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-- Sammlung: Probleme der ss/ß-Schreibung (http://Rechtschreibung.com/Forum/showthread.php?threadid=390)
eingetragen von Sigmar Salzburg am 28.04.2010 um 07.10
Peter Eisenberg hat 2006 eine kurze Untersuchung (in traditioneller Kulturschreibung) der Schreibweisen Luthers veröffentlicht.
http://opus.kobv.de/ubp/volltexte/2006/996/pdf/eisenberg.pdf
Peter Eisenberg
Jeder versteht jeden.
Wie Luther die Pfingstgeschichte schreibt
Interessant sind darin auch seine Bemerkungen zur s-Schreibung. (Die Formatierung mußte für diese Wiedergabe vereinfacht werden, Dreiecksklammern durch " ersetzt):
(8) s-Schreibung
a. [z] im Anfangsrand
sie, sich, sind, sei, sol, sahe, Söne, brausen, diese, gesagt
b. [ſ] im Anfangsrand vor [p] und [t]
sprache, spot, stimme, stund aber schnelle, geschehen
c. [s] im Endrand
das, aus, als, ist, eines, Haus, Geist, weissagen
d. [s] als Gelenk
lasset, wisset, Jüdengenoss
e. [s] zwischen gespanntem betontem und unbetontem Vokal
grossen, süsses, ausgiessen, sassen
Die Schreibungen 8a–d entsprechen unseren heutigen, sieht man einmal davon ab, daß Luther (an anderer Stelle) wuste, gewis schreibt, wo bis zur Neuregelung ein "ß" verwendet wurde.
Auch die Konjunktion das schreibt Luther ja mit "s".
Das System kollabiert bei 8d, e. Das fehlende "ß"führt hier eindeutig zu Leseerschwernis.
Wir haben an dieser Stelle sozusagen Schweizer Verhältnisse und es sieht alles danach aus, als würden die wenigen Schweizer Scharfmacher [!] unter den Neureglern den ganzen riesigen deutschen Sprachraum zu Luther zurückführen.
Der häufigste durch die Neuregelung verursachte Rechtschreibfehler ist vom Typ 8e, d.h. viele Kinder schreiben jetzt Strasse, reissen, draussen. Und nicht wenige Deutschlehrer meinen, die Tage des "ß" seien gezählt.
N.B.: Wenn Luther und vielleicht auch Dürer das „ß“ nicht verwendeten, so war es doch bereits seit 200 Jahren verbreitet und gebräuchlich. In meiner Musik-Bibel, Praetorius’ Syntagma … 1619, ist es als Schluß- und Silbenschlußzeichen verwendet. Sogar die „das“ und „daß“ sind richtig gesetzt, letztere allerdings nicht immer durchgängig, was von verschiedenen Setzern herrühren könnte. Michael Praetorius war der Sohn des Pfarrers Michael Schulteis, der in Wittenberg Schüler Luthers und Melanchthons war, steht also mit der lutherischen Schreibtradition in enger Verbindung. Da das „ß“ allgemein als Verbindung von Lang- und Schluß-s verstanden wurde, kommt es als Silbengelenk im Wortstamm nicht vor. Durch die Verwendung des langen „ſ“ wird der Nachteil etwas entschärft, wird jedoch beim Wort „Maſſen“ mißverständlich, besonders in der Übertragung in heutige Rund-ss: „Vff was massen die Vnisoni und Octaven zu gebrauchen …“.
eingetragen von Sigmar Salzburg am 02.01.2008 um 12.01
Kieler Nachrichten v. 31.12.07
[Bild]
Ab ins Wasser und dann – tschüss 2007!
Zum Jahresende ein Sprung ins kalte Wasser: Acht Wagemutige stürzten sich gestern in den 3,5 Grad kalten Schmalensee bei Bornhöved … Das Abbaden fand zum fünften Mal statt …
Die Aussprachediktatur der „Reform“ läßt die weitverbreitete norddeutsche Aussprache mit langem „ü“ nur in der Schreibweise „Tschüs“ zu. Das übliche „Tschüß“ ist seit dem Regelwerk 1996/2006 verboten – unsinnigerweise, denn man findet auch die Formen „Tschüßing“ und „viele Grüße und Tschüße“. „Tschüsing; Tschüse“ wäre auch nach „neuer“ Rechtschreibung falsch.
Ein Wikipedia-Held schreibt in dem betreffenden Artikel: „Auch die Form tschüssing kann sowohl mit langen als auch kurzen Vokalen ausgesprochen werden, jedoch immer mit stimmlosem "s".
Er hat „Heyse“ nicht verstanden.
Nachtrag: Auf der Seite der FDS weist David Konietzko daraufhin, daß im alten Duden nur „tschüs“ richtig sein sollte, „tschüß“ aber mißverständlich in dudeneigener Lautschrift (in Kursivdruck) nur eine Aussprachevariante anzeigen sollte.
– geändert durch Sigmar Salzburg am 03.01.2008, 07.31 –
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Sigmar Salzburg
eingetragen von Detlef Lindenthal am 06.10.2005 um 12.07
Zitat:Das ist richtig; was Sie nämlich hierbei voraussetzen, ist, daß die Trennfuge bekannt ist; und Kinder kennen die Trennfuge, weil sie wissen, wie das Wort ausgesprochen wird.
Ursprünglich eingetragen von Sigmar Salzburg
Schönen Dank. Mir geht es darum, die einfachste Formel für Schüler zu finden, die nie anderes als Heyse kennengelernt haben. Für die sollte es das Problem "müsste"/"aussteigen" nicht geben. Das taucht nur in der maschinellen Umsetzung auf.
Also wird ss vor Trennfuge zu ß; muß- te, wüß- te, faß- bar, Meß- ergebnis; aber: mes- sen (ss bildet das Silbengelenk).
eingetragen von Christoph Kukulies am 06.10.2005 um 10.21
Zitat:Es sind (noch) nicht so furchtbar viele, ca. 140. Man kann aber nicht sagen, daß es alles Regeln sind. Vieles sind auch Einzelaufzählungen, die nur als Reaktion auf häufiger auftretende Sonderfälle zu bewerten sind. Z.B. mußte ich unterscheiden, ob Reinhold Messner im Text vorkommt - dann ist nicht zu korrigieren - oder ob es sich um den "Messner" handelt. Regeln haben ja etwas algorithmisches. Davon gibt's sicher auch einige. Wer die Quelle haben möchte, kann sich gerne an mich wenden.
Ursprünglich eingetragen von Detlef Lindenthal
Zitat:Diese Regel ist (fast[*1]) notwendig, aber nicht hinreichend (d.h. es werden noch weitere Regeln gebraucht).
Sigmar Salzburg schrieb:
Alle ss, die am Wort- oder am Silbenende stehen, werden zu „ß“. Das „Ass“ jedoch verliert ein „s“.
...
Herr Kukulies hat, darauf aufbauend, die wohl derzeit umfassendste Regelnsammlung in Normalfilter.de gesammelt – wie viele Regeln sind es jetzt bei Ihnen, Herr Kukulies?
[*1] Tass bleibt Tass: Telegrafnoe Agentstwo Sowjetskowo Sojusa
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Christoph Kukulies
eingetragen von Karl-Heinz Isleif am 06.10.2005 um 08.18
Nur der Vollständigkeit halber: Wenn ein Apostroph am Ende den letzten Vokal ersetzt, bleibt ss stehen:
Laß mich in Ruhe (Befehlsform)
Ich lass' dich in Ruhe (Der Apostroph ersetzt das 'e' am Ende).
Karl-Heinz Isleif
Tokyo, Japan
eingetragen von Sigmar Salzburg am 06.10.2005 um 07.17
Schönen Dank. Mir geht es darum, die einfachste Formel für Schüler zu finden, die nie anderes als Heyse kennengelernt haben. Für die sollte es das Problem "müsste"/"aussteigen" nicht geben. Das taucht nur in der maschinellen Umsetzung auf.
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Sigmar Salzburg
eingetragen von Detlef Lindenthal am 06.10.2005 um 01.49
Zitat:Diese Regel ist (fast[*1]) notwendig, aber nicht hinreichend (d.h. es werden noch weitere Regeln gebraucht).
Sigmar Salzburg schrieb:
Alle ss, die am Wort- oder am Silbenende stehen, werden zu „ß“. Das „Ass“ jedoch verliert ein „s“.
Einen kleinen Vorgeschmack von Regeln sehen Sie auf
http://gutes-deutsch.de/Umsetzer/Umsetzer.html .
Dort habe ich 35 Regeln zusammengetragen (nicht alle betreffen ss), mit denen sich geschätzt 95 v.H. oder mehr der ss-Fälle beheben lassen; aber es müssen auch viele Einzelfallunterscheidungen getroffen werden: mußte ggü. aussteigen, dafür braucht man dann schon bald Wörterlisten.
Herr Kukulies hat, darauf aufbauend, die wohl derzeit umfassendste Regelnsammlung in Normalfilter.de gesammelt – wie viele Regeln sind es jetzt bei Ihnen, Herr Kukulies?
[*1] Tass bleibt Tass: Telegrafnoe Agentstwo Sowjetskowo Sojusa
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Detlef Lindenthal
eingetragen von Sigmar Salzburg am 05.10.2005 um 21.40
Eine Frage an die Experten: Ist für die Umwandlung von reformierter Heyse-Schreibung in die traditionelle Schreibung folgende Regel hinreichend?:
Alle ss, die am Wort- oder am Silbenende stehen, werden zu „ß“. Das „Ass“ jedoch verliert ein „s“.
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Sigmar Salzburg
eingetragen von Norbert Lindenthal am 29.09.2005 um 06.28
Darf man der Rechtschreibreform unterstellen, daß sie ein Problem gelöst hat, oder muß man lieber mal genau nachfragen? Früher schrieb man am Ende den letzten Buchstaben mal so, mal so: Fehlergebnis, Fehlergebiß. Ist das mit der einstimmigen Ausradierung des Volksentscheids besser geworden?
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Norbert Lindenthal
eingetragen von Karl-Heinz Isleif am 28.09.2005 um 09.58
Das ist postreformatorisch. Früher gab's nur Löffelgebnisse und ab und zu mal ein Gabelgebnis.
Karl-Heinz Isleif
eingetragen von Christoph Kukulies am 28.09.2005 um 08.38
Gefunden am Wochenende in Heidelberg:
Weiß jemand, ob dies ein prä- oder postreformatorischer Auswuchs ist?
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Christoph Kukulies
eingetragen von Detlef Lindenthal am 12.06.2005 um 06.43
Das „Handelsblatt“ hat jetzt die Lösung für die ss/ß-Schreibung:
Anlaßss.
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Detlef Lindenthal
eingetragen von Kevin Schmidt am 14.04.2005 um 13.36
Hallo,
irgendwie brigen hier immer wieder einige Leute, daß das Italienische Doppelkonsonanten zur Verkürzung von Vokalen einsetzt!? Ich spreche selber etwas und es stimmt zwar, daß das Intalienische auffallend viele Doppelkonsonanten hat aber die haben nichts mit der Verkürzung der Vokale zu tun. Alle doppelt geschriebenen Mitlaute werden länger gesprochen. Zum Beispiel wird "bello" mit einem langen L gesprochen. Lange Konsonanten kennt die Deutsche Sprache nicht. Dies kann man auch im Internet nachlesen. Zum Beispiel auf http://de.wikipedia.org/wiki/Italienische_Sprache
In allen romanischen Sprachen (Spanisch, Italienisch, Französisch, Portugiesisch) wird auf die Länge der Vokale nur wenig Rücksicht genommen, da es hier keinen Unterschied ausmacht, ob ein A nun lang oder kurz ist.
Ich entschuldige mich, wenn das hier nicht hin paßt aber ich möchte, daß das klar wird!
Mit freundlichen Grüßen :-)
Kevin Schmidt
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Ba dheas an lá go oíche
Na glortha binna i mo thaobh
S'aoibhneas a ga áit gan gruaim
Áthas a mo chroí go deo
eingetragen von Karin Pfeiffer-Stolz am 15.12.2004 um 09.00
Vor allem Kinder und Wenigschreiber werden künftig Opfer der Ähnlichkeitshemmung beim Schreiben von das und dass. Begründung: Bei sicheren Schriftsprachenbenutzern, welche sich von der klassische Rechtschreibung auf die reformierte umgestellt haben, läuft während des Schreibens von s-Lauten parallel zum neuen stets auch das alte „Programm“ im Hintergrund mit, ob sie das wollen oder nicht. Wer also „dass“ schreibt, hat noch immer gefühlsmäßig ein „daß“ vor dem inneren Auge. Wie ich schon an anderer Stelle ausgeführt habe, ist „daß" durch seine typographische Erscheinungsform leichter von „das“ zu unterscheiden. „dass“ und „das“ hingegen sind beim flüchtigen Betrachten ähnlich und können weniger leicht auseinandergehalten werden.
Wer nun vor dem inneren Auge „daß" sieht, während er „dass“ schreibt, ist im Vorteil, und deshalb sind Umlerner beim Schreiben einfach sicherer.
Ganz anders die Kinder, die nur mit der Reformschreibung aufwachsen. Ihnen wird in der Schule vor allem der verkürzte Lehrsatz „ss nach kurzem Vokal“ eingehämmert. Dieser Satz ist ihnen stets präsent, wenn sie s-Laute schreiben, also auch, bei „das“ oder „dass“. Bei der Aussprache von „das“ und „dass“ gibt es so gut wie keinen Unterschied, es klingt immer kurz und stimmlos:
Ich glaube, daß das Kind, das so etwas lernt ...
Wer nun grammatisch den Unterschied das/dass nicht erfaßt, jedoch die Regel „ss nach kurzem Vokal“ verinnerlicht hat, wird häufig „dass“ schreiben, auch wenn er „das“ schreiben sollte. Lassen wir noch etwas Zeit vergehen, bis die ersten Neuschreibgenerationen mit Texten aus der Schule an die Öffentlichkeit treten. Zweifler werden dann meine Vermutung in der Realität bestätigt finden.
Nachtrag: Was die s-Laute betrifft, ist das Lesen von Texten in klassicher Rechtschreibung für Neuschreiber nicht schädlich, sondern pädagogisch geradezu ein Glücksfall. Der scheinbar paradoxe Umstand erklärt sich aus dem oben Gesagten. Die Lehrer sollten also Springer und FAZ dankbar sein für die Wiedereinführung von „daß", weil es den Kindern hilft, „dass“ richtig zu schreiben.
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Karin Pfeiffer-Stolz
eingetragen von Heinz Erich Stiene am 26.10.2004 um 12.08
Meine Tochter bekam gestern von einer Freundin (Gymnasium, 5. Klasse) einen Zettel mit drei, vier Geburtstagswünschen. Und dann: "Wenn du noch was anderes hasst ist es mir auch egal." Meinen Sohn (11 Jahre) erwischte ich kürzlich u.a. mit einem "fasst". Er meinte "fast". Die Regel ist also angekommen und wird in den Schulen problemlos umgesetzt.
Wer sich der Gedapo (Gedankenpolizei) der political correctness wenigstens vorübergehend einmal entziehen möchte, dem sei dieses Buch ans Herz gelegt: Klaus Rainer Röhl, Deutsches Phrasenlexikon. Lehrbuch der Politischen Korrektheit für Anfänger und Fortgeschrittene (Berlin u. Frankfurt: Ullstein, 1995). Auf dem Schutzumschlag lautet der Untertitel übrigens: Politisch korrekt von A bis Z. Zu den feministischen Bildungen mit "-Innen" bzw. "-/innen" heißt es da u.a.: "Doch bleibt auch das Toskanadeutsch der taz unerbittlich gegen alle negativen Erscheinungen. Sie erhalten keinen Schrägstrich. Also: AusländerInnen, DemonstrantInnen, aber nicht: KinderschänderInnen, FaschistInnen, HolocaustleugnerInnen."
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Heinz Erich Stiene
eingetragen von Monika Chinwuba am 25.10.2004 um 22.11
Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Fritz Koch
König und Königin, Meister und Meisterin
Jetzt stellen Sie sich vor, es handele sich nicht um Hinweise auf das weibliche Geschlecht durch die Silbe -in, (wie heutzutage angenommen - jeder Personalchef soll tunlichst Programierer/in bei der Stellenausschreibung angeben), sondern um die Angabe einer selbständigen Funktionsbezeichnung außerhalb des "das ist die Frau vom König/Meister", nämlich die sorgende, obwaltende Funktion auf dem Thron und in der Werkstatt.
suche: Programmierer/in
Wie kommt einem dann das Stellengesuch 'suche Programierer/in' vor? Ist das - unabhängig von der Arbeitsleistung eines Programierers - funktionsmäßig nicht zweierlei?
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Monika Chinwuba
eingetragen von Fritz Koch am 25.10.2004 um 21.14
Bauer und Bäuerin, Marketenderin, Kräuterweib, Haushälterin, Hausbesorgerin,
Herr Meister und Frau Meisterin (die Frau des Meisters, nicht selbst Meister),
der Herr und die Herrin (die Frau des Herrn, z.B. von Ribbeck), Gutsherr und Gutsherrin, Graf und Gräfin, Prinz und Prinzessin, Baron und Baronin, Herzog und Herzogin, Fürst und Fürstin, König und Königin, Kaiser und Kaiserin, Zar und Zarin, Herrscher und Herrscherin, vorchristlich: Gott und Göttin, Priester und Priesterin,
eingetragen von Monika Chinwuba am 25.10.2004 um 19.06
Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Fritz Koch
(1)... und die Hochzeitsgeschenke als Voraus. (2) Auf den Voraus sind die für Vermächtnisse geltenden Vorschriften anzuwenden.
Das ist ja irre, Herr Koch! Den "Voraus" in unser aller BGB gefunden.
Das mit den weiblichen Endungen wäre fatal, da es sich meines Erachtens um Endungen handelt, die mit dem Auslaufen des Feminismus wieder verschwinden werden oder auch anders verstanden werden können.
Dort, wo anstatt fachliche/handwerkliche Funktionen stattdessen besorgende Funktionen gemeint sind, kann die Nachsilbe -in etwas deutlich machen.
Was halten Sie vom Unterschied Bauer / Bäuerin, wenn Sie die -in-Silbe funktionalisieren und nicht auf den Sexus beziehen?
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Monika Chinwuba
eingetragen von Fritz Koch am 25.10.2004 um 16.51
(1) Ist der überlebende Ehegatte neben Verwandten der zweiten Ordnung oder neben Großeltern gesetzlicher Erbe, so gebühren ihm außer dem Erbteil die zum ehelichen Haushalt gehörenden Gegenstände, soweit sie nicht Zubehör eines Grundstücks sind, und die Hochzeitsgeschenke als Voraus. Ist der überlebende Ehegatte neben Verwandten der ersten Ordnung gesetzlicher Erbe, so gebühren ihm diese Gegenstände, soweit er sie zur Führung eines angemessenen Haushalts benötigt.
(2) Auf den Voraus sind die für Vermächtnisse geltenden Vorschriften anzuwenden.
"im Voraus" bedeutet also: "im erbrechtlichen Voraus des überlebenden Ehegatten".
Nebenbei bemerkt: Das BGB (und andere Gesetzbücher) müßte eigentlich völlig überarbeitet werden, um überall auch weibliche Endungen zu bekommen.
eingetragen von Monika Chinwuba am 25.10.2004 um 16.34
Zitat:
Ursprünglich eingetragen von David
Interessant auch die Schreibweise "Vorraus". Ist das eigentlich "regelkonformer" Reformschrieb?
Nein, steht auch im neuen Duden als 'voraus'. Lediglich wird "im voraus" jetzt groß geschrieben, also "im Voraus".
Ich kann mir über der/die/das "Voraus" überhaupt kein Bild machen, obgleich ich "Voraussetzung" kenne. Ist "Voraus" vielleicht ein Wachtposten an der EU-Grenze?
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Monika Chinwuba
eingetragen von Fritz Koch am 25.10.2004 um 16.21
Im Italienischen wird die Konsonantenverdoppelung nach kurzem Vokal sehr konsequent durchgeführt, denn das Italienische wird phonetisch und nicht morphologisch geschrieben. Z.B. 'filosofia' ist nicht die Garnwissenschaft (filo = Faden, Garn), sondern das italienisierte griechische Wort 'Philosophie'.
eingetragen von David am 25.10.2004 um 15.57
Bzgl. Doppelkonsonant nach (vermeintlich) kurzem Vokal auch bei Wörtern ohne das "SS/ß-Problem":
Schon gesehen im Internet beim Wort "Gallerie".
Interessant auch die Schreibweise "Vorraus". Ist das eigentlich "regelkonformer" Reformschrieb?
eingetragen von Reinhard Markner am 25.10.2004 um 13.41
Zitat:Buss könnte man durchgehen lassen, aber zum ist definitiv falsch. Es muß zom heißen.
Es liegt gleich an einer Bushaltestelle und nennt sich deshalb – "Zum Buss".
eingetragen von Fritz Koch am 25.10.2004 um 08.59
Buss, Zeugniss, biss, usw., vielleicht auch Ärztinn, Lehrerinn,
wird es als die "übliche" Schreibweise und, um den Schülern die Regeln zu vereinfachen, mit der nächsten Dudenausgabe so eingeführt werden, denn jetzt bestimmen die Schüler über die Rechtschreibung. Warten wir es ab!
Wenn dann nur noch die Groß- und Kleinschreibung als Problem übrigbleibt, werden die Grundschullehrer die Kleinschreibung durchsetzen, weil sie nicht imstande sind, die Groß- und Kleinschreibung zu unterrichten.
Aus der Feuerzangenbowle: Pfeiffer, Sie werden jeden Tag dümmer.
Die Rechtschreibreform hat auch Vorteile:
Man erkennt die Selbständig-und-unabhängig-Denken-und-Handelnden sofort an der Besseren Rechtschreibung und die Nur-Anweisungen-Ausführen-Könnenden sofort an der Schlechteren. Dieses Markenzeichen gilt es zu pflegen. Wir brauchen keine Hard-Words lernen wie die Engländer, sondern nur die Bessere oder die Schlechtete Rechtschreibung anwenden, um uns selbst zu kennzeichnen.
– geändert durch Fritz Koch am 25.10.2004, 15.28 –
eingetragen von Heinz Erich Stiene am 25.10.2004 um 08.31
Auf der Gleueler Straße in Köln hat kürzlich ein Lokal eröffnet. Es liegt gleich an einer Bushaltestelle und nennt sich deshalb – "Zum Buss". Man könnte meinen, da wollte jemand die Reformschreibung veräppeln, doch ich fürchte, so ist es nicht gemeint.
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Heinz Erich Stiene
eingetragen von Stephan Fleischhauer am 24.09.2004 um 15.21
Wenn die Regeln (der Theorie) mit der Wirklichkeit übereinstimmen, kann man auch mit den "bloßen" Regeln sehr weit kommen. Ich hatte nicht behauptet, daß die Icklersche Darstellung falsch sei. Allerdings hat er sich meines Erachtens geirrt, als er die Heysesche Schreibung als "phonetisch" (oder "phonographisch") bezeichnete. Seine weiteren Folgerungen (z.B. daß Heyse mit Stammpschreibung nichts zu tun hätte) scheinen mir angreifbar. Allerdings hat gerade Herr Ickler sich immer sehr zurückhaltend zur neuen s-Schreibung geäußert. Es ist wirklich sehr wichtig, die von mir noch einmal aufgeführten Regel zu verinnerlichen. Vielleicht noch zur Ergänzung:
§ 3 (...) So wird die Auslautherhärtung im Schriftbild ignoriert: Rad (gesprochen [ra:t]) wegen Rades, Räder usw. (...)
Hier wird kein Beispiel mit s-Laut angeführt. Man kann sich Haus wegen Hauses, Häuser hinzudenken.
Es wird hier zu wenig beachtet, daß ich nicht nur Argumente unserer Seite entkräfte, sondern auch auf neue Argumente hinweise. Die Reformer sagen, die Umstellung kann 30 Jahre dauern. Das ist UNSER Argument.
Übrigens sind mir gewisse Nachlässigkeiten durchaus sympathisch. Wenn man mit der Lupe sucht, kann man immer fündig werden. In § 2 (2) gilt ß als Ligatur, in § 4 als Einzelbuchstabe - trotz Verweis. Na und? Ich habe selbst einmal versucht, das ganze neu zu formulieren, und weiß, daß man daran Monate sitzen kann. Das ist einfach verschenkte Zeit. Das Wörterverzeichnis ist viel wichtiger. Die Kürze und die simple Grundstruktur der Icklerschen Regeln sind geradezu bestechend.
eingetragen von Wolfgang Scheuermann am 24.09.2004 um 14.13
Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Stephan Fleischhauer
Daß das ß keinerlei phonetische Funktion habe, stimmt nicht. Es kommt auch nicht nur in Endposition vor (wie man in Meißel sieht).
Beides habe ich auch nicht behauptet.
Kurz zu Professor Ickler: Er ist ein Wissenschaftler, der sich - soweit ich als Fachfremder das überhaupt beurteilen kann - auffällig selten irrt. U.a., da er einem deskriptiven Ansatz folgt, wird er dennoch kaum sagen, die von ihm formulierten "Hauptregeln der Orthographie" seien der "Weisheit letzter Schluß". (Möglicherweise sind sie es heute, morgen aber vielleicht schon nicht mehr.) In jedem Falle sind sie ein sehr gelungener Beschreibungsversuch auf sehr bemessenem Raum. Wichtig ist die Reihenfolge: Die Regeln haben der Sprache zu gehorchen, nicht umgekehrt. Daher hat es prinzipiell nur eine begrenzte Reichweite, von Regeln ausgehend zu argumentieren.
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Dr. Wolfgang Scheuermann
eingetragen von Stephan Fleischhauer am 24.09.2004 um 10.46
Wirklich eine tolle Seite. Habe es verschlungen.
Daß das ß keinerlei phonetische Funktion habe, stimmt nicht. Es kommt auch nicht nur in Endposition vor (wie man in Meißel sieht).
Irgendwie habe ich das Gefühl, daß gewisse Grundregeln der Konsonantenschreibung hier im Forum nicht von allen verstanden werden. Ich kann nur empfehlen, sich mit den diesbezüglichen Regeln im "Ickler" näher zu beschäftigen. Ich gebe die wichtigsten hier wieder. Ein paar Kommentare kann ich mir zwar nicht verkneifen. Ich möchte aber dazu sagen, daß ich ohne den "Ickler" die Grundsätze der ß-Schreibung nie verstanden hätte. Vielen Dank, lieber Herr Ickler, und betrachten Sie das folgende bitte nicht nur als Kritik.
§ 2 (5)
(...) Im allgemeinen wird ein Konsonant doppelt geschrieben, wenn er zu zwei Silben gleichzeitig gehört ("Silbengelenk"); dann ist der vorhergehende Vokal kurz. ch, ng und sch werden nicht verdoppelt.
§ 3
(...) Die Verdoppelung von Konsonantenbuchstaben als Zeichen für Silbengelenke bleibt in anderen Formen erhalten, auch wenn kein Silbengelenk mehr vorliegt: stammt wegen stammen. Bei vielen Wörtern tritt die Verdoppelung erst in Formen mit größerer Silbenzahl auf: Erlebnisse (aber Erlebnis), Ärztinnen (aber Ärztin); Asse (As), Busse (Bus) u.a.
Kommentar: Der letzte Satz ist nicht gerade leichtverständlich formuliert. Herr Ickler meint wahrscheinlich, daß die unflektierte Form bereits mehrsilbig ist. So gesehen gibt es auch andere Beispiele - ohne -nis oder -in (etwa "Kürbis", allerdings werden Fremdwörter nicht behandelt).
In § 2 (5) könnte man evtl. ergänzen, daß das stimmlose [s] im Silbengelenk durch ss wiedergegeben wird; das ist nicht trivial.
§ 4
Das Zeichen ß wird erstens als Einzelbuchstabe zur Wiedergabe des stimmlosen [s] nach langen Vokalen und Diphthongen (Kommentar: Wer kann schon lange von kurzen Vokalen unterscheiden! Vgl. auch § 2 (5)) verwendet, wenn noch ein Vokal folgt; infolge der Stammschreibung (Kommentar: Aha!) noch vor dem t eines Suffixes und am Silbenende: Straße; außen; grüßen, grüßt, Gruß; heißen, heißt.
Zweitens wird ß als typographische Variante von ss verwendet, und zwar am Silbenende und vor konsonantisch anlautenden Sufffixen: haßt, gehaßt, häßlich, Haß, haßerfüllt (zu hassen). (...)
Kommentar: Die Regel im zweiten Absatz ist überdeterminiert. Es würde reichen: "am Silbenende und vor dem Suffix t".
Im ersten Absatz ist es nicht unbedingt notwendig, von langen Vokalen und Diphthongen zu reden, denn § 2 (5) regelt bereits den entgegengesetzten Fall. Aber diese zweite leichte Überdetermination verbessert auf jeden Fall das Verständnis. Den ersten Absatz von § 4 könnte man grundsätzlich auch streichen und § 2 (2) entsprechend umformulieren - dort befindet sich ja bereits ein Verweis (hier nicht wiedergegeben).
Auf die Heysesche Schreibung kommt man, indem man auch den zweiten Absatz streicht.
eingetragen von Wolfgang Scheuermann am 24.09.2004 um 09.47
Wenn auch Brekle mehrfach einschränkend darauf hinweist, eine noch größere Anzahl an Belegen würde die Stichhaltigkeit seiner Darlegungen steigern können, bin ich als Nicht-Germanist mit seinem Ergebnis zufrieden.
Nach diesem Aufsatz steht es für mich einmal mehr außer Frage, daß die ss/ß-Schreibregelung der Rechtschreibreform ahistorisch und sinnwidrig ist.
Die Entwicklung des ß - über viele, viele Jahrhunderte - folgte ästhetischen und funktionellen Bedürfnissen; dabei war insbesondere die klare Kennzeichnung eines Abschlusses wichtig. Wer in (möglicherweise bewußter) Verkennung dieser Intention Schreibweisen wie Fluss oder Schloss fordert, hebt den hauptsächlichen Sinn des ß auf und braucht sich dann über nicht-beabsichtigte Schreibweisen wie grüssen nicht zu wundern.
Deutlich wird aus den Ausführungen Brekles auch. daß im Mittelpunkt der Entwicklung das Bemühen um den Leser stand; in dieser Hinsicht stellt die Regelung der Rechtschreibreform erneut einen Bruch mit dieser langwährenden Entwicklung dar.
Schließlich wird wiederum gezeigt, daß das ß nie die Funktion hatte, die Dehnung eines vorstehenden Vokals anzuzeigen; wer dennoch eine solche Koppelung vorschreibt, demonstriert damit neben Ignoranz eine gehörige Portion an Indolenz.
(Die deutsche Bezeichnung für diese Kombination ist dummdreist. Sehr viel feiner wird das durch den ersten Satz von Brekles Aufsatz ausgedrückt.)
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Dr. Wolfgang Scheuermann
eingetragen von Dr. Konrad Schultz am 23.09.2004 um 16.43
Der Aufsatz Brekles bringt mich auf einen sicher nicht realistischen, aber sprachlich und typographisch wie auch historisch wohl nicht ganz unebenen Gedanken:
Man schreibe z statt ß, zz statt ss (unter Zugrundelegung von Heyse, nicht bei norddeutschem stimmhaften ss wie in quasseln, Dussel, pusseln, ...), tz statt z (nicht am Anlaut), also "so zu Kreutze kriechen, dazz das Groze nicht grözer wird". Das ß würde dann entbehrlich und hätte seine Vorteile an das z abgegeben, einfaches s würde bleiben.
eingetragen von Reinhard Markner am 23.09.2004 um 14.25
http://www-nw.uni-regensburg.de/~.brh22505.indogerm.sprachlit.uni-regensburg.de/Ligatur/LIGATUR.HTM
Anmerkung d. Technik: Achtung, viele Bilder, längere Ladezeit.
eingetragen von Ruth Salber-Buchmüller am 13.09.2004 um 10.22
Diese hirnlose "Re"-Substantivierung adverbialer
Ausdrücke ist fürs Ausland überhaupt nicht mehr nachvoll-
ziehbar: Im Übrigen gehe ich gerne essen.
Das kann sich doch nur um ein Lokal handeln, oder?
Wie sollen Franzosen begreifen, daß ihr "d'ailleurs"
ein Substantiv sein soll?
D'ailleurs - es gehört hier nicht hin, aber:
In der Schule meiner Enkelin in Frankreich sind
900 Schüler im College. Davon lernen zur Zeit
23 Schüler die Sprache Deutsch - als erste und zweite
Fremdsprache. Man bekommt keine Klassen mehr eingerichtet.
11 Schüler sind in der Klasse meiner Enkelin zusammen-
gewürfelt aus der (nach unserem Muster) 8. und 9. Klasse.
Das heißt, die Lehrkraft muß wie früher in einer Dorfschule
zwei Jahränge zusammen unterrichten.
Die Schüler nehmen samt und sonders so gut wie alle
SPANISCH.
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Ruth Salber-Buchmueller
eingetragen von Fritz Koch am 13.09.2004 um 09.09
eines großen Haufen Zeugs, das beim Aufräumen übriggeblieben ist und in welchem es jetzt etwas zu suchen gilt.
Unter Substantiven oder Namenwörtern stellt man sich automatisch zunächst etwas Anfaßbares vor.
Adverbiale Ausdrücke oder Ergänzungen, die gar keine Gegenstände oder Ortsangaben darstellen sollen, sollten klein geschrieben werden (De-Substantivierungen).
eingetragen von Ruth Salber-Buchmüller am 13.09.2004 um 08.50
Michael Rutz, RM -
"Es zeichnet sich im Übrigen ab, (...)".
Wenn er schon auf dem angekündigten Weg zur
"alten" Rechtschreibung ist, hätte er
zumindest das "im Übrigen" unterlassen sollen.
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Ruth Salber-Buchmueller
eingetragen von Klaus Eicheler am 12.09.2004 um 15.13
Auf meinen Brief, in dem ich meine Zustimmung und Freude ausdrückte, daß der Rheinische Merkur zur „klassischen Rechtschreibung“ zurückkehrt, schrieb mir Michael Rutz unter anderem:
„In der neuen Rechtschreibung gibt es Vernünftiges“ ...
„Zweifellos wird es in den nächsten Monaten zu einer Kompromisslösung kommen, die den bisherigen Sprachstandards wieder eher gerecht wird.“
„Es zeichnet sich im Übrigen ab, dass alle Verlage, die zur Front des Prostestes gegen zahlreiche Regeln der neuen Rechtschreibung gehören, sich einigen sinnvollen Regeln (etwa der ss-Scheibung) nicht widersetzen werden.“
Mir fällt dazu nur ein: Man stelle sich einen Bankangestellten vor, der tausend Euro aus der Kasse entwendet. Nach langer Zeit fällt der Diebstahl auf. Der Richter schlägt vor, der Dieb solle die Hälfte davon zurückgeben, das sei ein fairer Kompromiß.
__________________
Klaus Eicheler
eingetragen von Elke Philburn am 11.09.2004 um 00.00
Ein Leckerbissen für unerschütterliche Ostalgiker.
__________________
http://www.vrs-ev.de/
eingetragen von Fritz Koch am 10.09.2004 um 12.40
hat laut Aussagen des Zentralkomitees für deutsche Sprache zu Fehlentwicklungen wie den übermäßigen Zusammenschreibungen geführt.
Deshalb wird das "gesunde Volksempfinden" jetzt vom ZK und den Parteien bestimmt, denn die vertreten das Volk.
Wer gegen dieses gesunde Volksempfinden verstößt, wird als Staatsschädling oder Volksschädling bezeichnet. Über einen Ausschluß aus der Volksgemeinschaft durch Aberkennung der staatsbürgerlichen Rechte und öffentliche Kennzeichnung bei Wiederholungen wird nachgedacht.
eingetragen von Matthias Dräger am 10.09.2004 um 11.16
Liebe Frau Pfeiffer-Stolz,
1) Sprache ist lebendig, entwickelt sich.
2) Die Entwicklung der Sprache wird bestimmt durch das Volksempfinden, siehe das Wort "Fluss".
3) Was das Volksempfinden ist, bestimmt das Politbüro der ZKfdR Mannheim.
4) Die Entscheidungen des Politbüros der ZKfdR sind prinzipiell immer richtig.
In Ausnahmefällen kann frühestens nach 13 Jahren (so Blüml, der große Vorsitzende der ZKfdR) eine unabhängige Prüfung durch Mitglieder des Politbüros erfolgen, ob die Schüler in der Lage waren, die gefällten Entscheidungen des Politbüros richtig umzusetzen.
Ferner: Wer die Entscheidungen des Politbüros der ZKfdR nicht mittträgt oder diese gar boykottiert, mißbraucht seine Macht und schädigt kleine, unschuldige Kinder.
eingetragen von Stephan Fleischhauer am 10.09.2004 um 07.36
Wie ist das dann gemeint? (Dabei zeigte sich, dass die Kinder die ß-Wörter jetzt zwar wieder genauso gut oder genauso schlecht wie vor der Reform schrieben ... - das hat Marx übrigens mehrfach so dargestellt, nicht nur in dem hier zitierten Interview.)
eingetragen von Karin Pfeiffer-Stolz am 10.09.2004 um 07.34
In all den Jahren, die ich Unterricht erteilt habe, ist mir kein Kind begegnet, das „muss“ geschrieben hat. Gerade die Regel, am Wort- oder Silbenschluß niemals Doppel-s schreiben zu sollen, wurde sehr gut beherrscht.
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Karin Pfeiffer-Stolz
eingetragen von Stephan Fleischhauer am 10.09.2004 um 07.23
Es ging mir natürlich um diese Stelle: Dabei zeigte sich, dass die Kinder die ß-Wörter jetzt zwar wieder genauso gut oder genauso schlecht wie vor der Reform schrieben ...
(Ist Straße denn kein ß-Wort? Ich kann mir es mir nur so erklären: Früher schrieben die Kinder versehentlich muss, heute machen sie ebensoviele, doch andere Fehler: Strasse. Lieber Herr Wagner, bezieht sich der von Ihnen angegebene Link nicht auf die Erstuntersuchung?)
eingetragen von J.-M. Wagner am 09.09.2004 um 19.20
Zitat:Was sollte daran unklar sein? Da steht, daß die Kinder jetzt schlechter schreiben als vor der Reform. Hinzu kommt:
Das heißt, Wörter, die in der S-Laut-Schreibung von der Rechtschreibreform nicht betroffen waren, wurden jetzt häufiger als vor der Reform falsch geschrieben.Nota bene: Das Problem liegt nicht so sehr bei den Wörtern, die mit ss oder ß zu schreiben sind, sondern bei solchen mit s. Das ist mit Übergeneralisierung gemeint. Siehe auch den rechten Teil von http://www.ifto.uni-jena.de/~jmartin/ausschnitt_marxstudie.png.
Vergleichsstudien aus den Jahren 2003 und 2004 sind noch nicht ganz ausgewertet, doch scheint sich dieser negative Effekt noch verstärkt zu haben.
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Jan-Martin Wagner
eingetragen von Stephan Fleischhauer am 09.09.2004 um 18.26
Versteht das jemand?
Harald Marx im Interview vom 21. Aug. 04:
Im Jahr 2001 habe ich die Untersuchung dann auch auf Wunsch der Rechtschreibreformer wiederholt. Dabei zeigte sich, dass die Kinder die ß-Wörter jetzt zwar wieder genauso gut oder genauso schlecht wie vor der Reform schrieben, doch die Neigung zur Übergeneralisierung, die sich bereits 1998 angedeutet hatte, war jetzt gestiegen. Das heißt, Wörter, die in der S-Laut-Schreibung von der Rechtschreibreform nicht betroffen waren, wurden jetzt häufiger als vor der Reform falsch geschrieben. Vergleichsstudien aus den Jahren 2003 und 2004 sind noch nicht ganz ausgewertet, doch scheint sich dieser negative Effekt noch verstärkt zu haben.
Schreiben die Kinder nun schlechter oder genauso gut wie vor der Reform?
eingetragen von Sigmar Salzburg am 02.09.2004 um 17.39
Wir brauchen Heyse nicht, um die richtigen Vokallängen zu lesen:
Alle einfach geschriebenen Vokale vor einem Schluß-ß sind kurz – außer in folgenden Wortstämmen:
aß; Fraß, fraß; Maß, maß, gemäß; Gefäß; saß, Gesäß; vergaß; (Spaß); bloß; Floß; groß; Kloß; Schoß; Stoß; Fuß; Gruß; Ruß; süß ...
Ein Umbau des traditionellen Schreibsystems ist daher unnötig.
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Sigmar Salzburg
eingetragen von Stephan Fleischhauer am 22.07.2004 um 13.55
Lieber Herr Salzburg,
wie kommen Sie auf die Zahl 1,5 bis 22?
eingetragen von Sigmar Salzburg am 22.07.2004 um 12.35
Meßerfassungen sind häufig, eine echte Messerfassung fand Google zunächst nur einmal:
... Die justierbare obere Messerfassung sichert, dass ein PCB so in die richtige ... Rollmesser so, dass ein normales Stück Papier die beiden Messer rotieren läßt ...
http://www.namasmt.com/product/cutting/k1000-2000-manual.pdf
Die „Messerwartung" verbindet Rasenmäherphilosophie mit Quantentheorie. Beispiele hatte ich schon geliefert.
Für eine andere Geschichte hatte ich das Messersuchen erfunden, lange das einzige Beispiel bei Google. Jetzt scheint es verschwunden zu sein.
Ach, noch was Neckisches:
... Erzielte Gewinne dienen ausschließlich der Schlosserhaltung! 24 Stunden für Sie im Netz! Der Schlossshop! Weitere Informationen unter Infos. ...
http://www.schlossladen.de/main.htm
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Sigmar Salzburg
eingetragen von Christoph Kukulies am 22.07.2004 um 08.01
Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Sigmar Salzburg
[BMesserwartung - Meßerwartung, Hasserleben - Haßerleben, Esserfolge – Eßerfolge. Schließlich differenziert es unterschiedliche Zischlaute: „Meßstrich", „Mißstand“..
Die „neue“ Dreikonsonanten-Regel kann man auch als zwingende Folge der ss-Regel ansehen: „Ess-Aal“ und „Ess-Saal“ würden sonst beide als „Essaal“ dargestellt und „Flussauen“ (KN 14.7.04) könnte man noch leichter als „Flusssauen“ lesen.
Ein noch besseres Beispiel als "Messergebnis", gleich geliefert mit einer netten kleinen Geschichte hier auf diesen Seiten - wo ist sie eigentlich hingekommen - ist die Geschichte von der Messerfassung.
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Christoph Kukulies
eingetragen von Sigmar Salzburg am 22.07.2004 um 07.32
Die Wörter mit neuen „sss“ sind 1,5 bis 22mal häufiger als diejenigen mit anderen neuen Dreifachbuchstaben. Das zeigt schon den Nutzen des bisherigen ß-Gebrauchs für Lesefreundlichkeit, Einprägsamkeit und Ästhetik. Vor Vokalen verhindert das ß Irritationen oder markiert den bedeutungsentscheidenden Stimmeinsatz: Messerwartung - Meßerwartung, Hasserleben - Haßerleben, Esserfolge – Eßerfolge. Schließlich differenziert es unterschiedliche Zischlaute: „Meßstrich", „Mißstand“..
Die „neue“ Dreikonsonanten-Regel kann man auch als zwingende Folge der ss-Regel ansehen: „Ess-Aal“ und „Ess-Saal“ würden sonst beide als „Essaal“ dargestellt und „Flussauen“ (KN 14.7.04) könnte man noch leichter als „Flusssauen“ lesen.
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Sigmar Salzburg
eingetragen von Matthias Draeger am 06.04.2004 um 14.11
Die Deutsch-Klasse der Universitaet Tver, 5. Jahrgangsstufe, hatte heute das erste Mal die Gelegenheit, einen Gast aus Deutschland zu begruessen (andere Besucher hatten dafuer wohl nie Zeit). Die Schueler sprachen sehr gut, zum Teil flieBend Deutsch!
Nachdem ich einiges ueber unser Leben, meine Eindruecke von Russland erzaehlt hatte, machten wir eine Pause. Es wurde Tee zubereitet, auch etwas Gebaeck wurde gereicht.
Dann stimmte die Klasse ein Lied an, "Tulpen aus Amsterdam". Es ist Urzeiten her, daB ich (gut, mit Ausnahme der Weihnachtlieder zu Hause) ein deutsches Volkslied gehoert oder gar selbst gesungen habe. Dafuer muB man eben an die Wolga fahren! Das ist schon ein komisches Gefuehl...
Die Lehrerin verteilte einen auf typisch russischem Papier hexographierten Liedtext. Deutsche Umlaute waren in ae, ue, etc. aufgeloest. Der Text liest sich dann so (und auch die hier verwendete Orthographie entspricht exakt dem verteilten Liedtext, d.h. wie zuvor Tatiana, siehe Fruehstueck in Tver, Nachrichtenbrett, behilft sich die Lehrerin einfach mit dem groBen B):
Morgen muB ich in die Ferne.
Antje, was machen wir dann?
Und an der uralten Muehle
kueBten sich zaertlich die zwei.
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Matthias Draeger
eingetragen von Wolfgang Wrase am 28.03.2004 um 04.56
Lieber Herr Scheuermann,
vielen Dank für diese glasklare Argumentation. Sie macht den gewaltigen Abstand von der Realität deutlich, den die Befürworter der ss/ß-Neuregelung von der Realität haben. Wie ich schon sagte: Die Formulierung oder das Hersagen einer Regel ist das eine, die Anwendung der Regel oder die Fehlerquote beim Schreiben ist etwas völlig anderes.
Tatsache ist: Nur ganz wenige bemerken zum Beispiel beim Lesen eines Buches von über hundert Seiten, ob dieses in neuer oder in alter Rechtschreibung gesetzt ist. Wie will denn ein solcher Durchschnittsbürger beim Schreiben von der Neuregelung profitieren?? Das ist eine ganz abwegige Vorstellung. Ich empfehle nach wie vor die Orientierung an der praktischen Realität, das heißt an den tatsächlichen Fehlerquoten, insbesondere im Verhältnis zu den Fehlerquoten bei anderen Teilen der Rechtschreibung, so wie Sie es in Ihrem Beitrag innerhalb der ss/ß-Regelung vorbildlich handhaben.
Daraus ergibt sich regelmäßig, daß die Neuregelung der ss/ß-Schreibung gemessen an dem Reformziel - Vereinfachung des korrekten Schreibens - der mit Abstand schädlichste Teil der ganzen Reform ist und daher auch im Sinne der Reformbefürworter, das heißt im Konsens von Gegnern und Befürwortern der Reform, abgeschafft gehört. Ihr einziger "Vorteil" ist, daß ihre Formulierung einem Theoretiker mit Hang zum phonetischen Fundamentalismus schön und einfach vorkommt. Sie ist aber nicht einfach bei der Anwendung, beim Schreiben - und darauf kommt es ja wohl an.
eingetragen von Wolfgang Scheuermann am 27.03.2004 um 15.24
Gruss Gruß
Grüsse Grüße
Küsse Küße
Küsst küßt
Ein paar Wörter mit Eszett oder doppeltem s - völlig unabhängig von irgendwelchen Regeln geschrieben. Alle Schreibweisen trifft man heute an - bis auf "Küße" - das habe jedenfalls ich noch nie gesehen. Sehr häufig findet man dagegen die Schreibweise "Gruss" (oder "Fuss" u. dergl.). Allerdings habe ich noch niemanden getroffen, der "Gruss" deshalb kurz sprechen würde - auch keinen Ausländer. Wer das Wort kennt, spricht es natürlich auch richtig aus, wer es nicht kennt, gewinnt auch nichts, wenn er es - vermeintlich - richtig kurz ausspricht.
Die Information "doppeltes s, daher kurzer Vokal", ist zumindest in diesem Fall daher ohne tatsächlichen Wert - sie ist belanglos.
(Insofern ist auch diese Fehlschreibung belanglos.)
("Grüsse" und "Grüße" stehen hier aus Symmetriegründen und liefern keine wichtigen neuen Erkenntnismöglichkeiten.)
Da der reziproke Fehler "Küße" nicht existiert, braucht man sich in diesem Falle zu der - theoretisch - langen Aussprache keine Gedanken zu machen.
Der letzte Fall kommt wiederum in beiden Varianten vor, aber man hört das Wort nie lang ausgesprochen. (Es gilt das zu "Gruss" Geschriebene analog.)
Umgekehrt heißt das: Die Information, die der Wortunkundige bezüglich der Aussprache zu erhalten vermeint (wenn er die Heyse-Regel verinnerlicht hat), ist nahezu wertlos - wer sie auf einen heute geschriebenen Text anwendet, wird regelmäßig in die Irre geführt. Die Heyse-Regel erfordert zusätzliche Buchstaben, aber diese Buchstaben sind nahezu ohne Informationswert. Heyse bedeutet: Das ersatzlose Streichen des Eszett stellt für den Leser keinen merklichen Informationsverlust dar.
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Dr. Wolfgang Scheuermann
eingetragen von J.-M. Wagner am 26.03.2004 um 20.08
(Hier kopiere ich einen Auszug aus meinem Beitrag Re: Liebgewonnene Schreibweisen vom 11.05.2003 im Leitthema ss/ß-Schreibung und die Problematik der Vokallänge in regionalen Varianten. Auch hierin verwende ich jetzt das Antiqua-Lang-s, außerdem habe ich ein paar Verweise korrigiert, die in die Leere führten.
Die neue Überschrift Vier auf einen Streich bezieht sich auf die Passage am Ende des hier Zitierten, wo ich darauf hinweise, daß »auf einen Schlag orthographische, typographische, ästhetische und lesetechnische Schwierigkeiten systematisch ausgeräumt« werden. J.-M. Wagner)
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(III)P. Schubert:Das ist nicht richtig. Ich habe lediglich gesagt, daß unser heutiges ß rein typographisch verschiedene Ursprünge hat, aber über seine jeweilige Funktion hatte ich bislang nichts gesagt; darüber weiß ich zu wenig. Ich sehe zwei Funktionen, die das Zeichen "ß" hat, und die es dort, wo es steht, immer hat. Daher bin ich mit der Bezeichnung mehrere Arten von Eszetts nicht einverstanden.
Offenbar sehen auch Sie mehrere Arten von Eszetts.
P. Schubert:Ich wage zu behaupten, daß die Schweizer mit dem ß an diesen Stellen (wegen des zuvor diskutierten Prinzips der Verdopplung des Konsonantenbuchstabens nach kurzen betonten Vokalen) wesentlich besser dran wären und man sich also an der Schweizer Schreibweise kein Beispiel nehmen sollte, wenn man bestrebt ist, herauszufinden, was die sinnvollste Variante der s-Schreibung ist. Das Schweizer Beispiel zeigt m. E., daß es zwar im Notfall auch ohne ß gehen würde, aber es zeigt auch, daß es eben der schlechtestmögliche Fall ist.
Noch einmal meine Unterscheidung von echtem und unechtem Eszett: Das echte signalisiert ausnahmslos, dass der Zischlaut stimmlos ist und dass davor ein langer Vokal oder ein Diphthong ist. Man schreibt also "Grüße" und "außer". In diesen Fällen ist das Eszett zwar nicht unverzichtbar (die Schweizer kommen ja auch ganz gut ohne aus), aber sehr sinnvoll; die Aussprache des Wortes ist eindeutig erkennbar.
Ich frage mich, warum das Eszett an dieser Stelle signalisiert, daß ein Diphthong vorausgeht wenn da ein Diphthong steht, erkenne ich das bereits, bevor ich das "ß" lese. Rein theoretisch können natürlich bei einer Wortzusammensetzung zufällig Vokalbuchstaben zusammenstoßen, die (rein formal) einen Diphthong bilden, aber ist das in der Praxis relevant? Meines Erachtens zeigt sich hier vielmehr die konsequente Anwendung des Eszetts gemäß seiner beiden Funktionen: Ein Eszett steht a) für einen scharfen s-Laut, der b) nur genau einer Silbe zugeordnet ist. Bei den von Ihnen genannten Beispielen Grüße und außer steht es jeweils als Silbenanlaut, es kann aber auch im Innenlaut (gestreßt, heißt, mußt) oder Auslaut (daß, Fuß, Mißerfolg, Mißstand, mißlich, scheußlich) auftreten.
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(IV)P. Schubert:Daß in Fraktur keine zwei runden s direkt nebeneinander stehen können, ist klar; was aber meinen Sie mit dem Fall, daß keine zwei langen s stehen dürfen? Mit fällt dazu nur das Wortende ein, bei dem das letzte s rund wird, so daß ein Lang- und ein Rund-s unmittelbar nebeneinander stehen.
Das unechte Eszett steht nach kurzem Vokal dort, wo in der Fraktur oder der deutschen Handschrift keine zwei langen s und auch keine zwei runden s stehen dürfen.
P. Schubert:Das stimmt nur, wenn man von vornherein Ihre Auffassung vom echten Eszett zugrundelegt; nur dann kommt man zu der Einschätzung, daß hier ein Eszett als Ersatz für etwas einspringen muß, für das es nicht gedacht ist. Das stimmt aber nicht. Hier handelt es sich um einen der anderen typographischen Ursprünge des Zeichens "ß" den Fall der Doppel-s-Ligatur. Das gilt nicht nur für die Fraktur, sondern auch für die Antiqua, in der es ebenfalls die lange Form des "s" gab.
Hier ist das Eszett eine Verlegenheitslösung.
Diese typographische Form des ß gehört gerade an eine solche Stelle, und das Eszett ist deshalb an dieser Stelle genauso echt wie an der zuvor beschriebenen. Zudem ist in Fraktur der Unterschied zwischen einer Ligatur aus Lang-s und Rund-s und einer aus Lang-s und "z" nicht allzu groß, so daß es naheliegend ist, in beiden Fällen das gleiche Zeichen zu verwenden (die entsprechenden hierin enthaltenen Verweise auf das alte Rechtschreibforum funktionieren zwar derzeit nicht, jedoch gibt es hier [hoffentlich vollständige] Kopien der entsprechenden Beiträge).
P. Schubert:Es stimmt zwar, daß sich das Problem, aufeinanderfolgendes Lang-s und Rund-s bzw. Lang-s und normales "z" richtig zu verarzten, heutzutage nicht mehr stellt, weil das Lang-s (leider!) nicht mehr in Gebrauch ist. Der Hintergrund aber, der die Unterscheidung zwischen Lang- und Rund-s sinnvoll macht, nämlich die besondere Kennzeichnung des "s" am Silbenende zwecks besserer Lesbarkeit von Zusammensetzungen, ist nach wie vor gegeben.
Sie [die Verlegenheitslösung] ist obsolet, seitdem kaum noch in Fraktur oder deutscher Handschrift geschrieben wird. Und wer doch noch lieber Fraktur oder deutsch schreibt, kann es ja tun.
Es mag zwar sein, daß dieses Problem heutzutage kaum noch wahrgenommen wird, was aber m. E. hauptsächlich daran liegt, daß bis vor der Rechtschreibreform das Eszett dafür gesorgt hat, daß dieses Problem gar nicht erst auftrat. Das mag eine Erklärung dafür liefern, daß manche, die nun von der Heyseschen Regel angetan sind, als Besonderheit des Eszetts nur noch seine Funktion wahrnehmen, das scharfe s im Silbenanlaut anzuzeigen, wenn die vorhergehende Silbe nicht auf einen Konsonanten endet was sicherlich eine wichtige Aufgabe ist, aber es ist nicht die einzige! (Mir sind nur zwei Fälle eingefallen, in denen eine mit einem scharfen s anlautende Silbe auf eine konsonantisch auslautende folgt: Wörter vom Typ Wasser oder vom Typ Haxe.)
Wie oben gezeigt, fügt sich diese Aufgabe nahtlos in die allgemeine Funktionsbeschreibung des Eszetts ein, und durch dieselben allgemeinen Funktionen des Eszetts wird das Problem der Silbenrandmarkierung (sowie partiell das der Dreifachbuchstaben, s. u.) gelöst (Ausschusssitzung vs. Ausschußsitzung; Bambusessstäbchen vs. Bambuseßstäbchen; bisschen vs. bißchen; Fresstempel vs. Freßtempel; Messergebnis vs. Meßergebnis; Schlossparkett vs. Schloßparkett). Das ist doch einfach genial: Mittels genau eines Zeichens ("ß") werden auf einen Schlag orthographische, typographische, ästhetische und lesetechn[i]sche Schwierigkeiten systematisch ausgeräumt. Zeigen Sie mir einen anderen Buchstaben/eine andere Schreibweise, der/die so viele Vorteile in sich vereint (und dabei nur, wie es hier der Fall ist, geringfügige Nachteile mit sich bringt).
P. Schubert:Diese Empfehlung bezieht sich ausdrücklich auf die Rechtschreibreform; sie war in der 20. Auflage (1991) nicht enthalten (S. 74). Dort findet sich unter a) Das lange s das Beispiel Abszeß in Fraktur mit einer s-z-Ligatur am Schluß. Im 2000er Duden steht: »[...] Doppel-s im Auslaut sollte im Fraktursatz aus ästhetischen Gründen mit ſs wiedergegeben werden.« Dem kann ich keinen Glauben schenken, denn zum einen war es jahrelang kein Problem (weder ein orthographisches noch ein ästhetisches), an dieser Stelle das Fraktur-ß zu verwenden, und zum anderen sah Heyse selbst »aus ästhetischen und systematischen Gründen« für die Folge ſ +"s" eine eigene Ligatur vor (zitiert nach: Th. Poschenrieder: S-Schreibung Überlieferung oder Reform?, in Die Rechtschreibreform Pro und Kontra, hrsg. von H.-W. Eroms und H. H. Munske, hier: S. 177).
Der Reformduden (22. Aufl. S. 101) empfiehlt für das unechte Eszett die Kombination von lang s + rund s, wofür es übrigens auch in Antiquaschriften des 19. Jh. Vorbilder gibt.
[...]
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Jan-Martin Wagner
eingetragen von Matthias Draeger am 26.03.2004 um 18.44
Mich wuerde interessieren, warum die Untersuchungen von Prof. Marx zur Schreibleistung von Grundschuelern nicht im 4. Bericht der Zwischenstaatlichen Kommission erwaehnt werden.
Das heisst, mir ist natuerlich klar, warum sie nicht erwaehnt werden. Mich interessiert eher, WER innerhalb der Kommission dafuer sorgt, dass Marx dort nicht vorkommt.
Die Konsequenzen aus den Ausfuehrungen von Marx liegen auf der Hand.
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Matthias Draeger
eingetragen von J.-M. Wagner am 26.03.2004 um 16.21
Ich habe mal im Nachrichtenarchiv danach gesucht, aber das Interview im Rheinischen Merkur (Ausgabe 5, 2004) von Ende Januar habe ich nicht gefunden. Ich tippe die entsprechende Passage einfach mal ab:
Erfahren statt regeln
RhM: Wie kommen die Schüler mit der neuen Rechtschreibung zurecht?
HM: Ich habe Schüler der zweiten, drittten und vierten Klassen untersucht. 1996, also kurz vor der Reform, 1998, kurz nach der Reform, und 2001, als keines der Kinder mehr mit der alten Rechtschreibung groß geworden war. 1998 gab es natürlich Umlernprobleme.
RhM: Gibt es Unterschiede zwischen der Gruppe von 1998 und der von 2001?
HM: Ich habe zunächst geprüft, ob sich die Rechtschreibkompetenz bei Wörtern, die nicht von der Reform betroffen waren, generell verändert hat. Hier konnte ich keine Veränderungen messen. Ich stellte fest, dass die Kinder etwa bei der ß-Schreibung 2001 genauso gut oder schlecht waren wie 1996. Die Annahme, durch die Reform werde die ß-Schreibung vereinfacht, ist also infrage zu stellen. Bedenklich ist, dass bei Wörtern mit s-Laut, deren Schreibung nicht verändert wurde, jetzt häufiger als 1996 Fehler auftreten. Viele schreiben Floss und meinen Floß. Ich spreche in diesem Zusammenhang von einer Übergeneralisierung.
RhM: Was bedeutet das?
HM: Dass die Kinder das ß vermeiden und lieber irgendeinen anderen s-Laut schreiben. Sie werden mit verschiedenen Schreibweisen in Elternhaus und Schule, in alten und in neuen Büchern konfrontiert. Außerdem produzieren sie noch Eigenschreibungen. Da wir Wörter nicht als Worbilder im Gedächtnis aufbewahren, sondern Übergänge und Beziehungen zwischen Buchstaben und deren Phonemen lernen, bildet sich so kein eindeutiges Beziehungsmuster aus, das abgerufen und verschriftet werden kann. Deshalb kann es heute das ß sein und morgen das ss oder ein ein faches s. Hinzu kommt ein Gefühl der Unsicherheit. Man erinnert sich: Da war doch was in der Rechtschreibreform. Das bringt Verunsicherung.
(Diskussionsbeiträge und Fallbeispiele dazu bitte nicht hier einstellen, sondern in den bekannten Leitthemen: Beispiele in der Beispielsammlung über Sinn und Unsinn unter ss vs. ß, Anmerkungen im Rechtschreibforum unter ss/ß-Schreibung und die Problematik der Vokallänge in regionalen Varianten oder unter altes Thema: s oder ß?. Die hiesige Sammlung soll nur zum Nachlesen dienen, damit man besonders interessante bzw. wichtige Beiträge leicht findet!)
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Jan-Martin Wagner
eingetragen von Matthias Draeger am 26.03.2004 um 15.37
Die Studie ist mit Sicherheit noch nicht veroeffentlicht. Das dauert bei Prof. Marx erfahrungsgemaess immer so ein, zwei Jahre, bis er seine Ergebnisse der Oeffentlichkeit zugaenglich macht bzw. in einer Fachzeitschrift versteckt, von der ein Normalsterblicher meist noch nie gehoert hat.
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Matthias Draeger
eingetragen von Reinhard Markner am 26.03.2004 um 13.00
Zitat:Fragt sich, wofür das bezeichnend ist. Ich denke, die Sache liegt klar zutage, und der erste Satz hätte besser wie folgt formuliert werden sollen : "Es soll eine Nachuntersuchung von Herrn Marx geben . . ." Aber Herr Fleischhauer ist vermutlich anderer Meinung.
Ursprünglich eingetragen von Stephan Fleischhauer . . . es gibt eine Nachuntersuchung von Herrn Marx, die das Ergebnis der ersten Studie relativiert. Bezeichnenderweise erfährt man auf diesen Seiten nichts davon. Ich hatte selbst mehrfach versucht, Herrn Marx anzurufen, doch legte er auf, bevor ich etwas sagen konnte. Seine Sekretärin genauso! Ich wollte nur fragen, ob er seine Studie veröffentlicht hat, mehr nicht. Merkwürdig. . . .
eingetragen von Theodor Ickler am 26.03.2004 um 08.49
Vokallänge ist ein phonetischer Begriff, Silbengelenk ein silbenphonologischer, ins Morphologische hineinreichender. Je nachdem, wovon man ausgeht, ergeben sich unterschiedliche Mengen von Ausnahmen. Gestritten wird darüber, wie umfangreich diese Mengen jeweils sind (nach der Zahl der betroffenen Formen und nach deren Vorkommenshäufigkeit in Texten). Keine leichte Entscheidung.
Zur Erläuterung: Für die Phonetiker (also im Prinzip auch für die Neuregeler) ist bis (gegenüber Biß/Biss)eine Ausnahme, für die Silbengelenkler nicht. Um muß/muss, mußt/musst zu erklären, müssen natürlich auch die Gelenkler Zusatzannahmen machen (Stammprinzip, didaktisch das "Verlängern" der gegebenen Wortformen).
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Th. Ickler
eingetragen von Stephan Fleischhauer am 26.03.2004 um 07.56
Lieber Herr Wagner,
es gibt eine Nachuntersuchung von Herrn Marx, die das Ergebnis der ersten Studie relativiert. Bezeichnenderweise erfährt man auf diesen Seiten nichts davon. Ich hatte selbst mehrfach versucht, Herrn Marx anzurufen, doch legte er auf, bevor ich etwas sagen konnte. Seine Sekretärin genauso! Ich wollte nur fragen, ob er seine Studie veröffentlicht hat, mehr nicht. Merkwürdig.
Etwas anderes. Sie schreiben, dass die Adelungsche/Gottschedsche Schreibweise leichter sei, weil man nicht die vorausgehende Vokallänge, sondern nur die Silbenposition von ß/ss zu berücksichtigen habe. Im Deutschen jedoch stehen Vokallänge und Silbengelenk in direktem Zusammenhang. Es ist kein Unterschied, ob man von Vokallänge, Trennstelle oder Silbengelenk redet.
eingetragen von J.-M. Wagner am 25.03.2004 um 19.19
[Am schönsten ist das Lang-s in einer kursiv gesetzten Serifenschriftart (z. B. Times, Garamond, Palatino, Baskerville, Bookman etc.), hier in der Standardserife Ihres HTML-Interpreters: ſ. In der gleichen Schriftart: ß.]
{Nachtrag: Im Prinzip gibt es in Unicode auch Ligaturen mit dem Lang-s (siehe dazu [als ein Fall von vielen] auf dieser Seite; leider in Neuschrieb und vorzugsweise mit einem Unicode-fähigen HTML-Interpreter zu betrachten); ob sie auch funktionieren, ist noch eine andere Frage. Hier noch Informationen zur Historie des Lang-s aus der gleichen Quelle.}
– geändert durch J.-M. Wagner am 26.03.2004, 17.38 –
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Jan-Martin Wagner
eingetragen von Sigmar Salzburg am 25.03.2004 um 11.47
„Aber ich bin der meynung / daß das Virginal, welches man mit den Clavibus vnd Fedderkielen ſchlägt und tractiret, erſtlich von dem Pſalterio zu machen erdacht ſey ….“
Aus Michael Prätorius „De Organographia“ 1619, S.76 (Herrn Fleischhauer sicher geläufig); es wird überwiegend die Konjunktion „daß“ unterschieden vom Artikel „das“. Ein Artikel „das“ mit „ß“ dürfte ein Druckfehler sein. (M. Prætorius: Sohn des Pfarrers Michael Schulteis aus Bunzlau, eines Schülers Luthers und Melanchthons). Binnen-ß kommen nur am Silbenende vor. Also bittet der Autor die Leser, sein Werk nicht aufzunehmen … „ob wollte er dieſe Kunſt zu gemeine machen / vñ vor einen jeden deroſelben vnwiſſenden Hümp- vnd Stümpler in vnſer Teutſchen Mutter Sprach an Tag geben. In maſſen ihme denn allbereit ſolches von etlichen flachgelehrten Klüglingen zur ungebühr beygemeſſen vnd aufgerücket worden … So zweiffelt er nicht / es werden vernünfftige Hertzen / die nicht aus affecten, Haß / Neidt oder Mißgunſt …urtheilen vnd judiciren, ſondern alles im besten verſtehen und aufnemen.“
(Kursiv: Fraktur, Fremdworte in Antiqua)
Es kommen auch Schreibungen vor wie „friedhäſsige Musici“, „General-Baſs“ „Baſsiſten“
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Sigmar Salzburg
eingetragen von Sigmar Salzburg am 25.03.2004 um 08.07
[Lieber Herr Wagner, vielen Dank für Ihren Hinweis auf „ſ “. Ich zweifelte schon an meinem Rechner, der für mich arabisch, chinesisch, tibetisch … schreibt, aber bisher die adäquate Übertragung älterer deutscher Texte verweigerte.]
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Sigmar Salzburg
eingetragen von J.-M. Wagner am 24.03.2004 um 22.04
(Bei dem folgenden Text handelt es sich weitgehend um eine Kopie meines Beitrages Antiqua versus Fraktur vom 02.04.2003 aus dem Gästebuch Von den Reizen der neuen Rechtschreibung. Ich habe lediglich die als Ersatzschreibung für ein Lang-s der Antiqua dienenden "f" durch echte Lang-s ersetzt [und entsprechende Erläuterungen gelöscht]; dieses Zeichen ist unter der Nummer 383 [hexadezimal: 017F] verfügbar. Der hiesige Text wird natürlich nur dann richtig angezeigt, wenn Ihr HTML-Interpreter dieses Zeichen kennt. Hier ein Test: »ſ«; aufrecht: »ſ«. Weitere Änderungen dieser Fassung gegenüber dem Original beschränken sich auf Typographisches [Anführungszeichen, Kursivierung], ferner ist der Nachtrag nicht enthalten.)
Antiqua versus Fraktur
(Re: Die gültige ss- Regelung ist nicht schlecht)
R. Menges: Wenn es ein Zurück zur alten Rechtschreibung geben würde und es nach den Vorbildern auf diesen Seiten eine Weiterverfolgung dieser Ziele gäbe, dann müssten auch alle Schulbücher neu geschrieben werden. Ebenso bei einer umfangreichen Neureform. Bei kleineren Renovierungen allerdings würde es Jahrzehnte dauern bis dies wirklich in den Schulbüchern erscheinen würde.Darauf hoffen Sie also, liebe Frau Menges, daß einige kleine Korrekturen ausreichen, um die Probleme zu beseitigen? Daß diese Korrekturen so gering wie möglich sind, so daß »es Jahrzehnte dauern [würde] bis dies wirklich in den Schulbüchern erscheinen würde«? Daß eine neue Kostenlawine vermieden werden kann? Und deshalb tischen Sie jetzt das Thema der s-Laut-Schreibung auf in der Hoffnung, daß, wenn diese bleibt, wie sie ist, die übrigen Änderungen kaum ins Gewicht fallen? Es ist ja klar, daß das Thema ss vs. ß das Wichtigste ist, um die Geringfügigkeit einer Reform der Reform zu gewährleisten. Es ist ja in der Tat eine wichtige und spannende Frage: Soll man die Reform an dieser Stelle korrigieren oder nicht? Wie werden sich die Kultusminister (etc.) entscheiden, was wird die Zwischenstaatliche Kommission ihnen raten?
Ich weiß es nicht. Ich habe meine Meinung an anderer Stelle ausführlich begründet. Sie haben meine Beiträge zu den Problemen der ss/ß-Schreibung ja wohl gelesen, denn Sie sagten von ihnen, sie seien es wert, sich die Zeit zu nehmen, um sie genau zu studieren (vgl. hier). Ich versuche, sie hier aus gegebenem Anlaß zusammenzufassen und sie unter einen neuen Leitgedanken zu stellen. Vergleichen wir also die s-Schreibungsregeln nach Adelung/Gottsched und Heyse, und zwar bezüglich (theoretischer) Regeldefinition, praktischer Anwendung und Lesevorgang.
Zur Theorie: Beide Regeln sind klar, lassen sich relativ kompakt darstellen und sind so konzipiert, daß sie immer ein eindeutiges Ergebnis liefern. Sie verfolgen verschiedene Strategien, die beide als Optimierungsziele einer sinnvollen Rechtschreibung anerkennenswert sind. Hierin nehmen sie sich also nichts, von der Qualität her gesehen. (Mit anderen Worten: Die gültige ss-Regelung ist nicht schlecht. Ja, Frau Menges, bloß ist das nicht alles, worauf es ankommt.)
In der praktischen Anwendung zeigt sich zum einen bei beiden Regeln ein Schwachpunkt, wenn ein Wechsel zwischen »ss« und »ß« eintritt (Heyse: gießen er goss [nicht: goß vgl. groß]; Adelung/Gottsched: Fluß Flüsse [nicht Flüße vgl. Füße]). Hierin nehmen sich die beiden Regeln ebenfalls nichts, denn der Fehler ist in beiden Fällen auf die gleiche Art von mangelndem Verständnis bzw. möglicher Unklarheit zurückzuführen: daß die Verwendung des »ß« auf bestimmte, für die jeweilige Regel charakteristische Fälle beschränkt ist und daß sie mit der gewöhnlichen Konsonantenverdopplung (und bei Heyse auch mit der Stammschreibung) in Konkurrenz steht.
Zum anderen aber macht sich hier das Konzept hinter den Regeln bemerkbar: Im einen Fall (Heyse) hängt der Unterschied zwischen »ss« und »ß« von dem vorausgehenden Selbstlaut (Vokal oder Diphthong) ab, im anderen (Adelung/Gottsched) von der Stellung des s-Lautes innerhalb des Wortes. Ersteres setzt die Beherrschung der der hochsprachlichen Aussprache voraus, letzteres die der Silbentrennung. Eine größere Sicherheit in der Anwendung steht bei letzterem zu vermuten die Zerlegung nach Sprechsilben ist elementarer als die hochsprachliche Aussprache.
Zum dritten ist die Möglichkeit der der Übergeneralisierung zu betrachten, d. h. die Verwechslung mit »s«. Weil die Orientierung an der Aussprache diesbezüglich eine scharfe Trennung zwischen dem »Fall ss bzw. s« und dem »Fall ß bzw. s« erlaubt, die Orientierung an der Silbenzerlegung dagegen zwischen dem »Fall ss« und dem »Fall ß bzw. s«, ist auch hier letzteres von Vorteil.
Zuletzt zum Lesevorgang: Lesen ist Mustererkennung. In Fraktur geschrieben, ergibt sich wegen des Lang-s kaum ein Unterschied in der Lesbarkeit eines Schriftbildes, das der Adelung-/Gottschedschen Regel folgt, im Vergleich zu einem, das der Heyseschen folgt (insbesondere, wenn eine spezielle Lang-s-Rund-s-Ligatur, die kein »ß« ist, verwendet wird; zu sehen etwa bei Poschenrieder in Eroms/Munske, S. 177). In Antiqua sieht es jedoch anders aus im wörtlichen Sinne: Weil die Verwendung des Lang-s nicht mehr üblich ist, ist die logische Zuordnung von mehreren »s« nicht per se klar, sondern bleibt dem Leser überlassen. Dies gilt prinzipiell bei der Verwendung von Antiqua ohne Lang-s und hat noch nichts mit der s-Schreibungsregel zu tun. Es erklärt aber unmittelbar, warum die Heysesche Regel beim Lesen von Antiquatexten einige Schwierigkeiten verursacht: Die vermehrte Verwendung von s-Buchstaben gibt Anlaß zu mehr Uneindeutigkeiten bei Zusammensetzungen (-ssch-, -sst-, -ssp- sowie bei -ss+Vokal), weniger Kontrast (dass ist das ähnlicher als daß) und Dreifach-s (Bsp.: Flussseeschwalbe, Ausschusssitzung; in Fraktur hätte man Fluſsſeeſchwalbe, Ausſchuſsſitzung).
Welche Schwierigkeiten verursacht dagegen die Adelung-/Gottschedsche Regel? Wegen der Verwendung des »ß« in den beiden Funktionen des Scharf-s-Zeichens nach Langvokal/Diphthong sowie als Doppel-s-Ligatur an Stellen, an denen in Fraktur »ſs« bzw. »ſſ« geschrieben würde, bleibt die charakteristische Oberlänge des Lang-s erhalten, welche die logische Zuordnung erleichtert (vgl. die Funktion von Großbuchstaben am Wort- oder Satzanfang: Markierung von logisch/konzeptionell herausstechenden Teilen), und erlaubt ein rasches Erfassen der Struktur des Wortes auch in Zusammensetzungen. Dies hilft, die sich aus der bei der Adelung-/Gottschedschen Schreibweise fehlenden Längenmarkierung ergebende Schwierigkeit bei der Worterkennung zu kompensieren: Wenn man die logische Struktur eines Wortes leichter erfassen kann, kann man es auch schneller/besser erkennen. Wenn man das Wort solches kennt, ist man auf die Längenmarkierung des Vorvokals nicht angewiesen; ein Diphthong bedarf keiner speziellen Markierung, sein Länge ist zudem nicht immer klar (vgl. Lamm Leim lahm; Anne Aue Ähre). Wer ein Wort (noch) nicht kennt, profitiert (bei der Heyseschen Schreibweise) von der Längenmarkierung durch das »ß« insofern, daß er es richtig aussprechen kann, weiß aber trotzdem nicht, was es bedeutet; das eigentliche Problem des Nichterkennens liegt damit woanders. In Antiqua ohne Lang-s wiegen also die Nachteile der Adelung-/Gotschedschen Regel weniger schwer als die der Heyseschen.Fazit: Die Heysesche ist eine gute Regel sie funktioniert bloß in Antiqua nicht so gut wie die Adelung-/Gottschedsche. In Fraktur dagegen geht die Heysesche Regel in Ordnung wegen des Lang-s! Da wir in der Antiqua das Lang-s aber nicht mehr verwenden, bringt die Heysesche Regel mehr Nachteile als Vorteile mit sich. (Ich würde gern wissen, was Herr Schneider aus Marburg dazu zu sagen hat.)Aber was meinen Sie, Frau Menges, wie realistisch Ihre Erwartungshaltung ist, daß es 2005 bei einer kleinen Korrektur bleibt und daß keine »umfangreiche Neureform« erforderlich ist? Als was schätzen Sie denn diesbezüglich den Kompromißvorschlag der DASD ein von dem Prof. Eisenberg selbst gesagt hat, daß er nur 2. Wahl ist und also das eigentlich Richtige, weil Bessere, noch darüber hinausgeht? Gerade bei der ss/ß-Regel windet sich Eisenberg zu offensichtlich mit einer Notargumentation heraus, die durchblicken läßt, daß er genau weiß, was eigentlich dazu zu sagen wäre. Und das mit Recht, denn das, was Sie anführen eine Fehlerverminderung in der s-Laut-Schreibung scheint Illusion zu sein. Schauen Sie noch einmal auf die Ergebnisse der Studie von Prof. Marx:
Sehen Sie, Frau Menges: Die reformierte s-Schreibung ist schlechter als die herkömmliche, weil die Erwartungen nicht erfüllt werden.
Aber selbst wenn die s-Laut-Schreibung nicht korrigiert wird, bleibt genug zu ändern, so daß eine Kleine Lösung nicht in Betracht kommt. Seien Sie realistisch und geben Sie die Hoffnung darauf sofern vorhanden auf.
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Jan-Martin Wagner
eingetragen von J.-M. Wagner am 19.03.2004 um 22.53
Hier in der Sammlung: Probleme der ss/ß-Schreibung bitte nicht diskutieren, sondern nur Beispiele, Argumente und Abhandlungen einstellen. Alle Kommentare etc. bitte in einem der Parallelstränge ss/ß-Schreibung und die Problematik der Vokallänge in regionalen Varianten (Rechtschreibforum; dort gehe ich auf die hiesigen Beiträge ein) oder ss vs. ß (Beispielsammlung über Sinn und Unsinn) unterbringen!! Danke.
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Jan-Martin Wagner
eingetragen von Stephan Fleischhauer am 19.03.2004 um 17.38
Lieber Herr Ickler,
ich muss ein Jahr lang auf schweizerische Weise ss und sss schreiben, das hat mir mein Therapeut verordnet. Zur allgemeinen Beruhigung: Auch ich finde die Adelungsche ß-Schreibe sehr ästhetisch. Aber ich will es mir mit dem guten Dr.B.Wußtsein, der sich hier schon für mich eingesetzt hat, nicht verscherzen. Der arme Kerl leidet übrigens an einem Sprachfehler, spricht jeden Diphthong ungewöhnlich kurz - was dann auch zu einer gewissen Rechtschreibschwäche geführt hat. Nun weiss ich nicht, um zur Sache zurückzukommen, was gerade an der Heyseschen "Straße" so schwer sein soll. Wer würde bestreiten, dass sie ein langes a hat? Da sie aber schon immer mit ß geschrieben wurde, kann man sich fragen, warum ausgerechnet bei solch völlig klaren Fällen Fehler gemacht werden. (In Ihrem Leserbrief führen Sie leider nur Beispiele mit Diphthong oder regional kurz gesprochenem Vokal auf.) Ich hatte einmal den Verdacht, der schweizer Gebrauch (den es ja nicht nur in der Schweiz gibt) könnte einen Einfluss haben - und wurde deshalb von Herrn Markner in Therapie geschickt. (Hoffe jetzt auf Besserung! ) Aber es ist wohl einfach so, dass der Neuschreiber jetzt bei jedem Wort mit einem scharfen s ein kurzes Nachdenken einlegen muss, ob sich etwas ändert oder nicht. Also auch bei "Straße". Das überfordert den besagten Schreiber, der ja nicht ständig nachdenken will, und so macht er eben Fehler - eine reine Folge der Umstellung. Die Reformer nahmen diese Umstellungsproblematik viel zu leicht. Rechtschreibung wird doch sehr früh gelernt. sie betrifft sozusagen frühe Gedächtnisschichten. Ein Freund von mir meint mir noch anzuhören, dass ich bis zu meinem siebten Lebensjahr im Kohlenpott gewohnt habe. Habe ich meinen Dialekt vielleicht nicht genügend umgestellt? Wenn ich Klavier übe, gibt es irgendwann einen Zustand, in dem ich z.B. kaum noch auf Fingersätze, Sprünge usw. konzentriere. Das geht dann automatisch. Ich kann mir auch andere Fingersätze angewöhen, doch das fordert diszipliniertes Üben, bei den schweren Stellen jedenfalls. Ich glaube durchaus, dass man völlig auf die Heysesche Schreibung umstellen und bis zu einem gewissen Grad auch die einstmals "blinde Sicherheit" wiedererlangen kann. Man müßte tausende von Wörtern, egal ob geändert oder nicht, neu lernen. Bis die Motorik wieder von alleine läuft, ohne wiederkehrendes Nachdenken. Ob die Neuschreiber wohl diese Disziplin aufbringen? Bei ihrer laxen Einstellung zur Rechtschreibung kann man daran zweifeln. Mich wundern die häufigen Fehler in der ss-Schreibung jedenfalls nicht.
eingetragen von Sigmar Salzburg am 19.03.2004 um 16.35
Kilchberg, Donnerstag den 4.11.54
Das rückwärtige Leiden war nach der letzten Entleerung beunruhigend schwer, störte die Nacht auf heute, war aber morgens mit der Salbe bezähmt. Ass Austern und trank Sherry dazu, auch Gänseleber. Doch sind die Mahlzeiten, bis auf die Suppe, meist eine Plage.
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Sigmar Salzburg
eingetragen von Sigmar Salzburg am 19.03.2004 um 15.51
… an Rechtschreibung herangehen hieße, sich in einen geschichtslosen Urzustand zurückversetzen. Wenn man aber eine völlige Neukonstruktion der Schreibung nicht wünscht, braucht man dies auch nicht für die s-Schreibung in Erwägung zu ziehen. Es muß genügen, daß man die Verbindung mit der Vergangenheit nicht aufgeben will.
Durch alle Jahrhunderte, alle Schreibungen und Schriftarten hindurch bis zur 1941 zwangsverordneten Antiqua schafft uns die „Fähigkeit, Wörter als Ganzes zu speichern“, eine Vertrautheit mit dem Text, wenn wir bekannte Wortbilder wie „daß“, „Fluß“, „muß“ usw. wiederfinden. Dieses wird durch die „neue“ ss-Regel rigoros abgeschnitten.
Sogar dem Kieler Germanistik-Professor Winfried Ulrich „fällt selbst auf, dass ihn nach den alten Regeln Geschriebenes irritiert.“ (Kieler Nachrichten 1.8.2003) und Professor Harald Marx, Leipzig: „Inzwischen nehme ich persönlich ein „daß“ mit ß für befremdlich wahr; das Gehirn stellt sich um.“ (Rheinischer Merkur 28.1.04).
Was diesen Herren widerfährt, die ja immerhin Unmengen traditioneller Literatur gelesen haben und lesen, will ich für mich und meine Kinder nicht. Sie sollen die großen Schriftsteller nicht mit Befremden lesen. Es soll auch nicht mit letztlich Milliardenaufwand ausgewählte alte Literatur „angepasst“ werden, so daß sich ein Angepaßter beim Lesen wirklich älterer Bücher wie ein Behinderter vorkommt, dem seine Krücken weggenommen wurden.
Natürlich kann man Argumente in ausreichender Zahl für die herkömmliche Schreibung finden. Das ist hier zur Genüge geschehen. Diese werden aber eingefleischte Veränderungs- und Fortschrittsideologen ohnehin nicht überzeugen. Ich würde die Adelungsche Schreibweise neben dem Heyse-System auch nicht als Behelf bezeichnen, denn letzteres ist auch nichts anderes – aber gegen die Ästhetik und Lesefreundlichkeit des ersteren Notzucht.
Die kurze Formulierbarkeit der „neuen“ ss/ß-Regel ist ohnehin eine Illusion und wird vor allem bei den von Gerhard Schröder 1995 als „faule Säcke“ bezeichneten Lehrpersonen Hoffnungen geweckt haben. Allein schon der auch neu zulässige Satz „sie rasten vor der Litfaßsäule“ zeigt, daß man weder im Schreiben noch im Lesen von dieser Regel Vorteile hat.
Nebenbei: wenn mein Sohn in der Schule die Größen aller Erdteile in Quadratkilometern auswendig lernen muß, sollte er auch die Regeln des herkömmlichen ß in dieser Zeit lernen können.
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Sigmar Salzburg
eingetragen von Theodor Ickler am 19.03.2004 um 13.26
Was mich betrifft, so habe ich nie verschwiegen, daß auch die Adelungsche s-Schreibung eine Behelfsschreibung ist (und warum).
Herr Fleischhauer findet die Heysesche s-Schreibung nicht schlecht, das ist bekannt. In seinem jüngsten Beitrag geht er gleich zur Schweizer Schreibweise über ("grosse"). Ist das Absicht, oder sollen die anderen Gäste etwas daraus lernen, woran der Verfasser nicht gedacht hat?
Es wird behauptet, daß die Heysesche s-Schreibung etwas fehlerträchtiger ist als die Adelungsche. Dafür gibt es Belege, aber keinen strengen Beweis, glaube ich jedenfalls. Die Adelungsche Schreibweise hat ziemlich klaglos funktioniert (das Anfängerproblem "das/daß" kann man ja beiseite lassen, darüber ist genug gesagt).
Herr Fleischhauer trifft den Nagel auf den Kopf: Warum etwas ändern, wenn kein deutlicher Vorteil winkt? Machen wir uns nichts vor: ob man von der bisherigen oder von der reformierten Rechtschreibung ausgeht - die Einführung bzw. Beibehaltung der Heyseschen s-Schreibung allein führt zwangsläufig zum Neudruck aller Schul- und Jugendbücher, darüber hinaus wohl auch noch zu weiterem Ersetzen der dadurch "veralteten" Texte. Lohnt es sich?
Nebenbei: In der heutigen FAZ wirbt die Modefirma Gucci wieder mal mit feinen Adressen: viermal "-strasse", einmal "-straße". Auch das ist kein Beweis, aber die Belege häufen sich, auch nach 9 bzw. 5 Jahren Neuschreibung noch.
In meinem heutigen Leserbrief in der FAZ sind übrigens die Anführungszeichen weggefallen, jedenfals in meiner Deutschlandausgabe und auf dem Nachrichtenbrett. Es stört nicht sehr, aber ich hatte sie u. a. deshalb gesetzt, weil die FAZ im allgemeinen keine Kursive wiedergibt.
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Th. Ickler
eingetragen von Stephan Fleischhauer am 19.03.2004 um 12.52
Ich finde, wir sollten einmal ganz ohne Vorurteile an die verschiedenen Möglichkeiten der s-Schreibung herangehen. Wenn man nach Problemen sucht, findet man auch welche. Man mag über "Messerwartung" einmal stolpern - ein zweites Mal stolpert man nicht. Unsere Fähigkeit, Wörter als Ganzes zu speichern, wird hier immer wieder unterschätzt, trtoz eidnrckusovller Bleege. Es kann auch nicht darum gehen, mit der Lupe minimale Unterschiede im Schwierigkeitsgrad zwischen Heysescher und Adelungscher Schreibweise auszumachen. Es sind ja nicht nur Blöde, die sagen, die ss-Schreibung sei leicht zu lernen. Im Gegenteil, es sind meistens Leute mit ganz gesundem Verstand. Denen müssten wir schon gute Gegenargumente bieten - sonst besteht Gefahr, dass wir uns der Lächerlichkeit preisgeben. Dass die Deutschen zu doof wären, ein Gefühl für Vokallängen zu entwickeln, halte ich jedenfalls für kein gutes Argument. Ich glaube auch nicht, dass die umständliche Darstellung im amtlichen Regelwerk das eigentliche Problem ist, selbst wenn sie Einfluss auf die Schulen haben mag. Offenbar haben wir keine Argumente. Brauchen wir auch nicht. Dass nach wie vor eine grosse Mehrheit die Rechtschreibreform ablehnt, hat meines Erachtens nichts damit zu tun, dass die Heysesche Schreibweise als zu schwierig empfunden wird.
Grundsätzlich ist auch das Adelung-ß eine Behelfsschreibung. (Wie kann man eigentlich auf die Idee kommen, eine Schlussligatur mitten ins Wort zu setzen? "Muße", "reißen" - dilettantisch!) Sie hat ihre ganz eigenen Nachteile; das wird auf diesen "Kampfseiten" gern verschwiegen.
Man kann sich eigentlich nur fragen, warum überhaupt geändert wurde. Dann sind wir wieder bei den ganz allgemeinen Argumenten gegen die Rechtschreibreform.
"Die wollen nur nicht umlernen" - das ist eigentlich unser Argument! Wir haben es nur noch nicht begriffen. Niemand will umlernen, kann umlernen, denn die blinde Sicherheit geht für immer flöten. Der treuherzige Reformanhänger opfert sich eben, für künftige Generationen. Heyse ist schon okay. Nur die Umstellungszeit müsste man fairereweise auf 50 Jahre erhöhen.
eingetragen von Sigmar Salzburg am 19.03.2004 um 09.00
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Leichte Handhabung und leichte Messerwartung
http://www.bmh.fi/
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Sigmar Salzburg
eingetragen von J.-M. Wagner am 10.07.2003 um 10.33
Zitat:Gestern hat Prof. Gallmann in der letzten Vorlseungsstunde zur Orthographie die Änderungen durch die die 1996er Reform zusammengefaßt. Er hat jeweils die zugehörige Begründung angegeben, an manchen Stellen angedeutet, was sich in Zukunft ändern könnte, an einer Stelle explizit dazugesagt, daß man es auf keinen Fall verwenden sollte (Abtrennnung einzelner Anfangsbuchstaben), und erwähnt, was die Kommission noch vorgeschlagen hatte, womit sie aber kein Gehör fand (Einheitsschreibung das für Konjunktion und Relativpronomen »wie im Englischen oder Französischen«).
Ursprünglich eingetragen von J.-M. Wagner
Ich habe weiterhin ein ganz fundamentales Problem mit der neuen s-Schreibung: WARUM haben wir sie? Auf die Begründung bin ich wirklich neugierig.
Gibt es (nachvollziehbare, nachlesbare, nachdenkenswerte) Gründe, die für diese Änderung gesprochen haben - und es eventuell immer noch tun? Ich bin zwar davon überzeugt, daß die Adelungsche s-Schreibung die bessere ist, weil sie m. E. einfacher zu beherrschen und lesefreundlicher ist als die Heysesche, aber wenn diese Änderung nicht "vom Himmel gefallen" ist, dann sollte es doch zumindest einen Anlaß dafür gegeben haben. Und dann eventuell sogar einen wichtigen, weil wir die neue s-Schreibung ja haben, obwohl den Kennern bekannt ist (oder besser: sein sollte?), daß sie sich schon einmal als ungünstig erwiesen hat.
Als Begründung für die Änderung der s-Schreibung hat er folgendes angeführt: Der eine Teil der alten Regel ("ß" statt "ss" am Schluß und vor Konsonant) ist ein Überbleibsel der Frakturschrift, bei der unterschieden wird, ob sich ein "s" innerhalb des Wortes oder in Schlußstellung befindet. Da es diesen Unterschied heutzutage nicht mehr gibt, paßt dieser Teil der "ß"-Regel nicht mehr in das Schriftsystem. Die "ß"-Regel wurde auf den entscheidenden Fall beschränkt.
Mein Kommentar dazu: Ist das alles? Es kommt mir wie eine Rationalisierung (im psychologischen Sinn) vor.
Es zeigt aber auch, wie begrenzt der Horizont dessen ist, was bei der Ausarbeitung der Reform als Leitlinie gedient hat: Hauptsächlich zählt die formale Regelvereinfachung, die leichte Lesbarkeit der resultierenden Schreibungen zählt nur ganz am Rande. Fazit: An dem, worauf es bei der Orthographie eigentlich ankommt, geht die Reform vorbei.
– geändert durch J.-M. Wagner am 10.07.2003, 16.24 –
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Jan-Martin Wagner
eingetragen von J.-M. Wagner am 10.02.2003 um 16.31
Ich halte zwar nicht viel von dem Sprichwort "Wer A sagt, muß auch B sagen", aber bei den reformierten Rechtschreibregeln ist es nun einmal so, daß, wer sich mit § 2 abgibt, auch auf § 4 schauen muß -- und auf § 5, und letzteres hatte ich in meinem ersten Nachtrag vergessen.
Ich hatte behauptet, die Schreibung von "ss" für ein scharfes [s] ergebe sich nach den reformierten Regeln aus § 2 (Konsonantenverdopplung nach betontem kurzen Vokal), mit Ausnahme der Fälle von § 4 (keine Verdopplung trotz kurzen betonten Vokals). Aber es gibt außerdem natürlich noch den umgekehrten Fall der Verdopplung ohne Betontheit des Vokals:Zitat:Die komplette reformierte s/ss/ß-Regel erstreckt sich also über die Paragraphen 2, 4, 5, 23 und 25. Offen bleibt für mich dabei zunächst noch, was davon für die Heysesche S-Laut-Schreibung spezifisch ist und was nicht, was also in gleicher Form auch zu einer ausformulierten Fassung der Adelungschen Variante paßt. Insofern bleibt auch zunächst offen, welche von beiden komplizierter bzw. aufwendiger in der formalen Darstellung ist.
"§ 5: In vier Fallgruppen verdoppelt man den Buchstaben für den einzelnen Konsonanten, obwohl der vorausgehende kurze Vokal nicht betont ist."
Dies betrifft
(1) das scharfe (stimmlose) s in Femdwörtern, zum Beispiel:
Fassade, Karussell, Kassette, passieren, Rezession
[...]
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Unabhängig davon scheint es mir ein Problem der Heyseschen /s/-Schreibung zu sein, daß sie die Lesekompatibilität zur Schweizer "ß"-losen Schreibweise beeinträchtigt. In der Heyseschen Variante treten zwar weniger "ß" auf als in der Adelungschen, jedoch deuten diese konsequent auf einen langen Vokal (bzw. einen Diphthong) hin, und umgekehrt deutet "ss" auf einen kurzen Laut hin. Was bedeutet das nun für das Lesen von Texten, welche die Ersatzschreibung "ss" (statt "ß") verwenden?
Wenn man die Adelungsche Schreibwese gewohnt ist, ist man nicht darauf geprägt, ein "ß" mit einem langen Vokal (bzw. einem Diphthong) in Verbindung zu bringen; das "ß" ist davon unabhängig. Dann hat man mit der Ersatzschreibung "ss" in einem "ß"-losen Text insofern ein geringes Problem, als daß man lediglich den vom "ß" gewohnten "möglichen Wechsel in der Vokalquantität" (d. h. die Unabhängigkeit davon) gedanklich auf das "ss" übertragen muß. Dies sollte einem leichtfallen, da man sich das gewohnte "ß" an die Stelle des "ss" denken kann -- was ja naheliegt, wenn man über die Eszettlosigkeit eines Textes stolpert -- und darüber einen Zugang zu der (gewohnten) Unabhängigkeit von der Vokalquantität bekommt.
Wenn man aber die Heysesche Variante gewohnt ist, ist man stärker auf die Abhängigkeit von der Vokalquantität geprägt -- man empfindet diese quasi als konstituierend für die /s/-Schreibung. Genau diese Grundhaltung muß aber bei einem "ß"-losen Text aufgegeben werden.
Das ist das gleiche Problem wie in dem Fall, wenn im Rahmen der Heyseschen Variante durchgängig Großbuchstaben verwendet werden und das "ß" durch "SS" wiedergegeben wird -- was zwar zugegebenermaßen typographisch gesehen schlecht ist, in der Praxis aber recht häufig vorkommt (z. B. Plakate, Werbetexte etc.). Es stellt sich (bei mir zumindest) ein "seltsames Gefühl" ein, daß hier etwas nicht stimmt bzw. nicht systematisch zusammenpaßt, wenn man einen solchen Text "unter dem Blickwinkel der Heyseschen Regel" liest.
Es kann zwar sein, daß eine andere Leseprägung dieses "seltsame Gefühl" gar nicht erst aufkommen läßt -- wenn man sich eben durch Lesen von durchgängig großbuchstabigen Texten daran gewöhnt hat, daß es diese systematische Entsprechung nicht gibt. Diese Möglichkeit erscheint mir aber nicht erstrebenswert, und ich halte es daher (und nicht nur daher) für sinnvoll, die Heysesche /s/-Schreibung wieder aufzugeben.
Inwiefern steht damit eigentlich die Gefahr ins Haus, daß das "ß" -- quasi "nach Schweizer Vorbild" (aber ist es das wirklich?) -- in einem späteren Reformschritt ganz abgeschafft wird?
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Jan-Martin Wagner
eingetragen von Norbert Schäbler am 05.10.2002 um 19.24
Was ist ein Didaktiker?
Ein Didaktiker ist ein Mensch, der den Wind neu erfinden will, weil es die entsprechende Mühle schon gibt.
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nos
eingetragen von Norbert Schäbler am 05.10.2002 um 16.50
Ergänzend zu den Gedanken von Frau Philburn will ich an dieser Stelle anmerken, daß es ja schließlich auch zwei Komponenten der sprachlichen Kommunikation gibt, die sich zum Teil überlagern, und die sich wechselwirksam – ja fast spiralartig – gegenseitig befruchten. -
Oberste Lernziele, die es anzustreben gilt, sind:
a) Kommunikationsfähigkeit im Bereich der gesprochenen Sprache,
b) Kommunikationsfähigkeit im schriftsprachlichen Bereich.
Gerade beim Fremdsprachenlernen wird dies doch auf außerordentliche Weise deutlich: Wörter und Begriffe sind – meiner Meinung nach - erst dann im „Sprachspeicher“ sicher abgelegt und deshalb auch wieder verfügbar, wenn sie sowohl bzgl. der Aussprache als auch ihrer Schreibweise weitestgehend sicher beherrscht werden.
(O t h e r w i s e - I' m r e a l l y c o n f u s e d)
In meiner Eigenschaft als Grund- und Hauptschullehrer habe ich im Laufe des Schreiblernprozesses häufig die Erfahrung gemacht, daß meine Schüler große Sicherheit entwickelten im Bereich der S-Laute. Dies habe ich an anderer Stelle auch wiederholt ausgeführt, indem ich über visuelle Lernmethoden berichtet habe.
In Kurzform: Das „ß“ gehört neben dem „f“ zu den einzigen Buchstaben, die im Wortinneren oder am Wortende eine sogenannte Überlänge aufweisen. Das heißt: In der Schreibschrift (manuell, mit Füller, Kugelschreiber oder Bleistift) ziehen sie sich über drei Lineaturen hinweg (man denke hier an die Behelfslineatur bei der Einschulung).
Gerade die Außergewöhnlichkeit dieses Buchstabens „ß“ macht doch die Lernwörter besonders augenfällig und erinnerungswürdig, und von daher kann ich die tendenziösen Absichten nach Selektion nicht verstehen.
Noch einmal - wiederholt - (bis es verstanden wird): Gerade die Besonderheit macht diesen Buchstaben – und hiermit auch den Lernbegriff - zum relativ leichten Lerngegenstand, und ich halte alle Fehlerstatistiken und Pseudountersuchungen ausschließlich für Schlechtwettermeldungen.
Hierzu noch eine weitere Beobachtung aus den Jahren, in denen ich Englisch unterrichtete: Seinerzeit war es üblich, den Kindern so lange wie möglich das Schriftbild vorzuenthalten und statt dessen Bilderchen anzubieten von Wörtern, die in beiden Sprachen ähnlich klingen (Bus, Fisch, Maus …).
Ich weiß heute noch nicht, welche Motive hinter dieser Lerndidaktik stehen, weiß aber andererseits, daß meine Schüler immer wieder forderten, daß man ihnen das Wort komplett vorstellen möge.
Ich muß das jetzt zynisch sagen: Jene Lerndidaktiker halten offensichtlich noch die Keil- und Bilderschrift für das beste Bildungs-Transportmittel. Sie haben keine Ahnung vom Lern- und Leistungswillen der Zöglinge und keinen blassen Dunst von Logik, Differenziertheit und Lern-Harmonie.
Und ich möchte behaupten, zu wissen, wo die Ursachen von Pisa herkommen!
Es liegt an den Baumeistern! Sie haben den Untergrund falsch berechnet!
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nos
eingetragen von Elke Philburn am 05.10.2002 um 13.41
I'm really struggling with the Rechschreibreform's ss vs ß issue. Is u-umlaut always considered "short"? I am SO confused.[...]
Someone tell me if I've got it right: - after dipthongs and long vowels always use ess-zett - after short vowels use ss SO...umlauted vowels can be either short or long?
My pronunciation is lacking enough in that can't tell what is a long and a short vowel.
Why is it Schloss and Floß (ess-zett)? I would think they were pronounced the same. It would have been so much easier if they just got rid of the ß ess-zett altogether.
Frustrated,
K. S.
Daß die Kopplung von ß an die Aussprache des vorangehenden Vokals Nicht-Muttersprachlern Schwierigkeiten bereitet, lese ich nicht zum ersten Mal. Anstatt die Schreibung von der Aussprache abhängig zu machen, wäre es wahrscheinlich geschickter, es umgekehrt zu halten und die Aussprache nach der Schreibung auszurichten. Also "sprich wie du schreibst".
Die neue Regel mit ihrer phonetischen Komponente scheint bei manchen Lernern mehr Verwirrung als Klarheit mit sich zu bringen. Was ein Langvokal, Kurzvokal oder Diphthong ist, sind Fragen, mit denen man sich im Anfangsstadium normalerweise gar nicht befassen muß. Unterschiede in der Vokalquantität (z. B. las - laß) werden von Muttersprachlern des Englischen beim Hören deutscher Wörter problemlos erkannt und mehr oder weniger 'originalgetreu' nachgesprochen. Der Begriff Umlaut wird hauptsächlich zur Bezeichnung der graphischen Variante eingeführt.
Die Frage nach dem ß stellte sich früher in erster Linie bei der Konjugation oder Deklination (müssen -> ich muß -> du mußt oder der Fluß -> des Flusses). Hier genügte es darauf hinzuweisen, daß am Wortende oder vor einem t kein ss stehen kann.
Die große Übereinstimmung zwischen Lautung und Schreibung wird von Muttersprachlern des Englischen in aller Regel als hilfreich empfunden: Kennt man erst einmal die 'Kniffe', d. h. weiß man, wie welcher Buchstabe oder welche Buchstabenkombination lautiert wird, läßt sich die Aussprache eines Wortes anhand seiner Schreibung meist gut erkennen. Hierbei genügt das Vorsprechen und Imitieren der jeweiligen Laute anhand von Wortbeispielen.
Die Kenntnis konkreter phonetischer Lautqualitäten und
-quantitäten als Voraussetzung zum Verstehen einer orthographischen Regel ist eher eine reformbedingte und, wie es scheint, nicht sehr hilfreiche Neuerung.
eingetragen von J.-M. Wagner am 16.09.2002 um 19.54
Wie unterstützt man wirkungsvoll die falsche ss-Schreibung? Die Deutsche Post AG macht es so:
»Neue deutsche Rechtschreibung: Die 11 wichtigsten Änderungen auf einen Blick
Die neue Rechtschreibung - für viele immer noch ein Buch mit sieben Siegeln. Damit Sie schnell durch den Dschungel der neuen Regeln finden, haben wir für Sie die elf wichtigsten Änderungen in der Rechtschreibung zusammengestellt.
Regel 1
Nach einem kurzen Vokal (Selbstlaut) schreibt man immer Doppel-s.
(traditionelle Schreibung: Kuß, bißchen, (er/sie) ißt; reformierte Schreibung: Kuss, bisschen, (er/sie) isst)
Regel 2
Folgt auf einen kurzen Vokal (Selbstlaut) ein einzelner Konsonant (Mitlaut), so wird dieser in der Regel doppelt wiedergegeben.
(traditionelle Schreibung: numerieren, Tip, Friteuse; reformierte Schreibung: nummerieren, Tipp, Fritteuse)
(...)
Diese Übersicht wurde von Christian Stang verfasst. (...)«
Ich denke, hier erübrigt sich jeder detaillierte Kommentar. Es ist mit das schlechteste, was ich je bezüglich der neuen Regeln gesehen habe.
(Am Ende der Post-Seite gibt's noch eine Literaturempfehlung: Stangs Büchlein bei Langenscheidt, 2001. Eine bessere Anti-Werbung kann man eigentlich nicht machen.)
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Zur Erinnerung: Hier in diesem Strang bitte nicht diskutieren, sondern nur Beispiele, Argumente und Abhandlungen einstellen. Alle Kommentare etc. bitte in einem der Parallelstränge "ss/ß-Schreibung und die Problematik der Vokallänge in regionalen Varianten" (Rechtschreibforum) oder "ss vs. ß" (Beispielsammlung über Sinn und Unsinn) unterbringen!! Danke.
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Jan-Martin Wagner
eingetragen von J.-M. Wagner am 10.06.2002 um 17.47
Mir ist aufgefallen, daß mein langer, ausführlicher Beitrag am Anfang dieses Stranges noch nicht lang bzw. ausführlich genug ist, denn bei der Diskussion der Umsetzung der Heyseschen s-Schreibung durch das neue Regelwerk habe ich die Hinweise auf die Verwendung des "ss" (und die Ausnahmen davon) vergessen. Dies möchte ich hier nachtragen und außerdem ein paar Überlegungen zum Vergleich mit der Adelungschen Regel sowie zur Stammschreibung anfügen.
Die Schreibung von "ss" für ein scharfes [s] ergibt sich nach den reformierten Regeln wie folgt (und entspricht der Heyseschen s-Schreibung):Zitat:Wie schon bei § 25 versteht man das nur, wenn man weiß, was mit dem Wortstamm gemeint ist, und das hilft einem auch nur dann weiter, wenn man jeweils in der Lage ist, den Wortstamm zu erkennen. -- Und auch hier gibt es Ausnahmen:
"§ 2: Folgt im Wortstamm auf einen betonten kurzen Vokal nur ein einzelner Konsonant, so kennzeichnet man die Kürze des Vokals durch Verdopplung des Konsonantenbuchstabens."
Das betrifft Wörter wie:
... Hass, dass (Konjunktion), bisschen, ...Zitat:Das "As" -- und nur dieses -- wurde als Ausnahme abgeschafft; es lautet jetzt "Ass".
"§ 4: In acht Fallgruppen verdoppelt man den Buchstaben für den einzelnen Konsonanten nicht, obwohl dieser einem betonten kurzen Vokal folgt."
Dies betrifft
1. eine Reihe einsilbiger Wörter (besonders aus dem Englischen), zum Beispiel:
Bus, ...
[...]
6. eine Reihe einsilbiger Wörter mit grammatischer Funktion, zum Beispiel: ... bis, das (Artikel, Pronomen), des (aber dessen), ... plus, ... was, wes (aber wessen)
[...]
Fazit 1: Die Heysesche s-Schreibung (incl. der Ausnahmen bzw. Einzelfallregelungen) wird durch das neue Regelwerk in Form (von Teilen) der Paragraphen 2, 4, 23 und 25 wiedergegeben. "In voller Schönheit" handelt es sich damit um eine relativ komplexe Darstellung dieser "ss/ß-Regel" -- die ja in Wirklichkeit offenbar eine komplette s/ss/ß-Regel ist und es wegen der Orientierung an dem vorhergehenden Selbstlaut (langer oder kurzer Vokal) bzw. Diphthong auch sein muß. In der vorliegenden aufwendigen Formulierung und wegen des notwendigen Bezugs auf den Wortstamm halte ich sie für nicht allgemeinverständlich und nicht leicht handhabbar; ich bin mir aber nicht sicher, ob das eine prinzipielle Eigenschaft der Heyseschen s-Schreibungsregel ist oder ob dies lediglich durch ihre konkrete Umsetzung im Regelwerk bedingt ist.
Fazit 2: Eine sinnvolle Faustregel für die Heysesche s-Schreibung muß (u. a. wegen der Ausnahmen) berücksichtigen, daß es sich um eine komplette s/ss/ß-Regel handelt. Es kommt daher nur die Formulierung "Nach kurzem Vokal 's' oder 'ss', nach langem Vokal oder Diphthong 's' oder 'ß'" dafür in Frage. Eine Verkürzung auf die Unterscheidung zwischen "ss" und "ß" ist nicht sinnvoll, weil dies zu den bekannten Fehlern (durch "Übergeneralisierung") führt. -- Welche Merkform der Adelungschen Regel kann und muß man dem sinnvollerweise gegenüberstellen?
Mein Eindruck ist, daß man bei der Heyseschen s-Schreibungsregel immer das volle s/ss/ß-Problem mit sich herumschleppt, während man dies bei der Adelungschen Regel zumindest partiell "separieren" kann, d. h. daß man sich bei der Beschreibung der Fälle auf jene beschränken kann, die sich unmittelbar und ausschließlich auf "ss" oder "ß" beziehen, ohne daß dies zu einem Fehler bezüglich "s" führt. Eine der obigen Formulierung der Heyseschen Variante entsprechende Faustregel für die Adelungsche s-Schreibung kann, in Anlehnung an die alte Dudenregel R 185, m. E. lauten: "Zwischen Vokalen im Inlaut 'ss', wenn der erste Vokal kurz ist; in allen anderen Fällen 's' oder 'ß'" -- trifft es das? (Eine Separation der "ß"-Fälle halte ich dagegen nicht für möglich, denn zur Beschreibung aller dieser muß man auf "ss"-Fälle verweisen.)
Bei der Heyseschen Faustregel muß man lediglich wissen, daß ein Diphthong ein Doppellaut ist und welche das sind; insofern ist sie nahezu vollständig selbsterklärend. Bei der Adelungschen kommt es auf das "im Inlaut" an, was für Nicht-Fachleute eine Schwierigkeit darstellt; ich verstehe es als "im Inneren eines einfachen (d. h. nicht zusammengesetzten) Wortes". Denn sonst wäre es ja tautologisch: Wenn etwas zwischen anderen steht, muß es sich im Inneren befinden. Dieses Problem, Zusammensetzungen berücksichtigen zu müssen, tritt bei der Heyseschen Regel nicht auf (zwar mit der Konsequenz von "sss"-Schreibungen, aber das ist hier nicht relevant; ich will zunächst nur die Klarheit der Regeln an sich betrachten), und insofern scheint sie quasi eleganter zu sein. Und ist das vielleicht der Grund, warum sie so "attraktiv" wirkt und für "einfach" gehalten wird, so daß ihr diese "Einfachheit" zum Vorteil gegenüber der Adelungschen Regel angerechnet wird? -- Aber was macht einen solchen Vorteil wirklich aus?
Der prinzipielle Unterschied zwischen den beiden Ansätzen für die Regelung der s-Schreibung -- Orientierung an der Qualität des vorhergehenden "Nichtkonsonanten" bei Heyse, Orientierung an der Stellung des [s] im Wort bei Adelung -- wird bei der obigen Fassung der Adelungschen Faustregel nicht ganz deutlich, weil sie das Kriterium des kurzen Vokals enthält. Aber ist dieses Kriterium unbedingt erforderlich?
Eine Konsequenz der Adelungschen Regel ist doch, daß ein danach geschriebenes Wort, welches ein "ss" aufweist, in der Form "..s- s.." trennbar ist (mit der "Ausnahme", daß man gegebenenfalls für ein Apostroph das weggelassene "e" gedanklich wieder einsetzen muß; vgl. die alten Dudenregeln R 186 und R 18). Das bedeutet, daß das durch "ss" wiedergegebene [s] eine Silbengelenkfunktion hat, und diese Zuordnung ist umkehrbar eindeutig: Wenn bei einem Wort ein [s] ambisyllabisch ist, wird es als "ss" geschrieben (Eisenbergsche Korrespondenzregel für ambisyllabisch realisierte Konsonanten, hier angewandt auf [s]). Dieses Kriterium löst sowohl das Problem, sich von Wortzusammensetzungen distanzieren zu müssen, als auch vermeidet es die Beachtung des ersten Vokals; im Hochdeutschen tritt die Ambisyllabierung nur nach einem kurzen Vokal auf.
Langer Rede kurzer Sinn: Es kommt also nur noch darauf an, dafür eine klare, einfache Formulierung zu finden, um mit der Heyseschen Regel konkurrieren zu können. "Zwischen Vokalen 'ss', wenn das [s] zu beiden Silben gehört, die es begrenzt; in allen anderen Fällen 's' oder 'ß'" -- ist das klar und einfach genug? Oder noch einfacher: "'ss' wird nur geschrieben, wenn das [s] als '..s-s..' getrennt werden kann; ansonsten 's' oder 'ß'." (Ein interesanter Aspekt dabei ist, daß diese Faustregel die Schweizer Orthographie richtig wiedergibt, in der -- nach Gallmann -- aus phonologischen Gründen kein "ß" verwendet wird.)
Ich denke, daß die Adelungsche Faustregel in dieser Form mit der Heyseschen konkurrieren kann: Beide gehen von der gleichen Voraussetzung aus, daß es um die Schreibung eines stimmlosen [s] geht (und nur darum; insbesondere wird von beiden Regeln zunächst keine Rücksicht auf die Stammschreibung genommen, so daß die Kompatibilität damit noch zu prüfen ist; mehr dazu weiter unten), sie sind weitestgehend selbsterklärend, in einfachen Worten formuliert und kompakt (nicht zu lang).
Bei beiden Faustregeln bleibt ein Problem offen, nämlich die notwendige Fallunterscheidung für die Schreibungen mit "s". Hierbei erweist sich die Separationsmöglichkeit bei der Adelungschen Regel als wichtig: Eine Unsicherheit gibt es bei jener nur zwischen "s" und "ß", bei der Heyseschen Regel gibt es diese zusätzlich auch bei "s" und "ss" -- also immer. Daher ist die Adelungsche Regel m. E. konstruktionsbedingt vorteilhafter als die Heysesche.
Dies ist jedoch kein abschließendes Urteil im Vergleich zwischen den beiden Regeln: Für die Praxis ist noch die Frage nach der Vermittelbarkeit (wie gut sind diese Reglen lehr- und verstehbar?) und der Sicherheit in der Anwendung (wie hoch ist die Fehleranfälligkeit?) zu untersuchen. Daß zusätzlich die Kompatibilität mit dem Stammschreibungsprinzip untersucht werden sollte bzw. muß, um zu einem begründeten und sinnvollen Urteil zu kommen, wage ich zu bezweifeln; mir scheint, daß dies sekundär ist.
Zum einen ist ja das "ß" ein "ungewöhnlicher" Buchstabe in dem Sinne, daß es sich auf die eine oder andere Weise als (heutzutage verselbständigte) Ligatur anderer Buchstaben deuten läßt, und zwar keineswegs nur aus "Lang-s" und "z"; daher kommt es auch nur als Kleinbuchstabe vor. Es kann als eine "typographische Variante" von "ss" angesehen und verwendet werden.
Zum anderen ist die Stammschreibung m. E. keine feste Regel, die automatisch greift, sondern ein Schema, mit dem sich viele der Schreibweisen, die sich etabliert haben, systematisch nachvollzogen, erfaßt und damit "verstanden" werden können. Bei der Schreibung der Wörter nach dem Stammprinzip vorzugehen, ist zwar sinnvoll, aber nicht zwingend notwendig -- insbesondere wenn es andere, unmittelbare, zwingendere Prinzipien gibt, nach denen sich die Schreibung eines Wortes richtet. Dies scheint mir bei der s-Schreibung der Fall zu sein, und daher lohnt es sich m. E. nicht, sich bei der s-Schreibung Gedanken über die Stammschreibung zu machen.
– geändert durch J.-M. Wagner am 12.06.2002, 12.11 –
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Jan-Martin Wagner
eingetragen von J.-M. Wagner am 25.04.2002 um 16.58
"Miss-Stand" - was ist das? "Familienstand: Miss"?
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Jan-Martin Wagner
eingetragen von Theodor Ickler am 12.04.2002 um 03.45
Die bisherige s-Schreibung wurde von Leuten aus dem Grundschulbereich als zu schwierig empfunden, weil Kinder damit Probleme hatten und weil die Orthographen (zugleich fast allesamt ohnehin reformwillig) das ß als Buchstaben mißverstanden statt als Ligatur mit der Zusatzfunktion der Schlußbuchstabigkeit. Sie haben daher nicht gesehen, daß in hassen/Haß die Stammschreibung sehr wohl verwirklicht war. Aufgegeben wird also zuerst die Schlußbuchstabigkeit, daher stehen jetzt am Ende eines Wortes drei s-"Buchstaben" zur Wahl statt vorher zwei, und daher kommt es zu Missstand und dann weiter zu Miss-Stand - ein echter Mißstand!
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Th. Ickler
eingetragen von Matthias Dräger am 12.04.2002 um 03.45
(Auszug)
...
ß
Hierzu gilt bisher folgende Regel: ß steht zur Bezeichnung des stimmlosen S-Lautes im Silbenauslaut in allen Fällen, im Inlaut nur nach langem Vokal oder Diphthong.
(Ausnahmen: die kleinen Wörter aus, bis, das, es, was, etc.)
Die geplante Rechtschreibreform will an Stelle dieser Regelung setzen (§25): Für das scharfe (stimmlose) (s) nach langem Vokal oder Diphthong schreibt man ß, wenn im Wortstamm kein weiterer Konsonant folgt.
Ferner (§2): Folgt im Wortstamm auf einen betonten kurzen Vokal nur ein einzelner Konsonant, so kennnzeichnet man die Kürze des Vokals durch Verdoppelung des Konsonantenbuchstabens.
Beispiel für die Änderung der Schreibweise: Fluß zu Fluss, Guß zu Guss, Haß zu Hass, Kuß zu Kuss, Amboß zu Amboss, daß zu dass.
Vorteile der geplanten Reform:
Die verschiedenen Schreibweisen des stimmlosen S-Lautes am Wortende bieten denen, die Deutsch nicht als Muttersprache lernen, den Vorteil, daß je nach Schreibweise das Wort erkennen läßt, ob der Vokal vor dem ss bzw. ß kurz oder lang ist. (Floß = langer Vokal; Fluss = kurzer Vokal; es goss = kurzer Vokal; Fuß = langer Vokal usw.) Dieser Vorteil ist insofern gering, da die Fähigkeit, eine andere Sprache zu erlenen, untrennbar verbunden ist mit dem gehörten und gesprochenen Wort; die richtige Aussprache wird praktisch ausschließlich durch das gesprochene Wort vermittelt. Der von der Reform vorgesehene Wandel von ß zu ss bei kurzem vorausgehenden Voakal am Wortende könnte hier nur die Funktion einer kleinen Lesehilfe haben, und das auch nur für diejenigen, die Deutsch nicht als ihre Muttersprache lernen. Diesem Vorteil stehen verhältnismäßig wesentlich größere Nachteile gegenüber.
Nachteile:
- Bisher steht für den stimmlosen S-Laut am Wortende ß in allen Fällen, nach der geplanten Reform nur noch bei vorausgehendem langem Vokal oder Diphtong. Das gibt natürlich, wenn man die Schreibweise nicht ohnehin kennt, Schwierigkeiten in der Beurteilung, welcher Art von Vokal dem ß bzw. ss vorausgeht, da hiervon jetzt die Schreibweise abhängt. Beispiel: Fluß, Maß, er muß, Gruß, es floß, er weiß, gewiß, Kloß, Kuß; welches dieser Wörter hat vor dem stimmlosen S-Laut den kurzen Vokal oder den langen Vokal bzw. Diphtong? (Auflösung: beginnend mit Fluss würde jedes zweite Wort der Reihe gemäß Reform mit ss geschrieben).
- Der Wechsel von ss zu ß, wie bisher zum Beispiel in Fluß - Flüsse, soll nicht grundsätzlich wegfallen, sondern lediglich verlagert werden. Beispiel (Schreibweise gemäß Reform): Fluss - fließen - floss, Genuss - genießen - er genoss; schießen - er schoss; Biss - beißen.
- Einen weiteren Nachteil sehe ich vor allem sowohl beim Schreiben als auch im Schriftbild der Wörter selber. Durch den vielfältigen Ersatz des ß durch das konturschwache ss träte buchstäblich eine Verflachung der Schrift ein, die hierdurch auch schlechter lesbar würde. Der Schreiber kann dieses bemerken, wenn er statt des markanten ß (das kleine Beta des griechischen Alphabets) seine ss-Häckchen macht. Der Leser hätte später nicht selten Schwierigkeiten, die "ss-Häckchen" vom n oder sogar vom u zu unterscheiden. Das glauben Sie nicht? Dann schreiben Sie doch bitte einmal selbst einige entsprechende Worte in Ihrer eigenen Schrift, wie zum Beispiel der Fluss, der Kuss, gewiss, ich muss.
Die Konjunktion daß
Der oben genannten Regel des Reformvorschlages, ß nur noch nach langem Vokal oder Diphtong zu schreiben, soll, geht es nach dem Willen der Reformer, auch das gute alte daß zum Opfer fallen - obwohl es sich, wie Sie leicht selbst werden feststellen können, durchaus flotter und leichter als dass zu Papier bringen läßt.
ZUSAMMENFASSUNG
Der Eingriff der geplanten Rechtschreibreform in die Setzung von ß und ss erscheint mir verfehlt. Einem geringen Nutzen für die, die Deutsch nicht als Muttersprache erlernen (die Unterscheidungsmöglichkeit, ob der Vokal vor dem stimmlosen S-Laut am Wortende kurz oder lang ist) stehen denen, die im deutschen Sprachraum aufwachsen, vergleichsweise bedeutende Nachteile gegenüber: eine grundlegende Neuordnung der Schreibweise vieler Wörter mit Endung auf stimmlosem S-Laut, einhergehend mit dem Wechsel von daß zu dass.
Die Tendenz zur Verflachung und der Verlust an Konturen im Schriftbild unserer individuellen Handschriften und damit deren Lesbarkeit ist wahrscheinlich von der vorbereiteten Kommission nicht gebührend bedacht worden. Ebenfalls wenig oder gar nicht scheint beachtet worden zu sein, daß beim Übergang von ß zu ss die Schreibgeschwindigkeit nachläßt.
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Hinweis: Die obigen Ausführungen sind Teil eines Briefes, der vom Reichl Verlag (M. Dräger) an alle 16 Kultusminister und alle 16 Ministerpräsidenten der Länder gegangen ist.
Zitiert nach: Der stille Protest, hrsg. von M. Riebe, Leibniz Verlag St. Goar 1997, S.51f.
Der Verfasser des Briefes hatte übrigens beim Erstellen des Textes durchaus den Eindruck, daß seine Überlegungen zur geplanten ss-ß Regelung den Plänen der Reformer überlegen seien. Diese Einschätzung ist durch die Schreibpraxis und nicht zuletzt auch durch die Marxsche Studie bestätigt worden.
Die fachliche Qualifikation des Briefschreibers: Deutsch meist "befriedigend", vor dem Abitur abgewählt!
Ich halte meine Einschätzung aufrecht, daß sich, erst im "Internationen Arbeitskreis für Orthographie", danach in der "Zwischenstaatlichen Kommission für deutsche Rechtschreibung" (mit einigen wenigen Ausnahmen, die stets überstimmt wurden) die größten Flaschen zusammengefunden haben, die wir seit langem gesehen haben.
Der zersetzende Einfluß der allgemeinen Schreibverwirrung wird weit gravierender ausfallen, als wir Reformgegner ihn je vorhergesehen haben, er wird sich in allen Fächern bemerkbar machen...
Der Brief wurde vor 6 1/2 Jahren geschrieben - du meine Güte, so lange geht das Affentheater schon!
eingetragen von J.-M. Wagner am 12.04.2002 um 02.21
Zitat:Ich habe weiterhin ein ganz fundamentales Problem mit der neuen s-Schreibung: WARUM haben wir sie? Auf die Begründung bin ich wirklich neugierig.
Ursprünglich eingetragen von Theodor Ickler
Man hat ein funktionierendes System duch ein experimentelles ersetzt, das außerdem für den Kenner den Nachteil hatte, in der Vergangenheit bereits einmal versagt zu haben.
Gibt es (nachvollziehbare, nachlesbare, nachdenkenswerte) Gründe, die für diese Änderung gesprochen haben - und es eventuell immer noch tun? Ich bin zwar davon überzeugt, daß die Adelungsche s-Schreibung die bessere ist, weil sie m. E. einfacher zu beherrschen und lesefreundlicher ist als die Heysesche, aber wenn diese Änderung nicht "vom Himmel gefallen" ist, dann sollte es doch zumindest einen Anlaß dafür gegeben haben. Und dann eventuell sogar einen wichtigen, weil wir die neue s-Schreibung ja haben, obwohl den Kennern bekannt ist (oder besser: sein sollte?), daß sie sich schon einmal als ungünstig erwiesen hat.
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Jan-Martin Wagner
eingetragen von Theodor Ickler am 06.04.2002 um 04.34
Herr Metes hat die Lage ausgezeichnet analysiert und macht auch einen sehr guten Vorschlag. Man kann auch daran erinnern, daß es mit der "alten" s/ss/ß-Schreibung praktisch keine Fehler gab, während die Zeitungen usw. jetzt davon täglich eine große Menge bieten.
Kürzlich habe ich die Schlösser Neuschwanstein usw. besucht. Überall aufwendige neue Schilder, und darauf Schloss, aber Einlaß usw.
Dasselbe Bild in den großen Anzeigen, mit denen zur Zeit zu Hauptversammlungen eingeladen wird. Ebenso in öffentlichen Ausschreibungen.
Man hat ein funktionierendes System duch ein experimentelles ersetzt, das außerdem für den Kenner den Nachteil hatte, in der Vergangenheit bereits einmal versagt zu haben.
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Th. Ickler
eingetragen von Jörg Metes am 05.04.2002 um 12.36
Zitat:Vom "dass" (wie übrigens auch vom "Tipp") kann man zumindest sagen, daß es sehr leicht durchzusetzen war. Die Umstellung von "daß" auf "dass" war für viele mit einem Aha-Erlebnis verbunden (übrigens auch für mich: Ende 1999 habe ich ein paar Monate lang "dass" geschrieben und fand es irgendwie gut).
Ursprünglich eingetragen von Theodor Ickler (im Nachrichtenbrett, heute)
Kein Teil der Rechtschreibreform hat "sich durchgesetzt".
Alle sind durchgesetzt worden, aber bei vielen ist klar, daß die Durchsetzung keinen Bestand haben kann und wird.
- Ich habe das Gefühl: Wir können uns allmählich darauf konzentrieren, nur noch die Neuregelung der ss/ß-Schreibung zu bekämpfen (an den Rest glaubt ja eh keiner mehr). Das Problem ist hier nur, daß ihr Widersinn kein so offensichtlicher ist. Erwachsene, die wissen, wo man früher "ß" schrieb, wissen auch, wo in der Reformschreibung daraus jetzt "ss" wird (nun gut. Sie wissen nicht immer so genau, wo das "ß" auch in der Reformschreibung eigentlich noch bleibt. Aber daß man statt "daß" jetzt "dass" schreibt, das wissen sie. Und darum erklären sie es oft für logisch und einleuchtend und befürworten es). Die Neuregelung der ss/ß-Schreibung scheitert ja eher - siehe den vorigen Beitrag von Claudia Ludwig - daran, daß sie für diejenigen, die nicht wissen, wo man früher "ß" schrieb, schwerer zu lernen ist.
Man müßte also eigentlich Leuten, die glauben, diesen Punkt der Reform verstanden zu haben und ihn zu beherrschen, Leuten, die von diesem Glauben überhaupt das Gefühl herleiten, kompetent zu sein und mitreden zu können ("Also das mit der Getrenntschreibung - das ist wirklich Unsinn. Aber das mit dem 'ss' - das finde ich gut!"), irgendwie beibringen, daß sie sich auch hierin täuschen. Ich halte es für besser, das nicht zu tun. Ich halte es für besser, sich hier ganz auf die Frage der Erlernbarkeit für Kinder zu beschränken ("Natürlich! Für Sie ist die neue Regel leicht! Aber für Kinder ist sie schwieriger!").
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Jörg Metes
eingetragen von Jörg Metes am 05.04.2002 um 09.16
Ein Kommentar von Claudia Ludwig vom Nachrichtenbrett (vom 4.4.02):
Scheinlogik vermehrt Fehler
Klassische Rechtschreibung viel einfacher!
Gerade die Regeln der "neuen" "s"-Schreibung sind Grund für unendlich viele neue Fehler. Und das liegt vor allem daran, daß den Kindern fälschlicherweise eingebleut wird, die Regeln seien logisch.
Die Regeln: "Doppel-s nach kurzem Vokal, "ß" nach langem Vokal und Doppellauten" sind Ursache für eine Vielzahl von Ausnahmen. Denn alle scharfen/stimmlosen "s"-Laute, die nur durch ein "s" dargestellt werden, sind in diesen Regeln nicht genannt, wie z.B.: aus, Bus, Haus, Ereignis, Hinweis, Moos, Los, Mus, was, das...
Hinzu kommt, daß ein lang- oder kurzgesprochener Vokal nicht immer eindeutig zu identifizieren ist - hier spielen natürlich Mundart und ausländischer Akzent eine große Rolle! So kommt es zu Schreibungen wie: Glass, Grass oder (im Rheinland) Spass.
Kinder werden damit eindeutig in eine Logikfalle gelockt, da sie zu Übergeneralisierungen neigen. Und so machen sie völlig neue Fehler - die allerdings "reformlogisch" sind - wie: Hinweiß, Loß, Ereigniss usw.
Diese Verwirrung gibt es bei der bewährten "alten" Rechtschreibung nicht! Der Merksatz: "Doppel-s am Schluß macht Verdruß!" kann ohne Ausnahme angewendet werden und führt zu einer Trefferquote von immerhin 50%. Am Ende einer Silbe oder eines Wortes gibt es eben nur "s" oder "ß".
In einem zweiten Schritt können nun "s" und "ß" näher bestimmt werden. Ein "s" hängt immer auch mit einem weichen oder stimmhaften "s" zusammen, z.B.: Haus - Häuser - hausen; Maus - Mäuse - mausen; Mus - musen; Hinweis - Hinweise - hinweisen; Gras - Gräser - grasen... - Ein "ß" läßt sich immer auf ein Doppel-s oder ein "ß" zurückführen: Kuß - Küsse - küssen; Schuß - Schüsse - schießen; Kloß - Klöße; Fluß - Flüsse - fließen...
Die dann verbleibenden Ausnahmen wie: aus, was, bis, Bus, As, alle Wörter auf "-nis".. sind so auf wenige zusammengeschrumpft und überschaubar - somit auch leicht lernbar.
Letztendlich aber gibt es vor allem einen Weg, richtiges Schreiben zu erlernen, und der heißt: üben, üben, üben. Selbst dieser aber ist nun durch die "Rechtschreibreform" schwieriger geworden, weil verschiedene Schreibweisen möglich sind, und niemand mehr sicher weiß, was er denn üben soll.
Es gibt nur eins: zurück zu bewährten klassischen Rechtschreibung! Sie ist für die Kinder erheblich einfacher zu lernen als die "neue"! Und um die Kinder geht es den Reformern doch in erster Linie - oder habe ich da etwas falsch verstanden?
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Jörg Metes
eingetragen von Ruth Salber-Buchmüller am 31.03.2002 um 18.45
Das WDR-Fernsehen kann es auch immer noch nicht.
Beim Einschalten des Fernsehers erscheint stets
unten am Bildschirmrand der Titel des laufenden Films.
So auch gerade: "Lachen macht Spass"
Gleiches passiert generell bei "Die grosse ....", etc.
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Ruth Salber-Buchmueller
eingetragen von Stephan Fleischhauer am 31.03.2002 um 17.21
Man müßte einmal untersuchen, ob die Häufigkeit des Paradefehlers "heiss" von der Stellung des ss im Silbengefüge abhängt. Die Nichtdehnbarkeit des Diphthongs dürfte bei offener Silbe eine geringe Rolle spielen - in "heisse" bildet der s-Laut ja kein Silbengelenk und der Vokal dürfte kaum als kurz empfunden werden. Sind also "heisse" und "heiss" beide gleich häufig, muß man eher davon ausgehen, daß der Schreiber versehentlich in einen anderen Modus gerutscht ist, der ihn veranlaßt, generell ss für ß zu schreiben. Die Reform geht ja gefährlicherweise gerade dort einen halbherzigen Weg, wo es schon immer einen konsequenten und breit ausgelatschten gab. ...Und, schreibt eigentlich irgend jemand "Knauff"?
– geändert durch Stephan Fleischhauer am 01.04.2002, 22.46 –
eingetragen von J.-M. Wagner am 24.03.2002 um 12.55
Diese Beiträge von J. Metes und R. Salber-Buchmüller stehen im Original im Strang »Werbeagenturen«; ich erlaube mir, sie wegen des Themenbezuges hierher zu kopieren. Die Verweise auf die Internetseiten habe ich eingefügt, was aber keineswegs "Schleichwerbung" sein soll ... »Sinn und Unsinn selbst erkennen«! J.-M. Wagner
blend-a-med medicweiss
»Natürlich weisse Zähne durch verbesserte Reinigung auf schonende Weise, durch neuartige Reinigungstechnologien. Die neue blend-a-med medicweiss hilft Ihnen, Ihren Zähnen ihr natürliches Weiss zurückzugeben, schonend für Ihren Zahnschmelz und ohne, daß Sie auf den Schutz einer hochwertigen Zahncreme verzichten müssen (...)«
»...neuartige Produkttechnologie für weißere Zähne...«
- Aus den Internetseiten von blend-a-med.
Auf der Tube selbst steht:
»blend-a-med medicweiss Natürlich Weisse Zähne«
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Jörg Metes
blend-a-med/Internet - noch viel schöner
IHRE ZÄHNE:
"(...), das den Aufbau und die Bestandteile Ihrer Zähne und Ihres Gebißes erklärt".
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ruth salber-buchmueller
eingetragen von J.-M. Wagner am 02.03.2002 um 11.04
Dieser Beitrag von J. Metes (vom 02.03.2002) steht im Original im Strang »Die Welt«; ich erlaube mir, ihn wegen des Themenbezuges hierher zu kopieren. J.-M. Wagner
draussen bleiben
Der Artikel, mit dem die heutige 'Welt' ihren Finanzteil aufmacht, ist illustriert mit einem satirisch verfremdeten Verbotsschild. Auf diesem Schild beißt ein abgewiesener Kleinanleger wütend in seine Aktentasche. Und das Schild sagt: »Wir müssen draussen bleiben«.
eingetragen von J.-M. Wagner am 17.02.2002 um 21.27
Dieser Beitrag von R. Markner steht im Original im Strang »ss vs. ß«; ich erlaube mir, ihn wegen des Themenbezuges hierher zu kopieren. J.-M. Wagner
»Schloßstrasse«
Hinweisleuchtschilder im Karstadt-Warenhaus Berlin-Steglitz
eingetragen von J.-M. Wagner am 10.02.2002 um 17.31
Dieser Beitrag von Th. Grunden steht im Original im Strang »WAZ-Gruppe«; ich erlaube mir, ihn wegen des Themenbezuges hierher zu kopieren. J.-M. Wagner
... es ist 'ne harte Nuss! (frei und falsch nach einem deutschen Volkslied)
Am 30.1.02 betitelte die NRZ einen Bericht über die Anwendung eines neuen Landespolizeigesetzes mit »Männer müssen draussen bleiben«. Wahrscheinlich gilt das Gesetz nur für Männer aus der Schweiz, denn die aus Deutschland müßten ja schlimmstenfalls draußen bleiben.
Am 9.2.02 konnte man im Leitkommentar lesen: >Die multilaterale Politik gegenüber Saddam Hussein, so heisst es, sei gescheitert.<
Man sollte mildernd berücksichtigen, daß es in beiden Beispielen in den Wörtern davor (richtige) Konsonantenverdopplungen gab, das verführt!
eingetragen von Christian Melsa am 31.01.2002 um 16.57
Es wäre ganz praktisch, wenn es, wie im Nachrichtenbrett, zwei oder mehr Sorten von Beiträgen gäbe. Also die Möglichkeit, Beiträge zu kennzeichnen als Dokumente, als Basisthesen, als Kernbestand eines Ordners - und eben als Kommentare. In einer erweiterten Suchfunktion könnte man dann diese Kennzeichnungen als Filterkriterien verwenden.
eingetragen von J.-M. Wagner am 31.01.2002 um 11.20
Zitat:Lieber Herr Ickler,
Ursprünglich eingetragen von Theodor Ickler
Lieber Herr Wagner,
bei aller Sympathie - ich glaube nicht, daß sich Ihr Vorschlag durchführen läßt. Mir selber war von Anfang an nicht ganz deutlich, wie Sie es halten wollen. Ob Argumente und Kommentare gesammelt und archiviert oder im akuten Fall tatsächlich vorgebracht werden, läßt sich kaum auseinanderhalten. In der Rubrik "Dokumente" findet sich auch viel Kommentierendes.
ich halte meinen Vorschlag durchaus für praktikabel. Er setzt ein wenig zusätzliche Aufmerksamkeit voraus, welche man aber erwarten darf: Es würde schon genügen, eng am Thema zu bleiben. Das ist doch nicht zu schwierig, oder? -
Daß man einzelne Dokumente direkt kommentiert, erscheint mir sinnvoll; sich daraus ergebende Diskussionen, die vom ursprünglichen Gegenstand wegführen und zu einem spezielleren Thema hin, halte ich aber für sehr ungünstig plaziert. (Ich habe lange gezögert, bevor ich in einem "Dokumente"-Strang eine Anmerkung gemacht habe; ich möchte die Tendenz zu Diskussionen in jenem Bereich nicht unterstützen.)
Daß meine ursprüngliche Vorstellung unpraktisch war, habe ich recht bald eingesehen; es gibt hier ja gute Diskussionsbeiträge zum eigentlichen Thema. (Zum Beispiel die Kette der Einträge von E. Philburns Beobachtungen zu "-niss" bis zu Ihrem "Erklärungsversuch"; der darauffolgende Kommentar zu Lord Dahrendorf wäre im Parallelstrang besser plaziert.) So soll es auch sein; ich hatte nur den Eindruck, daß meine Vorstellungen gar nicht zur Kenntnis genommen worden waren und mich deswegen nochmal etwas deutlicher geäußert.
Zitat:Die Stichwortsuche hat leider den Nachteil, daß man mittels der Suchfunktion nur den Strang, nicht aber den einzelnen Beitrag angezeigt bekommt - oder ich habe die Suchfunktion noch nicht gut genug durchschaut. Bei einem Strang wie "Lustgewinn" mit knapp 100 Einträgen hat eine Suche per Hand aber keinen Zweck.
Ich glaube also, daß ein Erschließen über Suchwörter geeigneter wäre als die von Ihnen vorgeschlagene Aktenführung in einer so offenen Kanzlei wie der hier gegebenen.
Und selbst wenn es möglich wäre (bzw. ist), direkt zu den einzelnen Beiträgen zu gelangen, dann muß man immer noch lange in der Gegend herumstochern, bis man sich die Argumente und Fakten zu einem bestimmten Thema angelesen hat. Im Sinne einer »griffigen Übersicht der mannigfachen Kritik« (Ch. Melsa) ist so etwas sehr unpraktisch. Ich denke mit meinem Vorschlag hauptsächlich an die hier ab und zu hereinschauenden Gäste, die sich nicht an den Diskussionen beteiligen, oder an Bekannte, denen ich so ein Bündel von Beiträgen empfehlen möchte: Es geht mir um die Möglichkeit, sich sowohl über grundlegende Aspekte zu informieren, als auch einen Einblick zu bekommen, wie weit die Themen jeweils reichen.
Zitat:So mache ich es auch, aber die Wirkung einer solchen "Datenbank" ließe sich deutlich erhöhen, wenn sie quasi öffentlich zugänglich ist, indem sie hier auf den rsr.com-Seiten einsehbar ist. - Jaja, da kommt auch mein "missionarischer" Drang durch, aber nur in dem Sinn, daß man andere an dem teilhaben läßt, was sowieso vorhanden ist: »Man zündet auch nicht eine Lampe an und setzt sie unter den Scheffel, sondern auf das Lampengestell, und sie leuchtet allen, die im Hause sind.« (Mt. 5, 15) Ich habe - bildlich gesprochen - nicht die Absicht, jemandem direkt ins Gesicht zu leuchten und ihn/sie zu blenden! Wer aber - aus Neugierde oder zufällig - bereits ins Haus der rsr.com-Seiten gefunden hat, nimmt - was den Bereich des "Rechtschreibforums" betrifft - aus so einer Sammlung vielleicht mehr mit als aus den reinen Diskussionssträngen.
Die [Aktenführung] kann man ja für sich persönlich nachholen. Ich kopiere mir Dokumentarisches in mein eigenes Sammelsystem unter entsprechende Stichwörter.
Es ist sehr interessant, hier zu diskutieren, aber ich denke, daß die Außenwirkung der rsr.com-Seiten noch gesteigert werden kann. So ein besonders zum Nachschlagen geeigneter Strang - im Sinne einer Sammlung von Antworten (hier besser: Beiträgen) zu häufig gestellten Fragen - scheint mir dafür hilfreich. Ich gebe zu, daß ich hiermit den Versuch gestartet habe, eine neue Forumskategorie einzuführen. Letztlich ist es aber eine Entscheidung derjenigen, die für diese Seiten verantwortlich sind, ob es eine derartige Sparte geben soll oder nicht.
So eine Sammlung hätte zwar, durch eine mögliche Auswahl der Einträge bedingt, evtl. einen leicht "missionarischen Charakter"; wenn allerdings die Herkunft der Beiträge und Meinungsäußerungen klar erkennbar bleibt - sowohl, was die Autorenschaft betrifft, als auch der evtl. Zusammenhang mit dem ursprünglichen Diskussionsstrang (wie ich es bei der Reproduktion eines Ihrer Beiträge vermerkt habe), bleibt auch der offene Charakter des freien Meinungsaustausches erhalten. Wer über so einen Beitrag diskutieren möchte, kann dies ja in dem ursprünglichen Diskussionsstrang tun. Oder es gibt einen Parallelstrang, der die neuen Ideen und Argumente aufnimmt.
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Jan-Martin Wagner
eingetragen von Theodor Ickler am 31.01.2002 um 03.47
Lieber Herr Wagner,
bei aller Sympathie - ich glaube nicht, daß sich Ihr Vorschlag durchführen läßt. Mir selber war von Anfang an nicht ganz deutlich, wie Sie es halten wollen. Ob Argumente und Kommentare gesammelt und archiviert oder im akuten Fall tatsächlich vorgebracht werden, läßt sich kaum auseinanderhalten. In der Rubrik "Dokumente" findet sich auch viel Kommentierendes. Ich glaube also, daß ein Erschließen über Suchwörter geeigneter wäre als die von Ihnen vorgeschlagene Aktenführung in einer so offenen Kanzlei wie der hier gegebenen. Die kann man ja für sich persönlich nachholen. Ich kopiere mir Dokumentarisches in mein eigenes Sammelsystem unter entsprechende Stichwörter.
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Th. Ickler
eingetragen von J.-M. Wagner am 30.01.2002 um 17.15
Wie ich in meinem Eröffnungsbeitrag erläutert habe, soll dies hier kein normaler Diskussionsstrang werden, sondern eine reine Textsammlung, d. h. ein großer Notizblock für "Ergebnisse" (etwa Fazite aus den Diskussionen).
Bitte alle eigentlichen Diskussionsbeiträge zu diesem Thema in den Parallelstrang "ss/ß-Schreibung und die Problematik der Vokallänge [...]" einstellen und - eventuell - hier nur kurz darauf verweisen, sonst kann der von mir beabsichtigte Zweck nicht erreicht werden.
Ich will mich damit nicht über die anderen Nutzer erheben und ihnen meine persönlichen Spielregeln diktieren; ich halte aber meine Idee für hinreichend sinnvoll, hier keine Diskussionen zu führen.
Ich weiß, daß das ein ungewöhnliches Anliegen ist, aber mein Vorschlag war und ist, diesen Strang hier so zu benutzen, daß er quasi zum Nachschlagen von diversen Faziten, Belegen, Argumenten etc. dienen kann.
Oder hätte ich diesen Strang besser in der "Beispielsammlung über Sinn und Unsinn" eröffnen sollen, damit klarer wird, daß es hier - nach meiner Vorstellung, lediglich eine Sammlung anzulegen - etwas anders zugehen soll? Nein, ich wollte ja in der Nähe des genannten Parallelstranges bleiben, damit die Diskussion weitergehen kann...
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Jan-Martin Wagner
eingetragen von Elke Philburn am 30.01.2002 um 15.05
Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Christian Melsa
Die meisten Schreiber versuchen ja, der Rechtschreibung "nach Gefühl" zu genügen.
Denke ich mir auch. Wenn die Reformregeln so leicht wären, wie den Leuten weisgemacht wird, sollte es ja auch möglich sein, sie nach kurzer Zeit aus dem Gefühl heraus zu handhaben.
eingetragen von Christian Melsa am 30.01.2002 um 14.11
Zitat:Ich glaube nicht so sehr, daß diese Schreibweisen deswegen vorkommen, weil der Schreiber dabei bewußt die Simpelversion der "neuen" Regel angewendet hat. Es liegt wahrscheinlich daran, daß ss am Wortende eines der deutlichsten Signale neuschrieblicher Texte ist. Daraus wird dann ein unbewußter Umkehrschluß gezogen, bzw. es entsteht die Tendenz, das ss am Wortende halt irgendwie zu vermehren, falls man auch nach der neuesten Mode schreiben will. Die meisten Schreiber versuchen ja, der Rechtschreibung "nach Gefühl" zu genügen.
Ursprünglich eingetragen von Elke Philburn
Es mag ja Zufall sein, aber in letzter Zeit fallen mir immer wieder Falschschreibungen des Suffixes -nis ins Auge, z. B. Verhältniss oder Geheimniss, für die auch Google einige tausend Belege hat.
Ist das eine Konsequenz dessen, daß die Leute sich auf die scheinbar einfache Regel der Vokallänge verlassen?
eingetragen von Elke Philburn am 29.01.2002 um 09.47
Zitat:
Wohl damit, daß Lord Dahrendorf mit einem englischen Rechner gearbeitet hat . . .
Du meinst, so ein englischer Rechner has a mind of its own. (Wie krieg ich denn das jetzt übersetzt?)
eingetragen von J.-M. Wagner am 29.01.2002 um 05.56
Ergänzende Anmerkungen zu den Einträgen von Herrn Ickler und Herrn Dörner habe ich unter "ss/ß-Schreibung und die Problematik der Vokallänge [...]" eingetragen, da sie nicht in diese Sammlung von Belegen und Begründungen passen (vgl. "Bitte beachten!").
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Jan-Martin Wagner
eingetragen von Reinhard Markner am 28.01.2002 um 15.45
Zitat:Wohl damit, daß Lord Dahrendorf mit einem englischen Rechner gearbeitet hat . . .
Übrigens habe ich gestern das vielbesprochene Buch von Ralf Dahrendorf über Gerd Bucerius in der Hand gehabt. Darin findet man ß überhaupt nicht mehr, sondern durchgehend die Schweizer Schreibweise, aber keine Reformschreibung. Wie ist das zu erklären?
eingetragen von Theodor Ickler am 28.01.2002 um 13.48
Hierzu haben wir bisher zwei Erklärungsversuche, die sich wohl ergänzen. Erstens kann das ss auf die Tatsache zurückzuführen sein, daß solche Wörter sehr oft in Großbuchstaben erscheinen, also ebenso wie Imbiss, Strasse zu erklären sind. Zweitens kann es daran liegen, daß Diphthonge nicht gedehnt werden können, ohne ihre Qualität zu verlieren; sie werden daher als kurz empfunden, auch wenn sie für ausgebuffte Metriker lang sind. Durch falsche Generalisierung im Gefolge der RSR ist dieser bekannte Fehler häufiger geworden.
Die Süddeutsche Zeitung bringt heute im Bayernteil einen großen Artikel über das 1000jährige Erlangen, das von der zweitgrössten Universität Bayerns geprägt sei - so die Unterüberschrift.
Übrigens habe ich gestern das vielbesprochene Buch von Ralf Dahrendorf über Gerd Bucerius in der Hand gehabt. Darin findet man ß überhaupt nicht mehr, sondern durchgehend die Schweizer Schreibweise, aber keine Reformschreibung. Wie ist das zu erklären?
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Th. Ickler
eingetragen von Christian Dörner am 28.01.2002 um 13.27
Das von Frau Salber-Buchmüller beschriebene Phänomen scheint seltsamerweise nicht auf die RSR zurückzuführen zu sein. Steht ß zwischen einem Diphthong und einem Vokal, so war die Schreibung mit ss schon immer häufig anzutreffen. Zum Beispiel wurde die Weisse oder auch der Federweisse in Produktnamen bereits vor 1996 nur selten anders geschrieben. Woran das liegt, weiß ich nicht.
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Christian Dörner
eingetragen von Ruth Salber-Buchmüller am 28.01.2002 um 13.07
"Maggi" wirbt im Fernsehen mit :
"Heisser Becher" (Tütensuppe)
Ein Suchen im Supermarkt bestätigte es:
Maggi:" Heisser Becher"
UNOX : "Heisse Tasse"
Auch etwas für Hans-Jürgen Martins "Fehlerliste"
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Ruth Salber-Buchmueller
eingetragen von Theodor Ickler am 28.01.2002 um 04.49
Diese Fehlschreibungen sind kein Zufall, ich treffe sie auch fast täglich an, auch in Seminararbeiten usw. Ursprünglich fehlte in den Verlautbarungen des Internationalen Arbeitskreises jeder Hinweis auf die Betontheit des Kurzvokals als Bedingung der Verdoppelung. Ich schrieb dies Ende 1994 an Heller, weiß aber nicht, ob erst mein Brief zu der weiteren Bestimmung geführt hat oder ob das schon immer so vorgesehen gewesen war. Die neue Regel ist eben recht kompliziert, mit ihren vielen Ausnahmen.
Gallmann würde gern die Verdoppelung allgemein wiedereinführen, um die "Ausnahmen" zu reduzieren. Feindinn gab es ja Ende des 18. Jahrhunderts schon einmal, es entspricht dem Stammprinzip (wegen des Plurals). Erst später setzte sich die moderne Schreibung endgültig durch, nicht wegen der Unbetontheit, sondern weil man intuitiv die Suffixe herausnahm.
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Th. Ickler
eingetragen von Elke Philburn am 27.01.2002 um 11.38
Es mag ja Zufall sein, aber in letzter Zeit fallen mir immer wieder Falschschreibungen des Suffixes -nis ins Auge, z. B. Verhältniss oder Geheimniss, für die auch Google einige tausend Belege hat.
Ist das eine Konsequenz dessen, daß die Leute sich auf die scheinbar einfache Regel der Vokallänge verlassen?
eingetragen von J.-M. Wagner am 15.01.2002 um 17.02
(Diesen Text von Prof. Ickler habe ich - aus dem Strang "Komisch" - hierher kopiert, weil er m. E. in diese Sammlung gehört. Er geht zwar über den rein sachlichen Rahmen hinaus, denn er beschreibt auch prinzipielle Aspekte des "nachreformatorischen" Umgangs mit der Heyseschen s-Schreibung; er liefert aber auch konkrete Argumente und zitiert insbesondere die Ansicht der Akademie. J.-M. Wagner)
Vielleicht darf ich als Antwort noch einmal hierhersetzen, was ich in meinem Kommentar zum Kompromißvorschlag der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung dazu geschrieben hatte. Ich meine, wenn selbst Christian Meier bereit ist, sich mit dem ss abzufinden, dann werden wir es wohl überhaupt nicht mehr loswerden. Die Reformbetreiber können daa dann als Sieg verbuchen. Eine künftige Generation von Deutschdidaktikern wird zwar feststellen, daß die Heysesche s-Schreibung schwerer und fehlerträchtiger ist als die Adelungsche, aber zur Reform in unserem Sinne wird es dann nicht mehr kommen - weil die Leute von Rechtschreibreformen die Nase voll haben und weil es dann gleich computergerecht auf die vollständige Abschaffung des ß hinauslaufen dürfte.
Der traurige Witz der Sache ist, daß die "neue" s-Schreibung in den Plänen der Reformer eigentlich überhaupt keine Rolle spielte.
Hier mein alter Text:
- Die grundsätzliche Zustimmung zur 1901 abgeschafften, neuerdings wiederbelebten "Heyseschen" s-Schreibung (fließen - Fluss). Die Akademie stellt zutreffend fest, daß diese Änderung wegen ihrer Häufigkeit in laufenden Texten das "Herzstück der Reform" sei: "Wer sie akzeptiert, gibt zu erkennen, daß er die Neuregelung nicht grundsätzlich bekämpft. Das Umgekehrte gilt ebenfalls." Sie ist also hochsymbolisch, sozusagen der Geßlerhut, an dem sich die Bereitschaft zur Unterwerfung unter die Staatsgewalt am deutlichsten zeigt. Einleitend hat die Akademie unmißverständlich klargestellt, "daß dem Staat die Legitimation zu tieferen Eingriffen in die Rechtschreibung fehlt". (Wieso "tieferen"? Was geht den Staat die Orthographie überhaupt an, wo er sich doch um Aussprache und Grammatik auch nicht kümmert?) Seltsamerweise schlägt die Akademie dann aber vor, "im Interesse einer Beilegung des Streites, zugunsten einer Wiederherstellung des 'Rechtschreibfriedens'", just diese Änderung zu übernehmen! Wie kann man hoffen, daß gerade dies den Frieden wiederherstellt? Sollen die Reformgegner gerade hier in die Knie gehen, wo es außerdem auch nach Ansicht der Akademie überhaupt keinen Änderungsbedarf gibt, denn die "Ersetzung des ß nach Kurzvokalbuchstaben durch ss ist weder systematisch geboten noch ist sie unproblematisch." (S. 4) Für Wörter wie Missstand wird sogar noch eine Ausnahme vorgeschlagen, so daß wir hätten Missbrauch, aber Mißstand! Wie und warum überhaupt sollen Schüler das lernen? Dabei war die bisherige Schreibung so leserfreundlich wie leicht lernbar, bis auf das/daß - aber dies bleibt ja erhalten (das/dass)! Wenn schon, dann sollte eher daß als Ausnahme bestehen bleiben, denn dass ist nach einem früheren Urteil Peter Eisenbergs die schlechteste denkbare Lösung.
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Th. Ickler
eingetragen von J.-M. Wagner am 15.01.2002 um 15.20
Dieses und andere Beispiele sowie "Erlebnisberichte" zu beliebten ß-Fehlern finden sich im Strang "Leserbrief"; man beachte insbesondere den ersten Beitrag von Wolfgang Wrase (auf den obiger Verweis direkt führt).
– geändert durch J.-M. Wagner am 21.01.2002, 17.47 –
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Jan-Martin Wagner
eingetragen von J.-M. Wagner am 14.01.2002 um 11.47
Wie ich in meinem Eröffnungsbeitrag erläutert habe, soll dies hier kein normaler Diskussionsstrang werden, sondern eine reine Textsammlung. Bitte alle Diskussionsbeiträge zu diesem Thema in den Parallelstrang "ss/ß-Schreibung und die Problematik der Vokallänge in regionalen Varianten" einstellen und hier - eventuell - nur kurz darauf verweisen, sonst kann der von mir beabsichtigte Zweck nicht erreicht werden.
Ich hätte gern, daß hier nur Texte (bzw. Netzverweise auf solche Texte) stehen, welche die Belege und Begründungen für die Schwächen, Probleme, Nachteile etc. der Heyseschen s-Schreibung enthalten, damit man eine Referenzseite hat, wo diese Argumente gebündelt sind, so daß man sie sich nicht mehr mühsam zusammensuchen muß, wenn man in einer Diskussion konkrete Argumente und Beispiele benötigt. Argumente pro Adelungscher Schreibung bzw. Abwägungen zwischen beiden Varianten sind auch willkommen.
Sehr geehrte Frau Philburn, Sie sind ja nun wieder zu der Adelungschen s-Schreibung übergegangen - gibt es inhaltliche Argumente, welche Sie von der Heyseschen haben abgehen lassen, oder waren die Vorzüge der Adelungschen maßgeblich? Vielleicht fassen Sie sich ja ein Herz und geben dieses kleine Geheimnis (wenigstens die sachlichen Aspekte) ihres Sinneswandels preis? (Ich weiß um die entsprechenden Kommentare von Herrn Lachenmann im Strang "Vorzüge der neuen Rechtschreibung".)
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Jan-Martin Wagner
eingetragen von Elke Philburn am 13.01.2002 um 22.26
Ich weiß nun nicht, wie die Heysesche s-Schreibung an den Schulen vermittelt wird, aber nach dem, was man im Netz lesen kann, scheint das Augenmerk nun besonders auf die Unterscheidung von Vokallängen gelegt zu werden, möglicherweise um den Kindern die neugewonnene 'Einfachheit' der Schreibung zugutekommen zu lassen.
Überhaupt würde mich mal interessieren, inwieweit die RSR das Herangehen an die Vermittlung der Rechtschreibung beeinflußt. Es wird ja nicht nur der Fall sein, daß die RSR Lehrer, Schüler und Eltern hinsichtlich des Rechtschreibunterrichts besonders sensibilisiert hat, sondern ich denke mal, daß man auch gegenüber dem Lernerfolg bezüglich der erhofften Verbesserung eine andere Erwartungshaltung hat. Da wird möglicherweise aus Sicht aller Beteiligten hier und da ein wenig geschönt, um Zweifel an der Reform ausräumen zu können.
eingetragen von J.-M. Wagner am 13.01.2002 um 00.42
(Als ersten Beitrag stelle ich einen Text ein, den ich im Zuge einer privaten Diskussion per E-Mail geschrieben habe. Nicht alles davon geht auf mich selber zurück; es möge sich niemand wundern, wenn ihm Passagen davon bereits bekannt vorkommen - wie gesagt, die rsr.com-Diskussionsforen sind reichhaltige Quellen... J.-M. Wagner)
Mit der neuen ss/ß-Regel ist das so eine Sache. Anfangs erschien sie mir so einleuchtend, daß ich eine ganze Weile gebraucht habe, bis ich wirklich begriffen habe, wo die Haken sitzen. Und ein paar Informationen aus dem WWW zu Aspekten, bei denen man nur auf Vermutungen angewiesen ist, halfen auch weiter. Hier nun Erläuterungen meiner Kritk an dieser Regel.
(A) Der inhaltliche Aspekt:
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Ist diese Regel wirklich so klar und einfach, wie sie auf den ersten Blick erscheint?
In Fachkreisen ist die neue Regel (nach Kurzvokal "ss", nach Langvokal "ß") als Heysesche s-Schreibung bekannt. Sie stammt aus dem frühen 19. Jahrhundert (Johann Christian August Heyse; um 1814), und es sind ihre Probleme - weniger leichte Lesbarkeit und höhere Fehleranfälligkeit als bei der bis 1996 amtlichen, der Adelungschen Regel (Johann Christoph Adelung; um 1788) - daher auch seit langer Zeit in Fachkreisen bekannt.
Also: Stichworte Lesbarkeit und Fehleranfälligkeit.
Das mit der Lesbarkeit ist nur bedingt Geschmackssache. Zum einen gibt es inzwischen eine sehr lange Tradition in der Anwendung der Adelungschen Regel, die das Schriftbild geprägt hat und welches jetzt beeinträchtigt wird, zum anderen hat das "ß" am Wortende oder vor "t" eine "Signalfunktion" eben für eine solche Endstellung, die das Lesen - gerade bei den im Deutschen typischen zusammengesetzten Wörtern - deutlich erleichtert. Bei dem Vergleich von "muss" oder "muß" spielt das natürlich keine große Rolle - aber die Sprache (und die Schrift) beschränkt sich ja nicht auf solche primitiven Dinge. Um es mal zu übertreiben, hier ein ganz anderes Wort: "Schlossseeessecke" vs. "Schloßseeßecke" - welches kann man auf Anhieb leichter lesen? Doch, doch, gerade darauf kommt es an, finde ich, daß man eine Regel hat, die möglichst universell ist und in verschiedenen Zusammenhängen gut funktioniert.
Die (m. E.) bessere Lesbarkeit der Adelungschen s-Schreibung mit dem "ß" am Ende eines Wortes hängt, soweit ich das überblicke, damit zusammen, daß das "ß" eigentlich gar kein "eszett" ist, sondern in der Frakturschrift als Ligatur (Zusammenziehung) von einem Lang-s und einem Schluß-s entstanden ist. Wenn ich für das lange s hier mal "f" schreibe und "s" nur das Schluß-s sein soll, dann schreibt man also "das Waffer", aber "Er fagte, dafs er ...", und aus "fs" wurde durch enges Aneinanderrücken "ß".
Das bedeutet, daß das "ß" prinzipiell der Buchstabe ist, der an Stelle von Doppel-s am Wortende steht - ein Relikt zwar aus der Frakturzeit, aber es hatte sich ja durchaus als zweckmäßig erwiesen, zwischen dem normalen, langen "f" und dem Schluß-s zu unterscheiden. (Dazu ein nettes Beispiel, das nur in Fraktur funktioniert: "Er hatte eine Wachstube in seiner Wachftube".) Auch in anderen Sprachen wurde früher das "ß" verwendet; z. B. "a tragic loß" (vgl. "Lug, Trug und andere Reize").
Die Stellung am Wortende ist auch einer der Gründe, warum man dieses Hintergrundwissen um das "ß" nicht benötigt, um es richtig zu verwenden. Die Adelungsche "ß"-Regel sagt ja (kurzgefaßt), daß das "ß" am Wortende und vor einem "t" am Wortende steht. Die Stellung des "ß" vor einem "t" am Wortende hat einen Vorteil (den man auch bei dem Beispiel mit der Wachstube erkennt): Es zeigt an, daß zwischen dem "ß" und dem "t" getrennt werden darf. (Bei "fft" wäre das ja verboten; "trenne nie 'st'" heißt eigentlich "trenne nie 'ft'" - mit dem langen "s".) Ähnliches gilt für ein "ß" vor "ch", was dann nicht mit "sch" (rein optisch) verwechselt werden kann.
Und diese Regel, zwischen dem normalen (Fraktur-) "f" und dem Schluß-s zu unterscheiden, ist zwar eine Besonderheit, aber überhaupt keine Schwierigkeit: Jeder kann ohne Probleme erkennen, ob ein (einfaches, kein zusammengesetztes) Wort auf "s" endet und man also "s" statt "f" schreiben muß. Diese Regel ist gewiß nicht dringend nötig, aber sinnvoll, weil sie das Lesen erleichtert.
Auch beim Schreiben ist diese "Signalwirkung" des "ß" sehr sinnvoll. Die Zunahme der Fehler bei der "daß"/"das"-Schreibung, genauer: der Verwendung des scharfen s, wo das einfache s stehen müßte (d. h. es wurde die Konjunktion "dass" anstatt des Artikels geschrieben) können darauf zurückzuführen sein, daß man (rein optisch, beim Korrekturlesen) "dass" leicher mit "das" verwechselt als "daß" - viel häufiger wurde doch früher umgekehrt "das" geschrieben anstatt "daß".
Zum Stichwort Fehleranfälligkeit:
Das ist inhaltlich das wichtigste Problem. Es geht um das Kriterium für die Entscheidung, ob ein "ß" zu schreiben ist oder nicht. Die Heysesche Regel knüpft an die Aussprache an und setzt damit voraus, daß allen Leuten die Standardaussprache geläufig ist. In der Schule sollen natürlich alle Hochdeutsch lernen, aber nicht jeder kann es wirklich. Und es gibt Gegenden, in denen bei der regionaltypischen Aussprache nicht die Vokallänge oder -kürze, sondern die Färbung variiert wird oder ein Vokal offener oder geschlossener gesprochen wird (Quelle: Abschnitt 3.3 aus "Die neue Rechtschreibung - ein guter Schritt in die falsche Richtung? Ein Erlebnisbericht." von Richard Schrodt; siehe dazu auch "ss/ß-Schreibung und die Problematik der Vokallänge in regionalen Varianten".
Auch Kinder haben Schwierigkeiten mit der Vokallänge - sagt zumindest die Studie von Harald Marx.
Und selbst wenn man die Vokallänge klar erkennen kann, muß man immer noch wissen, wie das Wort geschrieben wird, denn es könnte ja statt "ss" oder "ß" einfach nur ein "s" stehen! Beispiele: mies, fies, dies, Kies, Gras, Glas, Gas, Mus, Moos, meist, feist, liest, siehst, Biest, niest; hastig, bist, hast (aber auch möglich: haßt) Rost, Bus, bis, das, aus, Erkenntnis, Zeugnis. Denn eigentlich muß die Heyseschreibungsregel ja so lauten: Nur dort, wo bisher "ß" geschrieben wurde, muß - je nach der Vokallänge - "ss" oder "ß" geschrieben werden. Damit ist diese Regel nur für den leicht zugänglich, der weiß, welche Wörter jetzt schon mit "ß" geschrieben werden - aber solche Leute wird es in Zukunft (vielleicht) nicht mehr geben.
In der breiten Öffentlichkeit wird diese Zusatzbedingung "nur dort, wo schon bisher..." meistens weggelassen - und nur dadurch erscheint die Regel so einfach. In den neuen amtlichen Rechtschreibregeln im Paragraph 25 steht dagegen im Wortlaut (im Abschnitt Laut-Buchstaben-Zuordnungen; nur der Teil in den normalen "Gänsefüßchen" ist der Text, der im strengen Sinn den § 25 ausmacht, der Rest gehört aber nahtlos dazu, insbesondere die Erläuterungen, die mit einem großen E fortlaufend numeriert sind); ausgelassenen Text und Anmerkungen zu den Auslassungen habe ich mit bzw. in eckigen Klammern vermerkt:Zitat:Der Paragraph 23 lautet (hier mußte ich die eckigen Klammern um das "b" durch runde ersetzen, damit nicht der restliche Text in Fettschrift erscheint):
"§ 25: Für das scharfe (stimmlose) [s] nach langem Vokal oder Diphthong schreibt man ß, wenn im Wortstamm kein weiterer Konsonant folgt."
Das betrifft Wörter wie:
Maß, Straße, Grieß, Spieß, groß, grüßen; außen, außer, draußen, Strauß, beißen, Fleiß, heißen
Ausnahme: aus
Zur Schreibung von [s] in Wörtern mit Auslautverhärtung wie Haus, graziös, Maus, Preis siehe § 23.
E1: In manchen Wortstämmen wechselt bei Flexion und in Ableitungen die Länge und Kürze des Vokals vor [s]; entsprechend wechselt die Schreibung ß mit ss.
Beispiele:
fließen - er floss - Fluss - das Floß
genießen - er genoss - Genuss
wissen - er weiß - er wusste
[... -- E2 und E3 sind nicht relevant; für deren Text vgl. http://www.ids-mannheim.de/grammis/reform/a2-3.html#P25]Zitat:Mehr gibt es dazu nicht; die Kurzform der Heyseschen Regel ist also gar keine offizielle, sondern bloß eine Merkregel.
"§ 23: Die in großen Teilen des deutschen Sprachgebiets auftretende Verhärtung der Konsonanten (b), [d], [g], [v] und [z] am Silbenende
sowie vor anderen Konsonanten innerhalb der Silbe wird in der Schreibung nicht berücksichtigt."
E1: Bei vielen Wörtern kann die Schreibung aus der Aussprache erweiterter Formen oder verwandter Wörter abgeleitet werden, in denen der betreffende Konsonant am Silbenanfang steht, zum Beispiel:
[... -- Teile einer Tabelle, die sich auf andere Buchstaben beziehen]
Preis, preislich, preiswert Preise (aber Fleiß - fleißig)
Haus, häuslich, behaust Häuser (aber Strauß - Sträuße)
E2: Bei einer kleinen Gruppe von Wörtern ist es nicht oder nur schwer möglich, eine solche Erweiterung durchzuführen oder eine Beziehung zu verwandten Wörtern herzustellen. Man schreibt sie trotzdem mit b, d, g bzw. s, zum Beispiel:
ab, Eisbein (Eis - Eises), flugs (Flug), Herbst, hübsch, jeglich, Jugend, Kies (Kiesel), Lebkuchen, morgendlich, ob, Obst, Plebs (Plebejer), preisgeben, Rebhuhn, redlich (Rede), Reis (Reisig), Reis (= Korn; Reise fachsprachlich = Reissorten; aber Grieß), ihr seid (im Unterschied zu: seit), sie sind, und, Vogt, weg (Weges), weissagen (weise)
Der Wortlaut der amtlichen Regeln hat zwar einen kleinen Vorteil gegenüber der Merkregel, indem hier folgendes implizit zum Prinzip erhoben wird: Wenn im Wortstamm ein "ss" steht, bleibt dieses erhalten (es sei denn, daß der Vokal davor lang wird). Das wäre die korrekte Form der Merkregel für die Heysesche s-Schreibung, die auch das Prinzip "wo bisher 'ß' stand" einbezieht. Aber das setzt voraus, daß man weiß, was die Stammform eines Wortes ist - und wie viele Leute kennen überhaupt das Wort "Wortstamm" bzw. sind in der Lage, die Stammform anzugeben?
Daß es im Paragraphen 25 heißt, "wenn im Wortstamm kein weiterer Konsonant folgt", bezieht sich vermutlich auf Wörter wie "Husten", die ein scharfes s haben und daher nach der Regel mit "ß" geschrieben werden müßten. Der Verweis auf den Paragraphen 23 erledigt meine obigen Beispiele, wo einen die simple Merkregel zu Falschschreibungen verleitet.
Um das mit dem "ß" wirklich richtig zu machen, muß man also einiges an Zusatzwissen haben, und die anscheinend so eingängige Regel mit der Vokallänge und -kürze entpuppt sich bei näherem Hinsehen als sehr problematisch: »Man hat treffend bemerkt, die neue s-Regelung gehöre zu den Lehrstücken, die leicht zu begreifen, aber schwer anzuwenden sind.« (Prof. Th. Ickler, http://www.deutsche-sprachwelt.de/berichte/ssiboleth.shtml - darin auch weitere Hintergrundinformationen; sehr empfehlenswert.)
Die Rechtschreibreform ist unter dem "Leitmotiv" der Vereinfachung und Erleichterung angetreten. Da die korrekte "ß"-Regel, welche Fehlinterpretationen vermeidet, eben gar nicht so einfach ist, und auch ihre Anwendung bei weitem nicht so einfach ist, wie sie (in ihrer kurzen Merkform) erscheint, sondern zu neuen Fehlern verleitet, kann man ganz klar sagen, daß mit dieser Regel das "Thema verfehlt" wurde (genauer: das Leitmotiv). Aber das ist schon ein prinzipieller Aspekt; mehr dazu weiter unten.
In den alten Regeln sieht das mit der "ß"-Schreibung so aus (Quelle: http://www.rechtschreibreform.de/Forum/showthread.php?threadid=353); hier schreibe ich wieder "f", wenn das lange "s" gemeint ist - dazu mußte ich den Text gegenüber dem auf der angeg. Seite vorhandenen von Hand ändern (manchmal mußte ich dabei raten, wo das "f" hingehört):Zitat:Es kommt also bei dieser Regelung von 1902 (was genau die Adelungsche Regel darstellt) in den problematischen Fällen nur darauf an, WO das "ß" steht ("ein 'ss' am Schluß bringt Verdruß"). Mit den unproblematischen Fällen meine ich die, bei denen man den Unterschied hört - denn bei dieser Regel wird "ss" nur geschrieben, wenn man auch wirklich zwei s-Laute hört. Das geht nur, wenn davor und dahinter Vokale stehen, mithin kann man auch dies rein von der Schreibung her entscheiden und vermeidet die Probleme, die bei einem an die Aussprache gebundenen Kriterium auftreten. (Womit man auch den Gehörlosen einen Gefallen tut.)
III. Über die Wahl unter verfchiedenen Buchftaben, die denfelben Laut oder ähnliche Laute bezeichnen.
[... -- Die Paragraphen 3 bis 10 beziehen sich auf etwas anderes.]
§ 11. f, ß, ff, s.
Wir haben zwei S-Laute, einen weichen, nur im Anlaut und Inlaut (1), der immer durch f bezeichnet wird, z. B. falben, lefen, und einen harten, der vorzugsweife durch ß und ss, unter Umftänden aber auch durch f und s bezeichnet wird, z. B. gießen, Fuß, effen, Rifpe, Haus.
(1) Im Auslaut wird - gerade fo wie b und d - auch das weiche f des Inlautes härter gefprochen.
§ 12.
Im einzelnen gelten folgende Regeln:
[... -- 1. bezieht sich auf "f"]
2. ß fteht zur Bezeichnung des harten S-Lautes
a) im Inlaut nur nach langem Selbftlaut, z. B. außer, reißen, Blöße, Grüße, Maße, Schöße;
b) im Auslaut aller Stammfilben, die im Inlaut mit ß oder mit ff zu fchreiben find, z. B. bloß, Gruß, grüßt, Maß, Schoß (Rockschoß), zerreißt, Fluß, Haß, gehaßt, Schloß, Schoß (Zoll, junger Trieb), eßbar, bewußt; also auch in der Vorfilbe miß- (vgl. miffen), z. B. mißachten, Mißbrauch. Merke aber: des und wes (trotz deffen und weffen), mithin auch desfelben, deshalb, weshalb, deswegen, weswegen, indes, unterdes; aus (trotz außer).
3. ff, die Bezeichnung für den doppelten harten S-Laut, fteht nur im Inlaut zwifchen zwei Selbftlauten, von denen der erfte kurz und betont ift, z. B. Maffe, Kreffe, Miffetat; Flüffe, haffen, Schlöffer, effen, wiffen, Gleichniffe (vgl. § 15).
[... -- 4. bezieht sich auf "s"]
IV. Über die Bezeichnung der Kürze und Länge der Selbftlaute (Vokale).
A. Die Kürze des Selbftlautes
[... -- Die Paragraphen 13 und 14 beziehen sich auf etwas anderes.]
§ 15.
[...] Nur im Inlaut fchreibt man den Mitlaut doppelt bei Nachfilben mit dem Nebenton, wie -in (-innen) und -nis (-niffe), z. B. Königin, Königinnen, Hindernis, Hinderniffe; Iltiffe, Atlaffe, Globuffe, Omnibuffe. Dagegen unterbleibt die Verdoppelung bei Bräutigam, Eidam, Pilgrim, z. B. Pilgrime.
Außerdem ist es ökonomischer: Ich muß nur dann zwei Buchstaben ("ss") schreiben, wenn ich wirklich zwei brauche. Ansonsten tut's einer ("ß").
(B) Der prinzipielle Aspekt:
----------------------------
War diese Regel überhaupt nötig bzw. mit welcher Absicht war sie eingeführt worden, und hat sie ihre Wirkung erreicht bzw. welche Wirkung hat sie erreicht?
1. Frage: Ist durch die Regel ein Problemfall entschärft worden? Was war eigentlich das Problem, das die neue "ß"-Regel nötig oder wünschenswert gemacht hat?
Außer bei "das/daß" fällt mir erstmal kein verbreitetes Problem bezüglich der Verwendung von "ß" ein. Dieses Problem hat aber in erster Linie etwas mit der Grammatik und nicht mit der Rechtschreibung zu tun. Die neue Regel hat dieses Problem nicht beseitigt, sondern eher verschärft (siehe oben und Frage Nr. 3). Eine Bekannte hat gesagt, daß sie an vielen Stellen unsicher ist, weil sie gelernt hat, beim Lesen die Wörter als ganzes zu erkennen - und deshalb hat sie Schwierigkeiten beim Schreiben. Dieses Problem hat aber in erster Linie etwas mit der Didaktik zu tun - ein meiner Meinung nach bisher viel zu wenig beachtetes Thema innerhalb der Diskussion um die Reform der Rechtschreibung, wie dieses Beispiel zeigt.
Fazit: Es gibt keinen Grund für die Regeländerung, und dann muß sie unterbleiben. Voraussetzung die Funktionsfähigkeit der schriftlichen Kommunikation ist ihre Konventionalität; eine unnötige Änderung der Schreibung stört die Kommunikation.
2. Frage: Ist die neue Regel wirklich eine Vereinfachung bzw. eine Erleichterung (allgemeine Leitsätze der Rechtschreibreform) - unter prinzipiellen Gesichtspunkten?
Unter prinzipiellen Gesichtspunkten sehe ich es so: Vorher gab es nur zwei Möglichkeiten, einen einzelnen scharfen s-Laut zu schreiben: als "s" oder als "ß"; "ss" war immer ein Doppellaut. Jetzt sind es drei Möglichkeiten. Das heißt, daß ich mehr Fälle unterscheiden muß als vorher.
Konsequenzen: Wenn ich die alten Regeln kenne, wird es für mich aufwendiger, weil ich bei jedem bisher gewohnten "ß" darauf achten muß, es ggf. als "ss" zu schreiben. Wenn ich die Regeln neu lerne und mir unsicher bin, habe ich beim Raten der Schreibweise nach der alten Regel eine Trefferquote von 50%, nach der neuen Regel nur 33%.
Fazit: Die neue Regel bringt keine Erleichterung, sondern eine Komplikation, weil sie eine zusätzliche Fallunterscheidung darstellt, ohne die es vorher auch ging. Die Situation hat sich also - prinzipiell gesehen - verschlechtert.
3. Frage: Ist es jetzt wirklich besser als vorher - aus prinzipiellen Gesichtspunkten?
Für die Schreibenden: Bisher bestand die Schwierigkeit darin, daß man sich die Fälle einprägen mußte, wo ein "ß" hingehört. Weil der Buchstabe "ß" aber in der Schreibschrift - neben dem "f" (hier wieder ein kleines "F") - der einzige Kleinbuchstabe ist, der sich über die volle Schreibhöhe (volle Ober- und Unterlänge) erstreckt, ist er sehr auffällig, und diese "Signalwirkung" erleichtert das Lernen von Wörten, die ein "ß" enthalten. Diese leichtere Lernbarkeit ist jetzt bei einem Teil der Wörter entfallen. Ein Lehrer berichtet von seinen Erfahrungen: » [..] wandten sich die Schüler zunächst immer den auffallendsten Wortbildern zu. Genau diese wurden auch am eifrigsten trainiert und am sichersten behalten.« (N. Schäbler, in
http://www.rechtschreibreform.de/Forum/showthread.php?threadid=372&pagenumber=2) Es ist also zu erwarten, daß die Schüler eher mehr Probleme mit der ss/ß-Schreibung haben werden als früher. (Siehe dazu auch die oben erwähnte Studie von Harald Marx.)
Für die Lesenden: Die Verwendung von "ss" als Zeichen der Kürze eines Vokals kann für einen Nutzen beim Lesen gehalten werden - aber für wen? Klaus Malorny wies auf folgendes hin: »Zweitens hilft es wenig, ein Wort aussprechen zu können, wenn man nicht weiß, was es bedeutet. Wenn man ein Wort kennt, dann weiß man auch, wie es auszusprechen ist. Es ist daher höchstens für Erstkläßler, die einen Text vorlesen müssen, und ausländischen Touristen, die mit ihrem zweiseitigen "Sprachkurs" in ihrem Reiseführer in Deutschland herumgeistern (wobei dort meist noch die Aussprache in irgendeiner Form notiert ist) nützlich.« (http://www.rechtschreibreform.de/Forum/showthread.php?threadid=199&pagenumber=34) Und selbst die Erstkläßler sind spätestens bei "bisschen" überfordert damit, nicht "bis - schen" zu lesen, schließlich hat ja "sch" seine eigene Signalwirkung. Und beim Korrekturlesen kann ein falsches "das" oder "dass" viel leichter unbemerkt bleiben als ein "daß".
Fazit: Es gibt keine Verbesserung, sondern eine Verschlechterung durch die neue Regel.
Zusammenfassung:
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Die Heysesche s-Schreibung...
- ist nicht so gut lesbar wie die Adelungsche;
- ist sehr fehleranfällig bzw. verleitet sehr zu Fehlern;
- ignoriert die grundlegende Markierungsfunktion des "ß", die sowohl für Schreibende wie Lesende hilfreich ist;
- ist völlig unnötigerweise eingeführt worden;
- verschärft tendenziell das "das/daß"-Problem;
- bringt eine zusätzliche Komplikation (im Vergleich zur Adelungschen Regel) mit sich;
- ist in der korrekten Formulierung nicht allgemeinverständlich.
Deshalb lehne ich sie ab und verlange die Rückkehr zur Adelungschen s-Schreibung, d. h. zur "alten" Regel der "ß"-Schreibung.
– geändert durch J.-M. Wagner am 15.01.2002, 12.57 –
kleine Änderung durch Mädchenfüralles
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Jan-Martin Wagner
eingetragen von J.-M. Wagner am 12.01.2002 um 23.51
Ich möchte hiermit einen neuen Strang einrichten, der sich auf Begründungen der Problembeladenheit der "neuen" s-Schreibregelung (Heysesche s-Schreibung) beschränkt. In vielen der hiesigen Diskussionsstränge tauchen sehr gute Argumente auf, die dort vereinzelt und verstreut bleiben. Ich möchte diese hier bündeln - entweder als Wiederholung des jeweiligen Beitragstextes oder nur durch die Angabe eines URL-Verweises ("link") - und sie durch neue Beiträge ergänzen. (Oder wenn jemand eine passende Seite an anderer Stelle kennt, ist ein entsprechender Verweis ebenfalls willkommen.)
Meine Idee ist, hier wirklich nur inhaltliche Beiträge zu sammeln, welche die Probleme der Heyseschen s-Schreibung darstellen (bzw. auf den Punkt bringen), und keine Diskussionsbeiträge zuzulassen - die kann man z. B. unter der Rubrik "ss/ß-Schreibung und die Problematik der Vokallänge in regionalen Varianten" einstellen.
Begründung: Ich möchte mit diesem Strang eine Referenz für Argumente bezüglich dieses Themas schaffen. Wenn ich mit Google nach dem Stichwort "Heysesche" suche, bekomme ich fast ausschließlich Seiten aufgelistet, auf denen Kommentare dazu stehen, wie viele Nachteile die Heysesche Regel doch hat - kaum aber findet man die Argumente und Belege dafür.
Deshalb bitte ich darum, daß hier nur Argumente und Belege gesammelt werden und die eventuelle Diskussion um diese Zusammenstellung und den Inhalt der Einträge nicht hier, sondern in einem Parallelstrang geführt wird (vorzugsweise in dem oben genannten). Wenn es nötig ist, soll man hier einen Eintrag machen, in dem einzig auf den Kommentar im Parallelstrang verwiesen wird - sonst wird es zu unübersichtlich, und die ursprüngliche Absicht, die verstreut vorhandenen Argumente zu bündeln, wäre konterkariert.
Dieser Strang bedarf auch deshalb keiner (ausgiebigen) Diskussion, da ich ihn von vornherein ganz bewußt als einseitig ausgerichtet verstehe - hier soll nur die Kritik an der Heyseschen s-Schreibung erscheinen. Wer Argumente für die Heyseschreibung hat, möge bitte einen entsprechenden Strang "Vorteile der Heyseschen s-Schreibung" eröffnen und kann dann Verweise auf Beiträge in jenem Strang hier unterbringen.
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Jan-Martin Wagner
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