lachenmann
Zu solcher Erkenntnis und Konsequenz sind leider manche Reformgegner immer noch nicht imstande, obgleich eigentlich nicht allzuviel Scharfsinn dazu gehört. So bringt es der ansonsten unverdächtige VRS fertig, einen Link auf seine Einstiegsseite zu placieren, über den man dann den ganzen unsympathischen und kindischen Humbug, in der revidierten Form, antrifft. Damit wird dem Anliegen der seriösen und sachbezogenen Reformkritik natürlich enorm geschadet, und es ist kaum zu fassen, daß die Verantwortlichen das offenbar immer noch nicht kapiert haben.

Im Impressum der VRS-Seite steht unten der übliche Spruch: "Der VRS e.V. ist nicht verantwortlich für die Inhalte externer Internetseiten!" (http://www.vrs-ev.de/kontakt.php)

Daß auf der Startseite ein Link auf die zehn Forderungen steht, bedeutet ja noch lange nicht, daß es sich dabei um VRS-Positionen handelt. Die Forderungsliste ist aber eine gute Diskussionsgrundlage, nämlich insofern, als daß sich daran auch begründete Ablehnungen einzelner Punkte kristallisieren können. Es handelt sich um Themen, bei denen es wichtig ist, daß sie erörtert und geklärt werden. Wenn dabei bräunliche Positionen argumentativ widerlegt werden, um so besser.


eingetragen von Walter Lachenmann am 26.09.2003 um 17.34

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Theodor Ickler
Der Text ist rasch geändert worden (Auskunft von Herrn Paulwitz per E-Mail; zugleich fragt er mich: "Was haben Sie gegen eine bessere Integration von Ausländern?!? Sind Sie für die Überalterung der Gesellschaft?!?" Diese scheinheilige Rhetorik erledigt sich wohl von selbst). Ich bleibe bei meinem Urteil und bei meiner Distanzierung. Da ich selbst lange Zeit Familienpolitik getrieben habe, sind mir die Probleme der Überalterung und des Geburtendefizits vertraut. Es geht um die Begründungen! Mein Verhältnis zur "Deutschen Sprachwelt" und den dahinterstehenden Kreisen ist seit langem gespannt, und ich hatte auch schon konkreten Anlaß, auf Distanz zu gehen. Die "Sprachwelt" versteht es wie die geistesverwandte "Junge Freiheit", hart am Rande des offenkundigen Rechtsradikalismus entlangzuhangeln. Ich lehne jetzt endgültig alle weiteren Kontakte ab.

Zu solcher Erkenntnis und Konsequenz sind leider manche Reformgegner immer noch nicht imstande, obgleich eigentlich nicht allzuviel Scharfsinn dazu gehört. So bringt es der ansonsten unverdächtige VRS fertig, einen Link auf seine Einstiegsseite zu placieren, über den man dann den ganzen unsympathischen und kindischen Humbug, in der revidierten Form, antrifft. Damit wird dem Anliegen der seriösen und sachbezogenen Reformkritik natürlich enorm geschadet, und es ist kaum zu fassen, daß die Verantwortlichen das offenbar immer noch nicht kapiert haben.
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Walter Lachenmann


eingetragen von margel am 26.09.2003 um 16.14

"Buddenbrooks" - natürlich


eingetragen von margel am 26.09.2003 um 16.09

"Die Geschichte vom Verfall einer Hamburger Kaufmannsfamilie". (Aus einem Werbeprospekt der Versandbuchhandlung "Akzente". - Aber sie schreiben alte Rechtschreibung)


eingetragen von guest am 26.09.2003 um 07.12

Das halte ich für einen Anglizismus: To apprend, to fear someone. Das Englische unterwandert das Deutsche ja nicht nur mit Vokabeln, sondern auch mit Satzbau und Ausdrucksformen. Auch das sind Anglizismen. Z.B. sind im Englischen auch viele einfache Verben (Simplizita) transitiv, d.h. akkusativobjektverlangend, die das im Deutschen erst durch ein Präfix werden. Das färbt ab.


eingetragen von margel am 25.09.2003 um 20.43

Aus der Ostfriesen-Zeitung: "Das Ende der Sprachlosigkeit - es hat bereits viel zu lange gedauert:" (Zu Bush/Schröder)/ "Der starke Anstieg besorgt die Krankenkassen." (Zu Ausfällen wegen Stress und Mobbing)


eingetragen von Norbert Lindenthal am 25.09.2003 um 18.29

http://www.netzeitung.de/ausland/255958.html

Der Verdacht gründet sich Medienberichten zufolge auf die Baseballkappe und das Jagdmesser, die der Täter am Tatort zurückgelassen hatte. Daran sollen sich DNS-Spuren befunden haben, die identisch mit der des Täters sind.

stabilisiert den Kreislauf.
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Norbert Lindenthal


eingetragen von guest am 25.09.2003 um 18.01

Irgendwann in nächster Zeit wird das Partizip Präsens Aktiv mit den anerkannten Berufsbezeichnungen in Konflikt geraten, und die Betroffenen werden sich das nicht gefallen lassen, z.B. als gelernter Maler jetzt als Malender bezeichnet zu werden.


eingetragen von Christoph Kukulies am 25.09.2003 um 14.48

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von guest
Hat schon jemand darüber nachgedacht, warum Hauptaggregate wie Motor, Vergaser, Computer, Prozessor männlich und Hilfsaggregate wie Pumpe, Getriebe, Turbine, Platine weiblich sind? Laut Mark Twain sind das alles Sachen und sollten daher sächlich sein. In der Technik gibt es noch viel zu tun für die Gleichberechtigung der Teile. Wenn eine kleine Schraube reißt, bleibt der große Motor stehen. Dann haben wir den Salat.

Snoopy


Darüber brauche ich eigentlich nicht nachzudenken. Snoopy, Du mußt Dich freimachen von der Vorstellung, das biologische Geschlecht sei gleichbedeutend dem grammatikalischen Geschlecht. Ein Mangel an Abstraktionsvermögen, den leider allzuviele Politiker heutzutage aufweisen. Wir lesen hier gerade in diesen Tagen wieder von den unsäglichen Studierenden oder Kandidierenden.

Ich glaube auch, Du geheimnißt da etwas zuviel hinein, was Hilfsaggregate betrifft - Das Getriebe ist übrigens nicht weiblich. Endungen auf -er, -or sind nun mal männlich (kommt z.T. aus dem Lateinischen).

Und wenn der Kolben frißt, der Bolzen bricht, der Anlasser
streikt, also, da fallen mir noch eine Menge männlicher Aggregate mit subalterner Funktion ein.



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Christoph Kukulies


eingetragen von guest am 25.09.2003 um 11.19

Hat schon jemand darüber nachgedacht, warum Hauptaggregate wie Motor, Vergaser, Computer, Prozessor männlich und Hilfsaggregate wie Pumpe, Getriebe, Turbine, Platine weiblich sind? Laut Mark Twain sind das alles Sachen und sollten daher sächlich sein. In der Technik gibt es noch viel zu tun für die Gleichberechtigung der Teile. Wenn eine kleine Schraube reißt, bleibt der große Motor stehen. Dann haben wir den Salat.

Snoopy


eingetragen von Elke Philburn am 25.09.2003 um 10.10

Leserbrief von Günter Schmickler im Bonner General-Anzeiger:

Sehr geehrte Damen und Herren,

aus der heutigen Ausgabe des General-Anzeigers erfahre ich – rein zufällig und beiläufig -, daß es an der Bonner „Uni“ (das vollständige Wort „Universität“ scheint allmählich aus der Mode zu kommen) eine „Studierendenschaft“ gibt. Nun bedarf es keines ausgeprägten kriminalistischen Spürsinns, die „UrheberInnen“ dieser erstaunlichen Sprachschöpfung ausfindig zu machen:[...]


Reaktionen auf den Leserbrief sind hier nachlesbar.
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http://www.vrs-ev.de/


eingetragen von Reinhard Markner am 24.09.2003 um 19.23

Zitat:
Wer oder was, bitte, ist eigentlich ein „Blogger“?
Jmd., der ein Blog führt, kurz f. Weblog, d. h. ein Internet-Tagebuch.


eingetragen von Theodor Ickler am 24.09.2003 um 15.54

Seit die gedruckte Fassung der Deutschen Sprachwelt vorliegt, kann man Art und Umfang der Änderung jener 7. Forderung nachprüfen. Dort heiß es nämlich:

Kurzfassung:
7. Die Familie muß gefördert und die Geburtenrate erhöht werden, um die deutsche Sprache zu stärken.
Langfassung:
7. Die Familie muß gefördert und die Geburtenrate erhöht werden, um die Strahlkraft der deutschen Sprache und die Integrationsfähigkeit zu stärken. Das wirkt sich besonders im internationalen Vergleich und an den Schulen aus, an denen am wirkungsvollsten integriert werden kann.

Im Internet wurde daraus, nachdem diese Formulierung Befremden erregt hatte, folgendes:
Kurzfassung:
7. Die Familie muß gefördert werden, um die deutsche Sprache zu stärken.
Langfassung:
7. Die Familie muß gefördert werden, damit Eltern mehr Zeit für die (Sprach-)Erziehung ihrer Kinder haben. Kinder sollen in einem gesicherten sozialen Umfeld aufwachsen. So wird nachgewiesenermaßen (Pisa) die Lesefähigkeit gestärkt.

Es ist also die bevölkerungspolitische Forderung gestrichen und eine völlig andere Begründung für die Stärkung der Familie nachgeschoben worden.


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Th. Ickler


eingetragen von J.-M. Wagner am 24.09.2003 um 15.53

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von J.-M. Wagner
Der letzte Satz lautet:
Tihs is bcuseae we do not raed ervey lteter by it slef but the wrod as a wlohe.
Wurde hier "itself" fälschlicherweise getrennt?
Das ist nicht der einzige Fehler; dies und anderes durchaus Informatives unter
http://www.heise.de/tp/deutsch/special/auf/15701/1.html

(Wer oder was, bitte, ist eigentlich ein „Blogger“?)
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Jan-Martin Wagner


eingetragen von Wolfgang Scheuermann am 24.09.2003 um 07.58

Nachdem die Zusammenhänge um die Verbuchselung von Wegstaben ein wenig durchleuchtet "scheinen", hier noch another little bit of intriguing linguistic trivia:

Aus Untersuchungen von Moshe Koppel, Bar-Ilan Universität in Israel, und Shlomo Argamon, Illinois Institute of Technology, hat sich ein Algorithmus ergeben, der aus (englischen) Texten mit einer Treffsicherheit von 80% das Geschlecht des Autors "errät".

Man kann das selbst ausprobieren; eine entsprechende Oberfläche steht im Internet, als "The Gender Genie":

http://www.bookblog.net/gender/genie.html

Ohne irgendeine Ahnung zu haben, worauf der Algorithmus beruht, habe ich einen m.E. völlig geschlechtsneutralen Text eingetippt (Ergebnis: eindeutig männlich) und dann etwas, was ich für sehr weiblich hielt (und das kam dann immerhin auch heraus).

Der Algorithmus beruht auf so simplen Prinzipien, daß man ihn bestimmt auch relativ einfach auf die deutsche Sprache übertragen können müßte.

Schon verblüffend.
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Dr. Wolfgang Scheuermann


eingetragen von Christoph Kukulies am 24.09.2003 um 06.41

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Wolfgang Scheuermann
... auch ich empfand die englischen Beispiele als leichter erkennbar. Schon mein "Rrenichtuschbeg" weist kaum auf "Rechtschreibung" hin, finde ich. Allerdings habe ich auch keinen Zufallsgenerator angeworfen - Rrenichtuschbeg ist so konstruiert, daß sch und ch sowie eine gewisse Silbenstruktur erhalten geblieben sind. Eine zufälligere Form wäre z.B. Rsccrebthinehbg - auch da erkenne ich Rechtschreibung nicht leichter. "Du sischbret Dniee Astzäufe in grollvaneuer Rentierschuhbcg." Wenn ich mich nicht vertan habe - das kann sehr leicht sein - ist das jetzt im Zusammenhang einfacher?




Alleinstehende Wörter sind ohnehin schwerer zu erkennen. Der Kontext macht es. Hemmend wirkt hingegen, wenn durch die Permutation neue, bekannte Wörter entstehen (Rentier,Schuh).


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Christoph Kukulies


eingetragen von Stephan Fleischhauer am 23.09.2003 um 19.20

"itslef" shceitn mri uach nchit bseser slebar.


eingetragen von Wolfgang Scheuermann am 23.09.2003 um 15.26

... auch ich empfand die englischen Beispiele als leichter erkennbar. Schon mein "Rrenichtuschbeg" weist kaum auf "Rechtschreibung" hin, finde ich. Allerdings habe ich auch keinen Zufallsgenerator angeworfen - Rrenichtuschbeg ist so konstruiert, daß sch und ch sowie eine gewisse Silbenstruktur erhalten geblieben sind. Eine zufälligere Form wäre z.B. Rsccrebthinehbg - auch da erkenne ich Rechtschreibung nicht leichter. "Du sischbret Dniee Astzäufe in grollvaneuer Rentierschuhbcg." Wenn ich mich nicht vertan habe - das kann sehr leicht sein - ist das jetzt im Zusammenhang einfacher?


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Dr. Wolfgang Scheuermann


eingetragen von J.-M. Wagner am 23.09.2003 um 14.13

http://www.snopes.com/language/apocryph/cambridge.asp
http://klartext.spd.de/read_v2.php?f=28&i=2226&t=2226

Kann es sein, daß es einfacher ist, solche Schüttelwörter in einem englischen Text zu lesen als in einem deutschen? Ich denke dabei an zusammengesetzte Substantive, die ja recht lang werden können. Wenn darin Buchstaben über die Zusammensetzungsfugen hinweg umgestellt werden, dürften diese Wörter deutlich schwerer wiederzuerkennen sein.

Außerdem kann man sich fragen, wie sich rechtschreibliche Änderungen wie Ersetzungen der Art e --> ä oder ß --> ss auswirken (insbesondere, wenn im letzteren Fall die beiden s voneinander getrennt werden). Hierbei dürfte das jeweils gewohnte Wortbild entscheidend sein (daß man z. B. ein ß nicht vermißt bzw. sich nicht über das ä wundert).

Was aber passiert bei den durch die Reform getrennt geschriebenen Wörtern? Zum einen begrenzt das die Möglichkeit, die Buchstaben durcheinandergeraten zu lassen (wie bei englischen Texten), zum anderen bleibt die ggfs. damit verbundene Sinnent- bzw. verstellung erhalten. Letzteres wirkt sich auf jeden Fall weiterhin störend aus – ist nicht schon in dem englischen Text ein derartiger Fehler enthalten? Der letzte Satz lautet:

Tihs is bcuseae we do not raed ervey lteter by it slef but the wrod as a wlohe.
Wurde hier "itself" fälschlicherweise getrennt? Das ist die einzige Stelle, bei der ich den Text nicht quasi-flüssig lesen konnte.

Das alles ist aber sehr spekulativ, und deshalb habe ich es unter dem hiesigen Leitthema eingetragen.
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Jan-Martin Wagner


eingetragen von Theodor Ickler am 22.09.2003 um 13.37

Der DAAD hat ein neues Programm aufgelegt, um deutsche (!) Studenten für einen Forschungsaufenthalt in Osteuropa zu gewinnen. Wie heißt dieses Programm folglich? "Go East" ...
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Th. Ickler


eingetragen von Heinz Erich Stiene am 22.09.2003 um 09.09

Vorige Woche haben die Schweden dem Euro eine Abfuhr erteilt, gestern haben die Wähler in Bayern die CSU bestätigt. Triumphal, wie es heißt. Nach schleswig-holsteinischer Arithmetik kann daraus nur folgern, daß in Schweden jetzt der Euro eingeführt wird und in Bayern die CSU der SPD die Regierung überläßt. Oder habe ich da etwas ganz falsch verstanden?
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Heinz Erich Stiene


eingetragen von Theodor Ickler am 22.09.2003 um 03.54

"eine Frau von blendender, medusenhafter Schönheit" (Volker Weidermann in FAZ Sonntagszeitung 14.9.03)

Klingt schön und gebildet, aber weiß W. auch, wovon er spricht? Hat er vielleicht die Meduse mit der Melusine verwechselt? In neuerer biologischer Terminologie versteht man darunter allerdings Quallen, und die sind ja auch oft recht schön.
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Th. Ickler


eingetragen von geist am 21.09.2003 um 18.04

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von guest
… Erleichterung … des Schreibens und Lesens …

• • • – – – • • •

Hier stimmen Klang, Licht, Tipp und Krickel gut überein. Läßt sich neben der Schule lernen. Manchmal rettet es Leben. Nur SAVE OUR SOULS müßte noch in die verschiedenen Sprachen übersetzt werden. Das klingt dann etwas antiquiert. Rettet unsere Seelen. Weiß noch jemand, was eine Seele ist? Und dann gleich mehrere. Rettet unsere Sprachen. Kommt mit solch einem Notruf heute einer ins Schwitzen? Irgendwie leuchtet mir ein, daß man vor 150 Jahren zu Sprachen eine bessere Nähe hatte. Warum nicht bald wieder?
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bissenspassmussseijn


eingetragen von guest am 21.09.2003 um 14.23

Obwohl es mit der Rechtschreibreform nichts zu tun hat: Wenn man wirklich etwas zur Erleichterung und Förderung des Schreibens und Lesens tun will, muß man solche Schriftarten auswählen, bei denen sich Schreib- und Druckschrift nur durch ein paar Schleifen und die Anbindestriche unterscheiden. Mir gefallen die der Schreibschrift ähnlichsten Druckschriften am besten. Vielleicht liegt das an der langen Prägung durch die Maschinenbau-Normschrift.
Bei der Fraktur- und Sütterlinschrift war das weniger der Fall.
Das abschreckendste Gegenbeispiel ist das kyrillische Alphabet, bei dem man für Druck- und Schreibschrift völlig verschiedene Buchstaben lernen muß, die zum Teil keinerlei Ähnlichkeit haben, was den doppelten Aufwand beim Lesen- und Schreibenlernen erfordert.


eingetragen von Reinhard Markner am 21.09.2003 um 08.05

Stimmt, rechts unten, hatte ich übersehen. Schade, daß nicht auch noch dasteht: »died 1990, Amsterdam, Belgium«.


eingetragen von Christian Dörner am 20.09.2003 um 20.22

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Reinhard Markner
Norbert Elias ist 1897 in Breslau geboren (und offenbar noch nicht verstorben). Das liegt in der »Czech. Rep.« So meint man jedenfalls beim Goethe-Institut Australien.

http://www.goethe.de/an/syd/herlinde/pages/gallery/gallery5.htm


Es steht jedoch da, daß er 1990 verstorben ist.
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Christian Dörner


eingetragen von Reinhard Markner am 20.09.2003 um 19.31

Norbert Elias ist 1897 in Breslau geboren (und offenbar noch nicht verstorben). Das liegt in der »Czech. Rep.« So meint man jedenfalls beim Goethe-Institut Australien.

http://www.goethe.de/an/syd/herlinde/pages/gallery/gallery5.htm


eingetragen von Theodor Ickler am 13.09.2003 um 14.31

Kürzlich zeichnete der Verein Deutsche Sprache die KMK als Sprachpanscher aus. Die Begründungen waren teils richtig (Rechtschreibreform), teils falsch (Frühbeginn des Englischunterrichts). Dabei weiß doch jeder, daß ein frühes und gründliches Erlernen des Englischen am ehesten immun macht gegen anglisierende Imponierbrocken.
Wenn man dem Englischunterricht etwas vorwerfen kann, dann ist es, daß er hierzulande viel zu lange dauert. Neun Jahre und bei Frühbeginn noch länger - das geht einfach nicht! Fremdsprachen muß man schnell lernen und dann gebrauchen. In der Schule geht das nur, wenn man den Sachunterricht teilweise in der Fremdsprache veranstaltet. Der Geschichtsunterricht bietet sich an, weil er wenig Fachsprache hat, sondern sich weitgehend der allgemeinen Bildungssprache bedient, die man später noch sehr oft brauchen wird. Ich könnte mir vorstellen, daß dann in der Mittelstufe zum Beispiel Bücher von Gordon Craig im Original gelesen werden; "The Germans" bietet viel anregenden Stoff.
Meine Töchter haben früh Englisch gelernt und besuchen den bilingualen Zweig des Gymnasiums; eine gute Sache, und ihr Deutsch läßt auch nichts zu wünschen übrig.
Übrigens bestehe ich auf meinem Recht der freien Sprachenwahl bei Veröffentlichungen. Und wenn ich in Kürze einen Beitrag auf englisch veröffentliche, an dem ich gerade arbeite, dann werde ich ihn weder auch noch auf deutsch veröffentlichen, noch wüßte ich, wo und wie das geschehen könnte. So leicht ist es nämlich gar nicht, ein Organ zu finden, das Aufsätze (zumal wenn sie anderswo schon erschienen sind) abdruckt. Das scheinen sich die Deutschtümler noch nicht recht überlegt zu haben.
Das sprachenpolitische Hauptproblem besteht heute in der Anerkennung der Minderheitensprachen, nicht in der Durchsetzung der Mehrheitssprache. Letzteres ist ein Erbe der recht spät aufgekommenen Nationalstaaten, nicht immer zum Segen der Völker.
Die wirklichen Probleme werden in dem von H. Kelz herausgegebenen Sammelband, den ich vor ein paar Tagen vorgestellt habe, umsichtig diskutiert.
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Th. Ickler


eingetragen von Detlef Lindenthal am 13.09.2003 um 13.12

Aha, so klärt sich das auf.

In diesem Zusammenhang : Ich finde Kinder niedlich; und das insbesondere dann, wenn sie ordentlich sprechen und denken können und später diese Welt pfleglich behandeln.
Und dafür treiben wir doch schließlich diesen ganzen Aufwand mit Sprachpflege, Schulausbildung, Umweltschutz, gesellschaftlicher Weiterentwicklung?


eingetragen von Theodor Ickler am 13.09.2003 um 12.56

Der Text ist rasch geändert worden (Auskunft von Herrn Paulwitz per E-Mail; zugleich fragt er mich: "Was haben Sie gegen eine bessere Integration von Ausländern?!? Sind Sie für die Überalterung der Gesellschaft?!?" Diese scheinheilige Rhetorik erledigt sich wohl von selbst). Ich bleibe bei meinem Urteil und bei meiner Distanzierung. Da ich selbst lange Zeit Familienpolitik getrieben habe, sind mir die Probleme der Überalterung und des Geburtendefizits vertraut. Es geht um die Begründungen! Mein Verhältnis zur "Deutschen Sprachwelt" und den dahinterstehenden Kreisen ist seit langem gespannt, und ich hatte auch schon konkreten Anlaß, auf Distanz zu gehen. Die "Sprachwelt" versteht es wie die geistesverwandte "Junge Freiheit", hart am Rande des offenkundigen Rechtsradikalismus entlangzuhangeln. Ich lehne jetzt endgültig alle weiteren Kontakte ab.
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Th. Ickler


eingetragen von Detlef Lindenthal am 13.09.2003 um 12.04

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Theodor Ickler
Der Gipfel ist die Forderung, die Deutschen sollten wieder mehr Kinder bekommen, damit die deutsche Sprache sich weiter verbreitet.
Sonderbar: Diese Stelle kann ich in der Sprachwelt gar nicht finden; entweder hat Herr Paulwitz die Nr. 7 seiner Forderungen
(7. Die Familie muß gefördert werden, damit Eltern mehr Zeit für die (Sprach-)Erziehung ihrer Kinder haben. Kinder sollen in einem gesicherten sozialen Umfeld aufwachsen. So wird nachgewiesenermaßen (Pisa) die Lesefähigkeit gestärkt.)
rasch geändert, oder ich habe Tomaten auf den Augen, oder hier wurde, vor vermeinter “political correctness” voraufeilend heftig zusammenzuckend, dort das zu lesen vermeint, was man sich vorstellte, was Herr Paulwitz erwartungsgemäß gemeint haben müßte.

Selbst habe ich 3 Söhne großgezogen und ihnen (unter anderem durch zweckdienliches Nachfragen) mit einigem Erfolg beigebracht, wie sie sich verständlich und geistreich ausdrücken können (siehe auch ihre Seiten Gedichte.com, Schule-im-Netz.de und Netzzeitung.de); denn ich mag es gerne, wenn Sprache die Umwelt bereichert und erfreut und wenn ich nicht mit Doofdeutsch zugemüllt werde.

Die genannte Forderung von Herrn Paulwitz finde ich voll in Ordnung; daß eine Verbindung zu anderen Politikfeldern (man denke an die aussichtslose Renten-Debatte in Verbindung zur Familien-Frage) manche aufschreckt, konnte zu erwarten gewesen sein.
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Detlef Lindenthal


eingetragen von Reinhard Markner am 13.09.2003 um 09.04

»Jede wissenschaftliche Veröffentlichung muß auch in deutscher Sprache erfolgen.« Sehr gnädig, dieses auch; es ändert allerdings nichts daran, daß man durch »sprachpolitische Forderungen« weder Autorenrechte noch Wissenschaftsfreiheit aushebeln kann.


eingetragen von Wolfgang Wrase am 13.09.2003 um 07.09

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Theodor Ickler
... Der Gipfel ist die Forderung, die Deutschen sollten wieder mehr Kinder bekommen, damit die deutsche Sprache sich weiter verbreitet ...

Nummer 10 lautet: "Ein neuer Deutscher Sprachrat, zusammengesetzt aus unabhängigen Sachverständigen, ausgewiesenen Kennern und bewanderten Sprachanwendern, betreut die Erfüllung dieser Forderungen." Dieser neue Sprachrat soll also die Förderung der Geburtenrate betreuen. Was ist denn das für ein ausgewiesener Kenner, der mich dabei betreut, wenn ich die Geburtenrate erhöhe? Was macht er mit mir, wenn ich es nicht tue? Ich glaube, da passiert gar nichts.

Es wäre auch zu überlegen, was zu tun ist, wenn die zugunsten der deutschen Sprache gezeugten Kids heranwachsen und aus ihren Peer Groups den neuesten Slang aufsaugen und verbreiten. Vielleicht kann der Deutsche Sprachrat die deutsche Sprache besser schützen, wenn er die Geburtenrate herunterfährt?


eingetragen von Theodor Ickler am 13.09.2003 um 06.08

In der Deutschen Sprachwelt erscheinen demnächst zehn sprachpolitische Forderungen, die zum Teil einen nationalistischen Geist bzw. Ungeist erkennen lassen - um es einmal zurückhaltend auszudrücken. Der Gipfel ist die Forderung, die Deutschen sollten wieder mehr Kinder bekommen, damit die deutsche Sprache sich weiter verbreitet. Auch weitere Forderungen sind so, daß ich mit diesen Leuten nichts zu tun haben möchte. Mein alter Verdacht gegen dieses Blatt hat sich leider bestätigt, und ich werde gewiß keine Zeile mehr dort veröffentlichen.
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Th. Ickler


eingetragen von Theodor Ickler am 10.09.2003 um 06.18

Zur Entlastung der Nachrichtenseite, wo man die Nachrichten in letzter Zeit unter all den Kommentaren kaum noch findet (sehr schlecht für Gelegenheits-Besucher, die ich sonst gern auf diese Seiten verweise!), möchte ich hier folgendes bemerken:
Die echten reflexiven Verben haben ein Pronomen bei sich, das offensichtlich nichts bedeutet und nicht gegen "andere" Objekte ausgetauscht werden kann. Es ist auch nicht sinnvoll, die reflexive Konstruktion als solche semantisch zu interpretieren: "sich freuen" ist doch keine Handlung, die der Täter an sich selbst vornimmt, etwa nach dem Muster "sich (selbst) befriedigen".
Was die "trennbaren Verben" betrifft, so ist mir die Herkunft des Begriffs nicht bekannt, aber Erich Drach bekämpft sie schon unter diesem Namen als "fürchterliche Gespenster" (ganz meine Meinung!) bereits in den "Grundgedanken der deutschen Satzlehre" (3. Aufl. 1940).
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Th. Ickler


eingetragen von RenateMariaMenges am 08.09.2003 um 16.20

muss man hier auch lauthals lachen! Immerhin etwas!
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RenateMariaMenges


eingetragen von margel am 08.09.2003 um 16.15

Die Schönheit des Bindestrichs gleicht der Schönheit des künstlichen Hüftgelenks. (Sieht wirklich sehr ästhetisch und fotogen aus!) Margel ist dann aber die 93 km doch lieber auf seinen eigenen Hölzern gelaufen. - Außer einem Holzhändler namens F.Kohle ist ihm sprachlich nichts weiter aufgefallen bei den Wäldlern...


eingetragen von margel am 23.08.2003 um 17.19

Von einer Fehntour (für die Nordlichter): "Swienetönnes" bzw. "Pingelanton" - ???


eingetragen von Mädchenfüralles am 12.08.2003 um 12.05

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von margel
… die schönen Haare

Befehl + R
Groß/Befehl + R


eingetragen von margel am 11.08.2003 um 16.43

Bisher habe ich mich immer schnell weitergeklickt. So sah ich vom Gerhard immer nur die Denkerstirn und die schönen Haare. (Das einzige, worum ich ihn beneide, die Haare, meine ich). Nun wollte ich mal höflich sein und das komplette Konterfei genießen - da blieb ich stecken! Liegt´s an meiner altertümlichen Ausstattung oder an persönlichem Unvermögen? Schnelle Hilfe erbeten.


eingetragen von Sigmar Salzburg am 07.08.2003 um 13.59

Ich habe allezeit dafür gehalten und bin noch nicht davon zu bringen, daß das Deutsche Reich wohlgeordnet und es in unserer Macht ist, glückselig zu sein. Die Majestät unseres Kaisers und der deutschen Nation Hoheit wird von allen Völkern noch anerkannt; bei Konzilien, bei Versammlungen wird ihm und seinen Botschaften der Vorzug nicht bestritten. Er ist das weltliche Haupt der Christenheit und der allgemeinen Kirche Vorsteher. So groß nun des Kaisers Majestät, so gelind und süß ist seine Regierung. Die Sanftmut ist dem Haus Österreich angeerbt und Leopold hat auch die Ungläubigsten und Argwöhnischsten anzuerkennen gezwungen, daß er’s mit dem Vaterland wohl meint."

(Der „Hannöversche" Philosoph und Untertan des östereichischen Kaisers, Gottfried Wilhelm Leibniz, in „Ermahnung an die Deutschen, ihren Verstand und ihre Sprache besser zu pflegen" ca. 1682, hier nach Pietsch 1916)

Das Heilige Römische Reich Deutscher Nation endete formal 1815, aber Österreich beanspruchte weiter eine Führungsrolle im Deutschen Bund – und bis 1945 war man weitverbreitet der Meinung, daß Österreicher auch Deutsche seien.

Man halte sich vor Augen: Das krampfhafte danubische Bemühen um Absonderung zwischen Kriegsende und Mitte der fünfziger Jahre trieb die absonderliche Blüte, daß auf Geheiß des Unterrichtsministers Felix Hurdes österreichischen Schülern anstatt der Muttersprache „Deutsch" das Fach „Unterrichtssprache" beigebracht wurde.
(Reinhard Olt in F.A.Z. v. 7.8.2003)

Wie durch Zufall (ich hatte den Leibniz-Text schon herausgesucht) empört sich nun die österreichische Kronen-Zeitung darüber, daß Mozart vom ZDF als Deutscher bezeichnet wurde.

Halten wir also fest: Mozart war amtlich (heiliger römischer Reichs-) Deutscher, Schubert wurde als Deutscher geboren und endete als Österreicher, Johann Strauß Vater wurde noch als Deutscher geboren, während sein Sohn rein österreicherisch war – wie Gustav Mahler. Der Bayer Richard Strauss dagegen wurde erst als Siebenjähriger Reichsdeutscher und wäre um ein Haar immer bayrischer Komponist geblieben.

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Sigmar Salzburg


eingetragen von margel am 07.08.2003 um 12.30

1 Was unterscheidet die "Fleischwurst" von anderen Wurstsorten bzw. warum heißt sie so? 2. Neulich hat sich hier ein Jäger mit seiner Waffe erschossen. Kommentar eines Bekannten:"Fein, dann gibt´s ja wieder Jägerschnitzel."


eingetragen von Wolfgang Scheuermann am 07.08.2003 um 08.31

Nein, ich biete keine Bibel zum Verkauf (wie es die Überschrift vielleicht suggerieren könnte).
Die Bemerkungen über die Vorzüge der Fraktur haben mich dazu veranlaßt, die Bibelausgabe, die mich schon seit Schulzeiten begleitet, einfach einmal auf die Waage zu legen.
Es ist eine Ausgabe von 1911, "Druck von J. F. Steinkopf in Stuttgart mit Schriftsätzen der Privileg. Württ. Bibelanstalt", und umfaßt nicht nur das vollständige Alte und Neue Testament, sondern auch 14 Apokryphische Bücher, angefangen vom Buch Judith bis zum Gebet Manasses.
Der Druck ist zwar klein, aber völlig mühelos lesbar; insgesamt sind Papier, Druck und Bindung von erstaunlicher Qualität, da das Buch die vielen Jahre im Schulranzen (und eine eifrige Nutzung) fast völlig unbeschadet überstanden hat. (Sogar der Preis ist noch angegeben: 3,50.)
LxBxH: 18x9,6x2. Ich vermute, daß dies in einer Antiqua-Schrift nicht zu realisieren wäre - und schon gar nicht in reformierter Rechtschreibung!
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Dr. Wolfgang Scheuermann


eingetragen von Ruth Salber-Buchmüller am 29.07.2003 um 18.02

WELT online 29.07.03 /KULTUR

"Jutta Limbach präsidiert dem
neugegründeten Deutschen Sprachrat"
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Ruth Salber-Buchmueller


eingetragen von Theodor Ickler am 29.07.2003 um 06.37

... irgendwo neben dem "Websters New Encyclopedic Dictionnary" (!), dem Stadtplan von Berlin und dem "bon usage" von Grevisse, wie die penible Bibel der französischen Rechtschreibung (!) heißt...

(Aus der taz)
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Th. Ickler


eingetragen von Theodor Ickler am 24.07.2003 um 18.49

Aus einem Bericht der Nürnberger Nachrichten über Bayreuth:

das zelestre Bühnenweihfestspiel "Parsifal"

Bei diesem Wort hat sich der Verfasser bestimmt etwas ausnehmend Schönes gedacht, und daß er uns daran teilhaben lassen will, ist ja auch sehr nett, aber ...
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Th. Ickler


eingetragen von margel am 22.07.2003 um 17.27

Ich meinte auch mehr den Genitiv "des Arzt", der durch den Dativ dann sozusagen wiedergutgemacht wird...


eingetragen von Theodor Ickler am 22.07.2003 um 17.14

Ist mir auch aufgefallen, aber ich habe es nicht einmal notiert, weil die Belege für den verallgemeinerten Dativ als Appositionskasus schon so reichlich sind, daß weitere nichts mehr bringen.
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Th. Ickler


eingetragen von margel am 22.07.2003 um 16.27

Bildunterschrift in der FAZ von heute, S. 32: "...Druck eines Vortrags des Arzt und Sexualforschers Magnus Hirschfeld (1868 bis 1935), dem Vorbild für Dr. Froehlich.


eingetragen von Theodor Ickler am 20.07.2003 um 15.42

Heute wird in Erlangen unter dem Titel "Colors of Earth" ein "Alphorn-Crossover" geboten. Die Künstler sind Brandenburger Symphoniker. Damit endet dann "Moving Cultures", aber schon folgt "Summerbreak03":
"Das mit 28 Jahren dienstälteste Event zum Ferienbeginn ist wieder an seine angestammte Location, dem Dechsendorfer Weiher, zurückgekehrt. Da das Beachclubing am Nachmittag so gut angekommen ist, wird es auch dieses Jahr aktionsreiche, feuchtfröhliche Spielchen rund ums Thema Flüssigkeit geben. Die Gewinner werden wieder mit den begehrten All-for-free VIP-Bändchen geehrt! Ab 14.00 Uhr präsentiert „Energy Nürnberg 106,9“ das Sea Opening auf der Strandbühne mit Cocktails, Caipi-Bar, Beachvolleyball und vielem mehr. Nach Sport, Action, Badespaß und Entspannung am See, wird am Abend auf der Center Stage gerockt was das Zeug hält. Das 2003er Booking kann sich sehen lassen." Usw.:
http://www.erlangen.de/news.asp?Folder_id=1579&MainFolder_id=1579&News_id=52957&Page=1&PageSize=10
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Th. Ickler


eingetragen von Wolfgang Scheuermann am 20.07.2003 um 10.50

... allen anderen Bereichen im Kloster, den Salesianern Don Boscos und den Mitarbeiterinnen.


Ebenso danken wir der


Pfarrei St. Benedikt
(Basilika, Bereich Sprit)

Aus der von Herrn Prof. Ickler gefundenen Diözesanseite, Hervorhebungen durch mich - was soll damit ausgesagt werden?
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Dr. Wolfgang Scheuermann


eingetragen von margel am 20.07.2003 um 10.42

In Westgroßefehn/Ostfriesland gibt es das "Omas Teich Open Air Festival". Es findet auf dem Grundstück von "Marios Oma, auf der sich auch ein großer Teich befindet", statt.
(Anzeigen-Blatt "Profil" vom 19.7.


eingetragen von margel am 19.07.2003 um 18.21

Wie heruntergekommen muß eine Kirche sein, die sich von Marketingstrategen solch einen Sch... andrehen läßt. So etwas hat man ja bisher eher bei den Protestanten erlebt.
Beide entfernen sich immer mehr von der Jugend, während sie glauben ihr näherzukommen.


eingetragen von Theodor Ickler am 19.07.2003 um 15.48

In Augsburg findet ein Diözesan-Jugend-Festival oder so ähnlich statt. Im Radio hörte ich gerade, daß man meinen könne, nicht Latein, sondern Englisch sei die sprachliche Wurzel der Kirche. Näheres unter http://www.bja.bistum-augsburg.de/festival/index.html

(Bitte eben mal reinklicken, es lohnt sich!)

Ein Verantwortlicher erklärte, Kirche solle nicht verstaubt wirken, sondern so, daß die Jugendlichen sie "annehmen" können; daher alles auf englisch. Aus demselben Grund sitze man auch in der Kirche nicht auf den Bänken, sondern daneben, auf Decken. Das Ganze scheint gut angenommen zu werden, im Gegensatz zum Multi-Kulti-Musikfest "Moving cultures", das hier im Nürnberger Raum nicht so gut angenommen worden ist, obwohl dort auch so etwas Feines wie "durchgeknallte Inder" zu hören war (Nürnberger Nachrichten). Die Bevölkerung wird von der Zeitung wegen ihres Desinteresses gerüffelt.
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Th. Ickler


eingetragen von margel am 18.07.2003 um 16.52

Auf angelsächsischen Websites, die der legendären Kameramarke Rollei gewidmet sind, liest man öfter mal "Rollie" - so bereitet wenigstens die richtige Aussprache keine Schwierigkeiten. Das ist natürlich nur ein Notbehelf.Da hilft dann eine users´group weiter: " The original German pronunciation for "Rollei" sounds like "Roll-eye" in English." Na bitte.


eingetragen von margel am 10.07.2003 um 13.24

Wieder mal die Ostfriesen-Zeitung (9.Juli/AP):
"Pros-tituierte" (warum nicht Prost-ituierte?)/ Friedmans "dramatischer Appel" an Bärbel Schäfer, "wieder zusammen zu finden" - aber was?
Außerdem findet Alice Schwarzer, er solle sich auch bei den Prostituierten entschuldigen, "mit denen er sich Macht gekauft" habe. (Wenn er aber doch bezahlt hat, warum soll er sich dann entschuldigen? Dann müßte ich mich ja auch beim Brathähnchen entschuldigen, dessen ich mich bemächtige.)


eingetragen von Manuel am 07.07.2003 um 18.36

Heute las ich bei Golem.de (http://www.golem.de/0307/26310.html) folgendes Zitat eines CDU/CSU-Politikers:

"Deswegen wird die CDU/CSU-Bundestagsfraktion in Kürze einen Anti-SPAM-Roundtable mit Vertretern aus Wirtschaft, Politik und Verbraucherschutz einrichten [...]"

Der "Runde Tisch" in der Politik wurde also vom "Roundtable" abgelöst - die Sprachpuristen wird es freuen.


eingetragen von margel am 05.07.2003 um 10.12

In der Ostfriesen-/Nordwest-Zeitung von heute:

"Immer mehr Kinder als Mütter."

Wer versteht das, ohne den zugehörigen Bericht
hinzuzuziehhen?


eingetragen von margel am 02.07.2003 um 04.41

Margel stöbert, wie bekannt, gern bei ebay.
Da bietet jemand die komplette "Suche" von Marcel Proust an mit folgender Empfehlung:


"Ich habe sie alle gelesen und finde sie echt super und spannend. Muß man einfach mal gelesen haben!"

Na, überzeugt?



eingetragen von margel am 28.06.2003 um 09.51

Zu den überflüssigsten Büchern des Jahres 1998 gehört
sicher "Die schönsten Katzennamen" von H.A.Augst.
Sorgen haben die Leute...
Aber: Man schlägt bei google nach und findet auf Wunsch
mind. 4620 Einträge!
Ich schwanke noch zwischen "Anne-Sophie" ( für den unwahrscheinlichen Fall, daß mal eine geschwänzte Geigenvirtuosin
den Weg zu uns findet) und "Callas", was eigentlich immer paßt.
Und wenn der Liebling unter die Räder gekommen sein sollte,
wird er postum zur "Cölestina" umbenannt.


eingetragen von margel am 26.06.2003 um 13.41

Vor kurzem fragte hier ein Lehramtskandidat, wie er es in seinen Klausuren mit der Orthographie halten solle und ob er auf die Reformschreibung verpflichtet werden könne. Ich weiß nicht, ob er schon aus diesem Kreise ein Antwort erhalten hat.
Mein Rat:
Zwar hat das BVerfG festgestellt, daß die reformierte Schreibung nur im Schulunterricht verbindlich
gemacht werden könne.
Trotzdem wäre es natürlich von jemandem, der genau in dieses
Berufsfeld strebt, höchst unklug, sich hier auf einen Rechtsstandpunkt versteifen zu wollen.
Also: Es schadet auf keinen Fall, verehrter Herr Student,
mindestens den Schein zu wahren. Vor allem immer schön -ss-
schreiben statt -ß- nach kurzem, betontem Vokal. Das ist schon die halbe Miete. Im übrigen brauchen Sie nicht besonders gewissenhaft bei der Umsetzung zu sein.
Sie dürfen als sicher annehmen, daß die Prüfer selber die
neue Schreibung auf keinen Fall beherrschen und auch Wichtigeres zu tun haben. Ab und zu mal trennen, was zusammengehört. Im Referendariat treffen Sie dann möglicherweise auf 150%ige...


eingetragen von Heinz Erich Stiene am 23.06.2003 um 13.36

Hübsche Beobachtungen bietet der Artikel "Göttinger Denglisch, aufgespürt von Wolfram Ax" im Magazin ‘publiker‘, Ausgabe Juni 2003, S. 10-13. Der Nicht-Göttinger erfährt darin u.a., daß ausgerechnet im Hause zweier Dichter des Göttinger Hains jetzt ein Geschäft, was sage ich: ein Shop, mit dem Namen "Bad Taste" um junge Kunden buhlt.
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Heinz Erich Stiene


eingetragen von Wolfgang Scheuermann am 23.06.2003 um 13.36

Die Überlegungen zu Theologie, Juristerei und Medizin erinnerten mich an ein (Goethe?)-Zitat des kürzlich verstorbenen Heidelberger Medizinhistorikers Heinrich Schipperges - ich gebe es grob aus dem Gedächtnis wider - genau nachzulesen wäre es in seinem grandiosen Buch "Moderne Medizin im Spiegel der Geschichte" (Thieme/dtv):

"Während Jurist, Theologe und Pädagoge davon leben, daß der Mensch dumm und schlecht und verkehrt ist, lebt der junge Mediziner mitten in der konkreten Ehe von Natur und Geist. Sein Auge wird vor sicheren Formen erzogen, von der Anatomie angefangen bis hin zu den grotesken Deformierungen des Pathologischen. Über die Anschauung übt er die Hand zu kundiger Behandlung. Er freut sich der gesegneten Folgen für sein ganzes Leben."

Artes librales - das kann auch die drei o.g. Fächer bezeichnen? Den Ausdruck kannte ich nur in anderem Zusammenhang (trivium).

Zu Herrn Lachenmann: Nachdem Professor Ickler Beinwell schon erfolgreich als Armwell (wellness/puteus pauperorum) eingesetzt hat, steht einem Versuch am Rücken nichts im Wege. (Schließlich wird die Pflanze auch Schmerzwurz genannt.)


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Dr. Wolfgang Scheuermann


eingetragen von Walter Lachenmann am 23.06.2003 um 11.48

Den Leid Tragenden und Hilfe Leistenden sei die Frage gestellt, ob es auch ein Rückenwell gibt für Bandscheibenvorfall Geschädigte.

Den Kleintier Liebenden möchte ich zu bedenken geben, daß die Ehrfurcht vor dem Leben an sich bald der Ehrfurcht vor dem eigenen weicht, wenn die Gottesgeschöpfe in großen Stückzahlen sich über die Jungpflanzen im Garten hermachen, sich beim Essen schwärmerisch aufs Butterbrot setzen oder einen nachts am Schlafen hindern. Da versündigt sich auch mancher Fromme an der Schöpfung.

Im Spannungsfeld von Lederhose und Laptop, von Kuhstall und Millionärsvilla (Landhausstil), beherrschen aber nicht nur Fliegen, Mücken (Schnaken) und Nacktschnecken das Bild. Sondern auch landschaftsgerechte Amüsierlokale, so am Tegernsee zwischen Alt-Wiessee und Weißach an der Weißach »Rick’s Café«, das seine Kunden mit einer Tafel informiert:

Open ab 20 Uhr.

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Walter Lachenmann


eingetragen von Sigmar Salzburg am 23.06.2003 um 08.59

Lieber Herr Dräger,
vielen Dank für den Hinweis.
Unser Problem heißt Morbus Osgood-Schlatter.
m.f.G.
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Sigmar Salzburg


eingetragen von margel am 23.06.2003 um 08.13

Meine liebe Frau hat vor Jahrzehnten auch mal Beinwell
gesetzt. Ich fahre mehrmals im Jahr mit dem Rasenmäher
drüber (Prof. Ickler!), und das scheint er als Aufforderung
zu besonders eifrigem Wachstum (miß-) zuverstehen...
Beinwell aber bitte nicht innerlich nutzen - Pyrolizidin-
Alkaloide nicht gut für Leber!


eingetragen von Theodor Ickler am 23.06.2003 um 06.23

Seit Herr Dräger mir aus gegebenem Anlaß vor ein paar Jahren einen Wurzelstock von Beinwell schenkte, habe ich meine liebe Not damit, den Ausbreitungsdrang dieser nützlichen Pflanze einzudämmen, was zusätzlich erschwert wird durch meine Unfähigkeit, sogenannte Unkräuter einfach auszujäten. Mein winziger Reihenhausvorgarten sieht entsprechend aus; Vorübergehende sehen überhaupt nur Unkraut, aber das stimmt natürlich nicht, es ist Botanik. Zur Zeit überwiegt Klatschmohn. Die Beinwell-Staude habe ich mehrmals zurückgestutzt, schweren Herzens. Ich will damit andeuten, daß DIESE Eigenschaft des Beinwells (der übrigens ebensogut ein paar Meter weiter wild wächst, so daß ich ihn eigentlich gar nicht brauche, aber Geschenke wirft man ja nicht einfach weg ...) außer Frage steht. Mein gebrochener Oberarm ist aber auch perfekt verheilt, ich spüre nichts mehr, nicht einmal beim Werfen. Bei dieser Gelegenheit will ich allfällige Besucher besagten Reihenhauses schonend darauf vorbereiten, daß ich auch kleinen Tieren gegenüber ein weiches Herz habe. Ein Hund würde mich stören, aber die vielen Spinnen sind wunderbar. Daher die Gespinste in jedem Zimmer, ungestört von menschlichem Speziesmus oder wie das politisch korrekt jetzt heißt. Auch Silberfischchen, die ein bewundernswert differenziertes Geschlechtsleben haben (bitte nachlesen!). Der Versuch, ein Stück "Garten" umzugraben, scheiterte an der simplen Tatsache, daß ich dabei auf ein kleines Wespennest stieß, hochinteressant, auch wie die sonderbar aussehende Art die unbeabsichtigte Störung bewältigte!
Nun mal was anderes. Lese gerade in der FAZ, daß Frau Schmoll die Theologie für die "führende der drei Artes liberales" hält. Das ist sie aber gerade nicht, und fatalerweise ergibt sich die Unfreiheit der Theologie gerade nicht aus der Bindung an handgreifliche Zwecke wie bei Juristerei und Medizin, sondern aus der Bindung an eine dogmatische Vorgabe, und genau deswegen ist die Theologie keine Wissenschaft und gehört eigentlich überhaupt nicht an staatliche Hochschulen. Dieser naheliegende Gedanke ist so ziemlich das einzige Tabu bei der FAZ, Deutschlands größter Kirchenzeitung, und es ist so stark, daß es Frau Schmolls besseres Wissen verdrängen konnte. Eine sprachliche Fehlleistung besonderer Art und daher auch für uns interessant.
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Th. Ickler


eingetragen von margel am 23.06.2003 um 04.37

Es ist ja jetzt so viel von Kompromiß in Sachen Reform und
Gegenreform die Rede. Mit "Kompromiß" assouziiert man nicht
zu Unrecht fast automatisch "faul".
Ein Fotofreund von mir zeigte einmal ein Bild, das durchgehend unscharf war, mit der Erklärung, er habe sich
nicht entscheiden können, ob er den Vorder- oder den Hintergrund scharf abbilden solle. Darauf sagte ein
Kollege die klassischen Worte: "Und da hast Du einen
Kompromiß geschlossen..."


eingetragen von Matthias Dräger am 22.06.2003 um 19.15

Lieber Herr Salzburg,
Beinwell - Symphytum officinale - hilft vorzüglich bei der Callusbildung, auch wenn man es am Rand des Gipses auf die Haut aufstreicht (am besten die geriebene Wurzel, und zwar über Nacht).
Einem Bekannten, dem nach einem Beinbruch auch nach zig Wochen die Knochen partout nicht wieder zusammenwachsen wollten, habe ich die Pflanze empfohlen - 14 Tage später war alles gut.
Das Zeug ist, auch bei anderen Verletzunngen (Stauchungen, Prellungen, Zerrungen, Wunden, etc.) so wirksam, daß es die Apotheken weder haben und erst recht nicht verkaufen dürfen (meines Wissens). Die Pflanze, leicht zu erkennen an ihren unterseitig rauhen, spitz zulaufenden Blättern, steht aber an jedem bessern bzw. ungepflegten Wegrand (blüht blau oder weiß).
Die Pflanze ist sehr gutmütig - steckt man ein Stück Wurzel in die Gartenerde, steht dort im nächsten Jahr ein schönes Exemplar, sozusagen für den Fall der Fälle.
Fast alles darüber weiß das Büchlein „Comfrey“ von der Abtei Fulda, Tel. 0661-9024531.


eingetragen von Theodor Ickler am 22.06.2003 um 13.35

In einem fränkischen Kaff namens Höchstadt an der Aisch findet das erste bayerische Schülerfestival statt. Es nennt sich naturgemäß "Young and Free" und wird von den Nordbayerischen Nachrichten gefördert. Zu den Events gehört auch ein Kreativ-Wettbewerb "Paint the Fish". (Dabei geht es wahrscheinlich um die Aischgründer Karpfen, die hier auch zu Lande einen gewissen Ruf haben.)
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Th. Ickler


eingetragen von margel am 18.06.2003 um 15.32

Heute im Anzeigenblatt:
"Erfahrene Nahchhilfe für alle Fächer gesucht."


eingetragen von margel am 16.06.2003 um 18.47

In der Nähe von Interlaken im Berner Oberland erhebt sich
hoch über dem Brienzersee das Augstmatthorn. Dort gibt es
auch (Stein-)böcke, die man aber nicht schießen darf.


eingetragen von Norbert Schäbler am 14.06.2003 um 22.23

Ich ahne Schlimmes!
Die Para- und die einfache -psychologie rücken ins Visier. Wir werden uns einschießen müssen auf Geister, Gespenster und Spukgestalten, auf Seelenwanderung, das Nirwana und das Gezappel, das drei Meter unter der Grasnarbe stattfindet.

Sollen wir uns aber wirklich beschäftigen mit dem Gewürm, das nur bei Regen ans Tageslicht kommt, damit es nicht ersäuft?
Haben wir nicht genug davon in den 16 Kultusministerien; und hätten wir nicht genug zu tun mit dem Gewürm, das immun ist gegen nahezu alle Wetterlagen?

Ich sag jetzt einfach mal „Möllemann“. Irgendeine Witterungsbedingung scheint der nicht ausgehalten zu haben. Irgendwas war stärker als er, so daß er Hand an sich selbst gelegt hat, oder sich irgendeiner Hand nicht mehr erwehren konnte.

Und ich meine, daß man einmal das System der Immunität studieren müßte.
Punkt!

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nos


eingetragen von margel am 14.06.2003 um 19.06

Solche Wundermeldungen kommen meistens aus irgendwelchen
Kaukasusländern und meistens im Sommer. Man vergleiche auch diejenigen über
angeblich 150jährige.
Nicht in Kasachstan, sondern in London lebte Rosemary Brown,
der Beethoven, Brahms, Mozart, Chopin u.a. persönlich
Musik diktierten.
Also: cool bleiben!


eingetragen von Matthias Dräger am 14.06.2003 um 17.19

Was in Kasachstan los ist, weiß ich nicht. Bei den Erlebnissen von Pfarrer Blumhardt mit der Gottliebin Dittus, durch die hier in mehreren europäischen und außereuropäischen Sprachen gesprochen wird, handelt es sich aber um ein Phänomen, das einer nüchternen wissenschaftlichen Analyse eher flieht als sich ihr bereitwillig zu offenbaren - mit „Hebeln und mit Schrauben“ kommt man hier also kaum weiter. Beide Pole der Schöpfung, sowohl die Licht- als auch die Schattenseite, haben hier, aus unterschiedlichen Beweggründen, keinerlei Bedarf an nachhaltiger Aufklärung. Warum sonst wohl hat Christus denen, die er heilte, eingeschärft, darüber zu schweigen?
Nur selten, unter günstigen Bedingungen und auch dann nur ausnahmsweise läßt sich die Schöpfung etwas in die Karten sehen, und auch dann erhascht man nur einen Zipfel des ganzen Gewebes - vielleicht gerade so viel, daß man, wie z. B. Thomas Mann, einige Zeilen über das Außerordentliche schreiben kann. (Thomas Mann: Okkulte Erlebnisse, 1923)


eingetragen von Sigmar Salzburg am 14.06.2003 um 13.31

Wenn das Datum der BILD-Veröffentlichung korrekt ist, wäre es schon für sich ein kleines Pfingstwunder. Bisher hat noch nie ein Bericht über Sprachrückerinnerungen einer strengen, unabhängigen Untersuchung standgehalten.
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Sigmar Salzburg


eingetragen von Matthias Dräger am 14.06.2003 um 12.43

„BILD“, 16. Juni 2003, S. 6:

Diese Frau spricht 120 Sprachen



Moskau - Russische Forscher stehen vor einem Rätsel. Sie untersuchen eine junge Frau, die 120 alte Sprachen nahezu fließend beherrscht. Sie sagt von sich selbst: „Ich habe schon 120 mal gelebt. Das sind alles Muttersprachen aus meinen früheren Leben.“
Tatti Vaalo (23), geboren in Anapa (Kasachstan) gilt als größtes Sprachgenie der Welt. Inzwischen interessieren sich Tausende von Wissenschaftlern für sie. Tatti spricht längst ausgestorbene Sprachen - wie Shakespeare-Englisch aus dem 16. Jahrhundert, Altmongolisch und sogar die Sprache der Pharaonen*.
Es begann in der Schule. Während einer Mathearbeit in der 9. Klasse fiel Tatti nach einem Streit mit ihrer Lehrerin in Ohnmacht. Als sie aufwachte, sprach sie plötzlich Altenglisch. Erst nach drei Tagen konnte sie wieder Russisch.
Ein Museumsdirektor zeigte Tatti eine 3800 Jahre alte Steinscheibe, deren Schriftzeichen bisher nur unvollständig übersetzt waren. Tatti schaffte es in wenigen Stunden.
Die Experten haben keine schlüssige Erklärung für den Sprachenschatz der jungen Krankenschwester. Ein Forscher: Sie müßte in jedem Jahr mindstens fünf Sprachen gelernt haben, für die es teilweise nicht einmal Lehrbücher gibt.
Parapsychologen schließen nicht aus, dass Tatti ihren Sprachenschatz tatsächlich durch eine Seelenübertragung aus früheren Leben erhielt.


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Kommentar (von M.D.):
Nur, weil es in der Bildzeitung stand, muß es deshalb nicht gleich falsch sein. Wenn an der Sache etwas dran sein sollte, könnte dieser Fall für die Erforschung alter Sprachen einen Meilenstein bedeuten.

Ich vermute aber, daß bei der Tatti Valo eher ein Fall von positiver Be- oder Umsessenheit vorliegt. Ein erstes Anzeichen hierfür bietet der Beginn der Phänomene: Nach dem Streit mit ihrer Lehrerin spricht sie Altenglisch, aber erst nach drei Tagen wieder Russisch. Hier wurde das Bewußtsein also nicht einfach erweitert, sondern auch eingeschränkt. Eine Deutungsmöglichkeit: Verdrängung des normalen Bewußtseins der Valo durch eine Wesenheit, die Altenglisch spricht, aber natürlich kein Russisch.

Daß Menschen durchaus in Extremsituationen anfangen können, in anderen Sprachen zu reden, dafür jetzt ein in mehrfacher Hinsicht aufschlußreiches Beispiel aus Deutschland (Möttlingen, 1843). Zur Vorgeschichte: bei einem jungen Mädchen, der Gottliebin Dittus, die zusammen mit ihren Geschwistern in einem Haus in der Gemeinde Möttlingen lebt, treten ohne besonderen Anlaß eigenartige Erscheinungen auf. Der hinzugezogene Arzt ist bald ratlos, kann er doch die verschiedensten körperlichen Zustände keiner ihm bekannten Krankheit zuordnen. Als er nach mehreren vergeblichen Besuchen einmal äußert, es sei ein Jammer, daß man die Dittus so liegen lasse, man möchte meinen, es sei gar kein Seelsorger am Ort, nimmt sich Pfarrer Blumhardt aus Möttlingen der Sache an - mit für ihn ungeahnten Folgen. Das von mir ausgewählte Zitat steht eher am Ende des Berichtes, den Pfarrer Johann Christioph Blumhardt über die Krankheit und Heilung der Gottliebin Dittus 1844 an die ihm vorgesetzte Oberkirchenbehörde schickt (S. 46 ff):

„Eine zusammenhängende Geschichte bis zum Februar 1843 kann ich nicht mehr geben. Ich erinnere mich nur, daß ich unaufhörlich Mühe und Not hatte, obwohl beständig von der Hoffnung aufrecht erhalten, es werde endlich das Ende kommen. Ich füge daher hier einige allgemeine Bemerkungen ein, die ich mit unerschrockener Offenheit gebe, wiewohl allerlei Rücksichten mir behutsam zu sein raten wollen. Es stellte sich nämlich mehr und mehr heraus, daß eine große Veränderung mit den zum Vorschein kommenden Geistern vorgegangen war. Ihrer viele, die bisher öfters wiedergekehrt waren, kamen nicht wieder; und die Person (Gottliebin) sah mich von diesen in der Kirche, während ich auf der Kanzel stand, auf eine gräßliche Weise umschwärmt, als wollten sie alles versuchen, mir Schaden zuzufügen. Daß ich ganz ohne Empfindung geblieben sei, auch in der Zeit, da ich noch nichts darum wußte, da es mir die Gottliebin aus Schonung lange Zeit verschwieg, kann ich gerade nicht sagen; aber doch war die etwaige Einwirkung auch nicht so, daß ich ihre Aussagen dadurch bestätigt fand. Namentlich fühlte ich mich in den Predigten eher gestärkt als geschmäht. Ich lasse es also dahingestellt sein. Bei anderen Geistern, die fortan sich zu erkennen gaben, schien es in der Schwebe zu sein, was weiter aus ihnen werden sollte. Merkwürdig war es, daß die Gottliebin von Anfang an entweder im Schlafe, oder wenn sie nicht bei ihren gewöhnlichen Sinnen war, beständig in der Gesellschaft dieser Geister sich befand, von denen sie viele kannte, während sie von dem, was zwischen mir und den Geistern aus ihr vorfiel, nichts wußte. Sie sah ferner die ausgefahrenen Geister jedesmal noch eine Weile in der Stube, und namentlich der letzterwähnte, der als Haupt vieler erschien und stets mit einem ungeheuren Buche, in das er die ihm Untergebenen eingetragen haben soll, vorgestellt war, wurde mit einer seltsam verbrämten, kostbaren, auf uralte Zeit hinzielenden Kleidung nach ihrer Aussage von ihr wahrgenommen. Die Dämonen selbst erschienen der G. rücksichtlich ihrer Gesinnung sehr verschieden. Die einen fand sie immer voll Wut und Ingrimm, namentlich in Beratschlagungen begriffen, wie sie in dem durch das Wort Gottes gegen sie gemachten Angriff sich helfen wollten; die anderen schienen von diesen mit Gewalt festgehalten. Dieser Unterschied stellte sich auch bei denen heraus, die aus ihr sprachen. Die einen waren trotzig, voll Haß gegen mich, und sprachen oft Worte aus, die wert gewesen waren, aufbehalten zu werden. Sie hatten ein Grauen vor dem Abgrund, dem sie jetzt sich nahe fühlten, und sagten unter anderem: ,Du bist unser ärgster Feind, wir sind aber auch Deine Feinde. Dürften wir nur, wie wir wollten!" und dann wieder: ,O, wenn doch nur kein Gott im Himmel wäre!" Daneben schrieben sie doch alle Schuld ihres Verderbens sich selber zu. Schauerlich war das Benehmen eines Dämons, der früher im Hause der G. von dieser gesehen worden war und jetzt als Meineidiger sich zu erkennen gab. Er rief zu wiederholten Malen die Worte aus, die an einem Fensterladen jenes Hauses gemalt stehen:

,O Mensch, bedenk' die Ewigkeit,
Versäume nicht die Gnadenzeit,
Denn das Gericht ist nicht mehr weit!"

Dann verstummte er, verzog das Gesicht, hob starr drei Finger in die Höhe, schauerte plötzlich zusammen und stöhnte: ,Hm!" Dergleichen Szenen, welchen ich gerne mehr Zuschauer gegönnt hätte, kamen viele vor. Die meisten Dämonen indessen, die sich vom August 1842 bis Februar 1843 und später kundgaben, gehörten zu solchen, die mit heißester Begierde nach Befreiung aus den Banden Satans schmachteten. Es kamen dabei auch die verschiedensten Sprachen mit dem sonderbarsten Ausdruck vor, meist daß ich sie mit keinen europäischen Sprachen vergleichen konnte. Aber sicher kam auch Italienisches (dem Klange nach) und Französisches. Sonderbar und mitunter komisch anzuhören waren in einzelnen Fällen die Versuche solcher Dämonen, deutsch zu reden, besonders auch, wenn sie Begriffe, deren deutschen Ausdruck sie nicht zu wissen schienen, umschrieben. Dazwischen hinein ließen sich Worte vernehmen, die ich keiner von beiden Arten Dämonen zuschreiben konnte. Denn sie klangen als aus einer höheren Region stammend. Dahin gehört die über die Maßen häufige Anführung der Worte (Hab. 2, 3. 4.): ,Die Weissagung wird ja noch erfüllet werden zu seiner Zeit und wird endlich frei an den Tag kommen und nicht ausbleiben. Ob sie aber verziehet, so harre ihrer, sie wird gewiálich kommen und nicht verziehen. Siehe, wer halsstarrig ist, der wird keine Ruhe in seinem Herzen haben; denn der Gerechte lebet seines Glaubens." Dann war's wieder, als ob dieselbe höhere Stimme sich zu den Dämonen wenden wollte, indem sie eine Stelle, die ich lange nicht finden konnte, bis ich sie in Jer. 325 erkannte, ausrief. Statt der ersten Person ,wir" wurde die zweite gebraucht, also: ,Darauf ihr euch verließet, das ist euch jetzt eitel Schande; und des ihr euch tröstetet, des müsset ihr euch jetzt schämen. Denn ihr sündigtet damit wider den Herrn, euren Gott, beide, ihr und eure Väter, von eurer Jugend auf, auch bis auf diesen heutigen Tag, und gehorchtet nicht der Stimme des Herrn, eures Gottes." Diese und andere Bibelstellen begriff ich lange nicht, doch lernte ich allem mehr Aufmerksamkeit und Bedeutung schenken. Bei solchen Äußerungen, die bisweilen am Schlusse eines Kampfes vorkamen, war es mir zumut, als ob mir Stärkung und Trost von oben damit geboten wäre, wie ich denn auch nicht ohne den gerührtesten Dank auf die vielen Bewahrungen und Rettungen zurückblicken kann, die ich erfahren durfte. Denn dazwischen hinein kamen immer wieder grauenhafte Szenen vor. Die Kranke wurde unaufhörlich gequält. Namentlich wurde ihr Leib in jener Zeit oft außerordentlich aufgedunsen, und sie erbrach ganze Kübel voll Wasser, was dem Arzte, der je und je dabei war, besonders rätselhaft war, da man gar nicht begreifen konnte, woher das viele Wasser käme. Sie bekam ferner öfters Schläge auf den Kopf, Stöße in die Seite, dazu heftiges Nasenbluten. Bluterbrechungen, Not mit dem Stuhlgang und anderes; und bei allem, was mit ihr vorging, schien es eine lebensgefährliche Wendung nehmen zu wollen. Aber durch Gebet und Glauben wurde es unschädlich gemacht oder zurückgedrängt.
Noch teile ich einiges von den nach Befreiung schmachtenden Dämonen aus jener Zeit mit. Ich gab lange Zeit ihren Reden kein Gehör und kam oft in großes Gedränge, wenn ich den schmerzvollen Ausdruck im Gesicht, die flehentlich emporgehobenen Hände und den heftigen Tränenstrom, der aus den Augen floß, sah und dabei Töne und Seufzer der Angst, Verzweiflung und Bitte hörte, die einen Stein hätten erweichen sollen. So sehr ich daher mich sträubte, auf irgendeine Erlösungsmanier einzugehen, weil ich bei allem, was vorkam, immer zuerst an einen etwaigen gefährlichen und verderblichen Betrug des Teufels dachte und für die Nüchternheit meines evangelischen Glaubens fürchtete, so konnte ich doch zuletzt nicht umhin, eine Probe zu machen, besonders, da gerade diese Dämonen, die einige Hoffnung für sich zu haben schienen, weder durch Drohungen noch durch Anmahnungen sich zum Weichen bringen ließen. Der erste Dämon, bei welchem ich es, so viel ich mich erinnere, wagte, war jenes Weib, durch welches die ganze Sache angeregt schien. Sie zeigte sich wieder in der Gottliebin (M.D.: der Dämon, d. h. der Geist der alten Frau, ergreift für einige Augenblicke Besitz vom Körper der Gottliebin und vermag sich ihrer Sinne, also auch ihrer Sprechwerkzeuge zu bedienen, während das Bewußtsein der Gottliebin zurückgedrängt oder gar ausgeschaltet ist) und rief fest und entschieden, sie wollte des Heilands und nicht des Teufels sein. Dann sagte sie, wieviel durch die bisherigen Kämpfe in der Geisterwelt verändert worden sei. Mein Glück aber sei das gewesen, daß ich ganz allein beim Worte Gottes und dem Gebet geblieben sei. Wenn ich etwas anderes als das versucht und etwa zu geheimnisvoll wirkenden Mitteln meine Zuflucht genommen hätte, wie sie vielseitig unter den Leuten üblich seien, und auf welche es die Dämonen bei mir angelegt hätten, so wäre ich verloren gewesen. Das sagte sie mit bedeutungsvoll aufgehobenem Finger und mit den Worten schließend: ,Das war ein fürchterlicher Kampf, den Sie unternommen haben!"





eingetragen von Wolfgang Scheuermann am 09.06.2003 um 11.45

June 1, 2003

Language Pitfalls
To the Editor: Regarding ''Learning Spanish: A Tense Undertaking,'' (May 4): If Lili Wright has trouble learning the Spanish subjunctives, she ain't seen nothing yet. I suggest she try learning German, in which the nouns are subject to different endings depending on which of the four cases (nominative, genitive, dative and accusative) they are in.

German also has three articles, masculine, feminine and neuter (der, die, das), each subject to declension, with the peculiarity that the word for ''woman'' can be feminine (die Frau), or neuter (das Weib). A little girl is neuter (das Mädchen). Go figure.

Roberto J. Pick
Elmhurst, Queens

"Babel Fish" übersetzt das so:

"Sprachen Gefahren

Erlernen Spanischen: Eine Angespannte Übernahme
Wenn LW Mühe hat, die spanischen Konjunktive zu erlernen, wird sie nicht nichts noch gesehen. Ich schlage sie versuche, Deutschen zu erlernen, auf den die Gegenstandswörter abhängig von unterschiedlichen Enden sind, abhängig von denen von den vier Fällen (...) vor, sind sie in. Deutscher hat auch drei Artikel, männliches, weibliches und sächliches (der, Würfel, das), jeder abhängig von Deklination, mit die Eigenheit, daß das Wort für "Frau" weiblich sein kann (Würfel Frau) oder Neutrum (das Weib). Ein kleines Mädchen ist sächlich (das Mädchen). Gehen Abbildung. RJP, E., Königinnen"

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Dr. Wolfgang Scheuermann


eingetragen von Sigmar Salzburg am 09.06.2003 um 10.30

Über das elizabethanische Lied „Greensleeves" wollte ich einiges wissen und habe aus Jux dazu die automatische Übersetzung von Google angefordert.

Alas, my love you do me wrong
To cast me off discourteously
And I have loved you so long
Delighting in your company
Greensleeves was all my joy...

Legend has it that Henry VIII wrote it for Anne Boleyn during their courtship (circa 1530). This has never been substantiated and is probably not true...
A reading of the lyrics shows it is not a sweet, innocuous love song, but a plea from a 16th century gentleman to his bored mistress. There are countless versions of the lyrics, including fourteen Cavalier songs and John Gay wrote lyrics to the tune for The Beggar’s Opera...


Übersetzung – immerhin mit einem gepflegten „daß":

Alas, meine Liebe tun Sie mich falsch
Mich weg werfen discourteously
Und ich habe liebte Sie so lang
Erfreuen in Ihrer Firma
Greensleeves war meine ganze Freude ...

Legende hat sie, daß Henry VIII sie für Anne Boleyn während ihres courtship (circa 1530) schrieb. Dieses ist nie bestätigt worden und ist vermutlich nicht zutreffend...

Ein Messwert der Lyricserscheinen ist es ein nicht süsser, harmloser Liebesong, aber ein Vorwand von einem 16. Jahrhundertherrn zu seinem gebohrten Mistress. Es gibt unzählige Versionen der Lyrics, einschließlich vierzehn Songs Cavalier und homosexueller John schrieb Lyrics zur Melodie für die Oper des Bettlers.


Nachtrag – Aus Jux habe ich es 2006 wieder versucht:

Italian Lute Music of the Early Renaissance

"while staying in Milan ... Jacques Descartes was invited to a sumptuous and magnificent banquet ... where, among other pleasures of rare things assembled for the happiness of those select people, appeared Francesco da Milano – a man who is considered to have attained the end (if such is possible) of perfection in playing the lute well.


Die deutsche Wortbildung wird besser verstanden als von unseren Kultusministern, die „daß“ sind noch traditionell – nur mit dem Sinn hapert es etwas:

Italienische Dichtungskitt-Musik der frühen Renaissance

„während wurde das Bleiben in Mailand… Jacques Descartes zu einem kostspielig und ausgezeichneten Bankett… wo, unter anderen Vergnügen der seltenen Sachen eingeladen, die für das Glück jener auserwählten Leute, erschienener Francesco da Milano-a Mann zusammengebaut wurden, der betrachtet wird, das Ende (wenn so möglich ist) der Vervollkommnung erreicht zu haben, wenn man den Dichtungskittbrunnen spielt.



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Sigmar Salzburg


eingetragen von Theodor Ickler am 03.06.2003 um 15.09

Zur Erinnerung: Es handelte sich hier um einen Begriff aus der wissenschaftsgeschichtlichen Theorie von Thomas Kuhn, und diese besagte ungefähr, daß in der Wissenschaftsgeschichte nicht so sehr einzelne Erkenntnisse als vielmehr ganze Begriffwelten, innerhalb deren die Termini und Aussagen überhaupt erst Sinn haben, einander ablösen. Man lebt sich in sie hinein und nur selten wieder heraus, meistens sterben die Vertreter irgendwann aus, und dann kommt ein neues Paradigma erst so richtig in Fahrt. Der Witz ist, daß die Beteiligten das nicht bewußt tun können, einfach mal so ein Paradigma wechseln, sondern man stellt es immer erst hinterher fest. Aber vor ein paar Jahren flogen uns die Paradigmen, die jemand zu wechseln beliebte, nur so um die Ohren, darunter auch die Interkulturelle Germanistik selig.
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Th. Ickler


eingetragen von margel am 03.06.2003 um 08.37

Heute bei meiner Gärtnerei gelesen:

"Braut- und Trauerbinderei"

Aufgepaßt, Ihr Bräute!


eingetragen von Henning Upmeyer am 29.05.2003 um 08.48

gelöscht
– geändert durch Henning Upmeyer am 03.06.2003, 21.15 –


eingetragen von RenateMariaMenges am 29.05.2003 um 08.31

Dieses Wort erzeugt allerlei Emotionen in mir. Jahrelang mussten wir uns mit dem Wort Paradigmenwechsel im Schulsystem in den letzten Jahren auseinandersetzen. Inhaltlich ging es immer wieder um wechselhafte Paradigmen. Niemand wusste genau, wohin der Paradigmenwechsel ging. Er hat auch in diesem Schuljahr noch nicht ganz ausgedient, er weht immer noch vorbei. Er ist also nicht nur ein wissenschaftlicher Begriff, sondern vor allem auch ein systemischer geworden.
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RenateMariaMenges


eingetragen von Theodor Ickler am 29.05.2003 um 04.51

Es bleibt also wohl dabei, daß hier durch die pseudo-zitathafte Selbstbenennung suggeriert werden soll, man habe eine wissenschaftliche Revolution von internationalem Zuschnitt ausgelöst. Wierlacher hat schon vor 25 Jahren seine Erfindung der "Fremdsprachenphilologie Deutsch" als "Paradigmenwechsel" bezeichnet. Das tat damals allerdings jeder zweite Doktorand, wenn er auch mal ein Korn gefunden zu haben glaubte. Vorbei und verweht, aber ein Schaden bleibt doch zurück: man nimmt die Geisteswissenschaften immer weniger ernst.
__________________
Th. Ickler


eingetragen von Reinhard Markner am 28.05.2003 um 17.46

Dieser Begriff wird wohl überwiegend in SF-Kreisen verwendet, aber man kann ihm auch in den trendigen Diskursen einiger »Kulturwissenschaftler« begegnen.

Irvin Cemil Schick, The Erotic Margin: Sexuality and spatiality in alteritist [!] discourse, Verso, London u. New York 1999, rezensiert von Kate Teltscher im Times Literary Supplement, 19. 5. 2000: "For Schick, sexuality is integral to the construction of spatial difference. . . .
On his erotic tour, Schick introduces us to the female Other in a number of guises: as vulnerable virgin or seductive threat; as the victim of rape or despotic rule; as lesbian or voraciously heterosexual. The male Other is variously potent, effeminate homosexual and omnisexual. Schick argues that this polyvalence is central to 'xenological' discourse; its power is expressed in the ability to pass off mutually contradictory statements as fact."


eingetragen von Elke Philburn am 28.05.2003 um 16.12

Das ist schon richtig. Dieser Ausdruck wird meist mit take gebraucht:

'Sociology took a linguistic turn':

'Die Soziologie wandte sich der Linguistik zu / befaßte sich mit der Linguistik'.
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http://www.vrs-ev.de/


eingetragen von Theodor Ickler am 28.05.2003 um 13.40

In dem törichten Buch von Wierlacher/Bogner, das ich am 10.5.03 hier vorgestellt habe, war, wie bemerkt, vom "xenological turn" die Rede, worunter die Verfasser ihre spezielle Version von "Interkultureller Germanistik" verstehen, eine Art höheren Blödsinns. Ich konnte bisher diesen wie ein englisches Zitatwort daherkommenden Ausdruck nirgendwo sonst finden. Meiner Ansicht nach würde ein Englischsprachiger darunter am ehesten die Wendung zu den Außerirdischen verstehen. Ich lasse mich aber gern belehren, falls jemand den englischen Sprachgebrauch besser kennt.
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Th. Ickler


eingetragen von Elke Philburn am 26.05.2003 um 23.51

Ihren Ärger kann ich verstehen.

Die Entwicklung bzw. Anwendung eigener Problemlösestrategien kann gar nicht früh genug gefördert werden. Wer ein Kind, wie es hier geschieht, daran hindert, tut ihm mit Sicherheit keinen Gefallen, sondern befriedigt höchstens eigenen Eitelkeiten.

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http://www.vrs-ev.de/


eingetragen von Henning Upmeyer am 26.05.2003 um 16.39

Es ärgert mich wirklich sehr, daß - zumindest in Bayern - in der Grundschule nur nach den vorgeschriebenen Methoden gerechnet werden darf und einfachere, schnellere und sicherere Rechenwege als Fehler gewertet werden. Das betrifft das schriftliche Subtrahieren nach der Borgemethode, die viel umständlicher, schwieriger und fehlerträchtiger ist als die einfachere, schnellere und sicherere Ergänzungsmethode. Ein einigermaßen intelligentes Kind kann beide Methoden lernen und unterscheiden, ohne verwirrt zu werden. Begabte, selbständig denkende und experimentierende Kinder werden bewußt ausgebremst.
Erst in den weiterführenden Schulen dürfen die Schüler bessere eigene Rechenwege benutzen, also erst ab dann selbständig denken. Kinder wollen das aber schon viel füher.
Ich halte das für primitive Diktatur der Kultusminister, gleichwertig mit ihrer primitiven Rechtschreibdiktatur.
Ist die obige Anordnung zulässig?
Ich habe im Studium immer gelernt: Mathematiker sind faul, denn bevor sie anfangen zu rechnen, überlegen sie immer erst, welcher Rechenweg der einfachste und kürzeste ist.


eingetragen von Henning Upmeyer am 25.05.2003 um 11.12

Im Italienischen heißt das Lager in einer Maschine cuscinetto, von cuscino Kissen, also cuscinetto wörtlich kleines Kissen, Kißchen. Das Kugellager heißt cuscinetto a sfere, wörtlich Kugelkißchen, Kißchen für Kugeln.
Seit die Tschechen etwas für deutsche Touristen tun wollen, sieht man dort überall die merkwürdigsten Aufschriften.


eingetragen von margel am 25.05.2003 um 10.28

Gerade habe ich mal zurückgeblättert und sehe, daß da noch
die japanischen "runden Sofas" herumstehen. Es hat ja keiner gefragt (Herr Lindenthal!). Aber trotzdem: Gemeint
waren natürlich Kugellager.
Von dem Autor Fritz. B. Busch gab es ein Büchlein (längst vergriffen), in dem ein Kapitel sich den im Heimatland verfaßten
Betriebsanleitungen für japanische Autos widmete: "Der
Hochgeschwindigkeitseimersitz" - ganz köstlich und dazu
authentisch.


eingetragen von Norbert Schäbler am 25.05.2003 um 08.54

Als Bayer trinke ich nur Halbe oder Massen.
Wollen wir nach meinem taktischen Foul das Spiel wieder aufnehmen?

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nos


eingetragen von Peter Schubert am 25.05.2003 um 08.20

Das letzte Viertele war wohl eins zu viel.
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Peter Schubert


eingetragen von Norbert Schäbler am 24.05.2003 um 19.36

Lieber Herr Schubert!
Heute juckt mich der Schalk, und ich muß Ihnen auch ein Geschichtchen erzählen. (Deswegen verstehe ich mich übrigens auch so gut mit Margel, der auch gerne Geschichtchen erzählt.)
Es geht um die „Geschichte vom Torriecher“.
Die fällt mir gerade heute ein, weil die Bundesligasaison zu Ende gegangen ist, und Bayer Leverkusen zum Glück doch nicht absteigen mußte. Wäre ja auch wirklich schade gewesen, wenn dem Konzern ein Werbeträger weggebrochen wäre.
Nun ja. Daß ich kein großer Fußballer war, sondern meine Fußballschuhe kurz nach der A-Jugend (verzeihen Sie meine mundartliche Schreibe) an den Nagel hängte, will ich hier verraten, gleichwohl versichern, daß ich – vielleicht gerade deswegen – einen andersgearteten Torriecher entwickelte.

Wenn Sie jetzt zu denken anfangen, lieber Herr Schubert, dann tut es langsam weh, aber ich will noch ein bißchen nachhelfen.
Ihre Ignoranz an wichtigen Stellen unserer doch so lebendigen Kommunikation tut mir auch weh, Sie tut mir sozusagen manchmal Leid.
Und wissen Sie, was meinen ausnehmend guten Torriecher ausmacht??????

Die Ignoranz!
Deren Gestank ist für mich alarmistisch
(weiß übrigens sehr genau, daß das Wort nicht mit y geschrieben wird)!

Schönes Wochenende, Herr Peter …

__________________
nos


eingetragen von margel am 22.05.2003 um 11.52

Nicht nur die neue Rechtschreibung bietet oft Anlaß zur
Heiterkeit. Nein - auch der klassische Druckfehler hat nicht
ausgedient. Heute in der Ostfriesen-Zeitung:
Gerd Jakobs feiert heute den 90.Geburtstag.
Zum Ehrentage gratulieren vier Inder, fünf Enkel und ein Urenkel. Das muß am Computer liegen...


eingetragen von margel am 16.05.2003 um 16.14

Lehrerin zum Schüler: "Du machst so viele Rechtschreibfehler.
Schlag doch nach, wenn du im Zweifel bist."

"Ich bin nie im Zweifel."


eingetragen von margel am 16.05.2003 um 13.42

Lieber Herr Lindenthal,

wo bleibt die Fantasie?
"Der Faden" bezieht sich offenbar auf irgendwelche Leitungen,Installation u.ä.. Und "Blitz" und Elektrizität
liegen ja wohl nicht so weit auseinander, denken Sie an das
Warnzeichen für Hochspannung.
Da mußte übrigens nichts "bewiesen" werden. Der junge Mann kam dann tatsächlich zu der genannten Ausbildung. Es gibt ja so eine Sammlung als dtv-TB. Z.B. bestellen Japaner 500 "runde Sofas" - was war wohl damit gemeint ?
Eine Dame von der Carl-Duisberg-Gesellschaft hat auch mal Briefe veröffentlicht, die sie von ehemaligen Stipendiaten
erhalten hat, mit meiner Meinung nach überflüssigen Kommentaren. man sieht die eigene vertraute Muttersprache plötzlich mit ganz anderen Augen, recht lehrreich.


eingetragen von Henning Upmeyer am 16.05.2003 um 11.41

wird von Rechtschreibprogrammen verhindert, weil sie nur ihr eingebautes Wörterbuch kennen. (Als Ingenieur liebe ich neue deutsche Wortbildungen für technische Neuerungen, weil ich rein deutsche Wörter vorziehe.) Was passiert Schülern, die das tun? Lassen die Lehrer es zu oder unterdrücken sie es?


eingetragen von Detlef Lindenthal am 16.05.2003 um 11.33

Wie wollen Sie das beweisen?

Umgekehrt lese ich daraus mehr die Frage:
Derf a denn komma?
(Bloß beim Blitz blitzte kein Geistesblitz.)
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Detlef Lindenthal


eingetragen von margel am 16.05.2003 um 10.54

Herr Wrase, man kommt nicht so schnell drauf, das stimmt.
Der gute Mann wollte Elektrotechnik lernen. So geht´s, wenn man sich allein mit dem Wörterbuch in der Hand auf fremdes Gelände wagt.


eingetragen von Theodor Ickler am 16.05.2003 um 09.42

Im neuesten Heft von InfoDaF hauen Fritz Neubauer und Lutz Köster das Duden-Wörterbuch Deutsch als Fremdsprache in die Pfanne, das sie als schlichten Abdruck des bisherigen Duden-Bedeutungswörterbuchs entlarven, vermehrt um eine dämliche Einleitung. A. Stein-Meintker widmet sich ebd. sehr kritisch dem Büchlein von Stief/Stang, das hier auch schon besprochen worden ist. Deutsch als Fremdsprache ist die Müllhalde, wo jeder abkippt, was er sonst nicht loswird.
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Th. Ickler


eingetragen von Wolfgang Wrase am 13.05.2003 um 08.01

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von margel
An unserer Schule bewarb sich einmal ein Afrikaner. Er wollte studieren: "Der Faden, der Blitz"- ???

Verstehe ich nicht.


eingetragen von margel am 12.05.2003 um 16.58

An unserer Schule bewarb sich einmal ein Afrikaner. Er wollte studieren: "Der Faden, der Blitz"- ???


eingetragen von Henning Upmeyer am 10.05.2003 um 21.41

ist, wie ich den Eindruck habe, in "Obersachsen" (nicht in Niedersachsen) zuhause, wo man auch "interesant" mit stimmhaftem 's' sagt.


eingetragen von Norbert Schäbler am 10.05.2003 um 20.08

Nennen wir es beim Namen!
Plusquamperfekt heißt zu deutsch Vorvergangenheit.
Für meine Mutter heißt der regierende Bundeskanzler „Adenauer“.
Meine Mutter weiß nicht, was sie am heutigen Tag gegessen hat, noch weiß sie, ob sie an ihrem Jubeltage jemand besucht hat.
Jener so völlig von der Fügung zerstörte Mensch kennt keine Gegenwart mehr; ich jedoch kenne ihre Vergangenheit.
Dafür danke ich!

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nos


eingetragen von margel am 10.05.2003 um 19.50

Margel war heute - nein, nicht bei einer Heiligen - sondern
auf den Spuren der Varusschlacht im Osnabrückerland. Die Dame, die uns führte, sie hatte alles gut drauf, gebrauchte merkwürdigerweise fast ausschließlich das Plusquamperfekt.
Etwa so: "Varus war römischer Bürger gewesen..." Das alles nicht als Beschreibung eines zeitlichen Hintergrundes, sondern als Mitteilung der eigentlichen Ereignisse. - Höchst befremdlich.


eingetragen von Norbert Schäbler am 10.05.2003 um 19.41

Daß ich darüber nachdenke, daß der Muttertag globale Dimensionen hat, ist eigentlich gar nicht so abwegig, weil doch jeder Geborene auf dieser Welt eine Mutter hat.
Aber wenn ich zweier Mütter am heutigen Tag besonders gedenke – meiner leiblichen und meiner Frau – ist das eigentlich auch nicht so verwerflich, weil ich keiner Mutter dieser Welt damit einen Schaden zufüge und zudem meiner persönlichen Wertschätzung Genüge getan werden muß. „Ich bin, weil sie sind.“

Wer Mutter und Frau hat – bewußt habe ich diese Reihenfolge gewählt – weiß, daß es schwierig ist, selbst unterbewußt diese Reihenfolge zu wählen.
Daß ich mich allerdings für diese Reihenfolge entschieden habe, ist eine Würdigung der grundlegenden Dienste, die an mir verrichtet wurden, in einer Zeit, als ich noch nicht dienstbereit war.
Mutter hat mich gewindelt, genährt, hat mich Denken und Sprechen gelehrt.

Mutter verdanke ich meine Muttersprache.












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nos


eingetragen von Walter Lachenmann am 10.05.2003 um 19.30

Das Wörterbuch des neuen Deutschland
(FAZ, 11. Mai 2003, Feuilleton Seite 25 u.a.)

»Den Roman dieser Tage schreiben nicht die Schriftsteller. Bohlen, Effenberg, ›Bild‹ und die Folgen: Was heute die Sprache prägt, das sind die Stimmen einer anderen Schicht, die andere Bilder und Begriffe kennt. Vielleicht ist das ein Kulturbruch, vielleicht ein Akt der Emanzipation. Auf jeden Fall ist die Sprache das Terrain, auf welchem der Kampf um die kulturelle Hegemonie ausgetragen wird. Wer sich darin behaupten will, muß diese Wörter nicht mögen. Er muß sie aber kennen. Es ist die Sprache einer Gesellschaft, die beim Anblick ihrer selbst in Wut gerät.«

Dann folgen 39 Begriffe von »abderben« über das Effenbergsche »plätten« und den Druckfehler »rallen« (gemeint ist wohl »raffen«, denn erklärt wird es mit »etwas verstehen«) bis »Zwiebacksäge«, erstaunlich viele zitiert aus Bohlen und Effenberg. Daß sie aus einer »anderen Schicht« kommen (anders in Bezug auf welche? Träumen hier frustrierte Intellektuelle wieder mal wie Tonio Kröger vom Anderssein?), glaubt man gerne, aber nicht ohne weiteres ist zu erkennen, weshalb derartig schlichte Obszönitäten, die es doch zu allen Zeiten gab, als Akte der Emanzipation gefeiert (oder gefürchtet) werden sollen, als Kulturbruch gar, und weshalb man sie kennen »muß«, wenn man sich »im Kampf um die kulturelle Hegemonie behaupten« will. Wer will das überhaupt? So etwas ergibt sich von alleine, wenn man Kultur hat. Und Bürgerschrecks hat es zu allen Zeiten gegeben, sie waren aber schon geistreicher und unterhaltsamer als Bohlen und Effenberg.

Und wohl auch als Nicolaus Sombart, ein kultivierter Herr gut in den Achtzigern, Sohn des berühmten Nationalökonomen Werner Sombart, dessen Alterswerk, einem »Enthüllungsbuch«, die FAZ die ganze erste Seite ihres sonntäglichen Feuilletons widmet. Es geht um ein Tagebuch, das Sombart in den frühen 80er Jahren als Hospitant des Berliner Wissenschaftskollegs geführt haben will. So wie Effenberg es sich zur Aufgabe gemacht zu haben scheint, alles erreichbare Weibliche in seinem Aktionsradius zu »plätten«, so scheint Sombart als Berliner »Fellow« sich der kulturbeflissenen Damen im Dunstkreis des Wissenschaftskollegs angenommen zu haben (was ich persönlich mir überhaupt nicht als eine beglückende Aufgabe vorstellen kann, aber ich spiele hierbei ja auch gottseidank keine Rolle), und auch er hält es offenbar für seine Pflicht als Zeitzeuge, dies nicht minder detailliert als sein sportlicher Nachwuchsschriftstellerkollege zu schildern. Zitat FAZ: »So detailliert, daß eine Rezensentin beim Lesen der Fahnen in heller Aufregung beim Verlag anrief und dringend darum bat, um Gottes willen ihren Namen aus dem Buch zu entfernen. Sie sei heute glücklich verheiratet, und so wolle sie keinesfalls lesen, wie ihr damals von Herrn Sombart ›die Muschi ausgeputzt‹ wurde und daß er sie als ›kleine Schmusekatze‹ und ›liebes, hilfloses Ding‹ bezeichnete.«

Sombart im Gespräch: »Ich sehe mich in einer Linie mit Robert Musil und Thomas Mann«. Und weiter: »Daß Günter Grass den Nobelpreis für Deutschland bekommen hat und nicht ich, das sagt doch schon alles über die Welt, wie sie heute ist.«

Der schriftstellerische Nachwuchs steht bereit, und so dürfen wir hoffen. daß nächstes Mal Bohlen und/oder Effenberg, die man zweifellos in einer Linie mit Nicolaus Sombart, also auch mit Robert Musil und Thomas Mann sehen sollte, den Nobelpreis »für Deutschland« bekommen. Nein - in Wut gerät angesichts dieser Gesellschaft schon lange keiner mehr, das ist alles das pure Geschwätz von Feuilletonisten mit schlechtem Gewissen. Aber die repräsentieren keineswegs »die Gesellschaft«, die Gesellschaft nämlich sind wir! Oder?

Gute Nacht.

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Walter Lachenmann


eingetragen von Theodor Ickler am 10.05.2003 um 17.56

Wierlacher, Alois/Bogner, Andrea (Hg.): Handbuch interkulturelle Germanistik. Stuttgart: Metzler 2003.

Metzler-übliche Mischorthographie: kennenlernen, zu eigen machen, sogenannte, selbsternannt

Als gewissermaßen internationalen Rahmen der sonderbaren Wissenschaft "Interkulturelle Germanistik" sieht deren selbsternannter Gründer Wierlacher einen "xenological turn" an.
Ziemlich viele Druckfehler. "Leitziele (objectivs)" (S. 17)
Das dicke Buch besteht fast nur aus bombastischen Selbstbeweihräucherungen der IG. Sonst wenig greifbarer Inhalt.
Die Beiträge "präsentieren ein originelles Panorama konstitutiver Aspekte von Theorie und Systematik, Fluchtlinien und Horizonten interkultureller Germanistik" (S. IX) Es gehe um die "reziproke Differenzkonstitution von Fremdem und Eigenem" (S. 14)
Weitere Stilprobe:
Während die Auswahl der Wissensbestände auch eine Funktion der jeweiligen Schwerpunktbildung und Dimensionierung des Faches ist, darf transdisziplinär und transkulturell als Können die Fähigkeit des systematischen Denkens sowie eine im engeren Sinne selbstbewusste fachwissenschaftliche Analyse- und Bedeutungskompetenz einschließlich der Grundbefähigung der Problemerkennungskompetenz, der Methodenkompetenz, der Sozialkompetenz, einer Mehrsprachlichkeit und Mehrkulturenkompetenz sowie wissenschaftsorganisatorischer Fähigkeiten und die Schlüsselqualifikationen sozialer und emotionaler Kompetenz beschrieben werden. (S. 17)

Was ist von einer solchen Germanistik zu erwarten?
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Th. Ickler


eingetragen von Norbert Lindenthal am 05.05.2003 um 17.49

Berlin, Montag, 5. Mai 2003, 23:01 Uhr
Politik  Deutschland
Große Diäten-Koalition in Schleswig-Holstein knickt ein
Nach massiven öffentlichen Protesten ist die umstrittene Diätenerhöhung im Kieler Landtag vom Tisch. SPD und CDU zogen die Notbremse
Kiel - Nach massiven öffentlichen Protesten ist die geplante Diätenerhöhung für die schleswig-holsteinischen Landtagsabgeordneten vom Tisch. Das erklärten die Sprecher der SPD- und CDU-Landtagsfraktion, Lothar Hay und Martin Kayenburg, am Montagabend in Kiel. Ursprünglich hatten die Abgeordneten der großen Parteien am Mittwoch im Rahmen des Nachtragshaushaltes die Diätenstrukturreform durch den Landtag bringen wollen. Das bereits beschlossene Gesetz tritt nun nicht in Kraft.
Besonders die geplante drastische Anhebung der Diäten zum 1. Juni 2003 von 3.927 Euro auf 5.700 Euro im Monat hatte zu heftigen Protesten inner- und außerhalb der Parteien geführt. Dafür sollten die meisten Funktionszulagen und Pauschalen wegfallen - entsprechend einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts. Die Kritiker hatten der SPD und CDU vor allem vorgeworfen, dass die Erhöhung der Diäten schon jetzt in Kraft treten sollte, die „schmerzhaften“ Reformpunkte aber erst mit Beginn der neuen Legislaturperiode. Dazu gehören die von den Abgeordneten selbst zu bezahlende Altersversorgung und die Verkleinerung des Landtages auf 69 Sitze.
Das Gesetz war mit einer deutlichen Mehrheit aus SPD und CDU gegen die Stimmen von FDP, Grünen und dem dänisch orientierten SSW zu Stande gekommen. Nach der Protestwelle diskutierten SPD und CDU am Montag in stundenlangen Krisengesprächen die zugespitzte Situation. dass die Diätenerhöhung Die Landesvorstände sowie die Fraktionsspitzen beider Parteien kamen schließlich zu dem Schluss, dass die Reform „in der Öffentlichkeit nicht vermittelbar“ gewesen sei, sagte CDU-Fraktionschef Kayenburg. Nach dem gänzlichen rot-schwarzen Verzicht auf die Reform muss das Kieler Parlament nun ein gerade beschlossenes Gesetz rückgängig machen. Außerdem hat es zu klären, wie sich die Diäten jetzt weiterentwickeln sollen - das Reizthema bleibt.
WELT.de/dpa/AP, Artikel erschienen am 5. Mai 2003
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Norbert Lindenthal


eingetragen von margel am 04.05.2003 um 04.53

Also: das Unternehmen nennt sich mal ebay, mal eBay, jedenfalls nicht mit Bindestrich.Und die ebayer bilden eine Gemeinschaft. Und loben sich alle gegenseitig für schnelle Bezahlung und schnelle Lieferung.Aber da das hier ein Rechtschreib-und Sprachforum ist -genug davon.


eingetragen von Henning Upmeyer am 03.05.2003 um 21.55

Heißen die Teilnehmer nicht der e-bayer oder E-Bayer, die e-bayern oder E-Bayern?


eingetragen von Norbert Schäbler am 03.05.2003 um 21.28

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von margel
Hi, Leute!
Margel ist unter die ebayer gegangen. Wenn ihr´s noch nicht kennt-da müßt Ihr unbedingt mal vorbeischauen! Voll kraß!
Besonders in den Foren,Cafés und so! Auch sprachlich sehr ergiebig. Bis die Tage dann...


Immer schön dussmoh (doucement).
Erstens heißt das http://www.e-bayer.de.
und zweitens sind dort "noch keine Inhalte" hinterlegt.
und drittens: wenn'D ein brauchst, der Dir die Leerstellenfehler rausnimmt (nach die Kommas und vor die Klammers) kannst mich frog'n.
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nos


eingetragen von margel am 03.05.2003 um 21.18

Hi, Leute!
Margel ist unter die ebayer gegangen. Wenn ihr´s noch nicht kennt-da müßt Ihr unbedingt mal vorbeischauen! Voll kraß!
Besonders in den Foren,Cafés und so! Auch sprachlich sehr ergiebig. Bis die Tage dann...


eingetragen von Henning Upmeyer am 29.04.2003 um 21.57

Diese Wörter mit 'back-'sind nicht zusammengebastelt, sondern dem englisch-deutschen Wörterbuch entnommene Wörter mit 'back-', in denen englisch 'back-' (zurück) durch deutsch 'Back-' (von backen) ausgetauscht werden kann, sodaß sich ein sinnvolles und von der Rechtschreibung zugelassenes 'deutschenglisches' oder 'denglisches' Mischwort ergibt, das von der englischen Bedeutung völlig abweicht. So entstehen eben die 'falschen Freunde' (ein fester sprachlicher Begriff zwischen Englisch und Französisch). Warum sollen Engländer deutschenglische Mischwörter verstehen? Es gibt viele deutsche Englischwörter, die es im Englischen gar nicht gibt. Ebenso gibt es deutsche Französischwörter, die es im Französischen gar nicht gibt. Die Deutschen erfinden ihre Fremdwörter selber. Deutsche Fremdwörter sind für Deutsche gemacht.
– geändert durch Henning Upmeyer am 01.05.2003, 09.13 –


eingetragen von margel am 29.04.2003 um 18.54

"Ganze 17 m hoch" sei der Maibaum, schreibt unser
Lokalreporter. Also recht wenig. Er meint aber: "volle 17 m",also recht stattlich. Auch ein häufig zu beobachtender
Verlust des korrekten Gebrauchs einer Redewendung.


eingetragen von margel am 29.04.2003 um 13.30

Es ist ja bemerkenswert, daß trotz der zur Zeit grassierenden
Antiamerika-Stimmung mit großer Kreativität weitergebastelt wird. Es hat etwas Zwanghaftes.


eingetragen von Henning Upmeyer am 29.04.2003 um 08.55

Und ich dachte, in einem Backshop könnte man sich einen neuen Rücken kaufen. Aber das geht wohl nicht in einem rückwärtigen Laden.
Ist ein Backhouse ein Backhaus oder ein Rückgebäude?
Wann macht der Bäcker sein Backfire an?
Hat jeder Bäcker eine Backhand?
Müssen Backwaren eine Backnumber haben?
Macht der Bäcker abends einen Backstop oder Backstopp?
Ist die Backdoor vorn oder hinten in der Bäckerei?
Hat der Backofen ein Backpedal?
Wann ist Backtalk in der Bäckerei?
Ist das Backwater ein Betriebsgeheimnis (eine Backlist) der Bäcker?
Haben sie einen Backseat am Ofen?
Müssen sie in einer Großbäckerei in Backformation antreten?
Schreibt man Backbone wirklich ohne h?
Ist ein 'Backroom boy' ein 'Wissenschaftler mit Geheimauftrag' oder ein Bäckerlehrling?
Für gemeinsames Backen vereinbaren Sie ein Backdate und richten Ihre Kuchen auf dem Backboard her.
Otto Waalkes soll leben!
– geändert durch Henning Upmeyer am 30.04.2003, 21.47 –


eingetragen von Dusen am 29.04.2003 um 06.21

schrieb Herr Ickler zum "Backshop" u. ä.

Was mich vielleicht noch mehr stört als die plumpen Brocken aus dem Englischen/Amerikanischen, sind sogenannte Lehnwendungen.

Neulich war ich mit einem Freund unterwegs, und ich fragte ihn etwas, worauf er antwortete: "Nicht wirklich." Erst nach unserem Treffen ging mir diese Phrase noch einmal durch den Kopf, und ich fand/finde sie irgendwie abstoßend.

Schon einige Male habe ich >Nicht wirklich< gehört, einmal in der Radiowerbung.

>Nicht wirklich< ist eine neue, falsche Übersetzung von >not really<, was bisher übersetzt wurde mit >eigentlich nicht<. Mein Sprachgefühl sagt dazu 'nein'.

Was ist der Zweck einer solchen Ausdrucksweise? Wahrscheinlich der Versuch, sich bedeutender zu fühlen. Klingt halt irgendwie 'cool'.


eingetragen von Theodor Ickler am 29.04.2003 um 03.39

Zum "Backshop" (eingetragen unter "Ickler-Wörterbuch"): Solche Backshops gibt es in Erlangen schon seit Jahren, und heute macht zusätzlich ein neuer Laden auf, der sich "Bett-Time" nennt. Wie lange man so etwas wohl noch für anziehend halten kann? (Die spinnen, die Deutschen ...)
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Th. Ickler


eingetragen von Elke Philburn am 26.04.2003 um 21.27

Question

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von margel
auch an Hämmoridden
(Hämorrhoiden auf nordhessisch).


Die fakultative Neuschreibung Hämorriden zeigt, ähnlich wie Portmonee, daß das willkürliche Wegstreichen (oder auch Hinzufügen) von Buchstaben mit einer Erleichterung der Rechtschreibung wenig zu tun hat.

Ein Google-Vergleich:

Seiten auf Deutsch wurden nach hämorriden durchsucht. Ergebnisse 1 - 10 von ungefähr 1,540.

Seiten auf Deutsch wurden nach hämorrhoiden durchsucht. Ergebnisse 1 - 10 von ungefähr 30,900.

Wenn schon die herkömmliche Schreibung von vielen Menschen als schwierig empfunden wurde, so darf man wohl davon ausgehen, daß die Zahl derjenigen, die die 'neue' Schreibung kennen, verschwindend gering ist. Ich fürchte, die wenigsten Menschen werden überhaupt wissen, daß es eine gibt.


eingetragen von margel am 26.04.2003 um 20.06

Ein Kaufhaus in unserem Städtchen bietet"Mageritten" an.
Da ist das Lautprinzip aber recht getreu befolgt! Obwohl: mich erinnert´s an Arme Ritter, aber auch an Hämmoridden
(Hämorrhoiden auf nordhessisch).


eingetragen von Henning Upmeyer am 26.04.2003 um 18.56

Italienischer (am besten sizilianischer) Käse würde sich mit dem Namen Corleone sicher noch besser verkaufen.


eingetragen von margel am 26.04.2003 um 15.58

Fragen Sie das im Ernst, Herr Wittkopp?
Es kam mir gar nicht so sehr auf den Inhalt an, sondern auf den Unterschied zu dem gagverliebten Gestammel, das man so oft in deutscher Werbung liest.
Nun gut: Der Coulommiers Coeur de Lion("Löwenherz" wohlgemerkt, für einen Käse. Da sind die Franzosen ganz unbefangen)ist reich an Calcium, das für Kinder unentbehrlich ist, denn es sichert die Festigkeit ihrer Knochen mitten im Wachstum.
Bemerkenswerterweise haben sie es gar nicht ins Deutsche übersetzt, obwohl es eine Exportpackung ist.


eingetragen von Walter Wittkopp am 26.04.2003 um 15.20

Ich kann nämlich kein Spanisch.
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Walter Wittkopp


eingetragen von margel am 26.04.2003 um 13.56

"Le coulommiers Coeur de Lion est riche en calcium, indispensable pour les enfants car il assure la solidité
de leurs os en pleine croissance."

Ist das nicht wunderbar - auf einem Weichkäse für 2,50?!


eingetragen von Christoph Kukulies am 23.04.2003 um 10.45

Ein bißchen stutzte ich, als ich heute in einer FAZ-Überschrift die Wortschöpfung "Schiismus" las. Schiitismus in Anlehnung an Semitismus hätte ich besser gefunden.


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Christoph Kukulies


eingetragen von margel am 09.04.2003 um 17.21

Ich gebe Ihnen teilweise recht. Wo es ein treffendes deutsches Wort gibt, braucht es kein fremdsprachliches. Und dieses Kauderwelsch besonders der Werbetexter(besonders auch urdeutscher Unternehmen,Deutsche Bahn, Post usw.) soll imponieren, befriedigt Eitelkeiten, soll weltläufig tönen und verrät doch nur tiefsten Provinzialismus. Eine sehr deutsche Eigenschaft übrigens. Sehen Sie sich z.B. mal Chirac im Interview an (auf französisch natürlich) und dann Schröder oder Eichel. Ein Schmierenkomödiant, der Franzose, aber was für eine
Gewandtheit, was für eine Souveränität! Jemand hat ja auch mal bemerkt, daß ein Ausländer sich nie für einen Deutschen ausgeben würde, wenn er sich verstellen wollte.
Zum Schluß ein Eindeutschungsvorschlag für T-Shirt:
Tee-Schürze (Franz Hohler). Nett, nicht wahr?


eingetragen von Henning Upmeyer am 09.04.2003 um 17.15

Wirklich schön und genauer ist die polnische Bezeichnung für Kleinwagen: Statt nur 'male auto' (kleines Auto) sagen sie 'malolitrowy samochod' (kleinlitriger Selbstläufer).


eingetragen von RenateMariaMenges am 09.04.2003 um 17.00

Wer sich einmal mit der Trennschärfe dieser amerikanisierten Wörter auseinandergesetzt hat und darüber nachgedacht hat, dem wird schlagartig klar wie trennscharf unsere deutschen Wörter oft sind. Möglich, dass wir mehrere Wörter für einen Sachverhalt brauchen, aber eindeutig, klar und gezielt sind unsere deutschen Wörter. Mir kommen die Referenten heute nicht mehr gebildet vor, die in englischen Wortfetzen reden, sondern nur die, die gutes Deutsch vortragen. Bei allen, die englischsprache Wörter verwenden, denke ich, warum die Sprecher dies überhaupt brauchen.


eingetragen von margel am 09.04.2003 um 16.17

Hat nicht aber auch mal jemand gesagt(waren es Sie nicht sogar selbst, verehrter Herr Professor?), daß ein Text aus lauter Fremdwörtern bestehen könne und trotzdem gutes Deutsch sein?
Frau Dr. Menges geht es ,glaube ich, auch gar nicht um die eingebürgerten Fremdwörter, sondern um die schnell aufgeschnappten und ebenso schnell wieder fallengelassenen
Modewörter, eben vor allem die sog. Anglizismen.
Aber ihre Ersatzvorschläge trafen doch nur zum Teil ins Schwarze-oder?


eingetragen von Theodor Ickler am 09.04.2003 um 16.09

Es freut mich ungemein, Frau Menges einmal vorbehaltlos zustimmen zu können. In der jahrhundertelangen Diskussion um die Fremdwörter spielte sich immer wieder dasselbe ab: Jemand schlug eine deutsche Übersetzung vor, und der Kritiker rief: Das deckt sich nicht! Freilich nicht. Aber ich glaube, Lessing der Große war es, der hierauf entgegnete: Wenn es sich bisher nicht deckte, so wird es sich in Zukunft decken, denn was die Menschen sich jetzt bei einem deutschen Wort nicht denken, werden sie sich bald zu denken gewöhnen. Zugegeben, oft ist das Fremdwort neben seiner Verdeutschung erhalten geblieben, und sie haben sich dann semantisch auseinanderentwickelt (Zerrbild neben Karikatur), aber oft ist das fremde Wort auch verschwunden oder klingt heute unerträglich geziert und archaisch. Wer spricht denn noch von inkommodieren, expropriieren usw.
Das besagte Müller-Magazin wirbt für "Frühlings-Beauty", und natürlich ist Beauty nicht dasselbe wie Schönheit. Aber der Zugewinn besteht bloß in der Kundgabe von Eitelkeit und billiger Anmache. Verbieten sollte man es natürlich nicht, und auch von den Politikern möchte ich nicht noch mehr Äußerungen über die Sprache hören. Aber unter uns sind wir uns doch wohl ziemlich einig, daß wir auf dieses lächerliche Gehabe gern verzichten.
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Th. Ickler


eingetragen von margel am 09.04.2003 um 16.02

Schon wieder vertippt! Ja, das Alter...
Also: Scharmützelchen(nicht dasselbe wie Schmützli übrigens)


eingetragen von margel am 09.04.2003 um 15.59

Hochverehrte Frau Dr. Menges, seien Sie doch bitte nicht gekränkt. Der Ersatz von(neueren) Fremdwörtern durch deutsche
ist höchst problematisch, der Sprachwissenschaftler hätte hierzu ein Wörtchen zu sagen. Denken Sie nur an die vergeblichen Versuche, "Interesse" zu ersetzen- bis heue nie gelungen. Leider verstehen Sie mich schon wieder(gewollt?) nur halb bis falsch. Ich fand , daß Sie Ihre Ersatzwörter
etwas zu leichthändig gewählt hatten-mehr nicht. Begriffliche Schärfe gehört leider nicht zu Ihren Stärken, das haben aber andere Diskutanten auch schon festgestellt. Und so weichen Sie dann gern in Ungefähre aus oder wechseln einfach den Kampfplatz, die Taktik , die Tonlage, oder wie man das nennen mag. Im Sport nennt man das wohl eine Finte. Dahinter steckt bei Ihnen aber kein Kalkül, sondern ich sage mal:ein bißchen Trotz.
Glückwunsch zum Traummann und den herzigen Kindern! Ich habe auch eine Traumfrau, die genausowenig Model oder Mannequin war wir Ihr Teuerster wahrscheinlich Playboy...oder ?

Wo finde ich denn Ihre blaue HP?
Auf viele weitere Scharmüztelchen hoffend verbleibe ich Ihr
ergebener


eingetragen von RenateMariaMenges am 09.04.2003 um 13.12

Der Versuch deutsche Wörter zu sprechen, wo ausländische so schön fantastisch sind, bleibt immer ein wenig unvollkommen. Aber machen Sie es besser, immer nur kritisieren und nichts vorlegen kann jeder. Deutsche Wörter sind weder peinlich noch kurzlebig noch ungenau. Sie drücken das aus, was man meint: Hemd ist Hemd, dazu gehört nun mal auch das T-Shirt. Ich habe eine Bluse an und kein Long-Shirt. Die Wortauswahl sollte keine wissenschaftliche oder politisch vom Team getragene Abhandlung werden, sondern ein Versuch deutsche Worte zu finden und eine Anregung in diese Richtung weiterzudenken.

Nehmen wir das Wort Rechner:
Das ist abolut richtig und entbehrt auch keiner sachlichen Konkurrenz: Computer, PC und Rechner sind gleichgestellt.

Welche HP haben Sie denn nun angeschaut? Wenn Sie sorgfältiger lesen würden, würden Sie wissen, dass ich einen Traummann habe und drei Kinder. Wenn Sie sich etwas genauer informieren würden, würden sie meine blaue HP aufsuchen und sich dort umschauen und merken, dass wir gerade daran arbeiten. Jeder kann diese über Google finden.

Humanitäre Worte brauchen wir nicht, es geht ausschließlich um Fachwissen, wenn Sie verstehen, was ich meine.


eingetragen von Henning Upmeyer am 09.04.2003 um 11.32

Das Erschwerende an deutschen Ausdrücken ist, daß jeder sofort merkt, wenn man sich ungenau ausdrückt, im Gegensatz zu Amerikanismen, die kaum jemand genau ableiten kann. Aber für kurzlebige Modeworte, die sich schnell abnutzen, sind deutsche Wörter einfach zu schade. Als billige Verschleißteile genügen Amerikanismen. So wie wir jetzt stolz darauf sind, zum alten Europa zu gehören mit 2000 Jahren Geschichte und Kultur, sollten wir stolz auf unsere wertvollen eigenen Wörter sein. Wertvolle Dinge erfordern eben auch Sorgfalt und Genauigkeit bei der Auswahl.


eingetragen von margel am 09.04.2003 um 09.29

Liebe Frau Dr. Menges, Ihre gutgemeinten Eindeutschungsversuche in allen Ehren- aber da stimmt doch das meiste nur so ungefähr.
Ich habe z.B. heute morgen ein Hemd angezogen, aber beileibe kein Trikot ( da würden sich die Kollegen auch schön wundern...).ein Model oder Mannequin ist einfach ein Modell. War Ihr Traummann, falls es je einen solchen gab, ein Playboy?
Ein Team ist wohl eher eine Mannschaft. Eine Fête ist kein Fest
(viel zu uncool). Ein Budget ist ein Haushaltsplan. Ein Chef ist ein Vorgesetzter und nicht unbedingt ein Meister.Ein Ticket kann auch eine Eintrittskarte sein oder ein Parkschein. Tristesse bedeutet nicht einfach Traurigkeit, sondern Melancholie,Weltschmerz. Und mit "cool" meint der Jugendliche
nicht "wunderbar"(das ist eher "toll" oder "genial", "super").
Ihrer Homepage entnehme ich, daß Sie ein "Fisch" sind. Präzision in Denken und Ausdruck ist deren Sache nicht. Aber
dafür verfügen sie über unbegrenztes Mitgefühl und tätige
Menschenliebe, wie vermutlich auch Sie in Ihrem Beruf(nicht "Job").
Mit den besten Grüßen


eingetragen von RenateMariaMenges am 08.04.2003 um 19.07

Warum findet sich kein deutscher Politiker, der für die deutschen Wörter eintritt?
Sind die deutschen Wörter nicht um ein vielfaches schöner?
Man sollte bei der Wahl der Politiker auch auf diese Dinge achten, aber leider weiß man nie vorher, für welche Themen sich der Politiker/ die Politikerin nach der Wahl einsetzen:

Adieu/Ade für Bye bye
Auf Wiedersehen

Bassin für Pool
Sportbecken, Becken

Billett für Ticket
Fahrkarte

Bonvivant für Playboy
Traummann

Budget [büdsche] oder Etat für Budget [badschet
Geldverwaltung

Chanson für Song
Lied

Chauffeur für Driver
Fahrer

Chef für Boss
Meister

Communiqué für Briefing
Zusammenfassung

Conférencier für Showmaster (Scheinanglizismus)
Moderator, Programmführer

Coupe für Cup (‘Pokal’)
Pokal

D’accord für okay ja, jawohl, gern

Formidable für cool
wunderbar, schön, kühn

Hausse für Boom
Anstieg, Aufstieg

Hautevolee für High Society
höhere Schicht, bessere Gesellschaft

Klassement für Ranking
Sortierung

Mannequin für Model
Traumfrau

Equipe für Team
Arbeitsgruppe, Arbeitsgemeinschaft

Etikett für Label
Aufkleber

Fête für Party
Fest

Niveau für Level
Stand, Stufe, Fläche

Opinion publique für Public opinion
öffentliche Meinung

Ordinateur für Computer
Rechner

Pointe für Gag
Höhepunkt

Sofa für Couch
Liege

Rendezvous für Date
Treff, Treffpunkt

Resümee für Abstract
Zusammenfassung

Revue für Show
Schau, Theater, Darbietung

Souterrain für Basement
Untergeschoß

Tantieme für Royalty
Anteile

Tournee für Tour
Weg, Ausflug, Ziel

Trikot für T-Shirt
Hemd

Tristesse für Sadness
Traurigkeit


Leider klingt es ein wenig gebildeter, wenn man sich "vornehm" ausdrücken kann, nötig wäre es wirklich nicht.


eingetragen von Christoph Kukulies am 08.04.2003 um 16.24

Im Text: ...Wir sind auch Autofahrer...
Gehauchter Slogan als Ausklang: Esso - we are drivers too.

--

Learning English by hearing Werbung.


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Christoph Kukulies


eingetragen von Theodor Ickler am 08.04.2003 um 16.15

Die Drogeriekette Müller gibt einen Hochglanzprospekt "Body & Soul" heraus. Die sechs Kapitel lauten: beauty, starwatch, wellness, balance, living, standards. - Ich bin ja keiner von den Anglizismenjägern, aber ich frage mich doch, welche Vorstellung diese Werbefritzen vom Publikum haben. Glauben die, wir seien tief beeindruckt, wenn uns solche Fetzen um die Ohren fliegen? Unter "living" werden übrigens "die schönsten Outdoor-Games für große und kleine Spielfans" vorgeschlagen: Power-Mädel, Talkie-Boy, Beach-Barbie und Flirt-Feger äußern sich über so exotische Vergnügungen wie Seilhüpfen.
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Th. Ickler


eingetragen von Henning Upmeyer am 07.04.2003 um 21.18

Betrachtet man die Vorschläge auf Europa-Tauglichkeit, d.h. auf ihre Verbreitung in den übrigen europäischen Sprachen außer Englisch, so sind die aus dem Französischen stammenden Fremdwörter, weil meist lateinischen Ursprungs, tatsächlich weiter verbreitet, sogar bis ins Russische, das Fremdwörtern gegenüber sehr offen ist (im Gegensatz zum Tschechischen, wo für jedes internationale Wort ein tschechisches Wort erfunden wird). Da die internationalen Fremdwörter im vereinigten Europa das Verständigungsmittel der Zukunft sind und die Engländer ihr Vokabular mit allen Mitteln durchsetzen wollen, ist da tatsächlich ein Wettbewerb im Gange.


eingetragen von Jörg Metes am 07.04.2003 um 18.00

Hier der "Aufruf zur Sprachdemo" im Original. Ich kann mir nicht vorstellen, daß er ernst gemeint ist. Ich halte ihn für eine - vielleicht allerdings zu raffinierte - Satire.
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Jörg Metes


eingetragen von Walter Lachenmann am 07.04.2003 um 16.35

Der Ansatz der mutigen Sprachwissenschaftler ist grundrichtig. Nur so kann man die Amerikaner in die Knie zwingen. Allerdings müßte man das Problem gleich an der Wurzel anpacken, d.h. die Wörterbücher müßten gründlich bereinigt und umgestellt werden. Also alles raus von Action-painting bis Yankee-doodle, stattdessen rein mit Aperitif, auch Aperritiv, auch Aperri-tief über Froufrou, auch Frufru, auch Fru-fru, bis yéyéyé, auch yee-yee-yee, oder ganz einfach jejeje.
Und da Europa und der Nahe Osten angesichts der hegemonialen Unverschämtheiten der Texaner nun zusammenrücken und sich auf gemeinsames Lebensinteresse und Kulturerbe besinnen müssen, wäre es für die Abschreckung nach außen von starker Signalwirkung, in der Alltagssprache öfters von deutschen Wörtern arabischer Herkunft Gebrauch zu machen, also etwa von Tarif, Diwan, Backschisch oder Alaaf, sich statt mit dem dekadenten »Hi!« mit Salaam Aleikum zu begrüßen und im Gespräch zwischendurch ein spontanes Hamdulillah oder Inschallah fallenzulassen. Wer Karl May gelesen hat, verfügt über den hierfür erforderlichen Grundwortschatz.

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Walter Lachenmann


eingetragen von Theodor Ickler am 07.04.2003 um 03.49

Kartonluder
Sprachwissenschaftler gegen den Krieg

Aus Protest gegen den Irak-Krieg haben Sprachwissenschaftler dazu aufgerufen, englische Ausdrücke im Deutschen durch ihre französischen Pendants zu ersetzen, etwa "Billet" statt "Ticket" und "Karton" statt "Box" zu sagen. Dies sei eine friedliche Form des Protests gegen die Politik der Vereinigten Staaten und Großbritanniens und eine Demonstration deutsch-französischer Solidarität, sagte der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft "Sprache in der Politik", Armin Burkhardt. Den Aufruf und eine Liste mit Ersatzwörtern hat die Arbeitsgemeinschaft im Internet (www.sprache-in-der-politik. de) veröffentlicht. Dort empfiehlt sie unter anderem die Verwendung von "Trikot" statt "T-Shirt", "Pointe" statt "Gag", "d'accord" statt "okay", "Etikett" statt "Label" und "Hausse" statt "Boom". Es gehe nicht um Sprachpurismus, sondern um eine politische Manifestation, daß eine große Mehrheit der Bevölkerung den Kurs der Regierungen von Deutschland und Frankreich stütze, sagte Burkhardt. (dpa)

(FAZ 8.4.2003)
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Th. Ickler


eingetragen von Peter Schubert am 05.04.2003 um 15.18

Einsichtig ist die Regel für die Benutzer aller romanischen Sprachen: Je le ferais si je le savais.
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Peter Schubert


eingetragen von Henning Upmeyer am 05.04.2003 um 11.45

In meiner alten Schulgrammatik steht es genauer:
"Vom Konjunktiv zu unterscheiden sind die Formen des Konditionalis. Man versteht darunter die mit 'würde' usw. zusammengesetzten Formen.
Alle Verben der indirekten Rede stehen im Konjunktiv.
In der indirekten Rede steht aber im Wenn-Satz nie der Konditionalis. Die Umschreibung des Konjunktivs mit dem Konditionalis (Formen mit 'würde') ist sonst falsch."
Diese Regel entspricht nicht mehr dem Sprachgebrauch, eben weil sie nicht einsichtig ist.


eingetragen von Henning Upmeyer am 05.04.2003 um 10.57

Ich warte auf die nächste Volksetymologie, die erklärt, daß der Genitiv mit -s ein Dativ mit verkürztem Possessivpronomen ist: Aus "Der Oma sein Häuschen" wurde verkürzt "Omas Häuschen", und zwar schon bei den alten Germanen, weil es in allen Nachfolgesprachen zu finden ist.


eingetragen von Reinhard Markner am 05.04.2003 um 05.12

Zitat:
Die normative Stilistik hat jahrzehntelang darauf hingewirkt, würde in wenn-Sätzen als falsch anzusehen.

Das erinnert auffällig an die Regel, wonach in if-clauses kein would stehen dürfe (was allerdings auch nicht ausnahmslos gilt).


eingetragen von Henning Upmeyer am 04.04.2003 um 19.25

Erhält man aus dem Googel auch Grammatik-Beispiele oder nur Einzelworte?
Ich fürchte, Grammatik-Weiterentwicklungen sind im Schulbereich ein Generationenproblem der Deutschlehrer.
Ein Schüler, der die Grammatik besser beherrscht als sein Lehrer, bekommt nur Ärger, wenn er davon Gebrauch macht. Das gilt für jeden Sprachunterricht.
Solche Schüler können über sogenannte Ausdrucksfehler leicht diszipliniert werden. Schon ab der dritten Grundschulklasse ist es das Wichtigste, herauszufinden, welche Ausdrücke der Deutschlehrer hören und sehen möchte.
Die einzigen Gebiete, wo Grammatikkenntnisse wirklich wertvoll sind, sind die Indogermanistik und die vergleichende Sprachwissenschaft. Darüber lernen Deutschlehrer zuwenig.


eingetragen von margel am 04.04.2003 um 16.36

Auch die Grammatikregeln sind ja letztlich aus dem Sprachgebrauch hergeleitet. Sind sie beständiger als die orthographischen, wie es mein unmaßgeblicher Eindruck ist?
Und wenn ja, warum? Wäre es denkbar, daß sich ein paar Reformer
über die Grammatik hermachten, wie sie es mit der Orthographie getan haben? (Zu Recht wurde ja gefragt, warum der Staat sich nicht auch um Grammatik und Aussprache kümmert). Vielleicht hält man die Grammatik bloß deshalb für unveränderlich, weil man mal Latein gelernt hat, wo man dann auf sicherem Grund steht. Es geht mir übrigens nicht um Stilistik. Unwörter gibt es nicht, "Unwort" sollte das nächste und gleichzeitig letzte
Unwort des Jahres sein...


eingetragen von Theodor Ickler am 04.04.2003 um 12.53

Nur ein winziger Ausschnitt aus dem unendlich schwierigen Gebiet: Die normative Stilistik hat jahrzehntelang darauf hingewirkt, würde in wenn-Sätzen als falsch anzusehen. Dafür gibt es keinen nachvollziehbaren Grund, schon gar nicht im Sprachgebrauch. Aber weil die Norm nun einmal gepredigt wurde, haben viele von uns diese an sich gebräuchliche Ausdrucksweise peinlich vermieden. Gerade wo es keine rationalen Begründungen gibt, wirkt die Norm als solche, einmal in die Welt gesetzt, unerbittlich. Aus demselben Grunde meiden die älteren von uns ja auch die Wörter, die der sprachpflegerische Unverstand seinerzeit im "Wörterbuch des Unmenschen" gebrandmarkt hat.
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Th. Ickler


eingetragen von margel am 04.04.2003 um 11.14

Ja, Herr Upmeyer,
vielleicht gehört der Wandel der Grammatik doch in eine andere Dimension als der der Rechtschreibung. Vieleicht hat erstere mehr mit dem Denken, letztere mehr mit dem Sprachgefühl zu tun.
Ich weiß, ich weiß: beim Diskutieren der Zusammenhänge zwischen Denken, Logik und Grammatik gerät man schnell in Zirkelschlüsse
und perspektivische Täuschungen... Aber trotzdem, Ihr Experten,
sagt mal was Grundsätzliches dazu!


eingetragen von Henning Upmeyer am 04.04.2003 um 10.12

ist eine hochinteressante Frage, die hier viel zu kurz kommt, obwohl sie sich auch auf die Rechtschreibung auswirkt.
Wenn man 50 Jahre alte Schulgrammatiken mit heutigen vergleicht, ist vieles von dem, was damals als umgangssprachlich und deswegen als falsch bezeichnet wurde, heute als Variante zugelassen.
Aber die Frage bleibt: Wer darf die Grammatik festlegen? Die Firma Duden oder die Politiker (die Kultusminister oder der Bundesinnenminister)? Oder gilt doch der allgemeine Sprachgebrauch? Gibt es regelmäßige offizielle Überprüfungen?
Tatsache (neuhochdeutsch "Fakt") ist, daß niederdeutsche Ausdrucksweisen in die hochdeutsche Sprache hineindrängen, besonders solche, die dem Englischen verwandt sind.


eingetragen von margel am 04.04.2003 um 09.29

Wenn in -vor allem amtlichen- Texten Bezeichnungen politisch korrekt in beiden Formen("Teilnehmerinnen und Teilnehmer" usw.)
erscheinen, wird immer erst die weibliche Form genannt und dann die männliche. Wer erklärt mir das?


eingetragen von margel am 04.04.2003 um 07.56

Sprachwissenschaftlich gesehen, ist das sicher alles richtig.
Ich frage mich aber trotzdem, wie ich einem Schüler im Grammatikunterricht diesen Dativ erklären soll.
Oder glaube ich einfach zu naiv an eine gewisse Logik in der Grammatik und sollte ich auch hier wie in der Rechtschreibung einfach alles richtig finden, wenn es nur oft genug auftritt?


eingetragen von Wolfgang Wrase am 04.04.2003 um 05.12

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von margel
Heute in der F.A.Z.: Bildunterschrift S. 37: "...einer der zehn Papierschnipsel, den womöglich frühesten Fragmenten des Nibelungenliedes."

Sie spüren dunkel, daß da ein casus obliquus hingehört, aber welcher ? Dafür gibt es oft ein Übersoll an Genitiven, z.B. nach "entgegen", "gemäß" u.a.


Das Ausweichen auf den Dativ bei Appositionen, wo eigentlich der Genitiv beibehalten werden sollte, ist zwar verbreitet; es kommt hier aber hinzu, daß die strenge Parallelisierung, die eine Apposition bedeutet, hier grammatisch problematisch wäre, so daß der Schreiber vielleicht intuitiv dieser Gleichsetzung ausgewichen ist zugunsten einer anderen "falschen", unklaren Konstruktion. Grammatisch: einer ... der zehn Fragmente wäre nicht kongruent (Makuslinum/Neutrum).

Wenn man nur beobachtet, wie geschrieben wird, könnte man mit noch mehr Funden belegen, daß das Komma am Ende der Apposition (falls der Satz danach weitergeht) sehr oft vergessen bzw. weggelassen wird. Das ist insofern auch "kaum noch falsch", zumal sich zur Not ein Aufzählungscharakter damit verbinden läßt (Beschreibung A, Beschreibung B). Aus statistischer Sicht schon bald die Norm; aus sprachpflegerischer Sicht aber wohl ein Fehler.


eingetragen von Theodor Ickler am 04.04.2003 um 04.06

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von margel
Heute in der F.A.Z.: Bildunterschrift S. 37: "...einer der zehn Papierschnipsel, den womöglich frühesten Fragmenten des Nibelungenliedes."

Sie spüren dunkel, daß da ein casus obliquus hingehört, aber welcher ? Dafür gibt es oft ein Übersoll an Genitiven, z.B. nach "entgegen", "gemäß" u.a.


Hierzu zwei Bemerkungen:
Der Dativ als verallgemeinerter Appositionskasus ist so verbreitet, daß man ihn kaum noch als falsch bezeichnen kann. Ich habe umfangreiche Sammlungen dazu angelegt, sogar als Ersatz für den Nominativ kommt er vor, mit oder ohne Partikel als.
Der Genitiv bei Präpositionen, wo er eigentlich nicht hingehört (zum Beispiel nach trotz) beruht wohl darauf, die meisten "neuen" Präpositionen substantivischen Ursprungs sind (wegen, trotz), der typische adnominale Kasus aber eben der Genitiv ist. Daher kommt es zu hyperkorrekten, allmählich dann nur noch korrekten Konstruktionen.
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Th. Ickler


eingetragen von Elke Philburn am 04.04.2003 um 01.40

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Theodor Ickler
Als Vertreter einer äußerst schwammigen Disziplin neigt er zu bombastischen Umschreibungen, die allerlei Unwesentliches in die Definition alltäglicher Begriffe hineinstopfen.

Wie treffend! Genau diesen Eindruck habe ich während meines Lehramtsstudiums immer wieder gewonnen.


eingetragen von margel am 03.04.2003 um 16.50

Heute in der F.A.Z.: Bildunterschrift S. 37: "...einer der zehn Papierschnipsel, den womöglich frühesten Fragmenten des Nibelungenliedes."

Sie spüren dunkel, daß da ein casus obliquus hingehört, aber welcher ? Dafür gibt es oft ein Übersoll an Genitiven, z.B. nach "entgegen", "gemäß" u.a.


eingetragen von Theodor Ickler am 03.04.2003 um 11.16

"Lesekompetenz (Reading Literacy) wird in der PISA-Studie als Fähigkeit definiert, schriftliche Texte zu verstehen, zu nutzen und über sie zu reflektieren, um eigene Ziele zu erreichen, das eigene Wissen und Potential zu entwickeln und am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen."

Wir alle wissen, was Lesefähigkeit bedeutet, nicht wahr? Aber das genügt dem Didaktiker nicht. Als Vertreter einer äußerst schwammigen Disziplin neigt er zu bombastischen Umschreibungen, die allerlei Unwesentliches in die Definition alltäglicher Begriffe hineinstopfen. Warum soll es denn zur Lesefähigkeit gehören, "eigene Ziele erreichen" zu wollen? Das ist übrigens ein Erbteil der sophistischen Rhetorik, die alles auf den eigenen Nutzen und das Fortkommen in der Gesellschaft zu beziehen pflegte. Auch die Habermasschen "erkenntnisleitenden Interessen" wurden ja nie als möglicherweise unvermeidliches Übel behandelt, sondern als stolz verkündetes Programm. In unzählige Lehrpläne wurde die "Durchsetzung eigener Interessen" – übrigens die Grundformel des Immoralismus – aufgenommen.
Wer einsam in seinem Kämmerlein sitzt oder, besser noch, lesend auf dem Sofa liegt (nach einem berühmten Autor ein Vorgeschmack des Paradieses) und dabei keineswegs an seine eigenen Interessen denkt, ist wohl nicht lesekompetent?
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Th. Ickler


eingetragen von Theodor Ickler am 02.04.2003 um 06.35

Zu den alten Hüten der Sprachmeisterei gehört die auch vom Duden hochgehaltene Unterscheidung von gesinnt und gesonnen. Das erste soll heißen "eingestellt", das zweite "gewillt"; auch soll gesonnen nur prädikativ gebraucht werden. Diese Vorschriften sind weit von der Wirklichkeit entfernt. Zwar wird gesinnt überwiegend in der Bedeutung "eingestellt" verwendet, aber auch gesonnen (nebst wohlgesonnen, freundlich/feindlich gesonnen usw.) hat sehr oft diese Bedeutung, und es wird auch massenhaft attributiv gebraucht. Der erhobene Zeigefinger im Duden (Bd. 9: "dürfen nicht verwechselt werden") ist besonders ärgerlich, wenn man ihn bei ganz normalen Zeitgenossen wiederfindet, die ihre Weisheit auch bloß aus dem Duden haben und nicht aus der Beobachtung der Sprache.
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Th. Ickler


eingetragen von Henning Upmeyer am 23.03.2003 um 20.11

Die deutsche Sprache lebt und ändert sich weiter.
Süddeutsche Zeitung v. 24.3.03, München, Mittendrin: Geile Atmo nach vier Salvo.
Demo, Kino, Auto, Motto, Foto, Kasko, Rollo, Ultimo, Info, Radio, Immobranche, Improschule, Disko, Atmo, Retro, Trendo.
Voll europa-taugliche Passe-par-tout-Wörter.


eingetragen von Theo Grunden am 23.03.2003 um 07.46

Im Gegensatz zu den von Herrn Upmeyer genannten Eingebetteten gilt allerdings für die eingebetteten Journalisten im Irak:
Mit dem Grad ihrer Einbettung im übertragenen Sinn wächst auch die Gefahr ihrer (vorübergehenden, längerfristigen oder gar endgültigen) Einbettung im wörtlichen Sinn.

– geändert durch Theo Grunden am 24.03.2003, 13.06 –


eingetragen von Henning Upmeyer am 22.03.2003 um 17.55

Eingebettet scheinen mir auch manche Wissenschaftler, Sachverständigen-Gutachter, usw.
Auch hier fließt nicht unmittelbar Geld, aber es winken weitere Aufträge.
Für diese Art von indirekter Korruption könnte man die Lehnübersetzung "eingebettet" ins Deutsche übernehmen.


eingetragen von Theodor Ickler am 22.03.2003 um 15.23

Mein Vorschlag wäre: eingebettete Journalisten. Es gab Hunderte von Belegen in den letzten Tagen. Und in gewisser Weise gehört es sogar in unser Forum. Denn so, wie die US-Armee die Journalisten zwecks Kriegspropaganda einbettet, so betten die Kultusminister die Journalisten ein, wenn es um die Rechtschreibreform geht. Ich kenne Journalisten, die bei den Kultusministerien aus- und eingehen und dieses schöne Verhältnis natürlich nicht durch Aufsässigkeit wegen einer so belanglosen Sache wie der deutschen Sprache gefährden wollen. Es fließt kein Geld, und doch ist es Korruption, sanft und nachhaltig und mit dem besten Gewissen.
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Th. Ickler


eingetragen von Sigmar Salzburg am 16.03.2003 um 10.10

Baghdad, Iraq sind sinnvolle Schreibweisen. Jeweils der zweite Vokal ist langes „a". Das gh deutet den Buchstaben „ghain" an, etwa wie im Berliner Dialekt „Wagen" – ein stimmhaftes „ch", ins Deutsche meist nur als „g" übertragen (Magreb). ‘Iraq hat als Anlaut den Konsonanten „‘ain", die stimmhafte Variante des gutturalen „h" – für Mitteleuropäer kaum erkennbar – und als Auslaut das gutturale „q". Aspirierte Laute th, dh, ph, gh ... kennt das Arabische nicht.

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Sigmar Salzburg


eingetragen von Detlef Lindenthal am 16.03.2003 um 08.44


Wie schreibt man Bag[h]dad?
– Ein gegugeltes Empirikum –

Bhaghdhadh
Bhaghdhad
Bhaghdadh
Bhagdhadh
Baghdhadh
Bhaghdad
Bhagdhad
Bhagdadh
Baghdhad
13 
Baghdadh
Bagdhadh
1.820 
Bhagdad
378.000 
Baghdad
4.460 
Bagdhad
104 
Bagdadh
403.000 
Bagdad
   
   


Baghdad und Iraq   oder aber   Bagdad und Irak:

UND
Bagdad
Baghdad
Irak
163.000
42.200
Iraq
15.600
242.000

Die genannten Zahlen bedeuten
die Anzahl der gefundenen Seiten unter http://google.de .


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Detlef Lindenthal


eingetragen von Theodor Ickler am 15.03.2003 um 15.21

Den "Sofortismus" (SZ vom 15.3.03) gibt es schon eine Weile, aber die "Selbstschoßhundisierung Blairs" in der heutigen FAZ Sonntagszeitung habe ich bisher nicht gesehen; sehr hübsch.
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Th. Ickler


eingetragen von Theodor Ickler am 15.03.2003 um 15.18

"Die Teile hab ich in der Hand, nur fehlt drum rum ein einig Band": so sagt der Dichter. (Heribert Prantl in der Süddeutschen Zeitung vom 15.3.03)

Na ja, so ungefähr. "Dann hat er die Teile in seiner Hand,/Fehlt, leider! nur das geistige Band."
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Th. Ickler


eingetragen von Wolfgang Wrase am 12.03.2003 um 08.53

Vielen Dank der Nachfrage, Herr Kukulies. Ich unterrichte nicht Mathematik, aber ich habe dieses Fach in der Schule sehr gemocht und gab auch Nachhilfestunden - Ihr Eindruck trifft also zu. Ich hatte Leistungskurs und bekam sogar mal den Mathe-Preis meiner Schule. Leider bin ich jetzt, nach über zwanzig Jahren, schätzungsweise auf das Niveau von Klasse 8 abgesunken. Aber die Freude an der Systematik, an der Struktur in der Vielfalt, an ihrer Schönheit und Nützlichkeit ist mir natürlich geblieben und hilft mir beim Lektorieren. Allerdings: Nur mit Systematik, mit strengen Regeln komme ich natürlich beim Korrigieren nicht zurecht. Deshalb google ich ja verrückt, um in diesen ganzen Übergangsbereichen und Zweifelsfällen herauszufinden, wolche Tendenzen es gibt und ob sich doch eine Norm feststellen läßt. Gestern habe ich zum Beispiel gegoogelt, wie häufig "Spülstein" im Vergleich zu "Waschbecken" ist (ca. 1 Prozent) und im Vergleich zu "Spüle" und "Waschtisch"; außerdem, wie häufig "Verdoppelung" ist im Vergleich zu "Verdopplung" (etwa doppelt so häufig).


eingetragen von Carsten Zander am 11.03.2003 um 14.02

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Carsten Zander
Die Computerzeitschrift c't führte mit ihrer neuen Ausgabe eine Grotesk-Schrift ein, die zwar schön aussieht aber kaum noch lesbar ist. Auch irgendwie eine Art von kleiner Rechtschreibreform. Natürlich hagelte es zahlreich Proteste:
(Beiträge ab 9.3.2003)
Interessante (psychologische) Einblicke bieten vor allem die Beiträge des Chefredakteurs Christian Persson, der dort mitdiskutiert und die Aufregung überhaupt nicht versteht.



Mir wurde gerade mitgeteilt, daß es mit der Verknüpfung Probleme gibt.

Unter Foren sind mehrere Foren aufgelistet.
Und zwar geht es um das Forum "c't allgemein"


eingetragen von Christoph Kukulies am 11.03.2003 um 13.46

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Wolfgang Wrase

Man kann sagen, daß der Ausdruck "alter Wein in neuen Schläuchen" häufiger verwendet wird als der biblische Ausdruck "neuer Wein in alten Schläuchen" und anerkannt werden muß, auch wenn er mit der usprünglichen Herleitung nicht mehr begründet werden kann.


Vielen Dank, Herr Wrase, für die hübsche Auswertung und das Resümee. Frage am Rande: Unterrichten Sie Mathematik? Ihre Systematik drängt mir den Eindruck auf.


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Christoph Kukulies


eingetragen von Carsten Zander am 10.03.2003 um 10.40

Die Computerzeitschrift c't führte mit ihrer neuen Ausgabe eine Grotesk-Schrift ein, die zwar schön aussieht aber kaum noch lesbar ist. Auch irgendwie eine Art von kleiner Rechtschreibreform. Natürlich hagelte es zahlreich Proteste:

http://heise.de/ct/foren/go.shtml?changeview=t&forum_id=2

(Beiträge ab 9.3.2003)

Interessante (psychologische) Einblicke bieten vor allem die Beiträge des Chefredakteurs Christian Persson, der dort mitdiskutiert und die Aufregung überhaupt nicht versteht.


eingetragen von Theodor Ickler am 10.03.2003 um 10.22

Es gibt weitere berühmte Beispiele für die Fehldeutung oder sogar dadurch bedingte Fehlzitierung, zum Beispiel Juvenals "mens sana in corpore sano" oder noch krasser "non scholae, sed vitae discimus", das bei Seneca gerade andersherum steht.
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Th. Ickler


eingetragen von Wolfgang Wrase am 10.03.2003 um 10.15

Neuer/alter Wein in neuen/alten Schläuchen: Herr Kukulies hatte gefragt, ob man von neuem Wein in alten Schläuchen redet oder umgekehrt von altem Wein in neuen Schläuchen. Seine Beobachtung war, daß Google ungefähr gleich viele Belege für die beiden Ausdrücke liefert.

Wir hatten daraufhin den Ursprung der Redensart aus der Bibel betrachtet, die vom neuen Wein ausgeht, wobei es im Prinzip zwei Möglichkeiten gibt: "neuer Wein in neuen Schläuchen" sei üblich und gut, "neuer Wein in alten Schläuchen" sei ganz unüblich und falsch.

Das sagt aber nichts darüber aus, ob sich dieses Verständnis (und vor allem der Gebrauch) tatsächlich so gehalten hat, wie es in jenem Gleichnis ursprünglich gemeint war. Auch ich meine, daß Google brauchbare Hinweise auf die heutige Verwendungsweise liefert. Der Vollständigkeit halber prüfe ich auch "neuer Wein in neuen Schläuchen" und "alter Wein in alten Schläuchen"; und jeweils eine Variation bei der Deklination.

A. neuer Wein in alten Schläuchen: 641
B. alter Wein in neuen Schläuchen: 4080
C. neuer Wein in neuen Schläuchen: 67
D. alter Wein in alten Schläuchen: 89

A. neuen Wein in alten Schläuchen: 52
B. alten Wein in neuen Schläuchen: 591
C. neuen Wein in neuen Schläuchen: 13
D. alten Wein in alten Schläuchen: 9

A. neuer Wein in alte Schläuche: 115
B. alter Wein in neue Schläuche: 125
C. neuer Wein in neue Schläuche: 86
D. alter Wein in alte Schläuche: 0

A. neuen Wein in alte Schläuche: 568
B. alten Wein in neue Schläuche: 96
C. neuen Wein in neue Schläuche: 214
D. alten Wein in alte Schläuche: 3

Insgesamt scheint "alt in neu" zu überwiegen, wenn man die erste Gruppe mit den größten absoluten Zahlen sowie die zweite Gruppe betrachtet. Jedoch kehrt sich das Verhältnis in der letzten Gruppe um zugunsten der originalen Kombination "neu in alt", und bei der dritten Gruppe haben wir annähernd Gleichstand. Eine erstaunliche Unregelmäßigkeit zwischen den Gruppen, die ich nicht erwartet hätte.

Sie scheint vor allem daran zu liegen, daß in der letzten Gruppe diejenigen Funde überwiegen, die sich mit dem Zitat aus der Bibel beschäftigen. Wenn man von dieser Gruppe der Bibelfesten absieht, die sich mit dem Originaltext beschäftigen, gibt es also ein deutliches Übergewicht zugunsten der "umgedrehten Fassung". Das Sprichwort wird heute überwiegend genau umgekehrt verwendet wie ursprünglich.

Man kann sagen, daß der Ausdruck "alter Wein in neuen Schläuchen" häufiger verwendet wird als der biblische Ausdruck "neuer Wein in alten Schläuchen" und anerkannt werden muß, auch wenn er mit der usprünglichen Herleitung nicht mehr begründet werden kann.


eingetragen von Sigmar Salzburg am 08.03.2003 um 05.22

ZDFtext So 09.03.03 06:10

Bundesaußenminister Fischer erhält heute ...die Buber-Rosenzweig-Medaille.... Die Laudatio wird der Präsident des Zentralrats der Jugend in Deutschland, Spiegel, halten.

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Sigmar Salzburg


eingetragen von Sigmar Salzburg am 06.03.2003 um 15.17

Neuer in Gärung befindlicher Wein zerreißt mürbe alte Ziegenbälge!
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Sigmar Salzburg


eingetragen von Christoph Kukulies am 06.03.2003 um 14.49

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Wolfgang Wrase


Lk 5, 36-39
"...Und niemand, der alten Wein getrunken hat, will neuen; denn er sagt: Der alte Wein ist besser."

Offensichtlich geht es bei diesem Gleichnis darum, daß etwas Neues nicht mit Altem vermischt werden soll. Jedoch galt damals auch schon alter Wein als unvergleichlich besser, Herr Kukulies! - und Lukas konnte sich prompt den Hinweis auf den guten alten Wein nicht verkneifen, obwohl er damit genau den Sinn des Gleichnisses durchkreuzte, indem er die Rede vom neuen Wein mit einer Lobpreisung des alten Weins abschloß. Prosit!


Mir kommen Assoziationen, die etwas mit dem Thema dieser Seiten zu tun haben könnten...


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Christoph Kukulies


eingetragen von Wolfgang Wrase am 06.03.2003 um 14.31

Mt 9. 16-17:

"Niemand setzt ein Stück neuen Stoff auf ein altes Kleid, denn der neue Stoff reißt doch wieder ab, uns es entsteht ein noch größerer Riß. Auch füllt man nicht neuen Wein in alte Schläuche. Sonst reißen die Schläuche, der Wein läuft aus und die Schläuche sind unbrauchbar. Neuen Wein füllt man in neue Schläuche, dann bleibt alles erhalten."


Mk 2, 21-22:

"Niemand näht ein Stück neuen Stoff auf ein altes Kleid, denn der neue Stoff reißt doch vom alten Kleid ab, und es entsteht ein noch größerer Riß. Auch füllt niemand neuen Wein in alte Schläuche. Sonst zerreißt der Wein die Schläuche; der Wein ist verloren, und die Schläuche sind unbrauchbar. Neuer Wein gehört in neue Schläuche."


Lk 5, 36-39

"Und er erzählte ihnen auch noch ein Gleichnis: Niemand schneidet ein Stück von einem neuen Kleid ab und setzt es auf ein altes Kleid; denn das neue Kleid wäre zerschnitten, und zu dem alten Kleid würde das Stück von dem neuen nicht passen. Auch füllt niemand neuen Wein in alte Schläuche. Denn der neue Wein zerreißt die Schläuche; er läuft aus, und die Schläuche sind unbrauchbar. Neuen Wein muß man in neue Schläuche füllen. Und niemand, der alten Wein getrunken hat, will neuen; denn er sagt: Der alte Wein ist besser."

Offensichtlich geht es bei diesem Gleichnis darum, daß etwas Neues nicht mit Altem vermischt werden soll. Jedoch galt damals auch schon alter Wein als unvergleichlich besser, Herr Reimers! - und Lukas konnte sich prompt den Hinweis auf den guten alten Wein nicht verkneifen, obwohl er damit genau den Sinn des Gleichnisses durchkreuzte, indem er die Rede vom neuen Wein mit einer Lobpreisung des alten Weins abschloß. Prosit!


eingetragen von Christoph Kukulies am 06.03.2003 um 13.59

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Martin Reimers
Nach aller Logik muß es ja wohl "Alter Wein in neuen Schläuchen" heißen. Die charakteristische Situation für die Redensart ist ja sicherlich, daß etwas als neu (oder meinetwegen auch mit dem Zauberwort "innovativ") bezeichnet wird, was sich bei näherem Hinsehen als alter Hut erweist.
Ich kaufe Wein zwar vorwiegend in Flaschen, aber ich denke, daß auch die Leute, die einstmals die Redensart geprägt haben, mehr die Qualität des Weines im Sinn hatten als die der Verpackung.
Vielleicht ist die Verdrehung der Redensart dem Umstand geschuldet, daß ein alter Wein im Gegensatz zu einem alten Hut bei sachgemäßer Lagerung oft besser abschneidet als der jüngere. Es könnte bei der Verwechslung von Schlauch und Wein eine Situation unterstellt werden, in der jemand durch einen alten Ziegenbalg einen alten, gereiften Wein vorgaukelt. Das scheint mir aber sehr konstruiert. Soweit ich weiß, mußte man zu Zeiten der Schlauchlagerung den Wein mit Harz, Honig, Zimt oder anderen Gewürzen haltbar machen, so daß die älteren Jahrgänge wohl nicht so hoch im Kurs standen wie heute.

Sehr zum Wohl!


Das leuchtet ein. Spontan habe ich in einer Besprechung heute die Redensart auch so gebraucht. Es ging um Microsoft .NET und ich benutzte die Umschreibung "Alter Wein in neuen Schläuchen" für dieses Produkt (DCOM Technologie), stutzte aber im selben Moment ob der Frage, was hier Wein und was Schlauch sei. Man kennt das ja vielleicht, man will ein Zitat benutzen und indem es zum Munde heraussprudelt, läuft das Gehirn hinterher und überprüft nochmal eben schnell die Logik.

Dazu fiel mir eben noch die englische (am.), weniger blumenreiche, Redensart ein:
"Old socks, new shoes".




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Christoph Kukulies


eingetragen von Martin Reimers am 06.03.2003 um 13.30

Nach aller Logik muß es ja wohl "Alter Wein in neuen Schläuchen" heißen. Die charakteristische Situation für die Redensart ist ja sicherlich, daß etwas als neu (oder meinetwegen auch mit dem Zauberwort "innovativ") bezeichnet wird, was sich bei näherem Hinsehen als alter Hut erweist.
Ich kaufe Wein zwar vorwiegend in Flaschen, aber ich denke, daß auch die Leute, die einstmals die Redensart geprägt haben, mehr die Qualität des Weines im Sinn hatten als die der Verpackung.
Vielleicht ist die Verdrehung der Redensart dem Umstand geschuldet, daß ein alter Wein im Gegensatz zu einem alten Hut bei sachgemäßer Lagerung oft besser abschneidet als der jüngere. Es könnte bei der Verwechslung von Schlauch und Wein eine Situation unterstellt werden, in der jemand durch einen alten Ziegenbalg einen alten, gereiften Wein vorgaukelt. Das scheint mir aber sehr konstruiert. Soweit ich weiß, mußte man zu Zeiten der Schlauchlagerung den Wein mit Harz, Honig, Zimt oder anderen Gewürzen haltbar machen, so daß die älteren Jahrgänge wohl nicht so hoch im Kurs standen wie heute.

Sehr zum Wohl!
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Martin Reimers


eingetragen von Christoph Kukulies am 06.03.2003 um 11.30

Es gehört wirklich nicht hierher, aber hier sitzen so viele Sprachkompetente, daß ich einfach mal die Frage stelle:

Heißt die Redensart, mit der man ausdrücken will - vielleicht wird sie auch fälschlicherweise bemüht -, ob etwas eigentlich nichts Neues ist, nun "Alter Wein in neuen Schläuchen" oder "Neuer Wein in alten Schläuchen".

Ich bin beim Gugeln auf drei Bibelzitate gestoßen, die von neuem Wein reden, die aber damit nicht den Sinn der Aussage treffen (Matth. 9,17; Markus 2,22; Lukas 5,37-38). Aber Google liefert etwa gleichviele Treffer für beide Redensarten.
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Christoph Kukulies


eingetragen von Theodor Ickler am 24.02.2003 um 09.27

Reich-Ranicki ist ein seltsamer Mensch. Einerseits ist er strikt gegen die Rechtschreibreform, andererseits macht er Reklame für die Brockhaus-Enzyklopädie, in der die Reform umgesetzt ist (mit 40.000 Fehlern, wenn ich meinen Hochrechnungen trauen darf). Wahrscheinlich hat er noch nie reingesehen. Zabel kannte ja auch das Eduscho-Wörterbuch nicht, als er das rühmende Geleitwort schrieb. Das hat er mir selbst erzählt.
R.-R. schreibt auch einen ganz eigentümlichen Stil, schwer zu fassen und doch leicht erkennbar. Da ist zum ersten die Gewohnheit, alles doppelt und dreifach zu sagen, damit auch wirklich jeder es kapiert. Zweitens etwas, was sich am besten am Beispiel zeigen läßt:
"Roth schildert die Veränderung der Vagina jener Studentin während des Orgasmus (...) Oft ist hier von Masturbation und Menstruation die Rede und natürlich von allerlei sexuellen Praktiken. Daß man aber im "Sterbenden Tier" viele "pornographische Stellen" finden könne, wie neulich in einer Rezension zu lesen war, ist schlechthin absurd."
Am Ende sorgt sich R.-R. wieder, ob er Philip Roth vielleicht zu Unrecht für einen großen Schriftsteller halte. "Jetzt glaube ich zu wissen: Er ist einer der größten Schriftsteller unserer Zeit." (FAS 15.2.03)
R.-R. zitiert unfehlbar die kruden Stellen und beteuert stets, daß es sich nicht um Pornographie handele. Damit gibt er nichts über das Werk, aber viel über sich selbst preis. Er möchte keinesfalls als Duckmäuser dastehen. Dabei gibt er aber die Kategorie des Pornographischen keineswegs auf, und gerade darin liegt das Spießige. Ebenso in der Sorge um Fehleinschätzungen, die sich im Laufe der Jahre nicht bewähren könnten. Als ob sich gewissermaßen durch fortschreitende Erkenntnis ergeben könnte, daß ein Autor größer oder weniger groß ist, als man zunächst glaubte.
Ich fühle mich immer irgendwie eingeengt, wenn ich solche Texte lese.
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Th. Ickler


eingetragen von Theodor Ickler am 24.02.2003 um 09.11

Wie ich sehe, war die Hoffnung verfrüht, daß die Deutsche Bank von ihrem Sprüchlein "Leading to results" Abstand nimmt. Zumindest in Studentenzeitschriften wirbt sie noch damit. Dort finde ich auch eine Anzeige von DaimlerChrysler: "Answers for questions to come." Mir scheint, daß hier überall dieselbe Werbeagentur tätig ist, oder das Abkupfern ist sehr üblich. Immer dasselbe Schema mit dem englischen Sprüchlein unten drunter und dann dem abschließenden Punkt.
Es könnte übrigens sein, daß mit wachsender Abneigung gegen die amerikanische Politik auch das ohnehin unbegründete Vertrauen auf die Werbewirksamkeit solcher Phrasen schwindet. Das wären dann zwar nicht die richtigen Gründe, aber den Erfolg könnte man gutheißen.
Mir scheint, auch, daß die Wiederholung derselben Masche kontraproduktiv ist. Schon jetzt muß ich mich anstrengen, um die Firmen hinter den gleichgestrickten Sprüchen auseinanderzuhalten. War es wirklich Daimler und nicht Microsoft? Alle verwechselbar unverwechselbar, corporate identity eben ..
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Th. Ickler


eingetragen von Detlef Lindenthal am 21.02.2003 um 17.17


„Der Sprachwissenschaftlerin Judith Butler verdanken wir die Einsicht, dass Sprache nicht nur aus leeren Worten besteht.“
Find ich nicht in Ordnung, wenn unsere Zeitungen von ABM-Kräften gemacht werden; was denken solche Bratzen sich dabei? Vermutlich: „Merkt ja keiner.“
Womit sie fast recht haben können.


eingetragen von Theodor Ickler am 21.02.2003 um 15.37

"Der Sprachwissenschaftlerin Judith Butler verdanken wir die Einsicht, dass Sprache nicht nur aus leeren Worten besteht."

(Tagesspiegel 22.2.03)
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Th. Ickler


eingetragen von RenateMariaMenges am 30.01.2003 um 16.41

Manchmal kommt es mir vor, als wären wir hier im Raucherzimmer. Sie wissen, was man den Rauchern nachsagt? Sie sollen ruhiger sein, gelassener, freier, befreiter ... oder sonstige gute Eigenschaften. Ich muss schon sagen, dass sich trotz oder gerade wegen der gegenteiligen Meinung, die sich jetzt sogar noch über Werte, Normen und Betragensnoten ausweitet das Klima doch sehr entspannt ist.
In meinem Kopf nenne ich Sie aber nicht Raucher, sondern sprachliche Fundamentalisten, die man mit katholischen ( lutherischen) Fundamentalisten vergleichen könnte. Man könnte auch sagen, dass sich hier sehr viele der Tradition verbundene Leute befinden. Dies wird immer eindeutiger.
Außerdem hatte ich gestern sogar den Eindruck, dass Herr Ickler am liebsten fremd gehen würde (= in ein fremdes Land). Auch dies wäre nicht verwunderlich angesichts der Vielzahl von Veröffentlichungen und deren Bedeutung für die tatsächliche Rechtschreibreform.

Das Raucherzimmer gehört nicht hierher, aber dennoch musste dies mal gesagt werden.


eingetragen von J.-M. Wagner am 29.01.2003 um 18.52

R. Menges: »Vergessen wir Stoiber nicht, der einen Rückfall um 50 Jahre möchte. Käme es den Rechtschreibreformgegner nicht entgegen?«

Das wäre also ein Sprung zu den Verhältnissen von 1953, nicht wahr? Da dieses Datum noch vor dem KMK-Beschluß des sogenannten Dudenprivilegs liegt (das kam erst im November 1955), welches nicht der Weisheit letzter Schluß ist und uns daher erspart bleiben möge, erscheint dies vorteilhaft -- andererseits gab es damals schon die "Arbeitsgemeinschaft für Sprachpflege", die im Jahr darauf die "Stuttgarter Empfehlungen" vorlegte (1954). So ein "Zurück" würde konsequenterweise auch zurück zu dem damaligen Diskussionsstand führen, und das sollten wir uns ersparen -- insbesondere, da Herr Ickler gezeigt hat, daß und wie es auch so weitergehen kann.


R. Menges: »... außerdem üben wir noch das Wort Trek- king ein.«

Habe ich Sie da richtig verstanden, daß dies nach Ihrem persönlichen Sprachempfinden so richtig ist? (Richtigstellung erbeten!) Darf ich Sie mit einer entsprechenden Aussage in der Diskussion zu "Reizen der neuen Rechtschreibung" zitieren?


R. Menges: »Wie wäre es mit einer Neuaufnahme der Diskussion um eine Weiterführung, die sich um eine Richtigstellung und Weiterentwicklung der Rechtschreibung müht?«

Den dazu von Herrn Ickler zur Diskussion gestellten Vorschlag findet man hier. Über die darin enthaltenen Fehler möchte er gern unterrichtet werden -- haben Sie welche gefunden? Dann bringen Sie sie hier zur Sprache.

Da Sie von Richtigstellung sprechen -- es ist der erste Monat des neuen Jahres schon fast vergangen, ohne daß mein Neujahrswunsch wirklich Beachtung gefunden hat (Stellungnahme von Reformbefürwortern und -verantwortlichen zu der Frage "Was legitimiert sachlich Falsches -- sowohl prinzipiell, als auch speziell auf die 'Rechtschreibreform' bezogen?"), denn bislang ging die Diskussion nicht um das sachlich Falsche -- was mit Blick auf die RSR ja u. a. das grammatisch, syntaktisch oder semantisch Falsche ist (Resultativzusätze gehören nicht unmittelbar dazu).

Aber jetzt geht es schon wieder zu sehr um Aspekte der Rechtschreibung, die ja nun nicht hierhergehören, wie einem das Diskussionsthema sagt... Also, liebe Frau Menges, auf zu den "Reizen der neuen Rechtschreibung"! Mich reizt es immer noch, die Aspekte der Nichttrennung von ck auszureizen (denken Sie an den famosen Aufsatz von Herrn Munske, bei dem ich mich in Anbetracht der logischen Inkonsistenz der Argumentation wundere, daß er überhaupt veröffentlich wurde) -- oh, wie ich gerade sehe, haben Sie schon etwas Neues geschrieben... Bis gleich!
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Jan-Martin Wagner


eingetragen von Norbert Schäbler am 29.01.2003 um 18.15

Ich hatte lediglich vor, ein „banales“ Gleichnis zu entwerfen von den zwei Welten, die es in jedem beliebigen Staatswesen gibt: die Welt der Mächtigen und die Welt der Untertanen. Daß ich mich dabei des symbolträchtigen „Stierkampfs“ bediente, war zunächst zufällig, gleichwohl ein Volltreffer.
Ich wollte nicht verurteilen, aber ich habe es getan mit jener gemeinen Parabel: „Zahlende Zuschauer entwickeln sich zu (bezahlten) Claqueuren“.
Das ist nun einmal so. Was viele andere tun, das wird nachgemacht, jenseits von Wissen und Gewissen.

Die von Professor Ickler aufgezählten Beispiele betreffen beliebige und relativ begrenzte staatsähnliche Gebilde.
Im Prinzip gehen sie mich nichts an, dürfen mich zweitens auch nichts angehen aufgrund staatlicher Autonomie, und drittens haben wir vor der eigenen Haustüre genügend zu kehren.
Das heißt: Ich besitze jene unterstellte Fernliebe nicht, zumindest nicht in inbrünstigem Maße.

Ich finde mich aber nicht damit ab, daß Menschen – jene Wesen mit dem gleichartig gedrehten und abgezählten Erbgut – gottähnlich werden und sich selbstherrlich über die Natur und ihresgleichen erheben.
Jene Erziehung, die ich vertrete, hat etwas zu tun mit Einfühlungsvermögen, Toleranz und Mündigkeit.
Ob dazu die Religion gehört, weiß ich nicht so genau, wobei ich die christliche Apologetik für schädlich halte, „weil sie ihre verderbten Eier in die kindliche Unschuld hineinlegt“ (sinngemäß nach Bonhoeffer).

Wer aber (oder was), lieber Herr Ickler, soll denn Sensibilität (für Recht, Wahrheit …) aufbauen?
Bräuchte man für eine Charakter- oder auch Herzensbildung nicht zumindest einen Ethikunterricht?
Und wofür (und in welcher Form) sollte man denn eigentlich Betragensnoten erteilen, wenn man zuvor sämtliche Begriffe von Moral, Norm und Gewissen neu definieren muß?


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nos


eingetragen von Theodor Ickler am 29.01.2003 um 16.17

Eine sinnvolle Weiterentwicklung der Rechtschreibung (bzw. ihrer Darstellung) liegt vor. Ich wüßte gern mal, was daran verkehrt sein soll. Darüber können wir dann diskutieren. (Konstruktiv bereits geschehen unter "Ickler Wörterbuch".)

Noten für Betragen usw. sind sinnvoll, ja unausweichlich. Denn wenn man von der Schule Erziehung erwartet und nicht nut Wissensvermittlung, dann muß man auch das soziale Verhalten usw. in die Notengebung einbeziehen, wie alle anderen Lernziele. Sonst bleibt nur leeres Gewäsch im Lehrplan übrig. Lernziele ohne Lernzielkontrolle sind Blabla.

Konfessioneller Religionsunterricht gehört nicht an öffentliche Schulen, ist auch außerhalb von Deutschland kaum üblich. Das liegt an der leider nur "hinkenden Trennung" von Kirche und Staat in diesem Land der Halbheiten.
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Th. Ickler


eingetragen von RenateMariaMenges am 29.01.2003 um 15.59

Unterricht - was ist das eigentlich?

Zuerst Geschichtsunterricht, dann bekommen wir Biologie/Erdkunde/Sozialkunde, außerdem üben wir noch das Wort Trek- king ein. Vor dem Unterricht war noch einer, der wusste, wo es langgeht. Vergessen wir Stoiber nicht, der einen Rückfall um 50 Jahre möchte. Käme es den Rechtschreibreformgegner nicht entgegen? Wie wäre es aber dann mit den Noten für Betragen, die wieder eingeführt werden sollten?

Religion im Stundenplan:

Da kommt mir unser Bischof Dammertz doch gelegen. Er ist in allen Belangen ein Benediktiner, der mit unterschiedlichen Temperamenten zurecht kommt (Augsburger Allgemeine von heute). " Es hat keinen Zweck zu träumen, dass die alte Zeit zurückkehrt." Damit erteilt er den Traditionalisten eine Absage und kennt das Moderne mit ihren Umbrüchen an. Dammertz wird 2004 75 Jahre und will dann um seine Pension eingeben.


Die Pau - se wird mit dem Pau-ken-schlä-gel verkündet.

Wie wäre es mit einer Neuaufnahme der Diskussion um eine Weiterführung, die sich um eine Richtigstellung und Weiterentwicklung der Rechtschreibung müht?


eingetragen von Theodor Ickler am 29.01.2003 um 15.01

Verstehen wir die Sitten anderer Kulturen? Lebt ein deutsches Rindvieh, das zum Beispiel hier in Mittelfranken niemals aus der Stallbox herauskommt (weil es zu unbequem für die Landwirte ist, Weidewirtschaft zu betreiben), insgesamt glücklicher, als ein ansonsten gehätschelter Kampfstier stirbt? Ich selbst habe noch keinen Stierkampf gesehen und würde ihn mir auch nicht ansehen, aber ich hüte mich, über diejenigen zu urteilen, die daran Gefallen finden (Picasso ...). In Indien habe ich nicht nur die Kühe gesehen, denen man respektvoll begegnet, sondern auch die Hunde, die von Hundefängern mit Drahtschlaufen eingefangen und halbtot auf einen Lastwagen geworfen werden, wo schon fünfzig andere vor sich hinröcheln. In China sägt man kleinen Affen die Schädeldecke ab, um das noch lebende Gehirn herauszulöffeln (ein paar Tropfen heißes Öl gehören drauf, falls jemand das nachkochen will). Na und? Wir haben die Massentierhaltung, weil der deutsche Mensch täglich ein Pfund Schweinebauch (das Kilo zu 1,98 Euro) essen muß, um bei Kräften zu bleiben. Dafür leiden nicht nur die Schweine, sondern auch die Menschen, ja die ganze Erde, denn die Umweltzerstörung in Südamerika usw. geschieht ja weitgehend wegen des billigen Futters für unsere Massentierhaltung. Der gesundheitliche und damit volkswirtschaftliche Schaden wegen Fehlernährung hierzulande ist ebenfalls unermeßlich. Dagegen fallen die kurzen Leiden der Kampfstiere doch gar nicht ins Gewicht. Vor einigen Jahren erzwangen deutsche Zoophile einen diplomatischen Vorstoß gegen Korea (glaube ich), weil dort Hunde gegessen werden. Was würden wir wohl sagen, wenn die Hindus bei unserer Regierung vorstellig würden, wg. Rindfleischverzehr?
Ich bin also, rundheraus, kein Freund von Einmischung in Dinge, die wir nicht verstehen und die uns nichts angehen. Nächstenliebe ist gut, fast so gut wie Liebe, aber Fernstenliebe ist überspannt, und dann noch auf ferne Tiere ausgedehnt? Da kann ich einfach nicht folgen.
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Th. Ickler


eingetragen von Norbert Schäbler am 29.01.2003 um 08.53

Die Urkraft sieht man den Tierchen gar nicht an, wenn sie nur so herumstehen.
Wenn sie aber das Genick abwinkeln und das Gehörn genau in die Waagrechte stellen, dann olé ...

Fies beim Stierkampf ist,
- daß da eine ganze Armee von Capeadores, Picadores, Banderilleros, ein Torero und ein Matador (die graue Eminenz in Reserve) einem einzigen unschuldigen Tierchen gegenüberstehen, das - und dies ist besonders traurig - lediglich seine Ruhe haben will.
- daß die Arena - nach faschistischem Vorbild - nur den zum Sieger bestimmten Wesen Schutz gewährt, während das andere Wesen dauerhaft "vogelfrei" ist, aber leider nicht davonfliegen kann.
- daß sich so viele Schaulustige einfinden, die für diese modernen Zirkusspiele auch noch Eintritt bezahlen und sich im Laufe der Vorstellung zum Claqueur für den Matador entwickeln.

Ich weiß:
Es gehört nicht hierher - hier spricht man ja üblicherweise über die Rechtschreibreform oder andere Arten des Terrorismus ...




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nos


eingetragen von Matthias Dräger am 28.01.2003 um 21.52

Welchen Weg hat die Rechtschreibreform denn bisher genommen? Ein Hauen und Stechen bereits im Internationalen Arbeitskreis für Orthographie, „mafiaähnliche Verhältnisse“. Korrumpierung derjenigen, die die internationale Absichtserklärung auf den Weg gebracht haben („Bertelsmann hat schon gedruckt, wir können nicht mehr zurück“), das erste Bundesland (Bayern) stimmt der Reform zu, weil es der Pressesprecher des Ministers - nicht etwa der Minister selber (!) - für richtig hält. Lügenmärchen der Reformer, daß sich die Balken biegen: „Halbierung der Regeln, Reduzierung der Kommaregeln von 52 auf 9, alles wird einfacher, die Zahl der Fehler verringert sich, endlich erhalten wir eine einheitliche Rechtschreibung“ (ha!), usw.
Dann: Ablehnung der Rechtschreibreform durch den Deutschen Bundestag, aber Nichtumsetzung des Beschlusses wegen diplomatischer Zurückhaltung (die Vorgabe, die Rechtschreibreform nicht auf die Behörden des Bundes zu übertragen, wurde vom federführenden Rechtsausschuß behutsam in die Begründung des Gruppenantrages eingesetzt, da man sich in Bonn keine Oberhoheit über die deutsche Spache anmaßen wollte; eine diplomatische Geste, die von den Kultusministern und vom Innenministerium (Schily) schnöde mißachtet wurde, insbesondere auch zum Nachteil ihres eigenen Ansehens).
Aufhebung eines Volksentscheides, gefaßt mit einer Wahlbeteiligung von 86 %, dabei 70 % ABLEHNUNG der Rechtschreibreform.
Rückumstellung der FAZ, zig verschiedenen Hausorthographien bei der Zeit, bei Gruner & Jahr, mittlerweile auch bei Verlagen (de Gruyer), etc.

D a s ist der Weg, den die Rechtschreibreform bisher genommen hat - gibt es irgendjemanden, der ernsthaft und gutwillig diesen Weg, dieses Ziel hat wollen können?


eingetragen von J.-M. Wagner am 28.01.2003 um 10.48

R. Menges: »Bleiben wir doch lieber bei "den Reizen der neuen Rechtschreibung", [...]«

Konsens, liebe Frau Menges! Ich habe Sie dort schon vermißt...
Ich hoffe, Sie haben meinen -Kommentar von gestern abend (nicht "Abend", das wäre ein Grammatikfehler -- wollte ich es so schreiben, dann hätte es "vom gestrigen Abend" lauten müssen, mit "dem Abend" im Dativ) als Anspielung auf unsere dortige Diskussion über das sachlich Falsche verstanden (wozu ich nun schon ein Beispiel geliefert und diskutiert habe) -- aber bevor es damit weitergeht, würde ich gern noch einmal auf Ihr Sprachempfinden bei der Trennung von Trekking zurückkommen; mir ist dazu noch etwas eingefallen, was ich erst anbringen kann, wenn ich Ihre Antwort kenne, liebe Frau Menges.
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Jan-Martin Wagner


eingetragen von Heinz Erich Stiene am 28.01.2003 um 09.03

Folgte man Frau Menges' selbstgebasteltem Raisonnement (was ich auch in diesem Falle hübsch bleiben lasse), dann hätte die Ehrenwerte Gesellschaft die Reformschreibung an den Schulen seinerzeit nur durchgesetzt, um die ihr Anbefohlenen auf das Leben vorzubereiten. Wer's glaubt, wird selig - oder ist es bereits.
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Heinz Erich Stiene


eingetragen von Theodor Ickler am 28.01.2003 um 03.25

"Der Weg ist das Ziel" usw. - das ist das Vokabular der Selbstverwirklicher. Warum muß das auf Kosten unserer Kinder geschehen? Sie lernen grammatisch Falsches; das Sprachgefühl wird ihnen ausgetrieben.
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Th. Ickler


eingetragen von RenateMariaMenges am 27.01.2003 um 20.23

Ich philosophiere gerade über die fantastischen Realisten und die realistischen Phantasten oder waren es die phantastischen Realisten und die realistischen Fantasten?

Bleiben wir doch lieber bei "den Reizen der neuen Rechtschreibung", denn der Weg ist das Ziel und dort befinden wir uns gerade.


eingetragen von J.-M. Wagner am 27.01.2003 um 20.04

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von RenateMariaMenges
Fazit: Die Schule muss die Schüler in beiden Fällen (Mathematik und Schreiben) auf das Leben vorbereiten und nicht nur auf Gedankenkonstrukte.
Heißt das, die Schule muß die Schüler auf Grammatikfehler vorbereiten, weil diese nun mal im normalen Leben vorkommen, und dazu soll sie sich der reformierten Rechtschreibung bedienen, weil derartige Fehler darin Pflicht sind?

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Jan-Martin Wagner


eingetragen von Norbert Schäbler am 27.01.2003 um 18.24

Das hatte ich bei meinem vorigen Beitrag gar nicht so richtig herausgearbeitet, aber Frau Menges hat es gemerkt. Sie meint: Der Rechtschreiberlaß ist im Vergleich zur Einführung der Mengenlehre in jedem Falle eine Steigerung.

Ich meine: Diese Zwangsmaßnahme jener vordemokratischen Instanz (ich spreche von der Kultusministerkonferenz) ist ein Höchstmaß an Unverfrorenheit, Borniertheit und Sorglosigkeit. Genau wie damals bei der Einführung der Mengenlehre sind die Verantwortlichen in Sachen Kultur (ich spreche von den Kultus- und Bildungsministern) einem wissenschaftlichen Klüngel aufgesessen, haben sozusagen dem nächstbesten Scharlatan Glauben geschenkt, wobei man wohl nie beweisen kann, ob dies in vollem Bewußtsein, d.h. mit Absicht geschah, oder ob gar ein bißchen „Handgeld“ im Spiel war.
Jedenfalls haben die Hüter der Kultur viel zu spät recherchiert, viel zu spät das Ausmaß ihrer Zusage erkannt, viel zu spät andere Meinungen eingeholt, bzw. sie haben jegliche konstruktive Kritik umgehend zerschlagen.
Gleichermaßen haben sie viel zu früh – ohne eine Erprobungsphase abzuwarten (die war bis 1998 vorgesehen) – Zwänge konstruiert, haben auf ihrer eigenen, unausgereiften Meinung bestanden, haben ihre Seilschaften (in den Behörden, in der Justiz, in der „freien“ Wirtschaft …) aktiviert, haben in ihrer Machtvollkommenheit und Omnipotenz nichts anderes getan – als konsequent zu manipulieren und zu desinfomieren.
Ein derartiger Anschlag auf das Faktische sowie auf Recht und Gesetz sucht in unserem angeblich demokratischen Staatswesen seinesgleichen.


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nos


eingetragen von Theodor Ickler am 27.01.2003 um 17.35

Manchmal kommt es mir so vor, als ob für Frau Menges das wirkliche Leben in einer Welt stattfindet, in der die (aber welche?) neue Rechtschreibung allgemein üblich ist. Eine phantastische Idee.
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Th. Ickler


eingetragen von RenateMariaMenges am 27.01.2003 um 17.19

"Die Mengenlehre" betraf das Schulsystem. Kein Mensch außerhalb dieses Systems interessierte sich, was M e n g e n l e h r e bedeutete. Sie konnte sozusagen ohne großen Aufwand wieder abgeschafft werden. Anders die Rechtschreibreform, die auch Teile des normalen, außerschulischen Lebens betrifft. Mengenlehre als Teil des Mathematikunterrichts gibt es nach wie vor und sie ist ein sehr sinnvoller Teil der mathematischen Lehre.


Zu gerne wollte ich mir sozusagen ein Ickler- Handbuch für das Fach "Deutsch als Fremdsprache" kaufen. Ich wollte natürlich fündig werden. Aber da das Buch aus bekannten Gründen in neuer Rechtschreibung sein musste, suchte ich schon gleich gar nicht nach Ickler. Leider - muss ich dazu sagen. Es wurde ein ganz einfaches, neutrales, in neuer Rechtschreibung geschriebenes Buch mit Inhalten, die den Schüler betreffen.

Fazit: Die Schule muss die Schüler in beiden Fällen (Mathematik und Schreiben) auf das Leben vorbereiten und nicht nur auf Gedankenkonstrukte.


eingetragen von Norbert Schäbler am 26.01.2003 um 15.58

… die Mengenlehre nun Zubringerdienste für das Zahlenverständnis und die Beweglichkeit des Denkens leisten kann, sei dahingestellt.
Keinesfalls aber ist es gerechtfertigt, daß sich ein Bereich der Mathematik, der im Grunde nur als Unterstützer und Zubringer gedacht war, derart mausert, so daß er am Ende gar zum Selbstzweck und zur Geheimwissenschaft (mit eigenem völlig abstraktem Begriffs- und Notationssystem) wird.
Beispielhaft repräsentiert die damalige Entwicklung - die gekrönt wurde durch die kultusministerielle Verfügung, Mengenlehre als eigenständigen „Fachteilbereich“ einzuführen – den Triumphzug eines kleinen wissenschaftlichen Klüngels, der die heile Welt der Mathematik auf den Kopf gestellt hat.

Ob …
… es zu diesem Anschlag auf die lautere und konkurrierende wissenschaftliche Forschung eine Parallele gibt, die sich diesmal im Fachbereich Deutsch abspielt, wäre einer Untersuchung wert. Nach meiner Einschätzung ist sie vorhanden.
Jedenfalls galt noch vor wenigen Jahren die Unterrichtsparole: „Deutsch als durchgängiges Unterrichtsprinzip“. Im gesamten Fächerkanon wurde Wert darauf gelegt, neu erworbene Begriffe sowohl mündlich als auch schriftlich abzusichern; und im eigenständigen Fachbereich Deutsch gab es bezüglich der Teilbereiche klare Strukturen – Orthographie, Grammatik und Literatur hatten Zuliefererdienste zu leisten für die mündliche und schriftliche Sprachgestaltung.
Exemplarisch ist aber auch die gegenwärtige Entwicklung – gekrönt von der kultusministeriellen Verfügung -, die darauf abzielt, die Rechtschreibung als etwas Artbesonderes aus den Teilbereichen zu eliminieren.

Ob …
… dahinter ein System steckt, weiß ich nicht genau.
Mir kommt es bloß seltsam vor, daß man einen Fachbereich aufwertet, indem man ihn abwertet.






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nos


eingetragen von Rolf Genzmann am 25.01.2003 um 00.48

Zitate
Der amerikanische Mathematiker Morris Kline in seinem sehr lesenswerten Büchlein Why Johnny Can’t Add, 1973, in deutscher Übersetzung „Warum kann Hänschen nicht rechnen“, Beltz, Weinheim und Basel, 1974:
„Mengenlehre ist in der elementaren Mathematik ein leerer Formalismus, der Gedankengänge blockiert, ... . Der Versuch, diese Theorie mit einzubeziehen, ist wirklich lächerlich und stellt eine Karikatur der Pädagogik dar. Die Mengenlehre hat sich nicht als Stein der Weisen für die mathemathische Pädagogik erwiesen.“

1974: Der gesamte Fachbereich der Universität Regensburg in einem Gutachten anläßlich eines Gerichtsverfahrens am Bayerischen Verfassungsgericht:
„Die Mengenlehre ist im vorigen Jahrhundert entstanden. Ihre Auswirkung auf die Mathematik beschränkt sich im wesentlichen auf die Grundlagenforschung, die weit außerhalb der Reichweite des Schulunterrichtes liegt. Was im Alltag des Mathematikers an Mengenlehre benutzt wird, ist nicht viel mehr als das Operieren mit Vereinigungen und Durchschnitten, also eine formalisierte und abgekürzte Umgangssprache, eine Art Stenographie, auf die man bei sorgfältiger Verwendung der Worte „und“ und „oder“ auch verzichten kann.
Für das mathematische Denken und überhaupt die technische und naturwissenschaftliche Arbeit ist diese Zeichensprache nebensächlich: Die immer wieder vorgebrachte Behauptung, Mengenlehre sei ein unerläßlicher Bestandteil der modernen Wissenschaft und Technologie, ist irrig.
Es gehört eine gewisse Erfahrung mit der Mathematik dazu, um einsehen zu können, daß Mengenlehre keine weitergehende Bedeutung hat; wer glaubt, man könne das Zahlenrechnen besser verstehen, wenn man zuerst Mengenlehre betreibt, hat diese Einsicht noch nicht erlangt. Trotz gegenteiliger Versicherung des Kultusministeriums und mancher Didaktiker beobachten wir, daß wichtige Gegenstände des Schulunterrichtes durch die Belastung der Kinder mit Mengenlehre zu kurz kommen. Wenn die Mathematiker etwas empfehlen dürften, wären ihre Ziele für den Elementarunterricht: Fertigkeit im Rechnen, Verständnis der Größenordnungen und des Messens und eine auf Anschauung gegründete geometrische Einsicht. Statt solcher Übung, die für das naturwissenschaftlich-technische Denken, ja das Denken überhaupt nützlich und wichtig ist, werden die Kinder gezwungen, ihren Geist mit einer leeren und inhaltslosen Pseudomathematik zu füllen. Mit großer Anstrengung müssen sie die allgemeine Form von Schlüssen lernen, die sie im konkreten Falle mühelos ausführen könnten: „Wenn der Fuchs weiß, daß die Hühner im Hühnerstall sind, und dieser in der Scheune, braucht er dann Mengenlehre um zu sehen, daß die Hühner in der Scheune sind?“ schreibt R. Thom, einer der bedeutendsten lebenden Mathematiker. (R. Thom: Les Mathematiques „modernes“: Une erreur pédagogique et philosophique, 1970).
Daß die Mengenlehre in der Schule so viele Schwierigkeiten macht, Schwierigkeiten, die auch die Autoren der Schulbücher oft nicht erkennen, liegt denn auch nicht an ihrem Inhalt, sondern an dem hohen Grad der Abstraktion, der dabei nötig ist. Wenn man, um ein Beispiel zu nennen, zwischen dem Begriff des Apfels, der Bezeichnung des einzelnen Apfels und dem einzelnen Apfel selbst nicht klar unterscheidet, entsteht eine unklärbare Verwirrung. Was nur dem theoretischen Mathematiker geboten ist, wird für Schüler und Lehrer gleichermaßen zu einer unnützen Belastung. Diese Abstraktion fällt auch sehr begabten Kindern schwer, zumal wenn sie die mathematischen Inhalte noch gar nicht kennen, deren logische Form hier gelehrt wird. Abwegig ist die Behauptung, die Mengenlehre sei lediglich die andere der beiden traditionellen Arten des Rechnens.
In neuerer Zeit wird vielfach öffentlich vorgegeben, die „Fachwissenschaftler“ befürworteten die „Neue Mathematik“ an der Schule. Jedoch sind die Mathematiker hierzu nicht gehört worden, weder vom Kultusministerium, noch von einem Gericht; die angesehensten Mathematiker in aller Welt versuchen seit langem - leider bisher mit wenig Erfolg - die Schulbehörden davon abzubringen, einen soliden Rechenunterricht durch „Mengenlehre“ zu ersetzen.“ .

Morris Kline: „Man hegt außerdem den etwas boshaften Verdacht, ein paar Lehrer könnten Spaß daran haben, das vertraute Zahlensystem in der tiefgründigen axiomatischen Form anzubieten, weil sie die hierin enthaltene simple Mathematik verstehen und doch als Lehrende profunden mathematischen Stoffes auftreten können.“

Hans Freudenthal, einer der bedeutenden Mathematiker, Ordinarius der Mathematik an der Universität Utrecht, schrieb (neue Sammlung, Heft 2/1971):
„Fragt man mich nach der am weitesten verbreiteten Tendenz im Unterricht dessen, was heute moderne Mathematik heißt, so kann ich offen und ehrlich nur eine Antwort geben ...: es ist der Humbug. In Reinkultur wird er mit einer immensen Literatur, Filmen, Fernsehsendungen von ehrlichen aber unfähigen Leuten aufgeführt, denen sich jedoch auch die Profiteure der „Neuen Mathematik“ zugesellen. ...... Ich habe einen Film gesehen, wo man eine Viertelstunde lang vorführte, daß man um Figuren herum geschweifte Klammern zeichnete, wobei jedes Mal eine erhobene Stimme verkündete: „Das ist eine Menge.“ Der Film hieß „Mengenlehre“. In einem Schulbuch habe ich die Abbildung einer 5-Dollar-Note in geschweiften Klammern gesehen, mit der Unterschrift „Die Menge von 5 Dollar“ und ebenso die „Menge der zehn Gebote“ als die zwei steinernen Tafeln - in geschweiften Klammern. Ich sah geschweifte Klammern, zwischen denen ein Knabe stand und ein Mädchen saß, während ein Komma sie trennte, und daneben ein geschweiftes Klammernpaar um dieselben Kinder, aber nun das Mädchen stehend und der Knabe sitzend, und zwischen beiden „Ausdrücken“ ein Gleichheitszeichen. ... All das ist eine Konsequenz einer Mengenwut um jeden Preis. Auf der Schule braucht man Mengen zu Zwecken, die in der seriösen Mathematik nicht existieren.“

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Rolf Genzmann


eingetragen von J.-M. Wagner am 24.01.2003 um 14.37

»Ein Radfahrer will in 7 Tagen 680 km weit fahren. Während der ersten 5 Tage schafft er täglich 92 km. Wie viele km muss er dann täglich mehr zurücklegen, wenn er jeden Tag die gleiche Strecke fährt?«
Wer diese Aufgabe auf Anhieb kapiert, hat entweder von Anfang an sehr langsam und genau gelesen, oder er hat schon einige andere Aufgaben dieses Strickmusters gelöst (so daß die Art der Fragestellung eine untergeordnete Rolle spielt, weil einem die Zielstellung der Frage "intuitiv" klar ist).

Allen anderen sind darauf angewiesen, schlau genug zu sein, sich aus ihrer Verwirrung lösen und die Bedeutung anhand einer widerspruchsfreien Interpretation erschließen zu können -- womit mal wieder das alte Vorurteil greift, es käme im wesentlichen darauf an, die Aufgabenstellung zu verstehen. Aber Halt, es geht ja nicht um eine Klausuraufgabe an der Uni, sondern um die 4. Klassenstufe in der Schule. Au weia!

Als Physiker bin ich über die -- durchaus mißverstehbare -- Formulierung "die gleiche Strecke fahren" nicht gestolpert, weil Strecke fachsprachlich nicht unbedingt von Streckenlänge unterschieden wird. Immerhin habe ich nachträglich verstanden, worin das Problem dabei besteht, und dabei ist mir meine eigene "Fachidiotie" aufgefallen.

Besser (im Sinne von genauer) wäre es, stets von einer "Strecke der Länge s=110 km" (beispielsweise) zu sprechen -- auch in der Radfahreraufgabe ist ja der konkrete Weg belanglos, nur auf seine Länge kommt es an. ("Kilometerzahl" ist zwar anschaulich, sollte aber aus systematischen und didaktischen Gründen nicht Gegenstand des Schulunterrichts sein.) Die Frage klingt dann zwar etwas gestelzter, aber sie wäre präzise gestellt.

Vielleicht hätte es schon geholfen, die Verben auszutauschen: "... täglich mehr fahren, ... gleiche Strecke zurücklegt?" Die von Herrn Lindenthal vorgeschlagene Entfernung läßt sich nur schwer in diesen Satz einbauen, denn nach meinem Verständnis bezeichnet sie mehr einen (statischen) Abstand denn eine (zu durchfahrende) Wegeslänge. Mit welchem Verb wäre Entfernung sinnvoll zu kombinieren? "... befindet sich in einer Entfernung von ...", "ein Tag reicht nicht, die Entfernung ist zu groß ..." -- so paßt es, dagegen nicht bei "eine Entfernung zurücklegen", finde ich (auch wenn es in schludriger Formulierung so vorkommen mag).

Das beseitigt jedoch nicht das entscheidende Problem, denn es bleibt ja noch das tückische "dann" (das auch mich durcheinandergebracht hat -- wie ich aber erst durch genaues Hingucken gemerkt habe; seltsam, daß man bestimmte Textteile quasi unbewußt verarbeitet, obwohl man meint, den gesamten Text aufgenommen zu haben, so wie er ist...), welches man gedanklich wegzulassen versucht ist (denn es ist doch klar, daß jetzt aus den Voraussetzungen etwas geschlußfolgert werden soll), oder man zieht es zu einem logischen Konstrukt mit dem nachfogenden "wenn" zusammen. In beiden Fällen entgeht einem, daß es um die beiden Resttage geht, und wären diese explizit erwähnt worden, entspräche die Aufgabe schon recht gut dem "Leitbild" von Herrn Lindenthal, daß beispielhaft auch verwickelte Sachverhalte in möglichst genauer, gutverständlicher Sprache dargestellt werden.

Warum aber passiert das nicht?

Eine gewisse Betriebsblindheit ist zwar nicht auszuschließen, auf die Dauer aber intolerabel. Wenn man weiß, was in dem Beispiel mit der Aufgabenstellung gemeint ist, hat man kein Problem, die Frage entsprechend zu verstehen. Und wegen der Logik "es fehlen ja noch zwei Tage und also ist schon klar, was gemeint ist" kommt man dann nur schwer darauf, daß jemand mit dieser knappen Formulierung Probleme haben kann.

Als Nachhilfelehrer habe ich mitbekommen, was manche Mathematiklehrer ihren Schülern ins Heft diktieren. Wenn man wußte, worauf es abzielte und was es genau bedeuten sollte, gab es damit keine Probleme; es war an und für sich richtig. Für Schüler aber, die es neu lernen sollten, war es unbrauchbar, wenn in der Erklärung keine bzw. zu wenig Begriffe vorkamen, mit denen die Schüler wirklich etwas anfangen konnten oder wenn die Formulierung zu umständlich oder fachsprachlich war.

Eine derartige Fachidiotie bzw. "Betriebsblindheit" auf einer höheren Ebene stellt das Loslassen der Mengenlehre auf die Schüler dar, wenn das mißachtet wird, was Herr Lindenthal angemerkt hat: »daß die meisten Erkenntnisse der Schul-Mengenlehre im gewöhnlichen Hausverstand bereits enthalten sind [...]«
      Ich denke aber nicht, daß man sich deshalb mit diesen Erkenntnissen nicht im Unterricht zu beschäftigen braucht. Ich sehe es wie Herr Schäbler: »Die Mengenlehre hat mir [...] viel in Bezug auf das Zahlenverständnis/diverse Bündelsysteme und das logische Denken gebracht.« Ich war zwar in Mathematik ein sehr guter Schüler und hatte mit dem abstrakten Denken keine Probleme (habe aber die "Mengelehre-Uhr" auf dem Ku'damm in Berlin nicht ohne Erklärung durchschaut -- die "Wasseruhr" im Europacenter dagegen schon), aber mir scheint, daß gerade wegen der Parallele zum "gewöhnlichen Hausverstand" in der Mengenlehre auch für weniger begabte Schüler eine Chance liegt, einen Zugang zur mathematischen Form des abstrakten Denkens zu finden -- und wenn es nur dahin kommt, daß einem die dem "Hausverstand" zugrundliegenden Prinzipien deutlich werden (das wäre zumindest mein Ansatz beim und meine Rechtfertigung für Mengenlehreunterricht).

Es ist ein Fortschritt, durch Abstraktion und Präzision zu neuen Erkenntnissen kommen zu können, ganz egal in welchem welches Fachgebiet. Man darf dabei aber die Rückkehr an den Ausgangspunkt nicht vergessen, zu der Stelle, an der eine bestimmte Frage auftauchte und aufgrund derer man sich die ganze Mühe gemacht hat; man muß gedanklich irgendwann wieder im "normalen Leben" ankommen (sonst entgeht einem der Honig -- siehe den vorhergehenden Beitrag von Herrn Ickler). Nur so bleibt es nicht bei Fachidiotie, und vor allem begreift man dann nicht nur etwas von den Zusammenhängen in einem eng umgrenzten Spezialgebiet, sondern auch von denen dieses Gebietes mit dem Rest der Welt. Letzteres trägt wesentlich zu wahrer Mündigkeit und Reife bei.

Ich schließe mit dem Zitat einer Passage aus H.-Ch. Weißkers Gedanken zur Rechtschreibreform (gegen Ende zu finden):
Eines der Probleme der Physikdidaktik besteht darin, daß die Schüler oft zwei Parallelwelten wahrnehmen: Eine reale, in der physikalische Effekte wie zum Beispiel die Beschleunigung eines Autos erlebt werden, und eine des Physikunterrichtes, in der mit Formeln hantiert wird, die aber mit der realen Welt gedanklich oft nicht in Verbindung gebracht wird. Unter anderem aus diesem Problem resultiert das stellenweise sehr geringe Verständnis der Zusammenhänge. Daß man nun durch die Rechtschreibreform offensichtlich den in der Rechtschreibung wenigstens teilweise vorhandenen Zusammenhang zwischen Sprachgefühl bzw. äußerer Sprachwelt und schulisch gelernter Rechtschreibung zerstört, erscheint unter diesem Gesichtspunkt bedenklich. Weiterhin wird dem, der sich ernsthaft mit der reformierten Sprache beschäftigt, das wirkliche Verständnis erschwert, insbesondere wenn er oder sie sich über allen Sprachen gemeinsame Gesetzmäßigkeiten Gedanken macht. Aus interdisziplinärer Sicht erscheint ebenso bedenklich, daß implizit gelehrt wird, daß reale Strukturen durch ad-hoc-Bestimmungen von Kultusbeamten überstimmt werden können. Hoffentlich bringen die Schüler diese -- zurecht gewonnene Erkenntnis -- nicht in die Naturwissenschaften ein. Es wäre eine Ohrfeige für all jene, die sich interessiert und engagiert für die Bildung der Kinder einsetzen.

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Jan-Martin Wagner


eingetragen von Theodor Ickler am 24.01.2003 um 06.21

Als ich Seminarist war (auch Ende der siebziger Jahre, auf meine alten Tage noch), herrschte auch noch die Ideologie der "Lernziele". Ganze Kataloge von Richt-, Grob- und Feinlernzielen wurden geboten, für jede einzelne Stunde. Ein Kritiker hat mal bemerkt, daß manche Lehrprobe sich las wie die Anweisung für eine Ausbildung zum Kanonier. Gleichzeitig war der Behaviorismus in schlechtem Ansehen, wobei man gar nicht zu bemerken schien, daß die Lernziele ausschließlich in den behavioristischen Zusammenhang gehören. Denn es geht dabei ja um ein genau definierbares Endverhalten der Schüler. Das hat sich alles aufgelöst in ein unverbindliches "Die Schüler sind sensibilisiert für .." oder dgl., was sich immer behaupten und nie beweisen läßt.
In lustigster Erinnerung ist mir noch die Lehrprobe einer Biologie-Referendarin, die eine Stunde über Bienen hielt und in ihrem zwanzigseitigen Stundenentwurf unter den "Unterrichtsmedien", die sie einzusetzen gedachte, nicht nur Tafel und Kreide, sondern auch "Honig" anführte.

Fast muß man froh darüber sein, daß der Schulunterricht sich seit Jahrhunderten in Wirklichkeit fast gar nicht verändert hat; wäre jede Ideologie und Mode tatsächlich umgesetzt worden, sähe es bestimmt noch schlimmer aus.

Neulich habe ich beim Aufräumen noch eine größere Zahl Bücher gefunden vom Schlage "Eltern lernen die neue Mathematik" und alles ins Altpapier gegeben.
– geändert durch Theodor Ickler am 27.01.2003, 18.11 –
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Th. Ickler


eingetragen von Detlef Lindenthal am 23.01.2003 um 19.13

an Herrn Schäbler für diesen Bericht!
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Detlef Lindenthal


eingetragen von Norbert Schäbler am 23.01.2003 um 18.43

Damals –
… Ende der 70er Jahre war ich Seminarist, Auszubildender in Richtung vollwertiger Lehrer.
Ich war so etwas Ähnliches wie ein neu zu bestellender Pädagogik-Acker, der – nach dem System der guten alten Dreifelderwirtschaft – einem Fruchtwechsel zu unterziehen war.

Damals –
war die Mengenlehre modern. Etwa 50 Prozent der wöchentlichen seminaristischen Unterweisung waren dem Fachbereich „Mathematik“ gewidmet, und davon entfielen rund 70 Prozent anteilig auf die Mengenlehre.

Seinerzeit –
hieß das Schlagwort: „Operatives Durchdringen“.
Die Methode schlängelte sich systematisch von der „konkreten Phase“ hin zur „semikonkreten“ und schließlich zur „abstrakten Phase“ - und von dort wieder zurück. Das war ein echter Wasser(kopf)kreislauf.
Dabei war nur zu deutlich zu erkennen, daß man auch den Adressaten neu definiert hatte. Man traute dem Zögling nicht mehr zu, daß er nach der Wahrnehmung des Konkreten – sofort und ohne Zwischenstufe – abstrakt zu denken in der Lage sei. Man baute deshalb als Denkhilfe (der Rohrstock war ja abgeschafft) Bilder und Zwischenhandlungen ein; fertigte somit das System des „Semikonkretismus“ – und siehe: Die erste Bildungskluft entstand.

Oft –
spürte ich diese Kluft, dann nämlich:
– Wenn ich für vier Wochentage an meinen ursprünglichen Einsatzort zurückkam, an dem Lehrer (und wahrhafte Pädagogen!) unterrichteten, welche die Mengenlehre innerhalb von maximal zwei Schulwochen pro Jahr abhandelten, während wir im Seminar drei Jahre lang das Themenfeld systematisch beackerten und es allmählich als „der Weisheit letzten Schluß“ betrachteten.
– Wenn meine Schüler wieder einmal ohne Hausaufgabe in den Unterricht kamen, mit der üblen, aber realistischen Ausrede: „Papa und Mama haben mir nicht helfen können!“
– Als die Mengenlehre abgeschafft wurde und ich nach zahlreichen höchst amüsanten Elternabenden mit meiner gesammelten Weisheit und Erfahrung auf dem trockenen saß. (Die Mengenlehre hat mir und auch den Schülern sehr viel in Bezug auf das Zahlenverständnis/diverse Bündelsysteme und das logische Denken gebracht.)

Rund zwanzig Jahre später –
haben die Kultusminister mit der „Rechtschreibverordnung“ trotz des damaligen Scheiterns der Mengenlehre ihr gleichgelagertes Experiment wiederholt. Die RSR ist nämlich ein ideologischer Klon des Lernsystems „Mengenlehre“, und das Ziel ist erneut die staatliche Allmacht auf dem Gebiet der Erziehung.
Daß man die gleiche Schwachstelle wie damals nutzt (die scheinbare Willfährigkeit der Lehrer und Verlage), daß man erneut versucht, die Schüler im „Vorreifestadium“ vom Elternhaus abzunabeln, zeugt davon, daß hinter dem Versuch pure Absicht steckt; jene Absicht, den Menschen nicht mündig werden zu lassen, sondern ihn in Abhängigkeit zu halten.

Doch trotz aller bürokratischer Raffinessen, trotz aller Desinformationspolitik, trotz sämtlicher volksverdummender Parolen und Einschüchterungstaktiken wird diese Rechnung der Kultusminister nicht aufgehen – selbst wenn die Ganztagesschule eingeführt werden sollte.

Eltern sind nämlich immer noch die besten Lehrer, und ein ordentlicher Lehrer kann nur dann Erfolge erzielen, wenn er versucht, elterliche Funktion zu übernehmen.
An der Mündig- und Menschlichkeit der Untertanen wird auch dieser zweite Versuch der Obrigkeit scheitern!



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nos


eingetragen von Detlef Lindenthal am 23.01.2003 um 18.39

D.L. fragte:
[Liegt die Schwierigkeit darin,] „daß die letztgenannte Menge unselb der erstgenannten ist?“

R.G. fragte daraufhin:
Was ist mit „unselb“ gemeint, - das scheint mir kein Beispiel einer für Kinder verständlichen Sprache.

Lieber Rolf,
dies hier ist ein Erwachsenen-Forum. Du darfst gerne mitlesen und mitschreiben, aber beschwere Dich bitte nicht, wenn es hin und wieder neue Wörter gibt.

Übrigens beschweren echte Kinder sich eher nicht über neue Wörter, sondern lernen sie.
Wenn ein Kind mit 2 die Sprache erlernt und als Abiturient mit 19, angenommen, die Hälfte des Dudenwortschatzes kennt, dann hat es in 17 Jahren (= 6209 Tagen) 57.500 Wörter gelernt; das sind täglich 9 Wörter, und auch sonntags und in den Ferien; eine beachtliche Menge! Das geht übrigens nur, weil der Lernende die Bedeutung vieler Wörter aus ihren Bestandteilen erschließen kann.
Wie hier zum Beispiel bei dem Wort unselb . Das Wort ungleich ist aber doch bekannt? Z.B. Gerhard Schröder und Bundeskanzler, die beiden sind nicht gleich, sondern selb oder dieselben oder richtiger wohl derselbe. Als Fremdwort ist der Begriff bekannter: die beiden sind identisch. Hingegen sind Gerhard Augst und Bundeskanzler unselb oder nichtidentisch.
Und nicht verwirren lassen von naturidentischen Aromen, denn das ist Lügenwerbesprache.

Übrigens hat mein Fremdwörterduden darin auch Verwirrung: identisch wäre völlig gleich. Zwei völlig gleiche Briefmarken kosten 1 Euro 10 und reichen für 2 Briefe. Sind jedoch die fraglichen Dinge selb oder identisch, dann sind sie nur 1 Ding, und dies eine Ding kostet auch nur 55 Cent und reicht aber nur für einen einzigen Brief. Bei Autos und Lokomotiven kann das ganz schön teuer werden, wenn man sich dabei verzählt (der DLF erzählte heute von der Russenmafia, die bei Autostückzahlen Verwirrung in die Abzählerei bringt).

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Die Mengenlehre hat für mich (Abitur 1970) nur den einen Nachteil: Daß niemand den Erwachsenen erzählt hat, daß die meisten Erkenntnisse der Schul-Mengenlehre im gewöhnlichen Hausverstand bereits enthalten sind und folglich nicht gelernt zu werden brauchen.


eingetragen von Theodor Ickler am 23.01.2003 um 16.17

Vielen Dank für die netten Worte, Herr Genzmann. Seit Jahren spiele ich mit dem Gedanken, eine deutsche Schulgrammatik zu schreiben, Untertitel: "Nicht zugelassen für deutsche Schulen!" Das könnte die größte Empfehlung sein.
Aber mal im Ernst: So kann es doch wirklich nicht weitergehen! Ich sehe Tag für Tag Bücher und andere Texte, die man nur als verwahrlost bezeichnen kann, allein aufgrund der vermurksten Orthographie. Bei de Gruyter erscheint demnächst wieder ein monumentales Werk der HSK-Reihe, ausschließlich auf ss-Schreibung umgestellt, wie mir ein Korrekturleser verriet. Das war bisher ein sehr angesehener Wissenschaftsverlag, aber es ist ja nicht das erste Mal, daß ich hier auf Bücherverhunzung gerade bei diesem Unternehmen hinweisen muß.
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Th. Ickler


eingetragen von Rolf Genzmann am 23.01.2003 um 14.59

Zu 24.01.2003
> Gilt es denn, daß die Grundschüler durch vorbildliche Beispiele in möglichst genauer, gutverständlicher Sprache lernen sollen, daß auch verwickelte Sachverhalte einfach dargestellt werden können?
Ich meine ja. Detlef Lindenthal <
Das galt einmal, aber unsere Kultusminister haben es 1972 verboten bei der Einführung der Mengenlehre, der sogenannten modernen Mathematik.
Als diese O.E.C.D. - Idiotie nach sieben Jahren angeblich offiziell wieder abgeschafft wurde, da gab es keine ordentlichen Rechenbücher mehr. Der Zustand hält an bis heute und vermutlich bis in alle Ewigkeit.
Um, vorausgesetzt, man will das, wieder ordentliche Rechenbücher für einen Unterricht in gutverständlicher Sprache und genauer Sprache zu bekommen, benötigt man mindestens 50 Jahre. Die Studenten und Lehrer müßten dazu erst ausgebildet werden. Rechnen müßte dann in die Richtlinien wieder hineinkommen; das aber darf nicht sein, das lassen die Kultusminister nicht zu.
Gilt es denn? Nein, es gilt nicht bei unseren glorreichen Kultusministern, denen ist das Gegenteil, eine Art von schlechter Zahnpastareklame, viel wichtiger.
Was ist mit „unselb“ gemeint, - das scheint mir kein Beispiel einer für Kinder verständlichen Sprache.

Herr Ickler schrieb:
„Schon oft mußte ich darüber nachdenken, ob schlechte Leistungen in Mathematik nicht auch mit der Unfähigkeit deutscher Schulbuchautoren zusammenhängen könnten, Aufgaben verständlich und eindeutig zu formulieren. Hinzu kommt neuerdings noch die Tendenz der Verlage, das Verfassen von Büchern an schnell und billig arbeitende Dilettanten zu vergeben (Grammatik bei Langenscheidt usw.). ...“
Diese Beobachtungen halte ich für zutreffend, mit der Ausnahme, daß die Tendenz nicht allzu neueren Datums ist. Sie setzte 1972 mit aller Macht ein mit der „neuen Mathematik“ bzw. mit der sogenannten Mengenlehre. Im Zuge der „Bildungsreform“ erfaßte sie alle Fächer in allen Schularten auf allen Schulstufen und erreichte mit der „Rechtschreibreform“ erneut einen Gipfel.
Wer noch die besten Rechenbücher vor 1972 kennt, der kann ermessen, was verloren wurde. Sie waren - Neues Rechnen, Klett - in verständlicher, genauer und prägnanter Sprache. Sie hatten zur Grundlage den Anschauungsbegriff Johannes Wittmanns, seit 1923 in den Schulen erprobt, und die umfangreichen jahrzehntelangen Arbeiten von H. Karaschewski, Wesen und Weg des ganzheitlichen Rechenunterrichts 1969, Teil II 1970. Diese beiden Werke sowie die dazugehörigen Rechenbücher, alles im Klett Verlag, enthalten
den Fundus der deutschen Rechendidaktik.
Es lohnt sich in jedem Falle, diese Standardwerke zu studieren!
Man kann da sehr viel lernen über gutverständliche, genaue, altersgemäße, prägnante sprachliche Begriffsbildungsverfahren in der Schule.
Leider wird man die Bücher kaum noch irgendwo finden können, denn die Kultusminister hatten sie verboten, weil es keine billige Zahnpastareklame war. Viel zu anspruchsvoll für heutige Schulbuchschreiberlinge, billig arbeitende Dilettanten, Vettern oder Neffen der Kultusbehörden auf Nullniveau und weit darunter.

Ein Glück, daß Professor Ickler kein Schulbuchautor ist. Solche Leute sind heute allenfalls schlechte Plagiatoren von Murks und Müll. Ein richtiges Buch, das den Namen Buch verdient, käme dann nicht mehr zustande, nach Behandlung durch die Genehmigungskommissionen würde es kein Buch mehr sein, höchstens eine mit Leukoplast verklebte Badewanne. Er müßte fürchten, sofort seinen Ruf als Gelehrter international zu verlieren. Schulbuch könnte es auch deswegen nicht genannt werden, weil es in Deutschland Schulen gar nicht mehr gibt, die den Namen Schule wirklich verdienen. Das zeigt sich unter anderm daran, daß die lebendigen deutschen Dichter wie Reiner Kunze, oder der Nobelpreisträger Grass, nicht mehr in die Schullesebücher hinein genehmigt werden. Und was von den toten deutschen Dichtern noch ins Lesebuch darf, das ist alles kastriert und verstümmelt oder mit zusätzlich angepappten Buchstaben durch die Kultusdümmler vermüllt.
Kein richtiges Rechnen, kein richtiges Lesen, keine richtige Schule; nur Betrug und Fälschung.
Andererseits ein Unglück, daß es kein zugelassenes Schulbuch von Ickler gibt.

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Rolf Genzmann


eingetragen von Theodor Ickler am 23.01.2003 um 11.39

Die Schwerverständlichkeit hat mehrere Ursachen, Sie haben einige genannt. Meiner Ansicht nach - und meine Frau und ich haben das am eigenen Leibe erfahren - ist schon das "dann" problematisch, weil man zuerst denkt, es sei ein folgerndes "dann", während es in Wirklichkeit "danach" bedeutet und sich auf die restliche Strecke bezieht. Solche Aufgaben müßten alle vorgetestet werden, aber dazu fehlen die Mittel und die Sorgfalt.
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Th. Ickler


eingetragen von Detlef Lindenthal am 23.01.2003 um 10.32

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Theodor Ickler
Ein neunjähriger Grundschüler soll zum Beispiel folgende Aufgabe lösen:

"Ein Radfahrer will in 7 Tagen 680 km weit fahren. Während der ersten 5 Tage schafft er täglich 92 km. Wie viele km muss er dann täglich mehr zurücklegen, wenn er jeden Tag die gleiche Strecke fährt?" (Hauschka, Textaufgaben 4. Klasse)
Da bin ich versucht zurückzufragen, wo die Schwierigkeit liegt? In der verkorksten Mengenlehre: {7 Tage}, {die ersten 5 Tage}, täglich = {jeden Tag}, {jeden Tag}, bei der nämlich nicht klar ist, daß die letztgenannte Menge unselb der erstgenannten ist?
Oder führt der Ausdruck „die gleiche Strecke“ zu einem Mißverständnis; hätte der Verfasser lieber schreiben sollen „die gleiche Entfernung“ oder „... Kilometerzahl“, um eine Verwechselung mit „dieselbe Strecke“ auszuschließen?
Ja, freilich ist dann zu fragen, ob eine solche Erschwerung durch ungenaue Sprache in der 4. Klasse etwas zu suchen hat.

Gilt es denn, daß die Grundschüler durch vorbildliche Beispiele in möglichst genauer, gutverständlicher Sprache lernen sollen, daß auch verwickelte Sachverhalte einfach dargestellt werden können?
Ich meine ja.

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Detlef Lindenthal


eingetragen von Theodor Ickler am 23.01.2003 um 09.20

Schon oft mußte ich darüber nachdenken, ob schlechte Leistungen in Mathematik nicht auch mit der Unfähigkeit deutscher Schulbuchautoren zusammenhängen könnten, Aufgaben verständlich und eindeutig zu formulieren. Hinzu kommt neuerdings noch die Tendenz der Verlage, das Verfassen von Büchern an schnell und billig arbeitende Dilettanten zu vergeben (Grammatik bei Langenscheidt usw.).
Ein neunjähriger Grundschüler soll zum Beispiel folgende Aufgabe lösen:

"Ein Radfahrer will in 7 Tagen 680 km weit fahren. Während der ersten 5 Tage schafft er täglich 92 km. Wie viele km muss er dann täglich mehr zurücklegen, wenn er jeden Tag die gleiche Strecke fährt?" (Hauschka, Textaufgaben 4. Klasse)

Ich habe auch schon Aufgaben gesehen, die objektiv unlösbar waren, zum Beispiel von jener Autorin, die auch an der Einführung der "Vereinfachten Ausgangsschrift" mitgewirkt hat.

Der Unterricht ist dann auch nicht immer geeignet, die Kinder zum Verständnis zu führen. Manchen Lehrern genügt es, wenn sie selber endlich verstanden haben, worum es geht. Das kann aber nicht der Sinn der Schule sein.


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Th. Ickler


eingetragen von Henning Upmeyer am 16.01.2003 um 12.33

Es besteht Klärungsbedarf:
Gilt die Pressefreiheit und das Zensurverbot des GG nur für den Inhalt oder auch für die Form der Berichterstattung?
Die nachträgliche Änderung und damit Verfälschung der Sprache, d.h. der Wörter und ihrer Schreibweise, gegen den ausdrücklichen Willen ihres Verfassers halte ich für Zensur.


eingetragen von Michael Krutzke am 16.01.2003 um 12.00

Eine ganze Sammlung solcher Fälle findet man unter "Übersetzungsfallen".

Ebenfalls interessant, aus der Serie "Business English" der Wirtschaftswoche: "False friends".

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Michael Krutzke


eingetragen von Reinhard Markner am 16.01.2003 um 11.00

». . . Amsterdamer Polizei, die eine Razzia in einem Warenhaus durchführte . . .« (Edo Reents, F.A.Z. 13. 1. 2003)
Durchsucht wurde natürlich nicht etwa das Amsterdamer Kaufhaus De Bijenkorf, sondern ein warehouse.


eingetragen von Detlef Lindenthal am 16.01.2003 um 10.45

jW läuft wieder. Ihr Kommentar schließt bißsicher:

[Gleichschaltung der Presse] „gibt es selbstverständlich nicht. Die Pluralität wird gewahrt und sogar erweitert: Zu den klassischen drei Teilstreitkräften kommt im modernen Krieg stets eine vierte hinzu.“


eingetragen von Heinz Erich Stiene am 16.01.2003 um 10.45

Vor längeren Wochen berichtete ich in diesem Forum davon, einen in bewährter Orthographie abgefaßten Brief des Chefredakteurs der "Welt", Dr. Weimer, erhalten zu haben. Zuvor hatte ich ihm die Umstellung seiner Zeitung auf die Reformschreibung vorgehalten und dazu gefragt:
"Wer zwingt Sie, wer drückt Sie, wer hat Ihnen die Pistole auf die Brust gesetzt, eine unumstrittene, reibungslos funktionierende Orthographie gegen eine minderwertige, von einer Clique künstlich ausbaldowerte einzutauschen? Haben Sie Ihre Leserschaft über eine Umstellung abstimmen lassen? Nein, warum nicht? Welche Zwänge gab es in einer lebendigen Demokratie, für die Ihre Zunft ansonsten so entsagungsvoll zu streiten simuliert, die das Mitmarschieren weiter Teile der Presse ebenso unvermeidbar machten wie jene Zwänge unter der totalitären Diktatur nach 1933? Nennen Sie mir bitte Roß und Reiter - beim Namen!!"
In seiner freundlichen Antwort reichte mir Herr Weimer einige verlegene Floskeln dar. Namen von Eminenzen im Hintergrund oder ihren Institutionen fielen nicht. Natürlich nicht.
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Heinz Erich Stiene


eingetragen von Theodor Ickler am 16.01.2003 um 09.28

Unabweislicher Eindruck seit Jahren: Die Redakteure, besonders Chefredakteure, sind nicht frei, sondern laufen auch in Sachen Rechtschreibung an einer langen Leine, von der man aber nie herausbekommt, wer das andere Ende in der Hand hält.
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Th. Ickler


eingetragen von Detlef Lindenthal am 16.01.2003 um 08.39

Die gleichlautenden Ablehnungsbescheide sind in der Tat ein Beweis für die Existenz einer ständigen Chefredakteure-Konferenz (CRK). Ich kenne eine kleine Handvoll weiterer etwas weniger griffiger Beweise für gleichgeschaltete Zensurmaßnahmen (die sich eben nicht mit nur der „Schere im Kopf“ erklären lassen).

Die große Mehrzahl unserer Leser unterhält jenen CRK-Filz mit monatlichen Stützungszahlungen (Salzwassersaufen muß ja wohl Spaß machen) und läßt CRK-unabhängige Nachrichtensysteme verdursten.

Und der Knoten der jungeWelt.de (IPN 193.96.188.9) ist heute morgen gehackt; Zufall? Rechnung nicht bezahlt? Warnschuß von der CRK und deren Metafilz?
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Detlef Lindenthal


eingetragen von Christian Melsa am 16.01.2003 um 03.09

Ein wenig gehört es doch hierher, wovon ich kurz berichten möchte, denn es betrifft das Phänomen der Gleichschaltung der Presselandschaft, das wir bereits 1999 anhand der Rechtschreibgeschichte kennenlernen durften.

Die Sorgen, die bereits damals davon angestoßen wurden, waren wohl nicht unberechtigt. Diesmal ist es wesentlich ernster, es geht um Krieg. Oder vielmehr um Raum, der Kriegsgegnern in der Presse verweigert wird.

Die Junge Welt, eine der wenigen Zeitungen, die immer noch in alter Rechtschreibung erscheinen, meldet heute folgendes:

Aus »grundsätzlichen Erwägungen« lehnten Süddeutsche Zeitung, Die Zeit und Die Welt die Veröffentlichung einer bezahlten Anzeige ab, mit der ein von 200 mehr oder weniger prominenten Leuten unterzeichneter Text unter dem Titel »Kein Krieg gegen den Irak. Kein Blut für Öl und Macht« auf ihren Seiten erscheinen sollte. Das teilten die Initiatoren des Aufrufs um den Historiker Alexander Bahar in einer Presseerklärung am Mittwoch mit. Die Ablehnung sei »wortidentisch« erfolgt. Sie hätten eine »Lektion in Sachen Informations- und Meinungsfreiheit« erhalten. Süddeutsche Zeitung, Frankfurter Rundschau, Stern und taz hätten auch den Wunsch nach einer redaktionellen Veröffentlichung ignoriert oder kategorisch abgelehnt.

(Hervorhebung von mir)

Den ganzen Artikel gibt es unter http://www.jungewelt.de/2003/01-17/005.php, die erwähnte Resolution ist nachzulesen unter http://www.nachrichten-analysen.de/german/politik/aussen/anti.htm.


eingetragen von Theodor Ickler am 06.01.2003 um 13.18

Ein verrückter Amerikaner hat "in mehr als zehnjähriger Arbeit" 426 "klinisch festgestellte Ängste" gesammelt und ins Netz gestellt (www.phobialist.com), und diese fast ausnahmslos von meschuggenen Psychoanalytikern erfundenen "Phobien" druckt Frank Schirrmacher im heutigen Feuilleton der FAZ auf zwei ganzen Seiten ab, als Symptom unserer angstvollen Gemütsverfassung "in den Tagen vor dem drohenden Irak-Krieg und in der Erwartung eines weiteren ökonomisch enttäuschenden Jahres". Nicht doch! Kein Mensch hat je von diesen Phobien gehört, bis auf vier oder fünf davon, geschweige denn "Angst davor, daß Erdnußbutter am Mundwinkel hängenbleibt" (Arachibutyrophobie) empfunden. Obwohl das Ganze kein Faschingsscherz, sondern von Schirrmacher offenbar sehr ernst gemeint ist, habe ich zuerst herzlich lachen müssen, und zwar wegen des wirklich barbarischen und damit symptomatischen Umgangs mit der griechischen, zum Teil auch lateinischen Sprache. Aber die Lust daran stumpft bald ab, und es bleibt die Frage, was mit dem Feuilleton der FAZ los ist. Um es in der Sprache dieses Riesenschwachsinns auszudrücken: Man könnte von Foliophobie erfaßt werden (Angst vor Feuilletons).
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Th. Ickler


eingetragen von Heinz Erich Stiene am 06.01.2003 um 09.26

"Low Fett", "Family World" und "City Hopper". Es ist wie im Panoptikum. In meiner kleinen Heimatstadt verkauft ein Bekleidungsgeschäft "Joung Fashion", auch in dieser Schreibung, während die Stadt selbst einen "City Cleaner" herumschickt, der die öffentlichen Abfalleimer von Zigarettenstummeln, Bananenschalen und Plastikflaschen befreit. Aber das Fremdeln ist augenscheinlich eine uralte Nationalkrankheit, die schon Martin Opitz 1624 in seinem 'Buch von der Deutschen Poeterey' diagnostizierte:
"So stehet es auch zum hefftigsten vnsauber / wenn allerley Lateinische / Frantzösische / Spanische vnnd Welsche wörter in den text vnserer rede geflickt werden; als wenn ich wolte sagen:
Nemt an die courtoisie, vnd die deuotion,
Die euch ein cheualier, madonna, thut erzeigen;
Ein' handvol [!!] von fauor petirt er nur zue lohn /
Vnd bleibet ewer Knecht und seruiteur gantz eigen.
Wie selttzam dieses nun klinget / so ist nichts desto weniger die thorheit innerhalb kurtzen Jharen so eingeriessen / das ein jeder / der nur drey oder vier außländische wörter / die er zum offtern nicht verstehet / erwuscht hat / bey aller gelegenheit sich bemühet dieselben herauß zue werffen."
Was 1624 noch galant als Madonna und Chevalier auftrat, ist heute - moderne Zeiten - zu Low Fett und City Hopper mutiert.

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Heinz Erich Stiene


eingetragen von Walter Lachenmann am 05.01.2003 um 00.15

Zwischen den Metropolen Toblach, Innichen, Arnbach, Sillian, Panzendorf, Abfaltersbach, Mittewald, Aue, Leisach, Lienz - und vielleicht noch weiter nach Osten, aber bei Lienz zweigen wir immer ab nach Norden - verkehrt gelegentlich ein nahezu unbemanntes Schienenfahrzeug. An den schönen roten Wagen steht zu lesen, daß es sich um nichts geringeres handelt, als den »City Hopper«.
In der Gegend, wo man Body-Teller kaufen kann, wollte mir ein Tankwart einmal Suppe in den Tank füllen, woran ich ihn nur hindern konnte, indem ich entschlossen selbst zum Stutzen für Normalbenzin griff. Nach längerem Grübeln beim Weiterfahren kam ich zu der Vermutung, daß es sich bei seinem Vorschlag wohl um Super gehandelt haben mag.
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Walter Lachenmann


eingetragen von Theodor Ickler am 03.01.2003 um 19.11

Heute morgen habe ich bei T-Online darüber abgestimmt, welche von fünf oder sechs vorgeschlagenen Frauen den schönsten Body hat. Ich weiß gar nicht so genau, was ein Body ist, wahrscheinlich hängt er mit der bodylichen Liebe zusammen. Die Frauen waren mir auch weitgehend unbekannt, aber ich wollte mal sehen, ob ich mit einer gewissen Hale Berry richtig liege. Tatsächlich! Über 80 Prozent teilten meine Meinung. Ist doch komisch, wie ein fernsehabstinenter Zeitgenosse in seiner Eremitenklause (Spardorf!) gleichwohl dem Puls der Zeit nahe bleibt.
Body ist übrigens sehr gut. Vor einiger Zeit wollte meine Frau Porzellanteller kaufen, so mittlere, eben Mittelteller. Die fränkische Verkäuferin vergewisserte sich mehrmals, ob "Body-Deller" gemeint seien. Nach einiger Zeit erkannte meine Frau das Wort "Party-Teller".
In Bayern hat die Staatsregierung jetzt ihren Segen zu einem "Schüler-Gericht" in Ingolstadt gegeben. Das heißt natürlich nicht so, sondern: "Teen-Court". Sonst wissen die Schüler nicht, worum es sich handelt.
Wir haben hier fast nur noch ein einziges Lebensmittelgeschäft in einiger Nähe, Edeka, nennt sich aber "Family World". Das andere, im Nachbardorf, Rewe, wirbt seit Jahr und Tag mit gesunder Kost: "Low Fett".
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Th. Ickler


eingetragen von Theodor Ickler am 23.12.2002 um 04.53

In der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung stand am 22.12.02 ein Beitrag über die Geschichte des Schreibens und des Schreibunterrichts. Darin wurde auch der mit Recht als Skandal bezeichnete Hintergrund der "Vereinfachten Ausgangsschrift" erwähnt, unter Bezug auf den Aufsatz des (nicht genannten) Kollegen Wilhelm Topsch in den Osnabrücker Beiträgen zur Sprachtheorie 1998. Vielleicht kann man doch noch die unterbliebene bzw. unterdrückte Diskussion nachholen, die vor der Einführung dieser potthäßlichen, mit Hilfe betrügerischer Fehlerstatistiken durchgeboxten, nur für die Erfinder einträglichen Schreibschrift hätte geführt werden müssen. Daß die Grundschullehrer dies ohne jeden Protest hinnahmen, ist der eigentliche Skandal.
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Th. Ickler


eingetragen von Reinhard Markner am 22.12.2002 um 16.09

Vgl. Paul (9)1992, S. 586.


eingetragen von Theodor Ickler am 21.12.2002 um 12.34

Bekanntlich führt man Muckefuck auf mocca faux zurück. Zu schön, um wahrscheinlich zu sein. Schon seit vielen Jahren trage ich im Hinterkopf den Einfall herum, daß es von einem englischen mock coffee kommen könnte. Das fiel mir wieder ein, als ich jetzt im Duden-Universalwörterbuch auf eine ziemlich gewagte niederdeutsche Herleitung stieß: Mucken (Holzstaub) und fuck = faul. Leider hatte ich bisher keine Zeit, dem englischen Weg nachzugehen, sehe aber, daß es bei Google eine ganze Menge zu mock coffee gibt. Weiß jemand was Näheres? Erstbelege?
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Th. Ickler


eingetragen von Theodor Ickler am 20.12.2002 um 15.36

Es gibt eine große Menge Partizipien, die ihre "Subjekt-Orientierung" verloren haben und zu Präpositionen zu werden im Begriffe sind (considering ... usw.); auch im Deutschen. Aber jenes repeated gehört wohl nicht dazu. Im Deutschen hängt damit noch die schwankende Kongruenz bei Appositionen zusammen.
– geändert durch Theodor Ickler am 23.12.2002, 20.41 –
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Th. Ickler


eingetragen von Detlef Lindenthal am 20.12.2002 um 13.35

Unser Deutschlehrer (ja, es gibt auch gute!) hat das so ausgedrückt:

„Dieser Weg ist kein Weg.
Wer es trotzdem tut,
bekommt 5 Mark Strafe
und fließt in die Gemeindekasse.“

Und wer will schon gerne in die Gemeindekasse fließen? Alles kann gelernt werden, wenn die Lehrer ihr Handwerk verstehen.
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Detlef Lindenthal


eingetragen von Jörg Metes am 20.12.2002 um 12.08

Der falsche Bezug ist ja auch bei uns weit verbreitet.
"Dem Tod nur knapp entronnen, steht ihm der Schreck noch ins Gesicht geschrieben." Im deutschen Fernsehen gibt es kaum einmal eine Magazin- oder Dokumentarsendung, in der man so etwas nicht zu hören bekommt.
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Jörg Metes


eingetragen von Reinhard Markner am 20.12.2002 um 10.48

Das Problem ist nicht die Konstruktion als solche, sondern der falsche Bezug :

In evening clothes and with her hair specially styled, Mark always thought his mother as glamorous as a film-star.
It pains me to admit it, but this example came from my own writing and it was many months before I noticed it and rewrote it to read:
“In evening clothes and with her hair specially styled, his mother had always seemed to Mark as glamorous as a film-star.”

http://lbarker.orcon.net.nz/hangingparticiple.html

Stand bei wissen.de wirklich french mit kleinem Anfangsbuchstaben ?


eingetragen von Theodor Ickler am 20.12.2002 um 05.24

Auf seiner Sammelsuriums-Seite "wissen.de" bietet Bertelsmann auch eine englische Grammatik mit Übungen. Alles voller Fehler und sehr schlampig, aber ich möchte einmal die Englischkundigen fragen, was sie von folgender Auskunft halten:

"Wie auch das Partizip Präsens kann das Partizip Perfekt statt eines Kausalsatzes stehen, der durch die
Konjunktionen as, because oder since ("da") eingeleitet wird.

Beispiele: Repeated very often, Tony learned the french words. Statt: Because the french words were repeated very often, (...)"

Wird in englischen Grammatiken nicht gerade vor solchen "dangling participles" gewarnt?

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Th. Ickler


eingetragen von Theodor Ickler am 19.12.2002 um 16.47

Vergleichen ist nicht gleichsetzen. Unter diesem Vorbehalt möchte ich einige lose Gedanken hier einrücken, von denen ich annehme, daß viele Besucher sie so ähnlich gedacht haben.
Wer einen Krieg unbedingt will, wird auch einen Anlaß finden. Der sieht immer wieder anders aus: Emser Depesche, Sender Gleiwitz ... Aber auch die Alten hatten schon ihre Erfahrungen damit. In der Fabel vom Wolf und Lamm stellt der Dichter am Schluß verwundert fest, daß auch der brutalste Übeltäter immer noch soviel Gewissen hat, daß er nicht ohne Vorwand, d.h. wenn auch noch so fadenscheinige Rechtfertigung losschlägt. Bei Thukydides wird allerdings gezeigt, daß es auch ohne geht, einfach nur aus der Überlegenheit heraus.
Also wie gesagt, Saddam Hussein ist natürlich kein Lamm usw., das ist alles richtig, aber man kann die Meldungen vom Tage nicht verstehen, wenn man den seit alters bekannten Mechanismus nicht im Kopf hat. Und das ist nun doch ein bißchen deprimierend.

Vor einigen Wochen sollten wir allen Ernstes glauben, die Massenvernichtungswaffen von Irak seien in den Wohnungen der Staatsbeamten versteckt.

Heute hat unsere Bundesregierung aufs neue verkündet, die Freiheit der Bundesrepublik werde am Hindukusch verteidigt. Das ist zweifellos zutreffend. Aber die rhetorische Pointiertheit, die wohl schon auf die Geschichtsbücher schielt, in denen das mal stehen soll, kommt mir nicht ungefährlich vor. Wo auf dieser Erde wird unsere Freiheit denn nicht verteidigt? Übernehmen wir uns da nicht ein bißchen? Und wenn nun jemand anders meint, die Freiheit oder die Religion oder die Moral werde in Deutschland verteidigt, in den USA usw. - was will man dem entgegenhalten? Ist damit nicht das Recht zur unbeschränkten Intervention postuliert?

Ich sehe dem neuen Jahr mit ungemütlichen Gefühlen entgegen, anders als sonst.
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Th. Ickler


eingetragen von Detlef Lindenthal am 19.12.2002 um 15.48

Zur Erinnerung:

Quelle: http://www.uni-frankfurt.de/presse/infos/980120.htm
Quelle: http://rhein-zeitung.de/on/98/01/20/topnews/unwort.html:

>> „ Unwort 1997: Wohlstandsmüll ...
Mißverhältnis zwischen Sache und Wort
Zum "Unwort" werden seit 1991 Begriffe gewählt, bei denen das Mißverhältnis zwischen Sache und Wort besonders groß ist. Viele dieser Formulierungen wirkten unmenschlich, sagte Schlosser. Der von einigen kritisierte Begriff "Unwort" sei erstmals vor 525[?????, DL] Jahren im Deutschen Wörterbuch der Brüder Grimm belegt und werde dort unter anderem als "böses, beleidigendes Wort" beschrieben.
2.160 Einsendungen gingen bei der siebten "Unwort"-Aktion ein, 283 mehr als im Vorjahr. Darunter waren 1.272 verschiedene Vorschläge. Am häufigsten wurde "Rechtschreibreform" vorgeschlagen, gefolgt von "Elchtest" und "Steuerschlupfloch". “ <<

Neue Zürcher Zeitung, 22. 1. 1998, Nr. 17, s. 20, Vermischte Meldungen:
>> „Wie man schon verschiedentlich hören konnte, sollen diese Wort- und Unwort-Ranglisten sehr populär sein. Wenn dem so ist, dann wird da ein krasser Gegensatz sichtbar zur Unpopularität der Rechtschreibereform, die längst im Morast kollektiver Egoismen und Eitelkeiten versunken ist. Aber wieso sollen Linguisten, Literaten und andere Liebhaber der Sprache weniger streitsüchtig sein als die Eltern der kleinen Abc-Schützen? Übrigens hält sich hartnäckig das Gerücht, für das Wort «Rechtschreibereform» seien bei der Frankfurter Jury mit Abstand am meisten Nennungen aus dem Publikum eingegangen. Wenn das stimmt, werden die Sprachhüter noch in arge Erklärungsnot kommen: Warum haben sie ausgerechnet den «Wohlstandsmüll» gewählt? “ <<

Womit ein weiteres Lichtlein auf unsere Medienbefindlichkeiten fiel.

Schöne Weihnachten,
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Detlef Lindenthal


eingetragen von Theodor Ickler am 19.12.2002 um 15.10

Mit dem "Wort" bzw. "Unwort des Jahres" schafft es eine Handvoll Wichtigtuer (es ist für beide Fälle eine andere, aber sie haben ein paar Finger gemeinsam), alljährlich in die Zeitungen zu kommen. Dabei wird das Wort keineswegs empirisch-statistisch ermittelt, sondern die Herren saugen es sich einfach aus den Fingern und mißbrauchen damit die Einsendungen gutgläubiger Mitmenschen, denen sie am Ende großzügig versichern, ihre Stimmen hätten auch ein Rolle gespielt. Am meisten wundere ich mich über die Journalisten, die diesen Unsinn so zuverlässig aufgreifen und weitertragen. Die Stuttgarter Zeitung schreibt über die Wiesbadener Narren um Hoberg sogar: "Die Gesellschaft für deutsche Sprache versteht sich als führende staatlich geförderte Institution für Sprachwissenschaft und Bevölkerung (!) in Deutschland."
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Th. Ickler


eingetragen von Theodor Ickler am 18.12.2002 um 14.36

In der Zeitschrift des Stifterverbandes, "Wirtschaft und Wissenschaft" 4/2002, ist der Vortrag abgedruckt, den Karl Heinz Bohrer zur Verleihung des Deutschen Sprachpreises gehalten hat (bzw. hat verlesen lassen). Er ist in neuer Rechtschreibung gehalten ("hier zu Lande" usw.). Stärker beeindruckte mich, daß Bohrer keinen einzigen klaren oder gar gut formulierten Satz zu Papier bringen kann.
Stilvermögen ist dann eine intellektuell-reflexive Fähigkeit, die qua eines spezifischen Ausdrucks bezüglich einer Sache ihren Adressaten besonders anspricht.
Auf ein Nietzsche-Zitat folgt dieser Kommentar:
Hier wird deutlich, inwiefern für Nietzsche ein vehementer Ausdruck der Expression als Möglichkeit von "maniera" nicht erwogen wird. usw.
Relativsätze sind ja auch was Schönes, aber allzu viel ist ungesund:
Es ist vor diesem Hintergrund eine sowohl frappierende wie provokante Einsicht, dass es der Nationalsozialismus gewesen ist, der im faschistischen Formexperiment die einzige Epoche war, in der im 20. Jahrhundert in Deutschland ein Stil versucht wurde, der an eine große Form angelehnt war, wobei das Bauhaus die Gegenfigur darstellte.
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Th. Ickler


eingetragen von Detlef Lindenthal am 15.12.2002 um 10.07

Eine gute Erfahrung hat mein Sohn gemacht: Nachdem er viel Nachhilfeunterricht in Physik gegeben hatte, hat er im Abitur darin 15 Punkte (also 1+) bekommen.

Für den Unterricht an Oberschulen fordere ich eine Dreiteilung:
1. Die reine Wissensvermittlung erfolgt durch ablaufgesteuerte Unterweisung (mit Heften, Büchern und am Bildschirm).
2. Die Festigung und Überprüfung dieses Wissens in Kleingruppen mit den guten Schülern aus der zweiten Klassenstufe darüber (denn nur das, was man erklären muß, lernt man richtig).
3. Lehrerunterricht mit der ganzen Klasse hauptsächlich dafür, daß die Schüler die Redefertigkeit (samt Denkfertigkeit!) vor Gruppen lernen und üben.

Begründungen:
1. Im Frontalunterricht werden die guten Schüler ständig benachteiligt, weil sie ja nicht angemessen drankommen können (oder richtiger: Ein paarmal richtig geantwortet, und du wirst nicht mehr drangenommen).
Und die langsamen Schüler werden immer noch überfordert. Das Lerntempo beim Frontalunterricht ist eklig langsam.
2. Nur das, was man erklären muß, lernt man richtig. Und die damit eingeübte Führungsfähigkeit ist das kostbarste Lernergebnis für die angehenden Fachkräfte.
Die Leistungsüberprüfung, aufgrund der der Lehrer dann wieder einschreiten kann, sollte wiederum mit programmierten Lernmitteln erfolgen: wenn ein Abschnitt erfolgreich war, geht es zum nächsten; Klassenarbeiten sind vergeudete Lehrerarbeitszeit; auch sind sie als Hürde für Schüler zu hoch.
3. Die idiotoide Argumentationsschwäche unserer Politiker ist das genaue Abbild des Gymnasialunterrichtes. Durch neue Unterrichtsziele („Verständlich vortragen, richtig argumentieren“) wird die bitter benötigte Führungsstärke für den Alltag herangebildet.

Insgesamt:
Es ist ein krankes, abstoßendes Führungsmodell, daß Lehrer sich als Vorbilder (die sie nicht sind, siehe RS„R“) feiern lassen und fast jede andere Verantwortungsübernahme neben sich wegbeißen.
Die Rente der Gymnasiallehrer soll sich danach bemessen, was ihre Schüler in die Rentenkasse einzahlen.

Nachsatz zum Fremdsprachenunterricht: Herkömmlicher Fremdsprachenunterricht ist eine ungeheuerliche Vernichtung von Arbeits- und Lernzeit. Eine Fremdsprache erlernt man innerhalb von 4 Monaten oder gar nicht; aber doch nicht 8 Jahre lang von Sexta bis Unterprima!!
Sprachunterricht statt dessen durch Schülerpatenschaften: 6 Wochen in den großen Ferien nach England, Frankreich, Polen, Rußland, Dänemark, mit demselben Patenschüler dann 6 Wochen nach Deutschland: kein Schuljahr geht verloren, und in diesen drei Monaten lernen die Kinder mehr als sonst in vielen Jahren. Auch hupfen dann muttersprachliche Fremdsprecher ständig auf dem Schulhof, so daß die Mehrsprachigkeit lebendige Lerngrundlage ist.


eingetragen von Theodor Ickler am 15.12.2002 um 04.44

In der heutigen "Süddeutschen" wird das Nachhilfe-Unternehmen "Studienkreis" vorgestellt (1000 Filialen nach dem Franchising-System). Der Erfolgsbericht ist ein vernichtendes Urteil über unser Schulwesen. Der angehende Jurist lernt beim Repetitor, der Schüler beim Studienkreis. Schleichende Privatisierung des Bildungswesens. Ich bekomme auch am Ort mit, daß Nachhilfe längst das Anrüchige verloren hat. Daneben gibt es ja noch die nichtorganisierte private Nachhilfe, willkommene Verdienstmöglichkeit für ältere Schüler und Studenten. Hier findet jeder die individuelle Unterweisung, die der Lehrer in der Schule nicht bieten kann oder will.
Es ist zum Beispiel eine seit Jahrzehnten bekannte Tatsache, daß der Mathematikunterricht in der Klasse nur von zwei bis drei Schülern wirklich hinreichend verfolgt werden kann, alle anderen brauchen zu Hause Hilfe, um nicht bis zum Abitur auf schlechten Noten herumzusitzen, hinter denen sich ein abgrundtiefes Nichtverstehen verbirgt. Darüber gibt es ausgezeichnete Bücher, aber geändert hat sich der Mißstand nicht.
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Th. Ickler


eingetragen von Wolfgang Scheuermann am 13.12.2002 um 15.36

Muß man Politiker nicht um so ernster nehmen, je weniger sie an sich ernst zu nehmen sind?

Beispiel: Bush stellt Schröder seine Frau als "First Lady" der Vereinigten Staaten vor und deutet danach auf Frau Köpf: "And this is your First Lady?" - "No, my fourth!"

Kann da wer lachen? (Ein richtiger Lachmurkstest.)
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Dr. Wolfgang Scheuermann


eingetragen von Christian Melsa am 13.12.2002 um 14.47

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Reinhard Markner
Stein des Anstoßes war nicht bloß um eine ungefähre Namensnennung, sondern eine ganz konkrete Adressenangabe. Das ist schon ziemlich ungeheuerlich, wenn man bedenkt, daß erst vor wenigen Monaten in der gleichen Stadt Frankfurt ein Bankierssohn entführt und ermordet worden ist.
Das geht natürlich auch zu weit, völlig klar. Eine Einladung an Kidnapper wäre es aber wohl erst dann gewesen, nachdem eine Entführungserlössteuer eingeführt worden wäre.


eingetragen von Theodor Ickler am 13.12.2002 um 10.20

Samstagsausgabe, Rückseite des ersten Buchs (Kürzel K. F.).
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Th. Ickler


eingetragen von Christoph Kukulies am 13.12.2002 um 09.48

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Theodor Ickler
So weitgehend wollte ich Koch eigentlich nicht verteidigen. Karl Feldmeyer hat heute in der FAZ die Sache so kommentiert, wie ich es für treffend halte: Blödsinniges Spiel mit Schlagwörtern auf beiden Seiten. Es ist ganz natürlich, daß die Meinungsumfragen einerseits einen Tiefstand für die Regierungsparteien feststellen, andererseits aber die Opposition davon auch nicht profitiert, weil sie weder an Personal noch an Ideen etwas Besseres zu bieten hat.

Sie schrieben heute nacht um 5 Uhr 5; meinen Sie mit "heute" die Samstagausgabe oder die Freitagausgabe? Seite?


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Christoph Kukulies


eingetragen von Reinhard Markner am 13.12.2002 um 08.37

Stein des Anstoßes war nicht bloß um eine ungefähre Namensnennung, sondern eine ganz konkrete Adressenangabe. Das ist schon ziemlich ungeheuerlich, wenn man bedenkt, daß erst vor wenigen Monaten in der gleichen Stadt Frankfurt ein Bankierssohn entführt und ermordet worden ist.

»Den Feststellungen des Regierungschefs war eine Äußerung des Parlamentarischen Geschäftsführers der Grünen, Frank Kaufmann, vorangegangen. Dieser hatte in der Debatte um die Vermögensteuer gesagt: „Nun entdecken CDU und CDUlein die armen Millionäre, denen keine auch noch so geringe Verantwortung für die Finanzierung der Gemeinschaft zuzumuten sei. Ihre eifrigsten Parteispender – da spreche ich insbesondere die CDU an – wie die Familien Klatten und Quandt aus dem Bad Homburger Seedamweg – lassen grüßen.“«

(Quelle : Die Welt)


eingetragen von Theodor Ickler am 13.12.2002 um 04.05

So weitgehend wollte ich Koch eigentlich nicht verteidigen. Karl Feldmeyer hat heute in der FAZ die Sache so kommentiert, wie ich es für treffend halte: Blödsinniges Spiel mit Schlagwörtern auf beiden Seiten. Es ist ganz natürlich, daß die Meinungsumfragen einerseits einen Tiefstand für die Regierungsparteien feststellen, andererseits aber die Opposition davon auch nicht profitiert, weil sie weder an Personal noch an Ideen etwas Besseres zu bieten hat.
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Th. Ickler


eingetragen von Christian Melsa am 13.12.2002 um 02.16

Ja, da liegt ein Denkfehler vor. MP Koch hat sich auf Bsirskes konkrete Namensnennungen deutscher Superreicher bezogen, denen in einer schwierigen Zeit doch bitteschön auch zusätzliche finanzielle Opfer abzuverlangen sein dürften. Bsirske hat nicht verlangt, daß diese Personen für ihren Reichtum eingesperrt und geächtet werden sollen, geschweige denn vollkommen enteignet, zu zerschindender Zwangsarbeit verpflichtet oder, falls dazu nicht tauglich, in die Gaskammer geschickt werden sollen. Es ist völlig absurd, den Eindruck erwecken zu wollen, den deutschen Superreichen könnte ein derartiges Schicksal drohen.

Artikel 14, Absatz 2 des Grundgesetzes lautet: "Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen." Es steht nicht etwa im Grundgesetz: "Das Vermögen der Reichsten ist unantastbar." Daran hat Bsirske erinnert, und daß ausgerechnet jemand wie Koch sich darüber empört, daß dabei Namen genannt wurden, ist ohnehin schon höchst unglaubwürdig. Was mag wohl ein Opfer der NS-Judenverfolgung davon halten, wenn das unermeßliche Leid, das es damals ertragen mußte, auf das Leid eines Superreichen reduziert wird, der ein Prozent seines Vermögens pro Jahr zum Wohle der Allgemeinheit erübrigen soll? Die Anspielung Kochs ist dermaßen daneben, ich kann kaum glauben, daß sich das alles wirklich ereignet und nicht einer Fiktion entsprungen ist. Es kommt mir wie in einem grotesken Alptraum vor, daß ein deutscher Ministerpräsident so etwas von sich gibt, von sich geben kann. Entweder er ist unglaublich ungebildet und doof, nicht zu begreifen, was er da äußert, oder er begreift es durchaus, dann ist er ein mieses Arschloch, um es mal unumwunden zu formulieren. Selbst wenn man seine nachträgliche Entschuldigung ernstnehmen könnte, wäre die freudsche Fehlleistung immer noch zu entlarvend.

Selten konnte ich Heine seine Haßliebe zu Deutschland so gut nachempfinden wie heute. Wenn der Kerl in Hessen wiedergewählt wird, fange ich an zu überlegen, wohin ich auswandern soll. Ein Paralleluniversum mit einer Erde, auf der es keine Kochs, keine Rechtschreibreform und ähnliche Plagen gibt, wäre sehr attraktiv. Vielleicht gelingt es mit Hilfe eines modifizierten Flux-Kompensators, in eine solche Welt zu entschwinden.


eingetragen von Detlef Lindenthal am 12.12.2002 um 20.37

Nach meiner Meinung hat Herr Koch sich mit einem neuen Argument aus dem Fenster gelehnt, sich dann aber ins Bockshorn jagen lassen, weil er über sein eigenes Argument nicht ausreichend nachgedacht hatte.

Wenn eine Mutter zu ihrem 13jährigen Sohn sagt: „Bub, sei beim Radfahren vorsichtig, insbesondere an den Querstraßen, denn viele Autofahrer achten beim Abbiegen nicht auf Radfahrer“, dann beleidigt diese Mutter nicht die Tausende an Einbiegungen getöteten oder verletzten Radfahrern, sondern nimmt sie ernst.

Wer gegen Atomrüstung demonstriert, beleidigt nicht die Toten und Verstrahlten von Hiroshima und auch Windscale usw., sondern nimmt sie ernst.

Wer vor einem neuen Stern auf der Brust warnt, beleidigt nicht die Opfer der Judenverfolgung, sondern nimmt sie ernst.

Oder liegt hier bei mir ein Denkfehler vor?
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Detlef Lindenthal


eingetragen von Theodor Ickler am 12.12.2002 um 14.24

Koch hat - auf eine Provokation hin - eine dumme Bemerkung gemacht und hat es auch zugegeben und bedauert. Aber man sollte die Kirche im Dorf lassen. "Die Opfer des Holocaust beleidigt" hat er nicht, wie unsere famose Regionalzeitung behauptet. Und wenn jeder Rüpel gleich zurücktreten müßte, dann wäre ja wohl Herr Stiegler zuerst dran. Aber das ganze aufgeregte Hin und Her ist sowieso lächerlich, und ich bin sicher, daß die Parteileute jeder Seite abends einträchtig in der Parlamentskantine beisammensitzen und sich über das Volk lustig machen, das so etwas ernst nimmt. Mit der Rechtschreibreform war es doch genauso. Ich kann mich über Politiker nicht mehr aufregen, kann sie freilich auch nicht mehr wählen.
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Th. Ickler


eingetragen von Walter Lachenmann am 12.12.2002 um 14.11

... lassen wir das alles erst mal ein bißchen sacken.

Interessant erscheint mir, wie sich die Themen seit - mindestens - 200 Jahren ähnlich sind. Und wie unterschiedlich ein und derselbe Text aufgenommen wird, je nachdem, ob man weiß, vom wem er ist oder ob man sich da täuscht. Also ob man disponiert ist, ihn mit Zustimmung oder Ablehnung zur Kenntnis zu nehmen. In ähnlicher Weise ist Deine Beobachtung der Vorgänge im Hessischen Landtag schon richtig, wie sich einer nach dem andern erst bei der allgemeinen Stimmung vergewissert, ob er sich nun empören soll oder nicht, aber wenn wir ehrlich sind, sind wir vor so etwas auch nicht gefeit. In dieser Hinsicht konnte man ja auch bei der berühmten Walser-Rede interessante Beobachtungen über die wunderbare Verwandlung von Urteilen machen: Standing ovations in der Paulskirche, und nach entsprechenden Signalen der Kommandozentrale für öffentliche Meinung wurde daraus einhellige Verdammung, auch von Leuten, die von der Rede kein Wort kannten, wie man leicht feststellen konnte.

Aber der besagte ministerpräsidiale Ausspruch, auch wenn er eine Reaktion auf eine andere Torheit gewesen ist, kann von Menschen mit einigem Geschmack unter keiner Beleuchtung goutiert werden. Doch sollten wir das Thema wohl auf sich beruhen lassen, denn es hat mit Rechtschreibung ja wirklich nichts zu tun, und mit Sprache auch nur insofern, als es dabei um etwas geht, das einer gesagt hat. Nicht jede Unsäglichkeit allerdings ist ein aufklärerischer Tabubruch angesichts einer verschwörerischen Political Correctness, wie unsere Freunde das so gerne abqualifizierend nennen. Es hat schon seinen Sinn, wenn man sich darauf besinnt, mit manchen Begriffen und Themen mit besonderer Sorgfalt umzugehen.
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Walter Lachenmann


eingetragen von Norbert Schäbler am 12.12.2002 um 13.18

ist es mir, daß ich Heinrich Heine (13.12.97 bis 17.02.1856) in meinem vorhergehenden Beitrag solch eine üble Nachrede bereitet habe, zumal an seinem Wiegenfeste …

Schamesröte!

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nos


eingetragen von Norbert Schäbler am 12.12.2002 um 10.30

Lieber Walter!

Ich wollte eigentlich gestern keine Parteipolitik betreiben. Da hattest Du etwas falsch verstanden.

Aber, mir kochte die Emotion hoch, als ich den Eklat im Hessischen Landtag am Fernsehgerät erlebte. Es war eine höchst spontane Reaktion der Oppositions-Erstbänkler, die sich wie eine Kettenreaktion in Sekundenschnelle bis zu den Hinterbänklern ausbreitete, mit genauer Schnittkante zum Regierungshaufen, wobei letzterem nur sanft und allmählich die Schamröte ins Gesicht zog.
Was ich feststellte, waren die Zustandsformen der Stallordnung und Normierung, der Parteidisziplin und Hörigkeit. Es entstand das Gefühl, daß das Gewissen der Herren Abgeordneten säuberlich am Garderobenhaken hängte und daß die Blicke ausgerichtet waren auf die Einpeitscher und Fraktionsvorsitzenden – nie jedoch nach innen gerichtet.

Durch die Psychologie ist ja längst sichergestellt, daß von Tabus unglaubliche Machtströmungen ausgehen, doch fand ich es an dieser Stelle höchst lehrreich und bestürzend, wie sich selbst ein einzelner „Wehrwolf“ in unglaublicher Vehemenz des Phantoms bemächtigen und eine derartig emotionale Stimmung auslösen kann.
Das ist die andere Seite der „Vogelfreiheit“.
Sie nutzt dem Fürsten, der gnadenlos den Bann vollstreckt, der sich keine Gedanken macht über Recht und Unrecht, denn das Recht ist er selbst. Wie paradox! Indem er das Tabu zum Leben erweckt, sorgt er dafür, daß das Leben des Tabus in anderen erstirbt.

Meine Gedanken kreisten ausschließlich um diese Tabuisierung, um diesen wahnsinnigen Verdrängungsprozeß. Ich muß Dir in diesem Zusammenhang doch noch einmal das Buch von Ralph Giordano „Die zweite Schuld“ oder „Von der Last Deutscher zu sein“, Rasch und Röhring Verlag Hamburg empfehlen, damit Du besser nachvollziehen kannst, was ich eigentlich meine.

Zu Deiner Frage: Wer war’s? kann ich Dir keine genaue Antwort geben.
Jedenfalls ist es ein Vertreter der Blut-und-Bodenpolitik. Es könnte Kaiser Wilhelm II oder aber der Diktator (Stelle aus „Mein Kampf“) gewesen sein.
Bezeichnend jedenfalls ist dieses Hineinschlängeln in die Tiefen des Gefühls, der Versuch, das Hirn auszuklammern, der Versuch, eine Führerfigur zu installieren.
Das ist Wehrwolf pur!

An Dich die Frage: Warum verteidigst Du so sehr die Erhaltung und Einhaltung des Tabus. Warum siehst Du nicht auch jenen schadhaften Eingriff in die menschliche Psyche?
Hierzu ebenfalls eine Lektüre: S. Freud (Studienausgabe) „Fragen der Gesellschaft - Ursprünge der Religion“ Bd. IX. Darin die Aufsätze: „Totem und Tabu“ (1912/13) „Die Zukunft einer Illusion“ (1927) und „Warum Krieg“ (1933)


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nos


eingetragen von Theodor Ickler am 12.12.2002 um 10.14

Im Grunde hat wohl noch niemand wirklich ergründet, warum wir über Witze lachen. Ja, ich weiß, der gute alte Freud, für den ich mich als Gymnasiast begeistert habe, aber das ist doch größtenteils Humbug. Genauso rätselhaft ist, warum wir über andere Witze wieder gar nicht lachen können und warum wir in diesem Punkt so verschieden sind. Und warum vergesse ich alle Witze gleich wieder, so daß ich in Gesellschaft nie einen erzählen kann?
Richtig gut gefällt mir zum Beispiel der folgende aus einem Taschenbuch "Englisch lernen mit Witzen": Eine Zeichnung zeigt einen Herrn, der einen kleinen Jungen herablassend tätschelt: "What might be your name, my son?" - "It might be George, but it isn't."
Ich glaube, linguistische Witze machen mir am meisten Spaß, aber nicht weil ich Linguist bin, sondern es ist gerade umgekehrt.
Ich schreibe das, weil ich vermute, daß die Freude am Sprachspiel das notwendige Gegenstück zum Ärger über Sprachfehler (RSR) ist.
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Th. Ickler


eingetragen von Walter Lachenmann am 11.12.2002 um 22.55

Nächtlicher Fund

Ja, wir sind wieder Düpes geworden, und wir müssen eingestehen, daß die Lüge wieder einen großen Triumph erfochten und neue Lorbeeren eingeerntet. In der Tat, wir sind die Besiegten und seit die heroische Überlistung auch offiziell beurkundet worden, [...] erkrankt uns das Herz in der Brust vor Kummer und Zorn.
Armes unglückliches Vaterland! welche Schande steht dir bevor, wenn du sie erträgst, diese Schmach! welche Schmerzen, wenn du sie nicht erträgst!
Nie ist ein Volk von seinen Machthabern grausamer verhöhnt worden, Nicht bloß, daß jene [...]ordonnanzen voraussetzen, wir ließen uns alles gefallen: man möchte uns dabei noch einreden, es geschehe uns ja eigentlich gar kein Leid oder Unrecht. Wenn ihr aber auch mit Zuversicht auf knechtische Unterwürfigkeit rechnen durftet: so hattet ihr doch kein Recht, uns für Dummköpfe zu halten. Eine Handvoll Junker, die nichts gelernt haben als ein bißchen Roßtäuscherei, Volteschlagen, Becherspiel oder sonstig plumpe Schelmenkünste, womit man höchstens nur Bauern auf Jahrmärkten übertölpeln kann: diese wähnen damit ein ganzes Volk betören zu können, und zwar ein Volk, welches das Pulver erfunden hat und die Buchdruckerei und die »Kritik der reinen Vernunft«. Diese unverdiente Beleidigung, daß ihr uns für noch dümmer gehalten, als ihr selber seid, und euch einbildet uns täuschen zu können, das ist die schlimmste Beleidigung, die ihr uns zugefügt in Gegenwart der umstehenden Völker.

(Das paßt doch schon ein bißchen hierher, aber dennoch: Im selben Text, ein paar Absätze vorher, sind folgende Zeilen zu lesen, die erstaunlich an herumgereichte Schlagwörter der jüngsten Vergangenheit erinnern: )

Wenn wir es dahin bringen, daß die große Menge die Gegenwart versteht, so lassen die Völker sich nicht mehr von den Lohnschreibern der [...] zu Haß und Krieg verhetzen, das große Völkerbündnis, die Heilige Allianz der Nationen, kommt zustande, wir brauchen aus wechselseitigem Mißtrauen keine stehenden Heere von vielen hunderttausend Mördern mehr zu füttern, wir benutzen zum Pflug ihre Schwerter und Rosse, und wir erlangen Friede und Wohlstand und Freiheit.


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Walter Lachenmann


eingetragen von Christian Dörner am 11.12.2002 um 21.02

Wenigstens sind die Beiträge in den richtigen Strang eingeordnet. Denn politische Diskussionen außerhalb der Rechtschreibdebatte gehören wirklich nicht hierher.
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Christian Dörner


eingetragen von Norbert Schäbler am 11.12.2002 um 20.29

Lieber Herr Lachenmann!

Wäre denn die Wirkung eine andere gewesen, wenn die Worte in anderem Tonfall, von einem anderen Menschen, in einer anderen Umgebung, mit anderem Themenbezug ... gesprochen worden wären.

Ich erkenne in Ihrer Reaktion zu weiten Teilen ein politisches Urteil. Man sollte das entpersonifizieren und den reinen Tatbestand für sich sprechen lassen.

Es ist ein Extrembeispiel, vielleicht gerade deshalb auch lehrreich.

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nos


eingetragen von Walter Lachenmann am 11.12.2002 um 19.58

Es ging nicht um Worte als Träger von Heiklem, die deshalb zur unvoreingenommenen Kommunikation nicht mehr taugen, sondern es ging um endogene Geschmacklosigkeit und um historische Unbedarftheit, wie man sie ansonsten bei Skins antrifft und selbst bei denen sich schwertut, dies zu entschuldigen, denn wer heute ahnungslos ist, ist selbst schuld. Und es geschah die spontane und wohl gar nicht freiwillige Offenbarung eines erschreckend dummen und abstoßenden Gehirninhaltes. Eigentlich hat Sprache hier sehr gut funktioniert, denn eindeutiger als dieser unsägliche Ministerpräsident kann man sich ihrer doch gar nicht bedienen. Er ist kein Opfer irgendwelcher Ächtung oder irgendwelcher Tabus, er nicht.


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Walter Lachenmann


eingetragen von Norbert Schäbler am 11.12.2002 um 19.32

Am heutigen Tag – dem 12.12.02 – verwendete Ministerpräsident Koch – im Hessischen Landtag – anläßlich der Debatte über eine eventuelle Vermögenssteuer – geächtete Worte,
die ich hier aufgrund ihres Ächtungsgrates (mit "Grat" meine ich die Bergkammlinie) nicht verwenden will, nicht daß ich am Ende gar selbst der Ächtung anheimfalle.

Ich stelle allerdings fest, daß "hier zu Lande" in den zurückliegenden siebzig Jahren zum nunmehr dritten Male (vor und während des Krieges, nach dem Krieg und nach der Wiedervereinigung) eine Ächtung von Wörtern stattfand, und ich diagnostiziere als Hobbypsychologe eine neurotische und krankhafte Eigenart.
Gelindestenfalls ist diese Absonderlichkeit als artspezifischer Verdrängungsmechanismus zu bezeichnen.


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nos


eingetragen von Walter Lachenmann am 11.12.2002 um 10.42

»Für fast alle Künste gibt es inzwischen Preise. Doch eben nur fast.
Einige seltene Künste kommen zu kurz. Niemand beachtet sie.
Ich empfehle hiermit die Stiftung eines Preises
für die mißachtete Kunst des Zuhörens.«

Rafik Schami

Als ersten Träger dieses Preises würde ich Rafik Schami vorschlagen. Ich werde nie vergessen, wie ich ihm »am Rande einer Tagung« unser Anliegen der Bildung einer Forschungsgruppe (FDS) vortrug, wie mir selbst erschien immer ein bißchen laberig und weitschweifig und aufgrund von entsprechenden Erfahrungen bei solcherlei Veranstaltungen immer gewärtig, daß mein prominenter Gesprächspartner, der mich kein einziges Mal unterbrach, mit seinen Gedanken längst woanders sein könnte. Da fragte ich ihn zwischendurch, ob er mir noch folge, und er antwortete darauf ziemlich verwundert, ja selbstverständlich tue er das. Und er sagte seine Unterstützung spontan zu, obwohl er mich überhaupt nicht kannte bis dahin.
Und er sagte noch etwas, was mir aus seinem Munde wie eine Goldmedaille erschien, nämlich: Ich könnte ja so gut erzählen. Also wenn Rafik Schami, der großartige Meister mit seiner ganzen orientalischen Kultur und Kunst des Geschichtenerzählens mir das so spontan sagt, macht mich das schon stolz, und es sollen ruhig alle wissen, daß Rafik Schami mich gelobt hat.

Sein neuestes Buch »Die Farbe der Worte«, in dem sehr schöne Illustrationen seiner Frau Root Leeb zu sehen und herrliche Geschichten von ihm zu lesen sind, wie immer bei Schami für Leser fast aller Altersklassen, insbesondere auch Jugendliche, ist im Verlag ars vivendi erschienen und in ordentlicher, richtiger Orthographie gehalten.
Das Zitat am Anfang dieses Beitrags steht als Motto auf der Rückseite des Einbandes. Eine ganz heiße Buchempfehlung für Weihnachten, ein Labsal für alle reformfrustrierten Liebhaber schöner Bücher und schöner Literatur.
ISBN 3-89716-364-0, Euro 19,80.

– geändert durch Walter Lachenmann am 13.12.2002, 11.04 –
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Walter Lachenmann


eingetragen von Theodor Ickler am 11.12.2002 um 03.59

Schon seit Jahren fällt mir auf, daß die Sieger bei Vorlesewettbewerben ganz überwiegend Namen tragen wie
Sandro Matjeschk, Mandy Sama-Doikeni und Christin Kónczól (alle drei gestern in Thüringen, 3. - 6. Klasse). Das ist auch hier im Nürnberger Raum so, mit vielen Türkenkindern.

Das Vorlesen ist gewissermaßen der Gipfel der Sprach- und Schriftkultur; ich halte sehr viel davon und nehme an solchen Wettbewerben großen Anteil.
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Th. Ickler


eingetragen von Theodor Ickler am 10.12.2002 um 13.55

Seltsam, daß die Leute so oft Tryptichon sagen und schreiben (bei Google fast 2000 Belege). Auch kommt Sybille fast ebenso häufig vor wie das richtige Wort. Aber Ydill hat noch niemand geschrieben, wahrscheinlich weil das Schriftbild wegen des Anfangsbuchstabens so fremd ist, daß jeder gleich den Fehler bemerken würde. Haben wir schon mal über Lybien diskutiert? (Ja, ich weiß, diese Frage könnte auch unter "Was soll ins Wörterbuch?" stehen)
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Th. Ickler


eingetragen von Theodor Ickler am 05.12.2002 um 08.26

Wenn - laut Verteidigungminister Struck - Deutschland am Hindukusch verteidigt wird, müssen wir uns darauf einrichten, daß der Verteidigungsfall, also der Krieg, zum Normalzustand wird (wie in "1984"). Nur so läßt sich ja auch die Wehrpflicht mit der weltweit operierenden Interventionsarmee vereinbaren. Und irgendwo auf der Welt braut sich immer eine Gefahr zusammen. Das semantische Kunststück erinnert an den schleswig-holsteinischen Landtag, der im Gegenantrag zum Volksbegehren (vermutlich mit einem Bertelsmann unterm Arm) verkündete, "allgemein üblich" sei das, was die Regierung jeweils verordne.
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Th. Ickler


eingetragen von Theodor Ickler am 03.12.2002 um 16.43

Heutzutage leben die Menschen länger und das Sterben ist durch den medizinischen Fortschritt viel leichter als früher. (Mustersatz aus dem offiziellen Buch: Zertifikat Deutsch - Lernziele und Testformat. Hg. von Weiterbildungs-Testsysteme GmbH, Goethe-Institut, Österr. Sprachdiplom Institut, Schweizerische Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren. Frankfurt 1999. S. 280; ich berichte über dieses Werk später noch mehr!)
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Th. Ickler


eingetragen von Christian Melsa am 02.12.2002 um 10.46

Ebenfalls nach meinem Empfinden ist es das Bestürzendste an der Geschichte um die Rechtschreibreform, daß man an ihr genau diese unheilvollen Verhaltensmuster erkennen kann, bei denen Vernunft geradezu erstickt wird. Unterwürfigkeit, blinder Gehorsam, gedankenloses Mitmachen, dann auch noch das Erfinden von Verlegenheitsausreden zur Rechtfertigung des Tuns (siehe seriöse (?) Presse, auf die doch besonders Verlaß sein sollte). Die Rechtschreibreform ist so ein gewissermaßen fabelhaftes Paradebeispiel von Idiotie, daß mir gar nichts anderes übrigbleibt, als über den Grad ihres Erfolges erschreckt zu sein. Ich muß dabei immer an das berühmte Milgram-Experiment denken. Die Handlungsanweisung muß nur in ausreichend autoritärem Gewand daherkommen, schon sind viele Menschen bereit, die verwerflichsten Dinge zu tun. Ich bin ziemlich sicher, daß sich so eine Obrigkeitsgläubigkeit durch entsprechende Erziehung verhindern läßt, indem nämlich das Ziel der individuellen Mündigkeit wirklich ernst genommen wird. Aber wenn schon eine neue Rechtschreibung allein über erzautoritäre Maßnahmen, sogar unter Mißachtung demokratischer Urteile eingeführt wird, dann läßt das leider nicht gerade auf ein Schulwesen schließen, deren Verantwortungsträger wahrhaft gewillt sind, den humanistischen Bildungsauftrag umzusetzen.


eingetragen von Wolfgang Wrase am 02.12.2002 um 10.11

Ich habe gestern etwas gelesen, worauf dies vielleicht noch besser paßt als auf das mundartliche Gedicht über die Vergänglichkeit. Es ist keine Lyrik, sondern Reportage. Im "Spiegel" von dieser Woche gibt es ab Seite 162 einen sehr lesenswerten Bericht ("Tage des Gerichts") über den Versuch, den Völkermord in Ruanda von 1994 juristisch zu bewältigen. Das Ganze ist irgendwo angesiedelt zwischen den Nürnberger Prozessen, dem Kriegsverbrechertribunal in Den Haag und den Versöhnungskommissionen in Südafrika; es geht um "geschätzte 800.000 Tote, darunter auch jene Hutu, die sich geweigert hatten mitzumachen". Da lese ich:

"Er weiß, daß unter den Gefangenen auch einer ist, dem sie im Zentralgefängnis manchmal ein Fünf-Francs-Stück unter den Teller legen. Um ihn zu ärgern ...
Der Mann war Milizionär. Er war zu einer Tutsi-Familie gegangen, um sie zu erschlagen. Zuerst konnte der Vater seine Familie freikaufen. Er gab 20000 Ruanda-Francs, 125 Euro, beim zweitenmal 10000.
Dann hatte er kein Geld mehr und wurde erschlagen. Die Milizleute zerhackten auch die Mutter, die Großeltern, die Brüder. Dann rief die sechsjährige Tochter, sie hätte noch Geld. Ganz viel Geld. Sie rannte ins Hinterzimmer. Da hatte sie ihre Ersparnisse versteckt.
Das Mädchen kam zurück und hielt dem Mann mit der Machete ein Fünf-Francs-Stück hin. Das war alles, was sie hatte. Zusammengespart für Bonbons. Oder Buntstifte. Für sie war das viel Geld.
Und der Milizmann? Erschlagen hat er sie."

Was soll man da noch sagen? Der "Spiegel" fährt fort: "In Ruanda gibt es Geschichten, die möchte man gar nicht aufschreiben. Aus Angst, die Welt zu beschädigen." Mich treibt diese Geschichte so um, daß ich sie hier mitteilen will.

Ich denke, letztlich sind es immer die gleichen Dinge, die beim Unheil eine Rolle spielen, egal ob es 800000 getötete Menschen sind oder einer, egal ob es Mord ist oder eine sonstige Schädigung. Zum einen: die Rücksichtslosigkeit, die Unfähigkeit, andere Menschen als gleichberechtigt zu achten. Zum anderen: das Herdenverhalten, der roboterhafte Gehorsam beim Ausführen irgendwelcher Befehle.

Der Dimension nach gehört die Geschichte nicht hierher, aber die Wurzeln des Übels sind nicht verschieden. Außerdem: In einer Demokratie eine Mehrheit von 80 Prozent zu mißachten ist auch keine Petitesse; da braucht man ebenfalls ein versteinertes Bewußtsein, um mit den Achseln zu zucken. Und mit dem Geld, das für unsere Reform aus dem Fenster geschmissen wird, hätte man so manches Schicksal retten können, wenn auch leider nicht das jenes Mädchens, das seinem Mörder fünf Francs entgegenhielt, bevor er zuschlug.
– geändert durch Wolfgang Wrase am 04.12.2002, 05.37 –


eingetragen von Rolf Genzmann am 01.12.2002 um 21.57

Zum Thema Unterstreichen, lieber Herr Lachenmann, möchte ich zwei Beispiele beisteuern.
Sie befinden sich im Film Swing Time, 1936. Den sehe ich als Erbsenzähler an als den schönsten Film der Welt. Die wohl bedeutendste Lyrikerin der Welt, soweit mir bekannt, war Dorothy Fields. Sie schuf die lyrics zu diesem Film. Die Musik ist von Jerome David Kern, einem der großen Komponisten Amerikas. Dessen berühmtestes Musical ist Show Boat 1927 mit dem Lied Ol’ Man River. Kern starb 1945, zu seinem 100. Geburtstag proklamierte der amerikanische Präsident einen National Jerome Kern Day im Jahre 1985.
Das weltweit bekannteste Lied von Dorothy Fields, verstorben 1974, ist On The Sunny Side Of The Street, 1930.
Swing Time, der Titel erinnert durch seinen Rechenwert an das Güldene ABC, an Psalm 119, besitzt drei Hauptschauplätze: The New Amsterdam (169, 160, 161 im 26er-, 24er- und im 25er-ABC), The Silver Sandal (169, 160, 161) und
GORDON
DANCING ACADEMY .

Davon ist DANCING ACADENY unterstrichen.

Dieses erste Schild wird von Lucky (Fred Astaire) besonders eingehend studiert.
GORDON DANCING ACADEMY ist ein 177er im neuen ABC. Im 25er unserer Großeltern dagegen kommt der Rechenwert auf 169, womit eine zahlige Entsprechung mit den beiden anderen Hauptschauplätzen gegeben ist.
Das Unterstreichen bedeutet demnach hier, daß in zweierlei ABC-Währungen zu rechnen ist.

Ganz ähnlich ist ein zweites Schild beschaffen:
PENNY CARROL
UNFAIR TO
JOHN GARNETT

Davon ist nur UNFAIR TO unterstrichen.
Hier sind die ersten beiden Zeilen im 24er-ABC der Buchdrucker zu nehmen, die durch Striche abgetrennte dritte Zeile im neueren 26er, wenn es zu zahligen Übereinstimmungen kommen soll. So ist Penny Carrol 132, John Garnett 132, und das unterstrichene unfair to ist 99. Um nun noch die verschiedenen Werte 132 und 99 in Übereinstimmung zu bringen, muß man sie im „Siebenerverfahren“ umwandeln, denn da ist 132 = 72, ebenso ist 99 = 72.
Denn 72 Elemente lassen sich in septimaler Anordnung als 9 Siebener und 9 Einer auffassen oder auch als 1 Neunundvierziger, 3 Siebener und 2 Einer.
Der Wert 72 entspricht hier vermutlich der Summe des einfachen, aber ausgebreiteten Tetragramms.

Der ganze Film Swing Time, alle seine Lieder, seine Schilder und wahrscheinlich alle seine Dialoge sind in dieser Art buchstabengezaubert. Goethe etwa hat „Vom Zauberhauch, der euren Zug umwittert“.

Meister in der Buchstabenzauberei sind die amerikanisch-jüdischen Lyriker. Meister in deutscher Sprache waren Goethe, Gottfried Keller, Paul Heyse und vor allem Theodor Storm.

Ein Gedicht mit da da blah blah ga ga zähle ich nicht so recht zur Lyrik, obwohl man auch hier Zahlen bilden kann (72 / 70). Mag sein, daß auch hier auf das 72er-Tetragramm angespielt wurde oder auf threescore years and ten. Maua maua wäre auch 72, ohne daß ich es gleich als Lyrik ansehen wollte.

Eine andere Art von Unterstreichen befindet sich im Netz auf der HKKA-Seite, unter „Hilfe
gesucht“, in einer bisher anscheinend ungedeuteten Zeichnung Gottfried Kellers. Der hat da
den Spruch des Hosenbandordens in der Form geändert zu wahrscheinlich Hony soit qui mal n’y pense pas. Und anschließend hat er ihn unterstrichen, sogar überstrichen, durchgestrichen, mit Bleistift mehrfach bestrichen und fast ganz angeschmiert.
Möglicherweise spielte er an auf lino, levi oder livi, litum, von welchem Tuwort die Wörter literae und Literatur vermutlich herstammen.

Wenn man annimmt, daß die großen deutschen Lyriker Verzahlung der Schrift oder Verschriftung der Zahl betrieben haben, - ich glaube, das haben sie -, dann steht fest:
Die sogenannte Rechtschreibreform zerstört die gesamte zahlige Lyrik.

Besonders übel wirken sich die ß / ss -Änderungen aus, weil das ß manchmal auch ein sz gewesen ist.
Rein rechnerisch besehen kann das z, je nach ABC-Reihe, der 23., 24., 25. oder 26. Buchstabe sein. Ersetzt man sz durch ss, dann entfallen diese vier Werte.

Keller hat im Gedicht Zur Verständigung die Lyrik „ein rauhes Echo von geweihtern Tönen.“
Lassen unsere Kultusminister bereits schreiben „raues Echo“?
Da fehlt ein ganzer Buchstabe!
Vom Buchstabenrechnen her besehen fehlt der Wert 8 bei raues.

Kurz, diese „Reform“ zerstört alle wertvolle deutschsprachige Dichtung der vergangenen beiden Jahrhunderte.

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Rolf Genzmann


eingetragen von Theodor Ickler am 01.12.2002 um 04.20

Zu meiner Schande muß ich gestehen, daß ich das Gedicht nur aus Bequemlichkeit von einer der vielen Internetseiten heruntergeladen habe, ohne mich um die Textgestalt zu kümmern. In besagtem Band von Gauger sieht es auch ein wenig anders aus. Mir fehlt jede philologische Beziehung dazu, ich bin nur als Leser damit bekannt geworden.
Übrigens findet man die Verwechslung der Namen Fritz Reuter und Ernst Reuter sehr oft, ohne daß natürlich dahinter eine wirkliche Personenverwechslung zu vermuten wäre. Des letzteren Sohn Edzard ist dagegen weithin schon wieder vergessen, nicht zu Unrecht.
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Th. Ickler


eingetragen von Walter Lachenmann am 30.11.2002 um 21.26

Nur ein Beispiel für das, was ich meine:
»briegg, alder nit!«.
Wer versteht das?

Als ich ein Bub war, wurde ich eben manchmal mit den Worten, ich bräuchte »it briegge« getröstet. So verstehe ich das gleich und es heimelt mich an mit einem ganzen Schwall von sentimentalen Assoziationen, die auch Landschaftsbilder der Tuttlinger Gegend, in der ich damals lebte, mit einbeziehen, und die andere nicht haben können. Und bis sie nachgesehen haben, daß diese Stelle etwa heißt: »Nun weine doch nicht« ist die Wirkung sicherlich eine ganz andere. Und solche Beispiele gibt es in anderen Bereichen sicherlich viele. Meine Schwiegermutter aus Neumünster hat natürlich Ernst Reuter mit ganz anderer Wahrnehmung lesen können als ich.

Meine Hebel-Ausgabe, vermutlich aus den späten 1800er Jahren, hat eine ziemlich andere Orthographie als Ihre Version, Herr Ickler, eine sehr hübsche:

»Du gute Burst, 's cha frili sy, was meinsch?
's chunt alles iung und neu, und alles schlicht
im Alter zu, und alles nimmt en End,
und nüt stoht still. Hörsch nit, wie 's Wasser ruuscht, ...«

Andere Ausgaben haben wieder andere Schreibweisen: »fryli« zum Beispiel, das sieht schweizerischer aus. Man müßte Herrn Stirnemann fragen.

Warum hier wohl an den Schreibweisen herumgedoktert worden ist? Es ist doch Dialektschreibung, die keinen strengen Regeln unterworfen ist.

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Walter Lachenmann


eingetragen von Theodor Ickler am 30.11.2002 um 19.16

Also, ich bin mit dem Alemannischen überhaupt nicht vertraut, habe aber die starke Wirkung durchaus verspürt, nicht zuletzt wegen Gaugers behutsamen Kommentars. Die Wirkung beruht zum großen Teil auf der Spannung zwischen der intimen, unverbrauchten Sprache und dem gewaltigen Gegenstand. Und letzten Endes ist es doch unsere gemeinsame deutsche Sprache, so daß man das gute Gefühl hat, nicht in der möglicherweise ganz "verfehlten" Art angesprochen zu sein, in der uns beispielsweise ein lateinisches oder auch chinesisches Gedicht ansprechen kann, nachdem man sich einmal eingearbeitet hat. Aber Sie haben schon recht, Herr Lachenmann, man kommt hier ins Grübeln.

Neulich habe ich mal wieder im Zusammenhang das Lied der Mignon gelesen ("Kennst du das Land ..."), und dabei fiel mir auf, daß Goethes Lyrik auch durch die platteste Popularisierung nicht zerstört werden kann. Das ist ein bezeichnender Unterschied zu Schiller, der in vielen Versen schon seine eigene Parodie ist. Goethe beschreibt ja noch, wie das rätselhafte Kind die einzelnen Zeilen vorgetragen hat, aber das wäre gar nicht nötig gewesen, man spürt es auch so, das unwiderstehlich "Ziehende" dieser Verse. Interessant für uns übrigens die unorthodoxen Fragezeichen mitten im Satz.
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Th. Ickler


eingetragen von Walter Lachenmann am 30.11.2002 um 16.48

Und nun lest, und wer ein Herz von Stein hat, bleibe ungerührt!

Wohl wahr!
Dabei könnte man wieder ins Sinnieren kommen über vieles. Wie wirkt dieses Gedicht auf jemanden, dem das Alemannische nicht vertraut ist, selbst wenn er bereit ist, ihm unbekannte Wörter nachzuschlagen (es gibt zu den »Allemannischen Gedichten« ein Wörterverzeichnis), was bleibt davon übrig, etwa bei unseren Freunden vom Ostseestrand? Ähnliche Überlegungen wurden hier schon diskutiert über die Übersetzbarkeit von einer Sprache in die andere.
Warum sind diese Gedichte in Mundart geschrieben? Hebels Geschichten sind es ja nicht. Ich denke, es hat damit zu tun, daß die »Allemannischen Gedichte« zum Vorgelesenwerden in den Bauernstuben bestimmt waren (vermutlich gilt das allerdings auch für die Geschichten) und daß sie diejenigen, für die sie gedacht waren, in Mundart unmittelbarer ansprechen als wenn sie »nach der Schrift« vorgelesen worden wären, was im süddeutschen Raum damals viel mehr als heute gekünstelt gewirkt hätte. Wäre dieses Gedicht auch auf Hochdeutsch denkbar, wäre es ebenso eindringlich?

Darüber könnte man sicherlich mindestens so ersprießliche Diskussionen führen wie über den/die/das Leisten.

Trost in der Trostlosigkeit: Die Rechtschreibreform hilft dazu, die Schönheit der älteren deutschen Literatur wiederzuentdecken und garantiert entspannte Lektüre. Hier wird man niemals durch Horrorschreibungen aus der Vertiefung ins Lesen herausgeschreckt. Wobei ich mich schon gefragt habe, weshalb von unserer gewohnten Orthographie abweichende Schreibweisen in älteren Texten nie als Störungen empfunden werden, oft sogar als ästhetischer, etwa bei Hölderlin. Auch in Nietzsche-Texten stören die ss-Schreibungen nicht. Lange hielt ich die bei Nietzsche häufig anzutreffenden Sperrungen zum Zwecke der Hervorhebung für ein persönliches Stilmittel Nietzsches zur dramatisierten Darstellung seiner Gedanken, jegliche andere Hervorhebung hätte ich für eine verwässernde Verfälschung gehalten. Später erfuhr ich, daß es sich um im Manuskript handschriftliche Unterstreichungen handelt, die der Drucker gesperrt hat, weil das Unterstreichen im Bleisatz viel zu aufwendig gewesen wäre.

Über solche Phänomene wüßte Herr Genzmann sicherlich einiges zu sagen.
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Walter Lachenmann


eingetragen von Theodor Ickler am 30.11.2002 um 13.19

Lieber Herr Lachenmann, Sie verstehen schon, daß ich mich am Preisrätsel nicht wirklich beteiligen wollte, nicht wahr? "Firmenmitarbeiter und deren Angehörige" werden normalerweise ausgeschlossen, und ich als Germanist ...

Aber nun meinerseits einen freilich etwas trostlosen Preis: das Gedicht über die Vergänglichkeit. Ich muß gestehen, daß ich es erst durch ein Buch von Hans-Martin Gauger kennengelernt habe, das ich zu rezensieren hatte ("Der Autor und sein Stil"); Gauger hat darin diesem unheimlichen und ergreifenden Gedicht eine schöne Besprechung gewidmet, worin auch der frühverstorbenen Mutter gedacht wird. Und nun lest, und wer ein Herz von Stein hat, bleibe ungerührt!

Johann Peter Hebel: Die Vergänglichkeit (1803)

Der Bueb seit zum Ätti:
Fast allmol, Ätti, wenn mer's Röttler Schloß
so vor den Auge stoht, se denki dra,
öb's üsem Hus echt au e mol so goht.
Stoht's denn nit dört, so schuderig, wie der Tod
im Basler Totetanz? Es gruset eim,
wie länger as me's bschaut. Und üser Hus,
es sitzt so wie ne Chilchli uffem Berg,
und d'Fenster glitzeren, es isch e Staat.
Schwetz, Ätti, goht's em echterst au no so?
I mein emol, es chönn schier gar nit si.

Der Ätti seit:
Du guete Burst, 's cha frili si, was meinsch?
's chunnt allesjung und neu, und alles schliicht
sim Alter zue, und alles nimmt en End,
und nüt stoht still. Hörsch nit, wie 's Wasser ruuscht,
und siehsch am Himmel obe Stern an Stern?
Me meint, vo alle rüehr sie kein, und doch
ruckt alles witers, alles chunnt und goht.
Je, 's isch nit anderst, lueg mi a, wie d'witt.
De bisch no jung; Närsch, ich bi au so gsi,
jez würd's mer anderst, 's Alter, 's Alter chunnt,
und woni gang, go Gresgen oder Wies,
in Feld und Wald, go Basel oder heim,
's isch einerlei, i gang im Chilchhof zue
briegg, alder nit! und bis de bisch wien ich,
e gstandne Ma, se bini nümme do,
und d'Schof und Geiße weide uf mi'm Grab.
Jo wegerli, und 's Hus wird alt und wüest;
der Rege wäscht der's wüester alli Nacht,
und d'Sunne bleicht der's schwärzer affi Tag,
und im Vertäfer popperet der Wurm.
Es regnet no dur d'Bühni ab, es pfift
Der Wind dur d'Chlimse. Drüber tuesch du au
no d'Auge zue; es chömme Chindeschind,
und pletze dra. Z'letzt fuults im Fundement,
und's hilft nüt me. Und wemme nootno gar
zweitusig zählt, isch alles z'semme gkeit.
Und 's Dörfli sinkt no selber in si Grab.
Wo d'Chilche stoht, wo 's Vogts und 's Here Hus,
goht mit der Zit der Pflueg

Der Bueb seit:
Nei, was de seisch!

Der Ätti seit:
Je, 's isch nit anderst, lueg mi a, wie d' witt!
Isch Basel nit e schöni, tolli Stadt?
's sin Hüser drin, 's isch mengi Chilche nit
so groß, und Chilche, 's sin in mengem Dorf
nit so viel Hüser. 's isch e Volchspiel, 's wohnt
e Richtum drinn, und menge brave Her,
und menge, woni gchennt ha, lit scho lang
im Chrützgang hinterm Münsterplatz und schloft.
's isch eitue, Chind, es schlacht e mol e Stund,
goht Basel au ins Grab, und streckt no do
und dört e Glied zum Boden us, e Joch,
en alte Turn, e Giebelwand; es wachst
do Holder druf, do Büechli, Tanne dört,
und Moos und Farn, und Reiger niste drin
's isch schad derfür!und sin bis dörthi d'Lüt
so närsch wie jez, se göhn au Gspenster um.
D'Frau Faste, 's isch mer jez, sie fang scho a,
me seit's emol, - der Lippi, Läppeli,
und was weiß ich, wer meh? Was stoßisch mi?

Der Bueb seit:
Schwetz lisli, Ätti, bis mer über d'Bruck
do sin, und do an Berg und Wald verbei!
Dört obe jagt e wilde Jäger, weisch?
Und lueg, do niden in de Hürste seig
gwiß's Eiermeidli g'Iege, halber fuul,
's isch Johr und Tag. Hörsch, wie der Laubi schnuuft?

Der Ätti seit:
Er het der Pfnüsel! Seig doch nit so närsch!
Hüst, Laubi, Merz!und loß die Tote go,
sie tüen der nüt meh! Je, was hani gseit?
Vo Basel, aß es au e mol verfallt.
Und goht in langer Zit e Wandersma
ne halbi Stund, e Stund wit dra verbei,
se luegt er dure, lit ke Nebel druf,
und seit si'm Kamerad, wo mittem goht:
"Lueg, dört isch Basel gstande! Selle Turn
seig d'Peterschilche gsi, 's isch schad derfür!"

Der Bueb seit:
Nei, Atti, isch's der Ernst? Es cha nit si!

Der Ätti seit:
Je 's isch nit anderst, lueg mi a, wie d'witt,
und mit der Zit verbrennt die ganzi Welt.
Es goht e Wächter us um Mitternacht,
e fremde Ma, me weiß nit, wer er isch,
er funklet, wie ne Stern, und rüeft: "Wacht auf!
Wacht auf, es kommt der Tag!" Drob rötet si
der Himmel, und es dundert überal,
z erst heimlig, alsg'mach lut, wie sellemol,
wo Anno Sechsenünzgi der Franzos
so uding gschosse het. Der Bode schwankt,
aß d'Chilchtüm guge; d'Glocke schlagen a,
und lüte selber Bettzit wit und breit,
und alles bettet. Drüber chunnt der Tag;
o, b'hüetis Gott, me brucht ke Sunn derzue,
der Himmel stoht im Blitz, und d'Welt im Glast.
Druf gschieht no viel, i a jez nit der Zit;
und endli zündet's a, und brennt und brennt,
wo Boden isch, und niemes löscht. Es glumst
wohl selber ab. Wie meinsch, sieht's us derno?

Der Bueb seit:
O Ätti, sag mer nüt me! Zwor wie goht's
de Lüte denn, wenn alles brennt und brennt?

Der Ätti seit:
He, d'Lüt sin nümme do, wenn's brennt, sie sin
wo sin sie? Seig du frumm, und halt di wohl,
geb, wo de bisch, und bhalt di Gwisse rein!
Siehsch nit, wie d'Luft mit schöne Sterne prangt!
's isch jede Stern verglichlige ne Dorf,
und witer obe seig e schöni Stadt,
me sieht si nit vo do, und haltsch di guet,
se chunnsch in so ne Stern, und 's isch der wohl,
und findsch der Ätti dört, wenn's Gottswill isch,
und's Chüngi selig, d'Muetter. Obbe fahrsch
au d'Milchstroß uf in de verborgni Stadt,
und wenn de sitwärts abe luegsch, was siehsch?
e Röttler Schloß! Der Belche stoht verchohlt,
der Blauen au, as wie zwee alti Türn,
und zwische drin isch alles use brennt,
bis tief in Boden abe. D'Wiese het
ke Wasser meh, 's isch alles öd und schwarz,
und totestill, so wit me luegtdas siehsch,
und seisch di'm Kamerad, wo mitder goht:
"Lueg, dört isch d'Erde gsi, und selle Berg
het Belche gheiße! Nit gar wit dervo
isch Wisleth gsi; dört hani au scho glebt,
und Stiere gwettet, Holz go Basel g'füehrt,
und brochet, Matte g'rauft, und Liechtspöh' g'macht,
und g'vätterlet, bis an mi selig End,
und möcht jez nümme hi." Hüst Laubi, Merz!
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Th. Ickler


eingetragen von Walter Lachenmann am 30.11.2002 um 12.54

Gefragt war nach dem Autor. Es gibt wieder nur einen Trostpreis.

Da ich selbst im Alemannischen aufgewachsen bin, hat mich dieser Text, der in manchen Hebel-Ausgaben fehlt, den ich aber in einer leider undatierten Ausgabe von anno dunnemals gefunden habe (Deutsche National-Litteratur. Historisch-kritische Ausgabe, hrsg. v. Joseph Kürschner, Berlin und Stuttgart, Verlag von W. Spemann), ziemlich angeheimelt. Denn tatsächlich haben wir Schulbuben uns am Nachmittag, bevor wir ins Gelände ausschwärmten, gegenseitig gefragt: »Häschd scho glähred?« (Evangelische Variante. Die katholischen Buben sagten »glehred«. Hast Du schon gelernt, d.h. die Hausaufgaben gemacht).
Zum andern läßt die zweite Geschichte darauf schließen, daß damals die einfachen Leute, wenn sie »hochdeutsch« sprechen wollten, die ihnen weniger vertraute Form der Vergangenheit meinten wählen zu müssen, daher: »Es war heute ein schöner Tag« usw.
Warum sonst hätte der Hausfreund seine Leser darüber aufklären wollen?

Der Trostpreis ist noch eine Geschichte vom Rheinischen Hausfreund Johann Peter Hebel:

Irrtum
Der Hausfreund will auch wieder ein paar hochdeutsche Reimen zum besten geben, die er zwar nicht selber gemacht hat, nämlich von einem Richter, der ein blödes Gesicht hatte, und von einem Färber, der einen Eid ablegen sollte. Es sind nur sechs Zeilen:
Ein Richter sitzt, er sieht nicht wohl.
Ein Färber kommt, der schwören soll.
Der Färber tritt zum Schwur hervor,
Und hebt die blaue Hand empor.
»Was?« - rief der Richter - Handschuh aus!«
»Nein!« - sprach der Färber - »Brill' heraus!«
Nämlich, weil der Richter die blaue Farbe an der Hand des Färbers für einen Handschuh ansah, so befahl er ihm, denselben abzulegen. Der Färber aber ersuchte den Richter, die Brille aufzusetzen, damit er sähe, es sei kein Handschuh. Fein war es nicht, aber spaßhaft.*]


*] Solches ließe sich auch von manchem Beitrag dieser Diskussionsseiten sagen.


Und noch diese als Dreingabe, weil sie so schön und kurz ist:

Die Ohrfeige
Ein Büblein klagte seiner Mutter: »Der Vater hat mir eine Ohrfeige gegeben.« Der Vater aber kam dazu und sagte: »Lügst du wieder? Willst du noch eine?«
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Walter Lachenmann


eingetragen von Theodor Ickler am 30.11.2002 um 04.58

http://www.gutenberg2000.de/hebel/hausfreu/0htmldir.htm

(Der Text ist aber nicht aufgenommen, scheint überhaupt noch nicht im Internet verfügbar zu sein. Doppelter Dank an Herrn Lachenmann für die Erinnerung!)
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Th. Ickler


eingetragen von Rolf Genzmann am 29.11.2002 um 21.30

Plinius, Büchmann, Reclam?

Frau Menges zitiert

ne supra crepidam sutor.

In meinem Reclam-Büchmann, 2. Auflage 1956, Printed in Germany 1977, steht aber

ne sutor supra crepidam.

Möglicherweise ist die Wiedergabe des Spruches seit 1864 doch geändert worden?

Die Form mit
ne sutor supra
will mir als Lateinschüler besser gefallen, irgendwie dichter oder gar dichterischer, mag sein sogar beträchtlich lyrischer.


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Rolf Genzmann


eingetragen von Walter Lachenmann am 29.11.2002 um 20.04

»Am Sonntag muß hochdeutsch gesprochen sein...«

Zwei Spracherinnerungen

Ein guter Teil der geneigten rheinländischen Leser wird ersucht, zwischen den Wörtern »Lehren« und »Lernen« einen Unterschied zu machen. Lehren heißt Unterricht geben, Lernen das heißt Unterricht empfangen und annehmen. Man kann nicht sagen: »Der Herr Provisor - hat mich die Regel de tri gelernt,« sondern »Der Herr Provisor hat mich die Regel de tri gelehrt«, oder »ich habe sie bei ihm gelernt«. Nicht so: »Lern mich das und das, damit ich's auch kann,« sondern so: »Lehr mich das und das.« Gewissen geneigten Lesern hat es bei dem Anfang dieser Erinnerung wollen ein wenig Angst werden, die da glauben, es komme etwas anderes und sie seien gemeint. Nein, selbige ficht der Hausfreund nicht an. Er will nur denjenigen ein wenig behilflich sein, die gern hochdeutsch sprechen möchten, und haben es doch nicht recht im Gang. Der Hausfreund kennt einen zum Beispiel, der die ganze Woche spricht nach Landesart, wie es auf selbigen Bergen seit den urgroßväterlichen Zeiten üblich ist. Aber am Sonntag thut er's nicht anderst. Am Sonntag muß hochdeutsch gesprochen sein. Er sagt: »Es hat mich veil Mühe gekostet, so zu reden, daß man's gleich zu Papier bringen könnte. Aber jez geht es anfangen.« (Weil der Allemanne, der hochdeutsch reden will, statt Zit Zeit, statt lide leiden sagen muß, sagt er hier statt viel auch veil.) An hohen Festtagen thut er auch etwas Französisch dran, wie Knoblauch ans Saueressen.
Zweite Erinnerung. Auch wolle man gefällig einen Unterschied machen zwischen den zwei Ausdrücken: »Es ist« und »Es war«. »Es ist« sagt man von demjenigen, was in der gegenwärtigen Zeit geschieht oder seinen Bestand hat, währenddem, daß man davon redet. Z.B. Es ist heute Sonntag. »Es war« sagt man von demjenigen, was in der vergangenen Zeit geschah oder seinen Bestand hatte, und sich nimmer so befindet, währenddem man davon spricht. Der Herr Schulmeister, wenn er früh um halb neun das Lied bei dem Pfarrer holt, soll nicht sagen: »Es war gottlob heut' ein schöner Tag,« sondern: »Es ist ein schöner Tag.« Ein Vater, der ein frommes Töchterlein hat, soll nicht sagen: »Sie war ein wohlgesittetes, züchtiges Mägdlein,« sondern: »Sie ist es,« das andere kommt noch früh genug, wann sie aufgehört hat, es zu sein. Kurz, wo man in der gemeinen Rede sagt: es ist, da sagt man es auch in der hochdeutschen. Es kann nicht fehlen.

Es geht wieder um Fleißbildchen. Wer hat das geschrieben? Googeln gilt nicht.

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Walter Lachenmann


eingetragen von Martin Reimers am 28.11.2002 um 13.24

Daß den Lesern der FAZ Anzeigen von solcher bornierten Einfalt zugemutet werden, wie sie Herr Ickler dankenswerter Weise hier eingestellt hat, ist schon beunruhigend. Die Haltung "Wenn ich eine Bedeutungsunterscheidung nicht verstehe, kann sie nicht viel wert sein" kennen wir ja zur Genüge - gerade die FAZ hat sie sich ja verbeten.

Mich erinnert die rassistische Ignoranz der Werbefritzen an etwas, was gerade hier in Hamburg Schlagzeilen macht. Es ist mal wieder Randale angesagt, der Schwarze Block kann sich endlich einmal mit dem Innensenator anlegen, man nannt das ganze merkwürdigerweise "Bambule". Die augenzwinkernde Referenz an das gleichnamige Fernsehspiel von Ulrike Meinhof erstaunt natürlich weniger, aber "Bambule" bezeichnet ursprünglich ein Trommelritual der Bantu. Wie man annehmen darf, handelt es sich hierbei um eine hochartifizielle Musik, im Deutschen bezeichnete das Wort dagegen schlicht "Radau".

Dem Durchschnittssponti sind solche Unterscheidungen wurscht, Hauptsache, es macht beides schön Krach und es paßt nicht in ein bürgerliches Wohnzimmer (was heute für die Bantumusik auch nicht mehr garantiert ist).
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Martin Reimers


eingetragen von Reinhard Markner am 28.11.2002 um 12.10

Das müssen eigenartige Homunculi sein, die ein Wort für »mehr« haben, aber keins für »weniger«, und eins für »riechen«, aber keins für »schmecken« . . .


eingetragen von Theodor Ickler am 28.11.2002 um 04.53

Da ich mich seit vielen Jahren mit dem aufregenden Werk der Sprachwissenschaftlerin Anna Wierzbicka beschäftige, möchte ich hier auf einen Weg hinweisen, der zwar die Lektüre ihrer Bücher nicht ersetzt, aber doch einen ersten Zugang bietet:

http://www.une.edu.au/arts/LCL/disciplines/linguistics/nsmpage.htm

Wierzbicka und Skinner sind sozusagen meine Leitsterne, und daß W. bestimmt nichts von S. wissen will, macht die Sache besonders reizvoll.
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Th. Ickler


eingetragen von Theodor Ickler am 28.11.2002 um 04.27

Gestern war in der FAZ eine ganzseitige Anzeige von Ricoh: Abbildung eines Buschmannes und darüber: "Mit ein paar Schnalzlauten lehrt er 200 Männer seines Stammes, wie man jagt, Krankheiten heilt oder auch die passende Partnerin findet. Und wie gut können Sie kommunizieren?" - Die Werbefirma glaubt offenbar, daß die Buschmänner keine richtige Sprache haben, sondern nur ein paar Schnalzlaute. Diese sind jedoch Phoneme in einem nicht weniger komplexen Sprachsystem als den uns vertrauteren.
– geändert durch Theodor Ickler am 29.11.2002, 14.38 –
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Th. Ickler


eingetragen von Elke Philburn am 28.11.2002 um 02.59

Insgesamt 11600 Einträge!


eingetragen von Reinhard Markner am 23.11.2002 um 17.06

Targa ist italienisch und bedeutet Nummernschild. Der eine Porsche heißt also Laufbahn, der andere Nummernschild. Aufregend !


eingetragen von Theodor Ickler am 23.11.2002 um 11.01

Der neue Volkswagen nennt sich seltsamerweise "Touareg", also nach einem nordafrikanischen Volk, aber in französischer Schreibweise. Noch seltsamer ist aber, daß zugleich ein Porsche-Modell "Targa" heißt, was ja wohl, wenn ich mich recht erinnere, die weibliche Form des Singulars dazu ist (der einzelne Angehörige der Tuareg heißt "Targi"). Vielleicht soll mit diesen Namen an die alljährliche Autoraserei durch die Sahara erinnert werden, damit sich die deutschen Büromenschen wieder als richtige Männer fühlen können. Abschied vom Camel- bzw. Marlboro-Cowboy-Image?
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Th. Ickler


eingetragen von Christoph Kukulies am 18.11.2002 um 16.31

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Wolfgang Scheuermann
Der heutige zentrale Artikel des FAZ-Feuilletons ist wirklich des Lesens wert:

http://www.faz.net/IN/Intemplates/faznet/default.asp?tpl=faz/content.asp&rub={2D82590A-A70E-4F9C-BABB-B2161EE25365}&doc={0827DB51-60D1-46A7-BDC2-EC45DEA7BA97}

(Link gilt nur heute.)


In der Tat lesenswert.
Mir fiel auf: Schwarz-Gelb, jedoch RotGrün (!). In meinem Schulmalkasten, Marke Pelikan, ergab sich im letzeren Falle braun, im ersteren ein schmutziges Grau. Oder drückt die Schreibweise die Bindungskraft zwischen den Koalitionären aus?
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Christoph Kukulies


eingetragen von Christian Melsa am 18.11.2002 um 16.12

Arnulf Baring erkennt zwar, daß die Situation schwierig ist, daß die etablierten Parteien ziemlich hilflos wirken. Aber bei aller Einsicht, daß wir uns in einer "DDR light" befänden, bringt er leider nicht zur Sprache, daß genau wie dort der real existierende Sozialismus unterging, hier nun mit etwas Verzögerung der real existierende Kapitalismus die Völker (nicht nur Deutschland) in eine neue Krise wirft, wie es sein Wesen nicht anders zuläßt. Gründlich umgebaut werden müßte eigentlich das Finanzsystem. Es herrscht die verbreitete Meinung, wer den Kapitalismus bekämpft, müsse Marxist sein, und dessen Ideologie habe sich ja nun auch nicht bewährt. Die sogenannten Neoliberalen sehen in ihrer Verblendung das einzige Heil im Turbokapitalismus. Die Mängel des Kapitalismus können aber auch anders überwunden werden als auf marxistische Weise, so daß die freie Marktwirtschaft nicht abgeschafft würde, sondern erst zu ihrer ganzen Entfaltung käme. Jeder kennt Karl Marx, doch wer kann sich schon noch an Silvio Gesell erinnern? Wir brauchen wieder eine neue Renaissance, eine neue Aufklärung, bevor die nächste Katastrophe unvermeidlich geworden ist. "Nie wieder" hieß es nach dem Ersten Weltkrieg, nach dem Zweiten Weltkrieg, und heute scheint man zu glauben, dem wäre genüge getan, wenn man nur Hakenkreuze und jegliche Kritik an Menschen verbietet, die Juden sind. Und schon fördert das erneut absurde Verschwörungstheorien gewisser Kreise, die dem Judentum doch wieder alles unterschieben wollen. Währenddessen fällt die Welt wieder zurück in überwunden geglaubte Idiotien, mehren sich wieder genau die Anzeichen, die auch schon die beiden letzten Weltkriege angekündigt haben. Und da kommt dieser Schlaukopf Baring und träumt laut von "demokratischer Diktatur". Ja, wenn Deutschland nur endlich wieder einen starken Führer hätte, dann würde alles gut, gewiß! Es ist zum verzweifeln. Die Rechtschreibreform scheint mir mit all ihrem Ungeist doch wirklich ein sehr typisches Zeichen unserer Zeit zu sein.


eingetragen von Wolfgang Scheuermann am 18.11.2002 um 10.06

Der heutige zentrale Artikel des FAZ-Feuilletons ist wirklich des Lesens wert:

http://www.faz.net/IN/Intemplates/faznet/default.asp?tpl=faz/content.asp&rub={2D82590A-A70E-4F9C-BABB-B2161EE25365}&doc={0827DB51-60D1-46A7-BDC2-EC45DEA7BA97}

(Link gilt nur heute.)
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Dr. Wolfgang Scheuermann


eingetragen von Theodor Ickler am 16.11.2002 um 18.59

Bei Durchsicht der FAZ-Sonntagszeitung verstärkt sich mein Eindruck, daß die Deutsche Bank tatsächlich von ihrem blöden Leading to results Abschied genommen hat; die Anzeigen sind seit geraumer Zeit rein deutsch, ebenso die von BMW (Freude am Fahren) und Audi (Vorsprung durch Technik).

Damit vergleiche man

Dedication you can count on (WestLB)
There's no better way to fly (Lufthansa)
Let's make things better (Philips)
Wherever you go (Degussa)
Live richly (Citibank)
Global network of innovation (Siemens)

Diese Albernheiten scheinen auf ein und dieselbe Doktrin irgendwelcher Werbefachleute zurückzugehen. Die Firmen wollen offenbar unverwechselbar sein, aber gerade dadurch gleichen sie sich wie ein faules Ei dem anderen.


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Th. Ickler


eingetragen von Matthias Dräger am 16.11.2002 um 07.46

Es gibt eine einfache Möglichkeit, durch eine kleine Änderung im letzten Beitrag von Theodor Ickler der Wahrheit ein gutes Stück näherzukommen:

Reformwilligkeit“ durch

„Willfährigkeit“

ersetzen.


eingetragen von Theodor Ickler am 16.11.2002 um 06.17

Die Bundesregierung erwägt, die Riester-Rentenversicherung zur Pflicht zu machen. Als Begründung wird ausdrücklich angegegeben, daß die Bürger bisher nicht vom Nutzen dieser Geldanlage überzeugt werden konnten, die Nachfrage daher zu gering sei.
Erinnert uns das nicht an etwas? Auch die Rechtschreibreform leuchtete den Betroffenen nicht ein, deshalb mußte sie zwangsverordnet werden. Als Begründung wurde angegeben, die Durchsetzung der Rechtschreibreform sei ein Test auf die Reformfähigkeit der Deutschen. Das Bekenntnis zur Zwangsbeglückung von 80 Mill. Versuchskaninchen stammte allerdings weniger von Sozis als von Edmund Stoiber und Hans-Joachim Meyer.
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Th. Ickler


eingetragen von Theodor Ickler am 16.11.2002 um 06.09

Bei T-Online habe ich gestern an einer gerade eröffneten Abstimmung teilgenommen: "Ist der Einbruch der SPD in den Umfragen ihrer Meinung nach gerechtfertigt?" Nachdem ich mein Ja eingegeben hatte, wurde mir mitgeteilt, ich hätte bereits abgestimmt. Das ist völlig ausgeschlossen. Heute morgen dagegen, als ich (bei 21.000 abgegebenen Stimmen) nochmals abstimmte, wurde mein Votum unbeanstandet angenommen. Na ja, diese Seltsamkeit ändert wohl nichts daran, daß 87 Prozent mit Ja stimmen. (Interessanterweise scheint die Grüne Claudia Roth nichts Wichtigeres im Kopf zu haben als die Legalisierung von Haschisch. Davon werden wir wohl in Zukunft eine riesige Menge brauchen, um die katastrophale Politik der Bundesregierung zu ertragen. Insofern kann die neue Einheit von Wirtschafts- und Drogenpolitik nur als vorausschauend bezeichnet werden. Fragt sich bloß, warum so viele Menschen schon am Wahlsonntag derart beduselt waren.)
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Th. Ickler


eingetragen von Theodor Ickler am 15.11.2002 um 04.46

Thema Deutsch, Band 3

Deutsch-Englisch-Europäisch

Impulse für eine neue Sprachpolitik



Inhalt
Seite

Vorwort 7

1 Die Sprachen in der Welt und in Europa 9
HARALD HAARMANN: Sprachenvielfalt im Globalisierungsprozess 9
HARALD WEINRICH: Europa – Linguafrancaland? 30
KONRAD EHRLICH: Die Zukunft des Deutschen und anderer Sprachen – außer der englischen – in der wissenschaftlichen Kommunikation 44
ALBRCHT GREULE: Deutsch am Scheideweg: National- oder Internationalsprache? Neue Aspekte der Sprachkultivierung 54
JOACHIM-FELIX LEONHARD: Deutsch in einem vielsprachigen
Europa 67
JULIAN NIDA-RÜMELIN: Die Verantwortung der Politik
Ein Plädoyer für Mehrsprachigkeit 74
ECKHARDT BARTHELl: Deutsche Sprache als politisches Thema 83

2 Deutsch und Englisch 87
ARMIN BURKHARDT: »weitschweifig«»wälderhaft«»antimusikalisch« …
Die »schreckliche« deutsche Sprache im Spiegel literarischer (Vor-)urteile 87
ULRICH BUSSE UND HANS-JOACHIM SOLMS: Englisch und Deutsch:
Die Geschichte zweier ungleicher »Schwestern« 105
ULRICH AMMON: Deutsch unter Druck von Englisch in Wissenschaft und Politik 139
HARALD HAARMANN: Englisch, Network Society und europäische Identität:
Eine sprachökologische Standortbestimmung 152
RUDOLF HOBERG: English rules the World.
Was wird aus Deutsch? 171

3 Der Einfluss der Sprachen aufeinander 184
KLAUS HELLER: Was ist ein Fremdwort?
Sprachwissenschaftliche Aspekte seiner Definition 184
ALAN KIRKNESS UND MELANIE WOOLFORD: Zur Herkunft
der Anglizismen im Deutschen: Beobachtungen und Vorschläge
anhand des Anglizismen-Wörterbuchs 199
RICHARD GLAHN: Englisches im gesprochenen Deutsch –
Einfluss und Bewertung 220
DIRK HOFMANN: Do you understand Denglisch?
Eine Umfrage zum Anglizismenverständnis 236
JÜRGEN SPITZMÜLLER: Selbstfindung durch Ausgrenzung
Eine kritische Analyse des gegenwärtigen Diskurses zu angloamerikanischen Entlehnungen 247
JÜRGEN EICHHOFF: Deutsche Einflüsse auf das Englische 266

4 Die Sprachensituation in einigen nicht deutschsprachigen Ländern Europas 286
MARTIN DURRELL: Die Sprachenpolitik der Europäischen Union
aus britischer Sicht 286
PETRA BRASELMANN: Englisch in der Romania 298
ALBERT SALON: Die Sprachenfrage in der EU aus französischer Sicht
Eine sprachpolitisch-praktische Perspektive 333
CSABA FÖLDES: Deutsch und Englisch: Ein Sprachnotstand?
Befunde und Anmerkungen aus einer ostmitteleuropäischen Perspektive 341
INGEBORG ZINT-DYHR: Deutsch und Englisch in Skandinavien 368

5 Die Autorinnen und Autoren 382


Anmerkung: Diese Übersicht stammt von der Duden-Internetseite. "Konrad Ehrlich" ist zwar ehrlich, heißt aber eigentlich Ehlich und ist es wahrscheinlich auch. "Albrcht Greule" ist Albrecht Greule. Und Duden bleibt Duden, wie man sieht.

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Th. Ickler


eingetragen von Theodor Ickler am 13.11.2002 um 16.38

Christa Dürscheid: Einführung in die Schriftlinguistik. Westdeutscher Verlag Wiesbaden 2002. (Studienbücher zur Linguistik 8)

Dazu demnächst mehr. Heute will ich nur einen Abschnitt zitieren, der nichts mit Rechtschreibung zu tun hat:

"Was die Ontogenese betrifft, so gilt, dass der Mensch zwar über die genetische Disposition verfügt, eine Sprache zu erwerben, nicht aber über die Disposition, schreiben und lesen zu lernen. Die Schriftkompetenz zählt zu den Fertigkeiten, die dem Kind vermittelt werden müssen." (S. 40)

Offensichtlich muß dem Kind auch die gesprochene Sprache vermittelt werden. Jeder gesunde Mensch kann schreiben und lesen lernen, aber kein Tier kann es, folglich muß es dazu eine genetische Disposition geben. Sie muß aber nicht sehr spezifisch sein, denn klavierspielen und gegenständlich malen können auch nur Menschen.
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Th. Ickler


eingetragen von Jörg Metes am 10.11.2002 um 18.37

Auch in Japan sind Anglizismen bei den einen weitaus beliebter, als es den anderen recht ist. Hier ein Artikel aus der "New York Times" vom 23.10.02 (auf englisch. Es ist ein Teufelskreis).
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Jörg Metes


eingetragen von Theodor Ickler am 24.10.2002 um 06.34

Manchmal passiert es mir, daß ich nocht nicht schreibe - eine leicht erklärbare Antizipation. Kennen Sie das auch? Aber die Zahl von über 5.200 Belegen bei Google überrascht mich denn doch.
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Th. Ickler


eingetragen von Wolfgang Scheuermann am 14.10.2002 um 13.41

Und zwar hier, weil es nicht unmittelbar etwas mit der Rechtschreibreform zu tun hat (wobei schon gut ist, daß die "Junge Freiheit" annähernd in herkömmlicher Orthographie verfaßt wird - wie nebenbei auch die Tageszeitung "junge welt" ... und noch ganz, ganz am Rande: Beide habe ich ständig durcheinandergebracht!)
Während die (wie mir gesagt wurde, jetzt der "Titanic" gehörende) "junge welt" ganz sicher nicht im Verdacht steht, rechtsradikal zu sein, wird die "Junge Freiheit" wegen des Verdachts des Rechtsextremismus vom NRW-Verfassungsschutz "beobachtet".
In der aktuellen Fortschreibung des NRW-Verfassungsschutzberichtes kann man nachlesen, daß ein JF-Mitarbeiter bei einer Veranstaltung mitgemacht - oder diese gar mitorganisiert - hätte, bei der ein "NPD-naher Barde" aufgetreten sei. Bei einer anderen Veranstaltung einer weiteren Organistion habe ein anderer JF-Mitarbeiter körperlichen Einsatz im politischen Kampf ausdrücklich gutgeheißen, von seinen Zuhörern könne man dagegen eine Teilnahme an z.B. "Straßenkämpfen" aufgrund ihres Alters nicht erwarten oder fordern - das sind ganz sicher völlig abwegige und scharf zu verurteilende Äußerungen.
Zentral kritisiert IN der JF wurde das vielzitierte Interview mit Jamal Karsli (so richtig?)
Auch unter Hinzunahme der wenigen weiteren Beispiele ist das aber wohl ein bißchen dünn, um auf dieser Basis behaupten zu können, die JF sei rechtsradikal. Belegt scheint mir, daß es Mitarbeiter der JF gibt, die dem rechtsextremen Milieu nahestehen oder gar darin aufgehen. Das ist alles andere als eine Zierde für die Zeitschrift, aber es macht sie nicht per se selbst "rechtsradikal". Ich habe mir auch noch nie die "National-Zeitung" von "Dr. Frey" angesehen - gibt es beide eigentlich noch? - aber nach dem, was ich aus dieser Zeitung an Zitaten gehört habe, hätte ich keine Schwierigkeiten, sie als "rechtsradikal" einzuschätzen. Bei der JF ist es jedenfalls weit weniger offenkundig.
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Dr. Wolfgang Scheuermann


eingetragen von Theodor Ickler am 30.09.2002 um 07.26

Regelungsgewalt. Hintergründe der Rechtschreibreform. von Theodor Ickler, Micha Brumlik (Mitarbeiter), Dan Diner (Mitarbeiter), Susann Heenen-Wolff (Mitarbeiter)

(gefunden bei Amazon.de)
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Th. Ickler


eingetragen von Theodor Ickler am 21.09.2002 um 04.10

Auf der Homepage der Stadt Erlangen finde ich folgende Umfrage:

"Sind Sie mit Präsident Bushs Irak-Politik einverstanden?

Ja.
Ein Militäreinsatz gegen
den Irak ist sinnvoll und
notwendig.
(33 Stimmen)

Nein.
Eine solche Militäraktion
würde einen
Flächenbrand im
gesamten Nahen Osten
auslösen.
(87 Stimmen)
(Insgesamt: 120 Stimmen)"

Das Mißliche an solchen Umfragen ist, daß außer der Ja/Nein-Entscheidung auch die Gründe vorgegeben werden, aus denen man sich dafür oder dagegen entscheiden kann oder soll. Viele Menschen werden aber jeweils aus ganz anderen Gründen dafür oder dagegen sein. Ich erwähne das hier, weil auch zur Rechtschreibreform viele schiefe Meinungsumfragen dieser Art gelaufen sind, die ich zur Zeit nicht parat habe. Aus den Ergebnissen kann man dann je nach Interessenlage dies und das herauslesen, und das geschieht ja nun auch, man denke an Krimms Märchen usw.
__________________
Th. Ickler


eingetragen von Ruth Salber-Buchmüller am 19.09.2002 um 20.56

Quiz-Show G. Jauch am 20.09.02

Zwei von zehn (!) Kandidaten waren in
der Lage, die Fälle in der
deutschen Sprache:
Wemfall, Wenfall, Wesfall, Werfall,
zu ordnen!

Am Schluß der Sendung ging es um
die neue Rechtschreibung.
Die Kandidatin auf dem Stuhl
konnte erklären, daß nach kurz-
gesprochenem Vokal "ss" und
nach langen eben "ß" steht.
G. Jauch plaudert doch gerne zwischen-
durch. Es hätte ihm gut angestanden,
mal ganz kurz ein paar Worte dazu
zu sagen. Unter anderem wäre ein
Hinweis auf "KURZ"(?) bei Fest, Mast, etc.
und Zeugnis, Kenntnis, etc. an-
gebracht gewesen.

__________________
Ruth Salber-Buchmueller


eingetragen von Wolfgang Scheuermann am 30.08.2002 um 11.03

nehme ich - nach ein paar Tagen Forumsabstinenz - den Abschied der Herren Lachenmann und Wrase zur Kenntnis.

Ich bitte beide, vielleicht nach einer kleinen "Verschnaufpause", dies noch einmal zu überdenken.

Ich will das auch kurz begründen. Herr Riebe, dessen kämpferischer Mut bewunderungswürdig ist, hat - ich hoffe, ich tue ihm hiermit kein Unrecht an - sehr selten neue sprachbezogene Aspekte herausgefunden, die unsere Diskussion inhaltlich vorangebracht hätten. (Das gilt zweifellos z.B. auch für mich.) Daher ist sein Abschied aus dem Forum viel leichter zu verschmerzen als in diesen beiden Fällen.

(Handeln Sie doch bitte noch einmal neu Modalitäten des Umgangs miteinander aus, dann wird es bei zwei derart vernünftigen Menschen schon gehen - nur mal so eine kleine Idee: Man kann doch dem jeweils anderen eine kleine "Warnmail" schicken, wenn einem der Kragen zu platzen droht.)
__________________
Dr. Wolfgang Scheuermann


eingetragen von Elke Philburn am 26.08.2002 um 01.34

Zitat:
ich finde es verharmlosend oder naiv, daß einige jetzt einfach wünschen wollen: "Nun reißt euch doch ein bißchen zusammen und seid wieder nett zueinander."

Nein, Herr Wrase, der Illusion, daß Sie und Herr Lachenmann sich geradezu verbrüdern, würde ich mich nicht hingeben.

Nichtsdestoweniger finde ich es schade, daß das Forum zwei brilliante Schreiber verliert.

Mehr wollte ich dazu nicht sagen.


eingetragen von Norbert Schäbler am 25.08.2002 um 10.13

„Jedwede seelische Disposition über ein geschärftes Sprachbewußtsein hinaus möchte ich hier nicht diskutiert sehen“, schrieb Herr Markner.
… wobei es durchaus fraglich ist, ob der Satz emotionsfrei niedergeschrieben wurde, und wobei es noch viel fraglicher erscheint, ob der Satz im emotionslosen Zustand verhallt.

Mir selbst sind die Zeilen jedenfalls in die falsche Kehle geraten, bekenne ich mich doch allzu gerne zu jenem Gewand, in dem auch die Sprache daherkommt: zum Sprachgefühl, das sich dem analytischen und wissenschaftlichen Hobel oft total verweigert.
(Beispiel dafür ist ja gerade der mißlungene Versuch der Rechtschreibreform, bei der einige scheinbar hochqualifizierte Schmiede ans Werk gegangen sind, während man eigentlich Uhrmacher mit hochsensiblen Fingerkuppen benötigt hätte.)

Ich weiß um die Polemik und um das Reizbildhafte des obigen Vergleichs, doch will ich diesen Aspekt der Diskussion nicht verkümmern lassen. Walter Lachenmann hat ihn glühend verfochten: jene dumpfe - kaum in Worte zu fassende Gefühlsseite der Sprache - hat er oft schwungvoll, bildhaft und humorvoll vor uns ausgebreitet.

Fast scheint es so, als habe sich die Sache personifiziert in den beiden Straußenvögeln, die aufeinander einkerbten.
Und wäre die Vorgeschichte der beiden nicht gewesen, jenes unselige Parteinehmen und Proporzdenken, dann wäre es möglich, aus dieser Diskussion den Rahm abzuschöpfen und etwas klarer zu sehen. Streit hat auch einen positiven Aspekt!

Auf Herrn Markners oben zitierte Bemerkung habe ich im Strang „Gruppendynamik“ schon einmal spontan reagiert und ich möchte das hier spezifizieren:
All diejenigen, die es bisher gewagt haben, öffentlich gegen diesen Rechtschreiberlaß aufzutreten, die sich aus der Anonymität der heimlich grollenden, aber gleichwohl duldenden Masse herausschälten, die sind etwas Besonderes, die sind „wer“.
Ist es da nicht von besonderem Interesse zu erfahren, wer „wer“ ist. (Who is who?)
Darf dann nicht jeder einzelne, dem dieser Schritt auf die Bühne der Auseinandersetzung gelungen ist, auch erklären, warum er dort steht. Gerade diejenigen, die sich durch einen festen und unbeugsamen Willen auszeichnen, die sollten doch auch darüber berichten dürfen und können.

Ich glaube kaum, daß man bei der Motivationsforschung an der emotionalen Komponente vorbeikommt. Zumindest in einem Satz wird man sie streifen müssen.

__________________
nos


eingetragen von Wolfgang Wrase am 25.08.2002 um 07.42

Vielen Dank für die Rückmeldungen. Nachdem Herr Hukriede mir das nahegelegt hat, habe ich meine letzte Erklärung gekürzt. Ich habe den Beitrag nicht ganz gelöscht, weil inzwischen daraus zitiert wurde. Wenn ich noch mehr löschen sollte, sehr geehrter Herr Hukriede, wäre das vielleicht wirklich gut, aber eigentlich könnte und müßte man zum Zweck der Bereinigung doch weite Strecken unseres Forums von tausend Beiträgen entlasten, in denen alles mögliche Gehässige, Destruktive, Unsinnige geschrieben wurde. Ich hätte nichts dagegen, aber das dürfte zuviel an Aufwand und Manipulation sein, und der Zusammenhang der Beiträge würde zerstört werden.

Der bessere Weg wäre, wenn alle Beteiligten umsetzen könnten, was hier gewünscht wird und was auch die Streithammel selber viel besser finden würden: daß man das Schiffeversenken bleiben läßt und sich der ernsthaften Auseinandersetzung um die Sache widmet. Jedoch, ehrlich gesagt, mir kommt dieser Wunsch unrealistisch vor. Ich bin in den letzten Tagen zu dem Ergebnis gekommen: So kann das nicht weitergehen, intensiver Streit zwischen mir und Herrn Lachenmann ist früher oder später unvermeidbar. Darunter leidet unsere Gruppe enorm, und deshalb habe ich mir vorgenommen, mich zurückzuziehen.

Ich möchte doch auf die allgemeine Lebenserfahrung und auch auf die ausgiebigen Erfahrungen verweisen, die wir hier gemacht haben: Da gibt es Störungen, die sich bei aller ursprünglich guten Absicht der Betreffenden zu gigantischen, zermürbenden Feldzügen auswachsen können, so vor allem die Schlachten zwischen Herrn Lachenmann und Herrn Riebe. Ob man das nun "persönliche Unverträglichkeiten" (Herr Lachenmann) nennt oder "pubertäre Keilereien" (Herr Markner) oder von einem "Risiko des eskalierenden Streits" spricht (ich selbst) - ich finde es verharmlosend oder naiv, daß einige jetzt einfach wünschen wollen: "Nun reißt euch doch ein bißchen zusammen und seid wieder nett zueinander."

Ich gehe davon aus, daß das im Fall von mir und Herrn Lachenmann auf Dauer nicht (oder wohl kaum) möglich sein wird, auch wenn man zwischendurch Anfälle von Versöhnlichkeit oder Abgeklärtheit erlebt. Man kann emotionale Schwächen nicht einfach wegzaubern und auch durch willentliche Disziplin kaum beherrschen. Daher sah ich es als notwendig an, daß ich mich zurückziehe, ich wollte eine Neuauflage des Kampfes der Giganten - Herr Lachenmann und Herr Riebe - vermeiden. Daß dabei einige attraktive Beiträge verlorengehen, halte ich für das kleinere Übel; nämlich für viel weniger schlimm, als wenn erneut Haß aufflammt und die Arbeit dadurch jeweils kaputtgeht.

Plötzlich verabschiedet sich zu meiner Verblüffung auch Herr Lachenmann. Damit hätte ich nun wirklich nicht gerechnet, sonst hätte ich mich nicht meinerseits zurückziehen wollen. Mein entscheidendes Motiv ist dadurch zunächst einmal hinfällig. Was machen wir jetzt? Für mich ist es ein Gebot des Anstandes und der Fairneß, mich nun ebenfalls auszublenden, und nicht zu knapp. Außerdem sind ja Teilnehmer auch trotz ehrlich gemeinter Abschiede wieder aufgetaucht; ich selbst habe gesagt: "mich mehr entfernen ... jedenfalls wieder für lange Zeit".

Mir scheint es, daß das Forum eine längere Phase mit mehr Frieden bekommt, und das ist doch ein ausgezeichneter, dringend erhoffter Ausblick. Herrn Lachenmann hätte ich bei der einen oder anderen seiner Aussagen am liebsten wieder am Zeug geflickt, ein bißchen Gegendarstellung wäre da schon möglich - das ist es ja: Man kann diese heftigen Impulse nicht unterdrücken. Aber ich möchte ihm viel lieber zu seinen Worten gratulieren.

Überhaupt: Ich hatte zuletzt den Eindruck, daß ich zu einer stabilen Einschätzung gekommen sei, was ich von ihm zu halten hätte. Nun tut er etwas, was für mich so wahrscheinlich war, wie daß Guido Westerwelle Bundeskanzler wird. Daher muß ich einräumen, daß ich mich in einer unbestimmten Menge von Einschätzungen wiederum geirrt haben kann und daß die entsprechenden Vorwürfe über Herrn Lachenmann, die ich mit einiger Sicherheit geäußert habe, unzutreffend oder ungerecht gewesen sein können.

Auch ich danke dem Forum sehr und möchte für unangemessene Formulierungen auf meiner Seite um Nachsicht bitten. Es sind so viele ausgezeichnete Diskussionspartner dabei, daß ich mir kaum vorstellen kann, daß meine Teilnahme unverzichtbar sein soll, was hier behauptet wird. Viel wichtiger als Details an thematischer Kenntnis oder Erfahrung ist doch, daß man Streit vermeiden kann, und da haben mir die phantastischen Mitstreiter sowieso einiges voraus.

Einen herzlichen Gruß an alle.
– geändert durch Wolfgang Wrase am 28.08.2002, 08.09 –


eingetragen von Elke Philburn am 25.08.2002 um 00.57

Dem Beitrag von Herrn Hukriede stimme ich ebenfalls zu.

Das Forum lebt von unterschiedlichen Persönlichkeiten, die ihre Gedanken und Ideen einbringen, und da ist jeder Verlust bedauerlich.

Ich würde mir auch wünschen, daß uns sowohl Walter Lachenmann als auch Wolfgang Wrase erhalten blieben.


eingetragen von Martin Reimers am 25.08.2002 um 00.48

Ich schließe mich der Ansicht von Herrn Hukriede an. Der letzte (?) Beitrag von Herrn Lacheman ist wohl in nicht ganz ausgeruhtem Zustand verfaßt worden.

Und ansonsten wünsche ich mir sehr eine schnellstmögliche Rückkehr zu einer vernünftigen Diskussion. Man möchte diese Seiten ja auch weiterempfehlen können ohne sich dafür schämen zu müssen.

Herr Markner hat hierzu ja das Nötige gesagt:

"Jedwede seelische Disposition über ein geschärftes Sprachbewußtsein hinaus möchte ich hier nicht diskutiert sehen."

Dem kann ich nichts hinzufügen.


__________________
Martin Reimers


eingetragen von Wolfgang Hukriede am 24.08.2002 um 22.53

Hallo, Herr Lachenmann!

Ach, ist das traurig, das darf doch nicht wahr sein!

Ließen sich ähnliche Auseinandersetzungen in Zukunft denn nicht leicht
vermeiden, wenn Sie beiden Streithammel (und, wenn Sie erlauben,
offenbar auch Internet-Anfänger) sich an die Regeln hielten: im Netz
keine ad-hominem-Angriffe, und wenn sie denn schon einmal
passieren, dann nicht darauf reagieren, sondern die Angelegenheit
einfach unkommentiert stehenlassen; nicht nur, weil so etwas auf
Dritte nur abstoßend wirkt, sondern auch, um die eigenen Nerven und
Kräfte zu schonen?

Und, Herr Lachenmann, meinen Sie denn nicht, daß, wenn Sie es nicht
gewesen wären, der ein notwendiges klares Wort hier ab und an auch
ausgesprochen hätte, schon so mancher längst das Interesse an dem
Forum verloren hätte? (Von einem wenigstens weiß ich es mit
Sicherheit).

Vielleicht schieben Sie einfach eine Woche Urlaub ein, und überdenken
dann Ihre Entscheidung noch einmal?

Mit freundlichen Grüßen, alles Gute!


eingetragen von Walter Lachenmann am 24.08.2002 um 15.30

Ich möchte mich bei allen, die ich mit meinem - inzwischen vernünftigerweise von der Regie wieder gelöschten - Beitrag vom vergangenen Freitag geärgert oder gar gekränkt habe, aufrichtig entschuldigen. Ich will jetzt auch nichts beschönigen, rechtfertigen oder nachkarten, aber - sofern dies möglich ist - um ein Minimum an Verständnis bitten. Wer zum Beispiel Fußballspiele verfolgt, der weiß, daß die ganz groben Fouls selten aus heiterem Himmel kommen, sondern es vorher schon einiges Gerangel und eher unauffällige Fouls gegeben hat. Und dann platzt dem einen plötzlich der Kragen, ohne daß man den direkten Anlaß dafür so recht erkennt.

Der Anlaß in diesem Fall war der Vorwurf der Unehrlichkeit. Es gibt Stichworte, da gehen auch mir Langmut und Humor aus, dazu gehören eben Ehrlichkeit, aber auch Sachen wie Freundschaft, Faschismus und Antisemitismus und noch einiges mehr. Nicht daß ich mir da was drauf einbilde, denn dies ist bei allen ernstzunehmenden Menschen so, deshalb wird man mir eine Überempfindlichkeit bei diesen Themen hoffentlich nachsehen können. Und hier schien mir in letzter Zeit von gewisser Seite doch ein bißchen viel zugemutet worden zu sein, vielleicht habe ich da auch manches überinterpretiert, kurzum: der Kragen platzte.
Ich wiederhole also meine Bitte um Entschuldigung, in ausgeruhtem Zustand wäre dieser Beitrag von mir nicht geschrieben worden.

Die ganze Auseinandersetzung ist ja in Wirklichkeit nicht nur ärgerlich, sondern auch völlig überflüssig. Sie hat mit der Sache, die hier eigentlich verhandelt wird, nicht das Geringste zu tun, es ist eine rein persönliche Unverträglichkeit. Ich hatte Herrn Wrase deshalb auch vor einiger Zeit gebeten, mich künftig einfach in Ruhe zu lassen, und ihm angeboten, es meinerseits umgekehrt auch so zu halten. Beide haben wird das nicht geschafft.

Der ärgerliche Vorfall hat bei mir aber zu einer sicherlich hilfreichen Erkenntnis geführt: Wenn wir beide weiterhin in diesem Forum mitwirken, ist die Gefahr groß, daß sich diese gruppendynamischen Kollateralschäden wiederholen und nicht nur das Klima, sondern auch die Konzentration auf das Thema beeinträchtigen. Die Mitwirkung von Wolfgang Wrase, vor dessen Sachkenntnis und Sprachsensibilät ich schon immer großen Respekt hatte, ist für die Reformkritik von unschätzbarem Wert, ich meine das völlig ernst. Es wäre einfach dumm, wenn hier immer wieder persönliche Animositäten wie gehabt nicht allein den Blick für die gegenseitige Argumentation verstellen würden, sondern auch nach außen hin der Eindruck eines völlig zerstrittenen Haufens entstünde. Der Witz ist ja, daß ich weder mit ihm, geschweige Herrn Ickler irgendwelche grundsätzlichen Meinungsverschiedenheiten in der Sache habe, im Gegenteil, nur eben manchmal an so einiges, was hier von unseren Experten geäußert wird, meine skeptischen Fragezeichen anbringe. Es ist für den interessierten Laien nicht sehr erbaulich, wenn die Reaktionen darauf kärglich herablassend bis zornentbrannt sind, umso beglückender aber, wenn die Experten - was ich hier auch schon erlebt habe - einige Wochen später die kritischen Gedanken plötzlich auch fassen und sich gegenseitig dazu beglückwünschen. Aber lassen wir das.

Der langen Rede kurzer Sinn: Ich verabschiede mich hiermit von diesem Forum. Seit über zwei Jahren habe ich mich hier eifrig beteiligt, viel gelernt und viel gelacht, habe ein bißchen wohl doch auch dazu beigetragen, daß manches Sinnvolle geschah, so z.B. eine Konzentration auf das Sprach- und Orthographiethema ohne Nebengeräusche sprachpatriotischer und bräunlicher Art, und vor allem habe ich sehr viele außerordentlich beglückende Bekanntschaften geschlossen, man kann sicherlich auch in einigen Fällen von Freundschaften sprechen.

Der Reformkritik bleibe ich durchaus erhalten. Denn nicht weniger wichtig als die Diskussion in diesem Forum ist die aktive Bemühung, im Alltag wo auch immer darauf hinzuwirken, daß das Bewußtsein für die Sprachzerstörung, die mit der Rechtschreibreform eingetreten ist, wach bleibt oder wach wird und daß man die Menschen dazu ermutigt, ihrer in den meisten Fällen ja eher gefühlsmäßigen Ablehnung zu trauen und sich diesem öffentlichen Druck selbstbewußt zu verweigern. Hierfür gibt es viele Betätigungsfelder, und in meinem beruflichem Umfeld als Verleger ist mir hier schon einiges gelungen, viel zu wenig allerdings, leider. Und es geschieht ja auch manches, ich denke speziell an eine noch im Entstehen begriffene Initiative von hoher Professionalität, deren Geschicke - ganz wie die unseres deutschen Volkes - in bester, sehr ruhiger Hand liegen. Kurzlebig, wie unsere Zeiten nun einmal sind, gibt es nun vielleicht ja doch keinen scheidenden Finanzminister, was allerdings einer kleinen Rechtschreibreform gleichkäme, denn alle Wörterbücher müßten bitte schön neu geschrieben werden. Weshalb eigentlich? Irgendwas war da mal.

Mit den herzlichsten Grüßen verabschiedet sich, mit nochmaliger Bitte um Nachsicht für manchmal vielleicht doch wohl allzu strapaziösen Über- und Unmut in den vergangenen Monaten und Jahren.

Ihr Walter Lachenmann


__________________
Walter Lachenmann


eingetragen von Reinhard Markner am 24.08.2002 um 15.01

Zitat:
Ich halte meine sachbezogenen Beiträge für nicht besonders wichtig, meine Kompetenz ist in der Gruppe schon vollständig enthalten und wird von ihr um ein vielfaches übertroffen.
Das stimmt so nicht, und das wissen Sie auch. Wenn Sie möchten, daß hier sachbezogene Diskussion laufen und nicht pubertäre Keilereien, dann sollten Sie besser weitermachen wie zuletzt.


eingetragen von Wolfgang Hukriede am 24.08.2002 um 13.30

Hallo, Herr Wrase!

Wenn jemand dieses erklärende Schlußwort ärgerlich findet, zum
Beispiel weil noch einmal Herr Lachenmann kritisiert wird, dann werde
ich diesen Text löschen oder kürzen.


Doch, so ist es leider. Der eher unbeteiligte Beobachter hat
wirklich den Eindruck, daß Sie sich hier in etwas verrannt haben; also
beruhigen Sie sich doch und geben auch mal eine Zeitlang Ruhe, wie Sie
es sich jetzt wohl auch vorgenommen haben, anstatt immer wieder neues
Öl aufzugießen. Und es mag m.E. besser sein, den Beitrag (vielleicht
auch den einen oder anderen mehr) wirklich wegzunehmen. Und wenn Sie
wieder mögen, dann kommen Sie aus Ihrer Klausur zurück, ja!? Es wird
doch jeder dringend gebraucht, und Sie auch ganz besonders.

Mit freundlichen Grüßen, alles Gute!


eingetragen von Wolfgang Wrase am 24.08.2002 um 10.51

Liebe Frau Philburn,

Sie haben recht, ich fand meinen Anteil an der Auseinandersetzung mit Herrn Lachenmann selber bedenklich, weil ich an einer Eskalation teilgenommen habe.

Ich möchte mich demnächst wieder mehr entfernen aus unseren Diskussionen, jedenfalls wieder für lange Zeit. Nicht nur, um das Forum vor dem Risiko zu bewahren, daß Streit zwischen Herrn Lachenmann und mir eskaliert, aber auch deswegen. Es ist mir nämlich sehr wichtig, daß die thematische Arbeit auf unseren Seiten möglichst wenig sabotiert wird.

Ich halte meine sachbezogenen Beiträge für nicht besonders wichtig, meine Kompetenz ist in der Gruppe schon vollständig enthalten und wird von ihr um ein vielfaches übertroffen. Wenn meine insofern überflüssigen Wortmeldungen vor allem den Effekt haben, daß daraus persönlicher Streit entsteht, dann sehe ich es selber als sinnvolle Konsequenz an, daß ich gehe.

Wenn jemand dieses erklärende Schlußwort ärgerlich findet, dann werde ich diesen Text löschen oder kürzen.
– geändert durch Wolfgang Wrase am 26.08.2002, 08.33 –


eingetragen von Elke Philburn am 23.08.2002 um 18.18

Lieber Herr Wrase,

bei allem Verständnis, aber Ihre gegen Herrn Lachenmann gerichteten - und zum Teil wieder entschärften - Beiträge fand ich in letzter Zeit ein wenig bedenklich.

Es wäre doch schade, wenn der jetzt schon über Monate andauernde sachliche Ton hier im Forum verlorenginge.

(Mit Grüßen aus dem Land der unbegrenzten Möglichkeiten!)


eingetragen von Norbert Schäbler am 22.08.2002 um 20.43

Im Versuch, mich so unparteiisch wie möglich zu verhalten, erkenne ich Grenzen.

Ich verweise auf den Strang "Rechtschreibreform und Gruppendynamik", in dem ich am heutigen Abend einen neuen Leit(d)faden eröffnete.

Wir alle leiden irgendwo und -wie.
Müssen wir unsere eigenen Leiden vergrößern?
__________________
nos


eingetragen von Wolfgang Wrase am 22.08.2002 um 20.17

Sehr geehrter Herr Kukulies, Sie schrieben: "Ich frage mich manchmal auch, warum man unablässig Aktive wie Herrn Riebe hier herausgeekelt hat und andere hier weiter polemisieren läßt." Mit "andere, die weiter polemisieren" meinten Sie vermutlich aus aktuellem Anlaß Herrn Lachenmann (sein entsprechender Beitrag wurde inzwischen vernünftigerweise gelöscht).

Ich stimme Ihnen zu. Ich wundere mich ebenfalls, welchen Freiraum Herr Lachenmann hier in Anspruch nehmen kann, um zu polemisieren oder sonstwie zu stören. Wir sind schließlich eine Arbeitsgemeinschaft und keine Psychogruppe.
– geändert durch Wolfgang Wrase am 24.08.2002, 06.53 –


eingetragen von Christoph Kukulies am 22.08.2002 um 09.04

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Ruth Salber-Buchmüller
In der DSW lese ich gerade:
"Mehr als 800 Kandidaten für den
15. Deutschen Bundestag erhalten dieser Tage
Post vom Verein Deutsche Sprache (VDS)".
Da kann man blaß vor Neid werden!



Fokussieren auf das Wesentliche. Die Energien bündeln. So darf ich Ihren Beitrag sicher verstehen, werte Frau Salber-Buchmüller. Ich frage mich manchmal auch, warum man unablässig Aktive wie Herrn Riebe hier herausgeekelt hat und andere hier weiter polemisieren läßt.

Den ganzen Strang zu löschen hielte ich für falsch, einen bestimmten Beitrag könnte man schon löschen, unter Berufung auf das Hausrecht.
__________________
Christoph Kukulies


eingetragen von Ruth Salber-Buchmüller am 21.08.2002 um 19.37

In der DSW lese ich gerade:
"Mehr als 800 Kandidaten für den
15. Deutschen Bundestag erhalten dieser Tage
Post vom Verein Deutsche Sprache (VDS)".
Da kann man blaß vor Neid werden!



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Ruth Salber-Buchmueller


eingetragen von Wolfgang Scheuermann am 21.08.2002 um 16.11

So etwa hatte ich es ja heute morgen vermutet. An der anderen Fundstelle ist das Kabel nicht zu erkennen. Unser Problem ist aber ja auch nicht der Kabel- sondern der Buchstabensalat.
__________________
Dr. Wolfgang Scheuermann


eingetragen von Mädchenfüralles am 21.08.2002 um 13.38

Sachlich bleiben, Mädels.

Unter auf den roten Knopf „Politik“ drücken ist das klärende Bild in einem Original zu finden. Ich stelle es hier gleich schon mal hinein, damit es später nicht einfach futsch ist.

Auf mich wirkt es so, wie wenn es sich um ein fest ins Auto eingebautes Telefon handelt, das in einer Konsole ruhen kann und dort die Anzeige oben sichtbar hätte. Man kann also in der Ablage wählen und die Anzeige sehen und den Verbindungsaufbau beobachten. Dann nimmt man das Handgerät ans Ohr, wobei sich das Schraubenkabel unter den Arm legt.

Wann ruft Gerhard Schröder uns mal an?

Vielleicht, weil die Rechtschreibreform nichts taugt. Oder weil ich das Bild klaute, was nach einem Vermerk nicht gestattet sein soll.


eingetragen von Wolfgang Scheuermann am 21.08.2002 um 08.58

An einen Zufall bei dem Plakat mag ich auch nicht glauben. Entweder ist es so, daß der Photograph eine Handyvorderseite einfach als interessanter aussehend empfunden hat (und darauf gesetzt hat, daß das dann niemand merkt) oder man kann auf dem kleinen Abbild des Großplakats im Internet ein Detail nicht erkennen: ein Kabel, das von dem "Handset" eines Autotelefons ausgehend, sich dann irgendwo vor dem Kanzlerleib kringelt.
Wie dem auch sei, die Plakate sind schon interessant. Insofern, als sich noch auf zwei weiteren der "Neuschrieb" findet: "Wie wichtig es ist, dass Frauen Kinder und Karriere vereinbaren können, höre ich jeden Tag. Zu Hause." (Schröder und Köpf)
"Das Ziel meiner Arbeit? Dass alle Arbeit haben." (Schröder allein)
Das letztere hat mich zu einer kleinen Kanzlereloge veranlaßt (wir sind ja hier in der entsprechenden Rubrik):

In den letzten 1000 Stunden dieser Regierung hat sich Gerhard Schröder noch ein gewaltiges Vorhaben aufgebürdet: die Erreichung der Vollbeschäftigung! Nachdem das sehr viel bescheidenere Projekt, die Arbeitslosenzahl substantiell zu senken, mißglückt ist, steckt dieser Kanzler nicht zurück - er will alles! Ungefähr zeitgleich zu den "Ein guter Tag!"-Hartz-Vorschlägen stellt Franz Müntefering das Mammutprojekt vor: Ein riesiges Plakat, in dramatisch-dunkler Farbgebung gehalten, zeigt den von schwerer Last gezeichneten Kanzler bei der heroischen Aufgabe: "Das Ziel meiner Arbeit? Dass alle Arbeit haben!" In korrekter Reformschreibweise (die die Mehrheit der Bevölkerung eisern ablehnt) steht da, wozu Müntefering SEINEM Kanzler sicher wieder ein aufmunterndes "Glück auf!" zugerufen hat. Dem kann man sich nur anschließen!
(Noch 751 Stunden!)
G. Schröder: "Das muss zu schaffen sein!" Die Vorstellung dieses Plakats: Das ist wirklich ein guter Tag für die deutschen Arbeitslosen!

(Ich erbitte Verzeihung von allen, die sich hierdurch gestört fühlen, aber man sagt uns Berlinern ja oft eine gewisse Neigung zur Spöttelei nach.)

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Dr. Wolfgang Scheuermann


eingetragen von Matthias Dräger am 21.08.2002 um 07.21

Gerhard Schröder

Gerhard Schröder ist auch eine der tragischen Gestalten der Rechtschreibreform. Schröder, damals noch Ministerpräsident von Niedersachsen, hatte sich offensichtlich über die Rechtschreibreform soweit informiert, daß er zu der Erkenntnis gelangt war, daß wir die nicht brauchen. Er hat dann aber dennoch, gegen seine Überzeugung - und Leute wie Herr Busch, die Neuschrieb für Ihren Internetauftritt verwenden, auch wenn sie wissen, daß er nichts taugt, befinden sich also in „feiner Gesellschaft“ -, als Ministerpräsident seine Einwilligung zu dem Unternehmen gegeben.
Als dann das Gerichtsverfahren der Familie Ahrens ins Haus stand (Josephine), kündigte er an, daß die Reform in Niedersachsen ausgesetzt werde, wenn es im Hauptsacheverfahren gegen die Reform ausginge - und er hat Wort gehalten. Immerhin, e i n e richtige Entscheidung.
Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes wurde die Reform in Niedersachsen aber flugs wieder in Kraft gesetzt, o h n e den Ausgang des Verfahrens und vor allem ohne den anstehenden repräsentativen Volksentscheid im Nachbarland Schleswig-Holstein abzuwarten. Schröder hätte klug genug sein dürfen, er hätte wissen dürfen, daß nach einem entsprechenden Volksentscheid, mit einer ausgesetzten Reform in Niedersachsen, die Sache erledigt gewesen wäre. Daß er dies entweder nicht gesehen hat oder nicht hat sehen wollen, gehört zu den politischen Eseleien, die kaum verzeihlich sind. Wie heißt es doch: „Aber die Sünde wieder den Geist (also die Erkenntnis) wird nicht vergeben.“


Zu den SPD-Plakaten (ich habe nichts gegen die SPD, auch nicht gegen die CDU, genausowenig wie gegen Beerdigungsinstitute oder Altpapier), die "Bundeskanzler Gerhard Schröder in Arbeitssituationen zeigen", bemerkt Müntefering*: „Das ist auch ein Blick hinter die Kulissen.“ Ich fürchte fast, daß das stimmt, denn hinter den Kulissen ist - nichts!. Politik hinter den Kulissen: Bundeskanzler Schröder sagt irgendwo guten Tag, Bundeskanzler Schröder besteigt ein Flugzeug, oder Bundeskanzler Schröder sitzt sogar am Schreibtisch - möglicherweise studiert er gerade Münteferings Entwurf einer Einstweiligen Verfügung gegen die Behauptung einer Journalistin, er lasse sich die Haare färben. Vielleicht ist das sogar eine historische Aufnahme: Bundeskanzler Schröder hat in diesem Moment endlich einmal eine eigene Idee: Wegen des Verdachts der Haarfärberei könnte doch sein Friseur eine eidesstattliche Versicherung abgeben ...

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* Franz Müntefering, 1997 brieflich an die Parteibasis: „Sollte ein Land ausscheren, wäre die Reform gescheitert. Ein Rückfall in die orthographische Vielstaaterei, wie sie vor der Einführung der für alle verbindlichen Regeln 1901 herrschte, wäre die Folge. Das kann niemand wollen.“
Die heutigen Zustände mit zahlreichen unterschiedlichen Orthographien sind weit schlimmer als die vor 1901!


eingetragen von Wolfgang Wrase am 20.08.2002 um 17.23

Daß Schröder das Handy verkehrt herum hält, ist wirklich witzig. Aber es wundert mich auch. Aus der Werbung kenne ich es so, daß bei einem Plakat jeder Quadratzentimeter akribisch geprüft wird, ob irgendwo eine Falte zuviel, ein ungünstiger Schatten, ein greller Lichtpunkt vorhanden ist. Das wird alles ausgebügelt. Wie ist es also möglich, daß der Kanzler als Telefonier-Trottel abgebildet ist?
– geändert durch Wolfgang Wrase am 22.08.2002, 15.01 –


eingetragen von Christian Melsa am 20.08.2002 um 17.02

So bescheuert werbeagenturisch und möchtegernauthentisch wie die Plakate aufgemacht sind, ist wohl zu erwarten, daß die Kampagneros sogar extra darauf geachtet haben, daß Neuschriebwörter darin auftauchen, damit sie toll modern wirken. Die leben in ihrer eigenen Scheinwelt, ganz offensichtlich. Paßt aber gut zur politischen Klasse.


eingetragen von Wolfgang Scheuermann am 20.08.2002 um 12.17

Unter http://www.spd.de/servlet/PB/menu/1009368/1019724.html findet sich ein Plakat, das Schröder zeigt, wie er im Auto telefoniert. (Er lauscht dabei interessanterweise in die Handy-Rückseite!) Darunter steht (seitenrichtig): "Wie viel ein Mensch lernt, ist seine Sache. Dass er die Möglichkeit dazu hat, unsere."
Bei der SPD ist die Rechtschreibreform also in besten Händen. (Aber bei den anderen Parteien leider auch.)

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Dr. Wolfgang Scheuermann


eingetragen von Wolfgang Scheuermann am 14.08.2002 um 15.13

Als Frau Doktor Menges mir (nach ihren gestrigen Ausführungen) heute einen schönen Feiertag wünschte, dachte ich zunächst an eine irgendwie scherzhafte Volte, bis mir dämmerte, daß mir das früher, als ich mal in Bayern gelebt hatte (und sogar dort, wie unsere österreichischen Freunde sagen würden, "maturiert" hatte), schon mal ganz klar gewesen ist: Mariä Himmelfahrt!. Das ist heute in knapp 13% der 13.854 deutschen Gemeinden Feiertag und in immerhin fast 83% der 2.056 bayerischen. (Die Bayern lassen keinen Feiertag aus, sich aber heute von den Saarländern übertreffen: Alle (= 100%) der 52 saarländischen Gemeinden dürfen feiern!)
Hat Bayern eigentlich die meisten Gemeinden? Nee, es wird locker von Rheinland-Pfalz übertroffen, die haben glatt 250 Gemeinden mehr!, und hinter Bayern folgt ... ??? Brandenburg!!! (mit 1.479 Gemeinden) - und dann Sachsen-Anhalt. Baden-Württemberg beschränkt sich auf 1.111 Gemeinden (damit diese schöne Zahl erhalten bleibt, zählt das Statistische Landesamt immer einen Weiler mit, der eigentlich keine Gemeinde ist) und Nordrhein-Westfalen auf 396!! Das bedeutet: Wenn man zufällig einen Brandenburger trifft, ist es fast sicher ein Bürgermeister, während das bei einem Nordrhein-Westfalen statistisch ausgeschlossen werden kann (unterhalb der Nachweisgrenze).
Interessant ist auch der Vergleich der Wirtschaftsleistung pro Einwohner, gemessen an der Zahl der Feiertage (oder der Bürgermeister), aber das gehört wirklich nicht hierher ...
__________________
Dr. Wolfgang Scheuermann


eingetragen von Christoph Kukulies am 29.07.2002 um 17.32

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Theodor Ickler
Die SPD will angesichts der schlechten Wahlprognosen den heißen Wahlkampf schon zwei Wochen früher beginnen lassen.
Wenn ich mir so ansehe, wie unsere Politiker offenbar glauben, nicht ihre Politik, sondern der Wahlkampf, also die Rhetorik, veranlasse die Bürger, diese oder jene Partei anzukreuzen, kommt ich mir - pardon - verarscht vor.
In einem anderen Strang habe ich heute das Uni-Magazin der Bundesanstalt für Arbeit besprochen. Inhaltlich wäre dazu auch etwas zu sagen. Leben wir in einer Sättigungskrise? Es scheint darum zu gehen, irgendwelche Nischen für "Existenzgründer" zu entdecken, damit den Menschen, die alles schon haben, vielleicht doch noch das eine oder andere Produkt angedreht werden kann. Zum Beispiel der Verleih von Büropflanzen, mit Pflegedienst. Pizzabringservice, ein heiß umkämpfter Markt. Die Pflege von Gedenktagen. Ungeheuer wichtig ist überall ein sicheres Aufreten, "extrovertiertes" Wesen, Kommunikationsfähigkeit - kurz: rhetorische Tugenden.
Ob diese Scheinwelt vielen Menschen ein Auskommen bietet? Die einstürzenden Neubauten ringsum legen etwas anderes nahe.
Der sprachliche Aufwand, mit dem das alles umrankt wird, ist gigantisch, das Magazin strotzt auch von englischen Ausdrücken für ziemlich einfache Sachverhalte.
Ein Trost ist vielleicht die Tatsache, daß Milliarden Menschen noch das Nötigste fehlt. Leider auch das Geld, um es von uns zu kaufen.


Ihre Gedanken sprechen sicher Vielen aus der Seele und treffen den Nagel wieder mal auf den Kopf. Was mir gerade bei dieser Nachricht aber auffiel, war die Formulierung, die Sie, lieber Herr Ickler, auch gebrauchen, wobei ich nicht weiß, ob es bewußt oder versehentlich geschah.
Die Formulierung: ,,Der heiße Wahlkampf". Eine Nachrichtensprecherin im WDR sagte unlängst:,, Die Phase des heißen Wahlkampfs wolle die SPD jetzt schon früher beginnen, so Müntefering". Man sagt aber doch: ,,die heiße Phase des Wahlkampfs" und nicht ,,die Phase des heißen Wahlkampf".

Aber was soll's. Keine der Parteien, die zur Bundestagswahl antreten, hat bisher das Thema 'Rechtschreibreform' oder gar ersatzlose Streichung derselben auch nur im geringsten beachtet oder in ihren Wahlprogrammen erwähnt.

Das wäre doch mal eine Aussage:

Wir werden nach dem 22. September die Rechtschreibreform unverzüglich zurücknehmen.

Die Kosten? Gibt es da nicht ein Sprichwort? Man soll gutes Geld nicht schlechtem hinterherschmeißen.

__________________
Christoph Kukulies


eingetragen von Theodor Ickler am 29.07.2002 um 16.45

Die SPD will angesichts der schlechten Wahlprognosen den heißen Wahlkampf schon zwei Wochen früher beginnen lassen.
Wenn ich mir so ansehe, wie unsere Politiker offenbar glauben, nicht ihre Politik, sondern der Wahlkampf, also die Rhetorik, veranlasse die Bürger, diese oder jene Partei anzukreuzen, kommt ich mir - pardon - verarscht vor.
In einem anderen Strang habe ich heute das Uni-Magazin der Bundesanstalt für Arbeit besprochen. Inhaltlich wäre dazu auch etwas zu sagen. Leben wir in einer Sättigungskrise? Es scheint darum zu gehen, irgendwelche Nischen für "Existenzgründer" zu entdecken, damit den Menschen, die alles schon haben, vielleicht doch noch das eine oder andere Produkt angedreht werden kann. Zum Beispiel der Verleih von Büropflanzen, mit Pflegedienst. Pizzabringservice, ein heiß umkämpfter Markt. Die Pflege von Gedenktagen. Ungeheuer wichtig ist überall ein sicheres Aufreten, "extrovertiertes" Wesen, Kommunikationsfähigkeit - kurz: rhetorische Tugenden.
Ob diese Scheinwelt vielen Menschen ein Auskommen bietet? Die einstürzenden Neubauten ringsum legen etwas anderes nahe.
Der sprachliche Aufwand, mit dem das alles umrankt wird, ist gigantisch, das Magazin strotzt auch von englischen Ausdrücken für ziemlich einfache Sachverhalte.
Ein Trost ist vielleicht die Tatsache, daß Milliarden Menschen noch das Nötigste fehlt. Leider auch das Geld, um es von uns zu kaufen.
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Th. Ickler


eingetragen von Theodor Ickler am 22.06.2002 um 07.49

Gerade sehe ich zu meiner freudigen Überraschung, daß Hermann Pauls "Prinzipien der Sprachgeschichte" im Internet verfügbar sind:

http://www.gutenberg2000.de/autoren/paulh.htm

Abgesehen von dem etwas veralteten Anfang ist das eines der besten Bücher, die es in der Sprachwissenschaft gibt.
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Th. Ickler


eingetragen von Elke Philburn am 18.06.2002 um 12.58

Es scheint so, als ob das Sparen heute keine große Rolle in der Erziehung mehr spielt.

Andererseits wird wohl gerade beim 'Shopping' das Vorbild der Eltern (der Mütter?) eine Rolle spielen.


eingetragen von Theodor Ickler am 17.06.2002 um 14.54

In der Kinderzeitschrift unserer Sparkasse gibt es auch eine Rubrik für Brieffreundschaften. Da schreiben erstaunlich viele Kinder, daß "Shoppen" ihr Hobby sei, und eine Neunjährige bekennt sich ganz ungeniert zum Hobby "Geld ausgeben". Wen wundert's? Und wir machen uns Gedanken über die Rechtschreibung! Irgend etwas läuft da ganz schief.
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Th. Ickler


eingetragen von Elke Philburn am 11.06.2002 um 17.12

Sie ist eben etwas kräftiger. Niemanden mit diesen Massen muß man eine Fettsucht bescheinigen.

(Alles klar?)


eingetragen von Elke Philburn am 07.06.2002 um 08.47

Tja.


eingetragen von Norbert Lindenthal am 06.06.2002 um 21.00

Kehricht im Leserbrief von Herrn Grosser

„Kehricht, das Wort hat Herr Grosser wohl verkehrt geschrieben“, dachte ich. Die schnelle Suchmaschine brachte
 800 Funde Kehrricht,
8000 Funde Kehricht und

 400 Funde Kehricht und Kehrricht.

400 Artikelschreiber wissen im selben Artikel nicht, ob so oder so, und schreiben beide Möglichkeiten, meist in städtischen Abfallplänen. Als Schuljunge hatte ich mit zwei Brüdern Reet geschnitten, Fischkistenbretter unter den Gummistiefeln. Dann weiß ich natürlich, wie ich richtig Röhrricht schreibe. Wieder daneben! Im Dik-kicht sozusagen. Töricht.

Einfach mal ne Frage in die Runde: Haben die Reformer an die Variante Kehrricht gedacht? Oder bleiben etwa auch deshalb Kinder hängen? Jedenfalls bin ich für törige oder törliche Regelmäßigkeit. Und für Gedankenarmut. Und dafür, daß Kinder in 8 Schuljahren für das Leben die ganze Rechtschreibung beherrschen lernen. Mehr braucht man nicht. Heimrat ohne Zierat soll es nicht mehr geben. Soweit diese kleine Habichtsnachricht. Weniger Kräuticht und weniger Spülicht.
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Norbert Lindenthal


eingetragen von Christoph Kukulies am 04.06.2002 um 15.40

Bei

http://www.tagesschau.de/aktuell/meldungen/0,2044,OID811616,00.html

läuft wieder mal so eine unsägliche Umfrage, an der man mal wieder schön sehen kann, wie manipuliert wird. Allein die einleitende Fragestellung.

Probieren Sie's mal aus, wie Sie selbst manipulieren können.
(Tip: Sie haben beliebig viele Stimmen).

Nachher heißt es wieder: "Bei einer Blitzumfrage im Internet haben sich 70%..."


War nicht auch dereinst eine RSR Umfrage manipuliert worden?
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Christoph Kukulies


eingetragen von Elke Philburn am 02.06.2002 um 21.31

Hallo Herr Swaton,

um Ihr Bild hier einzustellen, müssen Sie es zunächst auf einem Webserver hochladen. Das geht z. B. hier:

http://photos.msn.de/Home.aspx?ehcacon=631498138470860836

(Anmeldung ist erforderlich.)

Auf dem Server hochgeladen, bekommt Ihr Bild eine Web-Adresse (beginnend mit http://), mit der es sich beliebig verlinken läßt. Hier im Forum können Sie das tun, indem Sie die Adresse zwischen die Anführungsstriche im folgenden Befehl setzen:

<img src="">


eingetragen von Henrik Swaton am 02.06.2002 um 19.19

Liebe Frau Philburn,

könnten Sie einem absolutem Computer-Laien wie mir erklären, wie es technisch möglich ist, ein gescanntes Bild in dieses Forum o.ä. einzustellen.

Für Ihre Hilfe bedanke ich mich schon im voraus. Ich habe einen schönen Text (allerdings leider in Fraktur-Schrift) zu der Thematik "Rechtschreibreform" gefunden, den ich gerne einstellen möchte.

henrikswaton@web.de


eingetragen von Elke Philburn am 02.06.2002 um 11.55



(Würst ist wohl ein Versuch, nach der Aussprache zu schreiben.)
– geändert durch Elke Philburn am 03.06.2002, 17.44 –


eingetragen von Dominik Schumacher am 17.05.2002 um 04.56

Kieler Nachrichten, Freitag, 17. Mai 2002, Seite 1, 1. Beitrag

80 Jobs bei
Poppe in
Gefahr

Kieler Metallgießerei
stellt insolvenzantrag

Kiel (jög) Seit dem 1. April wurde bereits kurz gear-
beitet, weil Aufträge aus-blieben …
 

 

 


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Dominik Schumacher

übrigens heiße ich wirklich Norbert Lindenthal


eingetragen von Martin Reimers am 16.05.2002 um 23.49

Dieser Tage machte sich das Hamburger Abendblatt darüber lustig, daß man in der Hansestadt einen "Koalitionskrach" neuerdings als "Kommunikationsproblem" zu umschreiben pflegt. In der gleichen Angelegenheit hören wir, daß die Bildungsbehörde nun doch (angeblich) 400 neue Lehrerstellen schaffen möchte anstatt 1050 zu streichen. Offiziell nennt man das "Präzisierung" der Sparpläne.

Auch der geplagte Verteidigungsminister hat sich doch
neulich mit diesem Zauberwort beholfen. Woher kommt eigentlich diese Marotte, jeden Bockmist, der zur Rücknahme ansteht, als "Präzisierung" zu verkaufen? Gibt es da noch irgendwelche früheren Belege als die "Reform der Reform" von 1999?


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Martin Reimers


eingetragen von Martin Reimers am 16.05.2002 um 23.08


Hinweisschild in der Mensa der Uni Hamburg.

Bitte hier nicht's abstellen.

Studentenwerk (!)




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Martin Reimers


eingetragen von J.-M. Wagner am 16.05.2002 um 19.30

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Theodor Ickler
..., aber senden kann ich nicht, weil kein Absender angegeben ist. Aber wo wird denn der angegeben?
Beim Netscape sitzt das unter den Einstellungen (Identität) im Menü bearbeiten; aber fragen Sie mich nicht, wo das beim Outlook zu finden ist, damit kenne ich mich nicht aus.

(Sie wissen, daß Sie bei Outlook extrem auf Viren achtgeben müssen? Manche sind so programmiert, daß man ein ominöses Anhängsel [attachment] gar nicht erst anzuklicken braucht -- wovor ja immer gewarnt wird --, um den Virus zu starten; das bloße aufrufen der Mail genügt dazu bereits. Beispiel: Badtrans-B.)
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Jan-Martin Wagner


eingetragen von Reinhard Markner am 16.05.2002 um 11.48

Nun kann man also sogar schon ankündigen, Amok zu laufen (vgl. F.A.Z. vom 17. 5. 2002, S. 11).


eingetragen von Elke Philburn am 15.05.2002 um 14.26

In meiner englischen Version findet sich der Button für eine neue Nachricht ganz links oben im Scroll-Down-Menu (im Deutschen vermutlich 'Datei') und dann müßte dort 'Neu' zur Auswahl stehen und dann 'Nachricht'.

(Was die Adresse anbelangt, damit kenne ich mich nicht aus, könnte was mit der Installation zu tun haben.)


eingetragen von Theodor Ickler am 15.05.2002 um 13.54

T-Online will seit drei Tagen von meinem Netscape nichts mehr wissen, so daß ich keine E-Mails mehr verschicken kann. Nun wollte ich es mit Outlook Express versuchen und werde von T-Online per Mail aufgefordert, einen Button "Neue Nachricht erstellen" zu drücken (wo ist der eigentlich?), aber senden kann ich nicht, weil kein Absender angegeben ist. Aber wo wird denn der angegeben?

Nachtrag:

Bitte noch etwas Geduld, wenn ich zur Zeit keine E-Mails senden kann (nur empfangen). Es scheint ein Fehler in der Router-Konfiguration vorzuliegen, der vielleicht in ein paar Tagen behoben sein wird.
– geändert durch Theodor Ickler am 20.05.2002, 07.17 –
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Th. Ickler


eingetragen von Walter Lachenmann am 06.05.2002 um 06.35

(Aus dem Themenstrang über ss/ß-Regelung, wo das nicht wirklich hingehört)

Theodor Ickler: Mal ehrlich: Steckt hinter der lustvollen Pointenjagd auch ein Gedanke? (Berufskrankheit des Aphoristikers ...)

Es ist schon wahr - so tief sind die Gedanken hinter manchen vermeintlich pfiffigen Aphorismen oft gar nicht. Bei Adorno scheint es mir immer wieder ganz ähnlich zu sein. Es ist, als ob diese Stylisten sprachlich gesehen mit toupiertem Haar durch die Gegend liefen - bei Adorno ein besonders griffiges Bild. Läßt der Haarfestiger nach, wirkt alles ein bißchen struppig und stellt sich immer wieder als eher unspektakuläres Gedankengut heraus.

Bei Kraus sind die Aphorismen nicht selten reine Wortspielereien, die auf den ersten Eindruck durch ihre Jongleurskunst glänzen. Auch er ist immer wieder auf sich selbst hereingefallen - ein kleiner Trost für im Forum dilettierende Pointenbastler. Der Spruch mit dem Kauderwelsch ist aber keiner von den schlechtesten. Denn was dabei herauskommt, wenn jemand Fremdwörter um jeden Preis vermeiden will und sich »deutsche« Begriffe an ihrer Stelle ausdenkt, ist tatsächlich oft ziemlich - kraus.

Herrn Detlef Lindenthal leiste ich allen Ernstes Abbitte für den respektlosen Umgang mit seinem wirklich sehr schönen Namen. Das gehört sich nicht. Im Umgang mit einigen guten Internetfreunden in E-Mails hat sich dieses Spiel eingebürgert, das aber nicht jeder als sportliche Frozzelei empfinden muß, sofern er in das Spiel nicht eingeweiht ist. Mit dem Lackelmann hat er aber bewiesen, daß er da gut mithalten kann. Bei den vielen, nicht immer gut gemeinten Entstellungen meines Namens, die mir seit der Kindergartenzeit immer wieder präsentiert worden sind, ist diese Variante noch nicht vorgekommen. Ich wollte Herrn Lindenthal nicht ernstlich ärgern. Ich hoffe, er nimmt mir das und ab und ein Zeichen des Wiedergutmachens an.

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Walter Lachenmann


eingetragen von Theodor Ickler am 05.05.2002 um 19.41

Die Bundeszentrale für politische Bildung hält im September in Leipzig einen Kongreß zum Thema "Gender Mainstreaming" ab. "Kongresssprache ist Englisch." (www.bpb.de)
Bezahlen darf das Ganze aber immer noch der deutsche Steuerzahler. Man sollte hinfahren und versuchsweise mal deutsch reden, als Krisenexperiment. Ob sie einen des Saales verweisen?

Wie die Bundeszentrale ferner mitteilt, "tourt" gegenwärtig ihr "Show-Truck" durch Deutschland. In einer Überschrift ihrer Netzseiten wird er als "Showtrack" bezeichnet. Jedenfalls ist er zu einer "Roadshow" unterwegs, um das "50jährige" (!) Bestehen der Bundeszentrale zu feiern, besonders für die deutschen "Kids".

Mit diesen und ähnlichen Sprachschöpfungen unterläuft die Bundeszentrale den Bildungsauftrag der Schulen, denen sie doch eigentlich zuarbeiten sollte.
– geändert durch Theodor Ickler am 12.05.2002, 04.53 –
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Th. Ickler


eingetragen von Theodor Ickler am 04.05.2002 um 09.19

Auf der "Wortschatz"-Seite der Uni Leipzig sehe ich gerade die Produkte des Anagrammgenerators, nämlich Anagramme von Schriftstellernamen, zum Teil ganz lustig:

Christa Wolf -- Flora wischt
Volker Braun -- Brr! Vakuolen
Günter Grass -- Nager grüsst
Elke Heidenreich -- Kreide ehelichen

Martin Walser -- atmen Wirrsal
Max Frisch -- Marsch! Fix
Salman Rushdie -- humider Anlass
Erich Loest -- Storch eile
Christoph Hein -- phonischer Hit
Hans Magnus Enzensberger -- nunmehr ganzgar besessen

Sehe aber gerade, daß es erstaunlich viele Unternehmungen dieser Art gibt, z. B.
http://www.sibiller.de/anagramme/
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Th. Ickler


eingetragen von Theodor Ickler am 26.04.2002 um 03.04

Subvokalisation und andere Formen des "verdeckten Verhaltens" sind ein großes, auch methodologisches Problem für die Psychologie und sogar Physiologie. Ich bin besonders im Zusammenhang mit meiner vor Jahren fertiggestellten, nun hoffentlich bald erscheinenden Übersetzung von Skinners "Verbal Behavior" darauf aufmerksam geworden (habe gerade mein Nachwort noch einmal überarbeitet).
Die Psychologen haben ja auch herausgefunden, daß eine Fliege, die man sich sehr klein vorstellt, weniger deutlich zu erkenne ist als eine groß vorgestellte (so daß man länger braucht, um die Beinchen zu zählen usw.). Ist das nicht seltsam? Wird vielleicht zugleich mit dem Eindruck der Kleinheit auch der Eindruck der Schwererkennbarkeit erzeugt? Und wie wird beides in Verhaltensbegriffen ausgedrückt?

Und was den Rand des Gesichtsfeldes betrifft: Nicht nur schwer benennbar, sondern grundsätzlich überhaupt nicht benennbar zu sein - das ist das Problem. Ich starre auf den Bildschirm, und was sehe ich gleichzeitig links daneben? Den Lautsprecher, aber eigentlich sehe ich ihn nicht richtig, sondern weiß, daß er es ist. Was also sehe ich wirklich?

Die Gestaltpsychologie spricht von Figur und Grund. Die Figur ist nur vor dem (Hinter-)Grund wahrnehmbar, und das ist zugleich die Struktur des Bewußtseins. Versucht man, die Aufmerksamkeit auf den Grund zu lenken, wird er sofort Figur. Gilt nicht für manches an der Sprache dasselbe?


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Th. Ickler


eingetragen von Walter Lachenmann am 25.04.2002 um 21.04

Zweitens: Wenn ich innerlich (in "innerer Rede") versuche, einen der bekannten Zungenbrecher aufzusagen (Fischers Fritz ... oder Brautkleid bleibt Brautkleid und
Blaukraut bleibt Blaukraut), gerate ich ins Stolpern, obwohl ich doch überhaupt nichts bewege. Wie ist das zu erklären?


Vielleicht gar nicht so schwierig. Es liegt ja nicht an der mangelnden Beweglichkeit der Lippen, der Zunge, der Sprechwerkzeuge, wenn man bei Zungenbrechern ins Heddern gerät, sondern an der Verwirrung der Sprachsteuerung im Gehirn - vermute ich jedenfalls. Und daß man »alles« in Worte fassen könne - das habe ich persönlich eigentlich noch nie gemeint. Manchmal merkt man ja erst, was man meint, wenn man versucht es mit Worten zu darzustellen. Dann hat sich das Gemeinte möglicherweise schon wieder verändert.

Oder habe ich da etwas falsch verstanden?
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Walter Lachenmann


eingetragen von Reinhard Markner am 25.04.2002 um 20.52

Es scheint jedenfalls keine monographische Studie zum Phänomen der Subvokalisation zu geben. Im Netz finden sich zu diesem Stichwort, wie nicht anders zu erwarten, vor allem Anleitungen zum Schnellesen.


eingetragen von Theodor Ickler am 25.04.2002 um 16.38

Mich beschäftigen schon lange zwei psycholinguistische Fragen.

Erstens: Wie kommt es, daß man etwas, was am Rande des Gesichtsfeldes liegt, eigentlich gar nicht richtig beschreiben kann? In das Wahrgenommene mischt sich sowieso immer Erfahrungswissen ein, aber selbst mit dieser Einschränkung geht es nicht. Man macht sich zu selten klar, daß die Alltagsannahme, alles müsse sich in Worte fassen lassen, hier eine riesige Ausnahme hat.

Zweitens: Wenn ich innerlich (in "innerer Rede") versuche, einen der bekannten Zungenbrecher aufzusagen (Fischers Fritz ... oder Brautkleid bleibt Brautkleid und Blaukraut bleibt Blaukraut), gerate ich ins Stolpern, obwohl ich doch überhaupt nichts bewege. Wie ist das zu erklären?

Kennt jemand Literatur zu diesen beiden Fragen?
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Th. Ickler


eingetragen von Wolfgang Scheuermann am 14.04.2002 um 08.14

Auf der Titelseite der Rhein-Neckar-Zeitung vom 13./14. April

Haarige Angelegenheit
Noch am Donnerstag durfte RNZ-Korrespondent Wolfgang Fischer die Haare von Kanzler Gerhard Schröder auf ihre Echtheit hin überprüfen. Beide trafen sich am Rande des Wahlkampfes in Sachsen-Anhalt. Fischer: "Da war nichts gefärbt."

Seit ich diese Meldung gelesen habe, erscheint mir das Standard-Argument der RSR-Betreiber zum Abwiegeln ("Es gibt Wichtigeres") noch einmal in einem etwas anderen Licht.
Wie darf man sich den dieser Meldung zugrundeliegenden Ablauf eigentlich vorstellen?
"Fischer, kommen Sie mal rüber und langen mir in die Haare! Aber richtig!"
Soviel Zeit muß sein!
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Dr. Wolfgang Scheuermann


eingetragen von Reinhard Markner am 26.03.2002 um 16.11

in den Nürnberger Gesetzen, kann ich da nur sagen. Ich wollte aber eigentlich nur darauf hinweisen, daß durch die Meidung der Bezeichnungen »Mulatte« (problematisch wg. der Etymologie) und »Farbiger« (problematisch wg. der Apartheid-Gesetzgebung) Lücken im Wortschatz aufgerissen worden sind, die mit »Schwarzer« zu füllen kaum gelingen kann.


eingetragen von Elke Philburn am 26.03.2002 um 00.34

aber auch hierzulande wird jemand als black bezeichnet, wenn gerade noch die Urgroßmutter schwarz war. Mit schwarz im herkömmlichen Sinn hat das nichts mehr zu tun. ("I think, she's black, although I'm not sure...")


eingetragen von Reinhard Markner am 25.03.2002 um 23.43

Neben Denzel Washington wird's besonders deutlich.


eingetragen von Elke Philburn am 25.03.2002 um 19.26

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Reinhard Markner Wer eine hübsche Mulattin, deren Hautfarbe exakt dem Schönheitsideal "weißer" Solariumsbesucher entspricht, als "schwarz" bezeichnet, hat ein Problem mit der Farbwahrnehmung. Vielleicht liegt es am Kunstlicht der Filmscheinwerfer ?


Ich weiß nicht, ob es diese Dame hier ist, die Du meinst, aber es stimmt wohl, daß sich gewöhnliche jene "schwarzen" Schönheitsideale zum Vorzeigen eignen, die sich abgesehen von der dunklen Hautfarbe wenig vom weißen Vorbild unterscheiden.


eingetragen von Reinhard Markner am 25.03.2002 um 13.40

http://www.bundesregierung.de

Unter dieser Adresse sind Informationen in folgenden Sprachen aufzurufen :
Deutsch, Englisch, Französisch, Spanisch --
nicht hingegen in
Türkisch, Polnisch, Russisch.
Vorbildliche Bürgernähe !

***

"Schwarz"

Wer eine hübsche Mulattin, deren Hautfarbe exakt dem Schönheitsideal "weißer" Solariumsbesucher entspricht, als "schwarz" bezeichnet, hat ein Problem mit der Farbwahrnehmung. Vielleicht liegt es am Kunstlicht der Filmscheinwerfer ?


eingetragen von Reinhard Markner am 20.03.2002 um 22.16

Zitat:
Das FAZ-Feuilleton will von Frankfurt nach Berlin ziehen und wird sich dort mit dem FAS-Feuilleton wohl wiedervereinigen.
Das kann man verstehen. Aus einer Stadt, wo die einzigen wirklich denkwürdigen kulturellen Veranstaltungen im Diakonissenheim stattfinden, muß man einfach fliehen.


eingetragen von Jörg Metes am 20.03.2002 um 21.24

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Theodor Ickler
Richtig wohltuend, wenn jemand, wie heute in der FAZ, auf die Verluderung der Literaturkritik hinweist. Zuvor hatte die FAZ-Sonntagszeitung 25 deutsche Genies vorgestellt, deren Bücher man gelesen haben muß, von denen ich aber kein einziges gelesen habe oder lesen werde.
Das Feuilleton der FAS vom 17.3. - auf allen zehn Seiten ausschließlich dem Kanon der wichtigsten Bücher der Gegenwart, der wichtigsten Bücher der vergangenen zwanzig Jahre gewidmet - ist in der Tat ein Beispiel für eben jene Verluderung, die drei Tage später im Feuilleton der FAZ beschrieben wurde (ein paar der Autoren, die in diesem Kanon als Die neuen Klassiker vorgestellt wurden, gehören zum Beispiel zum Kreis der Freunde, mit denen FAS-Feuilletonchef Florian Illies vor sechs Monaten in einem Berliner Restaurant das Erscheinen seines Buches "Anleitung zum Unschuldigsein" gefeiert hat). Es fällt mir schwer zu sagen, welchen der hier kanonisierten Autoren ich für den läppischsten halte. Besonders indiskutabel sind wohl die Werke von Maxim Biller, Rainald Goetz, Christian Kracht, Joachim Lottmann und Benjamin von Stuckrad-Barre. Andererseits werden auch Autoren aufgeführt, die ich schätze: Wilhelm Genazino, Gabriele Goettle und - ganz besonders - Max Goldt. Es geht widersprüchlich zu im Frankfurter Allgemeinen Feuilleton. Michael Kumpfmüller, ein Autor, den Florian Illies vor nicht allzu langer Zeit noch aufs höchste gepriesen hat (...hat den ersehnten deutschen Roman geschrieben, FAZ vom 19.8.00), kommt anderthalb Jahre später im Illies'schen Kanon schon nicht mehr vor.
Das FAZ-Feuilleton will von Frankfurt nach Berlin ziehen und wird sich dort mit dem FAS-Feuilleton wohl wiedervereinigen. Man kann nur hoffen, daß die Fraktion, die sich der Verluderung widersetzt, die Oberhand behält.
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Jörg Metes


eingetragen von Reinhard Markner am 20.03.2002 um 14.17

»Wo der Himmel am schönsten ist«
Air France

"There is no better way to fly"
Lufthansa. Der Aviation Konzern


eingetragen von Theodor Ickler am 19.03.2002 um 16.48

In den letzten Tagen habe ich, zum Teil auf Reisen, eine große Zahl von Buchbesprechungen in Zeitungen gelesen und mich wieder einmal darüber gewundert, daß es nur noch gute Bücher zu geben scheint. Anders gesagt: diese sogenannten Rezensionen unterscheiden sich überhaupt nicht mehr von jenen, die man in den kostenlos verteilten "Buch-Journals" usw. der Buchhändler findet.
Jeder kennt jeden, und allzu viele leben von dem, was sie eben deshalb preisen und wichtig nennen müssen. Das wird's wohl sein.
Richtig wohltuend, wenn jemand, wie heute in der FAZ, auf die Verluderung der Literaturkritik hinweist. Zuvor hatte die FAZ-Sonntagszeitung 25 deutsche Genies vorgestellt, deren Bücher man gelesen haben muß, von denen ich aber kein einziges gelesen habe oder lesen werde. Ich verspreche mir einfach nichts davon, und außerdem gelange ich nie über die ersten Sätze hinaus, ohne mir ziemlich bescheuert vorzukommen, weil ich meine Zeit mit so was verplempere.
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Th. Ickler


eingetragen von Theodor Ickler am 19.03.2002 um 16.38

Wenn sich der Weihrauch verzogen hat, wird man auch einmal darüber reden müssen, welchen Schaden dieser Philosoph angerichtet hat, auch sprachlich.
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Th. Ickler


eingetragen von Reinhard Markner am 19.02.2002 um 02.11

Die Vorstellung, Nietzsche sei frommer gewesen als der Papst oder Zoroaster ist eine Projektion derer, die sich seinen Atheismus wegwünschen (verwünschen) wollen. Man sollte aber mit ihm anders umgehen. Es ist ehrlicher und gerechter, zu der Einschätzung zu kommen, daß Nietzsche um eine Handvoll Ideen, die gewiß nicht alle richtig waren, ein mächtiges Geschrei veranstaltet hat.

Die Vorstellung, man müsse in der Öffentlichkeit auf die Anwendung des rhetorischen Mittels der Ironie verzichten, weil man ja Gefahr laufe, mißverstanden zu werden, ist ebenso abwegig, und auch hinter ihr steckt ein allzu frommer Wunsch. Sloterdijk sagte heute abend ganz richtig, gerade im Falle öffentlicher Erregung gebe es keine Mißverständnisse, sondern Zurichtungen von Zitaten. Genau dies ist mit dem Icklerschen Textfragment geschehen, allerdings nicht in übler Absicht, wie es scheint.

Die Vorstellung schließlich, in der Reduktion sprachlicher Komplexität durch Heranwachsende liege etwas Neues, den Zustand unserer Gesellschaft Charakterisierendes, kann ich auch nicht teilen. Dazu erinnere ich mich zu gut daran, noch als 14jähriger mit Genuß grundsätzlich alles Negative als "grauenhaft" bezeichnet zu haben, um einige Zeit später dann alles in die gleiche Kategorie Fallende für "öde" zu erklären. Ein strikt dualistisches Weltbild hat eben seine Reize. Das Schöne an der Geschichte ist, daß nicht nur der Erzähler sie ironisiert, sondern schon seine Zeugin.


eingetragen von Walter Lachenmann am 18.02.2002 um 23.02

Das Zitat, auf das sich der ZEIT-Journalist beruft, stammt ursprünglich aus der »Weimarer Rede« Theodor Icklers und ist tatsächlich geeignet, seinen Autor als sarkastisch-freudigen Voyeur der Zerstörung unserer deutschen Sprache zu diskriminieren (im ursprünglichen Wortsinn, also: seine »eigentliche Substanz« herauszustellen). Theodor Ickler ist in solchen Aussagen immer wieder zweideutig. Man muß seine Äußerungen schon längere Zeit verfolgt, aus diesen auch seine Geisteshaltung herausgelesen haben, um nicht auch selbst manchmal zu dem Verdacht zu kommen, ob vielleicht nicht doch in den finstersten Abgründen dieser Linguistenseele ganz übles Zeug brodelt.
Wenn er die sicherlich nicht wortwörtlich zu nehmende Auskunft, die Umgangssprache Achtjähriger sei auf die Begriffe cool und schwul zu reduzieren, als »Zeichen von Gesundheit« bezeichnet, weil »so viele junge Menschen sich aus natürlicher Schamhaftigkeit weigern, sprachlich über ihre Verhältnisse zu leben«, so muß man ihn schon ein bißchen kennen, um zu wissen, daß er das nicht wirklich meint. Ickler setzt - leichtsinnigerweise - voraus, daß ja sowieso jedermann weiß, daß er so schlicht und absurd zu denken nicht imstande ist, und daß er solche Aussagen nur macht, um einen Denkschwenk in die dahintrottenden Argumentationskolonnen hineinzupusten, allenfalls ergötzt er sich möglichweise kurzfristig an der pittoresken Schieflage seiner Argumentation und hält sie insofern zumindest für gelungen.
Es ist also überflüssig, sich darüber zu empören, daß ein prominenter Linguistikprofessor den kommenden Schülergenerationen die Segnungen der in langen Jahren mit viel Liebe und Einfühlungsvermögen von verantwortungsbewußten Pädagogen erarbeiteten Rechtschreibreform vorenthalten, ihnen also den kinderleichten Zugang zu Lesen und Schreiben verwehren und damit praktisch ihre Zukunft verderben will, ja ein neues, diesmal apokalyptisches PISA heraufzubeschwören sich anschickt. Oder daß dieser sogenannte Sprachwissenschaftler auch noch so entmenscht ist, seine eigene Tochter, als Feldversuch im Privatbereich sozusagen, daraufhin zu drillen, mit nicht mehr als zwei Wörtern, und zwar ausgerechnet englischen und solchen aus der Gossensprache, auszukommen. Das sei in Wahrheit schamhaft, tugendhaft, meint er. Das klingt quietistisch, pietistisch, sadistisch, welt- und genußfeindlich. Weg mit allem Tand, two little words ...!
Und da sagt dieser Sprachsatanas auch noch: »Aber ich muß gestehen, daß mir die Beobachtung der sogenannten Verfallserscheinungen viel Freude bereitet, ebenso wie die Kritik daran.« Skandal! Ein Glück, daß diesen kruzialen Satz kein Lehrer oder gar Berufsschullehrer wirklich zur Kenntnis genommen hat. Ickler stünde längst an sämtlichen Forumsprangern. Den Sprachwahrer-Orden mit Eichenlaub und Schwertern, den er sich schon so lange gewünscht und auf den er sich riesig gefreut hatte, würde man ihm noch vor der Verleihung mit reichsdeutschen Grüßen vom Revers reißen. Das ist ja übelster Alt-68er-Anarchismus plus bakuninscher, vorbolschewistischer Nihilismus, exponenziell potenziert! Nietzsche wirft Schatten: Gott ist todt!

Worauf ich hinauswill: Nietzsche war ein ungewöhnlich, ja leidenschaftlich frommer Mann, ihm war es mit Gott ernster als vielen professionellen Gottesmännern. Das haben - bis heute - nur sehr wenige Menschen begriffen. Er hat geglaubt, seinen Lesern ebensoviel zumuten zu können, wie er sich selbst zumutete (oder sein unruhiger Geist ihm zugemutet hat). Und das war natürlich für fast alle zuviel, er hat sich massiver Kritik von Christen, Humanisten (Aufklärern etwa, die ihn als einen Wegbereiter des nationalsozialistischen Herrenmenschentums völlig fehlinterpretierten) ausgesetzt, diese Kritik war verfehlt, aber sie war leichter zu begreifen als die Gedanken Nietzsches. So kann es hier natürlich auch passieren, und es passiert auch. Die wissenschaftlichen Antagonisten Icklers, die sich ihm in jeglicher Hinsicht unterlegen fühlen müssen, werden wie nach einem Strohhalm nach jeglicher Aussage greifen, mit der sie meinen gegen seine Theorien argumentieren, deren »Fragwürdigkeit«, »Unseriosität« ja »sittliche Verwerflichkeit« nachweisen zu können.

Da ist Ickler bei diesem ZEIT-Genossen ja noch einigermaßen glimpflich davongekommen, aber ich rate, solche Gedankenflüge für die späteren Semester zurückzustellen, wenn die Grundlagen erst einmal einigermaßen begriffen worden sind.
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Walter Lachenmann


eingetragen von Theodor Ickler am 18.02.2002 um 04.42

Mit Vergnügen sehe ich, daß in der ZEIT vom 16. Februar 2002 mein Töchterchen und ich verewigt werden.

(...)

"Aus den meisten neueren Shakespeare-Aufführungen, die ich sah, spricht zweierlei: Angst vor der Komplexität des Textes und Misstrauen gegen den Text.

Zum Ersten: die Angst. Der Respekt vor Shakespeare ist gewaltig; der Dramatiker gilt vielen als Schöpfer einer Parallelwelt, die sich nicht der Realwelt anpasste, sondern die es schaffte, die Realwelt zu formen. Der Literaturwissenschaftler Harold Bloom findet, dass Psyche, Denken und Sprache des modernen Menschen Shakespeare mehr verdanken als jedem anderen Künstler: "Shakespeare wird immerfort uns erklären, schließlich ist er es auch, der uns erfunden hat." Shakespeare werde uns auf ewig besser "lesen", als wir jemals ihn lesen könnten. Shakespeare als der Gottähnlichste, den es in unseren Reihen je gab, als the next mind to God - erstaunlich oft stoßen die Interpreten in religiöse Höhen vor, wenn sie über den rätselhaften Mann nachdenken. Geht es um konkrete Bühnenpraxis, schlägt Ehrfurcht gern in Beliebigkeit um. Da wir von Shakespeare "erfunden" wurden, können wir ihn eh nicht inszenieren. Wir werden ihn nie verstehen, das macht uns frei, mit ihm zu verfahren, wie wir wollen.

Zum Zweiten: das Misstrauen. Der Germanist Theodor Ickler hat in der Süddeutschen Zeitung konstatiert, dass die deutsche Sprache gegenwärtig einer "brutalen Schlankheitskur" unterzogen werde. "Eine Achtklässlerin versichert", so Ickler, "dass sie unter ihren Klassenkameradinnen mit zwei Adjektiven auskomme: cool (,gut') und schwul (,schlecht')." Man könne es als Zeichen von "Gesundheit ansehen, dass so viele junge Menschen sich aus natürlicher Schamhaftigkeit weigern, sprachlich über ihre Verhältnisse zu leben". Die Sprache diene im Alltag immer mehr als Instrument nüchterner Verständigung, sie werde rationalisiert und entzaubert. Andere Funktionen der Sprache, so Ickler, wanderten in andere Bereiche ab, beispielsweise in die Welt der Musik und der Bilder.

Icklers Bemerkungen erklären, warum viele neuere Inszenierungen von Shakespeares Komödien an Filme des finnischen Lakonikers Aki Kaurismäki erinnern. Aus Sprache "erklärt", mit Rede skizziert sich kein Mensch mehr. Aus einem Satz folgt keine Tat mehr. Welterschaffung aus dem Wort war Shakespeares Programm; Selbstbewahrung durch Schweigen ist das Programm der Zukunft. Es ist eine Sache der Würde, die eigene Rede nicht zu schmücken. Dem Rhetoriker wird misstraut: Texte mich nicht zu! Credibility stellt sich anders her, durch Präsenz, Undurchdringlichkeit, Körperlichkeit, durch das, was Rainald Goetz die darken vibes nennen würde.

Und während so aus der (Theater-)Sprache die überschüssigen Schönheiten, Reichtümer, Vieldeutigkeiten in andere Felder - Film, Musikclip, Werbung, Mode, Tanz, Sport - abwandern, sehen wir, wie von dort im Tausch Kräfte zum Theater hinüberwandern. Das Theater als Modenschau & Rockkonzert & Werbespot & Turnier & Comic, als Rundumbewirtung für alle Sinne unter abendeweise wechselnden Motti, zum Beispiel mit Shakespeare. Deshalb muss ein guter Shakespeare-Spieler heute fast alles können, sprechen aber nicht."

(...)

(Peter Kümmel)
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Th. Ickler


eingetragen von Theodor Ickler am 14.02.2002 um 14.04

Hier geht es eigentlich um zwei Erscheinungen. Einmal um die Kasusrektion von unter und über. Vor Mengenangaben verliert sich hier die präpositionale Funktion in gewissen Fällen (die Band 9 des Großen Duden ganz treffend darstellt), so daß die Kasusmarkierung dann wegfällt. Zum andern geht es darum, daß bei Zusammensetzungen wie sechzehnjährig gewissermaßen regelwidrig der erste Teil durch jenes unter modifiziert zu werden scheint, obwohl doch der erste Teil eines Kompositums für solche Operationen nicht zur Verfügung steht. Das ist ähnlich beim Komparativ: längerdauernd als drei Tage usw. Was soll man dazu sagen? Übergangserscheinungen ... Die konsequente Bindestrichschreibung wäre pedantisch und kann auch nicht alle Probleme lösen.
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Th. Ickler


eingetragen von J.-M. Wagner am 14.02.2002 um 13.42

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Theo Grunden
Am 14.2.02 in "meiner" Tageszeitung: »... , denn die Alkoholabgabe an unter 16-Jährige bleibt ja verboten.«

Hier geht es um »Personen unter 16 Jahre(n)« (wer hilft mir mit dem »n«?), also müßte (im Prinzip) die Kurzform »Untersechzehnjährige« korrekt sein, und reformgemäß wäre »Unter-16-Jährige« zu schreiben - stimmt's?
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Jan-Martin Wagner


eingetragen von Theo Grunden am 14.02.2002 um 12.09

Am 14.2.02 in „meiner“ Tageszeitung: „ ... , denn die Alkoholabgabe an unter 16-Jährige bleibt ja verboten.“

Trotz mir hierzu vorliegender „Unbedenklichkeitsbescheinigung“ einer bekannten Sprachberatung komme ich mit der Formulierung „an unter 16-Jährige“ nicht klar. Wenn das - abgesehen von der reformierten Schreibung - so richtig wäre, dann müßte doch auch „an unter Sechzehnjährige“ stimmen, oder?

Dann aber könnte die Personalabteilung einer Weltfirma auch nach über Zweisprachigen suchen, könnten Limerickfreunde sich für unter Sechszeiler, Zupfmusiker für über Dreisaiter, Autofreunde für über Zweizylinder, und Biologen für unter Tausendfüßler (und Neugierige wie ich sich für eine weitere Sprachberatung) interessieren.

P.S.: Unabhängig davon sollte man unter über Sechzehnjährigen öfter mal über unter Sechzehnjährige nachdenken.


eingetragen von Theodor Ickler am 06.02.2002 um 04.27

Ich hoffe sehr, daß der ausgezeichnete Leserbrief von Herrn Lachenmann veröffentlicht wird.

Was sein Postskript betrifft, so war die Sache die: Ein Hörfunkinterview des Bayerischen Rundfunks mit mir, das ich selbst nicht gehört habe, ist - vielleicht aufgrund von Verkürzungen - von einem Nachrichtenagenten so mißverstanden worden, als hätte ich besagte Forderung aufgestellt: die Reform gelten lassen und nach zehn Jahren zurücknehmen, statt: die Reform zurücknehmen und die Neuschreibungen (in den Schulen) noch zehn Jahre gelten lassen. So hat es dann falsch in vielen Zeitungen gestanden, und das hat der Briefpartner dann als meine Meinung zitiert.
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Th. Ickler


eingetragen von Walter Lachenmann am 05.02.2002 um 22.04

Leserbrief an die SZ
Wie sich ein Journalist das Börsenblatt vorstellt

In der Süddeutschen Zeitung vom 5. Februar 2002, Berliner Seite, schreibt der Journalist Eberhard Schade einen Artikel über den Schriftsteller Rudolf Lorenzen, der - so der Beitrag - bisher zu Unrecht weniger Erfolg hatte als der gleichaltrige Günter Grass und nun im Alter von 80 Jahren wiederentdeckt wird. Man mag Herrn Schade gerne glauben, daß Lorenzen das verdienen würde und daß die Chancen dafür nicht schlecht stehen. Aber die Anzeichen, die Schade für diese Prognose erkannt zu haben glaubt, sind seltsam. Mit seinem neu aufgelegten Roman gehe Lorenzen »im März auf Lesereise«. Das allein verbürgt bekanntlich noch gar nichts. Aber Schade hat noch einen Hinweis auf den späten Erfolg ausgemacht: »Noch nicht mal im Handel, steht er (der neu aufgelegte Erstlingsroman) im Börsenblatt weit oben.«
Wie darf man sich das vorstellen? Herr Schade hat wohl irgendwie einmal etwas davon gehört, daß es im Buchhandel ein »Börsenblatt« gibt. Er weiß eindeutig überhaupt nicht, was das ist. Aus der Vermutung, die er sich nun halt mal so zusammenreimt, macht er mit dem Gestus des wohlinformierten Journalisten eine Nachricht für seine Leser. Diese wissen vermutlich ja auch nicht so genau, was es mit dem »Börsenblatt«, das immer wieder im Zusammenhang mit dem Buchhandel genannt wird, auf sich hat.
Er stellt sich offenbar vor, daß es da so eine Art Börse gibt, in der auf noch nicht erschienene Bücher gewettet wird, wie etwa an der richtigen Börse bei Termingeschäften der Wert der nächsten Kaffee- oder Bananen-Ernte im voraus gehandelt wird. Und im Börsenblatt reißen sich in seiner Vorstellung die Buchhändler im vorhinein um die noch nicht erschienenen Bücher, so entsteht eine Art Börsenkurs für jedes Buch, sozusagen eine Beststellerliste im voraus.
Nichts von alledem. Das Börsenblatt heißt aus alten Zeiten einfach noch so, als es tatsächlich Bücherbörsen in Frankfurt und Leipzig gegeben hat. Heute ist es ein zweimal pro Woche erscheinendes Branchenblatt mit fachbezogenen Nachrichten und einem ausführlichen Anzeigenteil.
»Im Börsenblatt weit oben...« ist schlicht und einfach eine Erfindung und inhaltsloses Geschwafel, es gibt dort noch nicht einmal für lieferbare Bücher eine Bestsellerliste, schon gar nicht für noch nicht erschienene, wie sollte das auch möglich sein.
Interessant ist bei dieser Geschichte, wieder einmal zu beobachten, wie oft man bei solchen Zeitungsberichten, wo man über das Berichtete selbst einigermaßen informiert ist, die Erfahrung macht, daß sich die Journalisten ihre Weisheiten einfach so aus den Fingern saugen und dies mit der Pose des »Informierten« den Lesern vorsetzen, in der Hoffnung, die wüßten es ja doch auch nicht besser.
Wer diese Erfahrung oft genug gemacht hat, weiß schließlich, welchen Wahrheitsgehalt er der durchschnittlichen Zeitungsnachricht füglich unterstellen darf: Vielleicht ist sie wahr, vielleicht auch nicht. Wir sind eine Informationsgesellschaft, die in Wahrheit im Nebel stochert.

P.S.: Insofern gehört die Geschichte doch hierher, als man bei den Berichten der SZ über die Rechtschreibreform in ähnlicher Weise völlig falsche Informationen zu lesen bekam, zuletzt in einem Beitrag Ende 2001. In einer privaten Korrespondenz meinte der Autor, der »kluge Mann« Theodor Ickler habe doch selbst vorgeschlagen, die Reform zehn Jahre beizubehalten und danach zur alten Rechtschreibreform zurückzukehren [womit sein Kompliment doch ziemlich relativiert wird!]. Mit solcher »Sachkenntnis« setzen sich diese Leute dann hin und produzieren Meinung. Da die SZ als »seriös« gilt, glauben es die Leser.

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Walter Lachenmann


eingetragen von Theodor Ickler am 25.01.2002 um 04.43

Das ist einer der bekanntesten Anglizismen, unter denen die Sprachwissenschaft leidet, und zwar seit den schlampigen Chomsky-Übersetzungen der sechziger Jahre. Damals konnte es auch geschehen, daß verhältnismäßig alltagssprachliche Ausdrücke wie "competence" und "performance" ins Deutsche entlehnt wurden und dort als vielbestaunte Termini Karriere machten. Die unterliegende Banalität vieler Chomskyscher Sätze wurde dadurch lange Zeit verschleiert.
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Th. Ickler


eingetragen von Elke Philburn am 25.01.2002 um 00.14

Ich nehme mal an, underlying heißt auf Neuschreib zugrunde liegend oder zu Grunde liegend? (Nicht, daß der Ausdruck dadurch eine klarere Bedeutung erhielte.)


eingetragen von Reinhard Markner am 25.01.2002 um 00.02

In einem sehr klugen Artikel schreibt der Berliner Städtebauer Dieter Hoffmann-Axthelm über das Verhältnis von SEW und PDS: »Die unterliegenden personellen Kontinuitäten sind noch gar nicht so lange aus dem Spiel.« Er meint The underlying continuities . . .
(F.A.Z., Berliner Seiten, 23. 1. 2002)


eingetragen von Elke Philburn am 21.01.2002 um 20.40

Es gibt ja solche Dinge wie Kinder Surprise oder Alpen-Musli (sprich: 'mjuhsli'), aber von einem Youth Corner ('juuhs korner'?) habe noch nichts gehört.


eingetragen von Theodor Ickler am 21.01.2002 um 15.58

In der Weltstadt Neuss gibt es, wie zu vermuten, eine Stadtbücherei und darin, wie ich zufällig lese, eine Jugendecke. Sie heißt "die Young Corner" und ist sehr beliebt.

Frage an Frau Philburn: Heißen die Jugendecken der englischen Stadtbibliotheken auch so? Oder am Ende gar "the Jugendecke"?
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Th. Ickler


eingetragen von Thomas Paulwitz am 21.01.2002 um 14.50

Es ist leider so, daß negative Nachrichten eher aufgegriffen werden, als positive. Siehe Unwort, Sprachpanscher usw. Wir versuchen, mit dem "Sprachwahrer" dagegenzuhalten, wissen freilich, daß das im Medienzirkus eher untergehen wird.

Ich schätze, daß Prof. Schlosser etwa 20 Minuten Zeit in seine Unwort-Kür samt Begründungen gesteckt hat. Mit so wenig Aufwand so viel Aufmerksamkeit!
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Thomas Paulwitz
http://www.deutsche-sprachwelt.de


eingetragen von Theodor Ickler am 21.01.2002 um 14.12

Die diesjährigen "Unwörter" aus den heutigen Pressemitteilungen setze ich lieber nicht hierher, sie sind noch blöder ausgewählt und kommentiert als sonst, und das will etwas heißen. Es ist erschreckend, mit was für wichtigtuerischem, seicht-moralisierendem Quatsch diese Leute immer wieder in die Medien gelangen. Man bedenke doch: Das Wort Topterrorist sei "extrem verharmlosend als Bezeichnung für einen mutmaßlichen (! - auch das noch! Th. I.) Massenmörder"! Und die Hauptnummer Gotteskrieger? Ja, glaubt denn im Ernst jemand, daß dieses Wort hierzulande anders als ironisch gebraucht wird?

Daß es nur darum geht, unter dem Deckmantel der Sprachkritik bestimmte politische Positionen darzustellen, war ja schon 1998 kraß deutlich geworden, als eingestandenermaßen Rechtschreibreform das am häufigsten vorgeschlagene Unwort des Jahres 1997 war und dennoch nicht berücksichtigt wurde. Man braucht sich ja bloß die Jury anzusehen: Hoberg ...
– geändert durch Theodor Ickler am 23.01.2002, 05.59 –
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Th. Ickler


eingetragen von Elke Philburn am 13.01.2002 um 22.41

Zitat:
Die Ehe scheint altmodisch geworden zu sein und wird öffentlich als out deklariert.


Tatsächlich? Ich sehe um mich herum immer noch erstaunlich viele Leute, die heiraten, oft mit großem Trara in der Kirche und all dem Hochzeitskitsch, der traditionell dazugehört.

Oft geht es dabei um nicht mehr als das Ritual und die romantischen Vorstellungen, die damit verbunden sind. Spätestens wenn die Leute einen Ehevertrag abschließen, damit später einmal keiner den anderen besch***en kann, ist die Sache hinfällig und verkommt zur Farce.


eingetragen von J.-M. Wagner am 12.01.2002 um 20.22

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Theodor Ickler
Der scheinbar ganz neutrale Text erzeugt also eine gewisse Tendenz. Allerdings entschuldigt das nicht die unfaßbar doofe Antwort eines so großen Haufens, selbst wenn manche nur aus Jux so geantwortet haben sollten. Man fragt sich da schon mal, ob sich die ganze Mühe lohnt, die wir uns mit der Rechtschreibung machen.
Etwas ähnliches habe ich mich gefragt, als ich im neuen Gästebuch auf folgende Bemerkung zur "neuen" s-Schreibung stieß:

»Zweitens rechne ich auch damit, dass oft das ß weggelassen wird, weil sich jemand nicht über die Neuregelung informiert hat, oder nur unzureichend. Drittens kann das noch mangelnde Routine sein, weil jemand die an sich einfache Regelung noch nicht wirklich begriffen hat.«

Ja wie einfach müssen denn neue Regeln sein, damit sie wirklich begriffen werden? Wenn die Begriffsstutzigkeit schon bei dieser Regel so hoch ist - warum verzichtet man dann nicht ganz auf eine Simplifizierung der Regeln und legt stattdessen solche fest, die zu wirklich gut lesbaren Texten führen (* seufz *)?

( Vorsicht, Satire)
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Jan-Martin Wagner


eingetragen von Manfred Riebe am 12.01.2002 um 14.16

Dialektisch müßte man fragen: "Dürfen Alt-68er ganz Deutschland regieren?"

Ein kleiner Rückblick:
Der Grundstein der 68er Bewegung wurde gelegt, als die politische Kultur der Bundesrepublik durch die Fixierung auf ökonomische Werte, Kleinbürgertum und eine Ritualisierung der Politik auszutrocknen drohte. Die Reaktion der APO ist bekannt: Ablehnung des "Muffs von tausend Jahren", die energische Forderung und Demonstration von alternativen Lebensformen. Die 68er drängten auf die Vergrößerung ihres Freiheitsspielraums und setzten sich für den Frieden in der Welt ein. Das Establishment hatte damals kein Verständnis für Sit-Ins, Teach-Ins, freie Liebe ("Wer zweimal mit demselben pennt, gehört schon zum Establishment", Lesben, Schwule und Singles sind gleich), gelebten Pazifismus und ein neues Bildungsideal (z.B. antiautoritäre Erziehung, Rechtschreibreform, aber Denkverbote für Tabuthemen).

Die Protest-Bewegung hat nach 30 Jahren ihren Marsch durch die Institutionen endgültig abgeschlossen. Haben die Protagonisten dieser Jugendbewegung früher mit Steinen nach der Polizei geworfen, so sitzen sie heute mit Gerhard Schröder und Joschka Fischer sogar in der Bundesregierung. Beide leisteten ihren Amtseid ohne den Satz "So wahr mir Gott helfe."

Zu den Auswirkungen dieser antiautoritären, wertezerstörenden Ideologie gehört nicht nur die Rechtschreibreform:
Fast jede zweite traditionelle Familie aus Mutter, Kindern und Vater zerbricht. Die Ehe scheint altmodisch geworden zu sein und wird öffentlich als out deklariert. Die heute in den Führungsetagen von Politik und Wirtschaft sitzende Riege der sogenannten Alt-68er hat an diesem Ziel seit den Studentenrevolten ihrer Jugendzeit gearbeitet und geht bis heute mit Joschka Fischer und Gerhard Schröder als leuchtendes Beispiel für Mehrfach-Ehescheidungen voran.


eingetragen von Reinhard Markner am 12.01.2002 um 11.47

Die Frage müßte eigentlich lauten : »Darf ein Bayer . . . ?« Karlsruhe, nicht F-Aufdraht sollte die Frage klären.


eingetragen von Theodor Ickler am 12.01.2002 um 08.45

Schlaglicht auf die Deutschen und ihre Medien:

Bei T-Online kann man sich zu der ungemein geistreichen Frage äußern "Kann ein Bayer ganz Deutschland regieren?"

Nur wenig mehr als die Hälfte der Teilnehmer antwortet immerhin mit "Warum nicht?", aber gut 35 Prozent sagen "Nie und nimmer". (53 Prozent würden übrigens Stoiber direkt zum BuKa wählen, 35 Prozent Schröder.)

Interessant an diesem deprimierenden Schwachsinnn ist vielleicht die sprachliche Seite. Indem man eine solche Frage formuliert, stellt man es - ohne ausdrücklich Stellung zu nehmen - als höchst problematisch hin, daß ein Bayer (na so was! ein Bayer!) GANZ (!) Deutschland regiert. Jetzt wollen die Bayern schon ganz Deutschland regieren, unerhört! (usw.)

Der scheinbar ganz neutrale Text erzeugt also eine gewisse Tendenz. Allerdings entschuldigt das nicht die unfaßbar doofe Antwort eines so großen Haufens, selbst wenn manche nur aus Jux so geantwortet haben sollten. Man fragt sich da schon mal, ob sich die ganze Mühe lohnt, die wir uns mit der Rechtschreibung machen.

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Th. Ickler


eingetragen von Theodor Ickler am 12.01.2002 um 07.46

Lutz Röhrich: Lexikon der sprichwörtlichen Redensarten. Freiburg 1994.

Aus dem Vorwort:

Redensarten vermitteln Vorurteile, zum Beispiel über andere Völker. Sie sind trotzdem aufgenommen, aber:

"Bei einem anderen Stichwort hatte das Herausgeberteam weitaus größere Bedenken. So fehlt ein Stichwort 'Jude, jüdisch'. Die zu diesem Umfeld gehörigen Sprichwörter und Redensarten sind zahlreich. Überwiegend enthalten sie Negativ-Aussagen. Sie sind der sprachliche Niederschlag jahrhundertelanger Judenverfolgung und sie lieferten auch der Nazipresse die sprachliche Munition. Um eine Perpetuierung dieses Wortschatzes nicht zu fördern, um einen eventuellen Rücklauf antijüdischer Sprichwörter und Redensarten in jedem Fall zu verhindern, werden sie hier nicht aufgeführt. (...) Zum Glück sind Redensarten dieser Art aus dem Sprachgebrauch der jungen Generation verschwunden, und sie sollten auch nicht muwillig wieder aus der Versenkung geholt werden. Dazu wollte dieses Lexikon jedenfalls keine Handreichung bieten." (S. 21)

Andererseits werden frauenfeindliche Redensarten durchaus verzeichnet; sie sollen den Leser "sensibilisieren". Das Lexikon verzeichnet auch nicht nur gegenwartssprachliches Material, sondern will bei der Lektüre älterer Texte helfen, indem es "heute ausgestorbene Redensarten" erklärt (S. 44) Der Verfasser distanziert sich auch von Wörterbüchern, die einen Bogen um den obszönen Wortschatz machen. (S. 47)

Der Umgang mit den antisemitischen Redensarten zeigt: Während Röhrich sie kennt und dadurch offenbar keinen Schaden genommen hat, hält er seine Leserschaft für so ungefestigt, daß sie durch antisemitische Redensarten ideologisch beeinflußt werden könnte. Die Folge ist, daß ein ganzer Teil des geschichtlichen Hergangs unterdrückt wird. Die deutsche Sprache, ja die ganze deutsche Sittengeschichte wird gereinigt und reingewaschen, damit aber auch verfälscht. Bei besten Absichten ein orwellsches Umschreiben der Wahrheit im Dienste korrekter Gesinnung. So etwas ruft zwangsläufig Widerstand hervor - und den müßte Röhrich vielleicht stärker fürchten als die Verführbarkeit eines doch eher hochgebildeten Publikums (denn wer erwirbt schon ein mehrbändiges Speziallexikon dieser Art?).

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Th. Ickler


eingetragen von Elke Philburn am 11.01.2002 um 05.01

Zwei Emanzen sitzen im Restaurant. Sagt die eine zur anderen: "Kannst Du mir mal bitte die Salzstreuerin geben?"


eingetragen von Walter Lachenmann am 09.01.2002 um 08.14

Th. Ickler: »Tatsachen interessieren nicht, Gesinnung ist alles.«

Oder: »Alle meine Überzeugung ist nur Glaube, und sie kommt aus der Gesinnung, nicht aus dem Verstande.«
(Fichte)

Was bedeutet dies für unsere eigenen Überzeugungen bzw. unseren Umgang mit ihnen?
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Walter Lachenmann


eingetragen von Theodor Ickler am 09.01.2002 um 04.38

Aber Frau Philburn! Schauen Sie doch mal ins Internet unter diesem Stichwort. Und außerdem fangen alle deutschsprachigen Verlautbarungen zu diesem Thema mit der Feststellung an, daß es zum englischen Ausdruck keine deutsche Entsprechung gibt, weshalb man eben bei der englischen Bezeichnung dieser weltumspannenden Bewegung bleibe.
Es geht um nichts Geringeres als einen völligen Umsturz unseres Denkens, Fühlens und Handelns, nur vergleichbar mit der weltweiten Durchsetzung des Christentums.

Linguisten sind auch betroffen. Hadumod Bußmann hat schon vor Jahren gefordert, die Sprachwissenschaft müsse ein Gleichgewicht anstreben "zwischen linguistischer Redlichkeit und weiblicher Parteilichkeit" (Genus, S. 144). Das schließt logischerweise Abstriche an der linguistischen Redlichkeit ein.

Die Ergebnisse stehen fest, bevor die Untersuchung beginnt. Wenn man jenes Papier der Bundeszentrale liest, dessen Adresse ich angegeben habe, erfährt man zum Beispiel, daß als Folge des Nahostkonflikts in israelischen Familien die Vergewaltigungen zugenommen haben. Hätten Sie's gewußt? Tatsachen interessieren nicht, Gesinnung ist alles. Objektivität zu fordern ist ein männliches Vorurteil; das haben uns die Feministinnen (Möhrmann usw.) eingebleut, und wers nicht glaubt, ist ein Verfassungsfeind.
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Th. Ickler


eingetragen von Elke Philburn am 08.01.2002 um 21.45

... is gender mainstreaming?

(Doch wohl kein Eupheminismus?)


eingetragen von Theodor Ickler am 08.01.2002 um 19.29

Fall sich jemand für "Gender Mainstreaming" interessiert - ein erklärtes Ziel der SPD/PDS-Koalition -, kann er auf viele Informationsquellen zurückgreifen. Besonders empfehlenswert ist vielleicht eine Internetseite, auf der die Bundeszentrale für politische Bildung darlegt, wie sie sich die Umwandlung in eine "gegenderte" (Originaltext!) vorstellt:

http://www.bpb.de/gender/body_gender_ziele.html

Davon wird auch die deutsche Sprache betroffen sein; sie soll ebenfalls gegendert werden.
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Th. Ickler


eingetragen von Christian Melsa am 06.01.2002 um 20.52

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Michael Krutzke
Frage an die Betreiber von "rechtschreibreform.com" und - hier ja auch häufig vertreten - den VRS: Planen Sie ein eigenes Forum zu allgemeinen Fragen der Sprache? Nachdem die profiliertesten Diskutanten das DSW-Forum verlassen haben, würde ich einen Ersatz hier oder beim VRS (oder an beiden Stellen) sehr begrüßen.

So ein Zufall, daß Sie das gerade jetzt ansprechen, denn soeben ist die VRS-Internetseite (www.vrs-ev.de) online gegangen - oder onlinegegangen? Oder vielleicht am besten: aufdrahtgegangen?

Natürlich ist das Angebot erstmal noch recht minimal, aber an ein Forum haben wir auch schon gedacht. Mal sehen, wie sich das technisch einfach realisieren läßt. Früher oder später wird es das wahrscheinlich geben.


eingetragen von Michael Krutzke am 06.01.2002 um 17.48

"Unternehmungsvitalisierung im Sinne einer Initiierung von Flexibilität und Innovationsfähigkeit und eine vitale interne Unternehmungskommunikation sind angesichts dynamischer Umweltherausforderungen eine conditio sine qua non für eine zukunftsorientierte Unternehmungsführung. Beide Phänomene weisen ein reziprokes Verhältnis auf, wonach zum einen eine offene Kommunikationsstruktur und -kultur einen erheblichen Beitrag zur Unternehmungsvitalisierung leisten kann, zum anderen aber auch bestimmte Vitalisierungsmerkmale vorzufinden sein sollten, um durchgängige Kommunikationsprozesse zu ermöglichen. Im Rahmen einer Unternehmungsbefragung am Institut für Unternehmensplanung der Universität Hannover wurde der hohe Stellenwert der Unternehmungsvitalisierung und internen Kommunikation für die langfristige Fortschritts- und Überlebensfähigkeit von Unternehmungen herausgearbeitet."

Aus "zfo" (Zeitschrift Führung und Organisation) 6/2001: "Unternehmungsvitalisierung und interne Unternehmungskommunikation".

zfo-Aussage: Die Zeitschrift "... unterstützt den Dialog zwischen Wissenschaft und Praxis". Autoren werden u.a. folgende Hinweise gegeben:

- Sie formen einfache, unverschachtelte Sätze.
- Sie benutzen verständliche Wörter, vermeiden oder erklären Fachausdrücke, Fremdwörter und Abkürzungen

Alles klar?

Ob es wohl auch ein Revitalisierungsverfahren zur Gewinnung reifen Weizens aus leerem Stroh gibt? Man sollte aber auf reziproke Verhältnisse gefaßt sein ...


Frage an die Betreiber von "rechtschreibreform.com" und - hier ja auch häufig vertreten - den VRS: Planen Sie ein eigenes Forum zu allgemeinen Fragen der Sprache? Nachdem die profiliertesten Diskutanten das DSW-Forum verlassen haben, würde ich einen Ersatz hier oder beim VRS (oder an beiden Stellen) sehr begrüßen.


eingetragen von Reinhard Markner am 04.01.2002 um 09.50

. . . 1977 nämlich. Aber auf jeden Herbst folgt auch wieder ein Frühling.


eingetragen von Theodor Ickler am 04.01.2002 um 03.45

Zur Zeit erleben wir eine inflationäre Verwendung des Wortes Terrorist. Der Kriegsgegner in Afghanistan sind die Terroristen, mit Terroristenführern usw. Die deutsche Kriegsmarine ist nach Somalia ausgelaufen, zur Bekämpfung von Terroristen. Eine erste Folge dieser Sprachregelung scheint mir zu sein, daß gegenüber Terroristen ("tot oder lebendig!") das Kriegsrecht nicht gilt. Wo es um die Abwendung einer unmittelbaren Gefahr geht, handelt es sich um eine Art Notwehr.
Bei Paperball findet man Tag für Tag mehrere hundert Belege für "Terrorist", obwohl die Zahl der Terroristen wahrscheinlich gar nicht zugenommen hat.
Man müßte die gesamte sprachliche Darstellung des Konfliktes seit dem 11. September einmal zusammenhängend untersuchen.
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Th. Ickler


eingetragen von Elke Philburn am 21.12.2001 um 06.22

Ein eher unpassendes Wort, das ich mit einer Art "Grundausrüstung" für den Amateur oder Anfänger assoziiere. Kann bisweilen auch ziemlicher Schund sein.

Zitat:
(Beutelchen las ich heute morgen)

Wie wäre es mit Goodie-Box? (Eines meiner Haßwörter, nachdem ich mal einen Lehrerfortbildungskurs belegt habe, bei von uns erwartet wurde, für unsere Utensilien so ein farbiges Plastikkästchen mit abnehmbarem Deckel herumzuschleppen. ("Has everyone brought their goodie-boxes?") Vor solchen Infantilisierungsversuchen ist man selbst auf der Insel nicht gefeit.)


eingetragen von Theodor Ickler am 20.12.2001 um 12.36

Starter Kit (auch mit Bindestrich oder ganz zusammengeschrieben) finde ich zwar auch blöd, weil Kit bestimmt ziemlich unbekannt ist, aber bevor man sich nun was Deutsches einfallen läßt (Beutelchen las ich heute morgen), ist das Ereignis vorbei, und niemand interessiert sich noch dafür. Das ist ja mit manchen Computerausdrücken ebenso.
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Th. Ickler


eingetragen von Michael Krutzke am 20.12.2001 um 11.59

Ich hatte Gelegenheit, das Geschehen im DSW-Forum kurz vor Beginn der "Umbaumaßnahmen" (17.12.01, ca. 10 Uhr) zu verfolgen. Nachdem Frau Philburn Tage zuvor angefragt hatte, was die DSW-Verantwortlichen über einen Link von "www.deutsches-reich.de" zur DSW-Homepage wohl dächten und ob sie sich davon nicht distanzieren wollten, konfrontierte ein Forumsteilnehmer die DSW-Schriftleitung mit Informationen, denen zufolge wenigstens ein DSW-Verantwortlicher enge Verbindungen zur braunen Szene habe. Im Laufe der Auseinandersetzungen verabschiedeten sich Herr Ickler, Frau Philburn, die Herren Markner, Schäbler und Lachenmann aus dem Forum. (Habe ich jemanden vergessen? Ich habe keine Aufzeichnungen, und das Forum wird ja derzeit umgebaut ...) Ach ja - es wurde auch angekündigt, daß der VRS ein alternatives Forum plane. Diese Entwicklung begrüße ich und hoffe, daß die Einrichtung eines Forums für allgemein-sprachliche Themen recht bald erfolgt (vom VRS oder auf der rechtschreibreform.com-Homepage). Vielleicht könnten die Diskutanten ihre wegen des (DSW-) "Umbaus" nun nicht mehr sichtbaren Beiträge dort noch einmal veröffentlichen.


eingetragen von Christoph Kukulies am 20.12.2001 um 11.24

Seit Tagen ist das Forum auf der DSW Seite außer Betrieb. Weiß jemand, warum?

Ich wollte eigentlich eine Beobachtung loswerden, die ich gemacht habe, als jetzt diese sogenannten "Starter-Kits" mit Euromünzen ausgegeben wurden. In den WDR Nachrichten wurde die GfDS damit zitiert, daß sie gegen den Begriff Starter-Kits zu Felde ziehe und man Kennenlernpäckchen oder so ähnlich verwenden solle.

Es ist zwar schon fast zu spät, sich darüber jetzt noch Gedanken zu machen, aber wem fällt eine gute muttersprachliche Beschreibung dieses Gegenstandes ein?

Erstausstattung?
Grundvorrat?
Startgeld?
Startkapital?

In der FAZ wurde berichtet, daß diese Päckchen in einem Online-Auktionshaus schon weit über Wert gehandelt werden.
Ungeöffnet, versteht sich.

Allen ein schönes Weihnachtsfest.




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Christoph Kukulies


eingetragen von Thomas Paulwitz am 23.10.2001 um 14.44

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Christian Melsa
...aber der ist ja schnell wieder geflickt worden.

Dann können wir es uns ja in unserer selbstverschuldeten Unmündigkeit wieder gemütlich machen.


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Thomas Paulwitz
http://www.deutsche-sprachwelt.de


eingetragen von Christian Melsa am 23.10.2001 um 12.53

...aber der ist ja schnell wieder geflickt worden.


eingetragen von Thomas Paulwitz am 23.10.2001 um 08.30

Eine interessante Frage: Wie konnte es nur geschehen, daß sich die Wirklichkeit den Weg durch die Medien bahnen und auf uns einstürzen konnte?

Ein antirealistischer Schutzwall scheint eingebrochen zu sein...
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Thomas Paulwitz
http://www.deutsche-sprachwelt.de


eingetragen von Elke Philburn am 22.10.2001 um 18.09

Ein Strang, in dem Themen außerhalb des Bereichs Rechtschreibreform abgehandelt werden können, ist doch völlig legitim.

Letzten Endes geht es ja auch hier wieder um Sprache. Und ich finde diese erzwungenen Leidensmienen von Leuten, die persönlich überhaupt keinen Schaden erlitten haben, ziemlich daneben.

In Manhattan stürzten die Türme und auf uns die Wirklichkeit ein - ach wir Armen!


eingetragen von Walter Lachenmann am 22.10.2001 um 14.30

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Thomas Paulwitz
Die Begründung liefern Sie selbst mit einem ähnlich durchdachten Satz: "Es gehört nicht hierher, aber dennoch..."

Also durchdacht war dieser Satz schon, aber Sie meinen einen anderen Widerspruch. Meinetwegen.
Nur verkaufe ich meine tiefgründigen Aussagen nicht, nehme keine geistige oder intellektuelle Autorität für mich in Anspruch, sondern denke nur manchmal für manche Leute etwas zu laut.

Da kann Löschen helfen, aber nur, wenn man an der Spritze sitzt.


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Walter Lachenmann


eingetragen von Thomas Paulwitz am 22.10.2001 um 14.17

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Walter Lachenmann
«Der Tag, an dem ein Übermaß an Wirklichkeit auf uns einstürzte.»
Was soll mit einem so von vorn bis hinten völlig unsinnigen Satz eigentlich erreicht werden? Warum sagen die »klugen« Leute nicht einfach einmal gar nichts? Verschlägt es denen niemals die Sprache?


Die Begründung liefern Sie selbst mit einem ähnlich durchdachten Satz: "Es gehört nicht hierher, aber dennoch..."
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Thomas Paulwitz
http://www.deutsche-sprachwelt.de


eingetragen von Walter Lachenmann am 22.10.2001 um 13.32

So fassungslos sind wir nun auch wieder nicht, um auf dem Buchmarkt nicht sofort und so reißerisch wie möglich unsere Geschäftchen machen zu wollen.

Scherz Verlag:
Afghanistan - vermint, vereist, verheerend.
Tom Carew:
In den Schluchten der Taliban.
Erfahrungen eines britischen Elitesoldaten in geheimer Mission.
«Die Afghanen sind respektgebietende Feinde. Ich weiß, wovon ich rede. Wir Westler haben ihnen einiges gezeigt.» (Tom Carew). Tom Carew hat die afghanische Guerilla ausgebildet und an ihrer Seite gekämpft. Er beschreibt seine Erfahrungen in den «Schluchten Afghanistans» und zeigt, warum die USA mit ihren Nato-Bündnispartnern nie einen Landkrieg gegen die Taliban gewinnen können.
Das Titelbild zeigt einen jungen Blondmann im Kampfanzug mit schußbereiter MG, über den Augen liegt ein schwarzer Balken wie bei Verbrecherfotos, wo man die Polizisten nicht erkennen soll. Das sieht natürlich brisant aus, den Burschen allerdings würde ich sofort erkennen, wenn er mir in Afghanistan begegnen würde.
Aber so verkauft man Bücher.

Auch so:
Der Umschlag ist ganz schwarz, würdevoll. Darauf stehen in weißer Schrift nur drei ergreifende Zeilen:

Dienstag
11. September
2001


Und dann natürlich noch Rowohlt.

Man wird ganz ernst gestimmt bei so viel typographischer Trauer. Die Autoren sind auch alle ganz ernsthafte Leute: u.a. Toni Morrison, Paul Auster, Irene Dische, Naomi Bubis, Rolf Hochhuth, Ulrich Wickert, Ralph Giordano, Klaus Harpprecht, John Updike.
Im Börsenblatt ist eine ganze Seite, ebenfalls tiefschwarz mit weißer Schrift, der durch den 11. September 2001 bei Susan Sontag ausgelösten Gedankentiefe gewidmet:

«Der Tag, an dem ein Übermaß an Wirklichkeit auf uns einstürzte.»

Was soll mit einem so von vorn bis hinten völlig unsinnigen Satz eigentlich erreicht werden? Warum sagen die »klugen« Leute nicht einfach einmal gar nichts? Verschlägt es denen niemals die Sprache?

Das Buch wird jetzt immerhin in 2. Auflage ausgeliefert. Für alle, denen zum 11. September 2001 selbst nichts einfällt und Nachhilfe im Trauern brauchen können.

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Walter Lachenmann


eingetragen von Walter Lachenmann am 13.09.2001 um 01.24

So viel Erschütterung war nie.

Wie entsteht Erschütterung? Im Kampf der Hutu gegen die Tutsi sind Menschen in einer Anzahl ums Leben gekommen, die niemand genau weiß. Millionen. In den Straßen und Büroetagen der europäischen Hauptstädte gab es damals keine auffallenden Veränderungen, keine Manifestationen der Betroffenheit oder der Trauer. Dabei handelte es sich durchaus um Menschen, Menschen wie du und ich, dunkler allerdings und auch in der Mentalität ziemlich anders. Man las davon in den Zeitungen, man erfuhr davon im Fernsehen. Schön fand das wohl niemand, aber es waren Neger untereinander, und es war weit weg. Unsere Existenz konnte das nicht ernstlich beeinträchtigen.
Es gab einige Erdbeben in Südamerika oder in der Türkei mit vielen Tausenden von Toten. Die Metropolen der Welt fanden dies auch nicht schön. Man war schon beeindruckt, die Bilder im Fernsehen waren spektakulär, Regierungen schickten Hilfe, heißt es. Man schickte sicherlich auch. Wer weiß, wem und wie geholfen wurde. Die Öffentlichkeit vergißt schnell. Von Trauer zu sprechen, wäre wohl gewagt, aber man sollte nicht ungerecht sein und man weiß ja nie, wie es dem Einzelnen ums Herz ist.
In Srebrenica, mit dem Flugzeug ein Katzensprung entfernt von uns, wurden - mit Wissen oder zumindest für Wahrscheinlichhalten der Weltöffentlichkeit - unter den Augen einiger UNO-Soldaten, deren Aufgabe der Schutz der Bevölkerung gewesen wäre, einige Tausend Männer abtransportiert und kurz darauf von den Serben ermordet. Man hat sich schon empört, aber die Empörung war kurz und blieb folgenlos, verpuffte in den Büroetagen der UNO und der Regierungen. Ärgerlicher wurde man dann schon, als UNO-Soldaten an Munitionsdepots gekettet wurden und bei weiteren Eingriffen der »westlichen Mächte« in die Luft gesprengt worden wären - zwar Einzelpersonen, aber unsere Leute sozusagen! Da zählt jeder Einzelne.
Auch bei den anderen Zerstörungs- und Mordorgien auf dem Balkan hielten wir den Atem ganz anders an, als bei den rein umfangmäßig viel verheerenderen Mordkatastrophen in Afrika oder seinerzeit bei Pol Pot, den Naturkatastrophen in Südamerika, Bangla-Desh, der Türkei. Der Balkan ist näher, die Leute gehören irgendwie schon zu uns, wer kennt nicht Leute aus Jugoslawien, in jeder Stadt gibt es Balkangrills und -restaurants, und wir essen gerne Serbisches Reisfleisch und Lustiger Bosniak. Das ist dann schon fast, wie wenn ein Bus mit Schülern in der Nähe von Wien verunglückt und ein Dutzend von Kindern, es könnten unsere sein, kommen dabei ums Leben. Das geht einem schon nahe.
Und wenn ein einzelner Unbekannter in China, in Iran, in USA zum Tode verurteilt und getötet wird, wissen wir es in den meisten Fällen gar nicht. Für jeden Einzelnen würde es sich lohnen, daß in den Metropolen der Städte für 10 Minuten alles innehält und ihrer in Anteilnahme gedenkt, denn all dies sind Akte der Unmenschlichkeit, egal, was der Beschuldigte getan hat. Der nigerianische Schriftsteller Ken Saro Wiwa, ein ideologisch völlig unabhängiger, hervorragender Schriftsteller, der wie kein anderer die Seele der Afrikaner in ihrer schwierigen Konfrontation mit den Einflüssen der »westlichen Kultur« einerseits und dem afrikanischen mentalen Erbe andererseits in einer über die kulturellen Grenzen hinaus nicht nur verständlichen, sondern auch eindringlichen, unterhaltsamen und sogar humorvollen Sprache zeichnen konnte, also Brücken hätte bauen können zwischen den Kulturen, wurde unter den Augen der Weltöffentlichkeit, unbeanstandet von den mit amerikanischen oder jedenfalls westlichen Wirtschaftsmanagern besetzten Chefetagen der Ölindustrie, die das Sagen hat in dieser Region, unbeanstandet auch von allen unseren Kultusministern und Staatspräsidenten mit ihren schönen Neujahrsreden, von den Regierenden seines Landes unter fadenscheinigen, verlogenen Vorwänden erhängt - wie Dietrich Bonhoeffer seinerzeit aufgrund eines Urteils, das ein ansonsten wohl im Großen und Ganzen korrekter, kleinbürgerlicher Richter in Flossenbürg, einer Anordnung aus Berlin in gewissenhafter Diensterfüllung folgend, über den ihm vermutlich eher unbekannten, von Intelligenz, Menschenliebe und Weltoffenheit gekennzeichneten Pfarrer Dietrich Bonhoeffer gefällt hatte.

Es lohnt sich, darüber nachzudenken, ob unsere Erschütterung, unsere Empörung, immer der Ausdruck tiefster Betroffenheit angesichts eines manifesten Unrechts gegen humanitäre Werte ist, oder ob sie sich graduell dazu verhält, wie ein Unrecht uns in unserer gegebenen Interessenlage bedroht.

Katastrophenszenarien wie die, die wir in den vergangenen Tagen aus New York live im Fernsehen gesehen haben, kennen notorische Fernsehzuschauer und Kinogänger doch schon längst. Was hat man sich an solchen »special effects« bisher, gemütlich beim Krombacher im Furzersessel fläzend, ergötzt! Die Bilder sind dieselben. Wenn die Bilder tatsächlich so erschütternd sind - weshalb hat man sich bisher nicht davon abgewandt, sich nicht über derlei empört? Niemand ist ihretwegen mit Kerzen in den Händen auf die Straßen gegangen, keine Regierungserklärungen gab es und keine Trauergottesdienste. Wäre der Konsens der Empörung gegen solche Gewalt ernst, wäre er ein dringendes Anliegen der Menschen, würde sich niemand solche Filme anschauen, sondern sich dagegen empören. Dann wäre die Empörung und Betroffenheit angesichts solcher Bilder, von denen man weiß, daß es Realität ist - glaubwürdiger will ich gar nicht einmal sagen - aber sinnvoller, stimmiger.

So wird es aber niemals sein, es bleibt immer alles, wie es ist, und so muß man sich auch nicht beklagen, aber vielleicht bei allem Fühlen das Denken nicht vernachlässigen.

Wie komme ich dazu, das hier zum Besten zu geben? Nun ja, sollte ich es etwa für mich behalten? Man kann ja auch mal über etwas anderes nachdenken als über ...
– geändert durch Walter Lachenmann am 14.09.2001, 19:20 –
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Walter Lachenmann


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