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-- Sonst jemand, sonst was usw. (http://Rechtschreibung.com/Forum/showthread.php?threadid=345)
eingetragen von Theodor Ickler am 16.11.2001 um 10.23
Ja, und durch dick und dünn wird dann wieder klein geschrieben, und warum? Weil kein Artikel vorhergeht, die Wendung aber ohne Präposition auch nicht üblich ist, sonst müßte sie nämlich trotz Artikellosigkeit groß geschrieben werden! (§ 58 [3]) Phantastische Vereinfachung! Aber wieso führt diese Regel dazu, daß der Titel von Nietzsches Buch sich ändert: Jenseits von gut und böse? Es wird doch ausdrücklich gelehrt: Gut und Böse unterscheiden können. Im Kasten des neuesten Duden wird vorsichtshalber schon gar keine Regel mehr angegeben, aus der die verordnete Kleinschreibung im Nietzsche-Titel sich ergibt.
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Th. Ickler
eingetragen von Stephanus Peil am 16.11.2001 um 10.07
Nicht nur auf dem Gebiet der Getrennt- und Zusammenschreibung (hier am Beispiel sonst/irgend) findet man die von Herrn Ickler angesprochene Ersetzung einer Absurdität durch eine andere, auch die reformierte Groß- und Kleinschreibung trägt zur Verwirrung bei.
Das belegt u. a. eine Kleinanzeige in einem Anzeigenblättchen:
Keyboard-Unterr. leicht gemacht! Von Privat, f. Alt u. Jung, v. 6-66 J., (...)
bisher: Von Privat, f. alt u. jung
reformiert: Von privat, f. Alt u. Jung
eingetragen von Michael Schneider am 15.11.2001 um 10.44
Das leuchtet mir ein. Bedenkt man die Schlampigkeit der Reformer in anderen Bereichen, könnte es natürlich auch sein, daß sie die Verbindungen mit "sonst-" einfach vergessen haben. Und damit sie das jetzt nicht zugeben müssen, stellen sie die Getrenntschreibung als regelkonform hin, obwohl sie zur neuen Zusammenschreibung der "irgend"-Verbindungen im Widerspruch steht.
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Michael Schneider
eingetragen von Reinhard Markner am 14.11.2001 um 18.16
Die amtliche Regelung geht von dem Grundsatz aus, daß Getrenntschreibung die Regel ist und Zusammenschreibungen ausdrücklich zugelassen werden müssen. Daraus, daß für »sonst« keine »Ausnahme« vorgesehen ist, haben die Wörterbuchmacher gefolgert, daß in allen Fällen die Getrenntschreibung gilt.
eingetragen von Michael Schneider am 14.11.2001 um 17.04
Entschuldigen Sie, wenn ich hier nochmals nachhake: Im Falle von "sonst jemand" usw. wurde die Getrenntschreibung ja schon 1996 von den Wörterbüchern gefordert, als es noch gar keine zwischenstaatliche Kommission gab. Ich frage mich deshalb, wie die Wörterbuchredaktionen überhaupt auf diese Idee gekommen sind. Gab es schon damals außer dem amtlichen Regelwerk (samt Wörterverzeichnis) weitere, inoffizielle Unterlagen? Wahrscheinlich müßte man mal bei den Redaktionen direkt anfragen, aber ich bezweifle, daß man dort eine befriedigende Auskunft bekäme.
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Michael Schneider
eingetragen von Theodor Ickler am 14.11.2001 um 16.33
Die Neubearbeitungen der Wörterbücher von Bertelsmann (1999) und Duden (2000) sind in ständigem Kontakt mit der Rechtschreibkommission entstanden, darunter mehrere gemeinsame Sitzungen im Hause Duden/Mannheim, und der Geschäftsführer der Kommission, Klaus Heller, hat erklärt, diese beiden Wörterbücher seien nunmehr zuverlässig. Andererseits weichen sie in erheblichem Maß von der amtlichen Neuregelung ab, aber dies sind keine Eigenmächtigkeiten, sondern, wie auch der stellvertretende Duden-Chefredakteur in einem Aufsatz erklärt hat, Auswirkungen der in der Zwischenzeit gefaßten Beschlüsse der Kommission. (Die Dokumente finden sich alle hier irgendwo auf den Rechtschreibseiten, mit Erläuterungen auch in meinem Buch "Regelungsgewalt".) Diese Beschlüsse sind für die Wörterbuchredaktionen "ebenso verbindlich" wie die amtlichen Regeln. Weil die Beschlüse der Kommission nicht auf andere Art zugänglich sind, sondern nur aus diesen beiden Wörterbüchern erschlossen werden können, ist es nicht mehr sinnvoll, zwischen der amtlichen Neuregelung und ihrer Auslegung durch die Wörterbuchredaktionen zu unterscheiden.
Übrigens entsprechen die Änderungen großenteils den Korrekturvorschlägen der Kommission zur Mannheimer Anhörung, die allerdings dann von den Kultusministern untersagt worden sind.
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Th. Ickler
eingetragen von Michael Schneider am 14.11.2001 um 16.04
Aber ist für diese neue Absurdität wirklich die Reformkommission verantwortlich zu machen? Mir schien es eher eine Eigenmächtigkeit der Wörterbücher zu sein, denn aus dem amtlichen Regelwerk sind die Getrenntschreibungen "sonst jemand" usw. ja gar nicht abzuleiten. Ich bin überhaupt erst durch Kürschners "Neue Rechtschreibung kompakt" darauf aufmerksam geworden; die Kommentarliteratur der Reformer selbst (z.B. Gallmann/Sitta, Zabel, Blüml) erwähnt diese Fälle gar nicht (Ausnahme: Heller). Und anders als z.B. bei "Mundvoll" oder "unter der Hand", die ebenfalls nicht im amtlichen Regelwerk stehen, aber zumindest indirekt daraus abgeleitet werden können (§ 39 E2 (1) bzw. § 55 (4)), läßt sich für "sonst jemand" usw. auch keine Regel finden. Die Frage wäre dann: Wie verbindlich sind solche Erfindungen der Wörterbuchredaktionen (z.B. für die Schulen)? Ist nicht das amtliche Regelwerk die alleinige rechtliche Grundlage der Reform?
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Michael Schneider
eingetragen von Theodor Ickler am 14.11.2001 um 12.48
Wie Herr Schneider schon andeutet, ist hier im Grunde nur eine Absurdität durch eine andere ersetzt worden, wie so oft. Der alte Duden verlangte unrealistischerweise, daß sonst mit jemand usw. zusammengeschrieben werden solle, wenn es die Bedeutung 'irgend' hat. Gerade irgend jemand sollte aber getrennt geschrieben werden! Die Neuregelung macht es gerade umgekehrt: mit irgend wird alles zusammengeschrieben, mit sonst aber getrennt.
Eine Darstellung des tatsächlichen Schreibbrauchs findet man in meinem Rechtschreibwörterbuch.
Was die Überlegungen der Reformer betrifft, so kann man nur vermuten, daß sie es so ähnlich wie bei den Volksetymologien gehalten haben: Weil gelegentlich jemand belämmert schrieb, soll jetzt nur noch dies richtig sein. Änderung um ihrer selbst willen, mit einem Hauch Begründung, oder als Ersatz für die eigentlich geplanten Änderungen, aber wahrscheinlich auch, um Kasse zu machen.
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Th. Ickler
eingetragen von Stephanus Peil am 14.11.2001 um 10.18
auch Bertelsmann, Die neue deutsche Rechtschreibung, vom Frühjahr 1996 (limitiertes Leseexemplar für die Schule)sieht die Getrenntschreibung in Verbindung mit "sonst" vor: sonst jemand, sonst was, sonst wem, sonst wen, sonst wer, sonst wie, sonst wo, sonst woher, sonst wohin.
eingetragen von Michael Schneider am 14.11.2001 um 10.07
Seit 1996 fordern die Wörterbücher von Duden und Bertelsmann, Verbindungen mit "sonst" immer getrennt zu schreiben (sonst jemand, sonst was, sonst wer, sonst wo, sonst wohin). Im amtlichen Regelwerk hat dies jedoch offenbar keine Grundlage: Verbindungen dieser Art sind dort nirgendwo explizit aufgeführt, und es gibt auch keine Regel, aus der sich die Getrenntschreibung implizit ableiten ließe (keine der in § 39 E2 genannten Gruppen paßt). Im Gegenteil: Verbindungen mit "irgend-" sollen ja jetzt alle zusammengeschrieben werden, und "sonst-" hat in den früher zusammengeschriebenen Verbindungen gerade die Bedeutung "irgend-" (vgl. den Eintrag "sonst" im alten Duden). Während es also früher hieß "irgend jemand", aber "sonstjemand", soll es jetzt angeblich heißen "irgendjemand", aber "sonst jemand".
Weiß jemand, wie die Wörterbücher zu dieser eigenmächtigen Entscheidung gekommen sind? Hatte auch die Erstausgabe des Bertelsmann vom 2. Juli 1996 schon Getrenntschreibung? Und die anderen Wörterbücher (Aldi, Eduscho usw.)?
Für jeden Hinweis bin ich dankbar.
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Michael Schneider
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