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-- Arnd Stein (http://Rechtschreibung.com/Forum/showthread.php?threadid=338)
eingetragen von Theodor Ickler am 11.11.2001 um 19.23
Der gegenwärtigen Reform liegen keine Fehlerstatistiken zugrunde. Früher war das anders. In einem gewissen Umfang zumindest konnte man sich darauf berufen, daß Groß- und Kleinschreibung sowie Kommasetzung und auch - wenigstens bei Schulkindern - die verschiedenen s-Schreibungen (das/daß) eine Rolle bei der Bewertung spielten. Die Lösungen waren gemäßigte Kleinschreibung, Freigabe des Kommas und Einheitsschreibung das. Wir wissen, was davon geblieben ist. (Die gelockerte Kommasetzung findet man noch in neueren Kinderbüchern, sie ist aber insgesamt nicht durchgedrungen.) Niemand kann behaupten, daß Gämse oder Stengel gravierende Problemfälle in der Schule gewesen seien. Kein Mensch hat sogenannt falsch geschrieben.
Übrigens hat Arnd Stein auch zu den etymologischen Schreibungen eine gute Beobachtung: Eine Etymologie, die dem Schreibenden normalerweise gar nicht gegenwärtig ist, macht das Schreiben schwerer und nicht leichter.
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Th. Ickler
eingetragen von Elke Philburn am 11.11.2001 um 18.48
Hat man sich denn bei der Festlegung der neuen Regeln an typischen Fehlerquellen des Deutschen orientiert, oder wurde darüber eher gemutmaßt?
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http://www.vrs-ev.de/
eingetragen von Theodor Ickler am 11.11.2001 um 14.57
Arnd Stein: Das Rechtschreibspiel. 21. Aufl. München (Kösel) 2001
Diese Buch des Psychologen Stein ist seit 1981 auf dem Markt. Der Verfasser gibt nicht nur Übungen und Anregungen (wozu auch Kärtchen und Entspannungsübungen gehören), sondern arbeitet die unterschiedlichen, oft pathogenen Lebensumstände der Kinder heraus. Ein Abschnitt heißt "Die Legende von der Legasthenie". In der Einleitung kommt er auf die Rechtschreibreform zu sprechen, über die er sich vor zwei Jahren auch in einem Zeitschriftenaufsatz geäußert hat.
Stein hat 390 Diktate rechtschreibschwacher Schüler der 3. bis 5. Klasse untersucht. "Von den insgesamt ca. 29.000 Wörtern waren ca. 3.400 falsch geschrieben - und nur 25 dieser fehlerhaften Schreibungen würden nach der Neuregelung als richtig gelten. Das entspricht einer zu erwartenden Leistungsverbesserung von lediglich 0,7%."
Stein äußert daher den Verdacht, "dass die Rechtschreibreform nur in äußerst geringem Maße dazu beitragen kann, unsere alltägliche Schriftsprache zu vereinfachen. Demnach scheint der immense Aufwand, der für die Umsetzung der orthographischen Veränderungen notwendig ist, in einem extremen Missverhältnis zu seinem minimalen lebenspraktischen Nutzen zu stehen."
Zu einem ähnlichen Urteil kommt Stein bei der Groß- und Kleinschreibung.
"Daran wird auch die von der Reform verlangte Kleinschreibung der Anrede 'Du' (oder 'Euch') in Briefen nichts ändern. Diese vermeintliche Vereinfachung kann zudem als subtiler Eingriff in unsere persönlichen Beziehungen empfunden werden. Denn ein groß geschriebenes (sic) Du, Dich oder Dein vermittelt unserem Gegenüber Wertschätzung und Nähe. Ein kleines 'du' hingegen könnte unterschwellig emotionale Distanz suggerieren."
"Wenn wir als nach der Rechtschreibreform weiterhin kaum weniger als 99% unserer bisherigen Fehler machen, so liegt die Frage nahe: Warum hat man nicht alles beim Alten gelassen, oder aber den Dschungel der Orthographie konsequenter gelichtet?"
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Th. Ickler
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