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eingetragen von Sigmar Salzburg am 07.10.2017 um 19.48

Zufällig stoße ich auf das 3sat-Gespräch, das der ehemalige SWF-Intendant Peter Voß vor zehn Monaten mit Henryk M. Broder geführt hat. Voß war einer der wenigen Rundfunkleute, die sich kritisch zur Rechtschreib„reform“ geäußert haben:

„Politische Entscheidungen der Länder gelten für Schulen und nachgeordnete Behörden, aber für den unabhängigen Rundfunk ebensowenig wie für die freie Presse und für freie Bürger“ erklärte Voß. … Die sogenannte Rechtschreibreform sei eine kulturpolitische Instinktlosigkeit, gegen die zu Recht alle namhaften Schriftsteller protestiert hätten und die dennoch bürokratisch durchgepaukt worden sei. „In einem Kulturland, das diesen Namen verdient – zum Beispiel in Frankreich – wäre ein so unsensibles Vorgehen unmöglich gewesen“, sagte Voß. (SWF 25.07.2005, zit. n. FDS)
Am 18.12.2016 hat er auch sein letztes Interview geführt – mit Henryk M. Broder, dessen klarer Blick auf die hiesigen Verhältnisse bewundernswert ist. Unter anderem erwähnt er, daß er vor zehn Jahren gegen das Holocaust-Denkmal protestiert hat. Zu Martin Schulz sagt er hellsichtig (ab Min 32):
„Ich würde mich noch viel mehr freuen, wenn er Bundeskanzlerkandidat werden würde. Weil – die SPD rutscht dann dermaßen in‘n Keller, daß sie vielleicht endlich aufwachen wird.“
Letzteres ist aber auch nach dem Absturz vor zwei Wochen noch nicht einmal in Ansätzen erkennbar.
https://youtu.be/Se-lepwYCjU


eingetragen von Sigmar Salzburg am 09.08.2016 um 14.52

Die Rechtschreibreform - ein Flop?

Ein Gespräch mit dem Germanisten Prof. Uwe Grund


Audio: Jochen Erdmenger / Umfrage: Lisa Schäfer / Onlinefassung: Rick Reitler 02.08.2016 | 08:25 Uhr
[Jochen Erdmenger für SR 2 KulturRadio, Der Morgen, 9. August 2016, Länge ca. 7:42 Min.]

Der Germanist Prof. Uwe Grund hält die Geschichte der deutschen Rechtschreibreformen für ein Paradebeispiel für das Prinzip gut gemeint, aber schlecht gemacht: "Ich denke, dass das ein hehres Ziel war, aber dass dieses Ziel deutlich verfehlt worden ist", sagte er im Gespräch mit SR 2 KulturRadio. "Die neuen Regeln sind weder logischer noch transparenter, noch für den Normalbürger verständlicher, als es die herkömmlichen alten klassischen Duden-Richtlinien oder -regeln waren".

"Falscher Alarm"

Alle Reformbemühungen seit den frühen 1970er Jahren hätten als Ziel ausgegeben, die Fehlerhäufigkeit beim Schreiben zu minimieren. Aus dieser Zielvorgabe hätten die Reformbeschlüsse überhaupt erst ihre Legitimation bezogen.

Nach seiner eigenen Studie "Orthographische Regelwerke im Praxistest: Schulische Rechtschreibleistungen vor und nach der Rechtschreibreform" sei genau das aber nie erreicht worden.

Nicht nur er selbst könne das anhand seines umfangreichen Schülerarbeitenarchivs belegen - eine von den Reformerverfechtern seinerzeit ignorierte, zeitgenössische Untersuchung aus der DDR habe zudem belegt, dass das Grundproblem - also eine weit verbreitete Rechtschweibschwäche - in Wahrheit gar nicht in einem solchen Maße vorhanden gewesen sei, das eine Reform gerechtfertigt hätte. Insofern basierten sämtliche Reformansätze auf einem "Fehlalarm", der auch ideologisch unterfüttert gewesen sei - Stichwort Bildungsreform.

"Massenhaft entgegen dem Reglement"

Das aktuell gültige Regelwerk basiere vor allem auf drei Grundregeln: dem Prinzip der vermehrten Großschreibung, dem Prinzip der vermehrten Getrenntschreibung und dem Oralitätsprinzip - nach dem Motto "Schreibe so, wie du sprichst". Speziell die Bekenntnisse zur vermehrten Großschreibung und zur Wort-Trennung werde von der heutigen Schülergeneration "massenhaft" und "entgegen dem Reglement" angewendet.

Ad fontes

Grund empfiehlt zur Verbesserung der Rechtschreibepraxis, jene Frage in den Mittelpunkt zu stellen, die von der orthografischen Konferenz der Schweiz vorgeschlagen worden sei: "Was ist der tatsächliche Usus?" Es gebe "Muster und Vorbilder, an denen man sich orientieren" könne, so Grund , "und das sollte man einem Gremium unabhängiger Köpfe anheim geben und weniger staatlichen Institutionen".

sr.de 9.8.2016

Hervorhebung S.S. – Jeder normaldenkende Deutsche hatte den Unfug einer so groß angelegten „Reform“ erkannt, aber die Gesellschaftsveränderer, denen man den kleinen Finger gereicht hatte, wollten nun die ganze Hand – und unsere wahngetriebenen Politiker ließen sie ihnen, mit Hochmut und Spott für den „beschränkten Untertanenverstand“.


eingetragen von Sigmar Salzburg am 08.09.2014 um 06.49

Analyse zur Landtagswahl in Sachsen
Wer wählte was warum?
... Gleichzeitig verliert die CDU aber deutlich an die AfD, wie die Wählerwanderungen zeigen. Die AfD wiederum zieht Wählerstimmen von allen bisher im Landtag vertretenen Parteien ab, neben der CDU aber besonders von der NPD und der FDP.
tagesschau.de 1.9.2014

Da wurde etwas unterschlagen. Die AfD zog tatsächlich von den anderen Parteien Stimmen ab, aber von:
CDU 33000, FDP 18000, Linke 15000, NPD 13000, SPD 8000, Grüne 3000

Insgesamt haben also 51000 vorherige CDU/FDP-Wähler und 26000 ehemalige Linkswähler ihre Hoffnung in die AfD gesetzt. Das paßt natürlich nicht zur Propaganda, daß die Partei als NPD-Ableger anzusehen sei.


eingetragen von Sigmar Salzburg am 19.08.2014 um 09.52

Auf einen Artikel zum “Zeitungssterben” von Andreas Unterberger bei FreieWelt.net
schreibt ein „harald44“ (in deutscher Normalschreibung):


17. August 2014 um 07:56
Die Zeitungen sind selbst schuldig an ihrem “Sterben”!
Denn sie haben sich so bereitwillig dem politisch verordneten Zeitgeist unterworfen, daß ich im Grunde in allen Zeitungen, was die Politik betrifft, das gleiche zu lesen bekomme. ... Hinzu kommt, daß die Rechtschreibung bei den Redaktionen sich enorm verschlechtert hat, und wenn ich beim Lesen nur einer Zeitungsseite auf mehrere Fehler stoße, die schon eine einfache WORT-Korrektur erkennen würde, die man aber stehen läßt, dann mindert dieser Umstand das Lesevergnügen erheblich...

Interessanter für Demokratieabgabe-erpreßte Bürger ist aber der darüberstehende Hinweis von „Jürgen Zumpe“:

14. August 2014 um 18:21
Die Medien sind an ihrem Untergang selber schuld. Hier mal 2 Beispiele für die deutschen, zwangsabgabenfinanzierten Qualitätsmedien. Es ist eine Frechheit, dass die mündigen Bürger diese Lügen auch noch finanzieren dürfen. Aber seht selbst …
https://www.youtube.com/watch?feature=player_embedded&v=a_fWq-jldWs
https://www.youtube.com/watch?feature=player_embedded&v=9Eo0oVgImfs


eingetragen von Sigmar Salzburg am 11.07.2014 um 03.48

Das Besondere an diesem Stück Papier: Es war schon einmal groß zu sehen, als Beweismittel in einer ARD-Dokumentation mit dem Titel "Der Fall Mollath - die Story im Ersten"...

Oberstaatsanwalt Meindl hat den preisgekrönten Film penibel studiert und dabei einen Widerspruch in Brauns Aussagen entdeckt, der Rückschlüsse auf dessen Glaubwürdigkeit liefern könnte...

"Es ist durchaus möglich, dass meine Aussage vor dem Fernsehteam nicht korrekt ist." Aha, sagt Meindl. "Und warum haben Sie es dann gesagt?" Braun zuckt mit den Achseln: "Das war das Drehbuch. Das Fernsehen ist halt ein bissel Folklore."
spiegel.de 10.7.2014


eingetragen von Sigmar Salzburg am 28.09.2013 um 09.50

WDR Fernsehen / Sonntag, 29. September 2013 / 19.30 bis 20.00 Uhr / WESTPOL - Politik in NRW

Düsseldorf (ots) - WESTPOL am Sonntag unter anderem mit folgenden Themen:
...
Rechtschreibchaos

Anfang der 70er Jahre haben Kinder in der vierten Klasse bei 100 Wörtern sieben Rechtschreibfehler gemacht. Heute machen sie 16. Warum hat sich die Rechtschreibung so verschlechtert? Weil in der Schule auf die falsche Methode gesetzt wird, meinen Experten. Grundschulkinder in Nordrhein-Westfalen lernen meist das Schreiben mit einer sogenannten Anlauttabelle. Sie schreiben so wie sie hören und dann steht im Heft halt "Abentoja" statt "Abenteuer". Die FDP will das nicht länger hinnehmen und will die alte Fibel zurück. Doch die Schulministerin hält dagegen.

finanznachrichten.de

Es ist offensichtlich: Der Anfang allen Übels, die „Reform“ der Rechtschreibung, darf nicht mehr genannt werden. Nun hat man zur Ablenkung und als Sündenbock das pädagogisch idiotische, aber eigentlich nicht verpflichtende Schreibenlernen nach Gehör.


eingetragen von Sigmar Salzburg am 10.04.2013 um 10.37

Monty Putins Flying Circus: Wie man ein Sternchen durch die Manege kickt

Das ARD-Interview Jörg Schönenborns mit Wladimir Putin war ein Gespräch zwischen Huhn (Schönenborn) und Fuchs (Putin), Schaf und Schäferhund, Rotbäckchen und Jägermeister, Ahnungslosigkeit und Insiderwissen, Dreikäsehoheit und Schlagfertigkeit.

Putin führte den Chefredakteur Fernsehen der Aktuellen Kamera vor wie ein Dompteur ein Löwenbaby; das war auch kaum anders zu erwarten von jemandem, der noch nicht mal zwischen einer Zwangsabgabe zur Erhaltung der Meinungseinfalt und Solidarität unterscheiden kann.

Statt kluger, bohrender und sachkompetenter Fragen hakte Schönenborn den üblichen Multiple Choice-Fragenkatalog der Anti-Putin-Propaganda ab. Der russische Premier dürfte sich innerlich schief und scheckig gelacht haben, was er an einer Stelle des Interviews auch durchkichern ließ, als er den Erfinder des „Demokratie-Soli“ ganz unverblümt fragte: „Wie heißen Sie?“. Lies: „Warum stehlen Sie meine Zeit? …“

ef-magazin.de 6.4.2013

Götz Wiedenroth hat die Sache hier mal wieder richtig erfaßt.


eingetragen von Sigmar Salzburg am 28.09.2011 um 04.42

Frage & Antwort, Nr. 191
PIN-Code vergessen. Warum?

Wie kommt es, dass man plötzlich Dinge vergisst, die man jahrelang zuverlässig wusste, dass mir also zum Beispiel am Geldautomaten plötzlich meine PIN nicht mehr einfällt? Wie sind solche Gedächtnislücken zu erklären? (fragt Doreen M. aus München)

… Und wie ist das, wenn man beim Schreiben plötzlich nicht mehr weiß, ob es Ihr wart oder Ihr ward heißt?

"Dann", lacht der Experte, "ist das oft einfach auf mit der Rechtschreibreform verbundene Unsicherheiten zurückzuführen."

Brandenberg spricht aus Erfahrung: Nur etwa die Hälfte der Patienten der Memory Clinic ist seinen Angaben zufolge tatsächlich kognitiv beeinträchtigt im Sinne einer Demenzentwicklung…

n-tv.de 27.9.2011


eingetragen von Sigmar Salzburg am 13.09.2011 um 05.27

«SOKO Stuttgart» mit Dieter Hallervorden
Berlin (dpa) - Palim, Palim» bei der «SOKO Stuttgart»: Die ZDF-Vorabendkrimiserie bekommt Verstärkung von Komiker Dieter Hallervorden (76). Derzeit wird die Krimifolge «Tödliches Idyll» gedreht, in der «Didi» den nervigen Wochenend-Camper Alfred Vogelmann spielt, wie das ZDF am Montag mitteilte…
Die neue Staffel der Krimiserie, die immer donnerstags um 18.05 Uhr läuft, startet an diesem Donnerstag (15.9.).
ka-news.de 12.9.2011

... und hier geht’s zum Rechtschreib-Krimi

P.S. Die dort erwähnte Rechtschreibkommission ist 2004, man möchte sagen, mit Fußtritt entlassen worden und durch den Zehetmair-Rat ersetzt worden. Dessen letzte Leistung war das Verbot eines zweiten „f“, z.B. im Wort „Rechtschreib-Maffia“.


eingetragen von Sigmar Salzburg am 25.11.2009 um 17.55

Von Sauerstoffflaschen und Nussstrudeln

Die Rechtschreibreform ist heute vor 15 Jahren beschlossen worden. Sie war umstritten und ihre neuen Regeln wurden seit Einführung bereits zweimal wieder geändert. Was hat die Rechtschreibreforn gebracht? Einen großen Erfolg, oder ein totales Wirrwarr?

bayerisches-fernsehen 23.11.09


eingetragen von Sigmar Salzburg am 19.06.2009 um 19.08

Info: Nordwestradio unterwegs

Wir greifen auf, was in der Nordwestregion vielstimmig zur Sprache gebracht werden soll, was die Menschen bewegt. Ob Hartz IV, die Rechtschreibreform, Probleme mit der Windenergie, Naturschutzfragen, der Ausbildungspakt, die geplante Küstenautobahn oder die Zukunft des Bahnverkehrs in der Region: Das Nordwestradio bietet allen, die von diesen und anderen Fragen betroffen sind und sich engagieren, ein offenes Forum.
Sendezeit:
Di., Mi., Do., 13:05 - 14 Uhr

radiobremen.de


eingetragen von Sigmar Salzburg am 10.01.2008 um 07.12

Heute nacht beim Rätsel- und Striptease-Sender 9Live:

Handschriftlich auf der großen Tafel:

TIERE MIT Ä Ö Ü

KÄNGURUH, BÄR
LÖWE, MÖWE …

(Die telefonische Dummen-Abzocke habe ich im letzten Jahr selbst getestet: Meine richtige Lösung „Supersaurier“ wurde mir nicht abgenommen, aber die Telefongebühr. Und noch eine Stunde später krächzte der schnuddelige „Quizmaster“: „Weiß denn niemand die Lösung?“)

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Sigmar Salzburg


eingetragen von Sigmar Salzburg am 02.07.2007 um 13.14

Focus-Chef Markwort befragt Wolf Schneider zu seinem neuen Buch „Glück“, erschienen bei Rowohlt. Es wird in die Neuschreibung konvertiert sein, die Schneider ablehnt. Sonst hätte Markwort wohl auch nicht gönnerhaft versichert, daß er Schneiders Bücher seinen jüngeren Kollegen manchmal zum Lernen gebe.

Vor drei Jahren hatte Schneider prophezeit, daß die „Reform“ zusammenbrechen werde. Das hat Markwort zu verhindern geholfen:

Den von den Reformgegnern vielfach erhobenen Vorwurf, es habe bei den Entscheidungen vor der Neuregelung ein Demokratie-Defizit gegeben, nannte Markwort „fast eine Diffamierung“. „Auch wenn davon die Rede ist, es sei ´staatlich verordnete Legasthenie´ – Tatsache ist, dass sehr viele zuvor befragt worden sind.“
Markwort kritisierte auch die Politiker, die angesichts der Kampagne gegen die Reform Bereitschaft zeigen, ihre eigenen Beschlüsse zu revidieren…

FOCUS will konsequent bei der neuen Rechtschreibung bleiben.
(15.9.2004)


Bei Johannes B. Kerner hatte Wolf Schneider dagegen am 24.9.2004 gesagt:

Kerner: Ist das wirklich nur so ein Sommerloch-Thema gewesen, Rechtschreibreform?

Schneider: Nein, sie ist ja eine von einer Minderheit von Germanisten und Kultusbürokraten erfundene Belästigung fast aller Menschen deutscher Muttersprache. Es haben doch die Deutschen nicht verlangt, daß man die Rechtschreibung reformiert. Das haben die Deutschlehrer nicht verlangt, das haben die Journalisten nicht verlangt, das haben die Schriftsteller nicht verlangt. Kein Mensch, kein Mensch will es! Jeder, der die Rechtschreibung ändert, belästigt seine Mitmenschen (tosender Applaus). ... Keiner, der die Schule hinter sich hat, will noch im Schreiben umlernen, und keiner will eine rein vernünftige Schreibweise haben. […] Also, es ist Unfug, daß eine unbefugte Minderheit sich mausig gemacht hat und wichtig gemacht hat, wir wollen 'mal an der deutschen Sprache 'rumfummeln.

Kerner: Aber, wie schaffen die das? Warum schaffen die das?

Schneider: Sie haben sich hinter die Kultusbürokratie geklemmt. Und diese Kombination wird nun hoffentlich aufgeknackt durch das ungewöhnliche Bündnis zwischen 'Spiegel' und 'Bild'-Zeitung.


Leider hat der sicher gutwillige Spiegel-Chef Stefan Aust wegen der Bertelsmann-Connection, der Focus-Konkurrenz und der Heckenschützen im eigenen Hause einknicken müssen.

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Sigmar Salzburg


eingetragen von Christoph Kukulies am 18.02.2005 um 14.23

Eben lief im WDR eine Sendung mit Anrufermeinungen zur "RSR". Es wurde auch die Frage nach der Abschaffung des "ß" gestellt - das scheint ein neues Ablenkungsmanöver, lanciert durch den sog. Rat, zu sein.

Zuhörermeinung: man brauche das "ß". Anrufer:"Das schlimmste an der Rechtschreibreform ist, daß es sie überhaupt gibt".


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Christoph Kukulies


eingetragen von Theodor Ickler am 23.12.2004 um 04.15

Am Neujahrstag will der Südwest-Rundfunk in der Reihe "Aula" einen Vortrag über die Rechtschreibreform bringen. Gestern habe ich ihn im Studio Nürnberg aufgenommen. Hier die Ankündigung:

01.01.2005 um 08.30 Uhr
SWR2 Aula
Reform mit drei "F"
Über die Folgen der neuen deutschen Rechtschreibregeln



Mein Thema diesmal: Orthographie als Entdeckungsverfahren (das war auch der eigentliche Titel). Zusammengefaßt: In die bewährte Rechtschreibung sind intuitive Erkenntnisse über die Struktur der Sprache eingebaut. Das wird an Beispielen aus allen Bereichen vorgeführt. Die Reform macht es großenteils kaputt.

(Das erweiterte Skript kann dann auch heruntergeladen oder beim Sender bestellt werden.)
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Th. Ickler


eingetragen von Theodor Ickler am 19.12.2004 um 05.12

Klaus Jürgen Haller war der erste Träger des Medienpreises für Sprachkultur, den die später entartete Gesellschaft für deutsche Sprache vergibt.
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Th. Ickler


eingetragen von Klaus Kolbe am 19.12.2004 um 04.10

Der Beitrag lief unter dem Titel "Ist die deutsche Sprache noch zu retten? - Betrachtungen zur Diskussion um die Rechtschreibreform
Ein sehr interessanter Beitrag - und das vom NDR!
Weiß jemand, wie man an den Text kommt?


eingetragen von margel am 18.12.2004 um 18.36

Soeben gab es in den "Gedanken zur Zeit" auf N 3 einen Vortrag von Klaus-Jürgen Haller zur Rechtschreibreform und zur Sprachpflege allgemein. Er stellte noch einmal besonders die Bildungsfeindlichkeit des Unternehmens heraus. Darin liegt ja das eigentliche Verdammenswerte dieses Verbrechens an der Jugend. Aber ein Volk, das sich langsam selber abschafft, indem es keine Kinder mehr hat, handelt wohl nur konsequent, wenn es auch die wenigen verbliebenen mit sprachlichem Müll zudeckt.
– geändert durch margel am 19.12.2004, 12.36 –


eingetragen von Klaus Eicheler am 11.11.2004 um 13.10

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Camille Liebhäuser
... Arte: Fernsehfilm über Bücherverbrennung
Man könnte die Rechtschreibreform, zugespitzt, auch als „kalte Bücherverbrennung“ bezeichnen: Die klassischen Werke und Bücher der wichtigsten Gegenwartsautoren werden aus politischen Motiven in den Schulen tabuisiert.
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Klaus Eicheler


eingetragen von Camille Liebhäuser am 11.11.2004 um 11.33

Perlentaucher.de > Teletaucher > Fahrenheit 451 > mehr ...
Arte: Fernsehfilm über Bücherverbrennung
http://www.arte-tv.com/de/woche/244,broadcastingNum=408775,day=6,week=46,year=2004.html


Arte
Donnerstag, 11. November 2004 um 20:45
VPS : 20.45
Wiederholungen :
15.11.2004 um 00:15
29.11.2004 um 15:10


Fahrenheit 451
Spielfilm


kurz: In einem totalitären Zukunftsstaat sind Bücher verboten. Ausgerechnet der Feuerwehr obliegt die Aufgabe, versteckte Bücher aufzustöbern und sie in Brand zu setzen. Als Feuerwehrmann Montag erlebt, wie eine alte Frau sich lieber zu ihren Büchern auf den Scheiterhaufen legt als sich von den geliebten Werken zu trennen, ist sein Selbstverständnis erschüttert. Er beginnt heimlich zu lesen und gerät selbst in Gefahr, denunziert und verfolgt zu werden.

Irgendwo in der Zukunft hat ein totalitärer Staat den Büchern den Kampf angesagt. Literatur gilt als nutzlos, weil in Büchern nur Erfundenes steht. Sie machen die Menschen unglücklich, denn sie erzählen von Not und Leid. Schlimmer noch, die Menschen werden verrückt davon, weil sie beim Lesen in eine andere Haut schlüpfen und in eine fremde Welt eintauchen. Es ist Aufgabe der Feuerwehr, den Staat von Büchern zu säubern. Der Feuerwehrmann Montag hat ein besonderes Gespür für all die ausgetüftelten Verstecke, in denen die Unbelehrbaren ihre Bücher horten. Jeder Einsatz seiner Brigade endet mit einem großen Feuer: Die aufgestöberten Bücher werden restlos zu Asche verwandelt. Als Montag und seine Kollegen zur Villa einer alten Dame ausrücken, entdecken sie in einem Geheimzimmer eine komplette Bibliothek. Als all die großen Werke der Weltliteratur im Foyer aufgetürmt sind, weigert sich die alte Dame, ihre Bücher zu verlassen. Das seien ihre Freunde, die seien lebendig, sagt sie, stellt sich mitten auf den Scheiterhaufen und zündet ihn selbst an. Montag ist von diesem Erlebnis so schockiert, dass er fortan bei Einsätzen heimlich Bücher einsteckt und sie nachts mit zunehmender Faszination liest. Er freundet sich mit Clarisse an, einer ehemaligen Lehrerin, die Kontakt zu Menschen hat, die ganze Werke der Literatur auswendig gelernt und deren Identität angenommen haben. Montags Frau Linda reagiert äußerst befremdet auf den Sinneswandel ihres Mannes. Schließlich denunziert sie ihn. Sein nächster Einsatz mit der Brigade gilt seinem eigenen Haus.

Ray Bradburys Klassiker der Science-Fiction-Literatur lieferte die Grundlage für einen Klassiker des Science-Fiction-Films, der ein Loblied auf die Literatur und die abendländische Kultur anstimmt. Neben Oskar Werner, der mit Truffaut bereits in "Jules und Jim" (1962) zusammenarbeitete, und der charismatischen Julie Christie in einer Doppelrolle spielen Bücher die Hauptrolle in "Fahrenheit 451". Der Filmtitel gibt die Temperatur an, bei der Papier Feuer fängt. Die den Flammen preisgegebenen Bücher zeigt Truffaut in Großaufnahme, jedes einzelne gleichsam wie ein menschliches Porträt, das in einer emotional verkümmerten Welt an das erinnert, was glücklich macht: sich Fantasien hingeben, starke Gefühle spüren, Erinnerungen haben, sich selbst nah sein und sich Freiheiten nehmen - eben das, was Literatur vermag und was ein repressives Regime zu unterbinden sucht.

Bei der Ausstattung seiner futuristischen Welt begnügt sich Truffaut mit einer Schwebebahn und großen Wandbildschirmen in den Wohnzimmern. Das rote Feuerwehrauto und seine schwarzuniformierte Mannschaft kommen ganz altmodisch daher. Grau-rote Farbästhetik, die dynamisch-aufstörende Musik und die an Hitchcock orientierte untergründige Spannung geben dem Film sein besonderes Gepräge. Gedreht in London, weil in Frankreich die Finanzierung nicht zu Stande kam, ist "Fahrenheit 451" ein krasser Gegenentwurf zum damals gleichzeitig entstandenen "James-Bond"-Kino.

Das "Lexikon des Internationalen Films" schreibt: "Truffaut entwickelt die Geschichte eines Außenseiters, der sich aus Anpassung und Lethargie befreit, um abseits einer repressiven Zivilisation seine persönliche Utopie zu leben, zu einer Hommage an die Literatur und an die abendländische Kultur generell."

Mit Nicolas Roeg stand Truffaut der spätere Regisseur von "Der Mann, der vom Himmel fiel" (1976) und "Wenn die Gondeln Trauer tragen" (1973) als Kameramann zur Verfügung.


eingetragen von Sigmar Salzburg am 26.09.2004 um 15.48

ZDF 24.9.04 23:05
Gesprächsteilnehmer der ersten Runde waren Wolf Schneider, Ildikó von Kürthy und Wladimir Kaminer. Das Gespräch wurde von Kerner auch auf die Rechtschreibreform gebracht. Schneider vertrat treffsicher seinen bekannten Standpunkt: Jeder, der die Rechtschreibung ändert, belästigt seine Mitmenschen (starker Beifall des Publikums).
Die Schriftstellerin von Kürthy, die als seine ehemalige Schülerin auf der Journalistenschule vorgestellt wurde, meinte, sie würde weder die alte noch die neue Rechtschreibung beherrschen und hätte von daher keine Probleme.
Kaminer sagte, daß er in der letzten Zeit wohl von 41 Vertretern der Medien um seine Meinung dazu gebeten wurde. In der einen Hälfte habe er sich eher für die neue, in der anderen eher für die alte Schreibung ausgesprochen. Im übrigen habe in Rußland eine solche Reform 1916 zur Revolution geführt (Heiterkeit).

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Sigmar Salzburg


eingetragen von Sigmar Salzburg am 24.09.2004 um 09.17

SAT I Quiz-Night 24.9.04 1:15

Eine pausenlos quasselnde Tussie animiert die imaginären Zuschauer zum Anrufen: „Wie ist das richtig geschrieben – Rechtschreibreform hin oder her?“
Bildtafeln:
a) Gelth b) Geld c) Gäld
… € 500

a) Delphin b) Delfien c) Delfin
… € 500 erhöht bis € 2000

Anruf Helmut: „Nach der neuen Rechtschreibung „b“
Falsch
Anruf Florian: „a“
Abgelehnt
„Die neue Rechtschreibreform ermöglicht es, auch zwei Möglichkeiten in Erwägung zu ziehen.“
Anruf Frank: „c“
„Frank, das tut mir leid …“
Lange Pause; Kontrollanrufe werden automatisch abgewimmelt: Offensichtlich muß das Preisgeld noch durch Telefonabzocke (0,48 €/min) hereingeholt werden.
Dann schließlich Mario [?] mit der richtigen Lösung: „a“ und „c“.

Is also nix mit dem „leichteren Schreiben“ – man muß jetzt beide Schreibweisen kennen.

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Sigmar Salzburg


eingetragen von Ulrich Morgenstern am 20.09.2004 um 13.28

Programmhinweis nach dctp:

Die Reform geht mir nicht weit genug!

Sendedatum: 20. September 2004 RTL 00:40

Forderungen des Rechtschreib-Experten Fritz Kleiber

In der Öffentlichkeit wird diskutiert, ob man ganz oder teilweise zur alten Rechtschreibung, festgelegt im Duden von 1991, zurückkehren oder auf der Rechtschreibreform beharren soll.
Dies greift zu kurz. Der Rechtschreib-Experte Fritz Kleiber behauptet: Die Rechtschreibreform geht noch längst nicht weit genug. Mehr Freiheit für die Konsonanten! Gleiches Recht für zuwenig genutzte Buchstaben wie X, Y und Z.

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Ulrich Morgenstern


eingetragen von Ulrich Morgenstern am 18.09.2004 um 17.46

Morgen, am Sonntag, den 18.09., um 23.45 wird sich der Vorsitzende des Verlags Axel Springer, Mathias Döpfner, im "Philosophischen Quartett" zu Fragen von Populismus und Demokratie äußern. Vielleicht kommt ja auch unser Lieblingsreizthema zur Sprache.


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Ulrich Morgenstern


eingetragen von Reinhard Markner am 30.08.2004 um 18.07

ZISCHTIGSCLUB

Ausstrahlung SF 1: Dienstag, 31. August 2004, 22.20 Uhr
Wiederholung SF 1: Mittwoch, 01. September 2004, 10.25 Uhr
Wiederholung SF 2: Samstag, 04. September 2004, 12.05 Uhr

Der Streit ums richtig Schreiben

Die neue Rechtschreibung sorgt für Aufregung und Verwirrung.
Während an den Schulen längst die neuen Regeln gelten, wollen Schriftsteller, Verlage, Zeitungen das Rad zurückdrehen. Sie proben den Aufstand gegen die Rechtschreibreform.

· Wo liegt eigentlich das Problem? Was steckt hinter dem Streit um Orthographie und deutsche Sprache?
· Warum braucht es eine neue Rechtschreibung?
· Wer sagt, was gilt: die Verlage, die Schriftsteller, die Politiker, die Lehrer? Wem gehört die Sprache?
· Welches sind die Konsequenzen aus dem Debakel? Droht das Chaos? Schreibt bald jeder, wie er will?

Unter der Leitung von Christine Maier diskutieren:

· Adolf Muschg, Schriftsteller, Literaturwissenschafter, Präs. Akademie der Künste Berlin
· Peter Gallmann, Prof. für germanistische Sprachwissenschaft Universität Jena, Mitglied Zwischenstaatliche Kommission für deutsche Rechtschreibung
· Ruth Schweikert, Schriftstellerin
· Doris Stump, Nationalrätin SP/AG, Germanistin, Verlegerin, Präs. Femscript
· Stefan Stirnemann, Gymnasiallehrer, Mitglied Forschungsgruppe Deutsche Sprache


eingetragen von Reinhard Markner am 26.08.2004 um 14.57

http://www2.dw-world.de/croatian/kultur/print/1.93980.1.html

Leider verstehe ich mich hier selbst nicht mehr.


eingetragen von margel am 12.08.2004 um 09.50

Man glaubt zu träumen: Da stellen sich die Reformer Augst und Blüml hin und geben genau die Wahrheiten von sich, die ihnen von den Gegnern immer und immer wieder entgegengehalten wurden. "Niemand schreibt nach Regeln." "Die Leute werden nicht mehr an die Reform denken und wieder von innen heraus schreiben." - Dabei waren sie doch mit dem erklärten Ziel angetreten, daß jedermann nach klaren, eindeutigen, leichtfaßichen Regeln solle schreiben und schreiben lernen können. Niemand sollte mehr von seinem mehr oder weniger ausgeprägten Sprachgefühl oder seinem
Bildungsstand, seinen Leseerfahrungen abhängig sein. Sie wenden sich also von ihrem fundamentalen Credo ab und finden zur Wirklichkeit zurück. Man weiß nicht, ob man nun angesichts des immensen angerichteten Schadens weinen oder sich über diese späte Einsicht freuen soll. Wenn das so weitergeht, finden wir die verbohrtesten Reformer demnächst noch an der Spitze der Liquidatoren...


eingetragen von Christian Melsa am 12.08.2004 um 09.49

Hier die Netzadressen zum Herunterladen der gestrigen Redezeit-Sendung:

http://www.vrs-ev.de/ndr_info_redezeit_11.08.2004_thema_rechtschreibreform_teil1_von_2.mp3 (8,2 MB)

http://www.vrs-ev.de/ndr_info_redezeit_11.08.2004_thema_rechtschreibreform_teil2_von_2.mp3 (1,2 MB)


eingetragen von Christian Melsa am 12.08.2004 um 08.40

Gestern gab es bei NDR Info wieder eine Redezeit-Sendung mit dem Thema Rechtschreibreform. Teilgenommen haben diesmal:

Heinz-Peter Meidinger,
Bundesvorsitzender des Deutschen Philologenverbandes, Direktor eines Gymnasiums in Deggendorf
Eberhard Brandt,
Vorsitzender der GEW Niedersachsen
Prof. Dr. Karl Blüml,
Vorsitzender der zwischenstaatlichen Rechtschreibkommission
Hans-Joachim Noack
Leitung: Deutsche Politik / DER SPIEGEL

Moderation: Andreas Kuhnt
Redaktion: Dietrich Schilling

Ich habe die Sendung wieder aufgezeichnet und werde sie im Laufe des Tages ins Netz stellen. Ich kann schon vorwegnehmen, daß das Gespräch, ähnlich wie die Christiansen-Sendung, wieder einmal von Unwahrheiten, Halbwahrheiten, Oberflächlichkeiten, Unernsthaftigkeit und ungeschickten Äußerungen der Reformgegner (in diesem Fall: des Reformgegners, denn Herr Noack war hier ja der einzige Vertreter dieses Lagers) nur so wimmelte.

Allerdings gab es auch ein paar Perlen. Ein bemerkenswertes Zitat will ich jetzt schon bringen, und zwar sagte Karl Blüml folgendes:

Im normalen Leben hat bisher der Erwachsene nie etwas mit Regeln zu tun gehabt, sondern er hatte die Rechtschreibung in der Kindheit erworben und hochgradig automatisiert. Es ist irritabel, wenn man später, also wenn man die Rechtschreibung bereits automatisiert hat, aufgrund von Regeln neu lernen muß. Das ist ganz klar, daß das wahnsinnig schwierig ist. Daher ist ein Vergleich von Leuten, die alte Rechtschreibung automatisiert haben, mit jenen, die umlernen, und mit jenen, die neu anfangen, gar nicht möglich. Also, das ist die große Schwierigkeit dabei. Rechtschreibung wird nicht gedanklich gemacht im allgemeinen, sondern durch Üben, durch Vielschreiben, die wird automatisiert. Niemand könnte schreiben, wenn er bei jedem Wort nachdenken müßte, wie man es schreiben muß und eine Regel aufsagen müßte. Niemand kennt Rechtschreibregeln. Fragen Sie doch einmal, wer irgendwelche Rechtschreibregeln kennt. Man kennt sie nicht. Nur, die Reform kann nicht anders vor sich gehen, als daß die Regeln neu zusammengefaßt werden. Anders geht es nicht.

Wäre ich nur durchgekommen beim Hörertelefon, ich hätte zu gern gefragt, warum man unbedingt eine Reform machen muß, die nicht anders geht, als Schwierigkeiten zu bringen. Und wie sollen die Schulkinder ihre Rechtschreibung in einer Situation des Durcheinanders automatisieren, die vor dem Hintergrund der riesigen Menge von Literatur aus dem 20. Jahrhundert und der zu erwartenden Verweigerung der älteren Generationen völlig unvermeidlich ist? Blüml und seine Spießgesellen haben demnach wissentlich eine ganze Schülergeneration, wenn nicht mehrere, in die Rechtschreibunsicherheit gestürzt. Und denjenigen, die diese Erschwernis wieder beseitigen wollen, wirft man vor, sie würden "Kampagnen" auf dem Rücken der Kinder austragen ...


eingetragen von Christoph Kukulies am 09.08.2004 um 15.43

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Fritz Koch
"sitz!", dann sitzt er; und wenn ich sage "platz!", dann platzt er.

Platzen Sie bitte, sagt man gelegentlich scherzhaft, kalauerhaft, wenn man bittet, zu einer Runde platzzunehmen. "Platzen Sie bitte, meine Herren". "Ha, ha".

Lockert die Atmosphäre etwas auf.

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Christoph Kukulies


eingetragen von Elke Philburn am 09.08.2004 um 15.18

Zu Monika Chinwuba:

Eine interessante Erklärung zu 'placieren'. Ich frage mich, warum es für einen Schüler nicht eine nützliche Erkenntnis sein sollte, daß Wörter nichts miteinander zu tun haben müssen, selbst wenn sie (oder Teile von ihnen) gleich ausgesprochen werden. Dafür gibt es zahllose Beispiele, und das zu verstehen, erfordert kein Linguistikstudium, aber es schärft den Sinn für Sprache.
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http://www.vrs-ev.de/


eingetragen von Fritz Koch am 09.08.2004 um 14.36

"sitz!", dann sitzt er; und wenn ich sage "platz!", dann platzt er.


eingetragen von Monika Chinwuba am 09.08.2004 um 14.22

Ahnen redete sich um Kopf und Kragen, schrieb Christoph Kukulies

Entsetzt hat mich die Erklärung der Frau Ahnen - ausdrücklich für die Kinder - zum Begriff "placieren, plazieren, neudeutsch: platzieren".
Placieren kommt vom römischen placeo [gefallen, gefällig sein, Beifall finden] und nicht, wie Frau Doris Ahnen ahnungslos mitteilt, von irgendeinem Platz, auf den man sich setzen kann, z. B. den Schulstuhl. Die römischen Makler "placierten" ihre Waren und Gegenstände so, daß sie Gefallen finden konnten, um das Kaufinteresse, ja sogar den Kaufentschluß zu wecken. Placeo ist ein Gestaltungsmittel des Wettbewerbs auf Märkten.
Der Begriff 'platzieren' hat also gar nichts mit Platz zu tun, sondern ist ein Wort für das gefällige Arrangement in öffentlichen oder privaten Räumen, das einen Beschluß herbeiführen soll (ein Plazet zu erzeugen vermag). Schon die Ableitung aus dem frz. placer des 18. Jh. - das angeblich von Place/Platz abstammen soll - übersieht also den ursprünglichen Sinn des Begriffes und stellt den Begriff nur noch auf den zugewiesenen Ort ab, an dem etwas geschieht. Werden demnächst unsere Kinder nach der Erklärung von Frau Ahnen sagen: Ich habe mich platziert!, weil sie das "platzieren" mit dem Sitzen auf dem ihnen zugewiesenen Stuhl verwechseln?!
Überhaupt scheinen die Reformbefürworter das Ableiten nicht besonders zu beherrschen. Da wird in den großen Foren gefragt, warum man Eltern nicht gleich Ältern schreiben könne, da das Wort von 'die Älteren' abgeleitet sei. Oh Gott, mir graust. Haben denn Eltern kein anderes Merkmal außer, daß sie älter sind?!
Den "Aufwand" - rein aus rechtstechnischer Erfahrung geboren, da es hier um verlorene Kosten geht, die einem niemand mehr ersetzt (unternehmerisch gesagt: Erfolg gegen die Wand gefahren!) - nun auch noch in "aufwänden" weiter zu führen, halte ich für grotesk. Welche Sprachkenntnisse hat denn diese Rechtschreibkommission? Oder verfolgt sie gar eine gesellschaftlich-geistige Verflachung?
Auch das ß als ss zu verunglimpfen, gefällt mir nicht (warum nicht sz, wenn man schon Rücksicht auf Computerkeyboards nimmt?). Die Begriffe mit ß sind nämlich keine hardware mit materiellen Eigenschaften, sondern sind organisationsabhängige Erscheinungen: Fluß, Fuß, Maß. Noch soviel Wasser macht keinen Fluß, noch soviel Knöchelchen den Fuß nicht zum Fuß, und noch soviele Meter die Länge nicht zum Maß. Schriftsprachliche Ausnahmen mit ß mögen bestehen.
Mit der Sprache empfängt das Kind eine Anleitung zur Unterscheidung der Welt in Sache und Idee. Das nennen wir Kultur. Und dieses in der Schriftsprache nicht zu berücksichtigen ist 'eine greuliche Tat'.
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Monika Chinwuba


eingetragen von Ulrich Morgenstern am 09.08.2004 um 09.49

Natürlich waren zwei Stichworthülsen von Ahnen und Blüml unbedingt zu erwarten. Ersten das Abendland, zweitens die Sprache als "etwas Lebendiges". Frau Ahnen will sogar "die weitere Sprachentwicklung" beobachten.

Gratulation! Genausogut könnte sie einer/m HündIn die Vorderbeine zusammenbinden und dann ihr/sein natürliches Bewegungsverhalten untersuchen.

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Ulrich Morgenstern


eingetragen von Fritz Koch am 09.08.2004 um 09.25

denn die wenigsten von ihnen haben sich genügend mit Sprachwissenschaft (Linguistik) befaßt, und die meisten von ihnen möchten nur ein möglichst wenig fehleranfälliges Grundschul-Deutsch unterrichten. Deswegen auch die immer wiederkehrende Forderung nach Kleinschreibung der Substantive. Grundschüler brauchen noch nicht mehr. Aber die meisten Grundschüler wollen danach auf weiterführende Schulen gehen, wo das vollständige Deutsch gelehrt werden muß, das man im wirklichen Leben braucht.


eingetragen von Christoph Kukulies am 09.08.2004 um 08.31

Ahnen redete sich um Kopf und Kragen.

Als Strunz Ahnen vor den Kopf knallte, daß es Volkes Wille sei, um den es gehe, bin ich vom Sofa aufgesprungen und habe applaudiert.

Als sie dann weiter und weiter redete, kam es mir fast so vor, als hätte jemand gerufen: "Ausreisegenehmigungen werden sofort erteilt" und Ahnen redet weiter: "...aber ich liebe die armen Schulkinder doch alle, ich liebe doch alle...".


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Christoph Kukulies


eingetragen von Reinhard Markner am 09.08.2004 um 08.00

So ist es. Man muß den Redakteuren in Leserbriefen nachweisen, daß sie sich in einen Kampf gegen ihre Leser verstricken.

Zu Christiansen : Die Ahnen-Claque war zwar lautstark, aber es gab auch Applaus für die Reformgegner. Wirklich bedenklich war nur die Auswahl der beiden Stimmen aus dem Volk : 100 Prozent für die Beibehaltung der Reform. Daß diese Auswahl nicht repräsentativ war, dürfte aber den meisten Zuschauern aufgefallen sein, zumal Claus Strunz sogleich darauf hingewiesen hat.


eingetragen von margel am 09.08.2004 um 07.44

Alle Zeitungen, die jetzt so gegen die Umkehrer schäumen, wobei sich oft ein erschreckend niedriges Niveau zeigt, ärgern sich wahrscheinlich nur, daß sie nicht dabei sind und nun als obrigkeitsfromm und weiterhin -hörig ziemlich dumm dastehen.


eingetragen von Karin Pfeiffer-Stolz am 09.08.2004 um 07.41

Wer meldet sich in der Diskussion um die Rechtschreibreform zu Wort?

Die Lehrerverbände GEW und VBE zum Beispiel verkünden, ohne bei ihren Mitgliedern Rückfragen gemacht zu haben: „Die Lehrer sind mit der Reformschreibung zufrieden und daher gegen die Rücknahme der Reform.“

Der Verband der Schulbuchverleger VdS Bildungsmedien e.V. verkündet, ohne seine Mitglieder im einzelnen befragt zu haben, „die Verlage“ seien gegen die Rücknahme der Reform.

Bundeselternrat und Landeselternräte verkünden, ohne die Eltern befragt zu haben, „die Eltern und Schüler“ hätten keine Probleme mit der Reformschreibung und seien gegen deren Abschaffung.

Einige Landesväter bestimmen, daß man bei der Reformschreibung bleiben werde, ohne zu berücksichten, daß ...
... das Volk derweil zu 75% (Forsa-Institut) gegen die Beibehaltung der Reformschreibung votiert.

Für wen sprechen diese Verbandsfunktionäre und Politiker? Muß man ihnen unter diesen Umständen nicht das Mandat absprechen?

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Karin Pfeiffer-Stolz


eingetragen von Wolfgang Scheuermann am 09.08.2004 um 07.23

... das ist aufgrund der niedrigen Erwartung, die ich an ihre Sendung habe, auch kaum möglich.

Was konnte man lernen?
Eine angestrengt in Falten gelegte Stirn suggeriert nach wie vor ziemlich wirkungsvoll, daß man mit großer Ernsthaftigkeit in einer unheimlich komplexen Lage nach Wahrheit sucht. (Das hat Herr Blüml unserem Außenminister abgeguckt, der diesen Mimik-Trick sofort nach seinem Amtsantritt über Jahre hinweg immer anknipste, wenn eine Kamera auf ihn gerichtet wurde.)
Spätestens, als Herr von Bernuth (unnötigerweise) die "Sauerstofflasche" schwang, hat das Publikum verstanden, daß in dieser Sendung nichts zu verstehen war; es reagierte dann nur noch auf den markigeren "Spruch".
Wolf Schneider war gut, zu gut.
Frau Ahnens aufgesetzte Heiterkeit lief sich tot.

Konnte man nun etwas lernen?
Vielleicht, daß sich Frau Christiansens Sendung für die Diskussion solcher Themen nicht eignet? (Aber das ist ja nicht ganz neu.)
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Dr. Wolfgang Scheuermann


eingetragen von Gabriele Ahrens am 09.08.2004 um 07.06

Ich möchte noch etwas hinzufügen: Die ganze Aufregung der Reformbefürworter über Springer und Spiegel verstehe ich überhaupt nicht. War es seinerzeit nicht DAS Argument der Reformer, die neue Schreibweise gelte schließlich nur in Schulen und Behörden, und der Rest der Menschheit könne schreiben, wie er will? Nun tun das einige Verlage, und es ist wieder nicht richtig.
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Gabriele Ahrens


eingetragen von Gabriele Ahrens am 09.08.2004 um 06.39

Frau Ahnen hatte ganz eindeutig ihren Fanclub mitgebracht. Das ist übrigens üblich; als wir einmal in Bremen zu einer Diskussion ins Studio geladen wurden - übriges mit einem damals schon in dieser Sache völlig übergeschnapptem Herrn Jörges -, hat man uns ausdrücklich aufgefordert, Freunde und Bekannte mitzubringen. Tja, und wer dann zuerst kommt und das Studio füllt... Daß es gestern selbst bei den geistreichsten Bemerkungen der Reformgegner so gut wie gar keinen Applaus gab, hingegen zum Herumgeeiere des Herr Blüml geradezu stehende Ovationen, gibt mir zu denken. Oder stimmt da mit der ARD etwas nicht?
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Gabriele Ahrens


eingetragen von Matthias Dräger am 09.08.2004 um 06.03

Ja, mit dem Publikum stimmte irgendetwas nicht, da war was faul. Sicher ist es nicht erlaubt, aber es gab bei diesem Thema, das in der Runde teils sehr emotional geführt wurde, nicht einen einzigen Kommentar oder Zwischenruf aus dem Publikum, nicht einmal ein "ja". Ist das normal?

Die Grundschullehrerin war natürlich vor der Sendung für die Befragung ausgewählt worden, schon erkennbar durch die kamerataugliche Schminke (bei den Lippen hatte man´s allerdings übertrieben). Aber das ist ja sicher kein Geheimnis.

Jürgen Rüttgers drücke ich die Daumen, daß er in NRW die Wahl gewinnt. Der Mann war früher einmal Bildungsminister, er ist kompetent und hat schon durchblicken lassen, daß er weiß, was dann zu tun ist.


eingetragen von Elke Philburn am 08.08.2004 um 22.28

Zitat:
Verwunderlich finde ich es schon, daß trotz der vielen Fragen es so lange gedauert hat, bis eine Frage bzw. deren Antwort gekommen ist

Kann auch sein, daß er noch nie gechattet hat. Ist für Neulinge in der Tat etwas gewöhnungsbedürftig und sowieso nicht jedermanns Sache.
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eingetragen von Bernhard Schühly am 08.08.2004 um 22.26

Das war aber höchst eigenartig heute abend bei Sabine Christiansen! Wer hat da eigentlich geklatscht?? Das war doch kein repräsentatives Publikum! Hat hier Frau Ahnen ihre Leute gleich mitbringen dürfen?
Auch die zwei Personen, die befragt wurden (ein Oberstufenschüler und eine Volksschullehrerin), waren doch nicht "Stimme des Volkes", wie Frau Christiansen behauptete!
Überhaupt hat sie sich in dieser Runde nicht gerade "moderierend" im Sinne von "moderat", geschweige denn neutral verhalten. Ausreden ließ sie die Befürworter der bewährten Schreibung fast nie.
Trotzdem haben die sich aber tapfer geschlagen!

Aber eines ist mir gerade jetzt wieder richtig klargeworden:
Gerade die Reformer sind es jetzt, die mit (Gegen-)Argumenten kommen, die eigentlich für sie selbst zutreffen, als da sind:
Beständigkeit bzw. Konsequenz;
"nicht austragen auf dem Rücken von..." bzw. Zumutbarkeit;
Machtausübung, Aufzwingung, Druck etc. (diesmal durch die Verlage, Schriftsteller, "rebellierende" Politiker u.a.);
Inkompetenz, Unzuständigkeit;
egomanisch, da man sich selbst nicht bewegen wolle (angeblich zuungunsten der jungen Generation);
"natürlich müssen dann (in der ständigen Kommission für RS) auch Experten und Sprachwissenschaftler sitzen";
u.s.w.
Diese "Argumente" müßten jetzt eigentlich alle wie ein Bumerang zurückkommen.

Bernhard Schühly


eingetragen von Klaus Malorny am 08.08.2004 um 22.23

Ich wollte auch zwei einfache Fragen unterbringen, einerseits zum Thema "aufwändig" (warum dann nicht Aufwändungen?) und andererseits zum Thema der Trennung von "vollenden". Aber ich bin nicht durchgekommen.

Verwunderlich finde ich es schon, daß trotz der vielen Fragen es so lange gedauert hat, bis eine Frage bzw. deren Antwort gekommen ist. Ich kann mir folgende Gründe vorstellen:

* Herr Blüml versteht nicht nur nichts von der Rechtschreibung, sondern auch nichts vom Tippen auf einer Tastatur
* er mußte ständig im Duden nachschlagen, um nichts falsch zu schreiben
* er hatte Mühe, unter den vielen Fragen die wenigen unkritischen herauszusuchen


eingetragen von Sigmar Salzburg am 08.08.2004 um 22.16

Karl Blüml im Chat nach Sabine Christiansen:

Natürlich wäre es möglich gewesen, auf das ß insgesamt zu verzichten. Dies wäre aber gegen den ausdrücklichen Wunsch einer großen Bevölkerungsmehrheit gewesen, weil sie diesen Buchstaben als typisch deutsches Zeichen betrachten.

Welch ungewohnte Rücksicht auf die Bevölkerungsmehrheit! Noch ein klein wenig mehr Rücksicht, und man hätte auf die neue ss/ß-Regel auch ganz verzichten und alles beim alten lassen können. Die grandiosen Vorzüge des Heyse-Systems – völlig entbehrlich!

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Sigmar Salzburg


eingetragen von Klaus Eicheler am 08.08.2004 um 22.05

Ich empfand die Sendung nicht als Gewinn für die „Reformbefürworter“. Die zwei Zuschauermeinungen waren alles andere als repräsentativ; das merkte man auch, ich schätze sie nicht als wirkungsvoll ein. Pro-Reform-Argumente waren die Kosten des Cornelsen-Verlags, „beschlossen ist beschlossen“ und die Vermutung eines Komplotts der Springerpresse, das von Claus Strunz widerlegt werden konnte. Doris Ahnen wich aus: Es gäbe wichtigere Probleme, und die Sprache ändere sich sowieso (wobei sie manipulativ implizierte, daß die Rückkehr zur bewährten Rechtscheibung der Beschluß sei, keine Sprachentwicklung mehr zuzulassen).

Die pragmatische Aussage von Jürgen Rüttgers, man müsse jetzt den Beschluß „2005“ stoppen, bevor das Kind vollends in den Brunnen fällt, ist klar und richtig.

Am besten gefiel mir Wolf Schneider: Die Reform ist de facto gescheitert; das Chaos ist durch die Reform entstanden, nicht durch einen Redaktionsbeschluß; es gehe nun darum, ob die Kultusministerkonferenz mit einem oder zwei blauen Augen aus der Sache herauskommt.

Karl Blüml disqualifizierte sich durch seine fahrige Berichterstattung aus der Geschichte der Änderungsnotwendigkeit der Rechtschreibung. Das Beispiel Dänemark, wo die – sogar von allen unterstützte – Reform dreißig Jahre bis zur Akzeptanz brauchte, war dann der tragikomische Gipfel.

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Klaus Eicheler


eingetragen von Elke Philburn am 08.08.2004 um 21.58

Im Chat war leider kein Durchkommen. Einen Kommentar zu 'bei Weitem' konnte ich mir allerdings doch nicht verkneifen.
Habe mir während der Diskussion bei Sabine Christiansen an so mancher Stelle einen klärenden Ickler-Kommentar gewünscht. Andererseits hat mir Wolf Schneider sehr gut gefallen. Ich glaube, seine Erklärung, daß die Reform kaputt ist, war absolut überzeugend. Doris Ahnen hat, wie erwartet, fast nur von den Kindern und Jugendlichen geredet. Als ob die Nutzer der Schriftsprache nicht zu einer großen Mehrheit Erwachsene wären und Kinder und Jugendliche nicht letztlich auch danach streben würden, sich einer erwachsenen Schriftsprache zu bedienen.
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eingetragen von Christian Dörner am 08.08.2004 um 21.35

Hier der komplette Chat mit Dr. Karl Blüml nach der Fernsehsendung »Sabine Christiansen« in der ARD (ein Kommentar erübrigt sich):

Moderator: Der Chat ist eröffnet, in wenigen Minuten geht es los...

Moderator: Fragen können bereits gestellt werden, unser Gast steht Ihnen in wenigen Minuten zur Verfügung...

ukraus: Frau Ahnen hat sehr viel über “Sprache“ gesprochen. Warum nimmt die NRS (neue RS) weniger Rücksicht darauf? Warum, z.B., darf jetzt nur noch “so genannt“ geschrieben werden, obwohl es auch “sogenannt“ gibt, und dies etwas anderes bedeutet?

Karl Blüml: Einen schönen guten Abend. Es wäre die Frage, was der Bedeutungsunterschied zwischen den beiden ist. Es gibt im Kontext keine Möglichkeit, dies zu verwechseln.

smsenff: Lieber Herr Blüml, die Reform greift z.B. mit der Neuregelung der Getrennt- und Zusammenschreibung auf eine Weise in die deutsche Schriftsprache ein, die viele Schreibende als nicht hilfreich und stark einschränkend empfinden. Muß man nicht sagen, daß der Anspruch der Reform in einigen Bereichen schlicht überzogen war?

Karl Blüml: Dass die Getrennt- und Zusammenschreibung insgesamt ein ungeheures Problem ist, mit dem sich schon viele Generationen herumschlagen, ist unbestritten und sicher haben wir auch nicht den Stein des Weisen gefunden. In diesem Bereich kann es nur dauernde Entwicklungen geben und letztendlich wird der Gebrauch entscheiden.

Dr. Duden: Was spricht eigentlich dagegen, sowohl die “alte“ als auch die “neue“ Rechtschreibung als “richtig gelten zu lassen und die neuen Regeln einfach in den Schulen zu lehren.

Karl Blüml: Es ist pädagogisch einfacher, wenn die Schüler in der aktuellen Schreibwirklichkeit das vorfinden, was sie in der Schule gelernt haben. Aber selbstverständlich müssen sie die alte Rechtschreibung noch lesen und verstehen können und zwar nicht nur die von vor 1998, sondern auch die von vor 1901.

Moderator: Der Chat ist morgen auf unserer Website auch nachzulesen.

spa: worin bestehen die wesentlichsten vereinfachungen der neuen rechtschreibung?

Karl Blüml: Die "s", "ss" und "ß"-Regelung wurde an die Regelung aller anderen deutschen Konsonantenverdoppelungen angeglichen und fügt sich somit völlig logisch in das Prinzip der deutschen Rechtschreibung ein. In der Groß- und Kleinschreibung wurde der allergrößte Teil der bisherigen Falschschreibungen durch die Neugestaltung der Regeln beseitigt und somit die Grauzone von 40 % auf 5% reduziert. Die Silbentrennregeln wurden durch und durch logisch strukturiert und das Prinzip der Stammschreibung wurde wesentlich verstärkt.

A. H.: In der Schweiz gibt es nach wie vor kein “ß“. Konterkariert das aber nicht die ganzen Bemühungen um Vereinheitlichung? Da wird doch eine der zentralen Änderungen förmlich ausgehebelt.

Karl Blüml: Natürlich wäre es möglich gewesen, auf das ß insgesamt zu verzichten. Dies wäre aber gegen den ausdrücklichen Wunsch einer großen Bevölkerungsmehrheit gewesen, weil sie diesen Buchstaben als typisch deutsches Zeichen betrachten.

Gerdchen: Frau Ahnen hat so wunderbar erklärt, warum wir platzieren wie geschehen schreiben. Können Sie erklären, ohne auf irgendwelche Ausnahmeregeln zu verweisen, warum wir aufwändig mit a-Umlaut schreiben sollen, das Verb aufwenden aber nach wie vor mit "e" geschrieben wird?

Karl Blüml: Aufwändig kommt eindeutig von Aufwand aber das Verb aufwenden ist der zweite Stamm (wie z.Bsp. auch in geben, gib, gab) und daher müssen beide Möglichkeiten als richtig angesehen werden.

Moderator: Leider können wir bei Weitem nicht alle Fragen beantworten. Sorry!

techniker: Warum wurden nicht die Umlaute bereinigt, um es Auslaendern einfacher zu gestalten, deutsch zu schreiben?

Karl Blüml: Das ist der Punkt. Jede Sprache hat ihre Sonderzeichen. Das Spanische, die slawischen und die französische Sprachen usw. haben zahlreiche Sonderzeichen, die es im internationalen Alphabet nicht gibt. So auch das Deutsche.

WMB: Sollten wir bei der Debatte nicht mehr Rücksich auf Österreich, die Schweiz und Lichtenstein nehmen? Inwiefern sind diese Länder bei der Reform mit eingebunden?

Karl Blüml: Sie sind völlig eingebunden, sind in der Kommission vertreten aber in diesen Ländern gibt es keine so hektische Diskussion wie hier in Deutschland.

Moderator: Viele Infos zum Thema findet ihr unter: http://www.rechtschreibkommission.de/

Osama bin Laden: Warum kann man keinen Volksentscheid stattfinden lassen?

Karl Blüml: Es wurden die in der Demokratie üblichen Vorgangsweisen gewählt: Experten diskutieren, machen Vorschläge und legen die dann großen zuständigen Vertretungen von Interessensgruppen vor (Verbände , etc.) Dann werden die Einwände aus diesen Diskussionen eingearbeitet und dann gibt es offizielle Anhörungsverfahren der zuständigen politischen Stellen. Das Bundesverfassungsgericht hat diese Vorgehensweise als die richtige bestätigt.

micro: Es gibt neuerdings für viele Ausdrücke mehrere korrekte Varianten, z.B. sind aufwendig und aufwändig korrekt. Um aber beurteilen zu können, ob ein Text fehlerfrei ist, muss ich deshalb nun alle Varianten aller Wörter kennen. Wie vereinbart sich dies mit der angeblichen Vereinfachung, die die neue Rechtschreibung bietet?

Karl Blüml: Die meisten richtigen Schreibungen lassen sich zweifelsfrei aus den Regeln erschließen. Immer schon, seit es eine deutsche Rechtschreibung gibt, gab es mehrere Varianten und es bleibt einem nichts anderes übrig, als der Griff zum Wörterbuch.

Schüler16J: Ich meine, dass ich durch sher guten Deutsch-Unterricht inziwischen in der neuen RS, die ich größtenteils gelungen finde, recht fit bin. Probleme bereitet mir persönlich jedoch immer wieder die Getrennt- u. Zusammenschreibung. Warum kann man sich nicht darauf einigen, immer getrennt zu schreiben?

Karl Blüml: Das ist eine gute Frage. Es gibt Zusammenschreibungen von zwei Wörtern dann, wenn aus diesen zwei Wörtern ein neues Wort entsteht. Es gibt das Wort Haus und es gibt das Wort Tür und es gibt das Wort Haustür. Es würde das Lesen ungeheuer erschweren, wenn Wörter nicht zusammengeschrieben würden.

to_be: Wie entgegnen Sie dem Vorwurf, daß die jetzt grassierende Zulassung weiterer Varianten nur ein Beleg für ein fundamental falsches Konzept ist?

Karl Blüml: Mit einem historischen Argument: Die Erstregelung zeigt, was grundsätzlich möglich und richtig ist. In den folgenden Jahren erweist sich die eine oder die andere Variante als die passendere. Dann verschwindet die andere Variante. So war es 1901 und so ist es auch heute.

Tor.z: Wer ist auf die Idee gekommen Wörter wie zB. “Schifffahrt“ mit 3f zu schreiben? Ich denke das hir Wörter geschaffen wurden die der Bürger nicht braucht! Ich bitte um Antwort! (Da das Wort “Schifffahrt“ nur ein Beispiel von vielen ist!!!)

Karl Blüml: Das Wort besteht aus den Teilen Schiff und Fahrt. Daher ist es logisch, dass beim Zusammentreten alle Buchstaben erhalten bleiben, so wie es bisher schon bei Schifffracht war.

Moderator: Die Amtliche Regelung zur deutschen Rechtschreibung im Internet: http://www.ids-mannheim.de/reform/

Schüler (18): Wann im Jahr 2005 tritt die Regelung denn verbindlich in Kraft?

Karl Blüml: Am 01.08.2005 ist das Ende der Übergangsfrist.

benedikt: Warum kann man nicht für deutsche Worte deutsche Rechtschreibung, für eindeutig ausländische Worte aber deren Rechtscheibung anwenden? Anmerkung: Dies soll nicht in irgendeiner Weise rassistisch sein, ganz im Gegenteil!

Karl Blüml: Das kommt auf den Grad der Eindeutschung an, denken Sie z.Bsp. an Bureau, heute nur noch Büro, weil es wie ein deutsches Wort behandelt wird.

TB: Von den Lehrern wird immer mehr verlangt...Wie der Alltag aber aussieht, wissen nur die wenigsten. Wie soll ich bitte damit umgehen, dass ich in der Schule die neue R. unterrichten soll, die Eltern zu Hause mit ihren Kindern üben wollen - vermeindlich mit der neuen R, diese aber selbst nicht beherrschen...Die Kinder kommen nun mit einem “Mischmasch“ an Rechtschreibung in den Unterricht...Die Kinder sind völlig verwirrt!
Karl Blüml: Die Übungsmaterialien stehen in der neuen Rechtschreibung zur Verfügung. Auch den Eltern.

M.W: Hallo Herr Blüml, ich bin einer der Schüler, welche die alte Rechtschreibereform gelernt haben und jetzt ihr sich wieder umstellen müssen. Ich schreibe 2005 wahrscheinlich mein Abitur und weiß nicht ob es dann Pflicht ist die neue Rechtschreibung an zuwenden und wie ich die jetzt noch lernen soll. Gibt es da irgendwelche Bücher oder sonstiges?

Karl Blüml: Alle deutschen Wörterbücher enthalten den neuesten Stand der Rechtschreibung. Spätestens im Oktober müsste absolute Klarheit herrschen und entsprechende Verlautbarungen durch die Schulbehörden müssten erfolgt sein.

Moderator: Leider haben wir nur noch Zeit für eine Frage.

Oha: Womit haben die Leute Ihrer Einschätzung nach die meisten Probleme bei der neuen Rechtschreibung?

Karl Blüml: Mit der Getrennt- und der Zusammenschreibung, so wie schon bei der alten Rechtschreibung.

Moderator: Vielen Dank für ihr reges Interesse. Sorry, wenn wir nicht alle Fragen beantworten konnten.
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Christian Dörner


eingetragen von Fritz Koch am 08.08.2004 um 13.17

desto fester vertritt er die Meinung der Regierung. Das bestätigt sich immer wieder. Sehr oft stimmt auch der Umkehrschluß.

Was jetzt über ß und ss vorgebracht wird, ist längst von den Leuten, die wirklich etwas davon verstehen, durchgekaut und von allen Seiten betrachtet worden. Da wird es keine zusätzlichen Erkenntnisse geben. Aber offensichtlich müssen die Kultusminister über diese längst vorliegenden Ergebnisse aufgeklärt werden, soweit sie dazu willens sind.

Die Ausrede, daß die Schüler nicht wieder zurücklernen könnten, lag schon von Anfang an in der Schublade, als das Volk noch mit der Formel "gilt ja nur für die Schulen" beruhigt wurde. Das war überhaupt die Grund-Idee der ganzen Reform.


eingetragen von Klaus Eicheler am 08.08.2004 um 12.53

Immerhin bleibt es Herrn Jörges zur Rettung der journalistischen Qualität im Stern unbenommen, die Augst-Tagebücher, sogar in neuer Rechtschreibung, unverfälscht zu veröffentlichen.
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Klaus Eicheler


eingetragen von Christian Dörner am 08.08.2004 um 11.28

Wer es vorhin verpaßt hat, dem sei die interessanteste Anmerkung von Herrn Jörges kurz vorgestellt:
Diejenigen, die sich der Reform verweigerten, seien am besten mit Porschefahrern zu vergleichen, die in Tempo-30-Straßen 60 führen und meinten, sich an keine Regeln, die im gesellschaftlichen Konsens erarbeitet worden seien, halten zu müssen, so Jörges.
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Christian Dörner


eingetragen von margel am 08.08.2004 um 11.08

Wieder einmal war es charakteristisch für die laufende Diskussion, daß man die Rechtschreibreform offenbar nur verteidigen kann, wenn man sie nur vom Hörensagen kennt. Jörges, der anschließend zu Hartz IV durchaus kenntnisreich und sympathisch wirkte, machte sich in schon mitleiderregender Weise zum Sprachrohr der Reformpropaganda ("neun Kommaregeln"/ "gesellschaftliche Verabredung" usw.). Es war bedrückend, zu sehen, wie sich ein Vertreter der angeblich so freien Presse ganz und gar der Obrigkeit unterwirft. Der Gipfel dieser Verirrung war sicher der Vorwurf des "Putschversuchs". Jörges sollte sich wirklich nicht mehr zu dieser Materie äußern, wenn ihm an seinem Renommee etwas liegt.


eingetragen von Reinhard Markner am 08.08.2004 um 10.20

Zitat Hans-Ulrich Jörges (Stern): "Orthographischer Putschversuch".


eingetragen von Carsten Zander am 08.08.2004 um 10.11

Der ARD-Presseclub diskutiert gerade über die Rechtschreibreform


eingetragen von Fritz Koch am 06.08.2004 um 18.42

Für manche Politiker der "Neuen Klasse" etwas noch nie "da Gewesenes".

Man muß es in größerem Zusammenhang sehen:
Das Volk verweigert die reformierte Rechtschreibung.
Unzufriedene SPD-Mitglieder gründen einen Verein zur Gründung einer neuen Partei für Arbeit und soziale Gerechtigkeit.
Im Osten leben die Montagsdemonstrationen wieder auf, jetzt gegen soziale Ungerechtigkeit.
Im Osten wird die PDS die stärkste Partei.
Aus irgendeinem Grund sind die Leute unzufrieden.
"Sollen sie doch Kuchen essen, wenn sie kein Brot haben!" sagte mal eine französische Königin.


eingetragen von Christoph Kukulies am 06.08.2004 um 17.34

ZDF-Heute: Hofberichterstattung für das Haus Ahnen.
Der böse Springerverlag und der Spiegel. Daß die Süddeutsche mitmacht, wurde unterschlagen.

Und immer wieder "die armen Kinder" und das totale Chaos.

Ahnen: "Die Kinder konnten an den Schulen problemlos die Umsetzung der RSR erleben". So ähnlich war der Satz.




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Christoph Kukulies


eingetragen von Reinhard Markner am 06.08.2004 um 15.59

Glänzender Vorschlag !


eingetragen von Klaus Eicheler am 06.08.2004 um 15.35

Gerade lief ein Interview mit Monika Hohlmeier und Hans Zehetmair. Frau Hohlmeier will die Reform nicht in Frage stellen, sondern nur die „äußerst problematischen“ Regeln (hört, hört!) zurücknehmen. Verbesserungen, wie „radfahren“ – nun „Rad fahren“ wie „Auto fahren“ – zu schreiben, sollten beibehalten werden.
Ich halte das für einen guten Kompromiß. Die Reform bleibt bestehen, ein Erfolg für die KMK und die Reformer; im Gegenzug entfallen alle Neuregelungen bis auf die einzige: „Rad fahren“. Wenn man dann noch „radfahren“ als Variante zuläßt, sind alle zufrieden.
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Klaus Eicheler


eingetragen von Christian Melsa am 06.08.2004 um 13.19

Vorhin bin ich von Radio Hamburg über die Rechtschreibreform interviewt worden. Ausschnitte des Gesprächs wurden eben in den Nachrichten gebracht. Der Sender ist meines Wissens der meistgehörte hier.

Ein MP3 davon gibt's auch wieder, und zwar unter

http://www.vrs-ev.de/vrs_radio_hamburg.mp3 (338 KB)


eingetragen von Christian Dörner am 05.08.2004 um 10.37

Frau Grundmanns Antwort auf die Argumentation Herrn Prof. Icklers, das amtliche Regelwerk sei überaus kompliziert, bestehe aus einem 96seitigen Paragraphenteil und einem Wörterverzeichnis mit über 12.000 Einträgen, von denen immerhin 8 % mit einem Sternchen gekennzeichnet seien, war in der Tat aufschlußreich:
Sie verfasse zwar Bücher über die Rechtschreibreform, habe das amtliche Regelwerk jedoch noch nie gesehen. Interessant, nicht wahr?
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Christian Dörner


eingetragen von Elke Philburn am 05.08.2004 um 10.21

Recht vielen Dank an Christian Melsa für die Bereitstellung der Radiosendung, die ich mir nun doch noch vollständig anhören konnte. Erfreulich, daß Herr Ickler am Anfang ausgiebig zu Wort kam. Interessant vor allem die Hintergründe des Eintretens von Baer für die Rechtschreibreform. Frau Mundlos kam überzeugend herüber und machte einen gut informierten Eindruck. Herr Baer schien sich zu widersprechen: Einerseits die horrenden Kosten, wenn jetzt die Lehrbücher überarbeitet werden müßten. Zum anderen der Hinweis, daß Lehrbücher selbstverständlich regelmäßig überarbeitet würden und eh einem ständigen Wandel unterlägen. Nun ja... Daß Frau Grundmann keine Lust hat, bis zur Pensionierung in einer Übergangsphase unterrichten zu müssen und die Kinder doch eh Korrekturprogramme zur Hand hätten, ist zwar irgendwie nachvollziehbar - aber ein Grund?
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http://www.vrs-ev.de/


eingetragen von Fritz Koch am 05.08.2004 um 08.46

Wenn die Schulkinder etwas ganz anderes lernen sollen als die Eltern und Großeltern, muß zuerst flächendeckend ("Flächen deckend") und für alle verpflichtend ein Ganztagsschulsystem eingerichtet werden, in dem die Schüler keinerlei elterliche oder großelterliche Hilfe mehr brauchen und die beiden Systeme Schule und Elternhaus völlig entkoppelt sind. Ich glaube, in Aldous Huxleys berühmten Buch "Schöne neue Welt" ist das beschrieben. DDR-Kenner können sagen, ob es dort schon verwirklicht war.


eingetragen von margel am 05.08.2004 um 08.02

Während die Reformer früher noch einen Vorbildcharakter ihres Machwerks für die ganze Schreibgemeinschaft reklamierten, beschränkt sich die Argumentation pro jetzt fast gänzlich auf die Schule. Neben der Frage der Kosten und der Mühe des Umlernens soll aber immer noch die Assoziation "jugendlich", "fortschrittlich", "zukunftsbezogen" mitschwingen. "Die Alten sterben ja sowieso weg und mit ihnen die traditionelle Rechtschreibung." Den Ideologen unter den Reformern ging es immer um Gesellschaftsveränderung als Wert an sich. - Besonders lustig war die (schein-)empörte Antwort des Herrn Baer auf die Forderung Prof. Icklers, daß die Schüler selbstverständlich das lernen müßten, was in der Erwachsenenwelt gilt. Was ist das für eine Generation, die das Bewährte opfert, um den Nachkommen dafür Müll anzubieten?


eingetragen von Fritz Koch am 05.08.2004 um 07.00

ist soziale Gerechtigkeit für die Schüler, die keine Nachhilfelehrer bezahlt bekommen können.

Denn die Kalkulation der Reformer, über die Schüler auch deren Eltern und Großeltern im Interesse der besseren Hausaufgabenhilfe zum Umlernen zu nötigen, hat bekanntlich nicht funktioniert, weil Erwachsene schon selber denken können und den Blödsinn sehr bald erkannt haben. Schuld ist das Halbtagsschulsystem.

Ich werte den Aufstand gegen die Rechtschreibreform als den größten Volksaufstand seit der Wiedervereinigung. So wird er in die Geschichte eingehen.


eingetragen von Christian Melsa am 05.08.2004 um 06.21

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von 1
Die beiden Teile der NDR-„Redezeit“ haben wir hierher zu spiegeln uns erlaubt; die Dateinamen wurden etwas gekürzt (richtiges Datum ist der 4.8.2004?)

Äh, ja klar, 4.8. ist natürlich richtig. Die Dateinamen sind so lang, damit sie Stichwörter enthalten, um im ED2K-Netzwerk besser gefunden werden zu können. Aber es reicht, wenn nur eine Quelle die langen Dateinamen beibehält, die anderen können die auch kürzen; die Dateien werden im Tauschnetzwerk ja über einen Extraschlüssel identifiziert (Hashwert). Und im Web ist es eh egal, da stehen die Links auf die Dateien für Google und Co. in einem sprachlichen Kontext.


eingetragen von 1 am 05.08.2004 um 05.54

Die beiden Teile der NDR-„Redezeit“ haben ich hierher zu spiegeln mir erlaubt; die Dateinamen habe ich etwas gekürzt (richtiges Datum ist der 4.8.2004?):
NDR_Redezeit_2004-08-04.1.mp3 17,6 MB
NDR_Redezeit_2004-08-04.2.mp3 6,5 MB

Nun habe ich beide Dateien nochmals gestaucht mittels der Einstellung "Bitrate 24 kB/sec", dadurch schrumpfen die Dateien um mehr als die Hälfte; die Klangeinbuße kann nur ein geübtes Ohr hören, z, s und f lassen sich noch gut unterscheiden (bei 16 kB/sec ist der Klang deutlich verschlechtert).
Und dann gibt es noch die Einstellmöglichkeit "Umsamplen 8 kHz/ ... /48 kHz", was immer das bedeuten mag, aber da habe ich keine Versuche gemacht.

Hier also die kleineren Dateien:
NDR_Redezeit_2004-08-04.1.Guete24.mp3 7,6 MB
NDR_Redezeit_2004-08-04.2.Guete24.mp3 2,8 MB


eingetragen von Christian Melsa am 05.08.2004 um 04.59

Wer die Redezeit-Sendung nicht live mit anhören konnte, für den habe ich hier einen Mitschnitt im MP3-Format parat:

http://www.vrs-ev.de/ndr_info_redezeit_05.08.2004_thema_rechtschreibreform_teil1_von_2.mp3

http://www.vrs-ev.de/ndr_info_redezeit_05.08.2004_thema_rechtschreibreform_teil2_von_2.mp3

Teil 1 und 2, weil ich zuerst auf Cassette aufgenommen habe und die zwischendurch umgedreht werden mußte. Der erste Teil ist ungefähr 17 MB groß und der zweite 6 MB. Wenn man nicht gerade einen DSL-Zugang hat, sollte man sich also auf eine beträchtliche Wartezeit gefaßt machen.

Die Tonqualität ist nicht gerade der Knüller, für Sprache geht's aber.

Die Dateien werde ich nur eine kurze Zeit auf dem VRS-Server lassen, um das erlaubte Datenaufkommen pro Monat dort nicht zu überschreiten. Alternativ kann man sie auch jetzt schon übers ED2K-Netzwerk beziehen (Internet-Tauschbörse, nutzbar mit Programmen wie z. B. eMule, das gibt's unter http://www.emule-project.net).

Die entsprechenden ED2K-Links:

ed2k://|file|ndr_info_redezeit_05.08.2004_thema_rechtschreibreform_teil1_von_2.mp3|17619336|5E7D17AD43F9FFB65087019ED395B0E6|/

ed2k://|file|ndr_info_redezeit_05.08.2004_thema_rechtschreibreform_teil2_von_2.mp3|6481692|AB5A17A2565BB4E46CFBAF3D801EB7DF|/

(Einfacher: In eMule einfach die Suchbegriffe "ndr info rechtschreibreform" eingeben.)


eingetragen von Theodor Ickler am 05.08.2004 um 03.59

Die Redezeit-Sendung gewann durch die vergleichsweise sehr gute Moderation. Der Moderator hatte sich zuvor gründlich informieren lassen, was beim Rundfunk nicht alle für notwendig halten. Man glaubt ja dort (vor allem im Fernsehen), Routine und ein flottes Mundwerk seien hinreichend.
Wie zu erwarten, hatte keiner der Eingeladenen außer mir und keiner der sich meldenden Hörer außer Gabriele Ahrens das Original-Reformwerk je in der Hand gehabt, was aber keinen davon abhielt, mit größter Selbstgewißheit seine Urteile abzugeben. In der Schule lernt man seit einigen Jahrzehnten vor allem, zu jedem Gegenstand eine sogenannte Meinung zu haben und jede Meinung für gleich bedeutsam zu halten, und die Früchte dieser egalitären Pädagogik ernten wir jetzt. Bei Andreas Baer kommt natürlich noch etwas anderes hinzu, was hier nicht näher bezeichnet zu werden braucht. Den Moderator hat es nicht beeindruckt, und das war die beste Voraussetzung für eine insgesamt doch ganz nützliche Veranstaltung.
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Th. Ickler


eingetragen von Klaus Eicheler am 04.08.2004 um 22.33

Heute morgen wurde im Bayerischen Rundfunk ein kurzes Streitgespräch zwischen Prof. Eichinger (Vorstand IDS, als Befürworter der Reform) und Prof. Gauger (Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung, als Befürworter der Rücknahme der Reform) gesendet.
Die Argumente von Prof. Gauger waren stichhaltig - im einzelnen zumindest den Lesern dieser Internetseiten bekannt.
Mir fiel auf, daß Prof. Eichinger auf das „angebotene“ Kostenargument gegen eine Rücknahme der Reform geflissentlich ablenkte. Sein Appell, der Reform doch „eine Chance zu geben“, wirkte nach acht Jahren Feldversuch eher hilflos. Auf den Einwurf des Moderators Thomas Meyerhöfer („... ich muß jetzt neutral bleiben, auch wenn es schwerfällt ...“), daß der Widerstand in der Bevölkerung gegen die Reform und die Befürwortung der Rücknahme wohl unübersehbar sei, meinte Eichinger, „ja, aber der Widerstand bei den Schülern sei nicht so groß wie in der Bevölkerung“.
Bravo! Das überzeugt!


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Klaus Eicheler


eingetragen von Christian Melsa am 04.08.2004 um 21.10

Interessant auch Frau Grundmanns Aussage in der "Redezeit"-Sendung, was bei einer Rücknahme passieren würde - das wäre die Katastrophe, da wüßten die Schulkinder ja gar nicht mehr, woran sie sich halten sollen, ja, sollen sie jetzt wieder so schreiben wie ihre Eltern, nein, das wäre katastrophal. Man stelle sich das vor: so schreiben wie die Eltern! Was für eine furchtbare Verwirrung. Außerdem habe sie sich ja jetzt auch irgendwie schon an die neuen Schreibweisen gewöhnt. Interessanterweise wird andauernd den "Alten" vorgeworfen, sie wollten nicht umlernen.


eingetragen von margel am 04.08.2004 um 20.29

Baer folgte der alten Politikerregel: Wenn du zu einer Sache nichts sagen kannst oder willst, dann sprich über etwas anderes. Frau Grundmann machte einen eher hilflosen Eindruck. Prof. Ickler erfreute durch zwei eindrucksvolle Treffer, indem er erstens die zwielichtige Figur des Schulbuchvertreters bloßstellte und, viel wichtiger, wieder einmal bewies, daß Sachkenntnis durch nichts zu ersetzen ist. So konzentrierte sich der, übrigens recht gute, Moderator immer mehr auf ihn als denjenigen, der wirklich Bescheid weiß. Eigentlich schade, daß nie ein ebenbürtiger Reformbefürworter auftritt. Aber den kann es wohl aus sachimmanenten Gründen auch nicht geben.


eingetragen von Elke Philburn am 04.08.2004 um 20.12

Habe leider nur die letzten 20 Minuten mitbekommen. Schade, daß man man Baer das letzte Wort gelassen hat. Nichts als leere Rhetorik, die wohl darauf angelegt war, Ickler das Wort im Mund herumzudrehen. Klasse das Schlußwort: Die neuen Regeln würden wohl bleiben und die Nachbesserungen mit jeder neuen Auflage des Duden erfolgen.
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http://www.vrs-ev.de/


eingetragen von Christian Dörner am 04.08.2004 um 12.01

Die Sendung kann auch über das Internet empfangen werden.

Auf

http://www.ndrinfo.de/

läßt sich das Webradio starten.
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Christian Dörner


eingetragen von Gabriele Ahrens am 04.08.2004 um 11.05

Viele Journalisten müssen sich erst einmal mit dem Thema anfreunden bzw. sich damit vertraut machen. Herr Baale rief mich gestern an und bat um einige Informationen zu unserer Volksinitiative. Es wurde ein recht langes Gespräch, und am Ende hatte ich das Gefühl, ein bißchen Überzeugungsarbeit in unserem Sinne geleistet zu haben, vor allem, was die Einschätzung angeht, nur die "Alten" wollten den Neuschrieb nicht. Ich hatte eigentlich nicht das Gefühl, daß er selbst tendenziös berichterstatten will. Wir dürfen also gespannt sein, was er heute abend daraus macht.


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Gabriele Ahrens


eingetragen von Karsten Bolz am 04.08.2004 um 10.50

Empfang (ohne Gewähr):
- Astra Digital Trp. 71 (27.500 3/4), 11,8365 GHz horizontal
- Astra Analog Trp. 25, 11,58225 GHz horizontal, Tonunterträger 7,74 / 7,92
- Mittelwelle 702 kHz und 828 kHz
- auf den UKW-Frequenzen im Sendegebiet

Dazu die (tendenziöse) Einleitung in Internet:
Der Streit um die Rechtschreibreform spitzt sich wieder zu. Sollen die neuen Regeln in einem Jahr endgültig eingeführt werden? Viele Deutsche tun sich schwer; zwei Drittel wollen zurück zur alten Schreibweise. Doch das sind die über 50-Jährigen. Die jüngeren Leute orientieren sich in ihrer großen Mehrheit bereits an den neuen Regeln.

Gäste:
Prof. Dr. Theodor Ickler,
Institut für Germanistik, Universität Erlangen-Nürnberg
Heidemarie Mundlos,
Bundesvorsitzende des Deutschen Elternvereins, Braunschweig
Kerstin Grundmann,
Deutschlehrerin, Mecklenburg-Vorpommern
Andreas Baer,
Geschäftsführer des Verbands der Schulbuchverlage VdS Bildungsmedien


Moderation: Olaf Baale
Redaktion: Dietrich Schilling


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Rufen Sie an, diskutieren Sie mit!
Zwischen 21.00 und 22.00 Uhr unter der Rufnummer (040) 44 17 77

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Karsten Bolz


eingetragen von Theodor Ickler am 04.08.2004 um 03.49

Heute abend läuft ab 21.05 Uhr eine Diskussion über die RSR. Es nehmen teil: Heidemarie Mundlos, Bundesvorsitzende des Deutschen Elternverbands, Kerstin Grundmann, Deutschlehrerin aus Mecklenburg-Vorpommern, und Andreas Baer, Geschäftsführer des Verbands der Schulbuchverlage VdS Bildungsmedien, sowie Theodor Ickler.
Die Moderation der Sendung hat Olaf Baale.

Was wahrscheinlich nicht gesagt werden wird: Frau Grundmann ist nicht nur Lehrerin, sondern auch Mitarbeiterin (Rechtschreib-Korrektorin) bei Schulbuchverlagen und im Landesverband für Schule und Ausbildung (LISA) Mecklenburg-Vorpommern. Sie verdient also Geld mit der Rechtschreibreform.
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Th. Ickler


eingetragen von Reinhard Markner am 03.08.2004 um 18.12

In der heutigen Ausgabe lief ein Beitrag zur Rechtschreibreform. Peter von Matt nannte die Reformer "Wildschweine in einem Blumengarten". Die Sendung wird heute nacht wiederholt.


eingetragen von Christian Melsa am 01.08.2004 um 03.09

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Norbert Lindenthal
Auch die Bundesregierung hat ernsthafte Zweifel.
Staatsministerin Weiss, SPD:

Die Dame ist kein Mitglied der SPD, sondern eine parteilose Ministerin. Den Irrtum gab's aber schon öfter.


eingetragen von Norbert Lindenthal am 31.07.2004 um 10.48

Klick ins Bild läßt den Heute-Journal-Film abspielen.

Auch die Bundesregierung hat ernsthafte Zweifel.
Staatsministerin Weiss, SPD:

„Wo ist sie gescheitert?“



Am 1. August 2005 werden die neuen Regeln verbindlich. Der Streit um die Reform fängt erst richtig an.
Quelle: ZDF

Dieser Fernsehbeitrag lohnt sich. Zum Abspielen ist RealPlayer erforderlich.


eingetragen von Klaus Malorny am 31.07.2004 um 07.16

Auf den Heute-Journal-Seiten des ZDFs kann man sich den Beitrag auch als Video-Clip ansehen. Die Adresse ist

http://www.heute.t-online.de/ZDFheute/mediathek/video_cont/0,1451,2057838-MD-180276-HI-0-1,00.html


eingetragen von Christoph Kukulies am 31.07.2004 um 06.44

Im Schriftlaufband vor der "Heute"-Sendung (ZDF) gestern abend um 21:45: "Kippt die Rechtschreibreform?"

Am Ende der Sendung dann ein längerer Zusammenschnitt von Interviews der jüngsten Zeit (Wulff, Ahnen). Auch weitere "Werbeminuten" für die Reformer. Ein Herr Heller kam in einer kurzen Einblendung zu Wort. Er attackierte die FAZ und warf ihr vor, ein Chaos herbeizureden. Von Chaos sei keine Rede und verfiel wieder in das übliche Gesülze von den Vorzügen der "RSR".

Gesamttenor: Immer noch dieser etwas veralbernde Unterton, wenn es in den Medien um die Rechtschreibung geht. Aber diesmal vom Moderator nicht herabgewürdigt und durchaus kritisch begleitet.
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Christoph Kukulies


eingetragen von Reinhard Markner am 28.07.2004 um 08.33

DLR 30. 7. 2004
07:20 Politisches Feuilleton
Jens Jessen: Verfahrene Kiste - Die Rechtschreibreform als Symptom

Darauf muß man nicht gespannt sein. Vermutlich eine Zweitverwertung eines Artikels für die nächste "Zeit".


eingetragen von Sigmar Salzburg am 26.07.2004 um 18.08

ZDF, Nachrichtensendung „heute“, 17.07.2004 19:00
…der Widerstand gegen die umstrittene Rechtschreibreform hält an.
Bild: Wandtafel mit „leid tun“ neben „Leid tun“, „leidtun“.
Ahnen: Eine Rücknahme der Reform ist … den Schülern kaum zumutbar ...
Bodo Kirchhoff:
„Wer eine Regel ... oder wer Regeln, die über Generationen Bestand hatten, von Amts wegen außer Kraft setzt, der erklärt natürlich die neuen Regeln von vornherein für provisorisch. Es ist ja scheißegal, wie man es schreibt, denken die Schüler, Hauptsache man versteht's. Ich glaube, heute schreibt man bei uns so wie man Fußball spielt: Jeder darf wie er kann.“

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Sigmar Salzburg


eingetragen von Reinhard Markner am 26.07.2004 um 15.59

Und beim Funkjournal der Deutschen Welle bin ich auch zu Wort gekommen. Wird mehrmals wiederholt und weltweit verbreitet, wie sich das für die Wahrheit gehört.


eingetragen von Reinhard Markner am 26.07.2004 um 09.04

Deutschlandradio wird heute im Laufe des Tages ein Gespräch mit mir senden, das vor einer halben Stunde aufgezeichnet wurde.


eingetragen von Reinhard Markner am 24.07.2004 um 10.19

Ich war gestern abend zu Gast bei Giga Real, einer politischen Diskussionssendung, http://www.giga.de/tv/gigareal/ , übrigens auf freundliche Vermittlung von Herrn Riebe. Die Sendung richtet sich an ein jüngeres Publikum, das auch selbst per Internet und SMS Fragen an den Gast richten kann. Erfreulicherweise überwiegt auch hier die Skepsis, und ich hoffe sie noch etwas verstärkt zu haben.


eingetragen von Dominik Schumacher am 13.07.2004 um 14.16

SWR-Nachrichten vom 13.7.2004

Nur eine kleine Beobachtung:
Die kritischen Nachrichten von gestern abend 19.00 und 21.00 Uhr sind auf den SWR-Netzseiten nicht zu finden (die muß man hier auf unseren Seiten suchen [Fax aus der SWR-Redaktion liegt vor]). Aber die Pro-Reform-Stellungnahme des Ministerpräsidenten ist im Internet nachzulesen.

Kleine Erinnerung: Rheinland-Pfalz ist das Bundesland, das ganz stolz ist, die Volksentscheidshürde beim Volksbegehren (2. Stufe) auf die Hälfte gesenkt zu haben. Nun braucht man verglichen mit Schleswig-Holstein als Wahlberechtigter nur doppelt so hoch zu springen und hat dafür auch statt 24 m (Wochen) nur 2 m Anlauf.

Lieber Kurt, in Rheinland-Pfalz gibt es nicht wirklich den Volksentscheid. Sei mächtig, aber mißbrauche nicht die Macht.
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Dominik Schumacher

übrigens heiße ich wirklich Norbert Lindenthal


eingetragen von Dominik Schumacher am 12.07.2004 um 20.00

17Reform

Rechtschreibreform

Berlin: Um die Rechtschreibreform ist eine neue Debatte entstanden. Die Schulbuchverlage befürchten Kosten in Millionen-Höhe, falls die nach wie vor umstrittene Reform zurückgenommen wird. Das haben der saarländische Ministerpräsident Müller und Bayerns Ministerpräsident Stoiber gefordert. Sie wollen die Rücknahme der Reform auf die Tagesordnung der Ministerpräsidentenkonferenz setzen. Innenminster Schily will sich aus dem Streit heraushalten. Er habe aber nichts dagegen, wenn sich die Ministerpräsidenten erneut mit dem Thema befassen wollten.

dpa ki-we 12.07.2004 10


eingetragen von Christoph Kukulies am 11.07.2004 um 18.53

Überschrift "Rechtschreibreform"

Antje Vollmer begrüße den Vorstoß der Ministerpräsidenten. Ich habe den genauen Wortlaut nicht behalten. Vielleicht kommt die Nachricht noch mal in einer späteren Ausgabe der Tagessschau.

Was mir nur in Erinnerung haften blieb, war ein Einwurf des Deutschen Philologenverbandes, der zitiert wurde, man wolle ein mögliches Chaos verhindern, das eine Rücknahme verursachen würde und plädiere für Nachbesserungen der Reform.

Wer sitzt im deutschen Philologenverband? Wer sind die Personen? Man muß jetzt informieren, vor allem müssen die Ministerpräsidenten gut beraten werden.
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Christoph Kukulies


eingetragen von DS am 13.03.2004 um 11.53

BR Bayerischer Rundfunk, 15.2.2004
Fernsehsendung mit Prof. Theodor Ickler, 5.18 Minuten

… der Mercedes unter den Orthographien …

… es ist gar kein Zweifel, daß jetzt alles noch einmal neu gemacht werden muß …

nur Abspielen 1,5 MB,
danach keine Datei auf Ihrer Festplatte

Datei laden und dann abspielen, 1,5 MB,
Sie behalten eine RealOne-Player-Datei auf Ihrer Festplatte.


eingetragen von Dominik Schumacher am 09.03.2004 um 21.08

Jan Tussing führt ein Telefoninterview mit Matthias Dräger am Tag, an dem die Amtschefs der Kultusminister laut wenige Tage vorher bekannt gewordenem Geheimpapier vorhatten, der sogenannten Zwischenstaatlichen Kommission eine unkontrollierte Kompetenz der Sprachregelung zu übertragen

Hessischer Rundfunk, 5.2.2004
HR1 Profil, 8.05 – 8.18 Uhr

01HR1ProfilJanTussing.mp3 42/86K
02HR1.mp3 14/31K
03Schueler.mp3 46/93K
04leidtun.mp3 26/53K
05MatthiasDraeger.mp3 236/464K

mp3-Dateien, sehr stark komprimiert, dadurch kurze Ladezeiten, Dauer in Sekunden / Dateigröße


eingetragen von Christoph Kukulies am 02.03.2004 um 09.07

Aufruf an die Pädagogen: 5.3.2004 vormerken (10.10 - Journal am Vormittag)

http://www.dradio.de/php_logic/beitrag_vorschau.php?programm=dlf&sendung=forumpisa&id=239792


Wir haben ja, wie Sie am Ende dieser Seite sehen, ein eigenes Hörerforum. Ausnahmsweise weisen wir auf ein fremdes hin, das uns bei der Recherche zum Thema auffiel: Ist Rechtschreibung in allen Fächern notenrelevant, will da eine Mutter wissen....
Rechtschreibung in allen Fächern?

Ihre Fragen und Meinungen erwarten wir während der Sendung unter:
Hörertelefon: 00800 44 64 44 64
Hörerfaxnummer: 00800 44 64 44 65
E-Mail-Adresse forumpisa@dradio.de


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Christoph Kukulies


eingetragen von Reinhard Markner am 19.02.2004 um 20.43

Wie ich höre, ist in der heutigen 3sat-Sendung über den offenen Brief der Akademiepräsidenten berichtet worden.

Außerdem lief im BR-Fernsehen in der Sendung "Lesezeichen" am 15. 2. der Beitrag "Die Reform der Rechtschreibreform: Warum dieses Trauerspiel immer noch kein Ende hat".


eingetragen von J.-M. Wagner am 19.02.2004 um 14.23

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Reinhard Markner
21. 2. 2004 * Campus & Karriere

Programmtip
Die Rechtschreibreform
Jahrhundertwerk oder Katastrophe
Redaktion/Moderation Uli Burgwinkel
http://www.dradio.de/dlf/sendungen/campus/239880/
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Jan-Martin Wagner


eingetragen von L.Willms am 19.02.2004 um 13.52

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Wolfgang Wrase
Zu Goethes Zeiten gab es zum Beispiel noch keinen Kugelschreiber oder andere moderne Schreibgeräte. Er hat seine Gedanken relativ mühsam mit dem Federkiel zu Papier gebracht.

... bzw. dem Eckermann diktiert.


MfG,
L. Willms

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Es gibt eine wahre und eine förmliche Orthographie. -- Georg Christoph Lichtenberg (1742 .. 1799)


eingetragen von Reinhard Markner am 19.02.2004 um 13.32

21. 2. 2004 • Campus & Karriere

Programmtip
Die Rechtschreibreform
Jahrhundertwerk oder Katastrophe
Redaktion/Moderation Uli Burgwinkel

Rechtschreibung, das bedeutet im Wortsinn rechtes oder richtiges Schreiben.
Das ist heutzutage schwierig geworden. Seit 1996 die Rechtschreibreform in Kraft trat, haben sich die orthografischen Kenntnisse der Schüler und Studenten in keiner Weise verbessert.
Obwohl Vereinheitlichung und Vereinfachung in der Rechtschreibung angestrebt waren, scheint der schriftsprachliche Alltag in Deutschland zunehmend disparat: die Frankfurter Allgemeine Zeitung polemisiert immer noch gegen die Reform, die Lehrer klagen über die Ungereimtheiten, nicht nur Sekretärinnen gründeten eine Initiative gegen die Reform, Eltern bleiben weitestgehend ahnungslos, Schulbücher müssen die neuen Regeln befolgen, Studierende der Germanistik sollten sie zumindest beherrschen. Und der "Normalmensch" schrieb und schreibt einfach weiter so, wie er es gelernt hat, oder eben nicht gelernt hat.
Gerade erst haben 50 Rechtswissenschaftler einen Appell an die Parlamente Deutschlands, Österreichs und der Schweiz gerichtet, das Regelwerk wegen gravierender Mängel zurückzunehmen.

Wir möchten Ihre Meinung kennenlernen :

Wie halten Sie es mit der Reform? Mit der Rechtschreibung überhaupt? Ist nicht der Inhalt wichtiger als die Form?

Warum ist Orthographie überhaupt wichtig? Kann man Reformen an Sprache verordnen?

Kostenfreies Hörertelefon : 00800 4464 4464 : RUFEN SIE AN

Experte (im Studio des ORF in Wien):

Dr. Karl Blüml, Stadtschulrat für Wien und Vorsitzender der zwischenstaatlichen Kommission für die deutsche Rechtschreibung


eingetragen von Wolfgang Wrase am 17.02.2004 um 06.51

Richtig; und neben der fatalen, falschen "Ausgewogenheit" gab es bisher in den Medien auch dieses ständige Herunterspielen, das scheinbar überlegene, oft sich ironisch distanzierende Verharmlosen, zum Beispiel: "Hat nicht damals Goethe immer wieder anders geschrieben, sogar seinen eigenen Namen in verschiedenen Schreibweisen?"

Als die Sendung mit dem Nibelungenlied und Goethe als Aufmacher anfing, dachte ich: Jetzt kommt schon wieder dieses dämliche Argument, der Geistesriese Goethe hätte ja auch mit einer bunten Vielfalt von Schreibungen leben können, es komme ja nur auf den Inhalt an, und gerade große Geister scherten sich wenig um die äußere Form. Dieses Scheinargument zugungsten der Schreibverwirrung durch die Reform ("So befreiend bunt und kreativ wie bei Goethe") wurde dann zwar gar nicht bemüht, ich möchte aber doch darauf eingehen.

Richtig: Zu Goethes Zeiten gab es noch keine Einheitsschreibung, so wie es sie im ganzen 20. Jahrhundert (weitestgehend) gab, bis die Reform sie zu zerstören begann. Und man kann auch mit einer chaotischen Rechtschreibung leben, große und kleine Gedanken entwickeln und zu Papier bringen. Das heißt aber noch lange nicht, daß dieser ungeordnete Zustand der Noch-nicht-Einigkeit in der Sprachgemeinschaft irgendwie gleichwertig oder gar vorteilhaft wäre.

Zu Goethes Zeiten gab es zum Beispiel noch keinen Kugelschreiber oder andere moderne Schreibgeräte. Er hat seine Gedanken relativ mühsam mit dem Federkiel zu Papier gebracht. Da muß man alle paar Wörter stocken, die Feder ins Glas tunken, man kratzt anschließend auf dem Pergament und bekommt ein fleckiges Schriftbild. Wäre es also ein Fortschritt, zum Schreiben in der Schule oder auch sonst als Standard den Gänsekiel wieder einzuführen - und diejenigen ironisch zu bemitleiden, die sich dagegen wehren würden?

Der Geheime Rat reiste auch mit der Pferdekutsche, während wir heute unter anderem sehr fortschrittliche Automobile, die Eisenbahn und den Flugverkehr nutzen. Mögen damit auch gewisse Nachteile verbunden sein - wer will denn schon zurück zur Postkutsche?

In den Anfangsjahren der Reform gab es diese Argumentationsfigur regelmäßig: Rechtschreibung sei doch so unwichtig, wie sie bei Goethe noch nicht einheitlich war. Aber nicht alles war im 18. Jahrhundert besser als heute, nur weil in diesem Jahrhundert ein Goethe geboren wurde. Jedenfalls nicht die Rechtschreibung.


eingetragen von Theodor Ickler am 16.02.2004 um 10.06

Das eigentlich Bemerkenswerte an dieser Sendung waren sicher nicht meine schlichten Sätze (wie gesagt, Ausschnitte aus einem nahezu einstündigen Gespräch), sondern die Tatsache, daß die Redaktion sich gar nicht mehr um jene fatale "Ausgewogenheit" bemühte, die sonst überall den Unsinn gleichberechtigt neben den Sinn zu stellen pflegt. Es ist eben nicht alles wurscht.
Leider herrschte in der Amtschefskommission, wie zu hören ist, der Eindruck, mit dem vierten Bericht seien die wichtigsten Probleme gewissermaßen entschärft. Die interessierte Öffentlichkeit sieht das mit Recht anders, und wo die genaue Kenntnis fehlt, ist doch wenigstens die richtige Intuition vorhanden, daß alles immer schlimmer wird.
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Th. Ickler


eingetragen von Karsten Bolz am 16.02.2004 um 09.41

Bayerisches Fernsehen Videotext am 14.02.04 zum Inhalt von Capriccio 21.15-21.45

Neue Skandale um die Rechtschreibreform:
Die anstehende Reformstufe bringt Riesenkosten bei größtmöglichem Unsinn!

Der Beitrag in Capriccio (ca. 21.40 Uhr, Länge 5:18):

Sprecher: Vor wenigen Tagen erschien der sogenannte Vierte Bericht der Rechtschreibkommission, doch manchen scheint nun nicht die deutsche Rechtschreibung sondern die komplette Rechtschreibkatastrophe perfekt.

Einblendung des Nibelungenliedes in einer alten Schrift, anschließend verschiedene Handschriften, dann eine Seite aus Goethes Faust

Sprecher: Der Autor des Nibelungenliedes, dazu Goethe, Schiller bis hin zu Franz Kafka, die großen Schriftsteller deutscher Sprache schrieben, wie sie es für richtig hielten. Doch jetzt plötzlich sieht die gesamte deutsche Literatur mit ihren ph-s und scharfen ß auf einen Schlag alt aus. Denn jetzt kommt die Rechtschreibreform.

Einblendung aus dem vierten Bericht: die Seite mit der geschlossenen Liste zur Zusammenschreibung

Sprecher: Letzte Woche wurde die neueste Reform der Reform mit weiteren 4000 Änderungen von den Kultusministerien abgesegnet. Ein willkürlicher Eingriff in ein gewachsenes Kulturgut.

Ickler: „Die deutsche Rechtschreibung ist in gewisser Weise optimal. Sie ist – man hat mal gesagt – der Mercedes unter den Orthographien. Ich mach’ keine Schleichwerbung hier, aber da ist was dran. Also, die ist eine ungemein leserfreundliche Rechtschreibung. Und jetzt kommen die Reformer mit ihrer an sich wohlmeinenden Idee und glauben da – ja -, mit der Axt durchgehen zu müssen und das Unterholz auslichten und so etwas. Und dann merkt man nach einiger Zeit, da ist von Grund auf etwas nicht verstanden worden.“

Texteinblendung: Die Wirtschafterin kämpfte in der Küche wie ein Löwe. Doch sie brachte die heißersehnten und heiß ersehnten Bratkartoffeln nicht zustande. Erich Kästner, Notabene 45

Sprecher: Ein Text wie Erich Kästners Notabene 45, in dem er zwischen heißersehnten und heiß ersehnten Bratkartoffeln unterscheidet, wäre nach den neuen Regeln nicht mehr möglich.

Texteinblendung: Ich gehe Pleite / Es tut mir Leid

Sprecher: Ausdrücke wie Pleite gehen und Leid tun verstoßen gegen jede Sprachlogik, denn niemand fügt mir Leid zu, wenn er mir leid tut.

Texteinblendung: Deut-schland / Bi-omüll / vol-lenden / Spitza-horn / Tee –nager / dreie-ckig

Sprecher: Ganz abgesehen von Trennungen, die dem einfachsten Sprachgefühl widersprechen. Irgend etwas ist da grundsätzlich schief gelaufen.

Ickler: „Ich will nur einen Satz zitieren, den die Reformer lange Zeit vor sich hergetragen haben. Sie wollten der Tendenz der Sprachgemeinschaft entgegenwirken: zum Beispiel Zusammenschreibung, Großschreibung von festen Begriffen wie Schwarzes Brett und so etwas. Ich hab’ mich damals gefragt: >Wie kann das sein? Wie kann man der Tendenz der Sprachgemeinschaft entgegenwirken wollen? Sich gegen den Sprachwandel stellen? Das ganze noch als modern ausgeben?< Das ist eine vollkommene Verkennung der Natur der Sprache.“

Einblendung: Gebäude des IDS, dann die Mitglieder der Kommission bei einer Tagung

Sprecher: Hier wurden all die absurden Neuerungen erfunden. Im Institut für deutsche Sprache in Mannheim tagt die offizielle Rechtschreibkommission. Doch ihre Ergebnisse sorgen in der Bevölkerung nur für Verwirrung. Keiner kennt sich mehr aus.

Ickler: „Das empört natürlich sehr viele und das ist auch empörend, daß hier eine kleine Clique von nahezu unbekannten Germanisten es geschafft hat, 100 Millionen schreibkundigen Deutschen diese Änderungen aufzuzwingen.“

Einblendung: Web-Seite der Rechtschreibkommission, die Namen der Kommissionsmitglieder, dann die Seite des IDS

Sprecher: Die Zusammensetzung der Kommission und des Beirates waren immer schon umstritten, auch wegen möglicher wirtschaftlicher Interessen. So sind nur zwei Wörterbuchverlage im Beirat vertreten. Ein Mitglied bietet im Internet kommerzielle Rechtschreibkurse an. Das war es nicht, was Konrad Duden sich einst vorgestellt hatte, als er zum ersten Mal die deutsche Orthographie als Kulturgut begriff. Und ursprünglich sollte die Rechtschreibreform, ganz im Sinne Dudens, die deutsche Sprache auf den aktuellen Stand internationaler Regeln bringen.

Einblendung: Dudenseite mit Miss|stand / Miss|stim|mung usw.

Sprecher: Aber radikale Ideen, konsequent klein zu schreiben und sich in der Schrift nur noch nach der Aussprache zu richten, ließen sich nicht durchsetzen, weil sie zu tief in die Schrifttradition eingegriffen hätten. So blieb es bei einem faulen Kompromiß mit vielen Widersprüchen und Fehlern.

Einblendung: Reformierter Duden wird zugeklappt

Ickler: „Die Reform trat also mit allen Fehlern in Kraft: 98. Und zwar deswegen, weil sie schon vorfristig, 96, in die Schulen gedrückt worden war. Das war zwar sehr geschickt, weil dann der Widerstand der Bevölkerung gebrochen werden konnte – mit dem Argument: >Die Schüler schreiben ja schon neu.<. Aber es war auch ungeschickt, weil Korrekturen nicht mehr möglich waren. Und jetzt hat man nun den Salat. Wir haben jetzt nach einigen Jahren eine in Rechtschreibprogrammen, in Wörterbüchern niedergelegte objektiv fehlerhafte Rechtschreibung, wie jetzt auch zugegeben wird. Wir kommen aber nur sehr schwer wieder davon herunter.“

Einblendung: Schulklasse

Sprecher: Und jetzt versuchen die Reformer mit immer neuen Korrekturen, das Regelwerk an die Sprachlogik anzupassen. Doch dadurch wird alles immer komplizierter. Die Schulbücher und Lexika sind mit jeder Neuerung schon wieder veraltet.

Einblendung: Schüler schreibt Delfin / rau / dass

Sprecher: Doch die Kommission behauptet, kein Schulbuch müsse neu gedruckt werden.

Ickler: „Das ist vollkommen falsch. Also, ich habe ja nun diese Änderungen, die im vierten Bericht vorgeschlagen werden, genau untersucht und ich sehe, daß Tausende von Wörtern betroffen sind, daß fundamentale Regeln neu gefaßt werden, mit ganz anderen Folgen. Und es ist gar kein Zweifel, daß jetzt alles noch mal neu gemacht werden muß.“

Einblendung: Alte Schrift mit Nibelungenlied wie am Anfang

Sprecher: Seit den ältesten Texten hat sich in der deutschen Literatur eine Kultur der Schrift entwickelt, die einzigartig ist. Und jetzt wird willkürlich, per Gesetz von außen, in diese lebendige Sprachkultur eingegriffen. Das widerspricht jeder kulturellen Entwicklung, und es verwirrt jeden, der versucht, nach seinem Sprachgefühl zu schreiben.
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Karsten Bolz


eingetragen von Elke Philburn am 15.02.2004 um 08.56

Habe gerade die Sendung gesehen und mich gefreut. Sie hätte überzeugender nicht sein können. __________________
http://www.vrs-ev.de/


eingetragen von Reinhard Markner am 14.02.2004 um 21.43

Die Sendung "Capriccio" wird wiederholt am morgigen Samstag um 9:15 Uhr im BR-Fernsehen sowie am Dienstag um 15:45 Uhr und am Mittwoch um 10:30 Uhr auf BR-alpha.


eingetragen von Theodor Ickler am 10.02.2004 um 15.13

Heute war das Fernsehen schon wieder bei mir, die Sendung soll am Samstag um 21.15 Uhr laufen, im "Kulturmagazin" (Bayerisches Fernsehen). Wir haben ja kein Fernsehgerät (wirklich nicht, GEZ!), aber falls sich jemand dafür interessiert ...
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Th. Ickler


eingetragen von margel am 08.02.2004 um 08.56

Während margels Teuerste sonst immer um diese Abendstunde den DLF hört, war es gerade diesmal nicht der Fall. Kommt man auf andere Weise an diesen Text? Sicher sind noch mehr Forumsteilnehmer interessiert. - Hier heißen die Verstorbenen z.B. Engeline, Garreline oder Rindert. Soviel zum Regionaltouch.


eingetragen von Theodor Ickler am 08.02.2004 um 07.15

Schön, wenn es Ihnen gefallen hat, lieber Herr Markner, aber es waren insgesamt nur fünf Minuten ... Natürlich ist meine Rede so gehaltvoll, daß es dem Kenner vorkommt, ich hätte Stunden gesprochen. Im Hinblick auf meine armen Studenten kommen mir nun doch Bedenken, denn die Vorlesung dauert tatsächlich 90 Minuten nach der Uhr.
Meine Familie hing auch an meinen Radiolippen und machte mir hinterher Vorhaltungen, daß ich dies und jenes auch noch hätte sagen müssen usw. "Wer sich in Familie begibt, kommt darin um" und "Das Wort Familienbande hat einen Beigeschmack von Wahrheit". Nun, ich lebe noch, habe im Sinne der trefflichen Iris Hanika (Lob des frühen Morgens, gestern in der WELT, in alter Rechtschreibung) kurz und tief geschlafen und "heute Früh" um vier in bester Laune und Verfassung was hinter mich gebracht (den neuen Kommentar).
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Th. Ickler


eingetragen von Reinhard Markner am 07.02.2004 um 17.05

Vorhin lief auf DLF ein vorzügliches, ausführliches Gespräch mit Theodor Ickler. Gestern lief auf Inforadio (RBB/MDR) eines mit Herberg.


eingetragen von Heinz Erich Stiene am 06.02.2004 um 13.46

Es ist schon erstaunlich, mit welcher Unbekümmertheit einige Vertreter von Presse oder Rundfunk ihre eigene Dummheit inszenieren. Wie kann man ihnen nur erklären, daß es eben nicht um eine gewonnene Freiheit geht, daß man nicht, wie immer wieder gedankenlos dahingeleiert wird, schreiben kann, wie man will? Die angebliche Freiheit ist für viele Schreibende eine Last, weil sie von einer Verunsicherung geplagt werden, die sie sich vor einem Jahrzehnt nicht hätten träumen lassen. Das ist auf diesen Seiten natürlich längst gesagt worden; nur können manche Holzköpfe in den Medien nicht so weit denken. Schreiben, wie man will? Was für ein Blödsinn, wenn man in Schulen und Ämter schaut! Was macht ein Autor, dem ein Verlag die Pistole auf die Brust setzt? Wie frei sind die Journalisten, die von einem Zeitungsverleger abhängig sind? Schreiben, wie man will: In Schleswig-Holstein wird von den Parlamentariern mit totalitärer Gebärde ein Volksentscheid annulliert. Vermutlich wollten sie der Freiheit ein Denkmal setzen. Usw. usw. Der Journalist, der in dieser schwülen Lage einen Goethe auf seiner Seite wähnt, hat nichts begriffen. Siehe also oben.
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Heinz Erich Stiene


eingetragen von margel am 06.02.2004 um 08.01

Neben Geschäftsinteressen ist eine schwer durchschaubare Motivationsgemengelage im Spiel. Daß so eine dubiose Clique eine solche Macht ausüben kann, läßt für die politische Reife der führenden Köpfe in Deutschland Schlimmes befürchten. Jedenfalls eine dankbares Feld nicht nur für die Politikwissenschaft, sondern auch für die Massenpsychologie.


eingetragen von Theodor Ickler am 06.02.2004 um 04.51

Ich weiß schon, warum ich kein Fernsehteilnehmer bin. Bisher habe ich noch bei jeder Veranstaltung dieser Art feststellen müssen, daß das Fernsehen stets weit unterhalb des Hörfunkniveaus bleibt. Noch besser sind fast immer die Zeitungsleute. Da fällt mir gerade ein, daß ich vor drei Tagen einem trefflichen jungen Mann von der Rheinischen Post geantwortet habe; das müßte erschienen sein, ich gehe mal auf die Suche.
Beim Fernsehen dreht sich alles um die technischen Seiten der Aufnahme, als Interviewer schickt man irgendeine routinierte Person los, ohne jedes Vorwissen über die jeweilige Sache. Eigentlich wollte ich überhaupt nicht mehr, aber wenn die Leute eigens nach Erlangen kommen ...

Wenn ich auf die letzten Tage zurückblicke, komme ich mir vor wie im Irrenhaus. Wie ist es möglich, daß sich ein Kulturvolk von einer winzigen Clique Ehrgeizlinge derart auf der Nase herumtanzen läßt? Wer sind denn Augst, Herberg ...?
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Th. Ickler


eingetragen von Christoph Kukulies am 05.02.2004 um 23.27

Leider hat der Mitschnitt nicht geklappt, aber ich habe gerade Herrn Ickler leibhaftig mit einem Kurzkommentar zu den 300 Mio. Kosten neuer Schulbücher gesehen. Leider hatte der Beitrag wieder diesen einschmeichelden Kuscheltenor, daß ja alles nicht so schlimm sei - eine Lehrerin äußerte sich dahingehend: " Jetzt nur keine Verunsicherung...".


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Christoph Kukulies


eingetragen von Theodor Ickler am 05.02.2004 um 16.04

Zur Information merke ich noch an, daß wir nicht wußten, welche Fragen und Themen die Moderatorin ins Gespräch bringen würde, und es war auch nicht klar, wieviel Zeit zur Verfügung stand. Es ist schwer, unter diesen Umständen etwas Informatives unters Volk zu bringen. Zwischen Herrn Herberg, der schwer an seiner Funktion trägt, die er sich wahrlich nicht ausgesucht hat (als Nachfolger eines im Zorn ausgestiegenen Mitglieds in die Kommission gedrängt) und mir besteht im Grunde weitgehende Übereinstimmung. Er macht seinen Job recht gut, aber es ist eben kein sehr angenehmer Job. Da er inzwischen im Ruhestand ist, wird vielleicht auch ein Nachfolger in der Kommission gesucht.
Der Bayerische Rundfunk hatte es übrigens nicht geschafft, einen technischen Defekt abzustellen: mir dröhnte ständig meine eigene Stimme im Abstand einiger Millisekunden im Ohr, sehr lästig.
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Th. Ickler


eingetragen von L.Willms am 05.02.2004 um 14.56

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Wolfgang Wrase
Einige persönliche Eindrücke:

Das Streitgespräch zwischen Professor Ickler und dem Reformer Dieter Herberg
[...]
nachdem Herberg zuvor gesagt hatte, es sei Anfang des 20. Jahrhunderts die Getrennt-/Zusammenschreibung nicht geregelt worden, und das hätte die Kommission eben regeln müssen. Professor Ickler warf ein: "Na und?" und "Warum muß das denn staatlich geregelt werden?" Herberg antwortete: "Alles andere ist ja auch geregelt worden!" Dabei ging leider die Information unter, daß es gerade dieser Bereich ist, der in der Reform völlig vermurkst wurde und größtenteils die jetzt angestrebten Reparaturversuche provoziert, die ja auch Herberg pauschal als notwendig darstellte.


An dieser Stelle hätte ich mir gewünscht, daß Theodor Ickler erklärt, daß jede Sprache ständig neue Worte bildet, und daß eins der Mittel der deutschen Sprache, neue Worte zu bilden, darin besteht, Wortpaare zu einem neuen Begriff und Wort zu veschmelzen, der dann etwas anderes bedeutet, als die Worte getrennt. "Man muß erst zusammenkommen, bevor man zusammen kommen kann", erkläre ich dazu gerne.

Und daß eben hier die sogenannte [sic] Rechtschreibreform diese Möglichkeit der Wortbildung abschneiden wolle, ja sogar um ein Jahrhundert oder mehr zurückrollen wolle ("sogenannt" ist älter als 100 Jahre).

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Wolfgang Wrase
Die Moderatorin meinte abschließend, irgendwie erinnere sie die Rechtschreibreform an die Gesundheitsreform.


Den Vergleich brachte der gute Herr Herberg selber inbezug auf die nötigen Nachbesserungen -- und ich fand das passend, wie er so eine der Bevölkerung aufgezwungene "Reform" zur Umverteilung von Unten nach Oben gleichsetzt mit dem Versuch einer bürokratischen Reglementierung von sowas lebendigem wie einer menschlichen Sprache.

MfG,
L. Willms

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Es gibt eine wahre und eine förmliche Orthographie. -- Georg Christoph Lichtenberg (1742 .. 1799)


eingetragen von Wolfgang Wrase am 05.02.2004 um 14.35

Einige persönliche Eindrücke:

Das Streitgespräch zwischen Professor Ickler und dem Reformer Dieter Herberg dauerte kaum 10 Minuten, wobei noch die Moderation abzuziehen ist. Diese Kürze und vor allem das Mündliche hatten wahrscheinlich zur Folge, daß die meisten Hörer kein differenziertes Bild von der aktuellen Diskussion um die Rechtschreibreform gewinnen konnten. Der Haupteindruck war vermutlich: "Jetzt ändern die schon wieder!" Das ist ja gegenwärtig auch die Hauptbotschaft in den Zeitungen.

Die Kontrahenten kamen kaum ins Gespräch; dafür hatte jeder ein wenig Gelegenheit, seine wichtigsten Botschaften zusammenhängend zu äußern.

Herberg gelang es, in einem munteren, engagierten Tonfall (mit sächsischem Einschlag) den Eindruck zu erwecken, daß da viel Wirbel um fast nichts gemacht werde. Er erwähnte eingangs, daß er sich seit 30 Jahren mit Rechtschreibung befasse, was wohl die Vorstellung hervorrufen sollte, daß er ein wahrer Kenner der Materie sei. Dann erwähnte er die jahrzehntelange Vorbereitung der Reform durch die "Wissenschaftler" (von denen war auch schon in der Anmoderation die Rede gewesen) in den beteiligten Staaten, so daß die Hörer denken konnten, daß alles in den fachlich besten Händen sei. Daraus ergab sich automatisch seine große Ausrede: Wenn so viele Wissenschaftler aus vier Ländern beteiligt seien, sei es doch selbstverständlich, daß am Ende ein Kompromiß herauskommt, der natürlich nach der Einführung in der Praxis noch einer gewissen geringfügigen Optimierung bedarf. Das könne man bei allen anderen Reformprojekten ebenfalls sehen. Und um diese kleinen Präzisierungen und notwendigen Nachjustierungen gehe es, die von vornherein zu erwarten gewesen seien. Fazit: Alles bestens, alles ganz normal.

Professor Ickler reagierte auf die Darstellung, es sei ja doch die alte Rechschreibung sehr unlogisch und unvollständig geregelt gewesen, mit der Richtigstellung, daß das nicht für die allgemein übliche Schreibung selbst, sondern für deren Darstellung im Duden gelte. Das müsse man unterscheiden. Falsch an dem ganzen Vorgehen der Reformer sei gewesen, daß man zuerst einmal die tatsächlich geübte Schreibung erfassen und sich um eine möglichst gute und einfache Darstellung hätte bemühen müssen, um festzustellen, ob oder welcher Reformbedarf eventuell besteht. Er habe sich selbst dieser Aufgabe unterzogen und festgestellt, daß die Rechtschreibung vor der Reform keineswegs reparaturbedürftig gewesen sei, sondern allenfalls deren spitzfindige Darstellung im Duden.

Dann erlaubte er sich, Herberg darauf hinzuweisen, daß er und alle anderen Reformer ursprünglich ganz andere Dinge angestrebt hatten, als sie dann in der Reform beschlossen worden seien: Kleinschreibung, keine Dehnungszeichen (z. B. jar statt Jahr), starke Eindeutschung und die Einheitsschreibung "das" auch für das Bindewort. Davon sei nur ein bißchen Eindeutschung übriggeblieben. Es könne also keine Rede davon sein, daß die Reform ein Kompromiß der Vorstellungen der Reformer sei. Und die Substantivkleinschreibung, wie auch im vierten Bericht zu erkennen sei, werde als Fernziel der Reformer offenbar immer noch angestrebt; dazu werde es aber niemals kommen, weil die Bevölkerung sie ablehnt. Herberg bestätigte den Wunsch der Reformer, die Substantivkleinschreibung einzuführen, und bekannte, er selbst bedaure es außerordentlich, daß es dazu nicht gekommen sei. Er klagte, Deutschland sei nun die einzige Nation mit einer solchen Regelung der Großschreibung, und Professor Ickler meinte: "Na und?"

Professor Ickler begann einen seiner Redebeiträge damit, daß er sagte, er halte es für grundsätzlich verfehlt, ein gewachsenes System wie Schrift und Sprache mit theoretisch erdachten Verordnungen regeln zu wollen. Bei diesem Thema ergab sich ein kurzes Wortgefecht, nachdem Herberg zuvor gesagt hatte, es sei Anfang des 20. Jahrhunderts die Getrennt-/Zusammenschreibung nicht geregelt worden, und das hätte die Kommission eben regeln müssen. Professor Ickler warf ein: "Na und?" und "Warum muß das denn staatlich geregelt werden?" Herberg antwortete: "Alles andere ist ja auch geregelt worden!" Dabei ging leider die Information unter, daß es gerade dieser Bereich ist, der in der Reform völlig vermurkst wurde und größtenteils die jetzt angestrebten Reparaturversuche provoziert, die ja auch Herberg pauschal als notwendig darstellte. Professor Ickler erwähnte auch den Änderungsbedarf, den die jetzt beabsichtigte Reform der Reform bedeutet: Anhand der Vorlage für die Kultusminister bzw. Amtschefs, die im Anhang eine korrigierte Strecke des Österreichischen Wörterbuchs enthält, ergäben sich ungefähr 3000 Änderungen im ganzen Wörterbuch und im umfangreicheren Duden rund 4000 Änderungen.

Die Moderatorin meinte abschließend, irgendwie erinnere sie die Rechtschreibreform an die Gesundheitsreform.

Soweit ausschnitthaft ein paar Erinnerungen. Manches fehlt, vielleicht habe ich manches nicht getreu im Gedächtnis; aber so ist das Gespräch schwerpunktmäßig verlaufen.

Ich selbst gewann den Eindruck, daß Herr Herberg mit seinen Ausreden entweder unglaublich naiv oder geradezu verblendet sein muß, wenn er immer noch meint, die Reform sei eine notwendige und gelungene Sache; oder aber daß er ein sehr unehrlicher Mensch ist, jedenfalls beim Thema Rechtschreibreform. Vielleicht auch beides: naiv an die eigenen Verdienste glaubend - und im Dienst seiner guten Rechtschreibreform ein unehrlicher Mensch.


eingetragen von Reinhard Markner am 05.02.2004 um 12.06

Hatte gerade einen kurzen Fernsehauftritt bei „MDR um 12“. Vor mir drückte ein Sprecher des sächsischen Kultusministeriums die Hoffnung aus, es werde alles noch „ein gutes Ende“ finden. Dem habe ich naturgemäß widersprochen und für die Entlassung der ZK plädiert.


eingetragen von Walter Lachenmann am 02.02.2004 um 17.55

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Stephan Fleischhauer
Ärgerlich, daß Chaussy und Krieger sich so offensichtlich die Bälle zuspielen. Das macht keinen guten Eindruck.

Es macht aber auch keinen schlechten Eindruck, denn das Gespräch liest sich unterhaltsam und was zu sagen ist, wurde gesagt. Es handelt sich außerdem tatsächlich um eine freie Improvisation, wie mir Hans Krieger mitteilte. Natürlich waren die Stichworte vorher besprochen, über die geredet werden sollte, das ist ja allgemein bei Interviews so üblich. Aber die Fragen kannte Herr Krieger nicht. Der Frager hat die Problematik eben gut erkannt und stellte deshalb die richtigen Fragen - und der Befragte war schlagfertig. So etwas nennt man professionell.
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Walter Lachenmann


eingetragen von Stephan Fleischhauer am 02.02.2004 um 12.24

Ärgerlich, daß Chaussy und Krieger sich so offensichtlich die Bälle zuspielen. Das macht keinen guten Eindruck.


eingetragen von Christoph Kukulies am 01.02.2004 um 10.45

Ja, es ist schrecklich. Ich höre das auch immer heraus. Gestern ging es mir so auf einer Fahrt durch die Deutschland und verschiedene Rundfunkesendegebiete. Ich war in der Nähe von Erlangen - nicht in Sachen Rechtschreibreform, wie man vermuten könnte, wenn der Name dieser Stadt erklingt, sondern bei einem Freund, Piano- und Orgelbauer. Genug der langen Vorrede. Ich hörte also BR-5 und der Sprecher sagte einen Satz etwa wie:"...hatte sie ermutigt weiterzuarbeiten".

Ausgesprochen hat er aber "..weiter zu arbeiten.." (Betonung auf arbeiten).

Es ist wie ein Tinnitus. Ich habe fast schon mein Gehör darauf eingestellt, solche Betonungsweisen herauszufiltern.


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Christoph Kukulies


eingetragen von Dominik Schumacher am 31.01.2004 um 19.50

Bayer. Rundfunk, Programm Bayern 2 Radio
28.1.2004, „Kulturwelt“, 8.30 bis 9.00 Uhr
Interview mit Hans Krieger zur Rechtschreibreform
Interviewer: Ulrich Chaussy

UC      Während wir uns immer noch nicht an das Reformwerk gewöhnt haben, gibt es schon wieder Änderungen daran und Nachrichten darüber, wem künftig die Regelungskompetenz in Sachen Rechtschreibung überantwortet werden soll.
Bei mir zu Gast im „Kulturwelt“-Studio ist der Lyriker und Publizist Hans Krieger, Autor des Buches „Der ‚Rechtschreib-Schwindel“. Herr Krieger, schreibt man heutzutage eigentlich Rechtschreibung noch so groß und in einem Wort, wie es hier auf meinem Duden zu lesen ist?

HK      Die Rechtschreibung wird viel zu groß geschrieben als Machtinstrument für profilsüchtige Reformbastler, und sie wird nicht mehr zusammen geschrieben, denn wir haben keine Einheitlichkeit der Schreibung mehr.
Vielleicht muß vorausgeschickt werden: Es geht nicht um die Gämse mit „ä“ und nicht um die Schiffahrt mit drei „f“, das sind Lappalien, über die man nicht jahrelang streiten muß. Es geht darum, daß die Reform nicht nur Schreibweisen geändert hat, sondern die deutsche Wortbildung umkrempelt, Wortbildungsprozesse rückgängig gemacht hat, Wörter, zusammengesetzte Wörter in großem Stil beseitigt hat, Bedeutungsunterscheidungen beseitigt hat, Kreativitätspotentiale blockiert, also die Freiheit des schriftsprachlichen Ausdrucks massiv beschneidet und obendrein viele Schreibungen fordert, die eklatant gegen die Grammatik verstoßen.

UC      Es tut mir leid, das müssen Sie mir erklären.

HK       „Es tut mir Leid“ – das kann man eigentlich niemandem erklären. Man soll das seit der Reform mit großem „L“ schreiben, obwohl jedes Kind sehen kann, daß „leid“ in diesem Fall kein Substantiv ist. Sonst könnte man ja nicht sagen „so leid es mir tut“; man sagt ja auch nicht „so Glück du gehabt hast“. Das ist eines der Beispiele für Grammatikverstoß in der Reform, und es gehört zu den Dingen, die jetzt nur halbherzig geändert werden in dem vierten und abschließenden Bericht der Zwischenstaatlichen Kommission für deutsche Rechtschreibung, die für einige Nachbesserungen zu sorgen hatte. Sie bleibt darin weit hinter den Erwartungen zurück, sie bringt nur lachhaft minimale Nachbesserungen, die in sich widersprüchlich, völlig willkürlich sind und an den fundamentalen Mängeln der Reform überhaupt nichts ändern. Wie etwa an dem Beispiel „es tut mir leid“ zu sehen ist: Da wird zwar jetzt ein halbes Entgegenkommen gezeigt; es wird aber nicht die grammatikwidrige Schreibung aufgegeben, sondern lediglich die grammatikalisch richtige Schreibung mit einem kleinen „l“ als geduldete Variante zur Wahl gestellt – dazu aber auch noch nicht in der bisher üblichen Form, nämlich getrennt geschrieben, sondern zusammen geschrieben, obwohl doch sonst in der Reform überall das zwanghafte Prinzip vorherrscht, so viel wie irgend möglich getrennt zu schreiben.

UC      Und es ist nicht nichtssagend, daß diese Kommission einen Machtzuwachs bekommen soll?

HK      Es ist nicht nichtssagend, und vielleicht darf ich dazu kurz etwas sagen, bevor ich zum Machtzuwachs komme. „Nichtssagend“ gehört zu den Hunderten von Wörtern, an die wir uns gewöhnt hatten, die wir eigentlich brauchen, und die beseitigt worden sind. Das bleibt weiterhin beseitigt. Ein paar wenige Ausnahmen werden jetzt wieder in der zusammengeschriebenen Form zugelassen, beispielsweise „ratsuchend“ oder „alleinstehend“, und auch diese nur als Variante; ein Kriterium dafür ist überhaupt nicht zu erkennen. Es sind willkürliche Einzelfallentscheidungen nach dem Prinzip „zwei mal zwei ist manchmal vier, muß es aber nicht immer sein“. Trotzdem soll aber der Anspruch aufrechterhalten werden, daß die Reform widerspruchsfrei logisch gewesen sei und mit den vielen Ausnahmen aufgeräumt habe.
Jetzt zum Machtzuwachs. Diese Kommission – man muß dazu sagen: die Kommission ist ausschließlich mit Urhebern und Verfechtern der Reform besetzt – diese Kommission, die weder durch Sachkompetenz noch durch Redlichkeit aufgefallen ist, beansprucht nun, zur Regelungsinstanz auf Dauer erhoben zu werden, eine Generalvollmacht zu erhalten, um Regeln und Schreibweisen zu ändern. Sie würde also das frühere „Duden-Privileg“ erben, und das ist nun auch in der Beschlußvorlage der Kultusministerkonferenz eins zu eins übernommen worden. Das heißt: Der Bock, den man zum Gärtner gemacht hat, soll jetzt zum Chef der Gartenbaudirektion erhoben werden. Das ist ein ungeheurer Skandal.

UC      Kritiker wie Sie haben da keine Stimme?

HK      Nein, Kritiker haben absolut keine, auch nicht in den Beiräten, die die Kommission beraten. Die Kommission könnte nun jederzeit dekretieren, daß wir die Pizza mit „tz“, die Aubergine mit „O“ und den Philosophen mit „F“ zu schreiben haben – und das sind Dinge, die standen schon mal auf der Reformagenda. Und lediglich bei Änderungen von „grundsätzlicher Bedeutung“ wäre sie an die Zustimmung politischer Instanzen gebunden.

UC      Eine „Académie allemande“ ist das natürlich nicht, in Entsprechung zur französischen Akademie. Aber neun Akademien der Schönen Künste in Deutschland haben nun appelliert an die Kultusministerkonferenz, man solle zur alten Rechtschreibung zurückkehren. Welches Gewicht, welche Stimme haben die eigentlich?

HK      Die werden offenbar als quantité negligeable betrachtet. Es hat nicht die geringsten Spuren hinterlassen, weder im Bericht der Kommission noch in der Beschlußvorlage der Kultusministerkonferenz. Man muß daran erinnern, daß schon vor zwei Jahren der damalige Präsident der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung, Christian Meier, wehmütig gesagt hat: Waren das noch Zeiten, als man Intellektuelle und Schriftsteller wenigstens noch als Pinscher bezeichnet hat!

UC      Schließen wir mit der alten Form der Literatur, dem Märchen.
Wenn Sie drei Wünsche frei hätten – nein, einen Wunsch in Sachen Rechtschreibung: Was wünschten Sie, sollten die Kultusminister jetzt beschließen?

HK      Die Kultusminister sollten die Kommission, die schlechte Arbeit geleistet hat und deren Auftrag erfüllt ist, sofort in den Orkus schicken. Sie sollten zur alten Rechtschreibung zurückkehren. Das ist mit ganz wenig Aufwand zu leisten; es ist ein Märchen, daß das teuer wäre. Und als allerdringlichste Nahforderung wäre zu stellen: Die Übergangsfrist, die ja am 31. Juli 2005 endet, muß unbedingt verlängert werden. Sonst kommt es dazu …

UC      … sonst machen wir einen Fehler, wenn wir jetzt nicht aufhören, und kriegen Ärger mit den Kollegen. Das Drama um die Rechtschreibreform geht weiter. Informationen dazu gab uns reichlich Hans Krieger. Vielen Dank.
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Dominik Schumacher

übrigens heiße ich wirklich Norbert Lindenthal


eingetragen von J.-M. Wagner am 31.01.2004 um 13.22

(Dies hier gehört eigentlich in die "Beispielsammlung über Sinn und Unsinn", aber ein Leitthema "Radio und Fernsehen" genügt eigentlich...)

Gestern abend war in der Sendung "Das war der Tag" folgende Aussprache zu hören:

... Kinder pornographische Aufnahmen ...
Es klang fast wie eine Aufzählung, bei der ein Komma nach "Kinder" stehen würde.
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Jan-Martin Wagner


eingetragen von Karl Eichholz am 31.01.2004 um 04.47

Quergedacht und auf den Punkt gebracht in einer Glosse, die nicht nur zum Schmunzeln anregen soll, sondern auch, wenn es erforderlich ist, zum gründlichen Nachdenken.


AUF EIN WORT VOM 30.01.2004

Rechtschreibreform - verfahren & irreparabel

Dass sich vor Urzeiten in Babylon die Menschen auf einmal nicht mehr verstehen konnten, soll an ihrem gotteslästerlichen Unterfangen gelegen haben, einen gigantischen Turm zu bauen. Wenn hierzulande inzwischen die Menschen Schwierigkeiten haben, sich schriftlich verständlich zu machen, kann dies an einem Projekt liegen, das bestenfalls zum Himmel stinkt: Die Rechtschreibreform. Und was am meisten stinkt: Sie ist offenbar immer noch nicht abgeschlossen.

Von: Hartwig Suhrbier

Ich könnte es mir jetzt leicht machen und sagen: mir ist diese jahrelange Debatte um die Reform der Rechtschreibung ziemlich egal, denn ich arbeite im Hörfunk, und im Radio kann niemand sehen, wie ich meinen Text geschrieben habe. Damit könnte dieser Beitrag schon zu Ende sein.
Aber davon hätte kein Radio-Hörer etwas. Und zumindest für Eltern und Schüler wird es langsam ernst. Denn zum 1. August nächsten Jahres wird das Regelwerk der Rechtschreibreform in den Schulen verbindlich. Dann werden die Deutschlehrer wieder mehr rote Tinte brauchen. Und eins steht fest: weder Schüler noch Lehrer sind zu beneiden angesichts dessen, was dann gelten soll.

Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass die zuständige Kommission soeben ein weiteres Mal mit einigen Nachbesserungen um die Ecke kommt. Denn die machen es noch schwieriger: statt die besonders umstrittenen Vorschriften für die Getrennt- und Zusammenschreibung zu streichen, werden sie komplizierter gemacht. Die Kommission gibt damit im Grunde ihren Regelungsanspruch auf und verfügt, man kann es so oder auch so machen. Was hier als größere Freiheit verkauft wird, dürfte zumindest für Schüler & Lehrer eine größere Unsicherheit sein.

Unter dem Stichwort Verschlimmbesserung konnte man seinerzeit schon all das zusammenfassen, was diese Kommission vorher abgeliefert hatte. Denn statt Ungereimtheiten und Absurditäten der tradierten Orthographie zu beseitigen, die es ja durchaus gab, hat man sie bloß durch neue Ungereimtheiten und Absurditäten ersetzt. So etwas aber konnte niemandem glaubwürdig als sinnvoll vermittelt werden. Entsprechend groß waren denn auch Protest und Widerstand.

Jetzt möchte diese Kommission auch noch, dass die Kultusminister sie auf ihrer nächsten Sitzung in der kommenden Woche zur allein entscheidenden Instanz erklären, die für die Normierung der Rechtschreibung zuständig ist. Damit würde man den Bock zum Gärtner machen, und das ist noch nie gut gegangen. Für die Kultusminister hätte das allerdings einen praktischen Effekt: sie hätten sich ein Stück weit ihrer politischen Verantwortung für diese leidige Sache entledigt. Oder anders gesagt: daraus weggestohlen.

Die Sache ist verfahren, ist Stückwerk und Flickwerk, also auch nicht zu reparieren. Daran kann auch eine der ganz seltenen stimmigen Entscheidungen der Rechtschreib-Reform nichts ändern: die Regel nämlich, dass man Platitüde mit zwei TT schreiben soll. Auf diesem Weg hätte man weiter wandeln sollen: aber nach wie vor dürfen wir Praline nicht mit zwei LL schreiben, obwohl doch Pralline sehr viel sinnfälliger ist, was die Folgen des Prallinen-Essens angeht.


http://www.wdr.de/radio/wdr4/wort/auf_ein_wort/index.phtml

Danke für den Hinweis! Habs auch in die Nachrichten gestellt.
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mit herzlichen Grüßen
Karl Eichholz


eingetragen von Theo Grunden am 31.01.2004 um 02.48

In der Reihe „Auf ein Wort“ gab es im Hörfunk von WDR 4 am Freitag, dem 30.01.2004, einen Beitrag zur RSR von Hartwig Suhrbier.
Titel: Rechtschreibreform – verfahren und irreparabel

http://www.wdr.de/radio/wdr4/wort/auf_ein_wort/index.phtml


eingetragen von Reinhard Markner am 29.01.2004 um 22.54

Es handelte sich um ein Interview, vielleicht bekommen wir dieser Tage eine Transkription.


eingetragen von Theodor Ickler am 29.01.2004 um 16.04

Gestern (28.1.2004) hat Hans Krieger im Bayerischen Rundfunk die neue Entwicklung kommentiert - ist der Text irgendwo zu haben?
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Th. Ickler


eingetragen von Reinhard Markner am 29.01.2004 um 15.49

Das »Mittagsecho«, das auch beim NDR läuft, wird am kommenden Samstag zwischen 13 und 14 Uhr Beiträge zum Thema bringen.

http://www.wdr5.de/sendungen/mittagsecho.phtml


eingetragen von Christian Stang am 08.01.2004 um 12.42

Bayern 2 Radio strahlt heute von 20:30 Uhr bis 21:30 Uhr eine Sendung mit dem Titel "Schreibe, wie Du sprichst - Was ist aus Konrad Dudens Regeln geworden?" aus.

Themen: Wie entsteht der Duden? - Einfluß von Dialekten und Fremdsprachen - Probleme der Rechtschreibreform


eingetragen von Norbert Lindenthal am 05.01.2004 um 18.40

Frau Coelho sagte von sich selbst: „Das ist nur meine ganz private Einschätzung“ und machte damit ihre Aussage (sobald ab 2005 nur noch die Reformschreibung zugelassen sein würde, lege sich die Fehlerhäufung) zu einer bloßen Behauptung und zog diese damit ein ganzes Stück zurück.
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Norbert Lindenthal


eingetragen von Christoph Kukulies am 05.01.2004 um 15.55

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Norbert Lindenthal
...
Ich sage noch einen Satz zum Kinderglauben der Fehlerverringerung. Frau Coelho: „Das ist nur meine ganz private Einschätzung“.


Meinten Sie, Frau Coelho sagte, dies sei nur Ihre ganz private Einschätzung oder meinten Sie, sie sagte: "Das ist nur Ihre ganz private Einschätzung".

(wahrscheinlich mußte ich soeben "ihre" in der direkten Rede klein schreiben, aber um der Eindeutigkeit willen lasse ich es mal so.)
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Christoph Kukulies


eingetragen von Christoph Kukulies am 05.01.2004 um 11.22

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Dominik Schumacher
Die heutige Sendung von 9.20 Uhr zur Rechtschreibreform kann nachgefragt werden unter der ähnlichen Telefonnummer 01805 678 555 oder unter Ingeborg.Weiss@WDR.de. Die Redaktion hatte Jürgen Keimer. Die Frequenzen waren im Süden von Nordrhein-Westfalen 101,9; 88,0; 89,6 FM.

Sehr gerne hätte ich auf diese Sendung aufmerksam gemacht, nur wußte ich nichts.

Die Willkommensseite wird inzwischen zu wichtigen Teilen aus Datenbankbeiträgen zusammengestellt, so daß durchaus Schnelligkeit zu erleben sein kann. Naja.


Ich kümmere mich gerne um die Anforderung der Sendung als Tondokument. Hier übrigens noch ein Verweis.

http://www.wdr5.de/index.phtml?beitrag=246058

Demnach kann man Frau Stange sogar direkt erreichen. Vielleicht sollte man diese Möglichkeit mal wahrnehmen.
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Christoph Kukulies


eingetragen von Norbert Lindenthal am 05.01.2004 um 11.07

Warum nicht eine Radiosendung in Rheinland-Pfalz mit einem Reformkritiker als Studiogast?

Frau Coelho, SWR Mainz, 06131 929-0, überbrachte dem Chef vom Dienst meine Frage, ob nicht eine Hörfunksendung mit einem Rechtschreibreformkritiker als Studiogast abgehalten werden könnte. Immerhin rücke 2005 näher. Wir hätten einen erfolgreichen Volksentscheid in Schleswig-Holstein auf den Weg gebracht. Was an wissenschaftlichen Untersuchungen vorliege, zeige einen Fehleranstieg durch die Reform. Zeitungen und Schule betrieben unterschiedliche Rechtschreibungen.

Frau Coelho meint, sobald nur noch die Reform, nicht mehr beide Rechtschreibungen, gelte, werde sich die Fehlervermehrung legen. Und sie ruft mich zurück mit der Antwort vom CvD, zur Zeit sei die Gesundheitsreform wichtiger. Man werde auf Reformkritiker zurückkommen, sobald es Anlaß gibt.

Ich sage noch einen Satz zum Kinderglauben der Fehlerverringerung. Frau Coelho: „Das ist nur meine ganz private Einschätzung“.
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Norbert Lindenthal


eingetragen von Dominik Schumacher am 05.01.2004 um 09.35

Die heutige Sendung von 9.20 Uhr zur Rechtschreibreform kann nachgefragt werden unter der ähnlichen Telefonnummer 01805 678 555 oder unter Ingeborg.Weiss@WDR.de. Die Redaktion hatte Jürgen Keimer. Die Frequenzen waren im Süden von Nordrhein-Westfalen 101,9; 88,0; 89,6 FM.

Sehr gerne hätte ich auf diese Sendung aufmerksam gemacht, nur wußte ich nichts.

Die Willkommensseite wird inzwischen zu wichtigen Teilen aus Datenbankbeiträgen zusammengestellt, so daß durchaus Schnelligkeit zu erleben sein kann. Naja.
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Dominik Schumacher

übrigens heiße ich wirklich Norbert Lindenthal


eingetragen von Christoph Kukulies am 05.01.2004 um 09.31

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Christoph Kukulies
Im Moment läuft gerade eine Sendung über die Rechtschreibreform in WDR5. Frau Stange(GEW?) verteidigt die RSR.

Tel. Nr. 08005678555

Warum wurde das nicht auf der Hauptseite rechtzeitig bekannt gemacht? Dann hätte man sich gut vorbereiten können.


Aber auch ich durchforste die Radio- und Fernsehprogramme leider nicht nach diesem Thema, muß ich gestehen. So rief mich erst eben eine Bekannte an und wies mich auf die Sendung hin.

Und vorbei ist die Sendung. Frau Stange durfte ihre Ammenmärchen von den weniger Kommaregeln, um himmelswillen keine Rückkehr 2005 wegen der 7 Schülergenerationen und hohen Kosten, weiterverbreiten, weil sie natürlich als alleiniger Gesprächspartner im Studio immer das letzte Wort haben durfte.

Viele Zuhörer, die anriefen, äußerten sich gegen die Reform. Ein Übersetzer aus Köln bemängelte die Entwicklung der Reform am Lesenden vorbei. Leider biß man sich oft an Schiffahrt und Schifffracht oder anderen Nebenschauplätzen fest und viel Zeit wurde mit einem Anrufer vergeudet, der befürchtete, daß das Eszett in seinem Nachnamen bald nicht mehr sein würde.

Frau Stange zitierte mehrmals den 3. Zwischenbericht der ZSK und das Warten auf den vierten.

Eine Lehrerin aus Aachen, Frau Sauvigny (?), konnte das Märchen von der problemlosen Umsetzung an den Schulen etwas entzaubern, indem sie sagte, daß die meisten Grundschullehrerinnen einfach gezwungen seien, den Spuk mitzumachen und das ihnen Aufgetragene umzusetzen.

Ein Anrufer (mit etwas norddeutschem Akzent, von dem ich schon glaubte und hoffte, es wäre jemand aus den Kreisen der "berufsmäßigen" Gegner), ein Herr Matuschka, schien recht gut vorbereitet, hatte aber die ganze Salve von guten Gegenargumenten leider schon gleich zu Anfang der Sendung verschossen.

So ist das leider nun mal bei diesen Sendungen mit Zuhöreranrufen. Meist werden die Anrufer ja noch nach Ausgewogenheit selektiert, so daß am Ende noch ein Nachklang bleibt, der der tatsächlichen Stimmungslage in der Bevölkerung gar nicht entspricht. Insofern kann man das ganze wieder mal als Öffentlichkeitsarbeit der Reformer buchen.

Ich glaube, aus den Kreisen hier muß mal ein ähnlicher Vorstoß mit entsprechender Besetzung erfolgen.
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Christoph Kukulies


eingetragen von Christoph Kukulies am 05.01.2004 um 08.33

Im Moment läuft gerade eine Sendung über die Rechtschreibreform in WDR5. Frau Stange(GEW?) verteidigt die RSR.

Tel. Nr. 08005678555

Warum wurde das nicht auf der Hauptseite rechtzeitig bekannt gemacht? Dann hätte man sich gut vorbereiten können.
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Christoph Kukulies


eingetragen von Christoph Kukulies am 01.12.2003 um 21.03

Eben im Radio (WDR 2, im sog. Mon"talk" - tolles Wortspiel, gell?) in einem Interview mit Leslie Mandoki (muß man den kennen?) gehört:

Mandoki: Wir leben in einer Zeit, in der immer mehr Leute, die nicht schreiben können, Briefe schreiben, an Leute, die nicht lesen können.
__________________
Christoph Kukulies


eingetragen von J.-M. Wagner am 07.11.2003 um 17.27

Bilde ich mir das nur ein, oder schlägt auch diese Schreibung (der/die XX-Jährige) gelegentlich auf die Sprachmelodie bei Radiosprechern durch, so daß die Hauptbetonung auf Jährige zu liegen kommt?
__________________
Jan-Martin Wagner


eingetragen von Theodor Ickler am 05.11.2003 um 18.18

Unflektierte Adjektive haben vor Substantiven eigentlich nichts zu suchen und werden gemieden oder eben doch gebeugt: "das rosane Kleid" usw.
Das Wort "klasse" kann nicht das Vorbild gewesen sein, denn anders als die anderen Beispielwörter wurde es zunächst prädikativ gebraucht: "Das ist Klasse." Daraus ergab sich der verständliche Wunsch, es auch in die attributive Stellung zu transportieren. Ähnlich geht es von "der Knopf ist ab" zu "der abbe Knopf".
__________________
Th. Ickler


eingetragen von ghest am 05.11.2003 um 16.54

Gefunden in der Süddeutschen Zeitung v. 5.11.03, Feuilleton:
"Riesen Pleite", mit "riesen" als attributivem Adjektiv.
Der erste Schritt ist die Betonung auf dem Grundwort, weil das substantivische Erstglied die Bedeutung eines Adjektivs angenommen hat:
Das Substantiv "Klasse-" in Adjektiv "klasse" hat es vorgemacht, und diesen Weg werden als nächste gehen:
"Hammer-" in "hammer",
"Riesen-" in "riesen",
"Bomben-" in "bomben",
"Heiden-" in "heiden",
"Höllen-" in "höllen",
"Mords-" in "mords",
"Affen-" in "affen",
"Bullen-" in "bullen",
"Hunde-" in "hunde",
"Sau-" in "sau".
Diese Wortbildungen sind erfolgreich, weil die bereits existierenden Adjektive "klassisch, hammermäßig, riesig, bombig, heidnisch, höllisch, mordsmäßig, affenmäßig, bullig, hündisch, saumäßig" etwas anderes bedeuten.


eingetragen von ghest am 04.11.2003 um 13.52

scheint ein Kapitel zu sein, das die Reformer bei ihrer vermehrten Großschreibung nicht richtig verstanden zu haben scheinen.
Es gibt sie nicht nur zur Bildung von Substantiven aus Adjektiven und Infinitiven, sondern auch zur Bildung anderer Wortarten. Die Bezeichnung 'verblaßte Substantive' ist unzureichend.

Wortbildung des Adjektivs
Desubstantivische Konversion:
Eher ein Substantiv liegt als motivierende Basis zugrunde in Fällen wie: angst, ernst, feind, fremd, klasse, schmuck, schuld, not. Die meisten dieser Adjektive werden allerdings nicht attributiv gebraucht. Bei Fremdwörtern ist aber auch dies möglich: barock, revolutionär u.a.
Departizipiale Konversion:
Die departizipiale Konversion wird zur Bereicherung des adjektivischen Wortschatzes stark genutzt. Dabei kann der adjektivische Gebrauch sich vom verbalen weiter syntaktisch unterscheiden: ergriffenes Schweigen, gelernter Dreher, verschwiegener Mensch, eingebildete Person.

Wortbildung des Adverbs
Desubstantivische Konversion:
Die desubstantivische Konversion betrifft vor allem einige Zeitangaben, die aufgrund ihrer syntaktischen Funktion adverbialisiert werden: abend, mittag, vor-, nachmittag, nacht (in Fügungen wie heute abend usw.)
Konversion von Wortgruppen:
jedesmal, unterderhand, hierzulande, dessenungeachtet usw.

Zusammengeklaubt aus: Fleischer/Barz


eingetragen von Detlef Lindenthal am 03.11.2003 um 16.26

>Wäre „riesen“ nicht eher ein Adjektiv? <

Er hat sich hammer abgepackt. (Er ist mit dem Fahrrad gestürzt.)
Er hat eine klasse Arbeit abgeliefert: eine original Schwarzwälder Kuckucksuhr.
Aber: Ernst Mosch und seine Original Egerländer Musikanten. (Eigenname)

Wörter können ihre Wortart wechseln und damit ihre Groß/klein-Schreibung.
__________________
Detlef Lindenthal


eingetragen von Theodor Ickler am 03.11.2003 um 15.59

Sehr richtig! Früher war der auswendig gelernte Text die angemessene Fassung für dauerhafte oder gar ewige Wahrheiten. Homer war jahrhundertelang Bildungskanon und Vorbild für griechische Menschen, und viele kannten den Text auswendig, alle lernten später daran lesen. (Aus der Erklärung der veralteten Wörter usw. entstand die Philologie.)

Lehrtexte wurden auch metrisch gefaßt (Hesiod, Lukrez, Bhartrhari und tausend andere), was die Lernbarkeit erhöhte.

Heute glauben wir nicht mehr an ewige Wahrheiten, wissenschaftliche Texte werden alsbald überholt. Warum sollte man sie auswendig lernen? Dichtung hat nur noch marginale Bedeutung. Nur Musik lernen wir noch auswendig, nicht wahr?
__________________
Th. Ickler


eingetragen von guest am 03.11.2003 um 09.22


Wäre ''riesen'' nicht eher ein Adjektiv?
Warum benutzt man nicht das Wort riesig?

Auch die Kelten haben bzw. hatten eine mündliche
Tradition.

Wer würde sich heute die Mühe machen, ein
ganzes Buch auswendigzulernen? Welches heutige Buch
wäre es wert, es auswendigzulernen?


eingetragen von Theodor Ickler am 03.11.2003 um 07.04

Die eindrucksvollste mündliche Kultur hat wohl Indien, wo es auch heute noch viele Menschen gibt, die ungeheure Textmassen auswendig können. Als ich Lektor in Delhi war, lernten manche Studenten die Bücher auswendig, weil sie kein Geld hatten, sie zu kaufen. Die Veden werden mündlich überliefert und sind daher arm an Varianten, während es nicht möglich ist, auch nur eine Seite abzuschreiben, ohne Fehler zu machen.

Zur Betonung: Die Beispiele für das präfixähnliche Riesen- usw. sind richtig. Man vergleiche auch STEINreich und steinREICH (am ehesten mit gleicher Betonung auf beiden Teilen). Semantisch völlig verschiedene Modelle, daher die Betonungsunterschiede.

Interessant sind auch metrische Gründe. So betonen wir "Arbeit" auf der ersten Silbe, aber in "Handarbeit" werden die erste und ein wenig auch die letzte Silbe betont. Vgl. auch "Spülmittel" ud "Geschirrspülmittel", mit einem Nebenakzent auf "-mittel".
__________________
Th. Ickler


eingetragen von ghest am 02.11.2003 um 18.21

'Riese(n)-' mit Status eines Präfixes und der Bedeutung von riesig, aber eben nichts mit Riesen als Lebewesen:
Riesengeist, Riesenfortschritte, Riesenfreude, Riesenskandal, Riesenaktenstapel, Riesenblumenbeet, Riesenneuigkeit, Riesenbahnhof, Riesenmaschine, Riesenschlepper, Riesengeldschein mit Zwergenkaufkraft;

Bomben-, Heiden-, Höllen-, Mords-, Affen-, Bullen-, Hunde-, Sau-:
Bombenerfolg, Bombengehalt, Bombengeschäft, Bombenreklame, Bombenrolle; (nichts mit Bomben als Kriegswaffe)
Heidenangst, Heidenkrach; (nichts mit Heiden als Ungetaufte)
Höllendurst, Höllentempo, Höllenlärm; (nichts mit der Hölle)
Bullenhitze; (nichts mit Zuchtbullen)
Hundekälte; (nichts mit kalten Hunden)
Saukälte; Sauwut; (nichts mit Schweinevieh)

(Gefunden in: Fleischer/Barz, Wortbildung der deutschen Gegenwartssprache)


eingetragen von Stephan Fleischhauer am 02.11.2003 um 16.44

Ich will mich in diese Diskussion nicht weiter einmischen; mir fällt nur gerade ein Beispiel für eine Reihe oft falsch betonter Komposita ein: Riesenunternehmung, Riesenbetrag usw.(nicht jedoch Riesenrad), Riesen- also in spontanen Bildungen. Vielleicht wird die Rechtschreibung hier einmal nachgeben.


eingetragen von ghest am 01.11.2003 um 17.50

Daß eine Hochkultur auch ohne schriftliche Fixierung existieren kann, haben die Griechen bewiesen. In Joachim Latacz Buch: 'Homer, der erste Dichter des Abendlands' wird beschrieben, daß lange vor der Übernahme des Alphabets bereits eine vollendete mündliche Dichtkunst existierte und daß die Heldenepen Homers sprachlich-metrisch, formal und inhaltlich eine jahrhundertealte Gattungs-Vorgeschichte haben und daß die sprachliche Nähe mancher Wendungen und Vorstellungsformulierungen zu Dichtung in anderen indogermanischen Einzelsprachen (altindisch, altpersisch, slawisch, hethitisch, italisch) auf eine 'indogermanische Dichtersprache' bereits vor dem Auseinanderdriften hindeutet.
– geändert durch ghest am 01.11.2003, 22.59 –


eingetragen von guest am 01.11.2003 um 17.00


Einige Beispiele

Wenn man in Frankfurt mit der Straßenbahnlinie 16 zum Hauptbahnhof fährt,
dann wird dieser (vom Band oder von einem Sprachcomputer) mit einer
deutlichen Betonung des 'a' in Bahnhof angekündigt. Ich ärgere mich darüber
jedesmal, es tut fast körperlich weh. Nun fahre ich mit der U-Bahn, ist
auch schneller!

Wenn ich nachhause fahre, wird der Bahnhof Langenselbold -- ebenfalls von
einer automatischen Ansage -- in einer völlig falschen Aussprache angekündigt.
Das 'e' wird dabei so wie das doppelte E im Wort "Seele" gesprochen. Richtig
wäre es mit kurzem e, aber mit einer gewissen Betonung der Silbe 'sel'.
Man sollte doch erwarten, daß die Bahn die korrekte Aussprache der Namen
ihrer Bahnhöfe kennt.

Wie gesagt, ich bin kein Linguist. Mir fällt auf, daß etwas falsch ist und
ich kann das in etwa benennen. Ich kann aber nicht im linguistischen Sinne
genau sagen, was da anders ist!

Mich würde einmal interessieren, ob auch andere Bahnhofsnamen in den Zügen
falsch angesagt werden. Vielleicht könnten andere Benutzer dieses Forums ihre
diesbezüglichen Beobachtungen hier in einem entsprechenden Strang sammeln.

Auch die Ansagen in der Bahn wären ein guter ''Multiplikator'' für geplante
Sprachveränderungen, da die Bahnbenutzer diesen Ansagen hilflos ausgesetzt
sind. Auch das ist eine Form von Machtmißbrauch. Auf diese Weise wird z.\,B.
die falsche Aussprache des Ortsnamens ''Langenselbold'' verbreitet. Die
richtige Aussprache kennen nur die Leute, die in Langenselbold oder Umgebung
wohnen.

Am Freitag war ich in einem öffentlichen Vortrag des Physikalischen Vereins
hier in Frankfurt. Im Laufe des -- sehr interessanten -- Vortrags über
Supernovae wurde ein zusammengesetztes Verb benutzt, das mit der ''weg''
beginnt. Ich habe leider vergessen, um welches Verb es sich handelte. Es wurde
mit einer deutlichen Pause zum folgenden Wortbestandteil gesprochen. Dies ist
mir auch schon bei anderen Vorträgen oder Vorlesungen von anderen Vortragenden
bzw. Professoren aufgefallen, nicht nur bei zusammengesetzten Verben, sondern
bei zusammengesetzten Wörtern allgemein. Vielleicht ist das ja eine Empfehlung
aus einem Rhetoriklehrbuch? Dann müßte dort auch erklärt sein, warum man das
macht!

Was gibt Ihnen die Sicherheit, daß ''gegen die natürliche Betonung des
Bestimmenden gegenüber dem Bestimmten wohl keine Macht der Welt ankämpfen
kann.'' Da Sie ''wohl'' sagen, sind Sie sich selbst auch nicht ganz
sicher. Strenggenommen kann man immer gegen etwas ankämpfen, ob man aber
eine Chance hat, den Sieg davonzutragen, das steht auf einem ganz anderen
Blatt. Ich vermute, daß die Reformer es einfach einmal ausprobieren wollen,
ganz im Sinne eines entsprechenden Spruchs aus den 60er oder 70er Jahren.

(Ich kann diesen Spruch hier nicht wiedergeben, denn er ist etwas länger.
Eine der zentralen Aussagen war, daß man nicht sagen soll, daß etwas nicht
geht, sondern gehen soll um zu sehen, ob es wirklich nicht geht. Das war
damals im Zusammenhang mit der Ost-West-Konfrontation. Vielleicht kann sich
jemand daran erinnern und ihn hier einstellen? Ich habe diesen Spruch nur
einmal -- ich glaube auf einem Plakat -- gelesen.)

Es ist durchaus möglich, daß einigen der mit einer Reform der Rechtschreibung
befaßten Leute wirklich auch ein menschenfreundlicher Anfangsimpuls (Ihr
konstruiertes Beispiel?) zugutegehalten werden muß. Dies gilt auch für die
68er oder die Leute aus der Antiatomkraftbewegung, Friedensbewegung, usw.
Es ist wahrscheinlich, daß solche Bewegungen von Leuten oder Organisationen
benutzt werden, die anderes im Sinn haben. (Sie nennen das korrumpieren.)
Ich habe nicht übertrieben, sondern mich nur etwas verkürzend ausgedrückt.
Wenn dann die Beweggründe solcher Bewegungen wegfallen, lösen sie sich auf
und zurück bleiben diejenigen, die diese Bewegungen für ihre Zwecke mißbrauchen
wollten.

Im Falle der RSR plappern diese Leute dann immer noch von Vereinfachungen,
obwohl doch klar ist, daß es durch eine Reform niemals zu Vereinfachungen
kommen kann, da das Bestehende -- die klassische Rechtschreibung -- nicht
aus der Welt geschafft werden kann. Es wird also immer zu einer Vermischung
und damit zur Auflösung des bestehenden Regelsystems kommen, zumindest für
eine sehr lange Zeit. Danach wird das bisherige, in Auflösung befindliche
System durch etwas Neues ersetzt.

Jeder vernünftige Mensch, der dabei ist, für sich zu entscheiden, auf
welcher Seite er steht, müßte auf diesen naheliegenden Gedankengang kommen.
Wenn er die Vorteile eines einheitlichen, mehr oder weniger in sich
geschlossenen Regelwerks erkennt, wird er sich gegen die Reform wenden,
selbst dann, wenn das Regelwerk einige Inkonsistenzen ausweist, was in einem
natürlich gewachsenen System nie zu vermeiden ist. Wenn er aber prinzipiell
etwas gegen Regeln hat, weil er der Annahme ist, daß Regeln etwas
Unmenschliches, Einschränkendes sind, wird er für eine Rechtschreibreform
sein, nicht weil es einfacher wird, sondern weil es das verhaßte Regelsystem
auflöst. Natürlich darf er das nicht zugeben! Daher werden solche Leute
stereotyp das Weniger-Fehler-Märchen, das Vereinfachungsmärchen, usw.
herunterbeten. Der Reformbefürworter glaubt also, für die Freiheit zu kämpfen,
für die Freiheit von einschränkenden Regeln. Deshalb stehen sich beide Lager
unversöhnlich gegenüber.

Nun ist es aber so, daß Regeln die Freiheit erst ermöglichen, nicht nur in
der Rechtschreibung, sondern ganz allgemein.

Ein monolithisches Rechtschreibkontinuum gibt mir die Freiheit, meine Gedanken
an andere Leute an anderen Orten und in anderen Zeiten weiterzugeben. Wichtiger
noch, es gibt mir die Freiheit, mich unmißverständlich auszudrücken, ich kann
genau das sagen, was ich sagen will. Dies ist die Freiheit, die ''Power'', wie
man heute sagt, der klassischen Rechtschreibung! Dafür opfere ich gerne die
vermeintliche Freiheit, ohne das scharfe S oder das ph oder ohne bestimmte
zusammengesetzte Wörter auskommen zu müssen oder zwischen der einen oder anderen
sinnentstellenden Variante wählen zu können.

Herr Loew hat mir vor einigen Jahren drei seiner Texte geschickt. Offenbar
hatte er sie auch an andere -- auch staatliche -- Stellen oder Personen gegeben.
Im ersten Text ging es um die rechtlichen Aspekte der RSR, der zweite hatte
sprachliche Aspekte zum Inhalt. Im dritten und kürzesten schließlich ging es
um den gesellschaftspolitischen Hintergrund der Reform. Dabei wurden auch die
hessischen Rahmenrichtlinien Deutsch angesprochen. Als ich diesen Text las,
gingen mir ob meiner Schulprobleme die Augen auf, wie es so schön in der Bibel
heißt,

Ich hatte mir schon früher Gedanken darüber gemacht, warum ich diese Probleme
hatte und bin zu dem Schluß gekommen, daß es daran liegen könnte, daß meine
Muttersprache Hochdeutsch ist. (Den Dialekt meiner Eltern habe ich nicht lernen
sollen, da sie Heimatvertriebene waren.) Ich habe diesen Gedanken aber wieder
verworfen, da Hochdeutsch eben die Hochsprache, die Verkehrssprache war, die
in ganz Deutschland verstanden wurde. Was sollte schlecht daran sein? (In diesem
Sinne war diese Entscheidung meiner Eltern eine weise Entscheidung!)

Im dritten Text von Herrn Loew wird aber klar dargelegt, daß es das Ziel einer
Reform ist, das Hochdeutsch zu bekämpfen, daß zum erstenmal in den
Rahmenrichtlinien eine -- wenn auch verklausulierte -- Aufforderung enthalten
ist, Kinder wie micht aus ihrer sprachlichen Sicherheit zu reißen. (Soweit ich
das jetzt aus dem Gedächtnis wiedergeben kann. Leider habe ich diese Texte
noch nicht im Internet gefunden.)

Ich wurde von gewissen Lehrern im Laufe meiner Schulzeit mehrfach vor der
Klasse bloßgestellt, ich konnte weder damals noch heute sagen, warum. Das ist
dann auch ein Signal an gewisse Mitschüler, einen zu terrorisieren, von diesen
Lehrern werden sie deswegen keine Schwierigkeiten gemacht bekommen.

Ich will dies nicht als ''Selbstdarstellung'' mißverstanden wissen, ich
möchte aber klarmachen, daß die Gegenstände der Diskussion hier im Forum
auch einen erheblichen Einfluß auf das Schicksal von Menschen haben.
Dies wird in den gelehrtern sprachwissenschaftlichen Diskussionen hier
gerne vergessen!

Wenn man wirklich eine Vereinfachung für die Schüler will, dann soll man
aufhören, diese als Geiseln für die zwangsweise Durchsetzung von sprach- und
gesellschaftspolitischen Zielen zu mißbrauchen.


eingetragen von Rolf Genzmann am 01.11.2003 um 14.56

Zu
"Die Sprache" läßt sich nicht ändern, von oben schon gar nicht, das wenigstens wissen sicher auch die Reformer. Wozu sollten sie auch diese Absicht gehabt haben? Wohin sollten solche Änderungen Ihrer Meinung nach führen?

- reichen vielleicht ein paar Blicke in die Geschichte.

Allerlei historische Reformen und Reförmchen
Grenzfall, Schnüre knoten

„Wenn wir das und ähnliches insgesamt durchstreichen, so wollen wir Homeros und die anderen Dichter bitten, es uns nicht übelzunehmen: es geschieht ja nicht, weil die Verse etwa unpoetisch oder für das Ohr der Menge nicht lieblich anzuhören wären, nein, je schöner sie dichterisch sind, um so weniger dürfen Knaben und Männer sie hören.“ Plato 427-347 v. Chr. im „Staat“, zitiert nach Igor Schafarewitsch, Der Todestrieb in der Geschichte,
Erscheinungsformen des Sozialismus, S. 23. - Alle folgenden Zitate ebenda.
S. 152, Das wahre System des L. M. Deschamps, (Benediktinermönch und großer Theoretiker des Sozialismus um 1770): „Die Sprache werde viel einfacher und weit weniger schmuckvoll sein. Alle Menschen würden eine einzige Sprache sprechen, die stabil und keinen Änderungen unterworfen sein werde. Die Literatur werde verschwinden, und die ermüdende Arbeit, lesen und schreiben zu lernen, werde entfallen. Die Kinder würden überhaupt nicht unterrichtet werden, sondern sich alles Notwendige aneignen, indem sie die Älteren nachahmten.
Alle Bücher werden vernichtet. Man werde sie nur zu dem einzigen Zweck benutzen, zu dem sie im Grunde taugten - dem Anheizen der Öfen. Alle bisher geschriebenen Bücher hätten das Ziel, das eine Werk notwendig zu machen und vorzubereiten, das ihre Entbehrlichkeit beweise: das Buch Deschamps’. Es werde sie alle überleben, doch am Ende ebenfalls, als letztes aller Bücher, verbrannt werden.“

- Nach Presseberichten wurden in Vietnam ca. zwei Millionen Menschen hingerichtet, vorwiegend alle Brillenträger, denen man unterstellte, daß sie lesen konnten.
Lenin und Stalin vernichteten Bücher, in den Bibliotheken riß man Seiten aus Büchern heraus, später behalf man sich mit dem Schwärzen der unangenehmen Seiten in Büchern.
Hitler verbrannte Bücher, verbot die sogenannten Judenlettern, zuletzt behalf er sich mit einer Rechtschreibreform, die aus Kriegsgründen nicht mehr zur Ausführung kam. Einzelteile derselben scheinen indes ab 1996 amtlich verbindlich werden zu wollen. -

S. 228, Ein Edikt aus China, ca. 220 v. Chr.: „Alle Bücher, die keine Beziehung zum >Ch’in-tsi< haben, mit Ausnahme der Bücher, die sich unter der Aufsicht der Boshi (der höchsten Beamten,) befinden, müssen verbrannt werden; all jene, die es auf der ganzen Welt immer noch wagen, bei sich das >Shih-ching<, das >Shu-ching< und die >Baitsia<-Werke zu verbergen, sollen zu den Vorgesetzten und Wächtern geführt und zusammen mit den Büchern verbrannt werden; ...“
(Nach 37 Jahren, 183 v. Chr. erfolgte die Aufhebung der Bücherverbrennung).

S. 170, aus dem sozialistischen Staat der Inkas: „Außerdem kannten die Inkas kein Schrifttum - (Es gab die Legende, daß der Gründer des Inkareiches alle Buchstaben verboten habe.) -; allerdings konnte man umfangreiche Informationen mit Hilfe der >>Quipu<<, eines komplizierten Systems von Knotenschnüren übermitteln.“

S. 321, 2500 Jahre nach Lao-Tse: „Typisch ist ein Artikel des prominenten Linken Hans Magnus Enzensberger, in dem Schrift und Literatur als typisch bürgerliche Kulturelemente kritisiert werden. Der Autor hält die Schrift für eine Arbeit, die >>Klassencharakter<< trage und zahlreichen gesellschaftlichen >>Tabus<< unterworfen sei.
Die orthographischen Regeln würden der Gesellschaft normativ aufgezwungen, und ihre Verletzung werde mit Tadel bestraft. >>Einschüchterung durch die Schrift ist auch in entwickelten industriellen Gesellschaften eine weit verbreitete klassenspezifische Erscheinung geblieben. Diese Entfremdungsmomente sind aus der geschriebenen Literatur nicht zu tilgen<<. Obwohl der Autor nicht mit der völligen Vernichtung der Schrift, der Literatur und der Bücher rechnet, vermutet er, daß sie im wesentlichen von solchen Kommunikationsmitteln wie Radio, Transistor und Fernsehgerät (vervollkommnet, damit die Empfänger gleichzeitig auch zu Sendern werden) verdrängt und nur noch als >>Grenzfall<< in das System der neuen Medien integriert würden.“

S. 346, aus der Philosophie von Lao-Tse, 6. Jahrhundert v. Chr.:
„ Das Volk ist schwer zu regieren, wenn es allzu klug ist.“
„Lasse das Volk wieder Schnüre knoten und sie gebrauchen.“

__________________
Rolf Genzmann


eingetragen von ghest am 01.11.2003 um 13.48

Das Abschaffen von so vielen Wörtern und von so vielen bedeutungsunterscheidenden Schreibweisen vereinfacht die Schriftsprache so stark, daß sie ungenauer und dadurch primitiver wird und für präzises Ausdrücken nicht mehr geeignet ist. Die Reformer halten das Volk für dümmer als es ist; sie sollten sich ein anderes suchen.


eingetragen von Theodor Ickler am 01.11.2003 um 04.43

Eigentlich wollte ich nicht auf Belege hinaus, sondern auf Beispiele, damit ich sehe, an welche Arten von Wörtern Sie gedacht haben. Mir ist einfach nicht klar, worum es geht. Ich hatte nun selbst etwas konstruiert, um zu zeigen, daß gegen die natürliche Betonung des Bestimmenden gegenüber dem Bestimmten wohl keine Macht der Welt ankämpfen kann. Aber wenn es solche Fälle nicht sind - was ist es denn dann? Vielleicht haben Sie ja recht.

Zu den Sprachveränderern. Wohl wahr, auch ich finde solche Übertreibungen nicht gerade förderlich und galte manchen Reformern auch einen menschenfreundlichen Anfangs Impuls zugute. Später ist das dann schrittweise korrumpiert worden. Man kann es ja am Verrat fast aller ursprünglichen Progammpunkte erkennen; es blieb nur der blanke Ehrgeit übrig, und der wurde auch mit unlauteren Methoden durchgesetzt, worüber nicht nur Drosdowski klagte. "Durchsetzbarkeit" wurde zum beherrschenden Gesichtspunkt.

Und doch ist etwas Wahres daran. Wie die Hessischen Rahmenrichtlinien Deutsch und der Rechtschreibkongreß 1973 zeigten, ging es auch um einen Sprachbegriff, der die Sprache selbst als veränderlich und damit auch veränderbar auffaßte und sprachliche Normen grundsätzlich zur Disposition stellte. Das Bundesverfassungsgericht hat dann 1998 im gleichen Sinne über die Rechtschreibung hinausgegriffen. Damals wie heute ging es darum, ein Exempel zu statuieren. In meinen Rückblicken auf diese Entwicklung habe ich es den kulturrevolutionären Aspekt der RSR genannt. Ich glaube nicht, daß das übertrieben war.
__________________
Th. Ickler


eingetragen von Monika Grunert am 01.11.2003 um 00.22

Ich möchte noch auf ein anderes Zitat von guest eingehen:

"Die Rechtschreibreform will ja die Sprache an sich ändern, ich denke, das ist unter den Reformgegnern unstrittig."

Ich denke, wir sollten die Kirche im Dorf lassen. Hinter der RSR steht die Idee der Vereinfachung der Rechtschreibung, und man dachte sie dadurch zu demokratisieren. Daß dieser Ansatz schon grundfalsch ist, muß an dieser Stelle nicht noch einmal begründet werden. Aber den Reformern die Absicht zu unterstellen, sie wollten "die Sprache an sich" ändern, finde ich gelinde gesagt - übertrieben. Diese Macht haben auch nicht diejenigen, die angeblich hinter der Reform stehen, die vielgeschmähten 68er, obwohl sie gerade an der Regierung sind. "Die Sprache" läßt sich nicht ändern, von oben schon gar nicht, das wenigstens wissen sicher auch die Reformer. Wozu sollten sie auch diese Absicht gehabt haben? Wohin sollten solche Änderungen Ihrer Meinung nach führen?

__________________
m.g.


eingetragen von guest am 31.10.2003 um 16.14


Wie soll ich etwas an Beispielen belegen, das schon vor
einiger Zeit geschehen ist. Das ginge in diesem Falle nur,
wenn ich das Gespräch auf Band aufgenommen hätte. Privatgespräche sind da problematisch. Am besten wäre es, man würde Fernseh- und Radiosendungen aufnehmen und auswerten. Ich kann mich noch erinnern, daß es da in
einem der dritten Programme -- ich glaube Hessen drei oder
Bayern drei -- eine Sprecherin gab, die mich mit ihrer
reformgemäßen Sprache besonders verärgert hatte.

Es ist auch häufig, daß zwischen den beiden Wortteilen
eines Kompositums eine deutliche Pause gemacht wird.
Vielleicht verwechsele ich da aber auch die Betonung mit
der Pause zwischen den Teilwörtern. Diese dürfte dann aber
auch einen Einfluß auf die Betonung haben. Mir ist auch
aufgefallen, daß die Betonung im Satz bei manchen Leuten
anders ist. Es wird ein am Ende des Satzes stehendes
Hilfsverb besonders betont.

Ich bin, wie bereits gesagt, kein Sprachwissenschaftler.
Mir fällt auf, daß etwas anders ausgesprochen oder betont wird, als ich das aussprechen oder betonen würde.
(Im vorangehenden Satz z.B. würde das letzte Wort ''würde'' besonders betont werden, das ist aber ein schlechtes Beispiel.) Ich kann das aber nicht in der Fachsprache der Linguisten ausdrücken.

Was ist die Macht der Sprache?

Wenn jemand die Macht über die Sprache hat, dann kann er
auch diese Macht der Sprache dazu nutzen, die Sprache der
Leute zu ändern. Wie das gehen könnte, habe ich in meinem letzten Eintrag schon angedeutet.


eingetragen von Theodor Ickler am 31.10.2003 um 13.45

Eine Änderung der Betonung bei Komposita wäre interessant, wenn sie sich belegen ließe. Ich möchte mich daher dem Wunsch von Frau Grunert nach Beispielen anschließen, sonst kann man darüber nicht viel sagen.
Meine frühere Äußerung über das Ablesen war so zu verstehen: Bei Determinativkomposita wird gewissermaßen von Natur als das Bestimmungswort betont. Der Sprecvher, nicht bloß fremde Texte liest, will ja tatsächlich ausdrücken, daß es sich um "Filterkaffee" und nicht einen anderen Kaffee handelt, folglich wird er das Bestimmungswort betonen. Davon kann keine Macht der Welt ihn abbringen, höchstens die Macht der Sprache ... Aber wie gesagt, dazu muß man Beispiele diskutieren.
__________________
Th. Ickler


eingetragen von guest am 31.10.2003 um 13.21


Sehr geehrte Frau Grunert,

darf ich Sie darauf aufmerksam machen, daß ich mich unter
''guest'' angemeldet habe. Die von ihnen benutzte Schreibung
ist -- glaube ich -- das Pseudonym eines anderen. Warum ich
gerne anonym bleiben will habe ich an anderer Stelle schon
dargelegt.

Ich bin kein Sprachwissenschaftler, ich laufe daher auch
nicht mit Mikrophon und Cassettenrecorder herum, um sämtliche Privatgespräche für eine spätere linguistische
Auswertung aufzunehmen. Mir ist es nur aufgefallen, daß
einige meiner Gesprächspartner zusammengesetzte Wörter auf
dem Grundwort betonen. Ob sie das immer oder nur gelegentlich tun, darauf habe ich nicht geachtet. Ich werde
mich auch davor hüten, den Inhalt meiner Privatgespräche hier ausbreiten.

Man sollte auch bedenken, daß ein Nachrichtensprecher ein
ausgebildeter Sprecher ist. Damals, bevor ich aufgehört habe, Fernsehen zu schauen, hatte ich den Eindruck, daß
in den Medien überall diese zerhackte Sprechweise benutzt
wurde. Zeitgleich wurden sämtliche zusammengesetzten Wörter
mit sog. ''Bindestrichen'' auseinandergespießt. Ich kann
mich noch an einen Werbezettel des ortsansässigen Kaufhauses
erinnern, in dem plötzlich alle Warenbezeichnungen, die
ein Kompositum waren, zerspießt auftraten.

Heute hat sich zwar dieser Zerspießungswahn etwas gelegt,
ist aber immer noch viel zu häufig. Parallel dazu werden
in der Reformschreibe Wörter zusammengeschrieben, die nun aber wirklich nicht zusammengehören. Daraus muß man schließen, daß die Reform zum Ziel hat, das Sprachgefühl der Menschen zu zerstören oder zumindest zu stören und das der Kinder und Jugendlichen erst gar nicht aufkommen zu lassen.

Es sind auch weitere Reformen geplant, das habe ich schriftlich. So ist diese Reform meiner Ansicht nach nur eine Teilreform einer viel tiefergehenden Reform, es wird sozusagen als erster Schritt das Sprachgefühl und die Wertschätzung der Rechtschreibung zerstört. Das erklärt
die idiotischen Neuregelungen, die so unbeholfen sind, daß
man sich fragen muß, ob unsere Rechtschreibexperten der
Reformkonfession nicht vielleicht doch nur Legastheniker
sind, denen man ausversehen einen Hochschulabschluß
nachgeschmissen hat.

Natürlich können sich die Reformbetreiber nicht sicher sein, ob sie wirklich Erfolg damit haben. Als weitere Schritte wird man dann unsere Sprache nach den aktuellen Erfordernissen gestalten können, über Medien, neue ''Rechtschreibungen'' und unter Ausnutzung
des Nachahmungstriebes der Menschen. Oder auch dadurch,
daß sich Jugendliche auch sprachlich von den Erwachsenen
distanzieren wollen. Und letztere geben ersteren auch genügend Grund dazu!

Desweiteren ist mir aufgefallen, daß viele Leute kein ''ä''
mehr sprechen. Aber auch darüber gab es schon vor über einem
Jahr eine Diskussion im alten Gästebuch des VRS. Hat man
die alten Einträge vielleicht versehentlich -- oder gar
absichtlich -- gelöscht, weil sie hier nicht mehr zugänglich
sind?


eingetragen von Monika Grunert am 31.10.2003 um 12.38

Zitat von guest:
"Die Betonung von Komposita auf dem Grundwort findet ja nicht nur im Radio
oder im Fernsehen statt, sondern auch im alltäglichen Leben, z.\,B., wenn man
mit Bekannten spricht."

An dieser Stelle wären mal ein paar Fallbeispiele angebracht, lieber guest, damit wir uns orientieren können.
Und Entschuldigung!
– geändert durch Monika Grunert am 31.10.2003, 17.08 –
__________________
m.g.


eingetragen von guest am 31.10.2003 um 09.41

Zitat Theodor Ickler, 30.10.2003, 18.20

"Eine sinnwidrige Betonung der Wörter kann man nicht durchsetzen. Es handelt
sich in solchen Fällen immer um längst angebahnte Entwicklungen. Das schließt
natürlich nicht aus, daß eine ungewohnte (verordnete) Schreibweise den
ablesenden Nachrichtensprecher gelegentlich auf eine solche sonderbare Betonung
bringt, aber gegen die Systematick der Sprache kann auf die Dauer keine
Verordnung etwas ausrichten."

Die Betonung von Komposita auf dem Grundwort findet ja nicht nur im Radio
oder im Fernsehen statt, sondern auch im alltäglichen Leben, z.\,B., wenn man
mit Bekannten spricht.

Wenn überall in den Medien diese sinnentstellende Betonung verwendet wird,
dann wird das auf die Bevölkerung abfärben, eben weil Menschen einen gewissen
Drang zur Nachahmung haben, unabhängig von der Systematik der Sprache.

Sie unterschätzen die Möglichkeiten der Beeinflussung von Menschen.

Die Rechtschreibreform will ja die Sprache an sich ändern, ich denke, das ist
unter den Reformgegnern unstrittig. Man will weg vom Hochdeutsch, auch das ist
unstrittig. Das Hochdeutsche wird sogar in Lehrbüchern der deutschen
Sprachgeschichte schlechtgemacht. Für einen Sprecher des Hochdeutschen ist
diese neue Betonung natürlich sinnentstellend, aber Hochdeutsch wird heute in
den Medien nicht mehr gesprochen! Ich nenne die heutige Mediensprache Dummdeutsch. Vielleicht sollte man sie gar
nicht mehr Deutsch nennen?


eingetragen von Elke Philburn am 30.10.2003 um 19.35

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von guest
Darauf habe ich schon letztes Jahr im Gästebuch des VRS hingewiesen, aber leider wurde dieses Gästebuch dann abgeschafft.

Das Gästebuch gibt es jetzt wieder, wenn auch nicht mit den alten, so doch zumindest mit neuen Beiträgen.
__________________
http://www.vrs-ev.de/


eingetragen von Theodor Ickler am 30.10.2003 um 17.20

Eine sinnwidrige Betonung der Wörter kann man nicht durchsetzen. Es handelt sich in solchen Fällen immer um längst angebahnte Entwicklungen. Das schließt natürlich nicht aus, daß eine ungewohnte (verordnete) Schreibweise den ablesenden Nachrichtensprecher gelegentlich auf eine solche sonderbare Betonung bringt, aber gegen die Systematik der Sprache kann auf die Dauer keine Verordnung etwas ausrichten.

Was meine Orientierung am tatsächlichen Sprachgebrauch angeht, so habe ich sie niemals ohne nähere Qualifikation ausgesprochen. Man muß natürlich genau hinsehen oder -hören, wo man seine Muster sucht. Vorlesen ist eine vergleichsweise schlechte Quelle für Betonungsverhältnisse. Da schleichen sich Fehler und Manierismen ein, weil der Lesende ja nicht ausspricht, was er selbst meint.
__________________
Th. Ickler


eingetragen von guest am 30.10.2003 um 14.25


Mir ist es schon vor einigen Jahren aufgefallen, daß in
den Medien vermehrt zusammengesetzte Wörter deutlich auf
dem Grundwort betont werden. Soweit ich weiß, liegt im
Deutschen die Betonung auf dem Bestimmungswort.
Gleichzeitig sank das Niveau -- insbesondere im Fernsehen --
so sehr, daß ich seit etwa dem Jahre 2000 so gut wie kein
Fernsehen mehr schaue. Den Fernseher bezeichne ich auch
manchmal als Verblöder.

Wenn der Staat seine Bürger per Verordnung oder gar mit
polizeilicher Gewalt dazu zwingen wollte, jeden Tag eine
Verblödungspille zu schlucken, dann gäbe es vermutlich
vehementen Protest. Das Fernsehen aber erreicht fast alle
und keiner kann sich ihm vollständig entziehen. Protest
gibt es natürlich auch nicht!

Viele Leute, besonders Kinder, werden diese neue
Sprechweise bewußt oder unbewußt nachahmen. Auf diese
Weise haben die Reformer den von ihnen postulierten
Sprachwandel selbst provoziert. Der Begriff ''Sprachwandel''
ist dabei irreführend, denn er impliziert eine Veränderung
aus sich selbst.

Diese heutzutage vorhandene Möglichkeit, Sprachveränderungen
über die Medien zu provozieren, ist auch ein Grund, warum ich
die von Herrn Ickler vorgeschlagene Feststellung des
''tatsächlichen Sprachgebrauchs'' für äußerst problematisch
halte. Damit setzt man die Bevölkerung geradezu
sprachmanipulatorischen Umtrieben aus. Wenn z.B. jemand, der
die Macht über die Medien hat -- und solche Leute gibt es
leider --, seine Macht gerne in den Wörterbüchern oder der
Grammatik oder der Aussprache verewigt sehen möchte, dann
kann er das Training neuer Nachrichtensprecher, usw. veranlassen,
die dann in seinen Sendungen eingesetzt werden können. Dann
werden die Leute solange mit den neuen Sprechweisen berieselt,
bis sie sie irgendwann einmal angenommen haben. Und das wird
spätestens in der nächsten Generation der Fall sein.
Die zunehmende Sprachlosigkeit zwischen den Generationen tut
dabei ein Übriges. Die Feststellung des tatsächlichen Sprachgebrauch,
als Instrument des demokratischen Umgangs mit der Sprache gedacht,
wird damit zum Instrument zur Dokumentation des Erfolgs undemokratischer
Machenschaften.

Darauf habe ich schon letztes Jahr im Gästebuch des VRS hingewiesen,
aber leider wurde dieses Gästebuch dann abgeschafft. Mich wundert auch,
daß Sie, Herr Kukulies, einer der wenigen sind, die diese so
offensichtliche -- oder wie soll man sagen, wenn es sich aufs Hören
bezieht -- Veränderung überhaupt thematisieren.

Ich habe mir etwa Mitte der 90er Jahre einmal ein einem
Kaufhaus eine Ausgabe des Dudens angeschaut, ich glaube,
es war die 19. Auflage. Darin wurde auch von der geplanten
Reform geschrieben und daß Wörter jetzt anders betont
werden sollen. Es gab zwei Beispiele: Eines davon war das
Wort sexuell. (Ist doch verwunderlich, da man gerade dieses
Wort als Bespiel genommen hat.) Dies ist zwar kein
Kompositum, es zeigt aber, da diese Betonungsverschiebung
nicht nur Komposita betrifft.

Ich hatte danach ein sehr ungutes Gefühl, denn
ein Staat, der so massiv in die Sprache eingreifen kann, ist ein
totalitärer Staat.


eingetragen von Christoph Kukulies am 30.10.2003 um 11.25

Mir geht es in letzter Zeit oft so, daß ich - besonders bei Rundfunk- oder Fernsehnachrichten - die Getrenntschreibung geradezu heraushöre und mir jedesmal vorstelle, daß da jetzt auf dem Zettel des Sprechers bestimmt wieder mal so eine unsinnige Getrenntschreibung gestanden haben muß.
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Christoph Kukulies


eingetragen von Elke Philburn am 03.09.2003 um 02.03

Dienstag, 2. September 2003 um 21.00 Uhr

RadioART: Literatur
Anmerkungen eines Schriftstellers

Reiner Kunze zur Rechtschreibreform

Die Rechtschreibreform von 1998 hat heftige Kontroversen ausgelöst. Sogar eine Verfassungsbeschwerde wurde eingelegt. Noch heute gibt es zwischen den Befürwortern und den Gegnern dieser Reform keinen Konsens. Zu den Gegnern der Reform gehört auch der Schriftsteller Reiner Kunze, der darin einen Angriff auf die Autonomie der Literatur, ja geradezu eine Attacke auf die Aura der Wörter sieht. Seine Stellungnahme ist bewusst polemisch formuliert und will auch als Polemik verstanden werden, als Einspruch eines Autors, für den Sprache, Rechtschreibung und persönliche Biografie untrennbar miteinander verbunden sind.

60 min.


Hat jemand diese Sendung hier verfolgt und eventuell aufgenommen? Über's Netz war sie leider nicht zu empfangen.

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http://www.vrs-ev.de/


eingetragen von Ruth Salber-Buchmüller am 02.09.2003 um 15.53

Das habe ich auch gesehen.
Doch da wird erfahrungsgemäß nicht
viel Gescheites herauskommen.
Gestreift wird bestenfalls
der Kuss und das raue Känguru.
__________________
Ruth Salber-Buchmueller


eingetragen von Christoph Kukulies am 02.09.2003 um 14.22

Gestern sah ich eine Ankündigung mit einem Bildervorspann, in dem jemand einen Duden in der Hand hielt. Es ist wohl zu erwarten, daß auch das Thema Rechtschreibreform Erwähnung finden wird.
__________________
Christoph Kukulies


eingetragen von Christoph Kukulies am 23.08.2003 um 20.14

Soeben gerade gehört und gesehen:

WDR "Kabarett & Co.", Herbert Knebel,

...oder daß mit scharfem s, und dann kommt so 'ne Rechtschreibreform und macht alles kaputt.


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Christoph Kukulies


eingetragen von Thomas Rhaire am 16.08.2003 um 10.15

So sieht also jemand aus, der diese Sprache wie kaum ein anderer geschädigt hat!
Gemeint ist natürlich der Herr auf der rechten Seite, der da so zierkeusch hinter dem Duden hervorlugt.

Wahrscheinlich würde er mir nicht einmal besonders auffallen, wenn er mir irgendwo auf der Straße begegnete.
Aber das muß ja nichts heißen.

»Schurken, die ihre Schnurrbärte zwirbeln, sind leicht zu erkennen, diejenigen aber, die sich in gute Taten kleiden, sind hervorragend getarnt«, habe ich mal gehört.

So ist es.

Thomas Rhaire


eingetragen von Norbert Lindenthal am 05.08.2003 um 17.10

Südwestfunk, Mainz, empfangen im Westerwald, kurz danach um 10 .00 Uhr wurde in den Nachrichten von HR4 die DDP-Meldung gelesen, die interessanterweise um 15.00 Uhr schon von Reformer Hoberg eine ergänzung bekam. Die Mächtigen meinen wohl, daß sie nachlegen können. Hier paßt ein Lacher von Gerhard Augst.

SWF4, FM 107.6, 9.50 Uhr
Renata Sappert (SWF4, Mainz) interviewt
Augst: (sinngemäß) Ziel sei es gewesen, „fehlerfreier“ zu schreiben ... an die Postleitzahlen habe man sich auch gewöhnt
Dräger: Die Schüler seien als Geiseln genommen worden, um Erwachsene am Nasenring zu führen. Die Bundesregierung hat einen Fehler gemacht.

Radiosendung, 1.8.2003, 9.50 Uhr, Matthias Dräger; Gerhard Augst

Wer schreibt diese Sendung ab? Der Postleitzahlenvergleich geht einem auf die Nerven! Ich persönlich würde heute noch die Postleitzahlen rückgängig machen, weil sie von Menschen wie mir nicht auswendig gelernt werden können.
__________________
Norbert Lindenthal


eingetragen von Theodor Ickler am 04.08.2003 um 16.55

Nicht zum erstenmal trägt Augst die Mär vor, daß die FAZ erst 1964 (oder wann auch immer) von Fraktur auf Antiqua umgestellt habe. Die FAZ ist niemals in Fraktur gedruckt worden, sondern hat diese Schrift immer nur als Zierschrift für Überschriften verwendet, auch nach 1964 und in geringerem Maße bis heute. Da der Irrtum schon oft korrigiert worden ist, weiß Augst wahrscheinlich, daß er - auch hier - nicht die Wahrheit sagt.

Im übrigen ist der terroristische Ungeist hier mit Händen zu greifen: Erst überredet er die herrschenden Selektionsinstanzen (IHK usw.), die von ihm veränderte Rechtschreibung anzunehmen, und dann will er es den Schülern mit Rücksicht auf diese Instanzen "nicht durchgehen lassen", daß sie so schreiben wie die Schriftsteller. Man muß sich dazu an Augsts entlarvenden Bericht über sein größtes Erlebnis erinnern: wie er "aus der zweiten Reihe" zusehen durfte, als die Mächtigen dieser Erde unterzeichneten, was er, der Bauernjunge aus dem Westerwald, in 30 Jahren beharrlicher Agitation durchgesetzt hatte ... Auch einmal an der Macht teilhaben, eine Spur in der Welt zu hinterlassen, wenn es auch keine rühmliche ist ... Keine Sorge: In meinem Rechtschreibwörterbuch bleibt stehen: Augst, Gerhard (deutscher Rechtschreibreformer) - aere perennius!
– geändert durch Theodor Ickler am 05.08.2003, 08.32 –
__________________
Th. Ickler


eingetragen von margel am 04.08.2003 um 16.49

Ja, wo bleibt denn die Milchwirtschaft? Die sollte sich mal umstellen! Und die "Rauhfasertapete" endlich auch! Und der der Lidl und der Aldi und der Grass und der Thomas Mann. Bei den Postleitzahlen ging´s doch auch.(Haben wir da nicht ncoh einen bayrischen Politiker im Ohr?) Schön, daß der Gerhard ab und zu einen Lacher von sich gibt, sonst wäre es ja auch wirklich zum Weinen!


eingetragen von Dominik Schumacher am 04.08.2003 um 15.03

Streitgespräch am Telefon, 31.7.2003
 
 
       
  
Matthias
Dräger
Volks-
entscheid
  
Prof.
Augst
Reform-
kommission
  
Sprecherin
Bayerischer
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Das Telefongespräch in einem Stück, 6,8MB! *

                 



Streitgespräch am Telefon, Matthias Dräger und Prof. Augst, 31. 7. 2003

Frau Braun: Die Bilanz von Sprachexperten nach 5 Jahren Rechtschreibreform fällt erwartungsgemäß unterschiedlich aus. So hatte sich die Reform nach Meinung der Gesellschaft für deutsche Sprache insgesamt sehr positiv entwickelt, nach Auffassung der zwischenstaatlichen Kommission aus Vertretern der Bundesrepublik, Österreich und der Schweiz, steht der endgültigen Ausführung der Rechtschreibreform in 2 Jahren nichts im Wege. Kritiker dagegen sagen, die deutsche Sprache habe die Reform nicht unbeschädigt überstanden. Wir wollen jetzt beide Seiten hören.

Frau Braun: Am Telefon ist der Verleger Matthias Dräger, er ist Initiator des schleswig-holsteinischen Volksbegehrens zum Stopp der Rechtschreibreform. Guten Morgen. Hr. Dräger: Guten Morgen

Frau Braun: Und auf der anderen Leitung Professor, Professor Gerhard Augst, stellvertretender Vorsitzender der zwischenstaatlichen Kommission, die die Vorschläge für die Rechtschreibreform erarbeitet hat. Guten Morgen. Prof. Augst: Guten Morgen, Frau Braun.

Frau Braun: Herr Dräger, Sie sagen, das Ziel der Reform, die Rechtschreibung zu vereinheitlichen, ist verfehlt worden. Im Gegenteil, viele Sonderregelungen machen es viel komplizierter, welche Regel denn, welche Regelungen denn zum Beispiel? Hr. Dräger: Naja, es gibt bei der Getrennt- und Zusammenschreibung in dem sogenannten amtlichen Regelwerk also mehrere Wörterlisten, die man auswendig lernen muß, um diesen Bereich der neuen Getrennt- und Zusammenschreibung überhaupt richtig beherrschen zu können. Und diese Schwierigkeiten hatten wir vorher nicht, vorher war das auch ein fließender Bereich, in der wir auch gewisse Toleranzen hatten.

Frau Braun: Herr Augst, Sie sagen …

Frau Braun: … das befürchtete Chaos ist ausgeblieben. Sie möchten sogar noch weitreichenderere Reformen, zum Beispiel das Joghurt ohne das h.

Prof. Augst: Ja, das ist klar. Also wir haben ja viel mehr zur Reform vorgeschlagen, als dann tatsächlich von den politischen Instanzen bewilligt wurde, außerdem haben wir in manchen Bereichen Wahlmöglichkeiten gelassen, und Joghurt ist so ein Bereich. Joghurt wurde, wird ja in der alten Rechtschreibung mit h geschrieben, ohne daß das irgendwie für den Schreiber nachvollziehbar ist, und deshalb sollte er das ohne h schreiben, und es wär schön, wenn die Milchwirtschaft das mitmachte.

Hr. Dräger: Ja, da darf ich gleich mal einhaken, Herr Professor Augst. Das Joghurt mit h oder ohne h, das sind so kleine Spitzfindigkeiten. Wenn wir uns die Reform mal aus der Vogelperspektive betrachten, fällt auf, daß ein Großteil, ich würde sagen 80, 90 Prozent der Schreibänderungen die die ss/ß-Regelung betreffen, und hier hat es eine Änderung gegeben, ohne daß ich als Normalschreiber hier, sag ich mal, eine zwingende Notwendigkeit dafür sehe.

Prof. Augst: Also das ist ja so, daß hier eine Unlogik in der Rechtschreibung war. Sie schreiben Kamm mit zwei m und Kämme mit zwei m, aber Faß mußten sie mit ß schreiben und Fässer mit Doppel-s. Das war für die Lerner unlogisch und für die Erwachsenen unlogisch, die das schreiben, und es hat hier in der Fehlerstatistik eben doch eine erhebliche Zahl von Fehler gegeben, und deshalb haben wir sie einfach abgeschafft.

Hr. Dräger: Ja, da darf ich ihnen mal, was die Fehler angeht, widersprechen. Es hat zu diesem Bereich der ss/ß-Regelung eine Untersuchung von Professor Marx gegeben bei Grundschülern, und der Professor Marx hat herausgefunden, daß bei Grundschülern in der 2. Klasse sich die Zahl der richtig geschriebenen Wörter nach der Rechtschreibreform auf 30 Prozent gesenkt hat und in der 4. Klasse sich nach der Rechtschreibreform auf 50 Prozent gesenkt hat.

Prof. Augst: Ja, das ist doch ganz klar. Der Herr Marx hat die Untersuchung 1997 in einer 2. und 4. Klasse gemacht, genau in dem Jahr als, in Bielefeld ist die Untersuchung gemacht worden, als die Rechtschreibung umgestellt wurde, das heißt, die Schüler haben alte und neue Rechtschreibung gesehen, und wenn sie das erwähnen, sollten sie auch erwähnen, daß der Herr Marx eine 2. Nachuntersuchung gemacht hat und daß da kein negativer Effekt mehr festzustellen war.

Hr. Dräger: Ja, also die Zweituntersuchung ist mir noch nicht bekannt, das würd ich doch sehr stark bezweifeln, denn das, was wir in den Zeitungen sehen, das ist ein gravierendes Ansteigen der Fehlerzahl gerade in dem Bereich des ss/ß-Regelung. Aber die Sache hat noch einen anderen gravierenden Nachteil. Und zwar ist es ja so: Ist es richtig, daß Sie praktisch in Anbetracht dessen, daß früher die früheren Rechtschreibreformen, die versucht worden sind, gescheitert sind, bei dieser Reform den Weg eingeschlagen haben, die Reform über die Schulen durchzubringen?

Prof. Augst: Also, die Rechtschreibreform kann man sowieso nur über die Schulen durchbringen, die ist auch 1901 nur über die Schulen gemacht worden mit dem amtlichen Erlaß, und zwar deshalb, weil der Staat, der ja die Hoheit hat über die Rechtschreibung zu befinden, nur bei den Behörden und bei der Schule überhaupt ansetzen kann. Jeder andere kann schreiben wie er will, und das tun ja viele andere auch.

Hr. Dräger: Ja, lassen wir mal 1901 beiseite, das war Kaiserreich, und wir sind ja jetzt in der Demokratie. Ich als Bürger habe Probleme damit, wenn ich sehe, daß hier Reformer über die Schulen eine Schreibänderung in der Gesellschaft durchsetzen wollen, ohne daß hier erkennbar ist, daß diese oft tatsächlich akzeptiert wird in der Gesellschaft. Sie drehen – ist das richtig, daß Sie hier das Prinzip umdrehen, daß praktisch die Schüler das lernen, was ihnen in der Gesellschaft begegnet?

Prof. Augst: Also einerseits haben wir, nachdem wir diese Reform auskumm ... ausgearbeitet hatten, Hearings gemacht, sowohl in Deutschland als in der Schweiz als auch in Österreich, wo also in Deutschland z. B. 40 Interessenverbände waren, die alle zu dieser Reform Stellung genommen haben, dafür, dagegen oder enthaltend, und zweitens ist das ausdiskutiert worden in vielen, vielen Sitzungen. Und es ist dann eben auch zur Erprobung vorgeschlagen worden, und jetzt haben wir die Zeit, Probezeit bis zum Jahr 2005, und dann soll ja das ganze auf den Prüfstand gestellt werden und geguckt werden, was hat sich bewährt, was hat sich nicht bewährt. Muß man vielleicht noch weitergehen ... der Reform, und deshalb kann ich Ihre grundsätzliche Argumentation nicht akzeptieren.

Hr. Dräger: Ja, ich sehe hier bei der Prüfung sozusagen, was sich bewährt oder nicht bewährt, sehe ich ein, eine gravierende, ja, Verschiebung dadurch, daß die ganzen Computerprogramme, die heute Sie im Geschäft kaufen können, alle sozusagen von Microsoft voreingestellt sind auf die ss-Regelung, die wie die Reformer sie vorgeschlagen haben, und der einfache Bürger ist in der Regel nicht in der Lage, diesen komplizierten Mechanismus zu finden, wie man dieses, diese Programmierung rückgängig macht. Und von daher bekommen Sie automatisch eine gravierende Verschiebung. Wie wollen Sie das kontrollieren, wie die Leute tatsächlich schreiben wollen?

Prof. Augst: Dann muß man mit den Leuten reden, wie sie schreiben wollen. Also wir haben ja Leserbriefe kontrolliert, auch handgeschriebene Leserbriefe, die den Verlagen zugeschickt worden sind, um eben auch zu erfahren, wie schreiben die Leute außerhalb des Amtsbereiches und außerhalb der Schule. Und in dem Bereich ist es also so gewesen, daß auch in handgeschriebenen Briefen 50 Prozent der Leser, äh, der Leserbriefschreiber, in der neuen Rechtschreibung geschrieben haben. Also da kann man also auch nicht sagen, daß das nur an Microsoft läge.

Hr. Dräger: Ja, das betrifft sozusagen Leserbriefe die in sogenannten umgestellten Zeitungen veröffentlicht werden sollten, und ich mein’, das ist völlig klar, daß die Leser sich da versuchen, sich an die Schreibweise der Redaktionen anzupassen. Aber, ich selber – Sie sagen, man muß mit den Leuten sprechen. Ich selber habe mit den Leuten gesprochen in einem Bundesland … Prof. Augst: Zwischenbemerkung unverständlich Hr. Dräger: … das wissen Sie?

Prof. Augst: Nein, das weiß ich nicht. Hr. Dräger: Nein? Wissen Sie, daß wir in Schleswig-Holstein einen Volksentscheid zur Rechtschreibreform gehabt haben? Prof. Augst: Ja, natürlich weiß ich das, klar! (Lacher)

Hr. Dräger: Ja, und Sie wissen auch wie dieser Volksentscheid ausgegangen ist? Prof. Augst: Das weiß ich auch, und ich weiß auch, wie es weitergegangen ist, und ich weiß jetzt, daß Schleswig- … Hr. Dräger: Dazu hab ich, aber, Entschuldigung, dazu hab ich eine Frage. Wir haben ja hier diesen Volksentscheid in Schleswig-Holstein gemacht. Prof. Augst: Ja. Hr. Dräger: Ja, glauben Sie, wenn die Leute die Möglichkeit gehabt hätten hier in ganz Deutschland über die Rechtschreibreform abzustimmen, glauben Sie, daß das Ergebnis anders ausgesehen hätte?

Prof. Augst: Glaub ich schon, erstens muß man ja sagen, daß das Bundesverfassungsgericht ja nun befaßt worden ist, nachdem 200 Gerichte vorher auf allen Ebenen entschieden haben. Und das Bundesverfassungsgericht hat ja nun entschieden, daß die Reform so wie sie juristisch und mit ihrer Verordnung eingeleitet worden ist, daß man das in einem demokratischen Staat so machen kann. Hr. Dräger: Ja Prof. Augst: Und zweitens glaube ich, daß in dem Punkt, wenn Sie jemandem sagen, er muß jetzt sich umstellen, daß Sie da immer negative Antworten bekommen, wenn Sie im Jahre, sagen wir mal 95, glaube das war es, die Bundesbürger befragt hätten, ob sie neue Plostleitzahlen haben wollen, dann hätten auch wahrscheinlich die Mehrzahl der Bundesbürger dagegen entschieden. Das heißt, es ist hier die Trägheit bzw. auch die alte Konvention. Man muß hier mehr investieren, wenn man sich umstellen will, und das ist ganz klar, daß die Leute dann erstmal sagen: nein. Hr. Dräger: Ja ...

Frau Braun: Herr Dräger, Herr Dräger, ich bitte Sie noch um eine kurze Antwort.

Hr. Dräger: Ja, ich, ich hab da aber noch ne Frage, weil Herr Augst hatte gesagt, der Volksentscheid wäre, wenn er auf Bundesgebiet gleichzeitig durchgeführt worden, anders ausgefallen, und da würde ich ganz gern Herrn Augst nochmal bitten, das kurz zu erläutern, warum er meint, daß ein gesamtdeutscher Volksentscheid ein anderes Ergebnis gehabt hätte.

Prof. Augst: Also, ich kann, ich hab da, ich habs ja genau anders herum gesagt. Ich hab gesagt, wenn man in der ganz Deutschland, als die Postleitzahlen eingeführt wurden, gefragt hätte, wollt ihr sie, dann hätten die Leute nein gesagt. Hr. Dräger: Ja, aber damit haben Sie sozusagen meine Frage nicht beantwortet. Prof. Augst: Ja, na doch, wenn Sie nen Analogieschluß ziehen können, dann hab ich die Frage beantwortet. Ich bin genau Ihrer Meinung, wenn man die Mehrzahl der Bürger befragt hätte, hätten sie wahrscheinlich erstmal nein gesagt.

Hr. Dräger: Ja, und das ist aber doch, wollen mal sagen, ich verstehe nicht, wie Sie in einer Demokratie hier sozusagen voraussetzen, daß die Bundesbürger sozusagen per se erst einmal das Falsche wünschen.

Prof. Augst: Man muß, und deshalb haben wir ja die Übergangszeit auf acht Jahre oder zehn Jahre angesetzt, damit die Leute sich die neue Rechtschreibung angucken können, und sie kriegen sie jetzt tagtäglich in jeder Zeitung, 80 Prozent aller Bücher sind auf die neue Rechtschreibung umgestellt, und sie kriegen sie in den, im Fernsehen, im Rundfunk, im Internet, und sie können Sie jetzt erproben. Sie erleben sie mit ihren Kindern, die in die Schule gehen, und sie stellen allenthalben vor allem bei den Kindern fest, daß die Kinder es leichter haben zu lernen, so daß die Zahl derer, die sich dafür erwärmen kann, immer größer wird, und der Gewöhnungseffekt ist auch da, so daß jetzt über Dinge, wo man sich 98 noch die Köpfe heiß geredet hat, jetzt kein Mensch sich mehr darüber beschwert.

Hr. Dräger: Gut. Jetzt kommt meine letzte Frage … Prof. Augst: Ja! Hr. Dräger: … wie gewünscht. Herr Professor Augst, halten Sie das für pädagogisch klug, daß ein intelligenter Schüler, der Klassiker liest, z. B. Grass, Thomas Mann, daß der in der Schule Fehler dafür angestrichen bekommt, wenn er zufällig mal solche Schreibweisen verwendet, wie er sie noch von seinem Lesen in Erinnerung hat?

Prof. Augst: Äh, das ist, äh, so, das, da gibts eine eindeutige Rechtsverordnung, die, wenn der, Ihr Schüler das schreibt und er zitiert nicht ausdrücklich, dann muß er die neue Rechtschreibung verwenden, aber es wird nicht als Fehler angerechnet. Und zwar bis zum 1. August 2005 wird das nicht als Fehler angerechnet.

Hr. Dräger: Ja, aber Prof. … Herr Grass wird sich nicht im Jahre 2005 in seinen Werken umstellen. Auch die große Zahl der Bücher, die es in den Bibliotheken gibt, werden sich auch nicht so schnell umstellen. Und da sind noch 95 Prozent in normaler Rechtschreibung gehalten. Das ist also eine Gegenaussage zu Ihren 80 Prozent.

Prof. Augst: Also … Hr. Dräger: Ja. Prof. Augst: Also da ist es so, daß auch noch 30 Prozent aller Bücher in alter Frakturschrift geschrieben wurden, sind in den großen Bibliotheken, und diese Schrift ist 1942 abgeschafft worden. Es ist der Sinn der Bibliotheken, alte Bücher zu bewahren, und wer die liest, das heißt also, Autoren, die nicht ständig neu aufgelegt werden, der hat ein spezielles Interesse, und der kann solche Kleinigkeiten, daß das Buch in alter Rechtschreibung oder in Fraktur geschrieben ist, ganz schnell überwinden. Für den ist das überhaupt kein Hindernis.

Hr. Dräger: Im Jahre 2005 tritt aber dann der Fall ein: Wenn ein intelligenter Schüler Grass liest und nicht ausdrücklich zitiert, sondern einfach unterbewußt eine solche Schreibweise verwendet in der Schule, ist das ein Rechtschreibfehler?

Prof. Augst: Dann ist das ein Rechtschreibfehler, wenn er die, wenn … er muß ja die neue deutsche Rechtschreibung lernen, und man würde ihm ja keinen Gefallen tun, wenn man ihm so etwas durchgehen läßt. Man kann natürlich, wenn diese Fehler im Rahmen von Grass, einem Grasstext, geschehen, Toleranz walten lassen, aber generell muß der Schüler Fluß mit Doppel-s schreiben. Man tut ihm keinen Gefallen. Die Industrie- und Handelskammer, die ihm vielleicht bei der Einstellung zum Lehrling ein Diktat vorlegt, da kann der Schüler dann nicht plötzlich sagen: Ja, aber Grass schreibt doch Fluß mit ß. Da will ich mal sehen, was die sagen.

Frau Braun: Herr Dräger, wie schreiben Sie Schluß des Streitgesprächs? Prof. Augst: (Lacher)

Hr. Dräger: Ja, Schluß würde ich mit ß schreiben, und ich bleibe auch dabei, weil ich nämlich Verleger bin, und ich habe ne Verantwortung für meine, für meine Kunden auch, und mein Verlag wird sich, solange ich die Leitung habe hier, kein einziges Buch in der von den Reformern völlig mißglückten Schreibweise hier vorlegen.

Prof. Augst: Und ich schreibe Schluß mit zwei s, und ich erbürne, und erkenne an, daß Herr Dräger bis an sein Lebensende Schluß mit D…, mit ß schreiben darf und kann und soll, weil er das für richtig findet. Es kann ihn niemand zwingen. Nur bei den Behörden und bei den Schulen muß man Schluß mit Doppel-s schreiben. Und die Nachrichtenagenturen tun’s ja auch, so daß da auch kein Schade entsteht.

Hr. Dräger: Bis auf die F.A.Z., nicht? Die F.A.Z. schreibt ja wieder normal. Prof. Augst: Ja, die F.A.Z. ist die einzige deutsche Tageszeitung, die rückumgestellt hat … Hr. Dräger: Ja Prof. Augst: … und es ist ja ein schöner Kontrast, so daß man das auch vergleichen kann, und wir werden einmal sehen, was, wie lang die F.A.Z. das machen wird. Wir haben die schöne Analogie. In Dänemark wurde die neue Rechtschreibung 1948 eingeführt. Die dänische Tageszeitung, die es am längsten ausgehalten hat, hat 10 Jahre gebraucht, bis sie umgestellt hat. Und die F.A.Z. ist auch die Zeitung, die in Deutschland am letzten von Fraktur auf Antiqua umgestellt hat, nämlich genau zu meiner Studienzeit, etwa um 1964. Also das ist ne Frage des Glaubens, der Haltung, äh, der Welt, äh, äh, wie man sich die Welt erschließt. Und man soll da jeden sein, nach seiner Façon selig werden lassen. Hr. Dräger: Ja, das hätte man, das hätte man …

Frau Braun: Gut, vielen Dank, wir müssen leider zum Ende kommen. Vielen Dank. Vielen Dank, Professor Dr. Gerhard Augst, Sprachwissenschaftler der Uni Siegen, und Matthias Dräger, Verleger des Leibniz-Verlages. Hr. Dräger: Danke schön. Prof. Augst: Danke schön. Hr. Dräger: Ja, Wiederhören.

Frau Braun: Ich konnte Sie fast nicht mehr stoppen jetzt. Hr. Dräger: Ja. Prof. Augst: Ja, gelt? Frau Braun: Aber … es scheint Ihnen Spaß zu machen. Prof. Augst: Ja, es macht mir Spaß. Hr. Dräger: Es macht mir Spaß. Ja … Prof. Augst: (Lacher)


eingetragen von Dominik Schumacher am 03.08.2003 um 13.10

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Dominik Schumacher
* Für Besucher mit schneller Netzverbindung: Das Telefongespräch in einer mp3-Datei (6,8MB).

Danke für Hinweise auf mehrere technische Fehler. Das Telefongespräch ist jetzt auch in voller Länge anzuhören. Wer fragt mal beim BR nach dem Sendetermin und um eine Tonkassette als Beleg?


eingetragen von Dominik Schumacher am 02.08.2003 um 16.19

Telefongespräch am 31.7.2003
 
 
       
  
Matthias
Dräger
Volks-
entscheid
  
Prof.
Augst
Reform-
kommission
  
Sprecherin
Bayerischer
Rundfunk
BR
     
 
 
       
Ton
 
 
 
  Text
 
 
 
232
   

01

 
 
 
76
   
 
 
 
100
   
 
304
 
 
   
 
 
 
16
   
05
 
hier fehlt ein kurzes Stück Mitschnitt
   
 
 
 
64
   
 
 
220
 
   
 
276
 
 
   
 
 
196
 
   
 
240
 
 
   
 
 
208
 
   
 
280
 
 
   
 
 
188
 
   
 
236
 
 
   
 
 
400
 
   
 
316
 
 
   
 
 
240
 
   
 
172
 
 
   
 
104
 
104
 
   
 
188
 
188
 
   
 
 
444
 
   
 
 
 
32
   
 
188
 
 
   
 
 
192
 
   
 
120
 
 
   
 
 
352
 
   
 
208
 
 
   
 
 
188
 
   
 
140
 
 
   
 
 
260
 
   
 
112
 
 
   
 
 
260
 
   
 
 
 
40
   
 
172
 
 
   
 
 
168
 
   
 
 
392
 
   
 
 
 
112
   

38

 
68
 
68
 
68
   
                 
                 
 

Das Telefongespräch in einem Stück, 6,8MB! *

                 


Das Telefongespräch wurde in 39 mp3-Tondateien aufgeteilt und hier zugänglich gemacht. Zahlenwerte sind KB, man kann also ausrechnen, wer das Gespräch mit welchem Anteil geführt hat. Die Aufzeichnung wurde am Lautsprecher eines Telefonapparates mitgeschnitten. Bald auch hier der abgeschriebene Text. Es ist bisher nicht bekannt, ob der Bayerische Rundfunk wie beabsichtigt eine Radiosendung ausstrahlte.
* Für Besucher mit schneller Netzverbindung: Das Telefongespräch in einer mp3-Datei. In den ersten zwei Minuten fehlt der rechte Kanal.


eingetragen von Reinhard Markner am 02.08.2003 um 13.01

Ich habe das nicht protokolliert. Entweder er hatte die Presseerklärung selbst vorliegen oder die darauf beruhenden Meldungen bzw. Artikel von dpa und Welt.


eingetragen von J.-M. Wagner am 01.08.2003 um 18.10

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Reinhard Markner
Mich rief vorhin jemand von MDR Info an, er wollte aus Gründen der Ausgewogenheit mal einen Befürworter der RR zu Wort kommen lassen.
Wer von MDR Info war das, und wie kam er ausgerechnet auf Sie?
__________________
Jan-Martin Wagner


eingetragen von Reinhard Markner am 01.08.2003 um 10.07

Mich rief vorhin jemand von MDR Info an, er wollte aus Gründen der Ausgewogenheit mal einen Befürworter der RR zu Wort kommen lassen.


eingetragen von Dominik Schumacher am 01.08.2003 um 09.31

102,8 MHz, Lehrerverbandschef Kraus: „allein auf dem Zeitungsmarkt 20 verschiedene Schreibweisen ...
__________________
Dominik Schumacher

übrigens heiße ich wirklich Norbert Lindenthal


eingetragen von Dominik Schumacher am 01.08.2003 um 09.30

Redakteurin Renata Sappert spricht mit Herrn Prof. Augst und mit Matthias Dräger (Initiator des Volksentscheides in Schleswig-Holstein) und stellt dann eine kurze Sendung zusammen:

1. August 2003, 9.50 Uhr, SWF4, 107,6MHz:

Augst: (sinngemäß) Ziel sei es, „fehlerfreier“ zu schreiben ... an die Postleitzahlen habe man sich auch gewöhnt ...
Dräger: Die Schüler seien als Geiseln genommen worden, um Erwachsene am Nasenring zu führen ...

In wenigen Minuten hier der Verweis auf den Original-SWF4-Mitschnitt im RealPlayer-Format .ra. Laden nicht möglich, aber anhören im Streamingverfahren.
__________________
Dominik Schumacher

übrigens heiße ich wirklich Norbert Lindenthal


eingetragen von Manuel am 27.07.2003 um 16.40

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Mädchenfüralles
Die Schreibreform werde überwiegend von älteren abgelehnt, größere Zustimmung sei bei den 18- bis 34jährigen.

Sollte es uns nicht zu denken geben, daß ein Großteil der Deutschen die "offizielle" Orthographie der eigenen Sprache ablehnt? Das Ausland muß sich doch über solche Zustände mehr als amüsieren.


eingetragen von Mädchenfüralles am 26.07.2003 um 15.54

Im Westerwald wurde heute um 9.00 in den Radionachrichten (oder kurz danach) über 5 Jahre Rechtschreibreform berichtet. Die Schreibreform werde überwiegend von älteren abgelehnt, größere Zustimmung sei bei den 18- bis 34jährigen. Denk wurde nicht zitiert. Umfragen wurden nicht mit datum zitiert.

Mir gelang es nicht, den Sender zu ermitteln oder den genauen Text herauszubekommen.


eingetragen von Christoph Kukulies am 26.07.2003 um 07.28

Wir sitzen gerade am Frühstückstisch und meine Jüngste (23) erzählt mir gerade, sie habe vor einigen Wochen im WDR ein Interview mit jemand gehört, der sagte, daß ein Vorteil der RS"R" sei, daß die Fehler, die man früher gemacht habe, jetzt keine mehr seien.
Meine Tochter konnte sich an den Namen nicht mehr erinnern aber es könnte Augst gewesen sein, als ich den Namen nannte.

Jetzt müßte man mal nachforschen. Interessant ist auf jeden Fall, einmal http://suchen.wdr.de/htsearch zu besuchen - Suchbegriff "Rechtschreibreform".

Aber vorweg sei gesagt: Augst als Suchbegriff gibt keine rechtschreibrelevanten Treffer.

__________________
Christoph Kukulies


eingetragen von Wolfgang Wrase am 25.07.2003 um 04.56

Lieber Herr Wagner,

zu den Funkspots von Manfred Krug ist noch anzumerken, daß der BVR gegen das von der Medienanstalt Berlin-Brandenburg ausgeprochene Sendeverbot klagte. Das Verwaltungsgericht gab den Klägern recht und bezeichnete das Verbot als rechtswidrig. Die Medienanstalt hatte vor Gericht eingeräumt, daß es sich bei dem Einschreiten gegen die Aufrufe um die "persönliche Auffassung des Direktors" gehandelt habe, daß der Medienrat nicht informiert worden sei und die Spots gar nicht angehört habe. Diese Entscheidung fiel allerdings erst am letzten Tag des Volksbegehrens; überhaupt kamen die Funkspots von Manfred Krug erst gegen Ende der zweimonatigen Eintragungsfrist (10. Mai bis 9. Juli 1999) ins Spiel.

Dieses Verbot war eines der wenigen Themen im Rahmen des Volksbegehrens, auf die die Presse einging. Ohne Promi ging offenbar nichts. Dabei war die sonstige Obstruktion des Volksbegehrens viel schwerwiegender. Beispielsweise gab es am Tag der Europawahl, der in der Eintragungsfrist lag (13. Juni), keine Möglichkeit, zugleich das Volksbegehren zu unterschreiben - obwohl es innerhalb der zweimonatigen Frist vier Wochenenden gab, an denen man samstags und sonntags unterschreiben konnte, so an den drei auf die Europawahl folgenden Wochenenden. Und obwohl es ja eine erhebliche Vereinfachung und im Sinne der Demokratie gewesen wäre, den Bürgern die Möglichkeit zu geben, ihre Stimme bzw. Unterschrift in einem Gang abzugeben. Andernfalls wäre das Volksbegehren natürlich erfolgreich gewesen! Als der BVR gegen solche Bedingungen noch vor Beginn des Volksbegehrens klagte (vor allem auch gegen die geringe Zahl der Auslegungsstellen und deren Quasi-Verheimlichung vor den Bürgern), erklärte sich zunächst das Verwaltungsgericht für unzuständig - zuständig sei das Berliner Verfassungsgericht. Aber auch dieses erklärte sich für unzuständig; außerdem könne das Volk hier gar nicht klagen.

Die Funkspots von Manfred Krug fingen so an: "Liebe Mitmenschen! Schluß mit der Rechtschreibreform! Das Volksbegehren läuft!" Dann ging es zum Beispiel so weiter: "Diese Reform zerstört die Rechtschreibung auf Jahrzehnte. Mehr als 600 Wissenschaftler sagen: Sie ist fehlerhaft! Ich bin kein Wissenschaftler, aber ich sage das auch. Mein Rat ist: Unterschreiben Sie das Volksbegehren noch heute ... Ich hab' schon unterschrieben. Danke. Ihr Manfred Krug." Oder: "Bitte gehen Sie in das nächste Bezirksrathaus in Berlin, in eines von 21 Rathäusern, und unterschreiben Sie. Kostet keinen Pfennig! ... Ich hab' schon unterschrieben. Danke. Ihr Manfred Krug."

Ich habe heute noch einmal die 6seitige Postwurfsendung angesehen, die wir damals verteilen ließen. Neben den zentralen Aufrufen, der Wiedergabe der amtlichen Benachrichtigung und der Bekanntmachung der Auslegungsstellen wurden auf 4 Seiten Antworten auf Fragen gegeben, die sich die Bürger zur Reform stellten. Zum Beispiel: Was bedeutet es, am Volksbegehren teilzunehmen? Was ist mit den neuen Wörterbüchern? Was kostet die Rechtschreibreform den Steuerzahler? Können wir in Berlin die Reform für ganz Deutschland beenden? Besonders witzig fand ich im Rückblick den Abschnitt: Warum wollen die Kultusminister die Reform? Ich schrieb da folgendes (das Ganze stammte aus meiner Feder):

Den Kultusministern ist es gleichgültig, daß das Schreiben durch die Reform viel schwieriger wird. Sie wollen etwas anderes: "Nicht um die Neuregelung der Rechtschreibung geht es in Wahrheit. [Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des Bündnisses 90/Die Grünen und der PDS.] Es geht um die Frage, ob diese Gesellschaft veränderungsfähig und veränderungswillig ist." Das sagte Hans-Joachim Meyer, sächsischer Kultusminister und stellvertretender Vorsitzender der Kultusministerkonferenz, am 26.3.1998 im Bundestag. Das heißt: Weil die Politiker selbst keine sinnvollen Reformen zustande bringen, sollen die Bürger neue Schreibweisen lernen und damit beweisen, daß man in Deutschland eine Reform durchführen kann.


eingetragen von Sigmar Salzburg am 22.07.2003 um 06.30

Mindestens schon seit Monaten. In anderen Programmhinweisen ist es dann aber wieder richtig geschrieben.
__________________
Sigmar Salzburg


eingetragen von Christoph Kukulies am 21.07.2003 um 19.12

Untertitel in einer WDR-Sendung soeben:

-- Grossstadtrevier - Beginn 21:15 --


__________________
Christoph Kukulies


eingetragen von J.-M. Wagner am 13.07.2003 um 13.41

lieber Herr Wrase, für diese ausführlichen Informationen!
__________________
Jan-Martin Wagner


eingetragen von Wolfgang Wrase am 12.07.2003 um 02.09

Lieber Herr Wagner,

zufällig habe ich gestern in meinen Unterlagen geblättert und Dokumente über das Berliner Volksbegehren überflogen. Das Berliner Volksbegehren war damals eine entscheidende Sache. In den meisten Bundesländern liegen die Hürden für das Volksbegehren viel zu hoch und sind überdies ärgerlich uneinheitlich innerhalb Deutschlands. Die erste Stufe (Volksinitiative = Antrag auf ein Volksbegehren) kann man bewältigen, aber die zweite Stufe (Volksbegehren = Antrag auf einen Volksentscheid) ist nur in wenigen Ländern zu schaffen. Für das Volksbegehren in Schleswig-Holstein mußten Unterschriften von 5 Prozent der Bevölkerung in 6 Monaten gesammelt werden; das geht gerade noch, wenn viele Leute sehr fleißig sind und das Ganze gut koordiniert wird. (Danke, Herr Dräger!) In den anderen Ländern ist das Volksbegehren viel schwieriger.

In Berlin war die Vorgabe: 10 Prozent in zwei Monaten. In manchen östlichen Ländern liegt die Latte niedriger, aber das sind Flächenländer, und es gab dort andere Probleme, die Rechtschreibreform konnte die Leute nicht mobilisieren. Deshalb versuchten wir es in Berlin, nachdem Schleswig-Holstein der erste erfolgreiche Volksentscheid überhaupt außerhalb Bayerns gewesen war. (Auch in Schleswig-Holstein, Bremen und anderen Ländern gab es bemerkenswerte Versuche; zu nennen ist natürlich auch und als erster Friedrich Denk in Bayern.) Es bestand eine gewisse Aussicht: Wenn noch ein zweites Land aufgrund des deutlichen Votums der Bürger die Rechtschreibreform abschafft - und zwar die Hauptstadt -, dann bricht sie zusammen, weil dann die Politiker keine Lust mehr haben, sie weiter zu verteidigen.

Herr Riebe hat damals als Vorsitzender des VRS hervorragende Arbeit geleistet. Unter anderem hatte er die Idee, Prominente für unsere Sache zu gewinnen. Diese Aufgabe übernahm ich. Ich schrieb ungefähr 150 Prominente aus Kultur, Wirtschaft usw. an und legte die "Peilsche Liste" und eine 36seitige Dokumentation des VRS bei, die Herr Riebe und ich erarbeitet hatten. Die meisten Angeschriebenen reagierten nicht, es gab höfliche Absagen, aber es meldeten sich auch zwei wichtige Unterstützer. Einer davon war Manfred Krug.

Herr Krug kommentierte in einer brieflichen Reaktion an mich die Rechtschreibreform schonungslos. Ich antwortete, und er bot schließlich telefonisch als Hilfe an, daß wir seine Äußerungen in der Öffentlichkeit zitieren dürften. Der zweite Unterstützer bot uns finanzielle Hilfe an, und ich sagte, das wichtigste sei eine Postwurfsendung, damit die Berliner Bürger überhaupt wüßten, daß es ein Volksbegehren gibt und wo man unterschreiben kann. Die 91 Stellen, wo man unterschreiben konnte, wurden nämlich nur in einem amtlichen Mitteilungsblatt veröffentlicht, also kannte sie niemand. In keiner Zeitung standen sie. Dabei handelte es sich um das erste Volksbegehren in Berlin.

Also konnten wir eine Postwurfsendung machen mit der Überschrift: Das Volksbegehren "Schluß mit der Rechtschreibreform!" - Die Berliner Bürger können jetzt die Rechtschreibreform stoppen - Alle Berliner Bürger sind zur Teilnahme aufgefordert. Wir zitierten den Wortlaut der amtlichen Benachrichtigung zur Teilnahme und machten die Auslegungsstellen bekannt. In der Mitte der 6seitigen Information stand umrahmt das Zitat von Manfred Krug: "Die neue Rechtschreibung ist derart schlecht, häßlich, unlogisch und kompliziert, daß ich nur sagen kann: zum Ekeln. Grandios unbrauchbar. Dieses Werk gehört abgeschafft. Ich kann nur hoffen, daß möglichst jeder Berliner Bürger ins Rathaus geht und das Volksbegehren unterschreibt. Soviel Zeit muß sein!" Ohne diese Postwurfsendung an alle Haushalte mit Tagespost wären wir etwa bei 2 Prozent herausgekommen, wie wir anhand der wöchentlichen Zahlen extrapolierten; so wurden es am Ende 4,4 Prozent (aus dem Gedächtnis).

Die konkrete Arbeit - Verteilen von Flugblättern, Pressearbeit - übernahm der BVR. Es gab zu wenig Aktive, aber vor allem eine einheitliche Sabotage von oben und durch die Medien, die sich vornehm zurückhielten und die Reform überhaupt nicht thematisierten, auch kaum das Volksbgehren als politisch höchst wichtigen Vorgang. Meine wichtigste Fehleinschätzung war, daß die Medien mit breiter Berichterstattung in das Thema einsteigen würden, nachdem wir die Bevölkerung mit unserer Information mobilisiert hätten. Das war aber nicht der Fall. Sonst hätte ich unserem Sponsor gleich gesagt: Wir brauchen fünf Postwurfsendungen, eine oder zwei ausführliche und dann noch mehrere kleine mit Flugblattcharakter.

Im BVR hatte jemand die Idee, daß uns Manfred Krug auch mit Funkspots unterstützen könnte. Er nahm sich die Zeit, spitzte meine Textvorschläge noch zu und nahm die Spots auf, ohne Honorar. Sie liefen auch, bis sie von der Medienanstalt gestoppt wurden. Das logische Problem war von vornherein, daß wir eigentlich unabhängig von unserer Haltung zur Reform im Sinne bester Demokratie ALLE Bürger aufrufen konnten und wollten, für die Möglichkeit des Volksentscheids zu sorgen, denn erst in dieser dritten Stufe würde ja die eigentliche Abstimmung über das Thema stattfinden. Aber das hätte niemand verstanden, wenn wir neutral aufgetreten wären, und es hatten ja auch nur die Reformgegner Anlaß, eine Entscheidung des Volkes in Gang zu setzen. Also mußten wir den an sich grunddemokratischen, neutralen Aufruf zum Volksbegehren von Anfang an mit einer Anklage gegen die Reform verbinden und mit der Aufforderung, sie abzuschaffen. Dies gab der Medienanstalt die Möglichkeit, die Aufrufe von Herrn Krug als "einseitige Thematisierung" zu unterdrücken.

Auch bei den Prominenten sah es also so aus, daß die meisten wohl gegen die Reform waren, aber nur einzelne, zu wenige setzten sich dagegen ein. Wirklich skandalös war aber das Verhalten der Berliner Medien und natürlich der Berliner Behörden, die die Demokratie konsequent und erfolgreich verhinderten. Überhaupt die Medien: Daß es dieses erste Berliner Volksbegehren gegeben hat, weiß außerhalb von Berlin so gut wie niemand. Darüber wurde nämlich nicht berichtet. Welche Reifen Schumi beim nächsten Rennen aufzieht oder ob Dieter Bohlen mit einer Neuen gesehen wurde, das erfährt man hingegen in sämtlichen Nachrichtensendungen.
– geändert durch Wolfgang Wrase am 17.07.2003, 09.31 –


eingetragen von Norbert Schäbler am 11.07.2003 um 18.02

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von J.-M. Wagner
Noch eine historische Frage: Hat der in dem hiesigen Zusammenhang erwähnte Berliner Verein für deutsche Rechtschreibung und Sprachpflege etwas mit dem VRS zu tun, oder ähneln sich die Namen nur zufällig?

Kommentierte Antwort:

Der Berliner Verein für deutsche Rechtschreibung und Sprachpflege wurde meines Wissens später gegründet als der VRS, dessen Gründungsversammlung im Mai 1997 stattfand.
Gründungsmitglied des VRS war Ernst Steppan (inzwischen verstorben).
Dem Berliner Verein gehörten einige namhafte Rechtschreibreformkritiker an (u. a. Dederding und Holstein). Interne Querelen nahmen dem Verein die Schlagkraft, wie überhaupt festzustellen ist, daß Rechtschreibreformkritiker sehr anfällig waren für Streitigkeiten, obwohl sie das gleiche Ziel verfolgten.

Auch das wäre eine Untersuchung wert: Welche Mittel setzte der Staat ein, um eine oppositionelle Gruppe auszuschalten?
Im Falle Manfred Krug kommt ja so langsam Licht ins Dunkel.
Danke Herr Wagner!

__________________
nos


eingetragen von J.-M. Wagner am 11.07.2003 um 16.17

Sie haben sich richtig erinnert, lieber Herr Schäbler. Ich habe zwischenzeitlich im Internet gesucht, und Google hat mir folgendes dazu geliefert:

http://www.jf-archiv.de/archiv99/299yy09.htm

http://www.alm.de/bibliothek/newsletter/Akw9900.doc (HTML-Version; weit nach unten scrollen)

Außerdem findet sich unter den Dokumenten der „Arbeitsstelle Medienrecht“ (Universität Saarbrücken) sowohl der Hinweis auf einen Artikel in der FR vom 12.07.99 mit der Überschrift »Manfred Krug darf nicht für alles Reklame machen« als auch auf eine Mitteilung von epd medien vom 07.07.99 mit der Überschrift »MABB untersagt Spots gegen die Rechtsschreibreform« (sic!).

Noch eine historische Frage: Hat der in dem hiesigen Zusammenhang erwähnte Berliner Verein für deutsche Rechtschreibung und Sprachpflege etwas mit dem VRS zu tun, oder ähneln sich die Namen nur zufällig?
__________________
Jan-Martin Wagner


eingetragen von Norbert Schäbler am 11.07.2003 um 15.43

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von J.-M. Wagner
http://www.hundert6.de/pres4.htm

Weiß jemand etwas zum Hintergrund dieser (schon einige Jahre zurückliegenden) Meldung, worauf geht das zurück? Was ist letztlich daraus geworden?


Unter Vorbehalt

1999 dürfte die Zeit des Volksbegehrens gegen die Rechtschreibreform in Berlin gewesen sein.

Seinerzeit fand sich der prominente Manfred Krug (Liebling Kreuzberg) bereit, die Initiative der Rechtschreibreformgegner zu unterstützen.

Sollte meine zeitliche Einordnung richtig sein, dann wäre begründet anzunehmen, daß die Bürokratie sich mittels Verordnung einen großen Gegner vom Leib hielt.

__________________
nos


eingetragen von J.-M. Wagner am 11.07.2003 um 15.03

http://www.hundert6.de/pres4.htm

Weiß jemand etwas zum Hintergrund dieser (schon einige Jahre zurückliegenden) Meldung, worauf geht das zurück? Was ist letztlich daraus geworden?
__________________
Jan-Martin Wagner


eingetragen von Walter Lachenmann am 26.05.2003 um 19.47

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Christoph Kukulies
Und? Wie kam die Sendung hier so an? Ich fand ja den Ton irgendwie unernst, ins Lächerliche ziehend. Als ob das ganze sowieso keiner ernst nehme und jeder so weiterschreibe, wie bisher. Und es ist ja eh' nur die kleine versprengte Schar der Dichter, die da in der Tinte sitzen. Also, etwas mehr Biß hätte da hineingehört.

Das ist leider richtig. Die Sendung war ziemlich oberflächlich, wie es auch in einem Beitrag auf dem »Nachrichtenbrett« beschrieben ist.
Andererseits fand ich sie schon auch aufschlußreich, denn sie zeigte eine Spielart davon, wie in der Öffentlichkeit mit dem Thema umgegangen wird, auch von Leuten, denen man eigentlich zutrauen wollte, daß sie die Tragweite dessen, was da stattfindet, erkennen könnten. Mit den hier häufig erhobenen Vorwürfen der »Untertanenmentalität« usw. trifft man in vielen Fällen nicht das wahre Problem. Es ist viel eher die weit verbreitete modische Oberflächlichkeit, mit der an so gut wie jedes Thema herangegangen wird (im Feuilleton der SZ brachte es Maxim Biller fertig, die Bombardierung Bagdads während ihres Höhepunktes als Aufhänger einer hanebüchen trivialen Kurzgeschichte zu mißbrauchen, in der es um nichts anderes ging, als daß ein langweiliges Pärchen in einem Schickimickilokal darüber räsonnierte, daß es »keinen Sex« hatte, weshalb auch immer). Diese Oberflächlichkeit gebärdet sich gerne besonders intellektuell, und tut so, als stünde sie über den Dingen, mit denen sie sich aber in Wirklichkeit gar nicht ernsthaft auseinandersetzt.
Dennoch hat die Sendung sehr deutlich dargestellt, daß die Reform ein Chaos angerichtet hat, daß kein Wörterbuch mehr verläßlich ist, und daß es durchaus Gründe gibt, sich darüber aufzuregen, sofern man sich nicht auf das Niveau hinunter begeben will, über den Dingen zu stehen.
__________________
Walter Lachenmann


eingetragen von Christoph Kukulies am 26.05.2003 um 14.01

Und? Wie kam die Sendung hier so an? Ich fand ja den Ton irgendwie unernst, ins Lächerliche ziehend. Als ob das ganze sowieso keiner ernst nehme und jeder so weiterschreibe, wie bisher. Und es ist ja eh' nur die kleine versprengte Schar der Dichter, die da in der Tinte sitzen. Also, etwas mehr Biß hätte da hineingehört.
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Christoph Kukulies


eingetragen von J.-M. Wagner am 27.04.2003 um 09.47

Am 23.04.2003, ca. 8.40 Uhr, Bemerkungen des Moderators zwischen zwei Musiken (sinngemäß):

Schreibt man Clown eigentlich noch „C – l – o – w – n“, oder schon so wie klauen? Wohl nicht, aber neulich habe ich Justitiar mit „z“ gesehen; ja, Justitiar mit „z“ – weil manche sagen, Justiz wird ja auch mit „z“ geschrieben. Nun ja, Delphin mit „f“, das mag ja vielleicht noch gehen, aber Justitiar kommt doch von dem lateinischen justitia! Wie es scheint, geht mit der Rechtschreibreform auch etwas an Wissen verloren... – aber wir wollen ja nicht meckern.
__________________
Jan-Martin Wagner


eingetragen von Elke Philburn am 13.04.2003 um 10.39

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Walter Lachenmann Mag sein. Aber ist Saltletts nicht noch viel bescheuerter als Saltlets, total unenglisch?

In England gibt es ein Knabberzeug, das nennt sich Twiglets:

Die Saltletts suggerieren, daß es sich um ein englisches Wort handelt, aber in Wirklichkeit lernen die Kinder hier falsches Englisch. Ähnlich wie beim Tipp. Wer einmal das unsägliche Factory Outlett in Google eingibt, stellt fest, daß es ca. 1800 Belegstellen auf deutschen Seiten gibt. Sucht man das gesamte Web ab, kommt man gerade auf 20 Belegstellen mehr.

Zufall?


eingetragen von Martin Reimers am 13.04.2003 um 07.11

Walter Lachenmann schrieb:

"Bei uns im Schwabenland sagt man zu so dummem Zeug, es sei ein Lettengschwätz. Diesen Begriff lassen wir uns nicht nehmen, dafür dürfen die Schweizer ihre Kakerlaken weiterhin als Schwaben bezeichnen."

Dieses Ungeziefer ist in linguistischer Hinsicht erstaunlich produktiv. Der 20. Rechtschreibduden nennt "Russe" als landschaftliche Bezeichnung der Schabe. Das Russische dagegen kennt hierfür das umgangssprachliche "Prusak" - auch für Muttersprachler kaum zu unterscheiden von "Prussak" - der Preuße.


__________________
Martin Reimers


eingetragen von Walter Lachenmann am 11.04.2003 um 22.23

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Theo Grunden

Nicht Saltlets, sondern Saltletts, lieber Herr Lachenmann! ...

Mag sein. Aber ist Saltletts nicht noch viel bescheuerter als Saltlets, total unenglisch? Sieht fast aus wie unser bayerisches oder k.u.k. Salettl, schon beinah wieder traulich.

Bei der Vereinnahmung meiner diesabendlichen Fernseh-Depressiva, die auch ohne Erdnuß-, Saltletts- und Chipps-Schocker ganz schön aufs Gemüt gehen können, habe ich wieder einmal bei einer Veranstaltung unserer den christlichen Grundwerten verpflichteten Volksvertreter erleben dürfen, daß in diesen Kreisen christliche Grundwerte keineswegs so zu verstehen sind, daß darinnen die Moral eine nennenswerte Größenordnung innehat, diese im Gegenteil als Störfaktor für jegliche Einflußnahme auf Machtpolitik zu meiden ist, sondern an erster Stelle verantwortungsvollen menschlichen Handelns das »Eigeninteresse« zu stehen hat. So verkündet von Prof. Christian Hacke bei einem CDU-Symposium unter Beifall der anwesenden Herrschaften Merkel, Meyer, Pflüger usw.

Ähnliches ließ vor Jahren der ehem. bayerische Kultusminister Hans Maier, ein frommer Mann, bei einer Vortragsreihe über Politik und Moral verlauten, unter großem Beifall der versammelten Honoratioren.

Die angesichts solchen Frevels sich aufdrängende verzweiflungsvolle Bitte »Herr, erbarme dich unser« traut man sich da, zumal als Glaubensskeptiker, nicht mehr auch nur in Gedanken zu fassen. Es ist wieder mal höchste Zeit, daß unser lieber Gott sich auf sein alttestamentarisches Temperament besinnt und diesem Otterngezücht die Häupter zerschmettert mit irgendwelchen Tontafeln oder einer Sintflut oder einer babylonischen Gefangenschaft oder so, gerade jetzt, wo es in Babylon so zugeht. Zu befürchten ist allerdings, daß das Menschengeschlecht wie Fliegen gegen KO-Spray gegen jegliches göttliche Läuterungsmittel resistent geworden ist.

Aber das gehört ja nicht hierher.
__________________
Walter Lachenmann


eingetragen von Henning Upmeyer am 11.04.2003 um 20.01

Sollen aus Tabletten jetzt Tabletts werden?


eingetragen von Theo Grunden am 11.04.2003 um 19.53

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Walter Lachenmann
Die zwar nicht guten aber alten »Salzletten« heißen ab sofort »Saltlets«.

Nicht Saltlets, sondern Saltletts, lieber Herr Lachenmann!
Schauen Sie nach bei http://www.lorenz-snackworld.de/home :
Saltletts – Zum Knacken gebacken!
Immerhin gibt’s dort auch verlockende Erdnuß Locken!

(My tipp: Stopp the Saltletts!)


eingetragen von Henning Upmeyer am 11.04.2003 um 12.05

Da müssen viele Verkleinerungsformen geändert werden. Neben den erwähnten Salzletten gibt es Pantoffeletten, Stiefeletten, Kotteletten usw. Beim Silbentrennen vor dem 'l' und weil vor dem 'l' eine Sprechpause liegt, schreibt und spricht man die Endung '-letten'.


eingetragen von Henning Upmeyer am 11.04.2003 um 09.19

Ein Blick auf die dem Deutschen verwandteste Sprache:
Im Niederländischen sind die häufigsten Pluralendungen -en und -s. Am häufigsten ist die Pluralendung -en. Sie wird als stilistisch "besser" betrachtet als der Plural auf -s und findet vor allem in der Schriftsprache, die Endung -s eher in der Umgangssprache Anwendung.

Als Zugabe die Plurale: Wer mit Wahlschlappen antritt, erleidet Wahlschlappen. (von: der Schlappen - die Schlappe).


eingetragen von Walter Lachenmann am 11.04.2003 um 08.39

Täglich kurz vor der Tagesschau kommt die eigentlich heißeste Nachricht unserer Tage:

Die zwar nicht guten aber alten »Salzletten« heißen ab sofort »Saltlets«. Man kann diese neben gesalzenen Erdnüssen und schmierfettigen Kartoffelchips wirkungsvollsten Fernsehabend-Depressiva zwar weiterhin in Stäbchen- oder Brezenform mit dem Bier runterspülen, doch wird man dabei künftig keine diskriminierenden Signale mehr in Richtung Osteuropa aussenden. Die nationalen Empfindsamkeiten der Letten sollen nicht verletzt werden. Wohl bekomm's!

Bei uns im Schwabenland sagt man zu so dummem Zeug, es sei ein Lettengschwätz. Diesen Begriff lassen wir uns nicht nehmen, dafür dürfen die Schweizer ihre Kakerlaken weiterhin als Schwaben bezeichnen.

__________________
Walter Lachenmann


eingetragen von Stephan Rosentreter am 19.02.2003 um 10.05

Heute konnte man im Bayern-Radio-2 mehrmals in den Nachrichten hören, wie ein »messiger Wind« statt eines »mäßigen Windes« vorhergesagt wurde.
Offenbar hatte das Manuskript die Schreibung "mässiger Wind" und der Sprecher konnte sich seiner alten Interpretationsgewohnheit des Doppel-s nicht entwöhnen…


eingetragen von Dominik Schumacher am 06.02.2003 um 19.48

Guten Tag.
Im Jahr 1999 habe ich - verärgert über die Kapitulation selbst brilliantester Redakteure und Zeitschriftenautoren vor der organisierten Vergewaltigung der deutschen Schriftsprache durch einige weltfremde Sprachtheoretiker - alle meine Zeitschriftenabonnements gekündigt.
Seit August 2000 erscheint zumindest die Frankfurter Allgemeine Zeitung wieder in der bewährten traditionellen Rechtschreibung, mit der die überwältigende Bevölkerungsmehrheit im deutschsprachigen Raum nicht die geringsten Probleme hatte oder hat. Selbstverständlich bin ich daraufhin sofort in den Kreis der zufriedenen Abonnenten zurückgekehrt.
Nun könnte es ja durchaus sein, daß es auch die eine oder andere Rundfunk- und Fernseh-Programmzeitschrift gibt, die es der F.A.Z. gleichgetan hat und auf den Weg der Vernunft zurückgekehrt ist. Da ich es mir nicht antun möchte, meterlange Kioskständer nach solchen löblichen Ausnahmen zu durchsuchen, frage ich auf diesem Weg an, ob Ihnen diesbezüglich etwas bekannt ist.
Mit freundlichen Grüßen aus Trendelburg
info@pawellek.biz



Name und Anschrift sind der Redaktion bekannt
__________________
Dominik Schumacher

übrigens heiße ich wirklich Norbert Lindenthal


eingetragen von J.-M. Wagner am 31.12.2002 um 21.46

»... vom Bundesverfassungsgericht zurück gepfiffen ...«
(mit erkennbarer Pause nach "zurück" und deutlicher Betonung auf dem 'i' von "gepfiffen"; mdr info, 30.12.2002, ca. 22.25 Uhr)
__________________
Jan-Martin Wagner


eingetragen von J.-M. Wagner am 03.11.2002 um 18.45

»... erste Tests ... zufrieden stellend« -- mit deutlicher Betonung und Stimmhebung (!) auf dem e (mdr info, 04.11.2002, in den Sportnachrichten um 8.40 Uhr).
__________________
Jan-Martin Wagner


eingetragen von Thomas Rhaire am 24.09.2002 um 14.28

Thumbs down

In der Fernsehberichterstattung zur Bundestagswahl wurde erwähnt, daß die meisten Regierungschefs Gerhard Schröder mehr oder weniger enthusiastisch zur Wiederwahl als Bundeskanzler gratulierten, »nur US-Präsident Bush schwieg vielsagend«, wie es in einem Kommentar hieß.

In der ›neuen‹ Schreibweise müßte es, wenn ich es richtig sehe, wohl heißen: »Er schwieg viel sagend«.

Was für ein unglaublicher Schwachsinn, der einem durch die Anwendung der sogenannten neuen »Recht«schreibung beschert wird! ...

Einmal abgesehen von dem Umstand, daß das Verhalten der US-Regierung zum Nachdenken Anlaß gibt, frage ich mich allen Ernstes, wie jemand viel sagend schweigen kann ...

Soll das irgendein geheimnisvolles Paradoxon sein oder ein besonders tiefsinniges Oxymoron? Oder ist es ganz einfach eine von zahlreichen unfreiwilligen ›Stilblüten‹, die uns die sogenannte »Recht«schreibreform inzwischen beschert hat?

Letzteres dürfte zutreffend sein.
Nicht die Richtigschreibung der deutschen Sprache wird durch diese Reform vereinfacht, sondern die sprachlichen Ausdrucksmöglichkeiten werden durch sie eingeschränkt. Ich bin davon überzeugt, daß sich die Folgen der Reform spätestens in einigen Jahren noch bitterlichst offenbaren werden.

Darum und immer wieder:
Weg mit dieser Schwachsinnsreform!!!
Niemand braucht sie. Niemand will sie.


eingetragen von Jörg Metes am 23.09.2002 um 12.45

Die schlechtesten Hochrechnungen, aber die beste Rechtschreibung hatten am Wahlabend das Erste und sein Meinungsforschungsinstitut 'Infratest-dimap'.

Zu den Fragen, die man in den Tagen vor der Wahl den Wählerinnen und Wählern gestellt hatte, gehörte nämlich zum Beispiel die, ob die Grünen »ein verläßlicher Regierungspartner« seien, oder auch die, wie es mit der Bundesjustizministerin weitergehen solle: »Müßte Herta Däubler-Gmelin zurücktreten?«

Irgendwie war man nicht recht bei sich. Laut der 'Berliner Zeitung' von heute konnte sich der zuständige ARD-Redakteur Jörg Schönenborn auch am Tag danach noch nicht erklären, »warum wir so daneben lagen«.
__________________
Jörg Metes


eingetragen von Jörg Metes am 22.09.2002 um 11.31

Kleine Korrektur:

Die Schreibweise, die der Kandidatin in "Wer wird Millionär" unter Punkt D angeboten wurde, war nicht Musskatnuss, sondern Musskatnuß (und die Kandidatin wies dann sogar darauf hin, daß hier gleich zwei Verstöße gegen die neuen Rechtschreibregeln vorliegen).
__________________
Jörg Metes


eingetragen von Christian Melsa am 22.09.2002 um 00.19

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Elke Philburn
Die scheinbare Plausibilität der neuen s-Schreibung ist ein wahrer Renner: Kaum ein Mensch scheint zu bemerken, daß sie nur leicht ist, weil sie sich auf bereits vorhandenes Wissen über die traditionelle s-Schreibung stützt.
Zutreffender noch müßte es lauten: Kaum ein Mensch scheint zu bemerken, daß sie nur leicht ist, wenn sie sich auf bereits vorhandenes Wissen über die traditionelle s-Schreibung stützt.


eingetragen von Elke Philburn am 21.09.2002 um 12.04

Die scheinbare Plausibilität der neuen s-Schreibung ist ein wahrer Renner: Kaum ein Mensch scheint zu bemerken, daß sie nur leicht ist, weil sie sich auf bereits vorhandenes Wissen über die traditionelle s-Schreibung stützt.


eingetragen von Ruth Salber-Buchmüller am 21.09.2002 um 11.52

Mit Sicherheit wird die Kandidatin
dieses Lied noch kennen - so, wie
sie immerhin NOCH die deutsche Grammatik
kennt. Das kann man von den jüngeren Generationen
bei dem Verhältnis von 10:2 (s. Deklination) wohl
nicht mehr behaupten.
Im übrigen hat die Kandidatin sofort auf
Flusspferd getippt.
Ich glaubte, dies hier in diesem Forum nicht
extra erwähnen zu müssen.

__________________
Ruth Salber-Buchmueller


eingetragen von Reinhard Markner am 21.09.2002 um 09.58

Zitat:
Die Kandidatin (älteren Semesters) hat es auf
Anhieb geschafft. Sie hat sofort die Erklärung abgegeben: nach kurzem Vokal "ss", nach langgesprochenem Vokal "ß".

Also hat sie C: Apfelmuß getippt ?


eingetragen von Ruth Salber-Buchmüller am 21.09.2002 um 09.08

Ergänzung:
Die Kandidaten-Auswahlfrage war:
Bringen Sie die 4 Fälle der deutschen Sprache
in die richtige Reihenfolge:
Wemfall, Wesfall, Werfall, Wenfall.
Von - ich glaube, es waren 9 Kandidaten - brachten
es 2 (!) zustande, und eben diese Frau am schnellsten.

__________________
Ruth Salber-Buchmueller


eingetragen von Ruth Salber-Buchmüller am 21.09.2002 um 08.52

32.000 €-Frage

Die Kandidatin (älteren Semesters) hat es auf
Anhieb geschafft. Sie hat sofort die Erklärung
abgegeben: nach kurzem Vokal "ss", nach lang-
gesprochehenem Vokal "ß".
Es hätte G. Jauch gut angestanden, einen prägnanten
Kommentar dazu zu geben, z.B.,auf den "kurzen Vokal"
bei Zeugnis, Kenntnis, Fest, Mast etc. hinzuweisen.
Schade.


__________________
Ruth Salber-Buchmueller


eingetragen von Jörg Metes am 20.09.2002 um 21.47

Sage und schreibe 32 000 Euro konnte am 20.9. in der RTL-Show "Wer wird Millionär?" ein Kandidat mit der richtigen Antwort auf folgende Frage gewinnen:

»Welches Wort ist nach der neuen Rechtschreibung korrekt geschrieben?

A: Flusspferd
B: Fussball
C: Apfelmuß
D: Musskatnuss«


(Ich weiß nur diese Frage - ich zitiere sie aus der Newsgroup de.etc.sprache.deutsch -, nicht aber, ob der Kandidat sie richtig beantwortet hat. Doch Frau Salber-Buchmüller hat, wie ich aus ihrem Eintrag im Faden "Es gehört zwar nicht hier, aber dennoch..." schließe, die Sendung gesehen. Hat er, liebe Frau Salber-Buchmüller, es geschafft, oder hat er es nicht?)
__________________
Jörg Metes


eingetragen von Jörg Metes am 04.08.2002 um 16.53

Der gemeinsam von ARD, ORF, SRG und ZDF betriebene Kulturkanal 3SAT meldet heute im Videotext unter der Rubrik "Kulturinformation", daß Gerhard Polt mit dem Heimito-von-Doderer-Literaturpreis 2002 ausgezeichnet werde.
Polt stürze mit Atem beraubenden Bühnen- und Filmauftritten die bayerische und außerbayerische Welt in bodenloses Vergnügen, begründete die Jury ihren Entscheid.
__________________
Jörg Metes


eingetragen von Christian Melsa am 15.06.2002 um 20.23

Übrigens, das wollte ich ja auch noch mal erzählen - auch wenn es hier nicht ganz richtig plaziert ist, denn es betrifft eigentlich nicht den Bereich Radio & Fernsehen, also Rundfunk, sondern Kino: Der neue Star-Wars-Film, Episode II, verwendet bei Untertiteln die alte Rechtschreibung (der Prolog hat eine in dieser Hinsicht neutrale Wortwahl)! Es fällt nur an einigen wenigen Stellen auf, aber die sind eindeutig.


eingetragen von Reinhard Markner am 24.05.2002 um 11.19

Die Melsasche Variante ist die Marknersche.
Im übrigen gilt der hübsche Werbespruch von Baden-Württemberg : »Wir können alles, außer Hochdeutsch.«


eingetragen von Elke Philburn am 24.05.2002 um 00.16

... so unrecht hat Walter Lachenmann gar nicht.

Es heißt ja nicht selbscht-schtändig.

Wohl aber im Norden selbschtändich.

(Wobei aber auch die Melsasche Variante durchaus verbreitet ist.)


eingetragen von Reinhard Markner am 23.05.2002 um 23.20

Die Rede war ja von Deutschen, nicht von Schwaben.


eingetragen von Walter Lachenmann am 23.05.2002 um 16.10

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Christian Melsa
Ich würde sagen, "selbs-schtändig".


... wenn Sie was wären? Ein Süddeutscher?

Ein mehrfach wiederholter Feldversuch hat ergeben, daß ich zum Beispiel ganz eindeutig »sälbschdendich« sage, und »Obsdschdand«. Das ist Hochdeutsch, die meisten Leute reden so, wie ich meine.
__________________
Walter Lachenmann


eingetragen von Christian Melsa am 23.05.2002 um 16.02

Ursprünglich eingetragen von Walter Lachenmann:
Ich denke, bei selbst(st)ändig gab es schon immer beide Möglichkeiten und vielleicht auch die verschliffene Markner'sche Mittelvariante (wie klingt die?).

Ich würde sagen, "selbs-schtändig".


eingetragen von Walter Lachenmann am 23.05.2002 um 15.34

Und wie hält es der Normalsprecher mit »Obststand«?
Ich denke, bei selbst(st)ändig gab es schon immer beide Möglichkeiten und vielleicht auch die verschliffene Markner'sche Mittelvariante (wie klingt die?).

__________________
Walter Lachenmann


eingetragen von Reinhard Markner am 23.05.2002 um 15.29

Zitat:
Spätestens wenn das Kind in der Schule selbstständig schreiben muß, (ich nehme mal an, Lehrer werden sich an diese Variante halten), wird es wohl zu dem Schluß kommen, daß es die vermeintlich unpräzise Aussprache sein muß, die das st verschwinden läßt.
Wobei ich meine (und an anderer Stelle schon einmal kundgetan habe), daß die gewöhnliche Aussprache in der Mitte zwischen beiden Schreibungen liegt, wie man sich beim Vergleich mit »Abstand« ganz gut verdeutlichen kann.


eingetragen von J.-M. Wagner am 23.05.2002 um 15.19

Im § 36 steht unter "Dies betrifft:" der Punkt (2):
Zusammensetzungen, bei denen der erste oder der zweite Bestandteil in dieser Form nicht selbständig vorkommt, zum Beispiel: ... (Hervorhebung hinzugefügt) "Schau mal einer an" -- ja, genau! Ab und zu lohnt er sich doch, der Blick in das Regelwerk, und offensichtlich kann man den ruhig weiterempfehlen.

('s ist ja außerdem mal was anderes, als ständig das Wörterverzeichnis zu bemühen; die Seiten mit dem Regeltext wollen auch benutzt werden [und bald ebenso abgegriffen sein wie die anderen], damit sich der Kauf des Buches gelohnt hat, wenn die nächste Auflage zur Anschaffung ansteht.)
__________________
Jan-Martin Wagner


eingetragen von Christoph Kukulies am 23.05.2002 um 15.19

Smile

Wenn man es selbst ständig wiederholt verselbständigt es sich und wird zum selbständig.
__________________
Christoph Kukulies


eingetragen von Elke Philburn am 23.05.2002 um 14.19

Kann ich mir gut vorstellen.

Spätestens wenn das Kind in der Schule selbstständig schreiben muß, (ich nehme mal an, Lehrer werden sich an diese Variante halten), wird es wohl zu dem Schluß kommen, daß es die vermeintlich unpräzise Aussprache sein muß, die das st verschwinden läßt.


eingetragen von Reinhard Markner am 23.05.2002 um 12.29

Ich habe ein hyperkorrekt ausgesprochenes »selbstständig« schon vernommen, es war, wenn ich mich recht entsinne, beim Kirch-Nachrichtensender.


eingetragen von Theo Grunden am 23.05.2002 um 11.19

...oder auch: unveränderte Aussprache trotz geänderter Schreibung

Möchte mal gerne wissen, wer von denen, die inzwischen ihre Schreibung von selbständig auf selbstständig umgestellt haben (und zwar ganz selbständig, denn dazu war ja nun wirklich niemand „gezwungen“, nicht mal die Lehrer), dies auch durch eine entsprechend geänderte Aussprache zu erkennen gibt.


eingetragen von Elke Philburn am 15.05.2002 um 10.29

Das wäre in der Tat eine genauere Untersuchung wert:

Verzerrung der Aussprache durch ein verzerrtes Schriftbild.

*schauder*


eingetragen von Martin Reimers am 13.05.2002 um 21.56

Herr Markner hat ein Thema angesprochen, das in meinen Augen von uns viel mehr beachtet werden sollte. Es betrifft längst nicht nur Radio- und Fernsehsendungen, sondern vor allem auch den Unterricht an den Schulen. Kürzlich hörte ich im Radio einige Schüler über "Fleisch fressende" Pflanzen sprechen. Es hörte sich "Furcht erregend" an.

Ich vermute, daß diese Stolper-Phonetik inzwischen zum regulären Unterrichtsstoff (pardon - zu den Lerninhalten) gehört. Eine Frage, die man jedem Deutschlehrer stellen sollte: "Wie halten Sie es in einem Diktat mit dem Wort 'wohlbekannt'?" Wie viele Lehrer wissen, daß sie (auch nach der neuesten "Präzisierung") nur die Wahl haben, mit ihren Schülern entweder eine falsche Aussprache oder eine "veraltete" Schreibung einzuüben?
__________________
Martin Reimers


eingetragen von Reinhard Markner am 13.05.2002 um 14.34

Da die Reformer ja grundsätzlich eine Entsprechung von Rechtlautung und Rechtschreibung anstreben, dürfte es ihnen nicht ungelegen kommen, wenn sich die Betonungsverhältnisse allmählich den veränderten Schreibungen anpassen.


eingetragen von J.-M. Wagner am 13.05.2002 um 11.28

»... ob den Mitarbeitern so genannte Aktienoptionen angeboten ...« (MDR Info, 14. Mai 2002, ca. 7.57 Uhr) Betonung und Satzmelodie der Sprecherin ließen klar erkennen, daß es hier nicht um sogenannte Optionen ging. -- Hier ist m. E. "Schluß mit lustig"; so etwas sollte in Zukunft auch von der Zwischenstaatlichen Kommission für deutsche Rechtschreibung untersucht werden. Hat sich Herr Dr. Heller irgendwann einmal bereits zu diesem Phänomen (es fiel mir nicht zum ersten Mal auf) geäußert?
__________________
Jan-Martin Wagner


eingetragen von Mädchenfüralles am 22.04.2002 um 05.07


»Die Rechtschreibreform-Reform«
QuickTime-Film, 1,4 MB, geringe Qualität, gedacht für Modemempfang


»alte neue Rechtschreibung«
QuickTime-Film, 3,5 MB, mittlere Qualität, gedacht für ISDN-Empfang


»ANSTELLE! Oh, in einem Wort und klein, oder ...?«
QuickTime-Film, 6,9 MB, höhere Qualität, gedacht für DSL-Empfang

Der Film liegt auch in einer 60MB-MPG-Fassung vor.
__________________
Dominik Schumacher


eingetragen von Christoph Kukulies am 23.03.2002 um 08.33

Gerade läuft ein Beitrag in der Reihe "WDR Stichtag" zum Gedenken an Lutz Mackensen, der heute vor zehn Jahren starb.
Auch über die Debatte im Bundestag 1997.

__________________
Christoph Kukulies


eingetragen von Elke Philburn am 15.03.2002 um 12.25

(In den verlinkten URL sind wohl versehentlich die Zeichen < br >/ hineingeraten. Wenn man sie herausnimmt, kommt man auf die richtige Seite.)

Ansonsten: Danke für's Video. Schöne Sache.


eingetragen von Christoph Kukulies am 15.03.2002 um 08.48



Zu betrachten mit dem RealPlayer von http://www.real.com (Download Free Player)

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Jörg Metes
Vier Gangster sitzen in einem Hinterzimmer und besprechen einen Coup. OTTO, der Anführer, steht vor einer Tafel - einer Kipptafel mit beschreibbarer Rückseite - , auf der er den Ablauf eines Überfalls skizziert hat, und erklärt noch einmal seinen Plan. Die Gangster ATZE und EDE hören aufmerksam zu, der Gangster HARRY ist weniger bei der Sache. Er hat vor sich auf dem Tisch ein Notebook stehen und daneben verschiedene Wörterbücher liegen: zwei Ausgaben des Duden, ein Bertelsmann-Wörterbuch und andere mehr.
OTTO. Wir schlagen zu, wenn unser Mann in sein Auto steigen will. Ich komme von vorne und lenke ihn ab. Atze kommt von hinten und schlägt ihn bewußtlos. Ede fährt unseren Wagen ran, Atze und ich hieven ihn in den Kofferraum, und Harry deponiert den Brief im Auto. Also in seinem Auto, nicht in unserem. Wir - - -
ATZE (hämisch). Vorausgesetzt, Harry hat ihn bis dahin fertig, den Brief.
OTTO (zu ATZE) - Kümmer du dich um deinen Kram, Atze! Okay?!
(zu HARRY) - Harry? Wie sieht's aus? Was macht der Brief?
HARRY. Ich tu, was ich kann. Aber alles habe ich noch nicht geklärt.
OTTO. Zum Beispiel?
HARRY. "Wenn Sie den Generaldirektor lebend wiedersehen wollen..." - wie schreibt man da "wiedersehen"? In einem Wort oder in zweien?
ATZE (unbeachtet). Das ist doch sowas von egal jetzt...
OTTO. In einem! In zwei Wörtern ist ja alte Rechtschreibung!
HARRY schwenkt den Duden / 21. Auflage.
HARRY. "Wiedersehen"? Nein! In einem Wort ist alt! In zwei Wörtern ist neu! Hier: 'Mit den amtlichen Regeln der neuen Rechtschreibung'!
OTTO geht zu HARRY an den Tisch.
OTTO. Ja gut! In der alten neuen Rechtschreibung! Das ist ja die 21. Auflage!
HARRY. Wieso? Wieviele Rechtschreibreformen hat es denn gegeben? Doch nur eine, oder?
OTTO schwenkt den Duden / 22. Auflage.
OTTO. In der 22sten steht "wiedersehen" jedenfalls wieder zusammen. In einem Wort.
ATZE beugt sich zu EDE hinüber.
ATZE (zu EDE). Neue Regeln, alte Regeln! Ich denke, wir sind Verbrecher?! Verbrecher halten sich nicht an Regeln!
EDE. Das ist doch nur, damit man uns nicht schnappt! Verstehst du?
ATZE. Nö. Verstehe ich nicht.
HARRY (zu OTTO) Also du meinst, ich soll es zusammenschreiben?
OTTO (nachdenklich). Es könnte sich natürlich auch um eine Falle handeln...
EDE (zu ATZE). Jeder Rechtschreibfehler ist praktisch wie ein psychologischer Fingerabdruck! Rechtschreibfehler sind ganz gefährlich!
ATZE (zu EDE). Wir wollen einen Wirtschaftsboß entführen - und haben Schiß vor ein paar Rechtschreibfehlern?
HARRY (zu OTTO). Im Bertelsmann-Wörterbuch steht "wiedersehen" auch in einem Wort. Aber Bertelsmann soll ich ja nicht nehmen, oder?
OTTO (zu HARRY). - Wie schreibt man "wieviel"? Wie schreibt man "zuhause"? Wie schreibt man "sogenannt"? Laut Bertelsmann-Wörterbuch? Alle getrennt! In zwei Wörtern!
Und wie schreibt es Bertelsmann selber? Alle zusammen! In einem Wort! In der eigenen Werbung!
ATZE (unbeachtet). Ich versteh's trotzdem nicht.
OTTO (zu HARRY). Und "daß" schreiben sie mit Sz! Drei Jahre, nachdem das Sz abgeschafft wurde! Verstehst Du?
ATZE. Nö. - Chef?! Was interessiert uns, was im Bertelsmann-Wörterbuch steht? Oder im Duden?
OTTO wendet sich wieder ATZE zu und geht zur Tafel zurück.
OTTO. - Weil es die Polizei interessiert! Deshalb! Weil jeder inzwischen anders schreibt! Bertelsmann, Duden, Springer, Spiegel, Stern, Zeit - - - anhand der Rechtschreibfehler, die du auf einer Postkarte machst, kann die Polizei heute sagen, welches Micky-Maus-Heft du zuletzt gelesen hast!
EDE (zu ATZE). Nur, wenn wir alles richtig schreiben. Wenn wir keinen einzigen Fehler machen. Dann ist die Polizei aufgeschmissen. Weil das noch nie vorgekommen ist. Also in der neuen Rechtschreibung!
HARRY (zu OTTO). Was ich machen könnte, wäre: "wiedersehen" mit Bindestrich schreiben. "wieder"- Bindestrich - "sehen". Das wird jetzt ziemlich oft gemacht. Bei allen möglichen Wörtern. Einfach mal einen Bindestrich rein.
OTTO wischt ein Stück Tafel frei.
OTTO. Mit Bindestrich?
OTTO schreibt "wieder-sehen" an die Tafel, HARRY tippt es ins Notebook.
HARRY. "Wenn Sie den Generaldirektor lebend wieder - Bindestrich - sehen wollen..."
ATZE (unbeachtet). Können wir's nicht wenigstens andersrum machen? Daß wir zuerst jemanden entführen und dann den Erpresserbrief schreiben?
OTTO (zu HARRY) Ich weiß nicht... kommt mir irgendwie komisch vor...
HARRY. Andere Sachen kommen einem auch komisch vor. "Aufwänden" zum Beispiel. Weil man es jetzt mit "ä" schreibt. Und trotzdem ist es richtig.
OTTO. "Aufwänden"?!
Er schreibt "aufwänden" an die Tafel und streicht es dann durch.
OTTO. Nein! "Aufwändig"! "Aufwändig" schreibt man jetzt mit "ä"! Weil es von "Aufwand" kommt! "Aufwenden" schreibt sich weiter ganz normal mit "e".
Während OTTO redet, schreibt er es alles an die Tafel. HARRY ist verwirrt.
HARRY. Genau! Weil es nicht von "Aufwand" kommt, sondern von "Aufwend"! ... - oder von "Aufwind"?
OTTO. - Frag nicht mich, frag die telefonische Duden-Sprachberatung. Für nur 1 Euro 86 die Minute. Die wissen's genausowenig.
ATZE. - Oder noch besser! Wir entführen keinen Wirtschaftsboß, sondern einen Schriftsteller. Und lassen uns den Brief von dem korrigieren! Den Reich-Ranicki! Der weiß doch bestimmt, wie man so was alles schreibt!
OTTO. Reich-Ranicki nützt uns überhaupt nichts. Der bleibt ja bei der alten Rechtschreibung.
EDE. Reich-Ranicki, Grass, Kempowksi - die ganzen Schriftsteller. Genau wie die F.A.Z. Oder die Hochschulkonferenz!
OTTO. In der alten Rechtschreibung wäre das ja alles kein Problem! Alte Rechtschreibung kann ja jeder!
ATZE. Und warum sind dann nicht alle bei der alten geblieben?
HARRY. Weil die Rechtschreibreform zwar mißlungen ist, die Einheitlichkeit der deutschen Sprache aber gewahrt werden muß.
ATZE. Jetzt Moment mal! Wer sagt das?
OTTO. Bertelsmann, Springer, Micky Maus - alle.
ATZE. Um die Einheitlichkeit zu wahren?! Schreiben jetzt alle unterschiedlich?
EDE. Es hat halt jeder noch seine Sonderregeln.
OTTO. Früher haben alle gleich geschrieben. Aber auf der Basis der alten Rechtschreibung. Heute schreiben alle unterschiedlich. Aber auf der Basis der neuen Rechtschreibung!
ATZE. Und das soll jemand verstehen?
HARRY (erschöpft). Jungs - ihr wißt: nächste Woche tagt wieder die Kultusministerkonferenz.
ATZE. Nö.
HARRY. Und die Rechtschreibkommission kommt auch. Und erstattet Zwischenbericht. Was haltet ihr davon. Wir warten erst einmal ab, was dabei rauskommt.
EDE. Und unseren Coup? Blasen wir ab oder wie?!
HARRY. Das Risiko ist zu groß! Selbst, wenn "wiedersehen" mit Bindestrich richtig ist. Nächste Woche könnte es schon wieder falsch sein! Und ich habe hier noch dreizehn andere Fragezeichen!
OTTO. Auf gar keinen Fall. Ich will das perfekte Verbrechen.
ATZE (resignierend). Das perfekte Verbrechen gibt es nicht. Nicht in dieser neuen Rechtschreibung.
EDE. Und wenn Harry wirklich mal diese Duden-Sprachberatung anruft?
OTTO. Für 1 Euro 86 die Minute? Bei nur 3 Millionen Lösegeld?
EDE. Was ist mit dem Computer? Hat der nicht irgendein Rechtschreibprogramm?
HARRY. Schon. Aber das ist von Bertelsmann.
OTTO. Wir blasen's ab. Es ist besser so. Wir blasen's ab.
EDE. Verdammt! Verdammt verdammt verdammt!
Der Plan war so gut!
OTTO (sinnierend). Der Plan war gut... oh ja...
(energisch) - Aber das Bessere ist der Feind des Guten!
OTTO packt die Tafel und kippt die Rückseite nach vorne. Auf der Rückseite ist ein weiterer Ablaufplan skizziert. OTTO beginnt übergangslos, ihn zu erläutern.
OTTO. Die Rechtschreibkommission wohnt im Grand Hotel Mitte. Mit diesem Bus fährt sie um 8 Uhr 45 vom Grand Hotel zur Kultusministerkonferenz. An dieser Straßenecke schlagen wir zu. Ich lenke den Fahrer ab, Atze kommt von hinten und - - -
ATZE. Moment mal! Wir sollen also doch wen entführen?
OTTO. Die Rechtschreibkommission! Ganz genau! ? Atze schlägt den Fahrer bewußtlos, Ede - - -
EDE. Die Rechtschreibkommission der Kultusministerkonferenz?
ATZE. Wer zahlt für sowas schon Lösegeld?
OTTO. Lösegeld? Wer spricht von Lösegeld? Wir fordern: die Rücknahme der Rechtschreibreform!
ATZE und EDE sehen sich verstört an.
OTTO. Anstelle von Lösegeld!
ATZE und EDE (zugleich; verdattert). Anstelle...
HARRY. Anstelle. In einem Wort und klein oder groß und auseinander?


__________________
Christoph Kukulies


eingetragen von Jörg Metes am 05.03.2002 um 18.50

Bundesverteidigungsminister Scharping brach einen Truppenbesuch in Dschibuti ab. Er wird nach Mitternacht in Berlin zurück erwartet.

Aus der Textzeile für aktuelle Meldungen bei NTV / 6.3.02
__________________
Jörg Metes


eingetragen von Jörg Metes am 02.03.2002 um 12.45

Es gibt Leute, die fanden auch das Buch Die sexuellen Phantasien der Kohlmeisen recht komisch. Doch da es sich mit der Rechtschreibreform nur an einer kleinen Stelle befaßt (und das ganz arg- und ahnungslos - das Buch erschien 1996!), bitte ich das als Hinweis nur für diejenigen zu verstehen, die im Kampf gegen die Reform ihr Soll für heute schon erfüllt haben.
__________________
Jörg Metes


eingetragen von Elke Philburn am 01.03.2002 um 23.34

Solche wunderbaren Stückchen sollten Sie öfters schreiben, Herr Metes.


eingetragen von Jörg Metes am 01.03.2002 um 18.14

Vier Gangster sitzen in einem Hinterzimmer und besprechen einen Coup. OTTO, der Anführer, steht vor einer Tafel - einer Kipptafel mit beschreibbarer Rückseite - , auf der er den Ablauf eines Überfalls skizziert hat, und erklärt noch einmal seinen Plan. Die Gangster ATZE und EDE hören aufmerksam zu, der Gangster HARRY ist weniger bei der Sache. Er hat vor sich auf dem Tisch ein Notebook stehen und daneben verschiedene Wörterbücher liegen: zwei Ausgaben des Duden, ein Bertelsmann-Wörterbuch und andere mehr.
OTTO. Wir schlagen zu, wenn unser Mann in sein Auto steigen will. Ich komme von vorne und lenke ihn ab. Atze kommt von hinten und schlägt ihn bewußtlos. Ede fährt unseren Wagen ran, Atze und ich hieven ihn in den Kofferraum, und Harry deponiert den Brief im Auto. Also in seinem Auto, nicht in unserem. Wir - - -
ATZE (hämisch). Vorausgesetzt, Harry hat ihn bis dahin fertig, den Brief.
OTTO (zu ATZE) - Kümmer du dich um deinen Kram, Atze! Okay?!
(zu HARRY) - Harry? Wie sieht's aus? Was macht der Brief?
HARRY. Ich tu, was ich kann. Aber alles habe ich noch nicht geklärt.
OTTO. Zum Beispiel?
HARRY. "Wenn Sie den Generaldirektor lebend wiedersehen wollen..." - wie schreibt man da "wiedersehen"? In einem Wort oder in zweien?
ATZE (unbeachtet). Das ist doch sowas von egal jetzt...
OTTO. In einem! In zwei Wörtern ist ja alte Rechtschreibung!
HARRY schwenkt den Duden / 21. Auflage.
HARRY. "Wiedersehen"? Nein! In einem Wort ist alt! In zwei Wörtern ist neu! Hier: 'Mit den amtlichen Regeln der neuen Rechtschreibung'!
OTTO geht zu HARRY an den Tisch.
OTTO. Ja gut! In der alten neuen Rechtschreibung! Das ist ja die 21. Auflage!
HARRY. Wieso? Wieviele Rechtschreibreformen hat es denn gegeben? Doch nur eine, oder?
OTTO schwenkt den Duden / 22. Auflage.
OTTO. In der 22sten steht "wiedersehen" jedenfalls wieder zusammen. In einem Wort.
ATZE beugt sich zu EDE hinüber.
ATZE (zu EDE). Neue Regeln, alte Regeln! Ich denke, wir sind Verbrecher?! Verbrecher halten sich nicht an Regeln!
EDE. Das ist doch nur, damit man uns nicht schnappt! Verstehst du?
ATZE. Nö. Verstehe ich nicht.
HARRY (zu OTTO) Also du meinst, ich soll es zusammenschreiben?
OTTO (nachdenklich). Es könnte sich natürlich auch um eine Falle handeln...
EDE (zu ATZE). Jeder Rechtschreibfehler ist praktisch wie ein psychologischer Fingerabdruck! Rechtschreibfehler sind ganz gefährlich!
ATZE (zu EDE). Wir wollen einen Wirtschaftsboß entführen - und haben Schiß vor ein paar Rechtschreibfehlern?
HARRY (zu OTTO). Im Bertelsmann-Wörterbuch steht "wiedersehen" auch in einem Wort. Aber Bertelsmann soll ich ja nicht nehmen, oder?
OTTO (zu HARRY). - Wie schreibt man "wieviel"? Wie schreibt man "zuhause"? Wie schreibt man "sogenannt"? Laut Bertelsmann-Wörterbuch? Alle getrennt! In zwei Wörtern!
Und wie schreibt es Bertelsmann selber? Alle zusammen! In einem Wort! In der eigenen Werbung!
ATZE (unbeachtet). Ich versteh's trotzdem nicht.
OTTO (zu HARRY). Und "daß" schreiben sie mit Sz! Drei Jahre, nachdem das Sz abgeschafft wurde! Verstehst Du?
ATZE. Nö. - Chef?! Was interessiert uns, was im Bertelsmann-Wörterbuch steht? Oder im Duden?
OTTO wendet sich wieder ATZE zu und geht zur Tafel zurück.
OTTO. - Weil es die Polizei interessiert! Deshalb! Weil jeder inzwischen anders schreibt! Bertelsmann, Duden, Springer, Spiegel, Stern, Zeit - - - anhand der Rechtschreibfehler, die du auf einer Postkarte machst, kann die Polizei heute sagen, welches Micky-Maus-Heft du zuletzt gelesen hast!
EDE (zu ATZE). Nur, wenn wir alles richtig schreiben. Wenn wir keinen einzigen Fehler machen. Dann ist die Polizei aufgeschmissen. Weil das noch nie vorgekommen ist. Also in der neuen Rechtschreibung!
HARRY (zu OTTO). Was ich machen könnte, wäre: "wiedersehen" mit Bindestrich schreiben. "wieder"- Bindestrich - "sehen". Das wird jetzt ziemlich oft gemacht. Bei allen möglichen Wörtern. Einfach mal einen Bindestrich rein.
OTTO wischt ein Stück Tafel frei.
OTTO. Mit Bindestrich?
OTTO schreibt "wieder-sehen" an die Tafel, HARRY tippt es ins Notebook.
HARRY. "Wenn Sie den Generaldirektor lebend wieder - Bindestrich - sehen wollen..."
ATZE (unbeachtet). Können wir's nicht wenigstens andersrum machen? Daß wir zuerst jemanden entführen und dann den Erpresserbrief schreiben?
OTTO (zu HARRY) Ich weiß nicht... kommt mir irgendwie komisch vor...
HARRY. Andere Sachen kommen einem auch komisch vor. "Aufwänden" zum Beispiel. Weil man es jetzt mit "ä" schreibt. Und trotzdem ist es richtig.
OTTO. "Aufwänden"?!
Er schreibt "aufwänden" an die Tafel und streicht es dann durch.
OTTO. Nein! "Aufwändig"! "Aufwändig" schreibt man jetzt mit "ä"! Weil es von "Aufwand" kommt! "Aufwenden" schreibt sich weiter ganz normal mit "e".
Während OTTO redet, schreibt er es alles an die Tafel. HARRY ist verwirrt.
HARRY. Genau! Weil es nicht von "Aufwand" kommt, sondern von "Aufwend"! ... - oder von "Aufwind"?
OTTO. - Frag nicht mich, frag die telefonische Duden-Sprachberatung. Für nur 1 Euro 86 die Minute. Die wissen's genausowenig.
ATZE. - Oder noch besser! Wir entführen keinen Wirtschaftsboß, sondern einen Schriftsteller. Und lassen uns den Brief von dem korrigieren! Den Reich-Ranicki! Der weiß doch bestimmt, wie man so was alles schreibt!
OTTO. Reich-Ranicki nützt uns überhaupt nichts. Der bleibt ja bei der alten Rechtschreibung.
EDE. Reich-Ranicki, Grass, Kempowksi - die ganzen Schriftsteller. Genau wie die F.A.Z. Oder die Hochschulkonferenz!
OTTO. In der alten Rechtschreibung wäre das ja alles kein Problem! Alte Rechtschreibung kann ja jeder!
ATZE. Und warum sind dann nicht alle bei der alten geblieben?
HARRY. Weil die Rechtschreibreform zwar mißlungen ist, die Einheitlichkeit der deutschen Sprache aber gewahrt werden muß.
ATZE. Jetzt Moment mal! Wer sagt das?
OTTO. Bertelsmann, Springer, Micky Maus - alle.
ATZE. Um die Einheitlichkeit zu wahren?! Schreiben jetzt alle unterschiedlich?
EDE. Es hat halt jeder noch seine Sonderregeln.
OTTO. Früher haben alle gleich geschrieben. Aber auf der Basis der alten Rechtschreibung. Heute schreiben alle unterschiedlich. Aber auf der Basis der neuen Rechtschreibung!
ATZE. Und das soll jemand verstehen?
HARRY (erschöpft). Jungs - ihr wißt: nächste Woche tagt wieder die Kultusministerkonferenz.
ATZE. Nö.
HARRY. Und die Rechtschreibkommission kommt auch. Und erstattet Zwischenbericht. Was haltet ihr davon. Wir warten erst einmal ab, was dabei rauskommt.
EDE. Und unseren Coup? Blasen wir ab oder wie?!
HARRY. Das Risiko ist zu groß! Selbst, wenn "wiedersehen" mit Bindestrich richtig ist. Nächste Woche könnte es schon wieder falsch sein! Und ich habe hier noch dreizehn andere Fragezeichen!
OTTO. Auf gar keinen Fall. Ich will das perfekte Verbrechen.
ATZE (resignierend). Das perfekte Verbrechen gibt es nicht. Nicht in dieser neuen Rechtschreibung.
EDE. Und wenn Harry wirklich mal diese Duden-Sprachberatung anruft?
OTTO. Für 1 Euro 86 die Minute? Bei nur 3 Millionen Lösegeld?
EDE. Was ist mit dem Computer? Hat der nicht irgendein Rechtschreibprogramm?
HARRY. Schon. Aber das ist von Bertelsmann.
OTTO. Wir blasen's ab. Es ist besser so. Wir blasen's ab.
EDE. Verdammt! Verdammt verdammt verdammt!
Der Plan war so gut!
OTTO (sinnierend). Der Plan war gut... oh ja...
(energisch) - Aber das Bessere ist der Feind des Guten!
OTTO packt die Tafel und kippt die Rückseite nach vorne. Auf der Rückseite ist ein weiterer Ablaufplan skizziert. OTTO beginnt übergangslos, ihn zu erläutern.
OTTO. Die Rechtschreibkommission wohnt im Grand Hotel Mitte. Mit diesem Bus fährt sie um 8 Uhr 45 vom Grand Hotel zur Kultusministerkonferenz. An dieser Straßenecke schlagen wir zu. Ich lenke den Fahrer ab, Atze kommt von hinten und - - -
ATZE. Moment mal! Wir sollen also doch wen entführen?
OTTO. Die Rechtschreibkommission! Ganz genau! ? Atze schlägt den Fahrer bewußtlos, Ede - - -
EDE. Die Rechtschreibkommission der Kultusministerkonferenz?
ATZE. Wer zahlt für sowas schon Lösegeld?
OTTO. Lösegeld? Wer spricht von Lösegeld? Wir fordern: die Rücknahme der Rechtschreibreform!
ATZE und EDE sehen sich verstört an.
OTTO. Anstelle von Lösegeld!
ATZE und EDE (zugleich; verdattert). Anstelle...
HARRY. Anstelle. In einem Wort und klein oder groß und auseinander?

__________________
Jörg Metes


eingetragen von Jörg Metes am 01.03.2002 um 17.45

Danke sehr, Herr Kukulies!
(ich sehe noch ein paar Fehler. Ich korrigiere sie und stelle dann noch einmal eine korrigierte Fassung rein)
__________________
Jörg Metes


eingetragen von Christoph Kukulies am 01.03.2002 um 17.44

Die neue deutsche Rechtschreibung von Jörg Metes



Vier Gangster sitzen in einem Hinterzimmer und besprechen einen Coup. OTTO, der Anführer, steht vor einer Tafel ? einer Kipptafel mit beschreibbarer Rückseite - , auf der er den Ablauf eines Überfalls skizziert hat, und erklärt noch einmal seinen Plan. Die Gangster ATZE und EDE hören aufmerksam zu, der Gangster HARRY ist weniger bei der Sache. Er hat vor sich auf dem Tisch ein Notebook stehen und daneben verschiedene Wörterbücher liegen: zwei Ausgaben des Duden, ein Bertelsmann-Wörterbuch und andere mehr.
OTTO. Wir schlagen zu, wenn unser Mann in sein Auto steigen will. Ich komme von vorne und lenke ihn ab. Atze kommt von hinten und schlägt ihn bewußtlos. Ede fährt unseren Wagen ran, Atze und ich hieven ihn in den Kofferraum, und Harry deponiert den Brief im Auto. Also in seinem Auto, nicht in unserem. Wir - - -
ATZE (hämisch). Vorausgesetzt, Harry hat ihn bis dahin fertig, den Brief.
OTTO (zu ATZE) ? Kümmer du dich um deinen Kram, Atze! Okay?!
(zu HARRY) ? Harry? Wie sieht?s aus? Was macht der Brief?
HARRY. Ich tu, was ich kann. Aber alles habe ich noch nicht geklärt.
OTTO. Zum Beispiel?
HARRY. "Wenn Sie den Generaldirektor lebend wiedersehen wollen...? " wie schreibt man da "wiedersehen"? In einem Wort oder in zweien?
ATZE (unbeachtet). Das ist doch sowas von egal jetzt...
OTTO. In einem! In zwei Wörtern ist ja alte Rechtschreibung!
HARRY schwenkt den Duden / 21. Auflage.
HARRY. "Wiedersehen"? Nein! In einem Wort ist alt! In zwei Wörtern ist neu! Hier: ?Mit den amtlichen Regeln der neuen Rechtschreibung?!
OTTO geht zu HARRY an den Tisch.
OTTO. Ja gut! In der alten neuen Rechtschreibung! Das ist ja die 21. Auflage!
HARRY. Wieso? Wieviele Rechtschreibreformen hat es denn gegeben?
Doch nur eine, oder?
OTTO schwenkt den Duden / 22. Auflage.
OTTO. In der 22sten steht "wiedersehen" jedenfalls wieder zusammen. In einem Wort.
ATZE beugt sich zu EDE hinüber.
ATZE (zu EDE). Neue Regeln, alte Regeln! Ich denke, wir sind Verbrecher?! Verbrecher halten sich nicht an Regeln!
EDE. Das ist doch nur, damit man uns nicht schnappt! Verstehst du?
ATZE. Nö. Verstehe ich nicht.
HARRY (zu OTTO Also du meinst, ich soll es zusammenschreiben?
OTTO (nachdenklich). Es könnte sich natürlich auch um eine Falle handeln...
EDE (zu ATZE). Jeder Rechtschreibfehler ist praktisch wie ein psychologischer Fingerabdruck!
Rechtschreibfehler sind ganz gefährlich!
ATZE (zu EDE). Wir wollen einen Wirtschaftsboß entführen ? und haben Schiß vor ein paar Rechtschreibfehlern?
HARRY (zu OTTO). Im Bertelsmann-Wörterbuch steht "wiedersehen" auch in einem Wort. Aber Bertelsmann soll ich ja nicht nehmen, oder?
OTTO (zu HARRY). - Wie schreibt man "wieviel"? Wie schreibt man "zuhause"? Wie schreibt man "sogenannt"? Laut Bertelsmann-Wörterbuch? Alle getrennt! In zwei Wörtern!
Und wie schreibt es Bertelsmann selber? Alle zusammen! In einem Wort! In der eigenen Werbung!
ATZE (unbeachtet). Ich versteh's trotzdem nicht.
OTTO (zu HARRY). Und "daß" schreiben sie mit Sz! Drei Jahre, nachdem das Sz abgeschafft wurde! Verstehst Du?
ATZE. Nö. - Chef?! Was interessiert uns, was im Bertelsmann-Wörterbuch steht? Oder im Duden?
OTTO wendet sich wieder ATZE zu und geht zur Tafel zurück.
OTTO. - Weil es die Polizei interessiert! Deshalb! Weil jeder inzwischen anders schreibt! Bertelsmann, Duden, Springer, Spiegel, Stern, Zeit - - - anhand der Rechtschreibfehler, die du auf einer Postkarte machst, kann die Polizei heute sagen, welches Micky-Maus-Heft du zuletzt gelesen hast!
EDE (zu ATZE). Nur, wenn wir alles richtig schreiben. Wenn wir keinen einzigen Fehler machen. Dann ist die Polizei aufgeschmissen. Weil das noch nie vorgekommen ist. Also in der neuen Rechtschreibung!
HARRY (zu OTTO). Was ich machen könnte, wäre: "wiedersehen" mit Bindestrich schreiben. "wieder"- Bindestrich - "sehen". Das wird jetzt ziemlich oft gemacht. Bei allen möglichen Wörtern. Einfach mal einen Bindestrich rein.
OTTO wischt ein Stück Tafel frei.
OTTO. Mit Bindestrich?
OTTO schreibt "wieder-sehen" an die Tafel, HARRY tippt es ins Notebook.
HARRY. "Wenn Sie den Generaldirektor lebend wieder - Bindestrich - sehen wollen..."
ATZE (unbeachtet). Können wir's nicht wenigstens andersrum machen? Daß wir zuerst jemanden entführen und dann den Erpresserbrief schreiben?
OTTO (zu HARRY) Ich weiß nicht... kommt mir irgendwie komisch vor...
HARRY. Andere Sachen kommen einem auch komisch vor. "Aufwänden" zum Beispiel. Weil man es jetzt mit "ä" schreibt. Und trotzdem ist es richtig.
OTTO. "Aufwänden"?!
Er schreibt "aufwänden" an die Tafel und streicht es dann durch.
OTTO. Nein! "Aufwändig"! "Aufwändig" schreibt man jetzt mit "ä"! Weil es von "Aufwand" kommt! "Aufwenden" schreibt sich weiter ganz normal mit "e".
Während OTTO redet, schreibt er es alles an die Tafel. HARRY ist verwirrt.
HARRY. Genau! Weil es nicht von "Aufwand" kommt, sondern von "Aufwend"! ... ? oder von "Aufwind"?
OTTO. - Frag nicht mich, frag die telefonische Duden-Sprachberatung. Für nur 1 Euro 86 die Minute. Die wissen's genausowenig.
ATZE. - Oder noch besser! Wir entführen keinen Wirtschaftsboß, sondern einen Schriftsteller. Und lassen uns den Brief von dem korrigieren! Den Reich-Ranicki! Der weiß doch bestimmt, wie man so was alles schreibt!
OTTO. Reich-Ranicki nützt uns überhaupt nichts. Der bleibt ja bei der alten Rechtschreibung.
EDE. Reich-Ranicki, Grass, Kempowksi - die ganzen Schriftsteller. Genau wie die F.A.Z. Oder die Hochschulkonferenz!
OTTO. In der alten Rechtschreibung wäre das ja alles kein Problem! Alte Rechtschreibung kann ja jeder!
ATZE. Und warum sind dann nicht alle bei der alten geblieben?
HARRY. Weil die Rechtschreibreform zwar mißlungen ist, die Einheitlichkeit der deutschen Sprache aber gewahrt werden muß.
ATZE. Jetzt Moment mal! Wer sagt das?
OTTO. Bertelsmann, Springer, Micky Maus ? alle.
ATZE. Um die Einheitlichkeit zu wahren?! Schreiben jetzt alle unterschiedlich?
EDE. Es hat halt jeder noch seine Sonderregeln.
OTTO. Früher haben alle gleich geschrieben. Aber auf der Basis der alten Rechtschreibung. Heute schreiben alle unterschiedlich. Aber auf der Basis der neuen Rechtschreibung!
ATZE. Und das soll jemand verstehen?
HARRY (erschöpft). Jungs - ihr wißt: nächste Woche tagt wieder die Kultusministerkonferenz.
ATZE. Nö.
HARRY. Und die Rechtschreibkommission kommt auch. Und erstattet Zwischenbericht. Was haltet ihr davon. Wir warten erst einmal ab, was dabei rauskommt.
EDE. Und unseren Coup? Blasen wir ab oder wie?!
HARRY. Das Risiko ist zu groß! Selbst, wenn "wiedersehen" mit Bindestrich richtig ist. Nächste Woche könnte es schon wieder falsch sein! Und ich habe hier noch dreizehn andere Fragezeichen!
OTTO. Auf gar keinen Fall. Ich will das perfekte Verbrechen.
ATZE (resignierend). Das perfekte Verbrechen gibt es nicht. Nicht in dieser neuen deutschen Rechtschreibung.
EDE. Und wenn Harry wirklich mal diese Duden-Sprachberatung anruft?
OTTO. Für 1 Euro 86 die Minute? Bei nur 3 Millionen Lösegeld? ?
EDE. Was ist mit dem Computer? Hat der nicht irgendein Rechtschreibprogramm?
HARRY. Schon. Aber das ist von Bertelsmann.
OTTO. Wir blasen's ab. Es ist besser so. Wir blasen's ab.
EDE. Verdammt! Verdammt verdammt verdammt!
Der Plan war so gut!
OTTO (sinnierend). Der Plan war gut... oh ja...
(energisch) ? Aber das Bessere ist der Feind des Guten!
OTTO packt die Tafel und kippt die Rückseite nach vorne. Auf der Rückseite ist ein weiterer Ablaufplan skizziert. OTTO beginnt übergangslos, ihn zu erläutern.
OTTO. Die Rechtschreibkommission wohnt im Grand Hotel Mitte. Mit diesem Bus fährt sie um 8 Uhr 45 vom Grand Hotel zur Kultusministerkonferenz. An dieser Straßenecke schlagen wir zu. Ich lenke den Fahrer ab, Atze kommt von hinten und - - -
ATZE. Moment mal! Wir sollen also doch wen entführen?
OTTO. Die Rechtschreibkommission! Ganz genau! ? Atze schlägt den Fahrer bewußtlos, Ede - - -
EDE. Die Rechtschreibkommission der Kultusministerkonferenz?
ATZE. Wer zahlt für sowas schon Lösegeld?
OTTO. Lösegeld? Wer spricht von Lösegeld? Wir fordern: die Rücknahme der Rechtschreibreform!
ATZE und EDE sehen sich verstört an.
OTTO. Anstelle von Lösegeld!
ATZE und EDE (zugleich; verdattert). Anstelle...
HARRY. Anstelle. In einem Wort und klein oder groß und auseinander?




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Christoph Kukulies


eingetragen von Elke Philburn am 01.03.2002 um 15.30

Zitat:
Nun, man sitzt ja nicht einfach so vor dem Fernseher und verplempert Lebenszeit (Zitat Ickler). Wenn schon, dann etwas nützliches tun. Die einen Stricken, die anderen reiten wellen.

Ich habe sogar schon Bärbel Schäfer und Vera am Mittag gekuckt. Ist das nicht gräulich?

Seit ich online bin, ist mein Interesse am Fernsehen allerdings stark geschwunden.

(Ich würde mir das Stück auch gern nochmal ansehen. Kann man das nicht mit Zweitgerät per Kabel kopieren?)


eingetragen von Matthias Dräger am 01.03.2002 um 14.52

Sehr geehrter Herr Kukulies,

ich habe die Sendung aufgenommen. Wenn jemand eine Idee hat, wo man das Stück vervielfältigen kann, stelle ich die Kassette (VHS) gern zur Verfügung - oder wir schicken sie reihum - kostet (wahrscheinlich Büchersendung) Euro 1,28 Porto.


eingetragen von Richard Dronskowski am 01.03.2002 um 13.42

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Jörg Metes
Ich bitte, sich nicht zuviel zu erwarten - insbesondere keine Feinheiten. Es handelt sich um eine halbwegs volkstümliche Veranschaulichung lediglich der allgemeinen Verwirrung.

Von wegen, lieber Herr Metes, das war doch wirklich herzerfrischend lustig! Ich gratuliere vielmals! Womöglich ist das auch die allerschärfste Waffe gegen die RSR, ihre Urheber, ihre Auftraggeber und ihre Profiteure. Wenn das verquaste Regelwerk erst einmal für die Allgemeinheit den Anschein der "Vereinfachung" verloren hat (dürfte wohl mittlerweile der Fall sein) und von Prominenten wie Hallervorden der Lächerlichkeit preisgegeben wird, ist schon viel erreicht. Wer will sich dann noch hinstellen und ernsthaft das Wort "Reform" bemühen? Nochmals Gratulation zum schönen Einfall!

Richard Dronskowski


eingetragen von Christoph Kukulies am 01.03.2002 um 12.26

Gestern abend sitze ich - meinen Notizbuchrechner (*) auf den Knien - vor der Glotze, als das Wort Rechtschreibreform aus Hallervordens Mund mein Ohr erreicht. Dummerweise habe ich die Ankündigung in diesem Strang wenige Stunden vor Beginn der Ausstrahlung verpaßt.

Gut, es war nicht sehr tiefschürfend, aber es kam ziemlich alles drin vor, was uns an der RSR stört. Ich frage mich, ob jemand aus diesem Kreise die Feder geführt hat.

Ich bemühe mich gerade bei den "Wühlmäusen" um das Skript.
Hat zufällig jemand die Sendung aufgenommen?



* Warum ich das mit dem Rechner erwähne? Nun, man sitzt ja nicht einfach so vor dem Fernseher und verplempert Lebenszeit (Zitat Ickler). Wenn schon, dann etwas nützliches tun. Die einen Stricken, die anderen reiten wellen.(In Anlehnung an "fahren rad").
__________________
Christoph Kukulies


eingetragen von Theodor Ickler am 01.03.2002 um 08.07

- möchte ich jetzt fast sagen - bin ich kein Fernsehteilnehmer, wäre aber dankbar, wenn das Skript hier eingestellt würde, und gratuliere schon mal zum wenn auch ungesehenen Erfolg!
__________________
Th. Ickler


eingetragen von Walter Lachenmann am 28.02.2002 um 23.57

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Jörg Metes
Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Walter Lachenmann
Verdient die Auszeichnung TK!
- "TK"?


Das ist ein Geheimorden. Muß also geheim bleiben, sonst wär's ja keiner. Alles klar?
__________________
Walter Lachenmann


eingetragen von Theo Grunden am 28.02.2002 um 23.43

Danke für den Hinweis!
Hätte mir sehr light getan, wenn ich das verpaßt hätte!

Bin gespannt, wie die eben neu-gebildete zwischen-staatliche Sonder-Kommission „SO-KO Binde-Strich“ auf den Vorschlag "wieder-sehen" reagieren wird.
Wahrscheinlich gibt es bald einige tief-greifende Meta-Regeln.
Besser: weitere so hoch-wirksame Metes-Skripte!


– geändert durch Theo Grunden am 03.03.2002, 19.22 –


eingetragen von Jörg Metes am 28.02.2002 um 22.53

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Walter Lachenmann
Verdient die Auszeichnung TK!
- "TK"?
__________________
Jörg Metes


eingetragen von Walter Lachenmann am 28.02.2002 um 22.23

Didi Hallervorden ist auch ansonsten absolute Spitzenklasse, gerade weil er nicht das »intellektuelle« Kabarett der Sowiesorichtigdenkenden bedient, sondern mit seinem zeitkritischen Spott in geschickter Mischung von Klamauk und hochkarätigem Witz wirklich eine sehr breite soziale Schicht erreicht und die Themen in herrlich verständlichen und vergnüglichen Bildern vermittelt. Dabei habe ich ihn zwar oft unbeschreiblich albern, aber nie unfair oder unsachlich erlebt. Da wird möglicherweise viel mehr für die »Informationsgesellschaft« erreicht, als in vielen anderen, um Vernunft bemühte Formen unserer sogenannten Medienlandschaft.
Hallervorden widerlegt das Sprichwort: Albern schützt vor Torheit nicht. Seine Albereien sind lehrreich.
Riesiges Lob für Herrn Metes! Verdient die Auszeichnung TK!

__________________
Walter Lachenmann


eingetragen von Matthias Dräger am 28.02.2002 um 21.57

Auf den Punkt gebracht, klasse gemacht, sehr gutes Skript (zum Glück aufgenommen). Danke für den Hinweis.


eingetragen von Elke Philburn am 28.02.2002 um 21.33

Ich guck sonst nicht Didi Hallervorden, aber der war klasse!


eingetragen von Jörg Metes am 28.02.2002 um 17.29

Ich habe Dieter Hallervorden schon vor mehr als einem halben Jahr einen Sketch zum Thema "Rechtschreibreform" geschrieben, der heute abend im Ersten in "Hallervordens Spott-Light" ausgestrahlt werden dürfte (22.20 - 22.50 Uhr).
Ich bitte, sich nicht zuviel zu erwarten - insbesondere keine Feinheiten. Es handelt sich um eine halbwegs volkstümliche Veranschaulichung lediglich der allgemeinen Verwirrung.
__________________
Jörg Metes


eingetragen von Ruth Salber-Buchmüller am 18.02.2002 um 09.19

ARD-Nachrichten 20.00 Uhr am 18.02.02

Klage von
allein Erziehenden

Tut besonders weh, wenn man es in so großen Lettern
sieht.
__________________
Ruth Salber-Buchmueller


eingetragen von Jörg Metes am 18.02.2002 um 00.18

"...ist ohne Blutvergiessen zu Ende gegangen..."
"...der 17jährige..."
- Aus der durchlaufende Textzeile für aktuelle Meldungen bei NTV / 13.2.02 (später korrigiert zu: "Blutvergießen")

"...Fussball-WM live..."
- Schrifttitel in der Werbung für 'Premiere World', täglich z.B. auf PRO 7

"Die Strassen von San Francisco"
- Bauchbinde nach Werbeunterbrechungen für die Fortsetzung von "Die Straßen von San Francisco", montags bis freitags auf 'Kabel 1'
__________________
Jörg Metes


eingetragen von Christoph Kukulies am 09.02.2002 um 14.35

Dialog im Polizeirevier: (ZDF, 10.2.2002, 15:35 Weißblaue Geschichten, Episode „Penner Party“)

Erster Polizist: Gewahrsam mit „h“?
Zweiter Polizist: Schreib’s wie du willst. Wenn’s falsch war, war’s die neue Rechtschreibung.

__________________
Christoph Kukulies


eingetragen von Christoph Kukulies am 08.02.2002 um 07.36

Gestern abend, Mainz bleibt Mainz im ZDF:

Der "Bote des Bundestags" sprach von der 2. Stufe der Rechtschreibreform. Reform schreibe man jetzt ohne 'r'.

Ich gestehe, ich habe den Witz nicht verstanden. Die Pointe stand in Zusammenhang mit der Riesterrente und Rentenreform, aber immerhin mal wieder ein Beweis für die Präsenz des Themas in den Köpfen der Menschen.


__________________
Christoph Kukulies


eingetragen von Elke Philburn am 20.11.2001 um 12.15

tief greifend
tiefgreifender (als ...)
tiefstgreifend


So 'n Quatsch. Die Steigerungsform von 'tiefgreifender' ist natürlich 'am tiefgreifendsten'. Oder macht man jetzt alle möglichen Verrenkungen, nur um am einmal eingeschlagenen Kurs festhalten zu können?

(Überschneidung mit Vorbeitrag)


eingetragen von Theodor Ickler am 20.11.2001 um 12.11

Das haben wir ja schon vor Jahren gar nicht genug bestaunen können, daß es jetzt Komparative und Superlative gibt, zu denen schlechterdings kein Positiv (Grundform) aufzutreiben ist: tiefgreifender, aber kein tiefgreifend. Und so in Dutzenden von Fällen.
Fragen Sie doch mal bei Bertelsmann an, wie es sich mit weitgehend verhält - eine peinliche Sache, weil Götze uns hier in der ersten Auflage noch belehrte, weitgehender sei überhaupt falsch gebildet, während es in der Neuauflage anstandslos durchgeht.

__________________
Th. Ickler


eingetragen von Jörg Metes am 20.11.2001 um 11.35

AW: tief()greifend
Date: Wed, 21 Nov 2001 11:28:16 +0100
From: Sprachberatung@Bertelsmann.de

» ...vielen Dank für Ihre Anfrage bei der Bertelsmann Sprachberatung.

> "tief greifend" schreibt man getrennt.
> Aber wie schreibt man die Steigerung? "tiefgreifender"
> oder "tief greifender"?
> Und wie den Superlativ?
> "tief greifendst" oder "tiefgreifendst"?
> (vgl. etwa: "tiefgreifendst" bei Max Weber, Wirtschaft
> und Gesellschaft, WG 772)

Hier sind zwei Steigerungsformen möglich.
Getrennt geschrieben wird, wenn der erste Bestandteil "tief" gesteigert wird.
tief greifend
tiefer greifend
am tiefsten greifend
Zusammengeschrieben wird, wenn der Begriff als Ganzes gesteigert wird.
(Die Grundform wird aber immer noch getrennt geschrieben.)
tief greifend
tiefgreifender (als ...)
tiefstgreifend
Mit freundlichen Grüßen
Mareike Riegel
Bertelsmann Sprachberatung
«
__________________
Jörg Metes


eingetragen von Theodor Ickler am 20.11.2001 um 08.44

Wir brauchen bloß die bisherige Strategie der Reformer weiterzuführen, dann ist die Antwort ganz einfach. Nachdem sie eingesehen hatten, daß ihnen die Folgen der neuen Getrenntschreibung entgangen waren, führten sie die Möglichkeit der Zusammenschreibung wieder ein - noch nicht amtlich, aber über die Beratung der privilegierten Wörterbuchredaktionen. Bei Steigerung des Ganzen also (von den anderen Erfordernissen, etwa dem prädikativen Gebrauch, verstehen sie noch zu wenig, aber das kommt auch noch!) wird wieder zusammengeschrieben. Bei einigen Wörtern wie weitgehend ist es schon durchgeführt, bei anderen wie tiefgreifend noch nicht, aber aus dem Schweigen der Wörterbücher, so würde Heller mit Sicherheit sagen, darf man nicht schließen, daß es hier nicht genauso wäre. Bei gesamthafter Steigerung, so würde er sagen, wird selbstverständlich zusammengeschrieben, sonst würde es ja grammatisch falsch! Das war eigentlich mein Argument gegen die Reform, aber die Reformer haben es sich zu eigen gemacht und führen es jetzt gegen die Kritiker ins Feld, die angeblich die neuen Regeln nicht richtig ausgelegt haben. Es ändert sich also eigentlich gar nichts, man schreibt wie früher. (Bloß: was bedeuten dann jetzt die Sternchen im amtlichen Verzeichnis? Auf diese Frage hat Heller mir nie geantwortet.)
__________________
Th. Ickler


eingetragen von Jörg Metes am 19.11.2001 um 21.49

Eine Anfrage an die Bertelsmann Sprachberatung -
http://www.lexikonverlag.de/sprachberatung/index.html
- ist bereits unterwegs.
Lassen wir uns überraschen!
__________________
Jörg Metes


eingetragen von Walter Lachenmann am 19.11.2001 um 21.19

Vielleicht sollte man versuchen, die SZ dazu zu bewegen, ein Feuilleton über Max Weber zu bringen mit Originaltexten, wie seinerzeit mit Adorno geschehen. Dann würde man ja sehen, wie diese Sachen dann aussehen.

Ob wir noch herausfinden, wie sich die Reformer diese Fälle vorgestellt haben? Bisher schweigen unsere Experten. Kein Advocatus diaboli weit und breit. Und Herr Jansen meldet sich auch nicht.

Richtig: Unsere Volksschüler müssen das doch wissen, für die wurde das doch extra so einfach gemacht. Vielleicht fragen wir mal da einen. Morgen gehe ich gleich zur Krottenthaler Zwergschule und erkundige mich.
__________________
Walter Lachenmann


eingetragen von Jörg Metes am 19.11.2001 um 16.07

Oder auch Max Weber! Was macht man jetzt mit dem? Wo sich bei ihm sogar Superlative finden wie etwa »tiefgreifendste Umgestaltung« (in: "Wirtschaft und Gesellschaft" / WG 772) ? Oder »auf das tiefgreifendste« (in: "Die Wirtschaftsethik der Weltreligionen" / RI 259)? Ihn umschreiben? Komplett? Aus Rücksicht auf die Grundschüler? Bzw. die Leserschaft der SZ?
__________________
Jörg Metes


eingetragen von Walter Lachenmann am 19.11.2001 um 14.11

Vom IDS wird hier vermutlich keine Antwort zu bekommen sein. Kann jemand in der Runde erklären, was die offizielle Antwort wäre, wenn sie käme?

Also: »tiefgreifend« gibt es im neuen Duden nicht mehr, es heißt jetzt wohl »tief greifend«.

Jetzt sagt aber jemand »tiefgreifender«, und das ist ja auch in Ordnung - oder war es jedenfalls bisher.
Wie schreibt man das nach neuer Regelung?

1. tief greifender (kann man »greifend« steigern?)
2. tiefer greifend (geht auch nicht, das ist ja inhaltlich etwas anderes, außerdem hat der Mann das einfach so nicht gesagt)
3. Oder muß man bei Steigerung doch wieder zusammenschreiben? Wie kann man aber ein Wort zusammenschreiben, das es gar nicht gibt?

Mich würde die Antwort ganz im Ernst interessieren, ich weiß es wirklich nicht. Den Duden-Online-Berater braucht man da ja wohl gar nicht erst in Erwägung ziehen.

__________________
Walter Lachenmann


eingetragen von Theodor Ickler am 19.11.2001 um 04.22

Das IDS zu beobachten wird in Zukunft recht interessant sein. Ob es nach dem Ausscheiden von Direktor Stickel überhaupt noch jemanden dort gibt, der bereit ist, den Unsinn Rechtschreibreform zu verteidigen? Die Kommission betreibt ihre Internetseite zwar unter dem Dach des IDS, aber dort ist deutlich vermerkt, daß das IDS inhaltlich nicht für die Kommission bürgt. Die deutsche Sprachwissenschaft bleibt kompromittiert, solange es da irgendeine Verbindung gibt.
Natürlich hängt viel davon ab, wer der Nachfolger Stickels wird. Von den Bewerbern hat sich, soviel ich weiß, noch keiner gegen die Reform zu Wort gemeldet. Überhaupt ist es interessant zu sehen, welche Germanisten der selbstverständlichen Pflicht zum Protest ausgewichen sind oder gar selbst in ihren Veröffentlichungen die Neuschreibung praktizieren.
Die IDS-Grammatik (zweieinhalbtausend Seiten in drei Bänden) von 1997 wird zur Zeit verramscht. Meistens deutet das auf eine bevorstehende Neuauflage hin. Ob sie in Neuschrieb stehen wird? Das wäre allerdings fatal und würde der tüchtigen Grammatiker-Truppe des IDS eine unverdiente Narrenkappe aufsetzen.
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Th. Ickler


eingetragen von Walter Lachenmann am 18.11.2001 um 23.51

Dr. Nadeem Elyas, Vorsitzender des Zentralrates der Muslime in Deutschland, der ein ausgezeichnetes Deutsch spricht, sagte in der Sendung »Maischberger« heute nacht:

»Die Integrationsfrage ist tiefgreifender.«

Er hat ein Wort gebraucht, daß es in der offiziellen deutschen Rechtschreibung, etwa im neuen preisgekrönten Duden, überhaupt nicht gibt. Hat er einen Fehler gemacht? Muß er umlernen? Hätte er sagen sollen:

»Die Integrationsfrage ist tiefer greifend«?

Da hätte er etwas sehr ungewöhnliches gesagt, man hätte sich darüber gewundert, vielleicht hätte man es sich dadurch erklärt, daß sein Deutsch eben doch nicht so perfekt ist, er ist ja Ausländer.

Oder hat er in Wahrheit gesagt: »Die Integrationsfrage ist tief greifender«? Nein, das hat er nicht, das wäre ja auch Unsinn gewesen.

Sicherlich schaut jemand vom IDS hier regelmäßig herein. Wie wäre es mit einer Antwort? Oder ist »tiefgreifend« schon wieder zurückgeführt worden? Es ist ein bewährtes, viel verwendetes deutsches Wort. Dr. Nadeem Elyas weiß dies und geht damit ganz selbstverständlich in gutem Deutsch um.
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Walter Lachenmann


eingetragen von Sigmar Salzburg am 06.11.2001 um 21.33

Ein anonymer, aber beständiger Reformkritiker verzeichnete am 23.10.2000 im Spiegel-Online-Forum:

Wetternachrichten im Südwestrundfunk (SWR I?, 21.10.00, ca.19 Uhr).
Der Rundfunksprecher - also einer der aussprachetechnisch besonders geschulten Leute - spricht:
Das Wetter war weit (betonte Pause) gehend schön.

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Sigmar Salzburg


eingetragen von Jörg Metes am 06.11.2001 um 10.27

Was haben Radiosprecher im Manuskript und Fernsehmoderatoren auf dem Teleprompter stehen?

Bislang hatte ich immer vermutet: "schwerfallen" und nicht "schwer fallen". Ich hatte vermutet: All die Sendeanstalten, die in ihren Schrifttiteln, Programmvorschauen, Presseaussendungen und Videotexten die neue Rechtschreibung verwenden, sind - zumindest, was die Zusammen- und Getrenntschreibung angeht - bei Manuskript- und Telepromptertexten heimlich bei der herkömmlichen geblieben, und zwar ganz einfach deshalb, weil die neue ja nur zu Betonungsfehlern führen kann.

Vorhin aber hörte ich erstmals, wie ein Radiosprecher sagte:

»... dem es offensichtlich schwer fällt...«

Offenbar hat er von einem Manuskript abgelesen, in dem nicht "schwerfällt" stand, sondern "schwer fällt". Und es dann eben auch so betont.

Passiert so etwas öfters?
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Jörg Metes


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