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-- DaF (http://Rechtschreibung.com/Forum/showthread.php?threadid=324)
eingetragen von Theodor Ickler am 15.06.2004 um 03.38
Berliner Platz 3 Zertifikatsband (Langenscheidt 2004)
selbst, wer Kinder hat (12)
Bei einkaufen kann man eigentlich das Präfix nicht „auch ohne das Verb benutzen“ (15)
tut mir Leid (öfter), Recht haben
Jobwünsche usw. (immer „Job“ statt Beruf oder Stellung/Stelle, ziemlich mieses Deutsch)
Tempusfehler: Obwohl ich ein Zimmer reserviert habe, war kein Zimmer für mich frei. (25)
Iss, so oft du willst, trink, so viel du Lust hast (28) (statt Zusammenschreibung)
Conrad Zuse (45)
noch mal (51, 141)
ein paar Mal (81) (sonst fünfmal usw.)
energiesparend (106), aber: Wer sein Haus Energie sparend modernisieren will (236)
selbständig (nur so! Kehrt der Konzern hier um, wie schon Bertelsmann?)
Das Hotel heißt „Zur goldenen Sonne“ und „Zur Goldenen Sonne“ auf derselben Seite 148
was auf den ersten Blick Zeit sparend aussieht (204)
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Th. Ickler
eingetragen von Theodor Ickler am 13.01.2004 um 16.12
Ich möchte bei dieser Gelegenheit (neue Kataloge) noch einmal darauf hinweisen, daß die Herausgabe des sogenannten Europäischen Rerenzrahmens, eines schauderhaft weitschweifigen und völlig überflüssigen Textes, tatsächlich zu der vorausgesehenen Flut neuer Lehrwerke geführt hat, die sich ausdrücklich auf diesen angeblich neuen Maßstab beziehen. Natürlich hat sich inhaltlich nichts geändert, die Lehrwerke sind noch genauso langweilig und überteuert wie zuvor, aber niemand kann es sich noch leisten, ein Lehrwerk zu benutzen, in dem nicht ausdrückich drinsteht, es sei am Refrenzrahmen orientiert. Das geht mit diversen Zertifikaten jetzt schon seit Jahren so, man muß ständig neue Lehrwerke anschaffen, was ungemein kostspielig ist, weil es ja nicht nur um die Arbeitsbücher geht. Ein abstoßender Leerlauf, der bloß dem Geschäft dient. Genau wie bei der Rechtschreibreform.
– geändert durch Theodor Ickler am 15.01.2004, 06.27 –
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Th. Ickler
eingetragen von Theodor Ickler am 13.01.2004 um 05.09
Aus Büchern des Spezialverlages Max Hueber kann man laut Katalog Essen gehen lernen. Warum nicht, wenn es denn schon Pleite gehen heißen soll? Im selben Heft annonciert ein "deutsch-institut" gleich zweimal, daß Deutsch lernen Spass machen kann.
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Th. Ickler
eingetragen von Theodor Ickler am 27.11.2003 um 17.40
Im Organ des Fachverbandes Deutsch als Fremdsprache schreiben Leute, die sich einbilden, sie könnten Deutsch für Ausländer unterrichten: "Eine Diskussion tut Not." Der einzige, der diesen Unterwerfungs- und Selbstgeißelungsexzeß nicht mitmacht, ist Fritz Neubauer, Bielefeld.
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Th. Ickler
eingetragen von Henning Upmeyer am 11.01.2003 um 13.02
Ein Vorbild: Die Umstellung der physikalischen Größen und Einheiten um 1970
Um 1970 wurden viele bis dahin geltende physikalische Größen und Einheiten auf das kohärente internationale SI-Einheitensystem umgestellt, und das betraf auch den Physikunterricht:
Kraft in Newton statt Kilopond, Arbeit in Joule statt Kilopondmeter, Druck in Pascal statt Atmosphäre oder Bar, Wärme in Joule statt Kilokalorie, mechanische und Wärmeleistung in Watt statt PS, magnetischer Fluß in Weber statt Maxwell, magnetische Induktion in Tesla statt Gauß u.a.
Diese Umstellung war durch jahrelange internationale Überlegungen und Diskussionen vorbereitet worden und verlief deswegen reibungslos, obwohl z.B. die deutschen Normen für baustatische Berechnungen umgestellt werden mußten und alle Baustatiker umlernen mußten.
Weil die Einheiten jetzt kohärent waren und die lästigen Umrechnungsfaktoren wegfielen, waren alle zufrieden.
Trotzdem dürfen heute noch in Anzeigen private Autoverkäufer die Motorleistung in PS angeben, nur Händler müssen das in Kilowatt tun.
So müssen einschneidende Umstellungen ablaufen.
eingetragen von Elke Philburn am 11.01.2003 um 02.23
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KuBus 50/1 - Wege zu neuer Arbeit
...deswegen auch die Möglichkeiten gar nicht mehr hat, an Veranstaltungen teilzunehmen. Bei einem großen Theaterabend dabei zu sein. Oder irgendwo hin zu Reisen wo so etwas statt findet.
eingetragen von Theodor Ickler am 08.01.2003 um 16.17
Ausländische Studienbewerber müssen eine Deutsche Sprachprüfung (DSH) ablegen. Dazu gibt es jetzt ein offizielles Handbuch:
DSH-Handbuch für Prüferinnen und Prüfer
Hg. im Auftrag des FaDaF von einer Arbeitsgruppe
Münster 2001
Das Werk (Lose-Blatt-Sammlung im Ordner) enthält zahllose Druckfehler: sie statt siehe, sie statt Sie, Jokf statt Josef u.v.a.
Alles in Reformorthographie, aber:
auseinandersetzen (mehrmals)
so daß (zweimal)
etwas zu Essen
im übrigen (mehrmals
Es wechseln ab aufwendig und aufwändig, selbständig und selbstständig.
Grammatisch falsch ist für Erfolg versprechender hält H. - das haben auch die Reformer inzwischen eingesehen und erfolgversprechend wiederhergestellt.
Der Text ist durchgehend feministisch-korrekt: kandidatInnenorientiert usw.
(Die DSH selbst taugt auch nicht viel, aber das ist ein anderes Thema.)
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Th. Ickler
eingetragen von Theodor Ickler am 12.12.2002 um 07.54
Hantschel, Hans-Jürgen/Krieger, Paul: Mit Erfolg zur Mittelstufenprüfung. Testbuch. Stuttgart:Klett 2002.
Ebenso findet wer unter trockener Haut leidet Linderung in der Sauna. (28)
sogenannten (nur so! 31, 37, 40, 58 zweimal, 62)
offenlegen (37)
im wesentlichen (37)
furchteinflößenden (40)
des weiteren (57)
einer der ersten (62)
wieviel (70)
am Donnerstag Abend (73)
wäre es vielleicht ganz sinnvoll einmal zu klären ... (79)
Ich finde es wichtig zu wissen ... (35)
Aufwiederhören (81)
ein 35-jähriger (83)
Strassenverkehr (86)
(Die Anrede Du im Brief ist fälschlich groß geschrieben, S. 93)
Druckfehler: Hotelerie (27), einschneidensten (86), Tacco (32)
"Korrekt", aber dumm:
rekons-truieren (79)
Da haben Sie ganz Recht. (80, 101)
äußerst zufrieden stellend (88)
Viele Kommas, die nach der Neuregelung nicht mehr stehen müssen, sind gestrichen, oft in sinnstörender Weise:
Einzig beim Opel Corsa erkannten die Verbraucherverbände gewisse Anstrengungen seitens des Automobilbauers Kopfverletzungen für Fußgänger zu reduzieren. ... DEUC-Vorsitzender Thomas Schmücking forderte deshalb alle Autohersteller auf weniger aggressive Frontpartien zu bauen. (18)
Sachliche Fehler: Die Lücke S. 18 soll mit "getestet" ausgefüllt werden, was aber keinen Sinn ergibt: Die Testprogramme, dere Ergebnisse am Dienstag in Berlin getestet (!) wurden (richtig wäre "vorgestellt").
In Deutschland gibt es nicht 400.000 Gerichtsvollzieher (S. 36), sondern ungefähr 4.300; schon ein kurzes Nachdenken hätte dazu führen müssen, daß die riesige Zahl nicht stimmen kann!
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Th. Ickler
eingetragen von Walter Lachenmann am 11.12.2002 um 13.21
Neutrum
Von Rafik Schami. (Die Farbe der Worte, Verlag ars vivendi)
Das Neutrum der deutschen Sprache kann ich auch heute, nach über zweiundzwanzig Jahren in Deutschland, noch nicht leiden. Die arabische Sprache kennt kein Neutrum.
Ein Fremder, der die deutsche Sprache liebt, schließt Frieden mit den Konjunktiven und meinetwegen auch mit den Vorsilben, selbst wenn manche schwer zu verdauen sind. Aber mit dem Neutrum ist nicht einmal ein Waffenstillstand möglich. Ein Neutrum, mit dem der ausländische Mensch in seiner Kindheit und Jugend nie zu tun gehabt hat, ist nichts anderes als eine heimtückische Falle. Etwas Müdigkeit, etwas Trauer oder Wein, Wut oder Begeisterung, und schon sagst du: »Der Oberhaupt der Familie begrüßte mich.« Dein Gesprächspartner lächelt, wenn du Glück hast, dezent, so dezent, daß du merkst, du hast einen Fehler gemacht. Dein geübtes Ausländerdasein läßt dich den Missetäter sofort erkennen. Oberhaupt, ja. Dann flüsterst du etwas verwundert: »Sagt man die Oberhaupt?« Wieder daneben. »Nein, das Oberhaupt.«
Das deutsche Neutrum ist aber nicht neutral. Im Akkusativ hält es noch die Fahne seiner dubiosen Neutralität hoch, taucht jedoch der Dativ auf, so legt das Neutrum sich auf die männliche Seite. Es heißt: Ich überreichte ihm das Geschenk. Ich sehe aber eine junge Frau vor mir. Die Deutschen nennen sie das Mädchen! Und daher muß ich im Dativ von ihr wie ein Mann sprechen. Das macht das Neutrum so katastrophal.
Manche schlauen Ausländer entwickeln Techniken, um die sprachliche Polizeikontrolle zu überlisten. Ein beliebter Trick ist es, die unsicheren Artikel leiser auszusprechen als die anderen. Eine zweite Möglichkeit ist, eine Mischform zwischen der, die und das sehr schnell zu sprechen. Es hört sich an wie: d'Oberhaupt. Kein Mensch merkt die Mogelei. Der dritte Weg besteht darin, alles in den Plural zu setzen. Das ist eine todsichere Sache: die Oberhäupter, die Gespräche, die Komitees. Doch die übereilte Erleichterung führt unversehens zu Peinlichkeiten, wenn man dauernd in Betten schläft und in vielen Gehirnen seine Ideen hat.
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Walter Lachenmann
eingetragen von Theodor Ickler am 10.12.2002 um 19.59
Zertifikat Deutsch - Lernziele und Testformat. Hg. von Weiterbildungs-Testsysteme GmbH, Goethe-Institut, Österr. Sprachdiplom Institut, Schweizerische Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren. Frankfurt 1999. - 400 S.
Das Werk ist in Reformorthographie gesetzt. Dabei unterlaufen u. a. folgende Fehler:
wußte (S. 90)
sogenannte (S. 268; S. 370)
letztere (S. 272, 274)
wenig-stens (S. 276)
Orthografie (warum diese Nebenvariante?)
kaputt gegangen (S. 178); kaputt machen (S. 290)
wieder gefunden (S. 294)
mit dem ersten (S. 299)
die Deutschlernenden (S. 375; das amtliche Regelwerk führt zu Deutsch Lernende!)
das ist klasse (S. 180)
allgemeinbildend (S. 269)
gleichlautend (S. 351)
zusammen geschrieben (S. 352)
klein geschrieben (S. 352)
fertigmachen (S. 360)
recht haben (S. 362)
fettgedruckt (S. 369)
Kommas sind oft weggelassen, wenn sie nicht mehr stehen müssen (aber durchaus nicht immer); die Folge ist größere Unübersichtlichkeit:
Die Abiturientin entschloss sich sofort einen Job anzunehmen statt an der Universität zu studieren. (S. 330; viele weitere Beispiele)
Das kommapflichtige Korrelat ist nicht verstanden:
... Dimensionen erreicht, die es der einzelnen Lehrkraft fast unmöglich machen den Überblick zu behalten (S. 11; ähnlich öfter)
dazu ermuntern das Zertifikat Deutsch zu erwerben (S. 375)
So auch in Mustersätzen:
Es ist notwendig die Arbeit schnell zu erledigen
Es ist nicht notwendig die Arbeit schnell zu erledigen
Mein Wunsch ist es mir einen Computer anzuschaffen (alle S. 287)
"Korrekt", aber zum Teil sprachwidrig:
allgemein begriffliche Aussagen (passim)
Recht haben, Leid tun (mehrmals, entspricht dem amtlichen Regelwerk, ist aber grammatisch falsch)
selbstständig (nur so, auch im Wortschatz des Zertifikats; die Verfasser glauben offenbar, dies habe etwas mit der Rechtschreibreform zu tun; S. 354 gibt es den Ausrutscher selbständig)
Das Beispiel für "erlebte Rede" ist unzutreffend: Da gehe ich neulich im Park spazieren. Plötzlich läuft ein Hund auf mich zu (S. 289)
Feministisch korrekt, aber kaum noch lesbar:
"Der/die Lernende hat die Aufgabe, für eine ausscheidende Arbeitskollegin eine Abschieds-Party zu organisieren. Er/sie bespricht mit einem Kollegen/einer Kollegin, mit dem/der zusammen er/sie das Fest plant, was alles zu tun ist. ...Er/sie kann sich mit ihrem/seinem Gesprächspartner bzw. seiner/ihrer Gesprächspartnerin darüber abstimmen ... Im Verlauf dieses Gesprächs kann er/sie Vorschläge und Gegenvorschläge einbringen, sein(e)/ihre(n) Partner/in nach dessen/deren Meinung fragen und auf dessen/deren Vorschläge reagieren." (S. 49f.)
(Auf der Rechnung der WBT GmbH für dieses Buch steht "KundInnennummer". Wahrscheinlich glaubt das Unternehmen, daß in "Kundennummer" ein maskulines Substantiv steckt; in Wirklichkeit ist es der Stamm mit einem Fugenelement; vgl. Druckerschwärze - kann auch von Druckerinnen benutzt werden!)
"Die Lernenden bewältigen als sprachlich Handelnde kommunikative Aufgaben ('Tasks') ..."
Dazu Fußnote: "Der englische Begriff 'Task' findet vermehrt auch in den deutschsprachigen Ländern Verwendung, da deutsche Übersetzungsversuche, wie z.B. 'Auftrag' oder 'Aufgabe' nicht selten missverständlich und eingeengt als Prüfungs- oder Übungsaufgabe gebraucht werden und somit die im handlungs- und kommunikationstheoretischen Sinne umfassendere Dimension des englischen Begriffs nicht voll zum Ausdruck bringen." (S. 19)
Das ist natürlich Unsinn, denn das ganz gewöhnliche englische Wort task bedeutet auch im Englischen nicht das, was eine bestimmte Theorie hineinlegt. Im Deutschen würde der fachliche Kontext genau die gewünschte Bedeutung erzeugen, wenn man sich bloß ein bißchen Mühe gäbe.
Manche Mustersätze sind etwas seltsam:
Heutzutage leben die Menschen und das Sterben ist durch den medizinischen Fortschritt viel leichter als früher. (S. 280)
Thomas Manns Roman heißt nicht "Die Buddenbrooks" (S. 295)
Die Mustersätze der Grammatik enthälten zahlreiche Wörter, die nicht im Zertifikatswortschatz vorkommen (Früchtetee usw.). Das müßte nicht sein.
Die Grammatik geht durchweg von der Normalstellung Subjekt - Verb - Objekt aus, was gerade für das Deutsche nicht zutrifft. Daher ist auch die zugehörige Lehre von der "Inversion" unrichtig (S. 318). Entsprechend falsch ist auch die Einordnung der angeblich "hervorhebenden" Stellung im Vorfeld:
Wenn er nicht bald kommt, gehe ich
Da ich keine Zeit habe, muss ich mich beeilen
Dass er nie pünktlich sein kann, ärgert mich. (S. 323)
In allen diesen Fällen ist der vorangestellte Nebensatz eher thematisch. Eine betonte Begründung würde so aussehen: Ich muß mich beeilen, weil ich keine Zeit habe usw.
Im folgenden Falle sieht die Grammatik Hervorhebung durch Nachtragsstellung:
Unsere Mannschaft hat wirklich große Erfolge erzielt mit dem neuen Spieler. (S. 323)
Das ist offensichtlich nicht richtig.
Das korrelative es steht keineswegs immer am Satzanfang (S. 358).
Die durchaus konventionellen Testformen stehen im Widerspruch zu den modisch hochtrabenden Verheißungen:
"Der Qualifikationsnachweis Zertifikat Deutsch dokumentiert den Sprachlernenden, dass sie Kommunikationssituationen des persönlichen Alltags und der Arbeitswelt bewältigen können.
Die darauf aufbauende Form des Sprachenlernens, die Offenheit und Toleranz gegenüber anderen Kulturen einschließt, ist eine unabdingbare Voraussetzung für das Zertifikat Deutsch." (S. 8)
Erstens ist die Lernzielbeschreibung und exemplarisch vorgeführte Testform noch ganz losgelöst von den Unterrichtsformen, die zum Bestehen des Tests führen, und zweitens ist nicht einzusehen, warum das Zertifikat die Lernenden auch gleich noch zu besseren Menschen machen sollte. Für die Lösung von Aufgaben wie: Lückentexte ergänzen, Überschriften zuordnen usw. ist keine besondere Toleranz gegenüber anderen Kulturen erforderlich.
Der ganze Test ist unverhältnismäßig kompliziert, umfangreich und dennoch vage und offensichtlich kaum evaluierbar.
Fazit: Man sieht das amtliche Testwesen ungern in den Händen solcher Leute.
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Th. Ickler
eingetragen von Elke Philburn am 10.12.2002 um 18.02
In Themen neu 1 (Hueber) heißt es neuerdings Ketschup (S. 35). Obwohl ich davon ausgehe, daß ein großer Teil der Deutschen das Wort korrekterweise /ketschap/ ausspricht, gibt dieses Wort durch die verdeutschte Schreibung die ungebilderere Variante /ketschup/ vor. Wer Deutsch als Fremdsprache lernt, wird also zusätzlich lernen müssen , daß man dieses Wort trotz der Schreibweise als ein englisches aussprechen sollte.
eingetragen von Theodor Ickler am 09.12.2002 um 04.48
Bei Langenscheidt ist die wohl meistbenutzte deutsche Grammatik in Neubearbeitung erschienen:
Gerhard Helbig/Joachim Buscha: Deutsche Grammatik. Ein Handbuch für den Ausländerunterricht. Berlin u. a. 2002. 654 S.
Die Reformschreibung ist so vorsichtig umgesetzt, daß sich kaum Unstimmigkeiten ergeben. Sachlich falsch ist die Kleinschreibung von ersterer, letzterer (S. 230). Bei Gruppen wie kennen lernen ist immer noch von "Erstteilen von Verben" (S. 203) die Rede, obwohl das ja inzwischen gegenstandslos geworden ist. In Fällen wie Obwohl von allen gewarnt fuhr er los wird allen Ernstes die Weglaßbarkeit des Kommas gelehrt, wie es die Neuregelung ja tatsächlich will. Richtig falsch sind die zahllosen Fälle, in denen die Weglaßbarkeit eines Kommas nach Vorgreifer-es angezeigt ist: Dieses Gymnasium betrachtet es als wichtige Aufgabe den Sport zu fördern. usw.
Mit der Umsetzung der ss-Schreibung klappt es ganz gut, nur weiss ist nicht so schön (S. 391).
selbständig ist durchweg durch selbstständig ersetzt, weil der Verlag offenbar glaubt, das habe etwas mit Rechtschreibreform zu tun.
Aus den gleichgeordneten Nebensätzen der vorigen Auflagen sind gleich geordnete geworden - sicher falsch auch im Sinne der Neuregelung.
Über das ganze Werk verstreut findet man Verba dicendi, den Genitivus qualitatis, den Genitivus auctoris, Dativus commodi usw. - alles konsequent falsch geschrieben, was besonders seltsam ist, denn die betreffende Regel ist ja sonnenklar.
Abseits vom Orthographischen: Wie in deutschen Grammatiken und Wörterbüchern üblich, wird bis als Präposition eingeführt, die den Akkusativ regiere. Das trifft aber im Standardeutschen nicht zu, denn die Akkusative wie in bis nächsten Freitag sind adverbial und nicht von der Präposition regiert.
In es wird getanzt ist das es kein "formales Subjekt" (S. 145), sondern eine Partikel, die das Vorfeld füllt. Ein paar Seiten später (S. 151) hat der Verfasser das anscheinend auch erkannt.
Wie schon seit Jahrzehnten hält Helbig immer noch daran fest, daß helfen und unterstützen dasselbe bedeuten (S. 519) - woraus er jedesmal ableitet, daß der Kasus keine Bedeutung habe. Das ist aber weit von der Wahrheit entfernt, vgl. "Vor zehn Jahren bildete ich mir ein, Napoleon zu sein. Mein Psychiater half mir." Aber: "Vor zehn Jahren bildete ich mir ein, Napoleon zu sein. Mein Psychiater unterstützte mich."
Unrichtig ist auch folgendes: Er arbeitet mir zu langsam wird interpretiert als "Ich bin der Meinung: Er arbeitet zu langsam." (S. 464) In Wirklichkeit geht es nicht nur um meine Meinung, sondern um meine Wünsche: "Er arbeitet langsamer, als ich es für richtig halte."
– geändert durch Theodor Ickler am 11.12.2002, 14.30 –
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Th. Ickler
eingetragen von Theodor Ickler am 27.11.2002 um 17.22
In einem Heft zur Vorbereitung auf die Zentrale Mittelstufenprüfung wird ebenfalls die Reformschreibung durchgeführt, aber ganz willkürlich. So steht unter genau gleichen Bedingungen einmal das Komma und dann wieder nicht:
der Traum, immer und überall erreichbar zu sein
der Traum immer erreichbar zu sein
der Eindruck zu den wenigen Auserwählten zu gehören
das Gefühl, eine wichtige Person zu sein
das Bedürfnis vor anderen Menschen Ruhe haben zu wollen usw. (alles auf einer Seite!)
Natürlich findet man auch eine Zeit lang und all den anderen Unsinn.
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Th. Ickler
eingetragen von Theodor Ickler am 27.11.2002 um 16.27
TestDaF – Kurs zur Prüfungsvorbereitung (von Stefan Glienicke, Klaus-Markus Katthagen) München. Hueber 2002.
Alle Texte, auch ältere, auf Reformschreibung umgestellt.
Es ist nicht erlaubt Hunde mitzubringen (18)
vor dem Aufgenommen werden (47)
Man könnte sich „so genannt“ oder „so zu sagen“ davor denken, (74)
das siebenfache (100)
soweit (112)
im übrigen (133)
da gibt es Einiges (134)
noch mal, erstmal (134)
sogenannte (136)
um ein vielfaches (138)
Auf S. 76 werden die „trennbaren Verben“ wieder eröffnen, wieder beleben, wieder entdecken und wieder erkennen gelehrt (die also hier schon getrennt sind!) und dazu behauptet: „Liegt der Akzent auf wieder (= nochmals, erneut), dann wird das Verb meist abgetrennt.“
Auf S. 91 wird mehrmals zwischen Kathode und Katode gewechselt.
Druckfehler:
mir Bettwäsche (16; statt mit B.)
enzspannt (47)
Bundswehr (134)
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Th. Ickler
eingetragen von Theodor Ickler am 22.11.2002 um 14.03
für den Hinweis. Aber es bleibt ja noch genug.
Übrigens erfaßt die Umstellung älterer Zeitungstexte auch die Währungsangabe: alles auf Euro umgestellt, was nun wirklich eine Verfälschung der Geschichte ist, die andererseits im letzten Teil (Geschichte der EU) verhältnismäßig ausführlich dargestellt wird.
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Th. Ickler
eingetragen von Reinhard Markner am 22.11.2002 um 13.24
Zitat:Diese Änderung geht noch auf Goethe zurück, der in späteren Ausgaben das s streichen ließ.
Die Leiden des jungen Werther (passim statt Werthers)
eingetragen von Theodor Ickler am 22.11.2002 um 11.14
Auf neuen Wegen. Deutsch als Fremdsprache für die Mittelstufe und Oberstufe. (Eva-Maria Willkop u. a.) München:Hueber 2002
(Das Werk soll hier nicht aus fachlicher Sicht besprochen werden, sondern nur unter dem orthographischen Gesichtspunkt. Es ist bestenfalls überflüssig, von "neuen Wegen" kann keine Rede sein. Authentische Texte, aber trist und langweilig.)
Alle Texte (aus Zeitungen, Schriftstellern) sind auf Neuschreibung umgestellt, außer Max Frisch und Loriot.
Reformfolgen:
1. "Korrekt", aber doof:
von Zeit sparenden Maschinen (53f.)
allgemein gültig (54)
welche Branchen Erfolg versprechend sind (73)
Es tut mir so Leid (124)
wie Recht mein Vater hatte (135, Jurek Becker!)
es tut mir Leid (174)
viel versprechende Methoden (197)
(jedes "selbständig" ist durch "selbstständig" ersetzt)
ewig menschlich (206)
2. Nicht "korrekt", aber meistens besser:
heute abend (57)
wenn's um Kinder abholen geht (58)
als erster (61)
auseinanderklaffen (61)
letzterer (94)
krebshemmend (115)
weh tun (118)
Erste Hilfe (123)
jedesmal (142)
Karteikästen sind klasse (149)
unzählige (159)
aufrecht erhalten (151)
eine Handvoll (169)
erstmal (173)
von Weitem (174)
es war ein gutes Gefühl zu wissen ... (190)
Rendez-Vous (190)
einigemale (203)
acht zu haben (219)
war es soweit (227)
zum dritten (229)
weiter zu lesen (265)
S. 205 wird ausdrücklich ein historischer Brockhaustext von 1940 wiedergegeben, jedoch in heutiger Reformschreibung.
Sonstiges:
Das "ostafrikanische Burkina Faso" liegt in Westafrika!
Die Leiden des jungen Werther (passim statt Werthers)
Ghandi (224)
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Th. Ickler
eingetragen von Reinhard Markner am 30.07.2002 um 20.33
Die endgültige Tilgung des th (mit Ausnahme der griechischen Fremdwörter) 1902 war ein Erfolg, weil sie dem Entwicklungsgang der deutschen Orthographie entsprach. Zuvor hatte man versucht, einige th stehenzulassen. Das stiftete naturgemäß Verwirrung. Ähnlich ist es heute mit dem ß. Seine völlige Weglassung hätte, wie das Beispiel der Schweiz zeigt, Erfolg haben können (mit den bekannten Nebenwirkungen wie »in Massen« usw.).
Die dänische Reform 1948 hat, trotz erheblichen Widerständen, im wesentlichen funktioniert, weil nur die Schreibung dreier Verben, eines Vokals (aa) und die Regelung der Groß- und Kleinschreibung betroffen waren, überschaubare Gebiete also.
Für Norweger ist es bereits heute sehr mühsam, Ibsen zu lesen. Ein Ergebnis staatlicher Sprachflickschusterei.
eingetragen von Theodor Ickler am 30.07.2002 um 14.44
Heute besuchte mich ein koreanischer Germanist, ein schon älterer, sehr kompetenter Sprachwissenschaftler, der auch oft beim IDS zu Gast ist. Er äußerte seine Verwunderung über eine reformfreundliche Textsammlung, die er vor einiger Zeit gesehen hatte (wahrscheinlich Zabel), weil darin die eigentlichen Probleme gar nicht erörtert seien. Sein Hauptargument gegen die Reform ist: Wenn die Änderungen tatsächlich so gering sind, wie es dargestellt wird, dann hätte diese Reform, die eben keine ist, unbedingt unterbleiben müssen. Sie stiftet nur Verwirrung, überzieht ältere Texte mit einem unnötigen und irreführenden Schleier der Fremdheit und hemmt die Lesefreude.
Interessant war noch seine Bemerkung, daß deutsche Texte aus der Zeit Luthers selbst für junge Deutsche heute wegen der Orthographie schwer lesbar, beim Vorlesen jedoch immer noch gut verständlich seien. Die Rolle der Orthographie bei der Stiftung von Kontinuität werde unterschätzt. In England und Frankreich sei das anders; in Korea seien schon Texte aus dem 19. Jahrhundert für junge Leute schwer verständlich, bloß wegen der Schreibweise, nicht wegen eines wirklichen Sprachwandels.
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Th. Ickler
eingetragen von Theodor Ickler am 13.07.2002 um 04.48
Jens Erik Mogensen: "Die neue deutsche Rechtschreibung - Probleme bei der Umsetzung in zweisprachigen Wörterbüchhern mit Deutsch und Dänisch". DaF 2002, 214-218.
Als Mitverfasser des Dansk-Tysk Ordbog und Tysk-Dansk Ordbog (beide 1999) berichtet M.. daß es vor allem im Bereich der GZS Probleme gegeben haben, einerseits wegen der nicht hinreichend klaren Regelformulierung, andererseits wegen der grammatischen Folgen der neuen Regeln. Hinzu kommt mangelhafte Anwendung auf den deutschen Wortschatz in den deutschen Rechtschreibwörterbüchern.
Zum Typ Besorgnis erregend stellt M. fest, daß bei Steigerung die Getrenntschreibung grammatisch falsch sei.
"Die Feststellung im Duden-Vorwort, es müsse zwischen Furcht einflößend und furchteinflößend bzw. Besorgnis erregend und besorgniserregend unterschieden werden, ist - obwohl dies nicht im Regelwerk steht - als solche nicht zu kritisieren. Die Wörterbucheinträge im Duden sind aber wenig benutzerfreundlich, vgl. s. v. Furcht:
Furcht, die; -; ein Furcht einflößender, erregender (R 40) Anblick.
Hier wird die Zusammenschreibung nicht als Möglichkeit erwähnt. Anders aber z. B. s. v. Besorgnis:
Besorgnis; die; -; -se; (R 40) Besorgnis erregend; aber höchst besorgniserregend."
M. schlägt vor, die Getrenntschreibung als "Neutralstufe" (aber fakultativ, als bevorzugte Schreibweise) einzuführen und nur für den Fall der Erweiterung und Steigerung Zusammenschreibung vorzuschreiben. Allerdings übersieht er dabei die Markiertheit des erweiterten Partizips I und vor allem die Erfordernisse des prädikativen Gebrauchs. Insgesamt ist er versöhnlich gestimmt(DaF erscheint im Langenscheidt-Verlag):
"Nur so können der neuen deutschen Rechtschreibung Verständnis und Respekt auch im Ausland verschafft werden." (Schluß)
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Th. Ickler
eingetragen von Theodor Ickler am 02.07.2002 um 15.07
Das glaube ich nicht, denn die Spaghetti bleiben unzerkocht. Wie denn überhaupt der erste Band eher zurückhaltend verfährt - wo er darf. Ich nehme an, daß man beim Konzern inzwischen abwartet und auch daran denkt, daß ja schon sehr bald ein neuer Duden kommen muß. Darum wird wohl auch das Thema Rechtschreibung vom Duden-Newsletter nicht mehr behandelt. Diese Leute kennen ja den dritten Bericht der Rechtschreibkommission, und es sollte mich nicht wundern, wenn Herrn Wermke dabei das kalte Grausen gepackt hat.
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Th. Ickler
eingetragen von Reinhard Markner am 02.07.2002 um 14.45
Wenn den Lernenden gleich in der ersten Lektion die Neuschreibung föhnen eingebleut wird, folgen dann in der zweiten die belämmerten Tunfische ?
eingetragen von Theodor Ickler am 02.07.2002 um 14.34
Schon wieder ein neues Lehrwerk für Deutsch als Fremdsprache: "Berliner Platz 1" von Langenscheidt. Ich habe den ersten Band geprüft. Diese Lehrwerke gleichen sich wie ein Ei dem anderen. Absolute Trivialisierung des Inhalts ("Alltag"). Leseprobe:
Um halb sieben stehe ich auf. Dann schalte ich das Radio ein und gehe ins Bad. Ich dusche und mache mich schön (Zähne putzen, Haare föhnen, rasieren). Um Viertel nach sieben mache ich das Bett und ziehe mich an. Um Viertel vor acht gehe ich in die kleine Bäckerei an der Ecke. usw.
Wenig Text auf vielen großen bunten und teuren Seiten, und natürlich die Übungen zum Hineinschreiben, so daß, wie heute üblich, das Buch nach einem Durchgang unbrauchbar ist für andere und für die eigene Wiederholung.
noch mal wird immer getrennt geschrieben. Das grammatisch falsche Leid tun kommt im Text einmal vor, ist aber im Wörterverzeichnis vergessen. kennen lernen und spazieren gehen sind trotz der Getrenntschreibung wie ein Wort markiert und werden so geübt, genauso inkonsequent wie die Wörterbücher.
Auf S. 131 ist das Anredepronomen Sie klein geschrieben. Manchmal stimmen die Betonungszeichen nicht, z. B. stehen sie S. 135 gleich auf den ersten beiden Silben von Anorak.
Auf S. 15 wird die Schreibschrift eingeführt, aber nicht die von den Kultusministern gerade flächendeckend eingeführte Vereinfachte Ausgangsschrift, sondern die bewährte Lateinische.
Druckfehler: Fächärztin (S. 97)
Es sind noch zwei weitere Bände angekündigt, dazu das übliche Drum und Dran.
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Th. Ickler
eingetragen von Theodor Ickler am 05.06.2002 um 14.46
Langenscheidt in Zusammenarbeit mit Deutsche Welle: Kontakt Deutsch – Deutsch für berufliche Situationen. Berlin, München 1997. (Kursbuch von Udo Mebus und Leena Vehovirta.)
„Im Buch wird nur die neue Rechtschreibung benutzt.“
Fehler in der Reihenfolge ihres Auftretens:
soviel wie möglich
im allgemeinen
im allgemeinen
daß
durcheinandergeraten
muß
stehenbleiben
noch mal
drük-ken
als erstes
als nächstes
weiss
sogenannte
weiss
grössten
daß
läßt
ko-stenfrei
ernstzunehmende
noch mal
vielversprechend
daß
folgendes
kennengelernt
Lohnt es sich überhaupt zu sparen?
erstmal
wieviele
daß
am Freitag Nachmittag
Mittwoch Vormittag
mei-stens
darauffolgenden
energiesparend
daß
Außerdem:
Das tut uns sehr Leid. (115)
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Th. Ickler
eingetragen von Elke Philburn am 22.01.2002 um 19.58
Interessante Befunde. Wobei für mich besonders spannend wäre, was Sie von Themen neu (Hueber) halten. Das Lehrwerk ist hier auf der Insel im universitären Bereich ungeheuer weit verbreitet.
eingetragen von Theodor Ickler am 22.01.2002 um 16.36
Obwohl sich einige Überschneidungen ergeben, setze ich meine erste größere Übersicht einfach mal hierher, erspare mir aber die mühsame Auszeichnung der kursiv zu setzenden Wörter:
Die Rechtschreibreform und Deutsch als Fremdsprache
Obwohl die Neuregelung der deutschen Rechtschreibung erhebliche Auswirkungen auf den Bereich "Deutsch als Fremdsprache" hat, ist eine kritische Auseinandersetzung in den einschlägigen Zeitschriften bisher unterblieben. Die Zeitschriften "Zielsprache Deutsch" und "Fremdsprache Deutsch" stellten sich sogar schon rund zwei Jahre vor dem geplanten Inkrafttreten auf die Neuschreibung um, ohne je eine Diskussion über das Für und Wider der Reform geführt oder angeregt zu haben; alle anderen folgten wenig später (außer Info DaF). Auch die gängigen Lehrwerke des Deutschen als Fremdsprache wurden in großer Eile umgestellt, was um so bemerkenswerter ist, als es hier keinen mehr oder weniger offenen Zwang gibt wie bei den Schulbüchern. (Auf die Auslandsschulen wurde Druck ausgeübt durch eine Mitteilung der KMK vom 4. 9. 1996, die den Zweck hatte, lange vor dem Inkrafttreten der Reform auch in diesem Bereich vollendete Tatsachen zu schaffen; Näheres in meinem Buch "Regelungsgewalt", St. Goar 2001)
Die beiden genannten Zeitschriften praktizieren kaum mehr als die ss-Schreibung. man findet in jeder Nummer Fehler wie: Deutschlernende (Deutsch Lernende), auseinandersetzen (auseinander setzen), schiefgehen (schief gehen), wertekonstituierend (Werte konstituierend), sogenannt (so genannt), selbstbestimmt (selbst bestimmt), ineinanderzulaufen (ineinander zu laufen), gleiches (Gleiches), darauffolgend (darauf folgend), selbstgeschrieben (selbst geschrieben), fertiggestellt (fertig gestellt).
Durch die ss-Schreibung wird Folgsamkeit dokumentiert, der Rest entgeht den Aufpassern sowieso.
Es folgen einige Stichproben aus zufällig herausgegriffenen Lehrwerken.
Delfin: Lehrwerk für Deutsch als Fremdsprache. Ismaning: Max Hueber Verlag 2001
Das obligatorische Komma nach wörtlicher Rede fehlt: 60, 80, 90, 121, 169 (zweimal), 170, 171.
um Vier (60); wieder gefunden (60); Mich-ael (100); kaputt gemacht (110); gei-stig (140); wieder hat (143); dazwischen kam (151); der einzige (169); ganz viel zu Essen (180); Obe-rammergau (190); Chri-stus (190); eine Viertel Million (190); "Korrekt", aber grammatisch falsch sind: sehr Leid täte (146 u. ö.), du hast ganz Recht (127 u. ö.)
Moment mal! Bd. 3, Berlin: Langenscheidt 1998
für Besserverdienende (37; so auch Duden, Woche, aber unberechtigt); eine tiefhängende Lampe (40); Extrem (41; Großschreibung nach Doppelpunkt, obwohl kein Ganzsatz folgt); krank geschrieben werden (62); sogenannten (72); Ziel dieser Maßnahmen ist es vor allem zu erreichen, dass Deutschland ... (78); die ruhegewohnte österreichische Öffentlichkeit (91)
Unterwegs. Berlin: Langenscheidt 1998
Das Kursbuch ist in reformierter Rechtschreibung, das Materialienbuch in herkömmlicher, soweit Originaltexte.
Kursbuch: gegebenfalls (4); Ich finde es spannend auszuprobieren ... (19; Komma wegen es [§ 77]!); zum Deutsch Sprechen (21); Gebrüder Grimm (28; wie im Materialienbuch, besser: Brüder Grimm); Gleichgesinnte (34; nach welcher Regel? Nur gleich Gesinnte ist gerechtfertigt); allein erziehend, Alleinerziehende, alleinerziehende Mütter (36; wie denn nun?); zurecht kommen (36; zurechtkommen § 34,1); cirka (38); kennengelernt (50; kennen gelernt); (In Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben usw. ist den doch kein "Relativpronomen"! 53); kennengelernt (62); energiesparenden (65; Energie sparenden § 36); Alii bella gerant (65; Bella gerant alii, schon um des Metrums willen!); Scheibmuffel (73); zu tiefst enttäuscht (81); weit zu erzählen (83; weiterzuerzählen § 34,1); zusammen gehören (85; zusammengehören); als erste (87; als Erste); es tut mit leid (91; mir Leid); (Das Vorfeld-es in Es klappert die Mühle usw. kann nicht, sondern muß bei anderer Stellung wegfallen [einer der hartnäckigsten Fehler bei Ausländern!] 98); ein Sich-orientieren (103); das tut mir leid (106); zufriedenstellt (108; zufrieden stellt); Bereiten sie sich ... (108 Sie); kaputt gegangen (138; kaputtgegangen); vorwärtskommen (140); stehenzubleiben (154); Textabschnit (155); Streichen Sie dabei als erstes (155; Erstes) Beginnen Sie von Neuem (155; neuem); die untenstehende Tabelle (157; unten stehende); festgefügt (164; fest gefügt, § 36: dicht behaart usw.); zufriedenstellenden (173; zufrieden stellenden); spiegeln wieder (174; wider); Fettgedrucktem (175; fett Gedrucktem, vgl. S. 170 desselben Bandes!); nochmal (176; noch mal); hin und her spulen (176; hin- und herspulen, s. amtl. Wörterverzeichnis); dem sie vertrauen (177; Sie); drauflos reden (184; drauflosreden); spiegeln wieder (200).
Unterwegs, Materialienbuch, 1998
mit Tausend anderen (24; tausend); kennengelernt (28); um so (128; umso, zweimal); Flüßchen (131; Flüsschen); soweit (132; so weit); Flüßchen (132; Flüsschen); erzähl mir ein Neues (132; neues, sc. Märchen); des sich Schlecht-Ernährens (134; Sich-schlecht-Ernährens); nicht rostend, nicht leitend (145; was soll das hier unter Präfix-Bildungen?)
Unterwegs, Lehrerhandbuch, 1999
Pictogrammm (4); bewußt (8); selbstgesteckten (9); auseinandersetzen (10); (Arbeitsblätter, die die Lerner von der Kursleitung erbeten können: erbitten!); irgend eines (11); angesprochen haben und (12; haben, und); eine besonders Erfolg versprechende Art (13; vgl. aber S. 139); Das Rollenfeedback (13; das R.!); müssen ist (13; müssen, ist); Ein Beispiel: dass (13; Dass...); den selben (14); sogenannten (14); wieder herzustellen (18); kennengelernt (18); das jeweils zuletzt Gehörte (18; gehörte); kennezulernen (19; 2mal); selbständig (20; sonst nur selbstständig); Affaire (23); vorbereiten möchten (29; Komma fehlt); sogenannten (31; 2mal); Erstes Sammeln (32; nach Doppelpunkt klein); kennengelernt (33); gutgehn (34); Gleichgesinnte (36); genau so (37); auseinanderzusetzen (49); 60-er Jahre (53); schreiben Sie (56; gemeint: sie); (57; letzte Zeile: Komma!); ich habe ihm erzählt: die (62; groß nach Doppelpunkt); Kenntniss (71); auseinandersetzt (76); kennenzulernen (79); auseinandersetzen (82); kennenlernen (82); Und nun: lassen (82; Lassen...); Deutschsprechenden (88); Mann soll (89; Man soll); kennenlernen (91); Hier ist Vieles denkbar (92); vergallopiert (93); sogenannten (96); erstmal (101); selbstbestimmt (104); als nächster (110); 50iger, 60iger (112); (113; 3. Zeile v. u.: Komma!); hochziehen (113); als erster (114); als nächster (114); ohne zu Zögern (114); Deutschsprechenden (119); Deutschsprechende (130); richtigstellen (132); kennenzulernen (132); schwergefallen (132); sogenannten (134); leerstehende (134); besorgniserregende (135); erfolgversprechendste (136: vgl. S. 11!); selbsterstellte (149); Einziggeliebte (154); strahlendrot (154); leuchtendrot (154); einiger Weniger (191); einige Wenige (191); alleinstehende (192).
Sichtwechsel neu Text- und Arbeitsbuch 1. Stuttgart: Klett 1997
(Einige Texte sind auf Neuschreibung umgestellt andere nicht; der Unterschied wird aber nirgendwo thematisiert.)
als erstes (7); etwas Auswendiggelerntes (27); sogenannte (34); als erstes, als zweites, als drittes (47); heisst (2mal) (70); "gefällt sie dir?" sagte ... (82); noch mal (90); eine Zeitlang (93); Schlußformeln (94); erstmal (109); kennengelernt (2mal) (112); jedesmal (117); zum erstenmal (120); jedesmal, als erstes (121); der 34-jährigen (132); jedesmal (139); muß (151); noch mal (162)
Alles ist mit einem Bienenwachsprodukt Wasser abweisend angepinselt (70).
S. 82 wird Karl Kraus zitiert: "In keiner Sprache kann man sich so schwer verständigen wie in der eigenen." - Das Original lautet aber "...wie in der Sprache".
Im folgenden werden zwei Spezialwörterbücher für Deutsch als Fremdsprache untersucht.
Langenscheidt Großwörterbuch Deutsch als Fremdsprache. Neubearbeitung 1998. Berlin: Langenscheidt.
Die Neubearbeitung wurde vor allem durch die Rechtschreibreform notwendig; ihr gelten die meisten Veränderungen gegenüber der ersten Auflage. Zur Gesamtkonzeption sei an dieser Stelle nur so viel gesagt: Das Werk ist entgegen seiner ausdrücklichen Absicht kein spezifisches Lernerwörterbuch, schon gar nicht für deutschlernende Ausländer. So fehlt durchgehend die Aussprachebezeichnung - ein unbegreifliches Manko bei einem auf Sprachlexika spezialisierten Verlag. Auch die Zahl von 66.000 Stichwörtern steht der Konzeption entgegen.
Das Wörterbuch richtet sich nach dem Duden von 1996, eiem Werk das seither in doppelter Hinsicht überholt ist. Zum einen hatte das unklar formulierte amtliche Regelwerk damals zahllose Fehlauslegungen hervorgerufen. Besonders die Bertelsmann-Rechtschreibung wimmelte von Fehlern, aber auch der Duden setzte, wie erwähnt, irrigerweise zum Beispiel fest, daß über zwanzig Verben vom Typ wiedersehen nunmehr getrennt zu schreiben seien, erst in der zum zweitenmal reformierten Ausgabe von 2000 ist das korrigiert. Beide Lernerwörterbücher führen folglich all diese Wörter nicht mehr an bzw. nur in der irrtümlich angenommenen Getrenntschreibung. Die betroffenen Wortformen kommen in jedem Jahrgang einer Tageszeitung über zweitausendmal vor und gehören damit zu den häufigen. Der Dudenfehler ist also durchaus folgenreich.
Hinzu kommt, daß die Bearbeiter noch nichts von den hinter verschlossenen Türen vorgenommenen Rückbaumaßnahmen wissen; ihre Orthographie ist also noch die längst überholte von 1996.
Langenscheidt und Kempcke befinden sich in derselben mißlichen Lage wie andere Lexikographen in dieser Zeit der Verwirrung. Einerseits gibt es Wörter wie jedesmal, sogenannt, notleidend nach dem Ratschluß der Kultusminister nicht mehr, andererseits erwarten die Benutzer eines Wörterbuchs, daß sie diese Wörter, die ja in der gesamten seriösen Literatur nach wie vor benutzt und gedruckt werden, in einem solchen Wörterbuch auch finden. Das Wörterbuch behilft sich damit, daß es die aufgelösten Wörter an derselben alphabetischen Stelle einordnet, an der sie stehen würden, wenn es sie noch gäbe. Die Begründung lautet so: "Wortverbindungen, die weiterhin als eine Einheit empfunden werden, bleiben als Stichwörter erhalten." (Großwörterbuch S. XI).
Die daraus folgende Praxis ist höchst widerspruchsvoll: "wieder ist betont, wenn das Verb, mit dem es verbunden ist, selbst nicht trennbar ist. Die Verben mit wieder- werden dann nach folgendem Muster gebildet: wieder finden (...)" (S. 1135) Das ist der Wortlaut der ersten Auflage, aber nach der Reform ohne Sinn, denn damals hieß "verbunden" soviel wie "zusammengesetzt"; jetzt aber gibt es, wie das Muster zeigt, die Zusammensetzung nicht mehr und folglich auch kein wieder-. Auch der Hinweis, die Verbindung von wieder mit Verben sei "sehr produktiv", geht aus demselben Grund nun ins Leere. Dieselbe Kritik muß an vielen Stellen angebracht werden; zum Beispiel ist unter voll von Verben mit voll- die Rede, aber ein neueingefügter umfangreicher Kasten zeigt, daß all diese Verbindungen aufgelöst sind.
Bei schwindelerregend usw. geht Duden und damit auch das Großwörterbuch eigenmächtige Wege. Ganz im Sinne der Reformkritiker wird in einem eigenen Kasten postuliert, daß aus grammatischen Gründen nur die Steigerung äußerst schwindelerregend in Frage kommt, ebenso bei besorgniserregend, ekelerregend. Die amtliche Regelung sieht allerdings nur Getrenntschreibung vor. (Die einfachen Komparationsformen hätten auch erwähnt werden müssen: schwindelerregender, am schwindelerregendsten.) Bei Aufsehen erregend ist der entsprechende Kasten vergessen, statt dessen findet man die nun sinnlos gewordene Angabe "K- (für "Kompositum"!): Aufsehen erregend".
Bei allgemein verständlich und vielen anderen aufgelösten Wörtern steht immer noch die Wortart "(Adj.)" - als ob Wortgruppen einer Wortart zugeordnet werden könnten. Tiefschürfend ist aufgelöst, als Komparation wird ausschließlich folgende, ziemlich wirklichkeitsfremde Reihe angeführt: tiefer schürfend, am tiefsten schürfend, tiefstschürfend. Man sagt aber auch und sogar viel häufiger tiefschürfender, am tiefschürfendsten.
Einzelnes wird jetzt reformgerecht groß geschrieben, soll aber weiterhin "Indefinitpronomen" sein. Seit wann schreibt man Pronomina groß? Solche Unstimmigkeiten finden sich in großer Zahl. Daß die Reformer das Wort jedesmal aus dem deutschen Wortschatz getilgt haben, hat Langenscheidt mitbekommen, nicht aber die neue Zusammenschreibung von nochmal, die ausdrücklich im amtlichen Regelwerk steht, allerdings an ziemlich versteckter Stelle. Von wohltuend wird auf wohltun verwiesen, aber das gibt es längst nicht mehr, nur noch wohl tun.
Kempcke, Günter: Wörterbuch Deutsch als Fremdsprache. Unter Mitarb. v. Barbara Seelig u. a. Berlin: de Gruyter 2000
Dies ist das zweite größere einsprachige Lernerwörterbuch für Deutsch als Fremdsprache (wenn man von kleineren Werken wie dem neuen PONS-Wörterbuch absieht). Von Langenscheidts "Großwörterbuch Deutsch als Fremdsprache" unterscheidet es sich durch vollständige Aussprachebezeichnung, größere Fülle an grammatischen und phraseologischen Angaben und zahlreiche nützliche Anhänge zu Wortbildung, Wortfamilien usw. Vor allem in den Bedeutungsangaben, aber auch in anderer Hinsicht erweist es sich als Neubearbeitung des "Handwörterbuchs der deutschen Gegenwartssprache", das derselbe Verfasser in der DDR herausgebracht hatte, eine damals stark beachtete lexikographische Leistung.
Die Konzeption überzeugt, die Auswahl der Wörter ist annehmbar, die Ausführung im einzelnen fast immer sorgfältig, ja vorbildlich. Leider wird dieser positive Eindruck bei näherem Hinsehen durch einen einzigen Mißgriff völlig zunichte gemacht: Das Wörterbuch folgt der sogenannten Rechtschreibreform. Die Folgen sind fatal, das Werk kann in der vorliegenden Fassung schlechterdings nicht benutzt werden.
Zunächst richtet sich der Verfasser, wie er im Vorwort mitteilt, nach den reformierten Rechtschreibwörterbüchern von Duden und Bertelsmann, jeweils in der Ausgabe von 1996. Dadurch ergeben sich dieselben Fehler wie bei Langenscheidt.
Bei den Wörtern, die es laut Neuregelung nicht mehr gibt, weil sie aufgelöst werden, verfährt Kempcke folgendermaßen: Er führt sie zwar noch an der richtigen Stelle ein, aber: "Sie erhalten jedoch dann keine Aussprache- und Wortartangabe und keine Wortfamilienzuweisung, da sie nicht mehr als Komposita (als Einwortlexeme) definiert werden können." (S. IX) Irgendwie existieren die "verbotenen" Wörter noch, aber man darf nicht von ihnen sprechen, weil die deutschen Kultusminister das nicht wollen. Im Anhang werden Wortfamilien dargestellt. Da findet man zwischen lauter Einzelwörtern auch die Wortgruppe Not leidend, auch so ein illegitimes Familienmitglied, das sich hier hineingeschmuggelt hat.
Da die aufgelösten Wendungen wie fertig stellen an derselbe alphabetischen Stelle eingeordnet sind wie vormals die zusammengeschriebenen, könnte man ganz zufrieden sein, wenn es sich um eine generelle Lemmatisierung von Phraseologismen handelte. Gerade das ist aber nicht der Fall. Wo der Duden bisher schon Getrenntschreibung vorschrieb, zum Beispiel (unrealistischerweise) bei ernst nehmen, da bleibt es bei der Einordnung unter dem Basislemma ernst. Das absurde so genannt steht nicht unter so, sondern trotz seiner aufgelösten Form dort, wo sogenannt hingehört usw. Es sind nur die von den Kultusministern beseitigten, übrigens bis 2005 auch für die Schule weiterhin gültigen Wörter, die ein so gespensterhaftes Wörterbuchdasein führen, daß es sie gleichzeitig gibt und nicht gibt.
Hinter den aufgelösten Gruppen Besorgnis erregend usw., steht jedesmal "Steig. reg.". Nun - wie steigert man das denn "regelmäßig"? Besorgnis erregender, am Besorgnis erregendsten? Wie gesagt, die allerneuesten Wörterbücher kennen dieses Problem nicht mehr, weil sie entgegen dem amtlichen Regelwerk die verschwundenen Zusammensetzungen wiederhergestellt haben.
Die Unterwerfung unter den Willen der Kultusminister geht bis zur Verleugnung der eigenen Sprachkompetenz. Man liest hier grammatisch falsche Sätze wie sie ist allein stehend, sein Zustand ist Besorgnis erregend, seine Antwort war nichts sagend, ihr Schweigen war vielsagend, es tut mir sehr Leid usw. Gerade gegenüber Ausländern ist es unverantwortlich, solchen Galimathias zu präsentieren, von dem die Reformer sich inzwischen selbst wieder distanziert haben.
Einzelne Einträge sind völlig mißlungen, zum Beispiel gleich dieser: einzeln. Kempcke übersieht, daß es laut Neuregelung das Indefinitpronomen einzelne gar nicht mehr gibt. Es gibt nur noch das Adjektiv und das Substantiv; die Neuschreibung sieht daher so aus: Hier muss noch Einzelnes geklärt werden, weil Einzelne geirrt haben. Das ist zwar absurd, aber amtlich. Von wohltuend wird auf wohltun verwiesen, aber das gibt es gar nicht mehr, nur noch wohl tun. Ähnliche Unstimmigkeiten auch anderswo. Die Neuschreibung auf Deutsch steht immer noch da, wo sie einmal hingehörte, nämlich unter dem Adjektiv deutsch; von Rechts wegen müßte sie aber jetzt zum nächsten Stichwort, dem Substantiv Deutsch gestellt werden. (Andere unentbehrliche Sprachbezeichnungen wie englisch, französisch sind übrigens nicht angeführt, dafür aber ziemlich unnütze Vokabeln wie blümerant.) Die Einleitung kündigt an, verbläuen und belämmert gemäß der Augstschen Volksetymologie bei den jeweiligen falschen Wortfamilien unterbringen zu wollen; zum Glück erfüllt sich diese Drohung nicht, beide Wörter sind sinnvollerweise überhaupt nicht aufgenommen.
Zum Schluß noch ein paar Kleinigkeiten. Die sinnlose Neuschreibung der Tageszeiten ist durchgehend mißverstanden worden: Unter Abend usw. steht jeweils, nach dem Wochentag werde dieses Substantiv gesetzt, also Sonntag Abend, Morgen, Nacht, Mittag, Nachmittag. Die Reform legt jedoch (inkonsequent genug) fest: Sonntagabend usw. Daß es Greuel nicht mehr gibt, hat Kempcke unter dem Stichwort Blut wohl vergessen. Wie alle anderen Wörterbücher übersieht auch dieses, daß die Neuregelung durchaus das Wort nochmal enthält, wenn auch an sehr versteckter Stelle. Die Wendung bankrott gehen gibt es nicht mehr, da die Reformer hier irrigerweise das Substantiv Bankrott zu erkennen glauben (wie Pleite im ebenso falschen Pleite gehen). Das alles läßt sich korrigieren. Schwerer dürfte es den Verfassern fallen, eine Revision der orthographischen Grundentscheidung gegen die Reformlobby durchzusetzen.
Nicht speziell für Deutsch als Fremdsprache verfaßt, aber in diesem bereich viel benutzt: die Dudengrammatik:
DUDEN: Grammatik der deutschen Gegenwartssprache. 6., neu bearbeitete Auflage. (Duden Band 4): Mannheim 1998
Die Neubearbeitung der Dudengrammatik ist nicht nur selbst in reformierter Orthographie verfaßt, sondern auch inhaltlich gegenüber der 5. Auflage von 1995 so verändert, daß sie der Rechtschreibreform gerecht wird. Dies war offenbar auch der einzige Grund, warum das Werk bereits nach drei Jahren neu aufgelegt werden mußte.
Zu den schwersten Fehlern der sogenannten Rechtschreibreform gehört bekanntlich die gewaltsame Auseinanderreißung zusammengesetzter Wörter. Wenn man schwindelerregend auflöst, ergeben sich grammatisch falsche Gebilde wie am Schwindel erregendsten, und es gibt noch eine Reihe weiterer Gründe, warum auch die vielen anderen Zusammensetzungen wie blutsaugend, tiefschürfend und schwerbeschädigt erhalten bleiben müssen. Die Reformer selbst haben Ende 1997 erklärt, eine Revision dieses zentralen Kapitels sei "unumgänglich notwendig", doch legten die deutsche Kultusminister ihr Veto ein. Seither wird an deutschen Schulen etwas unterrichtet, was sogar die Urheber für falsch halten.
Wie geht nun die Dudengrammatik mit diesen heiklen Fällen um?
Im Wortbildungskapitel hieß es 1995 noch völlig richtig: "Zwei Drittel der mit 1. Partizipien gebildeten Zusammensetzungen folgen dem Muster gefahrbringend, erdölproduzierend usw." In der Neuauflage ist dieses Muster ersatzlos gestrichen, die Verfasser wollen von dem einst so produktiven Wortbildung noch nie etwas gehört haben!
Alle größeren deutschen Grammatiken und nicht zuletzt Band 9 des Großen Duden ("Richtiges und gute Deutsch") vermerken seit je, daß man im Deutschen nicht sagt: Das Ergebnis ist durchaus zufrieden stellend; das erweiterte Partizip ist nämlich anders als das zusammengesetzte Adjektiv (zufriedenstellend) ungeeignet, als Prädikativum zu fungieren. Genau dieser unzulässige Satz steht aber nun in der neuen Dudengrammatik, weil die Rechtschreibreform es so und nicht anders will.
In der vorigen Auflage wußten die Verfasser noch: "Auch Partizipien wie schwerbeschädigt sind Komposita, das zeigt die Reihenbildung. Das Zweitglied bestimmt die Wortart, sie tragen außerdem nur einen Hauptakzent und weisen eine spezifische Bedeutung auf." 1998 heißt es an der gleichen Stelle: "Zu diesem Übergangsbereich gehören dann besonders viele Partizipbildungen wie schwer beschädigt (...). Das Zweitglied bestimmt die Wortart, sie tragen außerdem nur einen Hauptakzent und weisen eine spezifische Bedeutung auf." - Da aber das in zwei Wörter zerlegte Gebilde schwer beschädigt gerade kein Kompositum mehr ist, kann man auch nicht mehr von einem "Zweitglied" sprechen. Und vollends absurd ist nun der letzte Satz, weil er immer noch etwas zu begründen vorgibt, was inzwischen gar nicht mehr exisiert.
Zum Satzbauplan Ich bin diesem Mann fremd gehörte 1995 ausdrücklich auch der Satz Der Kaiser war den Christen feind. Drei Jahre später ist er gestrichen, weil die Orthographiereformer irrigerweise meinten, hier handele es sich um das Substantiv Feind. Gestrichen sind aus demselben Grunde auch freund sein und not tun. Die Neuschreibung verlangt ja widersinnigerweise: Seefahrt tut Not. Sobald die Reformer ihre Revisionspläne verwirklichen dürfen, werden alle diese Formen wieder auftauchen und damit wohl auch das vorübergehend unterdrückte grammatische Wissen der Dudengrammatiker. (Im Band 9 des Großen Duden wird ausdrücklich so Leid es mir tut als "richtiges und gutes Deutsch" gelehrt!)
Die staatlich verordnete Großschreibung der Tageszeiten in heute Abend usw. hat die erstaunliche Folge, daß dort, wo die Grammatik zuvor ein Adverb erkannte, nun ein Substantiv stehen soll; das Beispiel Donnerstag abend ist vorsichtshalber ersatzlos gestrichen.
Die Wortvernichtung geht noch weiter. Gestrichen sind aufsichtführend, unverrichteterdinge, sogenannt - lauter Wörter, denen die Rechtschreibreform den Garaus gemacht hat. Ein aufgelöstes Stichwort so genannt ist im Register zwar noch zu finden, allerdings mit einem nunmehr blinden Verweis auf einen Abschnitt, der das Stichwort auch in der aufgelösten Form gar nicht mehr enthält.
Die Bereitschaft der Verfasser, sich von den staatlich autorisierten Orthographen über grammatische Sachverhalte belehren zu lassen, ist erstaunlich. Der Orthographie wird zugetraut, uns nicht nur über die Schreibweise der Wörter zu informieren, sondern sogar darüber, welche Wörter es überhaupt gibt. Syntax und Wortbildung liegen aber der Orthographie voraus, sie können durch orthographische Eingriffe, mögen sie auch mit staatlicher Autorität vorgenommen sein, nicht geändert werden. Daß ebendies nun versucht wird, noch dazu an so prominenter Stelle, gehört zu den beschämendsten Nebenfolgen der unglücklichen Schreibveränderung.
Fazit: Mit den orthographisch umgestellten Lehrwerken und Wörterbüchern ist kein qualifizierter Deutschunterricht mehr möglich. Deutschland stellt sich auch im Ausland als das einzige demokratische Land dar, in dem von Amts wegen objektiv Falsches unterrichtet wird.
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Th. Ickler
eingetragen von Walter Lachenmann am 11.12.2001 um 17.08
... ich hab's einfach nicht verstanden.
Danke für die Erklärung.
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Walter Lachenmann
eingetragen von Theodor Ickler am 11.12.2001 um 17.00
Aber Herr Lachenmann! Der polnische Kollege meint, daß das reformbedingt fakultativ werdende Komma weiterhin obligatorisch sein sollte, d. h. insbesondere im Deutsch-als-Fremdsprache-Unterricht verpflichtend beigebracht werden sollte. Das läuft ungefähr auf desselben hinaus wie der Rat unserer alten Freunde Gallmann und Sitta im Handbuch Rechtschreiben.
Man kann das zweifellos besser ausdrücken, aber der polnische Germanist hat seinen Aufsatz knapp und gut abgefaßt, übrigens in herkömmlicher Rechtschreibung, im Gegensatz zu anderen Beiträgern und auch zum Herausgeber Engel, der eigentlich gegen die Reform, allerdings dem IdS seit Jahrzehnten eng verbunden ist.
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Th. Ickler
eingetragen von Christian Melsa am 11.12.2001 um 16.19
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"Obligatheit"?
Und ich dachte, das th in deutschen Wörtern sei 1901 abgeschafft worden?
eingetragen von Walter Lachenmann am 11.12.2001 um 16.13
"Ich plädiere für die Obligatheit des in Zukunft fakultativen Kommas."
Was heißt das bitte?
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Walter Lachenmann
eingetragen von Theodor Ickler am 11.12.2001 um 16.09
Prof. Antoni Debski, Universität Krakau, untersucht die Auswirkungen der reformierten Zeichensetzung und kommt zu einem sehr negativen Urteil. Er weist die Unlogik der Neuregelung nach. Sein Fazit lautet:
"Ich plädiere für die Obligatheit des in Zukunft fakultativen Kommas."
("Interpunktion als Bestandteil der Grammatik im Unterricht DaF", in: Grammatik im Fremdsprachenunterricht aus polnischer Sicht. Hg. von Ulrich Engel. Karpacz 2001, S. 36-42)
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Th. Ickler
eingetragen von Elke Philburn am 30.10.2001 um 09.34
...gibt's (oder gab's) auch im Lehrmaterial selbst: "Alltag in Deutschland", ein Lehrwerk zum Höverstehen von Inter Nationes, widmet in der Ausgabe von 1992 sein letztes Kapitel dem 'grammatischen Telefon' und dem Rechtschreibduden, wobei insbesondere auf die damalige ss/ß-Regelung, die Großschreibung von 'du' und den Unterschied zwischen 'sitzenbleiben' und 'sitzen bleiben' eingegangen wird.
Kann man natürlich den Leuten nicht mehr vorspielen...
eingetragen von Theodor Ickler am 30.10.2001 um 08.59
Ich bin gerade dabei, weitere umgestellte Lehrwerke zu untersuchen bzw. untersuchen zu lassen, werde bald berichten!
Die bekannte Zeitschrift "Praxis Deutsch", mit herausgegeben von Peter Eisenberg, läßt es an frühem und starkem Reformeifer nicht fehlen. Auch Eisenberg schreibt also "aufwändig", obwohl er das gar nicht müßte. Andererseits findet man "aufrecht zu erhalten", was ja falsch ist. Ein "Wörterbuch-Bingo" in Heft 165 (Januar 2001) traktiert die Kinder mit folgenden Wörtern: Albtraum, Bändel, Delfin, Einfluss, Fass, Gämse, Hass, Imbiss, Känguru, Kuss, Misserfolg, nass, Pappplakat, rau, Stängel, Tipp, Überdruss. Verlass, Walnuss und Zuschuss. Kommentar überflüssig. Das ganze Heft, Wörterbüchern gewidmet, verliert kein Wort über die Rechtschreibreform. Dafür dürfen Duden-Mitarbeiter Artikel verfassen, die ganz ungeniert Werbung treiben.
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Th. Ickler
eingetragen von Elke Philburn am 29.10.2001 um 20.33
Haben Sie schon einmal Themen neu von Hueber angesehen?
Ich habe selber noch die Ausgabe in der alten Rechtschreibung, meinte aber in den Buchläden schon reformierte Versionen gesehen zu haben.
(Eine solche Einschätzung wäre interessant für jene DaF-Lehrer, die sich bisher unter Druck gesetzt fühlten, den neuen Regeln im Unterricht gerecht zu werden.)
eingetragen von Theodor Ickler am 29.10.2001 um 19.03
Hatten wir nicht mal ein Leitthema "Deutsch als Fremdsprache"? Ich kann es gerade nicht finden.
Eben habe ich ein neues Lehrwerk durchgesehen: Delfin. Max Hueber Verlag 2001.
Natürlich überflüssig, wie das meiste auf diesem Gebiet. Die neue Rechtschreibung wird so wenig beherrscht wie in anderen DaF-Büchern von Hueber, Langenscheidt usw. Man findet also
um Vier
kaputt gemacht
dazwischen kam
der einzige
viel zu Essen
eine Viertel Million
usw. Sehr oft fehlt das neue Komma nach wörtlicher Rede, und falsche Worttrennungen wie Mich-ael, Obe-rammergau sind auch nicht selten. Aber "sehr Leid tun" und "ganz Recht haben" sind immer "korrekt" geschrieben . Auch ist "selbstäöndig" vollständig getilgt und durch "selbstständig" ersetzt, genau wie in allen neuen Büchern der Unternehmen Duden/Langenscheidt und Bertelsmann, wo man das unschuldige "selbständig" mit wahrer Inbrunst verfolgt und in den Tod treibt. Daran erkennt man bei den Kleinen die besondere Unterwerfungssucht und beim Großen die Arroganz der Macht.
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Th. Ickler
Alle angegebenen Zeiten sind MEZ
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