Forum (http://Rechtschreibung.com/Forum/index.php)
- Dokumente (http://Rechtschreibung.com/Forum/forumdisplay.php?forumid=1)
-- Aachener Zeitung (http://Rechtschreibung.com/Forum/showthread.php?threadid=283)


eingetragen von Richard Dronskowski am 18.09.2001 um 18.07

Im August 2000 erschien ein Kommentar in der Aachener Zeitung zur RSR (Titel: "Ende der Diskussion" - als ob es die je gegeben hätte!), der die AZ einen Abonnenten kostete; auf mein Kündigungsschreiben erwiderte der Chefredakteur:



"Es ist ja nicht so, dass die deutschen Tageszeitungen sich für die Rechtschreibreform entschieden haben, weil sie von ihr überzeugt sind und schon gar nicht, weil es, wie Sie es so schön formulieren, "die KMK es ja so befohlen" hat. Hier sogar einen Begriff wie "Demokratieverständnis" zu bemühen, ist schon eigenartig.

Die deutschsprachigen Zeitungen haben sich die Sache nicht einfach gemacht, sondern mussten in der Schweiz, in Österreich und in Deutschland eine einheitliche Regelung vereinbaren. Sie alle sind auf die deutschsprachigen Nachrichtendienste (dpa, Reuters, AP, ddp etc.) angewiesen. Auch die Agenturen haben sich einheitlich auf die neue Rechtschreibung geeinigt, um ein Chaos in der täglichen Arbeit zu vermeiden. Nicht zuletzt war es für uns alle nicht gerade ein schwaches Argument, dass die Schulen mit der Reform arbeiten. Sie wischen das mit der saloppen Bemerkung weg, das Regelwerk sei "ohnehin nur für die Schulen verbindlich". Die aber arbeiten regelmäßig mit unseren Zeitungen.

Wir haben das Entstehen der Rechtschreibreform mehrmals kommentiert und massiv kritisiert. Aber wir mussten einen Weg finden, der sich auch in der Praxis gehen lässt. Uns deshalb "Zivilcourage" abzusprechen, ist eine sehr verkürzte Betrachtungsweise unserer Arbeit. Man kann sie in Zusammenhang mit der Rechtschreibreform durchaus fordern, aber ich glaube, dass es andere Bereiche gibt, in denen tatsächlich Zivilcourage dringend nötig ist. Ich bin sicher, dass wir die von Ihnen reklamierte "kritische Haltung guter Journalisten gegenüber der Obrigkeit" an anderer Stelle schon oft bewiesen haben. Dafür brauchen wir aber nicht den Kampf gegen die Rechtschreibreform. Ein Grundschüler, der seit zwei Jahren mit der neuen Rechtschreibung arbeiten muss, sieht das möglicherweise auch ganz anders als ein Professor. Es geht nicht nur um uns: Ich brauche eine solche Reform nicht, aber andere, nämlich unsere Kinder, haben Sie. Das ist der Punkt - nicht mehr und nicht weniger."



Ja, hinter den armen Kindern kann man sich gut verstecken, wenn man zwar "massiv kritisieren" will, aber die Konsequenzen der eigenen Kritik fürchtet. Ich hoffe doch, daß in den Schulen neben den Zeitungen auch noch ab und an ein bisserl Literatur gelesen wird. Nur die FAZ muß damit leben, mittels ihrer Seite "Jugend schreibt" (Zeitung in der Schule) die armen Kinder zu verwirren.


Alle angegebenen Zeiten sind MEZ   

Rechtschreibung.com – Nachrichten zur Rechtschreibfrage