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Forum (http://Rechtschreibung.com/Forum/index.php)
- Beispielsammlung über Sinn und Unsinn (http://Rechtschreibung.com/Forum/forumdisplay.php?forumid=7)
-- VDI (Verein Deutscher Ingenieure) (http://Rechtschreibung.com/Forum/showthread.php?threadid=368)
eingetragen von Michael Krutzke am 27.05.2002 um 11.21
Die Frittenbude ...
Der VDI zählt nach eigenen Angaben 126.000 Mitglieder, ein Drittel davon Studenten und Jungingenieure. Er ist ein technisch-wissenschaftlicher Verein mit dem zentralen Anliegen des "Transfers von Technikwissen" durch Tagungen, mit Hilfe der Wochenzeitung "VDI-nachrichten" und natürlich durch Internet-Aktivitäten. Bedeutend ist der VDI auch bei der Formulierung "anerkannter Regeln zum Stand der Technik" in den "VDI-Richtlinien". Es würde mich nicht wundern, wenn die dort erforderliche sprachliche Eindeutigkeit bei auf Neuschrieb umgestellten Texten in einigen Fällen Umformulierungen nötig machte.
Die Zeitung "VDI-nachrichten" hat sich erst spät der freiwilligen Medien-Gleichrichtung angeschlossen. Der von mir sehr geschätzte Heiko Mell durfte noch ein paar Wochen länger die hohe inhaltliche und sprachliche Qualität seiner Beiträge in der Rubrik "Karriereberatung" orthographisch angemessen zum Ausdruck bringen. Vor einigen Jahren gab sich der seinerzeit eher konservativ und vielleicht auch ein bißchen verstaubt anmutende Verein (bei Einladungen zu geselligen Veranstaltungen hieß es schon mal "mit Damen" ...) ein neues Erscheinungsbild. Vielleicht gibt es auch da einen Zusammenhang mit der Wahl der Rechtschreibung.
Über meinen Mitgliedsbeitrag bin ich Teilhaber der VDI-Frittenproduktion. Meine Ablehnung der Rechtschreibreform und ihrer Umsetzung in den VDI-Medien fußt auf meinem gewachsenen Sprachgefühl, sprachwissenschaftlich bin ich völliger Laie. Damit kam ich bisher ganz gut zurecht, allerdings beobachte ich bei mir (und auch in meinem Umfeld) zunehmende Unsicherheiten und einen vermehrten Bedarf, im Wörterbuch nachzuschlagen. Für mich eine Folge der Reform, und ich neige dazu, dies auch den Reformern anzukreiden. Andere Folgen ebenso – etwa Übergeneralisierungen oder das, was man als Beliebigkeit bei der Schreibung ansehen kann. Natürlich werden die Reformer sagen, das seien Übergangsprobleme, alles sei in Ordnung und überhaupt wimmele es von falschen Beispielen. Wenn aber diese "falschen Beispiele" durch die reformgestiftete Verwirrung entstehen, spricht das mindestens soviel gegen die Reformer wie gegen die Unwissenden, die diese Beispiele liefern.
... und die Bonbonpapierchen
Mit einer Beispielsammlung werde ich ein Schreiben an den VDI garnieren, das ich gerade vorbereite. Da bin ich bisher bei weitem nicht so eifrig gewesen wie etwa Frau Salber-Buchmüller, deren Unermüdlichkeit Respekt verdient.
Herrn Icklers Feststellung, gesammelte Bonbonpapierchen schadeten nicht, kann ich aus Gesprächen mit RSR-Befürwortern aus meinem Umfeld nur bestätigen; anhand von Beispielen ergaben sich immer mal interessante (wenn auch laienhafte) Fragestellungen zu "Sinn und Unsinn" der Reform – dem Thema dieses Strangs.
Meine Vorstellung: Setze sich jeder auf den ihm zugänglichen Ebenen mit der Reform und ihren Folgen auseinander. Entsprechend der eigenen sprachwissenschaftlichen Reichweite finden die Gourmets dann die wirklichen Pralinen, und das weniger genußfähige Volk begnügt sich mit dem einen oder anderen Bonbon, das dann vielleicht auch mal nicht ganz so schmackhaft ist. Daß ein Herr Augst sich von Pralinen so wenig beeindrucken läßt wie von Bonbons, hat er ja hinlänglich bewiesen. Er weiß die Mächtigen im Staat und in den Medien hinter sich, kann auf die "normative Macht des Faktischen" bauen und hat – verbündet mit unfähigen Kultus-Apparatschiks und einer Lehrer-GEWerkschaft – einen entscheidenden strategischen Vorteil: die amtlich befohlene und gerichtlich erlaubte Geiselnahme der Schulkinder.
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Michael Krutzke
eingetragen von Michael Krutzke am 27.05.2002 um 11.02
VDI-Homepage: "Deutschland vernetzt Mikrochip-Forscher der Welt" vom 24.5.2002
"... Software-Programme nutzen, um Computer gestützt zum Beispiel Fehler in Schaltkreis-Entwürfen zu finden."
Zwar gibt es "sogenannte", aber dann auch wieder "... Grundlagen für die Computer unterstützte Entwicklung ..."
(Quelle: Institut für Telematik e.V, 24.05.2002)
Ausgleichend: Eine andere Meldung (Quelle: Universität Ulm) ist in herkömmlicher Rechtschreibung gehalten.
Wenn "Computer gestützt" "Reform konform" ist, müßten aus "gebäudetechnischen Anlagen" nicht auch "Gebäude technische Anlagen" werden, oder ist das dann plötzlich fachsprachlich?
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Michael Krutzke
eingetragen von Martin Reimers am 08.05.2002 um 17.06
Alle würde man wohl nicht unterkriegen können. Auf jeden Fall wäre es wichtig, nur solche Blüten zu verwenden, die wirklich amtlich sind, wobei diejenigen vielleicht besonders gekennzeichnet werden könnten, bei denen Duden oder Bertelsmann keine andere Schreibweise zulassen (so wie in einem nicht mehr ganz aktuellen IKEA-Katalog von 2000 die schöne Formulierung: " ... macht Schmutz und Wasser abweisend").
Blüten, die sich aus Übergeneralisierungen ergeben, würde ich lieber nicht verwenden, oder nur dann (gesondert), wenn sie aus Texten stammen, deren Urheber wirklich einen Ruf zu verlieren haben. Sonst kann Augst - sofern er überhaupt noch den Mund aufkriegt - sich wieder auf die "ständig falschen Beispiele" berufen, die ja tatsächlich hin und wieder bei uns kursieren.
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Martin Reimers
eingetragen von Ruth Salber-Buchmüller am 08.05.2002 um 12.08
Das "ss" ist (leider) mittlerweile
die Regel und "normal".
Alle anderen Rechtschreibblüten
werden meistens in längeren und
langen Texten - und in Zeitungen
wahrscheinlich sowieso - überlesen.
Das führt beim unbedarften Leser
zu der Einschätzung: Ist ja alles
halb so wild.
Ich habe hier auf dieser Seite
schon mehrfach gefragt, ob es denn
nicht möglich sei, eine Kampagne
mit einem wohlbedacht konstruierten
Text mit allen Novitäten zu starten,
die, komprimiert, beim Leser eine
"Das kann doch nicht wahr sein"-Reaktion
auslösen, oder aber eben eine
"Beispiel lose" Bestürzung.
Die Beiträge heute auf der
Nachrichtenseite
"Orthografie frei nach Schnauze"
geben mir den Impuls zu diesem Eintrag.
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Ruth Salber-Buchmueller
eingetragen von Theodor Ickler am 08.05.2002 um 02.52
Ich schreibe immer noch viele Briefe und Mails und bekomme oft auch interessante und verwertbare Antworten. Die hier vorgeführten Blüten sind mir als Teile einer Stoffsammlung durchaus willkommen. Natürlich sollten wir nicht jedes Bonbonpapierchen mit einem eigenen Eintrag würdigen (außer wenn es ein besonderer Leckerbissen ist), aber andererseits sind solche Spalten mit gesammelten Fundstücken ja nicht weiter schädlich.
Eben lese ich in Eroms' Syntax, die ich anderswo schon als außerordentliche Fehlleistung des ehemals angesehenen Verlags de Gruyter gewürdigt habe, mehrmals über den Großen Teich, wie es die Reform ja vorsieht. Es kommt einem, wenn man es tatsächlich in so einem Text trifft, noch widersinniger vor, nicht nur aus Gewohnheit (die es hier gar nicht gibt, denn so häufig kommt der Ausdruck nicht vor). Es liegt wohl daran, daß der kleine Scherz verlorengeht, wenn man die Bezeichnung gleichstellt mit das Gelbe Meer usw.
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Th. Ickler
eingetragen von Martin Reimers am 07.05.2002 um 21.46
Frau Salber Buchmüller und Herr Kukulies haben ganz sicher recht. Ich sehe wenig Sinn darin, hier im Forum jedes Bonbonpapierchen vorzuführen (außer wenn sichhierdurch wirklich neue Fragestellungen für uns ergeben, das mag ja vorkommen). Viel wichtiger ist es, die Urheber des Unfugs in den Zeitungsredaktionen direkt anszusprechen. Häufig erfahren die Verfasser ja erst nach der Korrektur (wenn überhaupt), wie ihnen das Wort im Mund herumgedreht wird.
Hierfür einmal Leserbriefe ein geeigneter Weg, die ja, auch wenn sie nicht veröffentlicht werden, die Verfasser erreichen. Außerdem könnte man sich ja auch persönlich an Leute wenden, die wirklich gute Artikel schreiben und denen man vielleicht auch selbst etwas zu sagen hat, unabhängig von der RSR.
Gerade die gedanklich reichhaltigen und sprachlich nuancierten Artikel leiden ja am meisten unter dem Prokrustesbett. Hier sollten wir ansetzten und nicht bei jedem Aushang einer Frittenbude. Das kann doch keinen guten Autoren kalt lassen, wenn man ihm ohne jede Häme klarmacht, wie sehr und woran die Qualität seiner Beiträge leidet.
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Martin Reimers
eingetragen von Ruth Salber-Buchmüller am 06.05.2002 um 17.15
Es ist wohl leider so, daß all die aufgespürten
Blüten letztlich hier in "einem Loch versinken".
Ich habe schon seit Jahren darauf hingewiesen
(wenn ich "seit Jahren" sage, dann meine ich
den annähernd täglichen Telefon- und Briefkontakt
über fünf Jahre
mit Herrn Riebe), es mögen doch bitte mehrere
aus unserer Runde die "Blüten" aufgreifen und
in Form eines Leserbriefes reagieren. Das ist aber
leider offenbar nie geschehen. Ich habe immer
die Zeitungen angeschrieben - wirklich unentwegt.
Doch was kann ein einzelner schon ausrichten?
Auch jetzt mache ich unverdrossen weiter und
reagiere per Leserbrief auf alle hier angeführten
Unsäglichkeiten - als Rufer in der Wüste.
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Ruth Salber-Buchmueller
eingetragen von Christoph Kukulies am 06.05.2002 um 15.37
Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Michael Krutzke
Der VDI hat Hochwertiges zu bieten. Bedauerlicherweise meint er, dies sprachlich minderwertig beschreiben zu müssen. Das kann einem Leid tun ...
Wir sammeln solche Fundstücke hier mit großem Eifer und Fleiß. Und manchmal kommt es mir so vor, als täten wir dies allein zur eigenen Belustigung, um diese Beiträge anschließend in einem großen schwarzen Loch zu versenken.
Werden die Verfasser, Redaktionen, Autoren eigentlich irgendwie mit dem Unsinn, den sie da verzapft haben, konfrontiert?
Will sagen, liest das noch jemand außer uns, die wir hier täglich vorbeischauen?
Ich fände es gut, man würde parallel zum Einstellen der Nachricht auch die Verursacher mit einer kleinen Werbepostille (URL) bedenken. Vielleicht tut das ja der eine oder andere.
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Christoph Kukulies
eingetragen von Michael Krutzke am 06.05.2002 um 13.56
VDI-Homepage: Aus verschiedenen Pressemitteilungen:
... wurde besonders in der Flugzeug- und Automobilindustrie voran getrieben...
... eingeschränkt vorangetrieben werden ...
Kurz vor der Markteinführung stehen neue Leichtbauwerkstoffe, die sogenannten "Nanokomposite".
Obwohl die Stellenanzeigen für Ingenieure und Informatiker im Jahr 2001 konjunkturbedingt um 29 Prozent zurück gegangen sind, ... und wir diskutieren ganz zurecht die Zuwanderung ...
Dies wird getrieben vom technologischen Fortschritt, der auch in Zukunft weiter gehen wird.
Reaktion wie sie im Anschluß ... den Anschluss an den internationalen Wettbewerb ...
... gegenüber dem Vorjahr um 29 % zurück gegangen ... als eine Stellenanzeige erfaßt werden ...
In diesen Fällen wurden Meßwerte ...
Der zweisprachige Weissdruck der vollständig überarbeiteten Richtlinie VDI 3460 ...
Der VDI hat Hochwertiges zu bieten. Bedauerlicherweise meint er, dies sprachlich minderwertig beschreiben zu müssen. Das kann einem Leid tun ...
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Michael Krutzke
eingetragen von Michael Krutzke am 17.12.2001 um 12.55
"Stoßdämpfer für einen Koloss aus Stahl und Beton"
VDI nachrichten, 14.12.2001 (online)
"Das schaffen die Konstrukteure, in dem sie die 39 Kammern des Fußes sukzessive fluten ..."
"MikroWebFab für die Entwicklung und Produktion von neuen Produkten"
VDI-Homepage, "News und Aktuelles"
"Im Projekt MikroWebFab soll ein Kooperationsnetzwerk erprobt werden, in dem mittelständische Firmen den Partnern ihr spezifisches Know-how und ihre Kapazitäten zur Verfügung stellen.
Wird eine gründlich durchreformierte Leserschaft irgendwann noch einen Unterschied erkennen? Die "Amtliche Regelung"* schreibt die Zusammenschreibung vor, die Lust an der Getrenntschreibung ist aber wohl "Grenzen los".
* Quelle: Homepage des ids Mannheim. PDF-Datei, erstellt am 18.10.99
eingetragen von Sigmar Salzburg am 14.12.2001 um 16.48
Hochglanzbroschüre der Architekten- und Ingenieurkammer Schleswig-Holstein zur Erinnerung an den „Tag der Ingenieurbaukunst" am 15. Juli 2001.
Aus den abgedruckten Reden: „ ...war gerade mal etwas schiefgegangen. .. ich bitte Dich, lieber Uwe, einmal kurz wegzuhören... Schifffahrt... ich bitte Sie um Ihre Grussworte." (Peter Rohwer; Erster Vizepräsident).
„Das es sich bei diesen Weltwundern zum Grossteil um ingenieurtechnische Meisterleistungen der Antike handelt, zeigt deutlich, mit welch berechtigtem Stolz und mit welchem Selbstbewusstsein die Ingenieure von Altersher ihren Beruf betrachteten und wertschätzten. ...besorgniserregenden Rückgang von Studenten ..." (Dr.-Ing. Karl-Heinrich Schwinn, Präsident der Bundesingenieurkammer)
„Es ist Eiffels Turm in Paris, der für die Weltausstellung von 1889 fertig gestellt worden war." (Festvortrag Dr.-Ing. Klaus Stiglat)
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Sigmar Salzburg
eingetragen von Michael Krutzke am 13.12.2001 um 15.46
VDI-Trendletterthema
"Keine Chance für Panzerknacker", 14.12.2001
"... So kann man beispielsweise die Schließelektronik des Tresors mit der Alarmanlage zusammen schalten."
Anmerkung: So wird aus der elektrischen Verbindung zweier Systeme eine gemeinsam durchgeführte Tätigkeit. Diese sprachliche Klarheit bei der Beschreibung eines technischen Sachverhalts ausgerechnet beim VDI anzutreffen, der nach eigenem Anspruch (nein, es wird als Vision verkündet) "... national und international anerkannter Dienstleister und Sprecher der Ingenieure und der Technik ..." sein will, ist peinlich.
Alle angegebenen Zeiten sind MEZ
Rechtschreibung.com – Nachrichten zur Rechtschreibfrage