Forum (http://Rechtschreibung.com/Forum/index.php)
- Beispielsammlung über Sinn und Unsinn (http://Rechtschreibung.com/Forum/forumdisplay.php?forumid=7)
-- GZS 1 (http://Rechtschreibung.com/Forum/showthread.php?threadid=391)
eingetragen von Sigmar Salzburg am 12.02.2008 um 09.54
"BLIND-DATE-SPECIAL" BEI JAUCH
Peitsche oder Rohrstock?
Beim Kuppel-Spezial von "Wer wird Millionär" ging Günther Jauch dahin, wo es weh tut. Doch selbst das intimste Nachbohren der RTL-Allzweckwaffe wirkte wie ein sanftes Schulterklopfen. Wie macht der Kerl das bloß? ...
Spiegel online 12.02.08
[Kein Link wg. sonstiger Unwichtigkeit]
Die zwingende Zusammenschreibung „wehtun“ – damit nicht „Weh tun“ analog zu „Leid tun“ hätte gebildet werden müssen – ist im Duden 2006 wieder aufgeweicht worden, wie ich mit Erstaunen bemerke. Neben dem überflüssigen „leidtun“ ist „leid tun“ jedoch nicht wieder zugelassen worden, angeblich, weil Eisenberg das nicht analysieren konnte.
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Sigmar Salzburg
eingetragen von Sigmar Salzburg am 10.02.2008 um 00.31
Das darf auch hier nicht fehlen: Eine Eintragung von Anonymus „Kratzbaum“ auf http://www.sprachforschung.org/
i. R.
"...selbsternannte Erzieher, die entscheiden wollen, was und wie viel Lernen gesund ist oder schadet."
(aus dem Leserbrief einer Studiendirektorin i.R. - FAZ vom 09.02.)
eingetragen von glasreiniger am 06.02.2008 um 13.41
Spiegel online:
Wie die Autorin offen legt, haben das "fertige Manuskript" unter anderem, auch ihr Mann Detlef Kömpf gegen gelesen, der als Neurologe an den Lübecker Universitätskliniken arbeitet.
http://www.spiegel.de/kultur/literatur/0,1518,533290,00.html
eingetragen von Sigmar Salzburg am 02.02.2008 um 09.59
Spiegel online:
München - "Um bereits vorhandene Spekulationen zu beenden, teile ich auf diesem Wege mit, dass ich an "Morbus Parkinson" erkrankt bin", sagte Schauspieler Ottfried Fischer heute in München. Er wolle sich nicht von der Schüttellähmung unterkriegen lassen. Deshalb sei der 54-Jährige nun mit seiner Krankheit an die Öffentlichkeit gegangen.
"Nur so kann ich den Kräfte zehrenden und belastenden Druck durch die Angst vor ihrer möglichen Entdeckung beenden."
http://www.spiegel.de/panorama/leute/0,1518,532601,00.html
„kräftezehrend“, ein allgemein anerkanntes Adjektiv, ist im Duden 1986 nicht zu finden, jedoch in Icklers „Rechtschreibwörterbuch“, das den üblichen Gebrauch verzeichnet. Aber auch die Reform-Duden 2004 und 2008 bieten nur „kräftezehrend“, obwohl die getrennte Schreibung nicht gänzlich unmöglich erscheint.
eingetragen von Sigmar Salzburg am 01.02.2008 um 08.00
Ein Anonymus „Medardus“ teilt im ZEIT-Forum mit:
Bei uns hier läuft ein Projekt, die dem Schüler eine Reportage machen, die dann in der Lokalpresse erscheint.
Gestern lautete die große Überschrift:
Ein Mal Landrat sein
Ich finde das lustig.
eingetragen von Sigmar Salzburg am 21.01.2008 um 06.49
VULKANE AUF INDONESIEN
Die Throne der zürnenden Götter
Sengende Lava, erstickender Schlamm oder ein Tsunami - 129 aktive Vulkane sorgen auf Indonesien immer wieder für verheerende Katastrophen. Menschen droht ständige Todesgefahr, aber die feuerspeienden Berge schaffen auch Leben. mehr...
Ein Blick in den unsäglichen Neu-Duden 2006 zeigt jedoch, daß dort noch die Schreibung „ein Feuer speiender Vulkan“ empfohlen wird – die einstige absurdeste Zwangsvorschrift einer absurden „Reform“.
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Sigmar Salzburg
eingetragen von Detlef Lindenthal am 27.12.2007 um 07.42
Offenbar gibt es bei den „Reformern“ eine Regel, daß „zu“ nicht alleine stehen dürfe; und so ist es dann von zurzeit und zuhause nicht mehr gar so weit bis zurecht, zumbeispiel und zurhilfe (mithilfe gibt es ja schon).
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Detlef Lindenthal
eingetragen von Sigmar Salzburg am 27.12.2007 um 07.26
Brice indes versuchte Anfang der 70er mit einer deutsch-englischen Science-Fiction-Serie namens "Starmaidens" zu punkten – doch die Trash-Saga blieb wohl zurecht weitgehend unbeachtet. Und so resignierte der Mime endgültig …
http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/0,1518,525295,00.html
Spiegel online 26.12.2007
eingetragen von Sigmar Salzburg am 09.12.2007 um 08.40
Pierre Kohler, ein französischer Buchautor schrieb schon vor sieben Jahren über eine Computersimulation der Nasa: Nur vier Liebes-Positionen seien in Schwerelosigkeit ohne mechanische Hilfe überhaupt möglich. Für die anderen benötige man elastische Gurte oder beispielsweise einen Schlafsack, um beim Sex nicht auseinander zu treiben.
http://www.spiegel.de/wissenschaft/weltall/0,1518,521806,00.html
[„Auseinander“ war auf Beschluß von 16 Landesministerpräsidenten und 16 Kultusministern von 1996-2006 immer getrennt vom Verb zu schreiben.]
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Sigmar Salzburg
eingetragen von Sigmar Salzburg am 09.07.2007 um 08.46
ZDFtext 09.07.07 06:15
Schweißfüße lösen Großeinsatz der Polizei aus
… Der Vermieter hatte die Polizei alarmiert, weil aus der Wohnung angeblich Verwesungsgeruch drang … Doch statt einer Leiche fanden die Polizisten den friedlich schlafenden Mann. Der Ekel erregende Geruch stammte von seinen extremen Schweißfüßen und einem Berg Schmutzwäsche, heißt es in dem Polizeibericht.
eingetragen von Sigmar Salzburg am 12.05.2007 um 06.25
Spiegel online v. 11. Mai 2007
GEWALT ALS PROTESTMITTEL
…
Zwischen Ich-bin-dagegen-Gehabe und brennenden Barrikaden - der Proteststurm gegen den G-8-Gipfel in Heiligendamm folgt einem immer wiederkehrenden Ritual und stellt die Linke vor die Frage, ob und wie viel Gewalt eine legitime Form des Widerstands ist. Von Reinhard Mohr …
http://www.spiegel.de/politik/deutsc...482290,00.html
Die Spaltung schadet dem Lesefluß und der Eindeutigkeit. Das willkürliche Verbot des konventionellen „wieviel“ wird von den reformierten Medien ungewöhnlich oft übersehen.
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Sigmar Salzburg
eingetragen von Sigmar Salzburg am 14.03.2007 um 10.10
Die berühmte Traumvision Albrecht Dürers, die er aufgeschrieben und aufgezeichnet hat, beginnt:
Im 1525 Jor nach dem pfinxstag zwischen dem Mitwoch und pfintzdag in der nacht im schlaff hab ich dis gesicht gesehen wy fill großer wassern vom himmell fillen
Seit langem hat sich die Gewohnheit herausgebildet, die Beschreibung der Begleitumstände „wie viel“ von Beschreibung der Menge oder der Frage nach ihr („wieviel“) zu trennen:
Man würde also heute schreiben:
Albrecht Dürer sah im Traum, wie viel Wasser vom Himmel fiel.
Das bedeutet etwas ganz anderes als die (anders betonte) Festellung:
Albrecht Dürer sah im Traum, wieviel Wasser vom Himmel fiel.
Die Neuschreibregelungen verbieten nun die Wortbildung „wieviel“ – wieder eine der üblichen Verflachungen der schriftlichen Ausdrucksmöglichkeiten durch die „Reform“..
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Sigmar Salzburg
eingetragen von Karl-Heinz Isleif am 13.03.2005 um 09.58
Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Detlef Lindenthal
Nun meine Frage: Was könnten die „Reformer“ mit diesem Bäumchen-wechsel-dich-Spiel beabsichtigt haben; ist bei diesen Wörteränderungen ein System dahinter, das über das System „Hauptsache irgendwas ändern“ hinausgeht?
Für Hinweise bin ich dankbar.
Die einzige Regelmäßigkeit, die ich entdecken kann, ist die Vorliebe für getrennte Partizipien. Fast alle Ihre Beispiele fallen in diese Kategorie (Hilfe suchend etc.). Gleichzeitig scheinen die Reformer Substantive, wenn sie an zweiter Stelle kommen, lieber zusammenschreiben zu wollen (mithilfe, etc.). Das kann jedoch alles purer Zufall sein...
Karl-Heinz Isleif
Tokio, Japan
eingetragen von Detlef Lindenthal am 13.03.2005 um 07.49
In den nunmehr 25002 Beiträgen ist in diesem Forum schon sehr viel gesagt und geschrieben worden; und vieles wieder und wieder.
Bevor hier dann die RS-Achterbahn abgebaut wird und niemand hier mehr hereinschaut, will ich die Gelegenheit noch nutzen und einen Gedanken als Frage einbringen, vielleicht hat jemand darauf eine gute Antwort.
Gemäß der RS„R“ soll vermehrt getrennt geschrieben werden (mit der Schwierigkeit, daß bisher vorhandene Wörter verboten werden; teilweise, aber ohne erkennbare Regelhaftigkeit, wurde die Schreibung durch Duden _23 freigestellt):
platzsparend -> Platz sparend
hilfesuchend -> Hilfe suchend
feuerspeiend -> Feuer speiend
tiefgreifend -> tief greifend
sogenannte -> so genannte
allgemeingültig -> allgemein gültig
vielversprechend -> viel versprechend
nichtssagend -> nichts sagend
weitreichend -> weit reichend ...
Bei einigen Wörtern hingegen soll zusammengeschrieben werden:
mit Hilfe -> mithilfe; z.B.:
Mithilfe einiger Zeugen konnte der Fall gelöst werden.
Mithilfe einiger Zeugen war nötig.
Ebenso:
in Frage stellen -> infrage stellen
Fraunhofer-Linien -> Fraunhoferlinien
Über-Ich -> Überich
Mach-Zahl -> Machzahl
Lomonossow-Universität -> Lomonossowuniversität ...
Und dann solche Bedeutsamkeiten wie
Open-end-Diskussion -> Openenddiskussion,
Hot Jazz -> Hotjazz,
New Age -> Newage ...
Nun meine Frage: Was könnten die „Reformer“ mit diesem Bäumchen-wechsel-dich-Spiel beabsichtigt haben; ist bei diesen Wörteränderungen ein System dahinter, das über das System „Hauptsache irgendwas ändern“ hinausgeht?
Warum
mit Hilfe -> mithilfe,
aber
tiefgreifend -> tief greifend?
Für Hinweise bin ich dankbar.
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Detlef Lindenthal
eingetragen von Ruth Salber-Buchmüller am 10.03.2005 um 18.44
Werbung der Deutschen Bank
heute im Briefkasten
(...), laden wir Sie ein,
gemeinsam mit Ihrem Berater
über ein noch
Gewinn bringenderes
Folgeinvestiment nachzudenken."
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Ruth Salber-Buchmueller
eingetragen von Sigmar Salzburg am 08.03.2005 um 20.48
... durch die „Reform“:
vorher:
Es tut uns leid.
Es tut uns not.
Es kann uns leid tun.
Es kann uns not tun.
nachher:
Es tut uns Leid. Es tut uns leid.
Es tut uns Not.Es tut uns not.
Es kann uns leid tun. Es kann uns Leid tun. Es kann uns leidtun.
Es kann uns not tun. Es kann uns Not tun.Es kann uns nottun.
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Sigmar Salzburg
eingetragen von Sigmar Salzburg am 06.03.2005 um 10.56
Gerade lese ich in Albert Schweitzers „Joh. Seb. Bach“, 1908. Es finden sich noch getrennte Schreibungen wie „kennen gelernt“, aber nur „musikliebend“ und: „Der zufriedengestellte Äolus“, „Dramma per musica“. Auch Google findet 948mal diesen Titel – wohl schon von Rust 1862 so geschrieben (und im Original?). Nur 87mal wird „zufrieden gestellt“ angezeigt.
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Sigmar Salzburg
eingetragen von Ruth Salber-Buchmüller am 05.03.2005 um 09.53
WAZ 05.03.05 Politik@waz.de ROlf Potthoff
Voll daneben
"(...), darf nicht Alters-diskriminierende
Phrasen (...)".
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Ruth Salber-Buchmueller
eingetragen von Sigmar Salzburg am 04.03.2005 um 06.57
Aus der Antwort von Angela Merkel und Edmund Stoiber an Bundeskanzler Gerhard Schröder:
"Sehr geehrter Herr Bundeskanzler,
... Wir sind zudem - auf Grund positiver wie negativer Erfahrungen der Vergangenheit - der festen Überzeugung, dass Beratungen zwischen Regierung und Opposition für Lösungen der Probleme unseres Landes nur dann Erfolg versprechend sein können, wenn sie mehr sind als "freundliche Unterhaltungen"... Klar ist aber, der dramatische Anstieg der Arbeitslosigkeit und der Einbruch des Wachstums zeigen, dass die bisherigen Maßnahmen bei weitem nicht ausreichen.
Nach SPIEGEL online 3.März 05
http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,344557,00.html
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Sigmar Salzburg
eingetragen von Ruth Salber-Buchmüller am 03.03.2005 um 17.29
Ich lese gerade in web.de
über die anstehende Leipziger
Buchmesse und das parallel
laufende Literaturfestival.
Das "parallel laufende" drängt
mich zu der Frage:
Ist eine Aktion dort geplant?
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Ruth Salber-Buchmueller
eingetragen von Fritz Koch am 17.02.2005 um 11.20
das zwar jetzt nicht richtig funktioniert, von dem der Hersteller aber zusichert, bis zur Auslieferung noch einige Schwachstellen zu beseitigen? Wenn es dann doch nicht klappt, kann der Hersteller nach der Auslieferung Insolvenz anmelden, um jeglicher Haftung zu entgehen.
Privatleute und Firmen würden sich darauf niemals einlassen, aber Behörden sehr wohl, wie man am Beispiel der reformierten Rechtschreibung sieht, auf die obige Lieferbedingungen genau zutreffen.
eingetragen von Fritz Koch am 15.02.2005 um 16.46
Duden vor 1996: "quer in Verbindung mit Zeitwörtern
a) Getrenntschreibung in ursprünglicher Bedeutung, z.B. quer legen, liegen"
(An den Schießständen für das Kirmesschießen stand früher: 'quer schießen verboten!' D.h. jeder durfte nur in der zu seiner Scheibe zugeordneten Schießbahn schießen.)
"b ) Zusammenschreibung, wenn durch die Verbindung ein neuer Begriff entsteht; vgl. quergehen, querschießen; vgl. auch: quergestreift;"
Die Unterscheidung zwischen ursprünglicher oder wörtlicher Bedeutung und neuer oder übertragener Bedeutung wollten die Reformer ausdrücklich auslöschen. Diese Unterscheidbarkeit wird aber gebraucht.
eingetragen von Sigmar Salzburg am 15.02.2005 um 14.33
Eine schnelle Entscheidung soll endlich die nötige Geschlossenheit erzwingen. Wenn Merkels Führungsanspruch offiziell festgeschrieben sei, werde Stoiber nicht weiter quer schießen, so die Hoffnung in Berlin. (Spiegel-Online 12.02.05)
Nach Neu-Duden: „quer schießen". Nach Neu-Duden Regel-Ragout K56: Getrenntschreibung, wenn das Adjektiv gesteigert oder erweitert werden kann.
Also müßten möglich sein:
… werde Stoiber nicht querer schießen
und:
… werde Stoiber nicht richtig quer schießen
oder:
… werde Stoiber nicht richtig querschießen
(auf die ganze Fügung „querschießen“ bezogen)
Da eigentlich nur die letzte Möglichkeit sinnvoll ist, müßte auch nach der Neuregelung die Eintragung des Duden falsch sein: Vom folgenden Verb wird »quer« immer getrennt geschrieben ->K56
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Sigmar Salzburg
eingetragen von Karin Pfeiffer-Stolz am 14.02.2005 um 16.39
„Diese Leute müssen die solidarischen Sicherungssysteme schlecht reden, um Reformen durchzudrücken.“
taz vom 28.08.2004
???
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Karin Pfeiffer-Stolz
eingetragen von Ruth Salber-Buchmüller am 14.02.2005 um 14.35
JOURNAL für die Frau (Springer)
Hier behilft man sich mit viel,viel
Bindestrichen, wo es überhaupt nur geht:
z.B. Fett-Verbrennung und
besonders erfinderisch:
Fett-schmelzende Pillen
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Ruth Salber-Buchmueller
eingetragen von Karin Pfeiffer-Stolz am 18.01.2005 um 15.02
Auf einer Website eines Anbieters von hochwertigen Schultaschen und Lehrer-Terminkalendern:
„Termin eintragen / zurück blättern / weiter blättern“
Elende Blätterei!
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Karin Pfeiffer-Stolz
eingetragen von Ursula Morin am 17.01.2005 um 11.52
Das ist doch klar, da fehlt ein Komma nach Mahlzeiten ... Diabetiker sollten halt möglichst kurze Mahlzeiten einnehmen ... oder?
eingetragen von Karin Pfeiffer-Stolz am 15.01.2005 um 15.38
Ein (übrigens inhaltich gutes) Buch über Coca Cola (Titel „Zuckerwasser“) enthält auf Seite 52 folgenden Satz:
„Als scheinbare Vorteile der neuen Insulingenerationen werden genannt: Kein Spritz-Ess-Abstand, kurze Mahlzeit bezogene Wirkdauer und mehr Flexibilität für den Patienten.“
Man muß zweimal lesen, eventuell noch ein drittes Mal.
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Karin Pfeiffer-Stolz
eingetragen von Ursula Morin am 08.01.2005 um 22.37
Herr Koch, Herr Lindenthal,
Vielleicht habe ich mich wieder mal nicht deutlich genug ausgedrückt - mea culpa, natürlich - wie immer, wenn man nicht recht verstanden wird. Der Hinweis auf die Artikel bei "Selbe" war ironisch gemeint. Die Schreibweise bestätigt meiner Meinung nach nur die Tendenz zur Bildung falscher Analogien, die wir der RSR zu "verdanken" haben. ("des Selben" ist auch nach dem neuesten Duden falsch.) Immerhin könnte man sagen, die RSR fördere die Kreativität -leider aber nur bei denen, die kein Sprachgefühl haben.
Die entwicklungsgeschichtlichen Informationen zu "selb-" waren aber sehr interessant, Herr Koch. Fällt Ihnen zu "Bange" als "Infinitiv" (wovon?) auch noch etwas ein?
eingetragen von Fritz Koch am 08.01.2005 um 11.29
Duden-Herkunftswörterbuch:
"'selb': Das gemeingermanische Pronomen mittelhochdeutsch 'selp' (Genitiv 'selbes'), althochdeutsch 'selb', gotisch 'silba', englisch 'self', schwedisch 'själf' ist etymologisch nicht sicher erklärt. In der einfachen Form erscheint 'selb' heute nur noch in 'derselbe, dieselbe, dasselbe' (getrennt: am selben Tag, zur selben Zeit), in umgangssprachlich 'selber'=selbst, dem schon im Mittelhochdeutschen erstarrten starken Nominativ Singular und in der Zusammensetzung 'selbständig' (im 16. Jh. zu frühneuhochdeutsch 'selbstand'=Person gebildet, dafür spätmittelhochdeutsch 'selbstende'=für sich bestehend). Die gewöhnliche Form des Pronomens ist 'selbst' (aus dem früh erstarrten Genitiv Singular mit frühneuhochdeutschem t-Auslaut wie in 'Papst', 'Obst'). Dazu die Substantivierung 'Selbst'=das seiner selbst bewußte Ich (18. Jh.; nach dem Vorbild von englisch 'the self'). ..."
eingetragen von Detlef Lindenthal am 08.01.2005 um 09.16
Übrigens gibt es durchaus Wörter, für die mehrere Geschlechtswörter möglich sind: der oder die Abgeordnete oder Verlobte; der, die oder das Dschungel; der, die oder das Schöne.
Ursula Morin schrieb:
Was für einen Artikel hat denn dieses Substantiv? Das Bange, der Bange, die Bange? ...
Heute gefunden (in einer Firmenzeitschrift): ".... noch mehr des Selben", analog dazu natürlich "die Selbe" oder "der Selbe" bzw. "das Selbe".
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Detlef Lindenthal
eingetragen von Fritz Koch am 08.01.2005 um 08.51
In den alten Duden steht: "Bange, landschaftlich für Angst".
Vermutlich wird es deshalb mit Angst / angst gleichbehandelt.
Es gibt nicht nur ein (1) Hochdeutsch, sondern norddeutsches, süddeutsches und manchmal auch mitteldeutsches Hochdeutsch (von Nord nach Süd).
Duden-Herkunftswörterbuch:
"Das Wort ist aus 'be-ange' entstanden. Mittelhochdeutsch 'ange', althochdeutsch 'ango' ist altes Adverb zu dem unter 'eng' behandelten Adjektiv. 'Bang(e)' bedeutet also soviel wie 'beengt'. Das Wort war im Niederdeutschen und im Mitteldeutschen beheimatet. Seit Luthers Bibelübersetzung geht es in die Schriftsprache ein, und zwar zunächst nur als Adverb, seit dem 17. Jh. auch als Adjektiv. Ableitung: 'Bange'='Angst' (nur in: 'Keine Bange haben'; mhd. 'bange'); 'bangen'='ängstlich sein' (18. Jh.; zuvor schon mhd. 'bangen'='ängstlich werden, in die Enge treiben')."
eingetragen von margel am 08.01.2005 um 06.56
B. Müller behauptet, "Bange" sei ein substantivierter Infinitiv. (Wohlgemerkt, da steht ja nicht "das Bangemachen".) Müller kennt also ein Verb "bange". Aus welcher Sprache mag das stammen? - Des Rätsels Lösung besteht wahrscheinlich darin, daß die Dame weder weiß, was ein Infinitiv ist, noch daß nach "lassen" hier ganz bestimmt kein Substantiv steht. (Wäre dies nicht das Forum mit seinem hohen Niveau, so würde jetzt ein Satz mit "lassen" + meteorologischem Substantiv folgen...) Rührend als zusätzliches Dokument der Hilflosigkeit jedenfalls die Beispiele "Kuchenbacken" usw.
eingetragen von Theodor Ickler am 08.01.2005 um 05.07
Wenn wir "das Infinitiv" mal beiseite lassen, das die ungewöhnliche Torheit der Verlagsmitarbeiterin bezeugt, stößt man auf einen Grenzfall der Grammatik. Er ist von den Reformern in einer dogmatischen Weise entschieden worden, die der Sprachentwicklung widerspricht. Es gibt wir lassen uns nicht bange machen, aber auch (freilich seltener) wir lassen uns keine Bange machen. Bei angst/Angst scheint die Häufigkeit umgekehrt verteilt zu sein.
Im Duden-Universalwörterbuch war bange machen unter dem Adjektiv verzeichnet, in reformierten Auflage wurde es zum Substantiv verschoben. Die Wörterbuchredaktion läßt sich also von Orthographen vorschreiben, wie eine Struktur grammatisch zu beurteilen ist.
Otried Preußler hat sich (auch mit Unterschrift) gegen die Rechtschreibreform ausgesprochen, konnte aber nicht verhindern, daß der Verlag seine Kinderbücher in greulicher Weise verhunzt hat, wollte vielleicht auch in seinem vorgerückten Alter keinen Kampf mehr. So nahm die Barbarei ihren Lauf. Am besten, man macht um diesen Verlag einen großen Bogen.
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Th. Ickler
eingetragen von Ursula Morin am 07.01.2005 um 23.13
Was für einen Artikel hat denn dieses Substantiv? Das Bange, der Bange, die Bange? Wie ist es möglich, daß Leute, die nicht wissen, was ein Infinitiv ist, Lesebücher für Kinder herausgeben?
Oder vielleicht ist "Bange" auch ein solches Novum als Substantiv wie "Selben" - letzteres insofern völlig neu als es sich hier um ein deutsches Substantiv mit gleich drei Artikeln zu handeln scheint. Heute gefunden (in einer Firmenzeitschrift): ".... noch mehr des Selben", analog dazu natürlich "die Selbe" oder "der Selbe" bzw. "das Selbe".
Ich frage mich immer wieder, ob die Reformer wissen, was sie in unserer Muttersprache angerichtet haben.
eingetragen von Ruth Salber-Buchmüller am 07.01.2005 um 22.10
Guten Tag Frau Salber-Buchmüller,
es freut uns natürlich, dass unsere Leser die Bücher zum Teil so genau studieren. Da wir uns mit unseren Büchern an Kinder wenden, die mittlerweile die neue Rechtschreibung in der Schule lernen, sind die Bücher in neuer Rechtschreibung geschrieben. Nach dieser wird Bange in der Konstruktion groß geschrieben. Es handelt sich hierbei um ein als Substantiv gebrauchtes Infinitiv (vgl. das Rechnen, das Lesen, das Kuchenbacken).
Beste Grüße,
Barbara Müller
Ruth Salber-Buchmüller schrieb:
"Der Räuber Hotzenplotz" von Ottfried Preußler
Sehr geehrte Damen und Herren,
Ihr Verlag schreibt für unsere Kinder:
"Aber Großmutter ließ sich nicht
Bange machen."
Ich bitte Sie freundlich, mir die Konstruktion
mit dem Wort "Bange" als Substantiv zu erklären.
Ich hoffe, keine Fehlbitte getan zu haben und sehe Ihrer
umgehenden (!) Antwort mit Interesse entgegen.
Ruth Salber-Buchmüller
Wittekindstr. 5
45470 Mülheim-Ruhr
Tel.: 0208/ 37 53 64
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Ruth Salber-Buchmueller
eingetragen von Ruth Salber-Buchmüller am 09.12.2004 um 13.30
WS.AZ o9.12.04 S.1
"Wie Matheformeln und Magendrücken
zusammen hängen".
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Ruth Salber-Buchmueller
eingetragen von Reinhard Markner am 18.09.2004 um 10.39
Das stimmt, denn nicht- läßt sich ja nicht bloß als "bedeutungsmindernd" auffassen. Die anderen Unterpunkte von §36 kommen erst recht nicht in Betracht.
eingetragen von J.-M. Wagner am 17.09.2004 um 19.40
Ich habe mich schon immer gewundert, warum unter § 36 E2 das Beispiel »nicht öffentlich (Wortgruppe)/nichtöffentlich (Zusammensetzung)« für einen Fall angegeben ist, bei dem sich »zwischen § 36 und § 36 E1 keine klare Entscheidung für Getrennt- oder Zusammenschreibung treffen [lässt]«. Welcher der Unterpunkte von § 36 trifft eigentlich für die Zusammenschreibung von nichtöffentlich zu? Keiner, will mir scheinen.
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Jan-Martin Wagner
eingetragen von gestur am 05.07.2004 um 18.50
Möglicherweise weist das Ungleichheitszeichen darauf hin, daß beide Verben ganz unterschiedlich konjugiert werden:
ich lache Hohn, habe Hohn gelacht,
ich hohnlache, habe gehohnlacht.
Jenfalls sind beide Formen ausdrücklich erlaubt.
eingetragen von Reinhard Markner am 05.07.2004 um 18.04
Gute Frage. Gewöhnlich steht das Ungleichzeichen für zwei verschiedene Bedeutungen, aber die sind hier wirklich nicht zu erkennen. Im Grimm steht :
"HOHNLACHEN, verb. zusammengerücktes hohn lachen (spalte 1723): lesset die welt wol honlachen und spotten, sihet ir zu, wie lang sie lachen kan. LUTHER 4, 116a; welche mein land eingenomen haben, mit freuden von ganzem herzen, und mit hohnlachen. Hes. 36, 5 [. . .] hohnlachen kann als eigentliches compositum behandelt und z. b. gebildet werden er hohnlachte (neben lachte hohn, s. oben hohn 3 sp. 1723); diesz schon mhd.:
der wirt hônlachte,
swie im sîn herze krachte.
Meier Helmbr. 1775"
eingetragen von Ruth Salber-Buchmüller am 05.07.2004 um 14.46
WELT 05.07.04
"Das Staatsoberhaupt musste
nach einem Herzstillstand
wieder belebt werden".
Wieder belebt werden sollte
die Diskussion um die nutzlose
Rolle der Kultusminister,
eine Diskussion um die RSR
als "Honneckers Rache" und
als Hitlers Erbe.
__________________
Ruth Salber-Buchmueller
eingetragen von Sigmar Salzburg am 05.07.2004 um 11.40
Eine kurze Frage – im „Regelwerk“ steht:
Hohn [lachen (ich lache Hohn)* § 55(4) ╪ hohnlachen;
Was soll hier das Ungleichheitszeichen?
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Sigmar Salzburg
eingetragen von gestur am 23.06.2004 um 09.26
Zweitaktmotoren sind luftverpestender als Viertaktmotoren.
Es hängt vom Verb, d.h. von dessen Partizip ab: Wenn dieses steigerbar ist (verpestender), ist die Substantiv-Partizip-Komposition steigerbar, aber der Superlativ ist seltener, eher ist der Elativ möglich: sehr luftverpestend.
eingetragen von Jörg Metes am 23.06.2004 um 08.30
Richtig! Die Steigerbarkeit!
Die hatte ich jetzt glatt wieder vergessen.
- Hier noch ein hübsches Fundstück aus der Süddeutschen Zeitung vom 15.9.04 (S. 39):
». . . muss jetzt auch schon England - wo Fußball mit Sturm und Drang gespielt wird - so ultradefensiv, so Zuschauer verachtend agieren?«
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Jörg Metes
eingetragen von Theodor Ickler am 23.06.2004 um 07.45
Natürlich weil "kostensparend" steigerbar ist, "lederverarbeitend" dagegen nicht. Aber das Ganze zeigt natürlich ebenso wie die Sache mit dem "Luft verpestend" nur, daß die ganze Regelung unsinnig ist. Die Komposition hat überhaupt nichts mit Wegfall von Artikeln und Steigerbarkeit zu tun.
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Th. Ickler
eingetragen von Jörg Metes am 22.06.2004 um 21.31
»Den Parisern stinkt's. Die Benzin fressenden und Luft verpestenden Geländefahrzeuge wollen sie nicht mehr auf ihren Straßen dulden.« (Spiegel online, 22.6.04)
Benzin fressend ist reformkonform (»die Fahrzeuge fressen Benzin«), Luft verpestend ist es nicht (»die Fahrzeuge verpesten die Luft«). Einerseits. Andererseits könnte man aber auch Luft verpestend aus dem Regelwerk ableiten. Es gibt schließlich auch Situationen, in denen man auf den Artikel verzichtet - in Schlagzeilen zum Beispiel: »Waldbrände verpesten Luft in Malaysia« u. ä.. Wäre Luft verpestend eventuell also doch korrekt?
Und warum gestattet der Bertelsmann-Wahrig 2002 beispielsweise sowohl Kosten sparend als auch (obwohl »alt«) kostensparend, aber nur Leder verarbeitend und nicht (weil »alt«) lederverarbeitend?
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Jörg Metes
eingetragen von Ruth Salber-Buchmüller am 13.06.2004 um 08.39
WELT 13.06.04
FORUM "Sprache als Kampfinstrument" von Dieter Stolte
In einem Beitrag über die Sprache fallen die
"anders Denkenden" besonders ins Auge.
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Ruth Salber-Buchmueller
eingetragen von gestur am 12.06.2004 um 08.10
ist auch hilfreich bei der Unterscheidung von "laufen lassen" (= am Laufen lassen) und "laufenlassen" (= freilassen):
Der Hund konnte im Park eine Stunde lang laufen gelassen werden - Die üblichen Verdächtigen mußten laufengelassen werden und fuhren mit dem Taxi heim.
Es ist schade, daß es keine Verbzusätze gibt, die bei "bleiben" und "lassen" zwischen einmaliger und dauernder Tätigkeit unterscheiden lassen.
(In den slawischen Sprachen ist das möglich mit dem vollendetem und unvollendeten Aspekt von Verben.)
eingetragen von Theodor Ickler am 12.06.2004 um 05.53
Es gibt viele schöne und interessante Orte, die kennen gelernt werden wollen. (Prospekt der Deutschen Bahn)
Hier kann man wegen des Passivs besonders schön erkennen, wie weit die Univerbierung bei kennenlernen schon fortgeschritten ist und daß die Zusammenschreibung ihren guten Sinn hat.
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Th. Ickler
eingetragen von Ruth Salber-Buchmüller am 26.05.2004 um 11.35
SZ 26.05.04
Von Britney Spears ist die Rede, die
sich (.....) feil bietet.
SPIEGEL 26.05.04
"Zwiebelfisch" kennt in "Das Ultra-Perfekt"
auch nur noch (...) zufrieden stellend.
Oh je, oh je!
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Ruth Salber-Buchmueller
eingetragen von gestur am 13.05.2004 um 16.33
"Nach GÜNTHER, der alte und neue Regelung im Hinblick auf die Substantiv-Verb-Komposita vergleicht, argumentieren die Duden-Regeln (1996) hierzu 'grundsätzlich lexikalisch-semantisch'.
Eine syntaktisch orientierte Getrennt- und Zusammenschreibung variiert jedoch die Schreibung mit der syntaktischen Struktur des Satzes. Mit MAAS proklamiert GÜNTHER daher eine GuZ, die es sich zur Aufgabe macht, die 'grammatische Artikulation' des Textes sichtbar zu machen.
Sowohl die Schreibweise
(1) Ich bin 800 km Auto gefahren (mit 'Auto' als Modifikator zu 'fahren')
als auch
(2) Ich bin 800 km autogefahren (mit 'autofahren' als intern nicht strukturiertem Ausdruck)
muß möglich sein. 'auto' in 'autofahren' kommt keine syntaktische Funktion zu.
Die GuZ ergibt sich somit nicht aus (wie auch immer zustande gekommenen) Lexikoneinträgen, sondern 'über die Organisation im Satz'. In (2) ist das Substantiv nicht erweiterbar, d.h. ein Einschub zwischen Substantiv und Verb nicht möglich.
Die neuen rigiden Schreibweisen schaffen syntaktische Fakten, die ggf. gar nicht gegeben sind. Groß und getrennt erscheint das Substantiv als ein Substantiv, das eine syntaktische Beziehung zum Verb unterhält:
(1) Hans möchte mit seinen Kindern Eis kaufen.
(2) Hans möchte mit seinen Kindern Eis laufen.
Damit ist der Zweck der Orthographie, als 'Signalement syntaktischer Beziehungen' zu fungieren, dahin.
Die Analysen von GÜNTHER (1997), Eisenberg (1981) und WURZEL (1993) belegen, daß die Substantiv-Verb-Verbindungen 'in Bewegung' sind. Eine starre, fixierende orthographische Regelung - wie sie die Neuregelung für die GuZ darstellt - wird der Dynamik in diesem Bereich nicht gerecht.
Während sich GÜNTHERS Ansatz in Richtung stärkerer Grammatikalisierung der (Recht-)Schreibung bewegt, beschreitet die Neuregelung genau die entgegengetzte Richtung hin zu weniger (ortho-)graphischer Abbildung der grammatischen Strukturen.
GÜNTHERs Vorschlag läßt nicht nur 'autofahren' (wie implizit WURZEL und explizit MAAS) zu, sondern darüber hinaus auch 'Auto fahren' - je nach syntaktischer Umgebung. Die Schreibweise signalisiert so die jeweilige grammatische Struktur des Satzes, die mit der Aussageabsicht des Schreibenden korrespondiert."
Gefunden in: Ulrike Sell, Die aktuelle Rechtschreibreform. Ausgewählte Argumente des Für und Wider, Magisterarbeit 1999 im Fachbereich Neuere Philologie der Johann-Wolfgang-von-Goethe-Universität Frankfurt, Institut für Deutsche Sprache und Literatur.
– geändert durch gestur am 13.05.2004, 21.49 –
eingetragen von gestur am 13.05.2004 um 14.38
Bei der Hausaufgabenhilfe für meine Enkeltochter, 4. Grundschulklasse, habe ich gemerkt, woher die Getrenntschreibung als neuer Grundsatz stammt: Grundschüler möchten zunächst einmal alle Verbzusätze getrennt schreiben, eigentlich überhaupt alle selbständigen Wörter, und man muß ihnen erst erklären, welche Verbzusätze im Laufe der Sprachentwicklung mit dem Verb verwachsen sind und warum. Sie haben die Unterscheidung zwischen Ergebnis- oder Richtungszusätzen einerseits und Modaladverbien andererseits noch nicht gelernt. Entsprechendes gilt für zusammengesetzte Adjektive. Die neuen Rechtschreibregeln entsprechen dem Kenntnisniveau von Grundschülern. Aber die meisten Menschen kommen danach über das Grundschulniveau hinaus, und deshalb ist die neue Rechtschreibung für die Mehrheit einfach zu primitiv. Getrenntschreibenmüssen wie Grundschüler ist unter dem Niveau der Mehrheit, auch wenn es einfacher ist. Grundschüler haben ja auch geringere Ausdrucksmöglichkeiten, um einen anspruchsvollen Text schreiben zu können. Von sehr vielen Menschen wird aber mehr erwartet und verlangt.
eingetragen von gestur am 06.05.2004 um 10.01
Die treibende Kraft der Zusammenschreibung (Univerbierung) war die Steigerung der Verständlichkeit durch bedeutungsunterscheidende Schreibweisen. Die Verständlichkeit hat durch die Rechtschreibreform stark gelitten.
Folglich muß ein offizielles Gütesiegel für verständliche Schreibweise eingeführt werden, mit dem Produkte ausgezeichnet oder abgewertet werden. Dieses Gütesiegel muß von einer anerkannten Instanz vergeben werden.
Wenn die deutsche Wissenschaft und Deutsch als Wissenschaftssprache wieder aufgewertet werden sollen, muß die deutsche Sprache wieder wissenschaftstauglich gemacht werden. Jetzt ist sie es nicht mehr.
eingetragen von Ruth Salber-Buchmüller am 06.05.2004 um 08.53
WAZ 06.05.04/Politik
"Am Ende wurde Willy Brandt fertig
gemacht"
Was mochte ihm nur bis dahin gefehlt haben?
Ich bin der festen Überzeugung, daß
eine Rückkehr zur traditionellen Unterscheidungs-
schreibung nicht mehr erreicht werden kann.
Dieses Krebsgeschwür hat sich durchgefressen -
die ss-Schreibung gleichermaßen.
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Ruth Salber-Buchmueller
eingetragen von J.-M. Wagner am 05.04.2004 um 22.49
»Hessens Ministerpräsident Roland Koch hat klar gestellt, dass die Bundesregierung "beim Optionsgesetz einen klaren Wortbruch" begehe.«
http://www.cdu.de/tagesthema/310304.htm
(Mit diesem Beitrag setze ich die Beispielsammlung fort. Die grundlegende Diskussion zur GZS die ich auch selber noch fortsetzen wollte will ich keineswegs anwürgen; ich schlage vor, dazu in das Leitthema zur Auseinanderschreibung im Rechtschreibforum zu wechseln.)
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Jan-Martin Wagner
eingetragen von gestur am 22.03.2004 um 11.14
"Mitnichten" in "mit Nichten" zu trennen, wäre auch reizvoll.
(Hony soit qui mal y pense! Ein Schuft sei, wer schlecht davon denkt!)
eingetragen von Theodor Ickler am 22.03.2004 um 10.56
Nach einem heute kaum noch aktiven Muster wurden früher gern Plurale von Abstrakten gebildet. Sie sind heute verschmolzen in zugunsten, vonnöten, zuschanden, zuschulden. Davon hat die Reform nur Gunsten, Schanden, Schulden reanimiert, nicht Nöten - sehr inkonsequent.
DUW hat außer zugunsten nur zirkumponiertes zu ... Gunsten, entgegen dem amtlichen Wvz. und dem Rechtschreibduden.
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Th. Ickler
eingetragen von Reinhard Markner am 20.03.2004 um 13.14
Trotzdem hat natürlich selbsttragend eine ähnliche Berechtigung zur Aufnahme in Wörterbücher wie selbstklebend u. ä.
eingetragen von Stephan Fleischhauer am 20.03.2004 um 10.02
Es wäre völlig unmöglich, jede erdenkliche oder nur gebräuchliche Zusammensetzung in ein tragbares Wörterbuch aufzunehmen. Es müsste schon selbsttragend sein.
eingetragen von gestur am 20.03.2004 um 09.46
gibt es in keinem Wörterbuch, obwohl die "selbsttragende Karosserie" seit Jahrzehnten im PKW-Bau und seit vielen Jahren im Omnibusbau ein allgemein üblicher fester Begriff ist (im Gegensatz zur LKW-Bauweise mit tragendem Rahmen). Es wurde sogar eine Omnibusbaufirma danach benannt: SETRA. Erst die selbsttragende Karosserie ermöglicht die steife Fahrgastzelle und die vorderen und hinteren Knautschzonen. Das Wort ist keine reine Fachsprache mehr, und eigentlich muß jeder Autobesitzer den Begriff kennen. Es wird höchste Zeit, die Wörterbücher an die Wirklichkeit anzupassen.
(Der letzte PKW mit durchgehendem tragendem Rahmen und aus Einzelteilen daraufgeschraubtem Gehäuse war die "Ente". Deshalb konnte sie zu sovielen Gags verwendet werden, bei denen sich der Aufbau in Einzelteile auflöste.)
eingetragen von Monika Grunert am 19.03.2004 um 21.39
Zitat:
Ursprünglich eingetragen von J.-M. Wagner
Nach den neuen Regeln ist die Getrenntschreibung der Normalfall, und die Zusammenschreibung muß eigens geregelt sein. Wenn es in diesen Fällen also keine Getrenntschreibung geben soll, dann muß eines der Zusammenschreibungskriterien zutreffen. So, und nun sind Sie dran: Welches ist das jeweils?
Mir wird klar, worauf Sie hinauswollen, aber ich muß passen: In dem Bestreben, alles zu regeln, haben sich die Reformer anscheinend selbst ein Bein gestellt und vieles vergessen. In § 36 1-6 kann ich jedenfalls keine Vorschrift für die Schreibung dieser Wörter entdecken. Sie sind unauflösliche Zusammensetzungen mit komplizierten inneren Beziehungen. Nur "selbsttragend" müßte m.E. getrennt geschrieben werden, von "selbst tragen". Der Duden Nr.21 gibt auch "selbstklebend" und "selbsthaftend" (warum?), "selbsttragend" steht nicht drin.
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m.g.
eingetragen von J.-M. Wagner am 18.03.2004 um 21.43
Zitat:Nach den neuen Regeln ist die Getrenntschreibung der Normalfall, und die Zusammenschreibung muß eigens geregelt sein. Wenn es in diesen Fällen also keine Getrenntschreibung geben soll, dann muß eines der Zusammenschreibungskriterien zutreffen. So, und nun sind Sie dran: Welches ist das jeweils?
Ursprünglich eingetragen von Monika Grunert
selbst_gerecht
selbst_mörderisch
selbst_redend
selbst_ständig
selbst_tragend
Bei diesen Wörtern käme m. E. auch nach den neuen Regeln keine Getrenntschreibung in Frage, da "selbst" in keinem der Fälle, außer vielleicht im letzten, als selbständiges Adverb zum folgenden Adjektiv fungieren kann, wie das bei den Fügungen wie "selbst gemacht", "selbst gebacken" usw. zur Not angeht.
Nochmal: Bei der Anwendung des Regelwerkes seinem Buchstaben und nur seinem Buchstaben nach darf man sich nicht danach richten, ob die resultierenden Schreibungen sinnvoll, brauchbar, grammatisch korrekt etc. sind oder nicht es ist ein zweiter Schritt, die streng regelkonform gebildeten Schreibungen allgemeineren sprachlichen Kriterien gegenüberzustellen und sie entsprechend zu bewerten. Nur wenn man streng regelkonform gebildete Schreibungen betrachtet, kann man feststellen, was das reformierte Regelwerk wirklich taugt.
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Jan-Martin Wagner
eingetragen von Monika Grunert am 18.03.2004 um 20.34
Zitat:
Ursprünglich eingetragen von J.-M. Wagner
selbst_gerecht
selbst_mörderisch
selbst_redend
selbst_ständig
selbst_tragend
Bei diesen Wörtern käme m. E. auch nach den neuen Regeln keine Getrenntschreibung in Frage, da "selbst" in keinem der Fälle, außer vielleicht im letzten, als selbständiges Adverb zum folgenden Adjektiv fungieren kann, wie das bei den Fügungen wie "selbst gemacht", "selbst gebacken" usw. zur Not angeht.
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m.g.
eingetragen von J.-M. Wagner am 18.03.2004 um 18.21
Zitat:Was meinen Sie: Nimmt das Regelwerk auf diesen Fall Rücksicht oder nicht?
Ursprünglich eingetragen von gestur
Wenn die Verwechslung mit "sogar" ausgeschlossen werden soll, ist Zusammenschreibung nötig.
Nochmal: Mir geht es darum, das Regelwerk als solches anzuwenden, und zwar nach seinem Buchstaben und nur nach seinem Buchstaben. Dabei spielt es zunächst keine Rolle, daß es die Verwechslungsmöglichkeit von selbst mit sogar gibt: Das ergibt sich erst aus dem Satzzusammenhang, die GZS bezieht sich aber auf einzelne Wörter bzw. Wortgruppen als solche, d. h. ohne weiteren Zusammenhang. Nur Teile der Zeichensetzung beziehen sich auf ganze Sätze bzw. Teilsätze, alle anderen Rechtschreibregeln sind lokal anzuwenden.
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Jan-Martin Wagner
eingetragen von gestur am 18.03.2004 um 17.13
Wenn die Verwechslung mit "sogar" ausgeschlossen werden soll, ist Zusammenschreibung nötig.
eingetragen von J.-M. Wagner am 18.03.2004 um 16.33
Auch wenn ich hier alte Hüte serviere ich finde es immer wieder erstaunlich, zu was für Schlüssen man anhand des Regelwerkes zu Verbindungen mit selbst gelangt. Hier ein paar Übungsaufgaben: Man entscheide, ob folgende Beispiele zusammen oder getrennt geschrieben werden, oder ob sie durch die GZS-Regelung durchfallen. Man beachte: Die Freistellung der GZS nach § 36 E2 greift nur, wenn für eine Fügung sowohl eines der Zusammen- als auch der Getrenntschreibungskriterien zutrifft!
selbst_gerecht
selbst_mörderisch
selbst_redend
selbst_ständig
selbst_tragend
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Jan-Martin Wagner
eingetragen von Reinhard Markner am 16.03.2004 um 13.10
Vermutlich hat Paul Raabe, der 1968 die Leitung der Bibliothek übernahm, ihre Umbenennung veranlaßt. Vorher nannte man sich einfach Landesbibliothek Wolfenbüttel. Das war natürlich zu wenig pompös.
eingetragen von Detlef Lindenthal am 16.03.2004 um 11.45
>>Herzog August Bibliothek<<
Wir machen uns landläufig falsche Begriffe von der Einheitlichkeit unserer Rechtschreibung von 1900 bis 1996; mindestens bei der Kommasetzung hatte sie Lücken, und erst ab etwa 1950 setzte sich eine gute Verläßlichkeit durch (Meßfeld: die sorgfältig prüfgelesenen Bücher der Verlage).
Ähnlich ging es, so vermute ich, bei der Wortbildung. Mir als Grundschüler der
Theodor-Storm-Schule
wurde gleich verdeutlicht, was die Wortbildung mittels Bindestrich-Durchschleifung bedeutet, gleichwohl findet sich bei Google zu rund 12 % die Ohne-Bindestrich-Schreibweise
Ernst Barlach Gymnasium ,
(aber übrigens nur zu etwa 2 % die Schreibweise
Theodor Storm Schule).
– Ich vermute, daß es eine Rechtschreib-Sehnsucht gab, die 1950 bis 1968 am stärksten war. Wer damals die Schule abschloß, hat Rechtschreibung gelernt.
Die Verlag hingegen denken gar nicht dran, sich an diese Erfordernisse der Wortbildung zu halten, und schreiben sich munter ohne Bindestrich, auch 1950; ich habe das Verhältnis halbe-halbe in Erinnerung, habe jetzt aber kein altes Verlageverzeichnis zum Überprüfen.
Die Wortbildung im Deutschen war also, was Eigennamen als Bindestrich-Wörter betrifft, niemals unangefochten.
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Detlef Lindenthal
eingetragen von Heinz Erich Stiene am 16.03.2004 um 10.40
Vor einigen Tagen wurde auf diesen Seiten die bindestrichlose Schreibung der Herzog August Bibliothek in Wolfenbüttel als Produkt der Reformschreibung verdächtigt. So jedenfalls sieht es aus. Tatsächlich jedoch ist diese Schreibung vergleichsweise alt. Wie alt, weiß ich nicht; da müßte man sich an Ort und Stelle erkundigen. Belegen läßt sich meine Behauptung aber immerhin mit dem Hinweis auf das 1972 erschienene Buch von Wolfgang Milde, Mittelalterliche Handschriften der Herzog August Bibliothek.
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Heinz Erich Stiene
eingetragen von Theodor Ickler am 13.03.2004 um 04.56
Die Reformer haben außerdem wohl nicht bedacht, daß es solche Formen gibt, bei denen das Erstglied zwar flektiert ist, aber erstarrt, d. h. nicht weiterflektiert wird.
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Th. Ickler
eingetragen von J.-M. Wagner am 12.03.2004 um 20.37
Die entsprechende Passage in Anlage 2 des 3. Kommissionsberichtes lautet so:
»4. Als regelwidrig werden die Schreibungen Hohelied und Hohepriester bezeichnet.Zum einen hat die Kommission hier nicht widerlegt, daß die Schreibungen regelwidrig sind; sie hat lediglich festgestellt, daß sie als fachsprachlich angesehen werden können und als solche nicht zu beanstanden sind. Fazit: Hier wird entlang einer Strecke argumentiert, von der gar nicht die Rede war, und das eigentliche Problem bleibt außer Betracht.
Die Angaben des Duden sind korrekt. Die neu aufgenommenen Schreibungen sind fachsprachlich. Die Aufnahme fachsprachlicher Schreibungen ist den Wörterbüchern unbenommen.
Begründung:
Flektierte Adjektive werden nach dem Regelwerk nur getrennt geschrieben; unflektierbare Adjektivformen können mit Nomen Zusammensetzungen bilden und werden dann zusammengeschrieben: der neue Bau vs. der Neubau.
Bei Hohes Lied, das Hohe Lied, des Hohen Liedes, im Hohen Lied usw. überwiegt Flexion des Adjektivs; man schreibt daher getrennt.
Fachsprachlich kommt aber Invarianz des Adjektivs vor; dann ist zusammenzuschreiben: des Hohelieds, im Hohelied usw. (Im schwachen Nominativ/Akkusativ Singular ist die Schreibung frei, da sie bei beiden Flexionsvarianten gleich lautet: das Hohe Lied, das Hohelied.)«
Zum anderen bestätigt die Kommission die Regelwidrigkeit der Schreibungen Hohelied und Hohepriester: »Flektierte Adjektive werden nach dem Regelwerk nur getrennt geschrieben« weil aber hohe eine Flektionsform von hoch ist, gilt nach den Worten der Kommission hier folglich Getrenntschreibung.
Damit ist klar, daß die angeführte Begründung der Kommission in Wahrheit nichts mit der vorhergehenden Aussage zur Korrektheit der Dudenangaben zu tun hat: Die Begründung bezieht sich explizit auf das Regelwerk, die Korrektheit der Dudenangaben aber auf die Fachsprachlichkeit der Schreibungen die aber vom Regelwerk gar nicht erfaßt wird. Anders ausgedrückt: Eine fachsprachliche Schreibung kann nicht mittels der Regeln begründet werden.
Es bleibt noch die Frage zu klären, worauf die Aussage der Kommission bezüglich der Flexion des Adjektivs als unterscheidendes Kriterium zurückgeht. Vermutlich handelt es sich um eine zusammenfassende Beschreibung dessen, was sich aus einer Gegenüberstellung von § 37(1) und § 60(3) ergibt. Die von der Kommission angegebene Unterscheidung findet sich nicht unmittelbar im Regelwerk; ich habe die PDF-Fassung komplett nach flektier durchsucht und dabei nichts GZS-Relevantes gefunden. Mein Fazit: Diese Aussage der Kommission spiegelt die Intention des Regelwerkes wider.
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Jan-Martin Wagner
eingetragen von Theodor Ickler am 03.03.2004 um 04.02
Wahrscheinlich können die Reformer nicht mehr auseinanderhalten, was sie in das Regelwerk geschrieben und was sie seither nur andiskutiert haben.
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Th. Ickler
eingetragen von J.-M. Wagner am 02.03.2004 um 19.52
In der Anlage 2 zum 3. Bericht der ZK wird unter 4.) zu Hohelied und Hohepriester darauf verwiesen, daß laut Regelwerk flektierte Adjektive nur getrennt geschrieben werden, unflektierbare Adjektivformen dagegen mit Nomen Zusammensetzungen bilden können und dann zusammengeschrieben werden.
In welchem Paragraphen steht das? Ich finde es partout nicht...
– geändert durch J.-M. Wagner am 03.03.2004, 09.55 –
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Jan-Martin Wagner
eingetragen von J.-M. Wagner am 20.02.2004 um 18.22
Unter kundsein wollte ich auch kundwerden subsumiert verstanden wissen. Dafür gibt es nicht nur eine Bibelstelle als Beleg (vgl. Google, Wortschatz Deutsch), und es fällt auch unter die Trennung nach § 35.
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Jan-Martin Wagner
eingetragen von Reinhard Markner am 20.02.2004 um 15.42
KRAMER deutsch-ital. dict. (1702) 2, 837c meint, sonderheit werde nur noch in der verbindung insonderheit gebraucht.
eingetragen von Theodor Ickler am 20.02.2004 um 15.31
So lebendig wie die "Sonderheit" ist "kund" allemal ...
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Th. Ickler
eingetragen von Reinhard Markner am 20.02.2004 um 15.26
Das ist interessant, allerdings muß man wohl zugeben, daß sowohl kund als auch kundsein schon lange obsolet sind. Es handelt sich ja im letzteren Fall um immer die gleiche Bibelstelle (Phil. 4,4).
eingetragen von J.-M. Wagner am 20.02.2004 um 15.06
Die Zusammenschreibung von kundgeben, kundmachen, kundtun etc. ergibt sich nach dem reformierten Regelwerk aus § 34 (2.1), "Zusammensetzungen aus Adverb oder Adjektiv + Verb, bei denen der erste, einfache Bestandteil in dieser Form als selbständiges Wort nicht vorkommt, zum Beispiel: fehlgehen, fehlschlagen, feilbieten, kundgeben, kundtun, weismachen".
Ich frage mich, ob diese Zuordnung stimmt, denn warum sollte es kund nicht auch als selbständiges Wort geben? Zumindest in bestimmten Wendungen taucht es als solches auf: kund und wissend (Paul Gerhard: Wie soll ich Dich empfangen), kund und offen (Friedrich Schiller: Wallenstein), kund und offenbar (Karl Simrock: Die Schildbürger, 14. Kapitel).
Außerdem gibt es das Wort kundsein, das nach § 35 getrennt geschrieben werden muß: kund sein. Damit existiert kund nach dem reformierten Regelwerk als selbständiges Wort.
Kann man auf diese Weise noch mehr Widersprüche zwischen § 34 und § 35 finden?
Was folgt aus diesen Widersprüchen?
(Zu kund noch Hinweise auf Angaben folgender Quellen: Deutsches Rechtswörterbuch, Lexikon des Althochdeutschen.)
– geändert durch J.-M. Wagner am 20.02.2004, 19.27 –
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Jan-Martin Wagner
eingetragen von Theodor Ickler am 18.02.2004 um 18.18
Von Arbeitsuchende kann auf arbeitsuchend geschlossen werden, denn das erste ist immer als Substantivierung des zweiten zu verstehen. Aber von arbeitsuchend kann nicht auf arbeitsuchen geschlossen werden, wie es die Reform voraussetzt, wenn sie die Getrenntschreibung des verbalen Gefüges als hinreichende Bedingung der Getrenntschreibung des partizipialen Gefüges ansieht. Das hängt mit der Konvertierung zu Adjektiven zusammen und mit deren klassifizierender Funktion.
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Th. Ickler
eingetragen von Theodor Ickler am 31.01.2004 um 13.11
Im vierten Bericht schreibt die zwischenstaatliche Kommission stets weit gehend; inhaltlich laufen ihre Änderungen aber darauf hinaus, weitgehend (und viele andere Zusammensetzungen mit Partizip) wiederzuzulassen. Sie weist außerdem darauf hin, daß die Wörterbücher im Bereich der GZS eine Menge Änderungen einzutragen haben werden
Näheres bald.
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Th. Ickler
eingetragen von J.-M. Wagner am 22.01.2004 um 14.09
Wenn auch Sie Interesse haben das Spektakel in der neuen Rennsteigarena mit zu erleben, haben Sie [...] Einen direkten Shuttle Verkehr wird es nur vom [...]
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Jan-Martin Wagner
eingetragen von Heinz Erich Stiene am 20.01.2004 um 09.43
Der Dichter Richard Zoozmann (1863-1934) hat Dantes 'Divina commedia' ins Deutsche übertragen. Dazu heißt es in der Ausgabe der Deutschen Buch-Gemeinschaft 1958: "Eigenwilligkeiten der Rechtschreibung Zoozmanns, vor allem seine Neigung zu Wortzusammensetzungen, wurden im allgemeinen respektiert."
Kostproben: alsob, sichselber, stromaufwärtsschreitend, die seltsamgroßen ... und leuchtendklaren (Sterne), umsolieber.
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Heinz Erich Stiene
eingetragen von Theodor Ickler am 20.01.2004 um 09.02
Ich möchte hier eine Diskussion weiterführen, die Herr Beck auf der Nachrichtenseite wiederaufgegriffen hat. Er vermutet mit Recht, daß ich Einspruch erheben möchte. Aber ich erkenne gern an, daß seine "sichere" Methode ein Stück weit funktioniert. Den Grund sollte man sich aber auch klar machen: Die Probe mit dem attributiven Adjektiv (*das zufriedene Stellen) ist ein Mittel, um Adverbialien von Verbzusätzen zu unterscheiden, vor allem also von Ergebnis- und Richtungszusätzen.
Es stimmt aber nicht, daß die so gewonnene Menge der Verben mit Ergebnis- und Richtungszusätzen deckungsgleich ist mit der Menge der zusammengeschriebenen Verben, sei es nach altem Duden oder nach dem Usus oder wonach auch immer. Zum Beispiel kommt es auch, wie in meinem Rechtschreibwörterbuch vermerkt, auf den Umfang des Zusatzes an. Man streicht blau (blaustreichen, wg. *das blaue Streichen), aber auch himmelblau (himmelblau streichen, trotz *das himmelblaue Streichen). Und außerdem ist nicht immer klar, ob Ergebniszusatz oder Adverbial vorliegt: getrennt schreiben ist ein getrenntes Schreiben (erst schreibt man das eine, dann das andere), aber im Ergebnis ist das Geschriebene auch getrennt, also: getrenntschreiben.
Die Becksche Regel ist also eine ganz nützliche Faustregel, man muß aber die Grenzen im Auge behalten.
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Th. Ickler
eingetragen von Theo Grunden am 31.12.2003 um 07.37
Aus urbanisierungsgeschichtlichen Untersuchungen geht hervor, dass die ersten Umstellungen vom Hausnummernsystem auf das Straßennamensystem in den Städten Deutschlands Mitte des 19. Jahrhunderts von Statten gingen.
NRZ vom 31.12.2003
eingetragen von Manuel am 27.12.2003 um 11.33
Aus einem Interview mit dem MDR-Intendanten Udo Reiter:
Zu seinem Brief an Harald Schmidt betonte Udo Reiter, dass der zwar launig gewesen, aber durchaus Ernst gemeint sei.
[...]
Reiter: Der Brief hatte etwas Launiges, aber ich wäre auch sehr geneigt, ihn Ernst werden zu lassen.
eingetragen von Sigmar Salzburg am 26.12.2003 um 19.28
Abschaffung der Steuerklasse II für allein Erziehende
Do, 18.04.2002
In seiner Regierungserklärung hat sich Bundeskanzler Schröder kritisch zum Urteil des Bundesverfassungsgerichts geäußert, das die Abschaffung der Steuerklasse II für allein Erziehende bewirkt hat.
…Der Bundeskanzler stellte aber auch klar, dass allein Erziehende nicht wie allein Stehende besteuert würden. Allein erziehende Mütter und Väter hätten die gleichen Ansprüche auf Steuerfreibeträge und Kindergeld wie verheiratete Eltern...
Ministerien prüfen Berücksichtigung der Betreuungskosten
Das Bundesjustiministerium solle klären, welche rechtlichen Möglichkeiten das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes zulässt, um Betreuungskosten Alleinerziehender steuerlich zu berücksichtigen
http://www.bundesregierung.de/dokumente/Artikel/ix_61227.htm
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Sigmar Salzburg
eingetragen von Sigmar Salzburg am 26.12.2003 um 19.09
Die Vorträge der GastreferentInnen sind öffentlich zugänglich. Sie finden im Bildungshaus Mariatrost, Graz statt.
Univ.-Prof. Dr. Dorin Oancea, Sibiu (Hermannstadt):
Die Verantwortung des Menschen für die Schöpfung Gottes – Eine orthodoxe Stellungnahme zur ökologischen Frage
… In diesem Fall geht es um die Dreifaltigkeit Gottes. Nicht ein allein stehender Gott handelt hier als Schöpfer. Er könnte es überhaupt nicht, da das absolutisierte Eine keinen Weg zur Vielfalt und dadurch zum Handeln finden könnte.
eurotheo.kfunigraz.ac.at/creatio2001/Oancea.htm
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Sigmar Salzburg
eingetragen von Sigmar Salzburg am 24.12.2003 um 23.54
Der Mensch Jesus
...
Zu den schillerndsten Figuren zählt Maria aus Magdala … Beschrieben ist, dass Jesus sie von „sieben Dämonen" heilte - was immer das bedeuten mag. Wahrscheinlich, so die Forscher, war sie schlicht allein stehend, ein antiker Single…
Focus, 20.12.2003
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Sigmar Salzburg
eingetragen von Jörg Metes am 20.12.2003 um 01.22
»Die Staatsanwältin bezeichnete den Fall als „besonders Besorgnis erregend“...«
sda/AFP-Meldung, am 25. und 26.11.03 u.a. in Welt, Groß-Gerauer Echo, NZZ, Berner Zeitung, St. Galler Tagblatt
» Besonders Besorgnis erregend ist die Situation im südlichen Afrika ...«
APA-Meldung, am 30.11.03 u.a. in Tiroler Tageszeitung, Kleine Zeitung, Kurier
»Besonders Besorgnis erregend ist dabei die Zahl der Langzeitarbeitslosen ...«
Soester Anzeiger, 04.12.03
»Besonders Besorgnis erregend sei die Situation in den dürregeplagten Ländern Somalia, Äthiopien und Eritrea.«
AFP-Meldung, am 08.12.03 u.a. im Groß-Gerauer Echo und in der Rheinpfalz
»Die Lage in dem nordafrikanischen Land sei "besonders Besorgnis erregend"...«
APA-Meldung, am 09. und 10.12.03 u.a. in Kleine Zeitung, Salzburger Nachrichten, Tiroler Tageszeitung, Basler Zeitung und Rüsselsheimer Echo
»Besonders Besorgnis erregend ist die Situation nach Einschätzung der UNICEF im südlichen Afrika. «
Meldung von afp/ap/dpa, am 11.12.03 u.a. in Rheinpfalz, Freie Presse (Chemnitz) und taz
»Als besonders Besorgnis erregend sehen die katholischen Oberhirten die Lage der Familien und der Arbeitslosen an.«
Kölnische Rundschau, 13.12.03
»Besonders Besorgnis erregend sei, dass nach dem zitierten DAK-Report...«
Neues Deutschland, 15.12.03
»Besonders Besorgnis erregend sei die übermäßig wachsende Zahl von Frauen und jungen Erwachsenen...«
dpa-Meldung, am 18.12.03 u.a. in Stuttgarter Zeitung, Stuttgarter Nachrichten, Pforzheimer Zeitung
»"Besonders Besorgnis erregend" sei die Lage in Iran.«
sda/AFP-Meldung, am 19.12.03 u.a. in Basler Zeitung und Rheinpfalz
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Jörg Metes
eingetragen von Martin Reimers am 10.12.2003 um 22.50
"selbst gebaut", "selbst gestrickt", "selbst gedreht" - hoppla! - "selbstbestimmt"
Wie kommt es eigentlich, daß das letzte Wort unangetastet blieb? Ich kann mir das nur durch seine weihevolle Aura im links-alternativen Milieu erklären. Gegen einen Ehrentitel von solchem Rang konnte einfach keiner der Reformer seine Hand erheben.
Oder gibt es eine andere Erklärung?
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Martin Reimers
eingetragen von Theodor Ickler am 06.12.2003 um 07.31
Die fakultative Zusammenschreibung geht aus dem Eintrag unter "zu" hervor, aber die Verweisungen dortselbst und unter "zumachen" sowie die Formulierung unter § 9, Anm. 1 sind verbesserungsbedürftig. Das wird in der Neubearbeitung in Ordnung sein.
Es gibt sicher viele solcher kleinen Unstimmigkeiten, zahlreiche sind mir schon selbst aufgefallen oder durch Zuschriften zur Kenntnis gebracht worden; vielen Dank für alle Hinweise!
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Th. Ickler
eingetragen von Detlef Lindenthal am 05.12.2003 um 18.05
Knapp daneben ist auch vorbei; Ickler, Das Rechtschreib-Wörterbuch, St. Goar 2000, schreibt u.a. (Ergänzungen durch mich):
Wolfgang Wrase schrieb:
... zeigt, daß zu_machen eigentlich zwei Wörter sind. Ein interessanter Hinweis auf die Berechtigung von Icklers Konzept "fakultative Zusammenschreibung", die für "zu" in der Bedeutung "geschlossen" angegeben ist.
S. 513: Wenn der Laden zu ist, dann ...
S. 514: Wenn der Laden zu_hat, dann ...
S. 515: Du sollst das Fenster zumachen;
*zu_machen steht auf Seite 515 nicht.
eingetragen von Wolfgang Wrase am 04.12.2003 um 22.22
http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,276850,00.html
Doch dass er sich zutraut, im Verhandlungsmarathon erfolgreich "den Sack zu" zu machen, lässt er durchblicken ...
Diese Notation ist zwar die Ausnahme, aber die Klammerung "den Sack zu" zeigt, daß zu_machen eigentlich zwei Wörter sind. Ein interessanter Hinweis auf die Berechtigung von Icklers Konzept "fakultative Zusammenschreibung", die für "zu" in der Bedeutung "geschlossen" angegeben ist.
eingetragen von Wolfgang Wrase am 02.12.2003 um 07.54
Genau, das ist es, eine Blickfang-Falle, ein Stolperstein für das Auge, eine Holperhürde für den Lesefluß. Und dabei ist der schlechtere Fall hier noch gar nicht gegeben, nämlich daß vor dem herausgelösten Substantiv ein Artikel steht, der zu ihm paßt, so daß automatisch zuerst der Bezug Artikel - Substantiv falsch geknüpft wird ...
Die Kraft
... der dann mit einem "Ach so"-Effekt nachträglich korrigiert werden muß:
Die Kraft sparenden Slaloms
Ach so: Die Slaloms!
– geändert durch Wolfgang Wrase am 03.12.2003, 00.30 –
eingetragen von Sigmar Salzburg am 02.12.2003 um 04.38
Überschrift:
Im Kraft sparenden Slalom gleiten Fische durch das Wasser
DIE WELT 28.11.2003
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Sigmar Salzburg
eingetragen von J.-M. Wagner am 26.11.2003 um 14.34
Aus einem Interview mit der Familienministerin in mobil 10/03 (Deutsche Bahn; hier: S. 54, Hervorhebung hinzugefügt):
»Arbeitslosigkeit ist ein fürchterlicher Einschnitt in das Leben einer Familie. Allerdings zeigt sich, dass Familienmütter und Familienväter schneller wieder in Arbeit und Brot kommen, als Menschen, die alleine stehen.«Ob sie das wirklich so gesagt hat?
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Jan-Martin Wagner
eingetragen von Theo Grunden am 18.11.2003 um 07.49
schreibt Nadja Encke in ihrem Beitrag „Die schönsten deutschen Bücher“ auf den Internetseiten des Goethe-Instituts so:
Schön ist, dass man all das Schöne anfassen darf, nach Herzens Lust in den Büchern blättern und schmökern kann.
http://www.goethe.de/kug/mui/buv/thm/de65474.htm
eingetragen von Theo Grunden am 12.11.2003 um 09.16
Die neuesten Papiertaschentücher der Marke Tempo sind nicht nur "durchschnupfsicher", sondern sie sollen auch den Schaden minimieren, den jeder schon einmal erlebt hat, der ein solches Taschentuch beim Hosewaschen noch in der Tasche hatte. Ein großer Aufdruck bestätigt das so:
"WÄSCHE FREUNDLICH"
eingetragen von Theo Grunden am 11.11.2003 um 09.55
GEW betreibt Rückbildung (der RSR):
Falsche Angst vor zuviel Bildung
Riesengroße Überschrift auf den Seiten 6 und 7 der Novemberausgabe von "Erziehung und Wissenschaft", Zeitschrift der GEW.
eingetragen von guest am 04.11.2003 um 16.13
Füssen ist eine Stadt im Allgäu!
eingetragen von Sigmar Salzburg am 04.11.2003 um 11.00
Vor etwa einem Monat hielt Stefan Raab in seiner Sendung um 23 Uhr seinen (großgedruckten) Vorschlag für Trikotwerbung im Frauenfußball in die Kamera:
Wir können alles ausser Fussball
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Sigmar Salzburg
eingetragen von Theo Grunden am 04.11.2003 um 07.59
"Der moderne Pavillon symbolisiert so die Welt umspannende und Völker verbindende Faszination für diesen Sport."
Zu lesen in dem von André Heller entworfenen Fußball-Globus, der Berlinern und Berlinbesuchern für einige Wochen die Möglichkeit der freien Sicht von "Unter den Linden" auf das Brandenburger Tor nahm.
P.S.: Vermehrt mit "Füssen" getreten wird zur Zeit die Schreibweise des Wortes "Fußball". In dem besagten Globus gibt es eine Großprojektion, in der die jugendlichen Fußballfans über eine Tastatur den Satzanfang "Ich liebe Fussball, weil ..." ergänzen dürfen. Viele Anzeichen sprechen dafür, daß diese jetzt schon sehr verbreitete Schreibweise spätestens im Zuge der WM 2006 die Schreibweise "Fußball" verdrängt haben wird.
eingetragen von Theo Grunden am 01.11.2003 um 08.39
Die Ausführungen von Volker Finke waren für Jupp Heynckes Stiche in das Leid geprüfte Trainer-Herz.
NRZ 31.10.2003
eingetragen von Wolfgang Wrase am 16.10.2003 um 15.42
In Spiegel Online an prominenter Stelle:
Die USA haben sich nach Wochen langem Tauziehen um eine neue Uno-Resolution für den Irak durchgesetzt.
http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,270087,00.html
eingetragen von Sigmar Salzburg am 14.10.2003 um 08.08
Die seit drei Wochen in Dortmund gas-tierende Wehrmachtsausstellung ist am Montag Ziel einer Attacke mit Buttersäure geworden. Wegen des Ekel erregenden Geruchs musste das Museum für Kunst und Kunstgeschichte gegen 17.00 Uhr geräumt werden ...
ZDFtext 14.10.03 6:00
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Sigmar Salzburg
eingetragen von Sigmar Salzburg am 14.10.2003 um 08.06
Dia-Vortrag über Fleisch
fressende Pflanzen
Eckernförde - Zum Dia-Vortrag „Tod in der Blüte" lädt der Naturschutzbund Eckernförde für morgen ein. Referent H. J. Vermehren berichtet über das geheimnisvolle Leben Fleisch fressender Pflanzen ...
Eckernförder Nachrichten (Kieler Nachrichten) 13.10.03
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Sigmar Salzburg
eingetragen von Sigmar Salzburg am 05.10.2003 um 07.30
Fasziniert deutet er auf den freigelegten mittelalterlichen Friedhof in der Schleswiger Altstadt mit den ebenfalls frei gelegten menschlichen Überresten.
[Bild:] Arbeitet an den bereits freigelegten Skeletten aus dem 12./13. Jahrhundert: Archäologe Hans-Joachim Kühn ...
... wurden von den Fachleuten des Archäologischen Landesamtes Schleswig-Holstein rund 270 Skelette frei gelegt... Die feldsteinernen Fundamente der Kirche wurden in wenigen Teils[!] freigelegt ... (Kieler Nachrichten v.30.9.03)
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Sigmar Salzburg
eingetragen von Reinhard Markner am 29.09.2003 um 13.33
»Die Polizei fand darauf hin bei ihren Ermittlungen schnell die Wohnung des Pärchens in Düsseldorf . . .«
Helmut Breuer, Berliner Morgenpost, 27. 9. 2003
eingetragen von Ruth Salber-Buchmüller am 29.09.2003 um 13.29
Wenn ich hier die letzten
zwanzig Beiträge überfliege,
ist nach meiner Ansicht lediglich
S. Salzburgs Fundsache aus den KN
("hängen zu lassen") auf diesen Seiten
richtig am Platz.
Ich gehe nun mal unverdrossen davon aus,
daß ein Außenstehender - sei er pro oder contra -
wachsendes Interesse an der Lektüre der Beiträge
haben müßte.
Mit den vielen, meist schon hervorragenden
Beiträgen kommen wir aber keinen Schritt weiter.
Das Wirken muß nach außen gehen.
Wenn es eben geht, greife ich z.B. (und das
sieben Jahren) Stilblüten wie aus den KN auf
und schreibe das Blatt an.
Das ist zwar herzlich wenig; wenn so jedoch
mehrere unter uns verfahren würden, gäbe es
eine kleine Aktion. Alleine ist man verloren.
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Ruth Salber-Buchmueller
eingetragen von Sigmar Salzburg am 29.09.2003 um 06.54
Auf dem 9. Erzieherinnentag der GEW forderte der Landesvorsitzende Kai Niemann am Sonnabend in Neumünster die Landesregierung auf, die Kinder und Beschäftigte nicht hängen zu lassen ...
Kieler Nachrichten 29.9.03
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Sigmar Salzburg
eingetragen von Wolfgang Wrase am 24.09.2003 um 07.01
Im aktuellen SPIEGEL Nr. 39 vom 22.9.2003, Seite 38, mittlere Spalte. Dort heißt es über Joschka Fischer:
Egal ob er als prügelnder und Brandsatz schleudernder Straßenkämpfer enttarnt oder als frauenverzehrender, wenngleich nicht frauenmordender Epigone von Heinrich dem Achten porträtiert werden soll ...
Richtig (laut Reform) wäre gewesen:
... als prügelnder und brandsatzschleudernder Straßenkämpfer enttarnt oder als Frauen verzehrender, wenngleich nicht Frauen mordender Epigone ...
Prima!
eingetragen von Sigmar Salzburg am 13.09.2003 um 05.53
von Elke Heidenreich/Bernd Schroeder
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Sigmar Salzburg
eingetragen von Ruth Salber-Buchmüller am 12.09.2003 um 20.42
G. Jauch/heute abend:
"Wellen reitende Hunde"
Frage: Ist so der Titel des
Buches von Elke Heidenreich?
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Ruth Salber-Buchmueller
eingetragen von Jörg Metes am 12.09.2003 um 20.06
Am 6. September 2003 mußte die Stadt Nürnberg aufgrund einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts eine Kundgebung von Neonazis zulassen. Bayerns Innenminister Günther Beckstein bedauerte das. Die reformiert geschriebenen Internetseiten des Bayerischen Rundfunks zitierten ihn wie folgt:
»Wörtlich sagte er: "Leid tragende sind die Bewohner Nürnbergs und die Einsatzkräfte der Polizei, die abermals Versammlungen der ewig Gestrigen schützen müssen."«
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Jörg Metes
eingetragen von J.-M. Wagner am 10.09.2003 um 09.17
Die Einträge im Wortschatz Deutsch werden automatisch erhoben. Dies führt im Fall von "immer während" dazu, daß alle Vorkommen dieser Wortgruppe als »neue Rechtschreibung von immerwährend« registriert werden, obwohl das in der Mehrzahl der Fälle falsch ist; vgl. hier und hier. Wie peinlich! (Aber letztlich: für wen?)
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Nachtrag: Ich habe immer noch Schwierigkeiten, die im Duden vermerkte Getrenntschreibung "immer während" nachzuvollziehen; siehe dazu unter der bereits geführten Diskussion den Beitrag von Christian Melsa vom 20.08.2002. Demnach ließe sich anhand von § 34 (2.2) die Zusammenschreibung *immerwähren konstruieren... aber diese Argumentation gehört nicht hier in die Beispielsammlung; ich werde darauf ggfs. an anderer Stelle eingehen.
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Jan-Martin Wagner
eingetragen von Jörg Metes am 29.08.2003 um 11.46
»„Hasta la vista, Baby“, auf nimmer Wiedersehen.«
- Franz Josef Wagner in der heutigen „Bild“.
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Jörg Metes
eingetragen von Karl Eichholz am 19.08.2003 um 10.27
Thema Blackout in Nordamerika, Yahoo heute:
Diese sei jedoch wie die vier übrigen Generatoren des Werks zu Beginn des Stromausfalls zusammen gebrochen, erklärte der republikanische Abgeordnete.
.....
„Fahrstuhl:“
Generatoren würden routinemäßig drei bis vier Mal pro Jahr herunter gefahren, sagte der Abgeordnete.
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mit herzlichen Grüßen
Karl Eichholz
eingetragen von J.-M. Wagner am 18.08.2003 um 19.34
Unser Online-Servicecenter erstellt die Fahrkarten über das selbe Buchungssystem, das auch den ReiseZentren und Reisebüros mit DB-Lizenz zur Verfügung steht.
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Jan-Martin Wagner
eingetragen von Monika Grunert am 16.08.2003 um 20.41
Durch die gewitzte Überschrift wurde die getrennte Schreibweise gekonnt lächerlich gemacht. Glückwunsch!
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m.g.
eingetragen von Manuel am 15.08.2003 um 19.31
Plätze werden landsam wieder hergestellt
Vor zwölf Monaten versanken die Stadien des DSC und FV Dresden 06 in den Elb-Fluten.
Gefunden auf der Internetseite des renommierten Fußballmagazines "Kicker". Da hat wohl jemand die Rechtschreibreform fehlinterpretiert. Zufall kann dieser Fehler nicht sein, denn er taucht auch im Text auf:
Bis heute sind von den acht überspülten Plätzen im Ostragehege erst ein Rasen- und ein Hartplatz wieder hergestellt.
eingetragen von Stephan Fleischhauer am 23.07.2003 um 07.46
gelöscht
– geändert durch Stephan Fleischhauer am 23.07.2003, 13.11 –
eingetragen von J.-M. Wagner am 22.07.2003 um 18.39
In der Tat: Beim Vergleich von nichtverschreibungspflichtige und nicht verschreibungspflichtige liefert Google ein Verhältnis von etwa eins zu hundert, nicht zu tausend, was allein daran liegt, daß die zusammensetzte Form entsprechend häufiger ist.
Ich ahne, womit man in diesem Zusammenhang viel Zeit verbraten kann, denn dieser Befund kann zum Anlaß genommen werden, in zwei Richtungen weiterzufragen: Zum einen ist es ja eine Standardkonstruktion, die Verneinung mit nicht auszudrücken. Spannend wird es, wenn man schaut, in welchen Fällen eine Zusammensetzung mit nicht- eintritt (bzw. eintreten kann), denn es gibt ja außerdem die Vorsilbe un-, die ebenfalls Verneinung ausdrückt. In manchen Fällen existiert beides (ungewollte, nichtgewollte); über Feinheiten einer eventuell leicht unterschiedlichen Bedeutung oder eines unterschiedlichen Gebrauchs (sowie über weitere Fälle) möchte ich mir hier aber keine Gedanken machen.
(Was die Negation generell betrifft, so erlaube ich mir diesen Hinweis.)
Zum anderen kann man (generell, d. h. nicht nur bei der Verneinung) schauen wie Sie es bereits beschrieben haben , wie sich der Unterschied von flektierter und unflektierter Form bei Zusammensetzungen bemerkbar macht, und man kann z. B. fragen, ob es eventuell im Laufe der Zeit eine Art Rückwirkung auf die unflektierte Form gibt, so daß diese allmählich häufiger gebraucht wird...
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Jan-Martin Wagner
eingetragen von Theodor Ickler am 22.07.2003 um 17.11
Bei der Suche mit Google muß man bedenken: Die unflektierte Form nichtverschreibungspflichtig kann ja nur prädikativ gebraucht werden. Dann wird aber, wie der Duden seit je vermerkt, die getrennte Konstruktion ohnehin bevorzugt. Setzt man flektierte Formen ein, also attributiv gebrauchte wie verschreibungspflichtige, dann sieht die Sache schon ein wenig anders aus. Die Zusammensetzung gewinnt an Boden, weil sie typischerweise als klassifizierend empfunden wird. Ich bin bei der Wörterbucharbeit mit diesem Phänomen immer wieder konfrontiert worden; es kostet natürlich unerwartet viel Zeit.
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Th. Ickler
eingetragen von margel am 22.07.2003 um 16.18
Gemeint hat es der Schreiber zwar nicht so, aber zufällig ist es sachlich trotzdem richtig; Auch in Zukunft müssen die Versicherten verschreiungspflichtige Medikamente nicht selbst bezahlen. (Wenn man es denn so lesen will)
eingetragen von J.-M. Wagner am 22.07.2003 um 16.18
Zitat:Ich bezweifle, daß das irgend etwas mit der reformierten Kommasetzung zu tun hat; das nicht bezieht sich hier ausschließlich auf die verschreibungspflichtigen Medikamente. Würde es darum gehen, verschreibungspflichtige Medikamente nicht selbst bezahlen zu müssen, wäre die Wortstellung wie man sieht anders.
Ursprünglich eingetragen von Karl Eichholz
heute in Yahoo: (betreffend die geplante "Gesundheitsreform")
Zitat:
Auch müssten Versicherte künftig nicht verschreibungspflichtige Medikamente selbst bezahlen.
Ein Adjektiv nichtverschreibungspflichtig ist zwar denkbar, aber nach meiner Einschätzung nicht zwingend erforderlich; es käme mir außerdem fachsprachlich und vor allem häßlich vor. Google findet nur eine verschwindend geringe Zahl davon, die mit nicht erweiterte Form ist von der Größenordnung her tausendmal häufiger anzutreffen.
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Jan-Martin Wagner
eingetragen von Karl Eichholz am 22.07.2003 um 15.25
heute in Yahoo: (betreffend die geplante „Gesundheitsreform")
Zitat:
Auch müssten Versicherte künftig nicht verschreibungspflichtige Medikamente selbst bezahlen.
Dies ist ja schonwieder ein Fall wie:
„Gnade nicht hängen!“
Gibt es eigentlich bislang keinen bekanntgewordenen Fall, wo die Neue Schreibe zu juristischen Querschlägen führte?
Das wäre doch ein Thema für eine Doktorarbeit!
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mit herzlichen Grüßen
Karl Eichholz
eingetragen von J.-M. Wagner am 19.05.2003 um 14.18
Das ZDF zum E-Mail-Wurm Mankx:
»Das Bundesamt für Sicherheit in der Information BSI hat vor einem neuen E-Mail-Wurm gewarnt. "Hinterhältiger Weise gibt sich dieser Wurm in der Betreffzeile als Support-Mail von Microsoft aus", sagte Frank Felzmann vom BSI am Montag.«
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Jan-Martin Wagner
eingetragen von Matthias Dräger am 17.05.2003 um 09.21
Das „amtliche“ Regelwerk zur Rechtschreibreform ist schon längst dort angekommen, wohin Eisenberg es sich hingewünscht hat: auf der Müllhalde der Wissenschaftsgeschichte. Eisenbergs Donnerwort, „daß das Amtliche Regelwerk auf den Müll gehört, da wir auf seiner Grundlage nie zu einer einheitlichen Rechtschreibung kommen werden“ hat ja seinerzeit vor allem deshalb ein mittleres Erdbeben ausgelöst, weil es ganz einfach stimmte.
Mit dem „Amtlichen Regelwerk“ habe ich mich im Herbst 1995 einige Nächte herumgeschlagen, nach der Buchmesse. Als mir halbwegs klar wurde, was auf uns zukommen sollte, schrieb ich an alle Kultusminister, auch an alle Ministerpräsidenten. Seitdem habe ich das Regelwerk kaum noch zur Hand genommen, höchstens noch, um mich 1997 gelegentlich für Angriffe auf die geplante Getrennt- und Zusammenschreibung zu munitionieren.
Schon vor etlichen Monaten habe ich hier 500,- Euro ausgelobt für denjenigen, der mir nachweist, daß er nur einen einzigen Paragraphen des Regelwerkes, den § 34 beherrscht. Es hat sich niemand gemeldet - ich bin mir sicher, es kommt auch keiner mehr...
eingetragen von Theodor Ickler am 16.05.2003 um 04.07
Mir geht es wie Herrn Wrase. Warum soll ich mir den Kopf zerbrechen, wo andere sich den ihren nicht zerbrochen haben? Erst jetzt fällt mir auf, wie lange ich das Regelwerk schon nicht mehr angerührt habe. Es interessiert mich einfach nicht mehr. Die Reformer selbst interessiert es ja auch nicht mehr, sie basteln wahrscheinlich an irgend etwas Neuem, für 2005.
Immer wieder stößt die Diskussion auf den bekannten Zwiespalt: Einerseits konnte die Reform sich vom Usus nicht lösen, andererseits räsoniert sie so, als gelte es, die deutsche Rechtschreibung zum erstenmal zu normieren. Dieser Spagat führt zu den meisten Ungereimtheiten, vor allem deshalb, weil die Neubegründungen weit weniger intelligent sind als der intuitiv entstandene Schreibbrauch.
Übrigens verdient Herr Wagner mit seinen scharfsinnigen Exegesen hohes Lob; man kann jetzt immer wieder auf seine feinsinnigen Beobachtungen zurückgreifen.
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Th. Ickler
eingetragen von J.-M. Wagner am 15.05.2003 um 18.47
Zitat:Das kommt m. E. zum einen davon, daß durch die Rechtschreibreform echte Adjektive, die wie Zusammensetzungen aussehen, zuhauf abgeschafft wurden und wo kein Adjektiv mehr ist, kann auch nichts mehr substantiviert werden , und daß diese Art von Getrenntschreibungen häufig anzutreffen ist, so daß man sich kaum noch um den Inhalt schert.
Ursprünglich eingetragen von Sigmar Salzburg
Kellenhusen (ckk) Die Badesaison an der Ostsee soll mit einem Weltrekord beginnen: Pastillenproduzent "Fisherman's Friend" will am Ostersonnabend, 19. April, 10000 hart Gesottene zum Anbaden im kalten Wasser bewegen, was einen Eintrag ins "Guinness Buch der Rekorde" bedeuten würde ...
(Kieler Nachrichten v. 20.2.2003, S.6)
Die Frage ist also, was denn nun in diesem Fall richtig ist: Gibt es das Adjektiv "hartgesotten" noch oder gibt es es nicht? Der Blick ins Wörterbuch ist dabei trügerisch: Gültig im Sinne der Neuregelung sind allein die Paragraphen des Regeltextes, und es gibt kein Wörterbuch, in dem diese komplett richtig umgesetzt sind (was wegen der in den Regeln selbst vorhandenen Widersprüche und Lücken auch kein Wunder ist). Deshalb ist es wichtig, wenn man wirklich etwas über die "neue Rechtschreibung" erfahren will, sich mit dem Regelwerk zu befassen.
Wenn man denkt, was soll der Quark, natürlich muß es hier "hartgesotten" heißen, weil alles andere Quatsch ist, dann täuscht man sich in mehrfacher Hinsicht. Zum einen steht im Bertelsmann-Wörterbuch von 1996 nur die getrennte Form "hart gesotten" (im Unterschied zum Duden, der beides verzeichnet), zum anderen werden in der Neuregelung, »soweit dies möglich ist, [...] zu den Regeln formale Kriterien angeführt, mit deren Hilfe sich entscheiden lässt, ob man im betreffenden Fall getrennt oder ob man zusammenschreibt.« Dabei gilt: »Bei der Regelung der Getrennt- und Zusammenschreibung wird davon aysgegegangen, dass die getrennte Schreibung der Wörter der Normalfall und daher allein die Zusammenschreibung regelungsbedürftig ist.« (Regeln, Teil B 0 Vorbemerkungen zur Getrennt- und Zusammenschreibung; vgl. http://www.ids-mannheim.de/grammis/reform/b1.html)
Also: Die Prinzipien der Neuregelung sind: a) Regeln gehen vor, b) getrennte Schreibung ist der Normalfall, c) vorzugsweise werden formale Kriterien werden verwendet.
Punkt a) geht nicht direkt aus dem amtlichen Regelwerk hervor, sondern folgt zum einen indirekt daraus, daß das amtliche Wörterverzeichnis nur ca. 12.000 Einträge umfaßt und also bei weitem nicht alle Einzelfälle amtlicherseits direkt abgedeckt sind, und zum anderen wird es direkt von der Zwischenstaatlichen Kommission für deutsche Rechtschreibung, die zu mehr als der Hälfte mit Autoren des neuen Regelwerkes besetzt ist, in ihrem 3. Bericht an die KMK auf S. 64 so gesagt:
»[...] Dies widerspricht aber der Grundintention der Neuregelung, außerhalb bestimmter Teile der Wortschreibung im engen Sinn (Laut-Buchstaben-Beziehungen; Teil A des amtlichen Regelwerks) keine Regelung über das Wörterverzeichnis vorzunehmen. Das heißt, der Schreibende sollte sich in den Bereichen B bis F des amtlichen Regelwerks darauf verlassen können, dass die Schreibung allein auf Basis des Regelteils sicher hergeleitet werden kann, also ohne Konsultation des amtlichen Wörterverzeichnisses. [...] Streng logisch gesehen, hat das amtliche Wörterverzeichnis in Bezug auf die Teile B bis F des Regelteils nur illustrierenden, nicht normsetzenden Charakter.«Daß die formalen Regeln bevorzugt werden, ist auch nicht direkt aus dem amtlichen Text zu entnehmen, sondern nur den Begleitschriften der Reformer. Dazu Prof. Dr. Gerhard Augst und Prof. Dr. Burkhard Schaeder in ihrer "Handreichung für Lehrerinnen und Lehrer zur Neuregelung der deutschen Rechtschreibung" (hier macht das "irgend" die Musik):
(http://www.rechtschreibreform.de/K3/064.gif oder PDF-Seite Nr. 59 von http://www.ids-mannheim.de/reform/Gesamttext.pdf.)»2) Soweit dies irgend möglich ist, sollen formale Kriterien bei der Entscheidung helfen, ob zwei im Text aufeinander folgende Wörter getrennt oder zusammengeschrieben werden.«Und Dr. Klaus Heller schrieb im SPRACHREPORT des Instituts für deutsche Sprache (IDS):
(http://uploader.wuerzburg.de/rechtschreibreform/fundam-2.html)»An die Stelle schwer handhabbarer inhaltlicher Kriterien (Zusammenschreibung "wenn ein neuer Begriff entsteht" oder "wenn die Bedeutung des Substantivs verblasst ist") treten grammatische Proben (Erweiterbarkeit, Steigerbarkeit usw.). [...] Die Unterscheidung von konkreter und übertragener Bedeutung als Kriterium für Getrenntschreibung [...] beziehungsweise Zusammenschreibung [...] wird aufgegeben [...]«Wie ist es nun bei "hart_gesotten"? Hier gibt es auch die Schreibung als Wortgruppe, und also muß man die Zusammenschreibung extra prüfen. Wegen "hart" (Adjektiv) + "gesotten" (Partizip) kommt man auf Paragraph 36. Zusammenschreibung wäre angezeigt, wenn das "das dem Partizip zugrunde liegende Verb" zusammengeschrieben wird; das wäre "hartsieden". Das gibt es aber nicht, und zwar in dem Sinne, daß man es nirgends so vorfindet (vgl. Google); man schreibt "hart sieden" (und auch "weich kochen"), weil es Resultativzusätze sind. In den neuen Regeln findet man dazu die Getrenntschreibung nach § 34 E3 (3), d. h. aufgrund der Erweiterbarkeit mir "sehr" oder "ganz", und das funktioniert hier.
(http://www.ids-mannheim.de/pub/sprachreport/reform/reform-ges.html#B)
Wenn man also jemanden für besonders abgebrüht hält, dann könnte man doch von ihm sagen, er sei "sehr hartgesotten". Wie muß man das nun nach den neuen Regeln schreiben? Deren Logik ist so: Weil es "hartsieden" nicht gibt, kann es auch "hartgesotten" nicht geben, und also muß es "sehr hart gesotten" lauten auch wenn es offenbar etwas anderes meint.
Es kann sein, daß die Logik hinter den neuen Regeln nur auf das wirkliche Sieden abzielt und nicht auf die übertragene Bedeutung. Aber es gibt für letzteren Fall keine eigene Regel! Das Problem dabei ist, daß die Überprüfung, ob die Erweiterung oder Steigerung einer Verbindung (sinnvoll) möglich ist, nur in § 34 vorkommt und sich auf den Infinitiv von Verben bezieht. Würde es ein analoges Kriterium auch in § 36 geben (d. h. für Adjektive bzw. Partizipien), wäre man fein raus.
Der Ausgangspunkt der neuen Regeln, daß es zu bestimmten "Verbindungen" keinen Infinitiv gibt, ist zwar richtig, aber die Schlußfolgerungen sind falsch und das bedeutet nach den Prinzipien der Aussagenlogik, daß der Schluß ungültig ist. Daß auch das reguläre "hart gesotten" in diesem Sinne bereits ein pathologischer Fall ist, wird von Michael Schneider (Uni Marburg, http://staff-www.uni-marburg.de/~schneid9/) hervorgehoben:»Auch hier lassen sich nicht alle Fälle auf Verbverbindungen zurückführen (blau streifen? blond locken? eng befreunden? hart sieden? schwer behindern? spät gebären? übel launen?).«Fazit: Ich kann anhand der reformierten Regeln nicht nachvollziehen, warum es weiterhin die Form "hartgesotten" gibt. Inhaltliche Kriterien spielen bei den reformierten Regeln eine untergeordnete Rolle und wurden etwa in dem Fall des "immerwährend" nicht berücksichtigt. Hier soll es nun wohl so sein aber warum hier, und an welchen anderen Stellen noch, an welchen anderen Stellen aber nicht? Das ist die Krankheit der neuen Regeln: Sie funktionieren von ihrer Logik her nicht, und ihre Interpretation in den Wörterbüchern ist undurchschaubar.
(S. 33 von http://www.schneid9.de/pdf/kommentar.pdf)
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Jan-Martin Wagner
eingetragen von J.-M. Wagner am 15.05.2003 um 18.18
Lieber Herr Wrase!
Vielen Dank für Ihre ausführliche Antwort; Sie bestätigen sowohl meine Überlegungen für den Gang der Begründung von immer während als auch meine Zweifel daran. Meine Geduld, mich in die Regeln zu vertiefen, stammt daher, daß ich versuchen will, die Regeln für sich selbst sprechen zu lassen und damit gegen sich. Dann muß jede Polemik aufhören, dann zählen nur noch nackte Fakten. Und wenn man weiß, warum die Regeln nicht funktionieren können, d. h. weil man den Konstruktionsfehler kennt, kann man prüfen, ob die bislang von der Rechtschreibkommission erarbeiteten Nachbesserungsvorschläge (siehe 3. Bericht) diesbezüglich etwas taugen.
Nun aber zum immergrün: Das halte ich für einen pathologischen Fall; es fällt zwar formal unter Paragraph 36 (Adverb immer + Adjektiv grün stimmt das?), wird aber weder von einem der Zusammen- noch von einem der Getrenntschreibungskriterien erfaßt.
(Nachtrag: Eine weitere Motivation für meine fortgesetzte Auseinandersetzung mit dem Regelwerk ist, daß es immer noch genügend Leute gibt, die es nicht kennen bzw. nicht glauben wollen, daß es so schlecht ist, wie es die üblichen Verdächtigen konstatieren, und denen man an solchen ausgesuchten Beispielen unmittelbar vorführen kann, wie der Hase läuft.)
– geändert durch J.-M. Wagner am 18.05.2003, 10.33 –
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Jan-Martin Wagner
eingetragen von Wolfgang Wrase am 15.05.2003 um 15.20
Lieber Herr Wagner,
woher haben Sie nur die Geduld, sich immer wieder in das Labyrinth dieser unwürdigen Regeln zu vertiefen? Da ich die Änderung "immer während" in die Diskussion gebracht habe, versuche ich Ihre Frage zu beantworten. Mir scheint, die Herleitung der neuen Getrenntschreibung ist in diesem Fall relativ eindeutig ...
Einschlägig ist B 2 (GZS - Adjektiv und Partizip; gemeint ist: Adjektiv oder Partizip als zweiter Bestandteil der fraglichen Gebilde).
Zunächst wird unter § 36 (1) bis (6) geregelt, in welchen Fällen eine "Zusammensetzung" vorliegen soll, so daß Zusammenschreibung gilt. Nichts ist einschlägig. Man beachte (3), wonach die Zusammenschreibung des Partizips sich danach richten soll, ob "das dem Partizip zugrunde liegende Verb" mit dem ersten Bestandteil zusammengeschrieben wird. Im Sinne der Reform liegt dem "während" in "immer+während" das Verb "währen" zugrunde. Man schreibt "immer währen" nicht zusammen, also trifft § 36 (3) nicht zu.
Sodann folgt E1, wonach getrennt zu schreiben ist, wenn zuvor nichts einschlägig war. Also getrennt. Es heißt dann ja auch recht klar: "Dies betrifft (1) Fälle, bei denen das dem Partizip zugrunde liegende Verb getrennt geschrieben wird ..." Das wäre also eindeutig.
Dann geht es im Detail weiter: "... und zwar ... (1.2) entsprechend § 34 E3 (2) bis (6) ..." mit dem Beispiel "hell strahlend (hell strahlen)". Das wäre formalgrammatisch eine Analogie zu "immer während (immer währen)", jedenfalls innerhalb dieser abstrakten Zerlegungs- und Einordnungsgrammatik der Reformer.
Bei § 34 E3 (2) mit der Rubrizierung "(zusammengesetztes) Adverb + Verb" finden sich als Beispiele: "auch: allein stehen, (sich) quer stellen". Das sind wohl Parallelen zu "immer währen", jedenfalls im Sinne der Reformer, so daß der Rückverweis auf diese Passage auch für das Partizip "immer+während" Getrenntschreibung ergibt.
Man könnte höchstens Zweifel daran anbringen, ob bei "immer+während" überhaupt das Verb "währen" dem Partizip "zugrunde liegt", wie es so schön heißt, bzw. ob diese Grammatik sachgerecht und systemkonform mit dem übrigen Regelwerk ist. Man könnte argumentieren: Wieso, man sagt doch gar nicht "Die Not währt immer" oder gar "Der Kalender währt immer". Dieser Zweifel hätte einige Berechtigung, denn bei den Steigerbarkeit/Erweiterbarkeit-Proben vom Typ "hoch+gestellt << höher+gestellt?" wird ja auch für jeden Einzelfall geprüft, ob man das überhaupt sagt oder nicht. Aber diese Einzelfallprüfung des Sprachgebrauchs ist in diesen Fällen offensichtlich nicht gewollt, denn das Wörterverzeichnis weist ja ausdrücklich "allein stehend" mit Paragraphenangabe aus (wenn ich es richtig im Kopf habe - stimmt das?), obwohl man ja gar nicht sagt: "Fräulein Meier steht allein".
Ich frage mich gerade, wie es sich wohl mit "immergrün" verhält, das nach Duden bei "immergrüne Blätter" nach wie vor zusammenzuschreiben sei. Ob das wohl mit dem Regelwerk konform geht? Ich habe einen leisen Zweifel - aber nehmen Sie mir es bitte nicht übel, ich habe für die Exegese des Reformwerks nun keine Geduld mehr. Vielleicht wollen Sie es prüfen?
eingetragen von J.-M. Wagner am 15.05.2003 um 12.46
Mit welcher Begründung anhand des Regelwerkes muß immerwährend getrennt geschrieben werden? Ist es § 36 E1 (1.2), was auf § 34 E3 (2) führt, oder ist es § 39? Ich habe Schwierigkeiten, das nachzuvollziehen.
Außerdem bin ich Meinung, daß nach den Regeln (bei streng formaler Anwendung) hartherzig getrennt geschrieben werden muß. So werden die Regeln aber offenbar nicht ausgelegt warum dann nicht auch bei immerwährend? Mir scheint das nicht zusammenzupassen.
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Jan-Martin Wagner
eingetragen von Sigmar Salzburg am 11.05.2003 um 20.58
Wir sollten immer während der Versuchung durch Laster widerstehen!
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Sigmar Salzburg
eingetragen von Henning Upmeyer am 11.05.2003 um 16.16
Das Schreiben kann man erleichtern, wenn man alle gleich klingenden Wörter (Homophone) ohne Rücksicht auf Betonungen zu einem zusammenfaßt und die bedeutungsunterscheidenden Formen abschafft. Die Probleme hat dann der Leser. Schlimm wird es aber, wenn das quer über unterschiedliche Wortarten geht wie hier über Adjektiv (immerwährend), Konjunktion und Präposition (immer während). Im Englischen kann man die Wortart immerhin an der Stellung im Satz erkennen und Partizip-Adjektive an der -ing-Form. Für die deutsche freie Wortstellung ist es tödlich. Dies ist ein besonders schlimmes Beispiel. Ob Frau Menges es verteidigen kann?
– geändert durch Henning Upmeyer am 13.05.2003, 10.09 –
eingetragen von Wolfgang Wrase am 11.05.2003 um 12.19
Aktueller "Spiegel" (Nr. 20/12.5.2003), erster Leserbrief (auf Seite 10) zum Thema SARS:
--> Ich fürchte, mittelfristig wird die Alternative lauten, entweder ein Leben als Veganer führen und auch auf den Kanarienvogel verzichten oder immer während vor einer erneuten Pandemie zittern.
Genial trickreich, diese Reform! Das mußte ich dreimal lesen, bevor mir ein Licht aufging. (Hinweis für Neulinge: Die Rechtschreibreform hat das Wort immerwährend in zwei getrennt zu schreibende Teile zerlegt.) Die reinste Leservera... - ich bin jedenfalls reingefallen.
eingetragen von Henning Upmeyer am 10.05.2003 um 19.13
Telepolis vom 11.5.03: "Der aus dem Iran zurück gekehrte Ajatollah ..."
Zurück kehren wäre eine neue Abschiebemethode für die Polizei.
eingetragen von Sigmar Salzburg am 10.05.2003 um 15.03
Scharon kündigt baldiges Treffen mit Abbas an.
... US-Außenminister Powell begrüßte die von Israel angekündigten Schritte zur Erleichterung der Lebensbedingungen der Palästinenser als „viel versprechend und sehr nützlich".
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Sigmar Salzburg
eingetragen von Jörg Metes am 04.05.2003 um 16.22
Ich zitiere gerade noch einmal, was mir vor anderthalb Jahren (am 21.11.01) die Bertelsmann-Sprachberatung auf eine diesbezügliche Frage geantwortet hat:
» ...vielen Dank für Ihre Anfrage bei der Bertelsmann Sprachberatung.
> "tief greifend" schreibt man getrennt.
> Aber wie schreibt man die Steigerung? "tiefgreifender"
> oder "tief greifender"?
> Und wie den Superlativ?
> "tief greifendst" oder "tiefgreifendst"?
> (...)
Hier sind zwei Steigerungsformen möglich.
Getrennt geschrieben wird, wenn der erste Bestandteil "tief" gesteigert wird.
tief greifend
tiefer greifend
am tiefsten greifend
Zusammengeschrieben wird, wenn der Begriff als Ganzes gesteigert wird.
(Die Grundform wird aber immer noch getrennt geschrieben.)
tief greifend
tiefgreifender (als ...)
tiefstgreifend
Mit freundlichen Grüßen
Mareike Riegel
Bertelsmann Sprachberatung «
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Jörg Metes
eingetragen von Christian Dörner am 04.05.2003 um 15.54
Der Duden bestand und besteht noch immer auf die Steigerung naheliegend, näherliegend, nächstliegend, genau wie bei tiefgreifend, tiefer greifend, am tiefsten greifend, obwohl naheliegender usw. bzw. tiefgreifender usw. ebenso üblich sind.
Meines Erachtens ein klares Versäumnis.
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Christian Dörner
eingetragen von Martin Dauth am 04.05.2003 um 15.22
Müßte das dann nicht sogar "nahe liegender Weise" heißen? Wenn shon modern, dann aber richtig!
eingetragen von Jörg Metes am 04.05.2003 um 14.58
Das Wortschatz-Lexikon der Universität Leipzig (Leitung des Projekts: Dr. habil. Uwe Quasthoff) weist einen, wenn man das Wort naheliegenderweise nachschlägt, allen Ernstes darauf hin, daß dies die »alte Rechtschreibung von: nahe liegenderweise« sei.
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Jörg Metes
eingetragen von Wolfgang Wrase am 02.04.2003 um 13.18
Und gleich weiter:
"Wie die BBC und die britische Agentur PA übereinstimmend berichteten, wurden sechs Ziel gesteuerte 454-Kilogramm-Bomben des Typs CBU-105 eingesetzt. Jede habe zehn panzerbrechende Kleinbomben getragen, die an Fallschirmen auf irakische Panzerkolonnen niedergegangen seien."
http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,243195,00.html
Sechs Ziel gesteuerte und zehn panzerbrechende Bomben oder sechs zielgesteuerte und zehn Panzer brechende Bomben - alles Zufall, alles schnuppe.
eingetragen von Martin Dauth am 02.04.2003 um 08.18
Eine Ecke weiter findet man bei Spiegel-Online:
Schlägereien und Randale gehören auf Hip Hop oder Death Metal Veranstaltungen zum guten Ton. Muskel bepackt, gut trainiert und nicht zimperlich im Umgang mit all zu rabiaten Fans müssen Veranstaltungsschützer dafür sorgen, dass sich Reibereien im Rahmen halten.
http://www.spiegel.de/sptv/extra/0,1518,242755,00.html
Man versteht diesen Hackepeter ja irgendwie, aber holprig liest sich so etwas allemal.
eingetragen von Wolfgang Wrase am 02.04.2003 um 07.43
Beispiel aus Spiegel Online von heute:
"Die US-geführten Streitkräfte haben in der Nacht zum Donnerstag nach eigenen Angaben knapp 40 Satelliten gesteuerte Bomben auf Bagdad abgefeuert."
http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,243132,00.html
Jeder liest zuerst: "knapp 40 Satelliten". Die Auflösung, was wirklich gemeint ist, kommt in diesem Fall zwar schon ein Wort später, aber man tappt mit großer Sicherheit zuerst in das Mißverständnis. Solche Fehler sind heute in den großen Publikumsmedien (wie Spiegel Online) viel, viel häufiger als vor der Reform. Ich schätze, daß die Fehlerquote bei diesem Typ um ein bis zwei Größenordnungen zugenommen hat; ich würde mich nicht wundern, wenn sie sich verhundertfacht hätte (= zwei Größenordnungen). Früher hatten solche Fehler höchsten Seltenheitswert, seit der Reform begegnet man ihnen an jeder Ecke. Ganz richtig: eine durchaus systematische Verunsicherung.
eingetragen von Theodor Ickler am 01.04.2003 um 17.31
Es geht nicht um "einen Rechtschreibfehler". Darüber regt sich hier niemand auf. Es geht um typische Belege für eine umfassende und durchaus systematische Verunsicherung.
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Th. Ickler
eingetragen von Peter Schubert am 01.04.2003 um 16.38
Eine echte Sensation. Jemand hat einen Rechtschreibefehler gemacht.
eingetragen von Christoph Kukulies am 01.04.2003 um 16.31
Zitat:
Ursprünglich eingetragen von meckes
Es wird von den Reformbefürwortern gern argumentiert, die Getrenntschreibung sei keineswegs lesehinderlich. Hier ein passendes Gegenbeispiel:
In einem TELEPOLIS-Artikel über den ehemaligen CNN-Journalisten Peter Arnett schrieb der Autor Florian Rötzer:
"Dann aber gab er dem irakischen Fernsehen ein Interview und sagte, dass Nationalismus und Widerstand als Reaktion auf die Bombardierung durch die Alliierten zu nehmen."
Daraus ergab sich im dazugehörigen Artikel-Forum folgender Strang, eingeleitet durch den Beitrag:
...
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Plenk
edeka (1. April 2003 16:10)
Da ist doch nur ein Plenk zu viel. 'zunehmen' statt 'zu nehmen' und
es passt.
mfG und so ...
Nargun
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Marc Eckes
Köstlich, diese Eindeutschung von 'blank'.
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Christoph Kukulies
eingetragen von meckes am 31.03.2003 um 17.08
Es wird von den Reformbefürwortern gern argumentiert, die Getrenntschreibung sei keineswegs lesehinderlich. Hier ein passendes Gegenbeispiel:
In einem TELEPOLIS-Artikel über den ehemaligen CNN-Journalisten Peter Arnett schrieb der Autor Florian Rötzer:
"Dann aber gab er dem irakischen Fernsehen ein Interview und sagte, dass Nationalismus und Widerstand als Reaktion auf die Bombardierung durch die Alliierten zu nehmen."
Daraus ergab sich im dazugehörigen Artikel-Forum folgender Strang, eingeleitet durch den Beitrag:
Versteh ich nicht
Michael Core (31. März 2003 21:42)
"Dann aber gab er dem irakischen Fernsehen ein Interview und sagte,
dass Nationalismus und Widerstand als Reaktion auf die Bombardierung
durch die Alliierten zu nehmen."
Was bitte hat er gesagt?
Michael
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dito
Valiant (1. April 2003 0:28)
den satz musste ich auch 3 mal lesen um zum schluss zu kommen, dass
der autor wohl einen gedankensprung gemacht haben muss
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oh jeh..
lilywhite (1. April 2003 9:44)
...deutsche Muttersprachler könnt ihr eigentlich kaum sein, sonst
hättet ihr den Satz verstanden! Ist doch ganz einfach:
Arnett gab dem irakischen Fernsehen ein Interview, in dem er sagte,
dass Nationalismus und Widerstand (im Irak) als Reaktion auf die
Bombardierung (durch die Alliierten) zunehmen würden. Sozusagen als
Gegenargument zu den windigen Behauptungen der Bush-Riege, die Iraker
würden die Alliierten als ihre Befreier freudig willkommen heißen!!
Jetzt klar? Nix mit Gedankensprung!
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zunehmen
Kassandra (1. April 2003 12:29)
vielleicht sollte man mit Betonungszeichen arbeiten?
(ich habs auch erst 3 mal lesen müssen, ehe ich verstand, dass kein
"Infinitiv mit zu" gemeint ist, sondern zunehmen im Sinne von "sich
verstärken" gemeint ist.)
Kassandra
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Plenk
edeka (1. April 2003 16:10)
Da ist doch nur ein Plenk zu viel. 'zunehmen' statt 'zu nehmen' und
es passt.
mfG und so ...
Nargun
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Marc Eckes
eingetragen von Sigmar Salzburg am 30.03.2003 um 19.18
Der Chefredakteur der Kieler Nachrichten, Jürgen Heinemann, heute in einem Kommentar unter dem Titel:
All zu populistisch
Angela Merkel sieht die Gefahren des Irak-Kriegs für Deutschlands Rolle (in der Welt) möglicher Weise realistischer als der Kanzler ...
– geändert durch Sigmar Salzburg am 01.04.2003, 00.24 –
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Sigmar Salzburg
eingetragen von J.-M. Wagner am 26.03.2003 um 11.18
Zitat:Befördert wird dies zudem durch die Steigerungsform höchst, die ja letztlich nur ein verstärktes sehr ausdrücken soll (wenn ich mich nicht irre). Belege für höchst ansteckend gibt es in hinreichender Zahl, und also ist hoch ansteckend nicht weit.
Ursprünglich eingetragen von Wolfgang Wrase
Wenn ich es richtig sehe, wäre laut Regelwerk die Frage, ob "hoch" hier steigerbar oder erweiterbar ist: Kann man "höher ansteckend" oder vielleicht "sehr hoch ansteckend" sagen? Wohl kaum. (Google liefert keinen einzigen Beleg, aber Tausende Belege mit hochansteckend/hoch ansteckend.) Demnach wäre laut Neuregelung zusammenzuschreiben. Dennoch sieht man die getrennte Schreibweise überall grassieren - teils weil andere Fügungen mit hoch... tatsächlich auseinandergeschrieben werden sollen, vor allem aber aufgrund der allgemeinen Getrenntschreibungssucht im Gefolge der Reform, der sogar die selbstverständlichsten Zusammenschreibungen zum Opfer fallen, selbst in den professionellen Medien.
[...]
Ich habe den Eindruck: Weil die Leute tausendfach dieses (teils regelkonform, teils wie hier regelwidrig) getrennt geschriebene "hoch" sehen, fassen sie es immer mehr als grundsätzlich selbständiges Adverb auf, auch in solchen Fügungen, als gleichwertiges Pendant zu "sehr". Wenn man diese Grammatik zugrunde legt, ist natürlich die Getrenntschreibung ebenso automatisch die Folge wie bei "sehr". Ein Beispiel dafür, wie die neuen Regeln in der Praxis die Grammatik manipulieren, zumindest dort, wo sie lebendig stattfindet: im Sprachgefühl der Sprechenden und der Schreibenden.
(Zum Thema *Macht gestützt noch etwas, das eigentlich nicht hierhergehört:
http://www.philly.com/mld/dailynews/2003/01/27/news/local/5025024.htm?template=contentModules/printstory.jsp
http://www.newamericancentury.org/iraqclintonletter.htm)
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Jan-Martin Wagner
eingetragen von Theodor Ickler am 21.03.2003 um 15.45
Im neuesten Duden-Newsletter erfährt man, daß zartbesaitet/zart besaitet auf zweierlei Art gesteigert werden kann: am zartbesaitetsten oder am zartesten besaitet. Wer hat dies (besonders letzteres) schon mal irgendwo gelesen?
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Th. Ickler
eingetragen von Jörg Metes am 20.03.2003 um 21.01
Zitat:- Die Frage, liebe Frau Salber-Buchmüller, ob man als reformiert Schreibender nun wohl dosiert oder wohldosiert schreiben muß, ist wirklich interessant. Sie ist es deshalb, weil sie anhand des Amtlichen Regelwerks sich nicht klären läßt (im Wörterverzeichnis findet sich weder die eine noch die andere Schreibweise) und auch der amtlich zugelassene Bertelsmann Wahrig 2002 weder das zusammengeschriebene Wort noch die auseinandergeschriebene Fügung kennt. Und das bei immerhin mehr als 120.000 Stichwörtern!
Ursprünglich eingetragen von Theodor Ickler (Rezension des 'Bertelsmann Wahrig 2002' im Strang Bertelsmann)
Leider fehlt das Stichwort wohlriechend, so daß man nicht erkennen kann, ob Bertelsmann ebenso wie Duden dieses Wort anders behandelt als das genauso gebildete wohlschmeckend, dem hier immerhin ein nur getrennt geschriebenes übel riechend gegenübersteht. Zwar wird unter einigen Stichwörtern (wie Benzoe, Diptam) von der Zusammenschreibung wohlriechend Gebrauch gemacht; man weiß nur nicht, ob es die einzige zulässige Schreibweise sein soll.(...)
Die wenig einleuchtenden Einzelentscheidungen stellen für Schüler und Erwachsene ein großes Lernproblem dar. Wer kann sich schon merken, daß man schief gewickelt, schief gegangen, aber schiefgelacht schreiben muß? Es soll heißen voll gegessen, aber vollgefressen, voll besetzt, aber vollklimatisiert usw. Dasselbe Durcheinander findet man bei wohl: wohlerzogen, wohl bedacht, wohlgeformt oder wohl geformt; wohlgeraten, wohl geordnet, wohlgeübt oder wohl geübt.
Zu meiner noch größeren Verunsicherung erklärt der Bertelsmann Wahrig 2002 in einem Satz wie Das hat ihr wohl getan das Wort wohl zum Adjektiv, während es hier vor der Reform noch ein Adverb war (laut Hermann Paul, Deutsches Wörterbuch, oder auch laut Der große Duden / Stilwörterbuch).
– geändert durch Jörg Metes am 22.03.2003, 09.20 –
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Jörg Metes
eingetragen von Ruth Salber-Buchmüller am 20.03.2003 um 19.09
Im Spiegel vom 17.03.03
hat Walter Jens G. Schröder
eine "Wohl dosierte Pathetik"
zuerkannt (und das in
fetter Überschrift).
Selbst bei einer Rücknahme der
Zerstückelungen wäre diesem
Flächenbrand nicht mehr beizukommen.
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Ruth Salber-Buchmueller
eingetragen von Christoph Kukulies am 19.03.2003 um 16.14
Aus http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,241279,00.html von heute, 20.3.2002:
"Unter anderem seien ein Zollgebäude und einige leer stehende Gebäude des Fernsehens getroffen worden."
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Christoph Kukulies
eingetragen von Wolfgang Wrase am 19.03.2003 um 09.23
Wenn ich es richtig sehe, wäre laut Regelwerk die Frage, ob "hoch" hier steigerbar oder erweiterbar ist: Kann man "höher ansteckend" oder vielleicht "sehr hoch ansteckend" sagen? Wohl kaum. (Google liefert keinen einzigen Beleg, aber Tausende Belege mit hochansteckend/hoch ansteckend.) Demnach wäre laut Neuregelung zusammenzuschreiben. Dennoch sieht man die getrennte Schreibweise überall grassieren - teils weil andere Fügungen mit hoch... tatsächlich auseinandergeschrieben werden sollen, vor allem aber aufgrund der allgemeinen Getrenntschreibungssucht im Gefolge der Reform, der sogar die selbstverständlichsten Zusammenschreibungen zum Opfer fallen, selbst in den professionellen Medien.
Gerade in Spiegel Online gelesen: "Das Wunschdenken nach Neuordnung im Nahen Osten steht in der Tradition des Macht gestützten amerikanischen Idealismus ..."
http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,241028,00.html
Ich habe den Eindruck: Weil die Leute tausendfach dieses (teils regelkonform, teils wie hier regelwidrig) getrennt geschriebene "hoch" sehen, fassen sie es immer mehr als grundsätzlich selbständiges Adverb auf, auch in solchen Fügungen, als gleichwertiges Pendant zu "sehr". Wenn man diese Grammatik zugrunde legt, ist natürlich die Getrenntschreibung ebenso automatisch die Folge wie bei "sehr". Ein Beispiel dafür, wie die neuen Regeln in der Praxis die Grammatik manipulieren, zumindest dort, wo sie lebendig stattfindet: im Sprachgefühl der Sprechenden und der Schreibenden.
eingetragen von Christoph Kukulies am 19.03.2003 um 07.46
Diese asiatische Lungenentzündung ist ja hochansteckend, wie es heißt. So geschrieben finde ich das Wort auch in der reformierten Presse fast ausschließlich. Müßte es laut Regelwerk der "RSR" nicht getrennt geschrieben werden?
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Christoph Kukulies
eingetragen von Sigmar Salzburg am 18.03.2003 um 20.35
Das Wort Toleranz wird bei der NPD jetzt wieder groß geschrieben.
[Kultur-Duden: „Toleranz wird bei ihm großgeschrieben"]
Man unterscheide die Menschen nicht durch den Haarschnitt, betonte Bundesvorstandsmitglied Uwe Leichsenring ... Gemeinsame Aufmärsche mit Skinheads und gewaltbereiten Mitgliedern so genannter freier Kameradschaften dürften ab sofort wieder zur Tagesordnung gehören... Leichsenring ist Fahrlehrer... Fast jeder Jugendliche in der näheren Umgebung Königsteins hat bei ihm das Auto fahren gelernt. (Kieler Nachrichten v. 19.3.2003)
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Sigmar Salzburg
eingetragen von Sigmar Salzburg am 16.03.2003 um 21.19
Nochmals: nach den wohl bekannten Prinzipien
Der originale Text im Osservatore Romano v. 16.3.03
Ma vorrei pure ricordare ai Paesi membri delle Nazioni Unite, ed in particolare a quelli che compongono il Consiglio di Sicurezza, che l'uso della forza rappresenta l'ultimo ricorso, dopo aver esaurito ogni altra soluzione pacifica, secondo i ben noti principi della stessa Carta dell'ONU.
http://www.vatican.va/news_services/or/or_quo/text.html#4
Die FAZ v. 17.3.03 (hjf) schreibt in richtigem Deutsch: „daß der Gebrauch der Gewalt das allerletzte Mittel ist, nachdem jede friedliche Lösung gescheitert ist, gemäß den wohlbekannten Prinzipien der UN-Charta."
ZDFtext und ORF.at schreiben: dass ein Gewalteinsatz "nur nach den wohl bekannten Prinzipien der UNO-Charta" möglich sei.
dpa unterschlägt einfach das verfängliche wohl:
Rom (dpa) - Dramatischer Friedensappell von Papst Johannes Paul II.: Er hat die USA vor den "fürchterlichen Folgen" eines Irak- Krieges gewarnt. Ohne Washington beim Namen zu nennen, sagte er beim Angelus-Gebet in Rom: "Es bleibt noch Zeit für Verhandlungen, es gibt noch Spielraum für den Frieden, es ist nie zu spät, um einander zu verstehen und um weiter zu verhandeln". Zudem erinnerte er die Mitglieder des UN-Sicherheitsrates daran, dass ein Gewalteinsatz nur nach den bekannten Prinzipien der UN-Charta möglich sei. (dpa/online vom 16.03.2003 12:50)
__________________
Sigmar Salzburg
eingetragen von Sigmar Salzburg am 16.03.2003 um 09.03
Bisher noch nicht gefunden:
Niemand wird den Krieg führenden Nationen verbieten, was das Völkerrecht erlaubt.
Gefunden im ZDFtext am 16.3.03 gegen 21 Uhr – Der Papst verkündet, dass ein Gewalteinsatz „nur nach den wohl bekannten Prinzipien der UN-Charta" möglich sei.
Die FAZ v. 17.3.03 zitiert: „daß der Gebrauch der Gewalt das allerletzte Mittel ist, nachdem jede friedliche Lösung gescheitert ist, gemäß den wohlbekannten Prinzipien der UN-Charta."
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Sigmar Salzburg
eingetragen von Theo Grunden am 15.03.2003 um 11.17
In einer „normalen“ Tageszeitung (NRZ) an einem „normalen“ Tag (15.03.2003):
Eine Kürzung des Arbeitslosengeldes ... wird von 62 % gut geheißen.
... das ihm davon zu laufen droht.
... da das Nationale Olympische Komitee den ... hoch problematischen Zwischenbericht abgibt.
Aber das ist nur der halb seidene rote Faden.
... wenn er an „Wanderpräsident“ Carl Carstens zurück denkt.
Dieses Geld wurde zunächst einmal zurück gezahlt.
... und eine rostige Fähre tuckert zum zurück liegenden Ufer.
Auch wenn zur Zeit (!) die Lizenzen ... brach liegen.
Kunst interessierte Touristen können ... viele Motive aus seiner „Holländischen Periode“ wieder entdecken.
eingetragen von Sigmar Salzburg am 14.03.2003 um 19.55
Frankfurt (dpa) Die deutsche Bundesbank schlägt angesichts der anhaltenden Wachstumskrise und des verbreiteten Pessimismus Alarm. Bundesregierung und die Fraktionen im Bundestag werden deshalb aufgefordert, mit raschen und Grund legenden Reformen aus einem Guss der tiefen Vertrauenskrise in Deutschland zu begegnen.
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Sigmar Salzburg
eingetragen von Martin Reimers am 14.03.2003 um 14.41
Lieber Manuel,
im Fall "suizidgefährdet" hat das Duden-Universalwörterbuch die berühmte "Einsparregel" beherzigt. Die Zusammenschreibung ist regelkonform, weil das Wort "durch" eingespart ist.
Es hilft aber niemandem, der sich der Reformschreibung anschließt (was ich von Ihnen natürlich nicht behaupte), wenn er das Regelwerk zumindest in den Grundzügen versteht. Ob es angewendet wird - und wenn ja, ob richtig -, entscheiden immer noch ZK und die Wörterbuchredaktionen. So ist zum Beispiel die im Universalwörterbuch ohne Alternative vorgesehene Schreibung "Zivildienstleistender" ein klarer Regelbruch (er "leistet Zivildienst"). Der Rechtschreib-Duden dagegen kennt das einzig regelkonforme Wortmonstrum "Zivildienst Leistender" nur als Alternative.
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Martin Reimers
eingetragen von Manuel am 14.03.2003 um 12.00
"Er galt als Suizid gefährdet"
Mutet sich mir etwas seltsam an. Im Duden findet man keinen Eintrag, wohl aber "suizidgefährdet" im Universalwörterbuch des Dudenverlages. Bei "Google" ergibt sich ein klares Votum für die Zusammenschreibung, allerdings findet man dort auch Varianten mit Bindestrich: "Suizid-gefährdet" und "suizid-gefährdet". Ja, wie denn nun?
eingetragen von Ruth Salber-Buchmüller am 10.03.2003 um 11.53
Spiegel/Politik Aktuell 11.03.03
Ich habe keine neuen Wörterbücher;
deshalb kann ich nicht kontrollieren,
ob diese und ähnliche Auseinanderreißungen
wirklich "Faktum" sind:
"Lasst Saddam nicht davon kommen"
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Ruth Salber-Buchmueller
eingetragen von Henning Upmeyer am 07.03.2003 um 17.09
Weil ich in Göttingen aufs Gymnasium gegangen bin, fiel mir sofort auf, daß die Schreibweise des Vergleichs
"ohne Gleichen"
eine Herabsetzung für den Ort
"37130 Gleichen, Kreis Göttingen,"
bedeutet. (Der Ort heißt nach den zwei gleichen Bergen mit Burgruinen, die "Die Gleichen" heißen.)
"ohne Gleichen" könnte ein Schimpfwort auf den Ort "Gleichen" werden. Der Gemeinderat sollte sich schärfstens dagegen verwehren.
eingetragen von Ruth Salber-Buchmüller am 07.03.2003 um 15.35
Im Spiegel online, PANORAMA.
steht die Überschrift:
"Eine Sauerei ohne Gleichen"
(über Oliver Kahn).
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Ruth Salber-Buchmueller
eingetragen von J.-M. Wagner am 06.03.2003 um 17.03
Zitat:Hm, was ist denn daran so experimentell? Natürlich ist es nicht eindeutig; je nachdem, worauf man das "weniger" bezogen versteht, hat es verschiedene Bedeutungen. Mir kommt das aber wie der Streit um des Kaisers Bart bei den trennbaren Verbzusätzen vor, die sowohl resultative wie modale Bedeutung haben können. Im ersten Satz des zugehörigen Artikels heißt es dann ja unmißverständlich: »Raucherinnen mit niedrigem Bildungsstand stellen bei einer Schwangerschaft nur selten ihr Laster ein.«
Ursprünglich eingetragen von Sigmar Salzburg
(Bild der Wissenschaft)
30.10.2002 - Weniger gebildete Schwangere können das Rauchen nicht lassen
Ohne die "Schwangeren" in diesem Satz sähe es zudem anders aus; folgende Substantivierung ist doch wohl ohne weiteres denkbar (und klar): »Die Benachteiligung von weniger Begabten bzw. Fähigen besteht natürlich aber in welchem Sinne?« (H.-Ch. Weißker)
Was meinen Sie, wie sollte/könnte man die Schlagzeile formulieren, um der Zweideutigkeit zu entgehen? Halten Sie die Formulierung von Herrn Weißker ebenfalls für experimentell?
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Jan-Martin Wagner
eingetragen von Sigmar Salzburg am 06.03.2003 um 10.14
Viele Getreidebauern können ihre hohen Lagerbestände nicht Kosten deckend verkaufen, weil billiger Weizen aus der Schwarzmeerregion auf den Markt drängt.
Dieser Satz trägt eins der Markenzeichen der „neuen" Rechtschreibung, ist aber dennoch falsch: Es soll immer noch „kostendeckend" heißen. Selbst so versierten Schreibern wie Ulrich Metschies gelingt es also nicht, in den Genuß der versprochenen 50prozentigen Fehlerverminderung durch die „Reform" zu kommen. Hätte aber der Autor formuliert:
„Viele Getreidebauern können nicht mehr kostensparend produzieren",
dann wäre es ebenso falsch gewesen. Hier soll jetzt geschrieben werden:
„Viele Getreidebauern können nicht mehr Kosten sparend produzieren",
was immer dieser Satz nun bedeuten mag.
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Sigmar Salzburg
eingetragen von Heinz Erich Stiene am 05.03.2003 um 10.54
An diesem Ort hat einmal jemand geäußert, wenn der Reform irgend etwas Förderliches abzugewinnen sei, dann wohl nur, für Fragen der Rechtschreibung sensibilisiert zu haben. Dieser Beobachtung könnte man uneingeschränkt beipflichten, zöge die gewachsene Aufmerksamkeit nicht zugleich eine höchst unwillkommene Nebenwirkung nach sich. Ich möchte sie das lauernde Lesen nennen. Bis vor wenigen Jahren konnte die Lektüre nahezu ausschließlich dem schriftlich dargebotenen Inhalt gelten. Heute legen sich ihr, jedenfalls sofern sie sich mit Reformschreibung auseinandersetzen muß, zahllose Stolpersteine störend in den Weg, die den sprachaufmerksamen Leser zum Innehalten oder Drüberhüpfen nötigen.
Von diesen lästigen Übungen bleibt selbst die Lektüre reformfreier bzw. vorreformatischer Texte im nachhinein nicht immer unberührt. Namentlich auf dem Gebiet der Getrennt- und Zusammenschreibung begegnen in ihnen zuweilen Varianten, über die man nun nicht mehr wie ehedem achtlos hinwegliest.
Die unangenehme Erfahrung machte ich in diesen Tagen wieder einmal, als ich, in gänzlich unphilologischer Absicht, zwei Ossobuco-Rezepte von Wolfram Siebeck miteinander verglich. Siebeck streitet bekanntlich nicht nur dafür, Hühner zu kochen und wegzuwerfen, vielmehr drängt es ihn auch, aus einem halben Dutzend Rezepten ein redseliges Buch nach dem anderen zu produzieren.
Beide Ossobuco-Rezepte lagen mir in vorreformatorischer Orthographie vor; das eine war 1984 gedruckt, das andere im Frühjahr 1998. Daß die Rezeptur bis auf kleine Abweichungen nahezu identisch war, dürfte hier schwerlich interessieren, nicht einmal, daß die frühere Fassung durchgehend getrennt geschriebenes Osso Buco bot, die jüngere dagegen die im Italienischen wohl übliche Zusammenschreibung Ossobuco. Dem Wortlaut nach identisch war in beiden Rezepten nur ein Satz, dieser freilich mit einer auffälligen Abweichung bei der deutschen Getrennt- und Zusammenschreibung. 1984: "Um die Rustikalität nicht zu weit zu treiben, entferne ich vom Fleisch die Häute, die es zusammen halten, und fiesele es von den Knochen." 1998: " ... die es zusammenhalten". Wer hätte sich bei der Getrenntschreibung "zusammen halten" seinerzeit groß den Kopf zerbrochen, selbst wenn er es anders gehandhabt hätte? Vermutlich niemand. In nachreformatorischen Zeiten dagegen will selbst eine solche Kleinigkeit ins Auge springen, mag der entdeckte Fall auch gar nichts mit der Reformschreibung zu tun haben.
Auch ich möchte deshalb an dieser Stelle noch einmal betonen, für wie wertvoll, ja genial ich die Ickler-Bögelchen halte. Zum einen spiegeln sie den beobachteten Usus bei der Getrennt- und Zusammenschreibung wider, der durch den Zusatz "seltener" bzw. "häufiger" noch weiter differenziert werden kann, und zum anderen bieten sie die Möglichkeit, kleine Steine des Anstoßes für die künftige Lektüre wieder aus dem Wege zu räumen, mithin den lauernden Leser zu entlasten. Das ist doch wahrlich kein geringes Verdienst!
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Heinz Erich Stiene
eingetragen von Sigmar Salzburg am 04.03.2003 um 20.14
http://www.wissenschaft.de - News
(Bild der Wissenschaft)
09.11.2002 - Batterie betriebener Penisring aus Norwegen könnte Viagra ersetzen
30.10.2002 - Weniger gebildete Schwangere können das Rauchen nicht lassen
19.09.2002 - Dinosaurier mit Hasenzähnen entdeckt
Trotz Verwandtschaft mit Tyrannosaurus eher drollig als Furcht erregend
aber auch:
16.09.2002 - Neue vielversprechende Gentherapie entwickelt
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Sigmar Salzburg
eingetragen von Theo Grunden am 04.03.2003 um 07.08
Aus einer Einladung zum Elternabend in der Grundschule meines Sohnes:
Um die entspechende Räumlichkeit bereit zu stellen, bitte ich um Anmeldung.
Vielleicht nach kultusministerlichem Vorbild?
Wirtschafts- und Kultusseite appellieren an Betriebe und Verwaltungen,
(...) ein ausreichendes Angebot für alle ausbildungswilligen und –fähigen Jugendlichen bereit zu stellen.
http://www.kmk.org/aktuell/pm021128.htm
Und nebenbei noch eine Neuerung in der GSG (Grundschulgrammatik):
Diese Weisheit hatte und hat immer noch seine Berechtigung.
(Bei der Weisheit schlägt halt immer wieder das Männliche durch.)
eingetragen von Theo Grunden am 02.03.2003 um 20.17
(Für Fische eher untypisch)
Besten Dank für Ihre Hilfe den Fischbestand in unseren schönen Gewässern aufrecht zu erhalten.
Vorschlag: artgerecht statt aufrecht!
Weitere orthographische Kostbarkeiten für „Fishermen’s friends“ auf
http://www.fischerweb.ch/ftc.htm
eingetragen von Theo Grunden am 02.03.2003 um 18.19
Über die ersten Töne des Orgelwerks „As slow as possible“ (John Cage), das während der nächsten 639 (i.W.: sechshundertneununddreißig) Jahre in Halberstadt erklingen soll:
Weil sich kein Organist gefunden hat, der einen so langen Atem hat, wurden drei Tasten der Orgel durch Blei gefüllte Säcke beschwert, um den ersten Akkord zu erzeugen.(NRZ/dpa)
eingetragen von Sigmar Salzburg am 02.03.2003 um 05.38
ZDFtext 02.03.03
[Al Qa’ida]
Bei der Festnahme sei wichtiges Material sicher gestellt worden.
[nächste Tafel]
Zentraler Planer bei El Kaida
Khalid Scheich Mohammed hat in den 80er Jahren in den USA studiert. Er steht auf der US-Liste der 22 meist gesuchten Terroristen ...
Chaos auch bei der Transkription arabischer Wörter: kh (engl.) = ch (dt.), sh (engl.) = sch (dt.), Hamza ’ fehlt; das schöne altsemitische Qaf des Lateinalphabets wird nur im Ausland und in der FAZ sinnvoll verwendet, sonst aber bei uns „vereinfachend" durch k ersetzt (schon vorreformatorisch).
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Sigmar Salzburg
eingetragen von Walter Lachenmann am 27.02.2003 um 13.12
Je größer ein Orchester ist und je anspruchsvoller die Musik, die es zu spielen hat, umso gebeugter werden bekanntlich die Körperhaltungen der unter diesen übermenschlichen Herausforderungen Unglaubliches leistenden Musiker. Manche Ensembles bringen solches nur in Fauteuils kauernd (Salonorchester) oder gar liegend zustande (Bodenhaltung). In aufrechter Haltung schaffen es nur die Tüchtigsten und dies nur unter intelligenter und sensibler Anleitung einer großen Dirigentenpersönlichkeit wie Duke Ellington.
Jazzzeitung: Welcher Musiker hat sie bis heute am stärksten beeindruckt?
Burkhardt: Von der Persönlichkeit her war es Duke Ellington. An ihm habe ich immer bewundert, mit welch unglaublicher Intelligenz und Sensibilität er es geschafft hat, ein solch großes Orchester aufrecht zu erhalten und gleichzeitig doch sehr anspruchsvolle Musik zu machen.
(Werner Burkhardt spricht und schreibt in Wirklichkeit sehr gepflegtes, herkömmliches Deutsch.)
– geändert durch Walter Lachenmann am 28.02.2003, 19.51 –
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Walter Lachenmann
eingetragen von Jörg Metes am 24.02.2003 um 13.13
Schwer tut sich auch die Neuschreibung "Not leidend". Google findet zehnmal so viele Belege für notleidende wie für Not leidende Kredite. Und selbst im 'Handelsblatt' ist es weiterhin üblich, die theoretisch eigentlich nicht mehr übliche Schreibweise notleidend zu verwenden. In diesem Artikel von gestern etwa schreibt man im Text zwar pflichtgemäß Not leidende, im fettgedruckten Vorspann aber doch lieber notleidende Kredite. Es liest sich halt einfach besser.
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Jörg Metes
eingetragen von Sigmar Salzburg am 21.02.2003 um 13.45
Kellenhusen (ckk) Die Badesaison an der Ostsee soll mit einem Weltrekord beginnen: Pastillenproduzent „Fisherman’s Friend" will am Ostersonnabend, 19. April, 10000 hart Gesottene zum Anbaden im kalten Wasser bewegen, was einen Eintrag ins „Guinness Buch der Rekorde" bedeuten würde ...
(Kieler Nachrichten v. 20.2.2003, S.6)
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Sigmar Salzburg
eingetragen von Jörg Metes am 20.02.2003 um 13.21
Der Bertelsmann-Wahrig 2002 läßt alles beim alten:
»deutschamerikanisch die Deutschamerikaner betreffend
deutsch-amerikanisch Deutschland und Amerika betreffend«
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Jörg Metes
eingetragen von Michael Krutzke am 20.02.2003 um 12.32
In der aktuellen Wirtschaftswoche (Nr. 9) ist viel vom Verhältnis zwischen Deutschland und den USA die Rede. Es ist anzunehmen, daß Deutschamerikaner (also Amerikaner deutscher Abstammung) sich in besonderer Weise betroffen fühlen und dementsprechend ganz eigene - nämlich deutschamerikanische - Befindlichkeiten entwickeln.
Die in Wirtschaftswoche 8 (13.2.) geäußerten Sorgen um das deutsch-amerikanische Verhältnis galten in der aktuellen Ausgabe fast nur noch deutschamerikanischen Problemen. Wie bitte??? Ein Blick in den Reform-DUDEN (21. Auflage) belehrte mich, daß deutsch-amerikanische Beziehungen abgeschafft wurden, wegreformiert. (Das müßte dann auch für europäisch-amerikanische und viele andere derartige Beziehungen gelten.) Ist das in den aktuellen Reform-Wörterbüchern auch noch so?
Dieser Schwachsinn war mir bisher gar nicht bewußt, er wurde wohl kaum so angewandt.
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Michael Krutzke
eingetragen von Michael Krutzke am 17.02.2003 um 17.08
SPIEGEL online, 18.2.2003
Bildunterschrift: Leicht daneben gelegen: Bundeskanzler Schröder
Da saß er aber noch, das muß hinterher passiert sein.
(Foto: spiegel.de)
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Michael Krutzke
eingetragen von Michael Krutzke am 17.02.2003 um 13.58
Zitat:Hans-Eckehard Bahr: Das Böse ausrotten?
An keiner Stelle hat Europa nach dem zweiten Weltkrieg tief greifender von Amerika gelernt als in der Kunst, Frieden zu schließen.
FR-Hausorthographie? Schön, daß man dort jetzt auch Tätigkeitswörter steigern kann. Das ist doch mal ein echter Fortschritt. Vielleicht sagt man dann ja auch bald: "ich bin laufender als Du", wenn man schneller oder besser läuft. (Pardon - als du natürlich.) Und weil wir gerade dabei sind - sollten wir nicht auch gleich "als du" durch "wie du" ersetzten? Was Lehrer dann an roter Tinte sparen könnten ...
Forumsbeiträge zu " tief greifend"
– geändert durch Michael Krutzke am 18.02.2003, 18.10 –
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Michael Krutzke
eingetragen von Theodor Ickler am 11.02.2003 um 14.47
Und es bleibt nur noch hinzuzufügen, daß der hauptverantwortliche Reformer, Schaeder, nachträglich die Regel erfunden hat, bei Substantivierung werde zusammengeschrieben: Rat suchend, aber die Ratsuchenden (gemäß dem erratischen Eintrag im Wörterverzeichnis, der sich nicht auf eine Regel stützen kann). Gallmann und Sitta, die mehr von Grammatik verstehen, haben das Unheil wohl vorausgesehen und vorsorglich das Richtige festgehalten. Inzwischen ist die absurde neue Regel stillschweigend von der ganze Kommission akzeptiert worden und führt zu einer weitgehenden Rückgängigmachung von § 36 in allen neuen Wörterbüchern. Auf die ausdrückliche Frage, was von § 36 überhaupt noch bleibt, hat Heller nicht geantwortet.
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Th. Ickler
eingetragen von J.-M. Wagner am 10.02.2003 um 17.55
Zitat:Was haben Gallmann und Sitta dazu genau zu sagen? Dies findet sich im Strang "Orthographie, Literatur und Wirklichkeit" im Beitrag "Selbstverleugnung", den ich wegen des Themenbezuges (um die Fußnotenkennung "1" ergänzt) hierherkopiere:
Ursprünglich eingetragen von Theodor Ickler
Bei Google findet man ungefähr 100.000 Belege für alleinerziehend. Darunter befinden sich natürlich auch die Substantivierungen, für die nach übereinstimmender Interpretation der reformierten Wörterbücher auch Zusammenschreibung möglich sein soll, offenbar nach dem Vorbild " allein stehend, die allein Stehenden/Alleinstehenden" aus dem amtlichen Wörterverzeichnis. Jeder Grammatiker wird aber zugeben, und die Reformer Gallmann und Sitta haben es ausdrücklich klargestellt, daß ein grammatisch einwandfreier Übergang von allein stehend zu Alleinstehende nicht möglich ist. Substantiviert wird nur der zweite Teil, andernfalls ist zwingend auch alleinstehend anzusetzen.Der Punkt scheint mir zu sein, daß es bei der "grammatischen Tatsache", die "in der hier verurteilten Weise verbogen" wird, im Kern um die Ableitungsrichtung geht: Ausgehend vom Prinzip der Substantivierung kommt es bei der Wortbildung nur darauf an, wie die Adjektiv- bzw. Partizipgruppe geschrieben wird -- eine Art Rückbildung von einem Substantiv zu einem Adjektiv durch Weglassen der für eine Substantivierung charakteristischen Endung ist nicht möglich, wenn man damit etwas "rückgängig" macht, was vorher garnicht stattgefunden hat.
Im Duden-Taschenbuch "Die Neuregelung der deutschen Rechtschreibung" von Gallmann und Sitta, den einzigen Kommissionsmitgliedern, die nach dem Weggang Peter Eisenbergs noch etwas von Grammatik verstehen, heißt es:
"Bei Adjektiv- und Partizipgruppen wird nur das Adjektiv selbst substantiviert, die Getrennt- und Zusammenschreibung entspricht also derjenigen beim attributiven Gebrauch (Stellung vor einem Substantativ). Es entsteht KEINE substantivische Zusammensetzung:1
etwas schwer Verdauliches (wie: ein schwer verdauliches Essen), jemand riesig Großes (wie: eine riesig große Person), das abhanden Gekommene (wie: die abhanden gekommen[e] Ware)."
In [der] Fußnote liest man:
1 "Dieser Fall wird in der Neuregelung nicht explizit aufgeführt; die Regelung ist jedoch aus der Wörterliste rekonstruierbar. Er entspricht übrigens auch der Tradition vor der Neuregelung."
(Ähnlich in ihrem "Handbuch Rechtschreiben", Zürich 1996, S. 102)
Eine grammatische Trivialitä[t]; trotzdem hat die Kommission unter Schaeders Einfluß das Gegenteil beschlossen und in die Wörterbücher eingeführt. Es ist nicht bekannt, daß Gallmann und Sitta gegen diesen Unfug protestiert hätten, im Gegenteil: beide stehen bei Duden unter Vertrag und haben die Dudengrammatik sowie zahlreiche weitere Bücher (mit)verfaßt, in denen die grammatischen Tatsachen in der hier verurteilten Weise verbogen werden.
(Th. Ickler)
Nur wenn man auf dieses Prinzip achtet und es betont (Gallmann und Sitta: »[Dieser Fall] entspricht übrigens auch der Tradition vor der Neuregelung.«), wird klar, worin das Problem besteht: Es ist Quatsch, willkürlich eine Substantivierung einzuführen, ohne daß es die zugehörige Ausgangsform gibt (wie bei die Alleinstehenden -- solange es alleinstehend nicht gibt, kann es ersteres auch nicht geben). Um es etwas weniger fachsprachlich auszudrücken: Man sieht dem Wort Alleinstehenden ja direkt an, daß es von alleinstehend kommen muß -- das Wort aber soll es nach den reformierten Regeln nicht geben. Diese Inkonsistenz ist der Unfug, gegen den Gallmann und Sitta nicht wirklich protestiert haben -- richtig?
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Jan-Martin Wagner
eingetragen von Theo Grunden am 08.02.2003 um 19.08
Leistungsdruck, Mobbing, Burnout. Die Gesundheitsrisiken der modernen Arbeitswelt sind andere als früher. Ihnen muss entgegen gewirkt werden, fordert eine Expertenkommission der Bertelsmann-Stiftung und der Hans-Böckler-Stiftung.
(Gelesen am 07.02.2003 im FAZ.NET - Newsletter Tagesanalysen)
eingetragen von Jörg Metes am 29.01.2003 um 13.33
Nicht recht durchsetzen kann sich offenbar die Getrenntschreibung zu viel.
Insbesondere in der Verbindung zu viel gezahlte (Beiträge, Gebühren, Steuern etc.) hat sie es schwer; fragt man nach ihr bei Google, dann liefert Google 883 Belege und fragt zurück: »Meinten Sie: zuviel gezahlte?« Für zuviel gezahlte gibt es nämlich 2570 Belege, viele davon in juristischen und amtlichen Texten.
(»zu viel gezahlte Beiträge«, sagt sich das Sprachgefühl, »könnte es ja nur dann geben, wenn es auch viel gezahlte Beiträge gäbe.« Und recht hat es)
– geändert durch Jörg Metes am 31.01.2003, 00.58 –
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Jörg Metes
eingetragen von Michael Krutzke am 23.01.2003 um 15.10
Zitat:
... durch die Autoindustrie und die damit zusammen hängenden Kaltlauf-Abgasemissionen bestimmt wird.
mo Motorradmagazin 2 / 2003
Zwar eindeutig reformregelwidrig, aber trotzdem eine Folge der Reform. (Vorher wäre kaum ein Profi-Schreiber auf die Idee gekommen, das zu trennen.) Beeindruckend, wie das Ziel der Fehlerreduzierung erreicht wurde - diese Seiten zeigen einen Volltreffer nach dem anderen ...
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Michael Krutzke
eingetragen von Martin Reimers am 22.01.2003 um 17.38
In der "Zeit" Nr. 5/2003 vom 23. Januar lesen wir auf der Titelseite einen Verweis auf den Artikel von Jan Ross "Feldzug der Hohe Priester". In der Artikelüberschrift wird es dann wieder zusammengeschrieben.
Ebenfalls auf der ersten Seite prangt eine Einladung für die Aktion "ZEIT-Leser wählen ihr Unwort des Jahres 2002" (www.zeit.de/unwort).
Könnte man nicht die Priester hierfür vorschlagen?
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Martin Reimers
eingetragen von Jörg Metes am 19.01.2003 um 17.00
Der Duden von 1991 unterscheidet recht spitzfindig zwischen übelgelaunt und übel gelaunt. Für die Zusammenschreibung gibt er das Beispiel »der übelgelaunte Mann«, für die Getrenntschreibung das Beispiel »der Mann war übel gelaunt«. Analog regelt er die Schreibung von übelgesinnt / übel gesinnt und übelberaten / übel beraten.
Der Bertelsmann-Wahrig von 2002 legt sich ganz fest auf »übel gelaunt (alt: übelgelaunt)«.
Es wäre ausnahmsweise wirklich einmal eine - wenn auch realitätsferne - Vereinfachung, wenn sie vom Bertelsmann-Wahrig nicht gar so hanebüchen begründet würde:
»Mehrteilige Ausdrücke aus Adjektiv und Verb/Partizip schreibt man getrennt, wenn das Adjektiv steigerbar oder erweiterbar ist: Sie war ständig übel gelaunt(...)«
Denn natürlich wird hier gesamthaft übel gelaunt erweitert; man könnte es z.B. durch mißgelaunt ersetzen und hätte dann den Satz Sie war ständig mißgelaunt, in dem das ständig sich ja offensichtlich auch nicht auf das miß allein bezieht.
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Jörg Metes
eingetragen von Theodor Ickler am 10.01.2003 um 18.55
Das "Große Schulwörterbuch Deutsch" von Klett (2002) ist zwar sehr umfangreich, traut sich aber immer noch nicht, ein Stichwort wiedersehen aufzunehmen. Nur unter wieder findet man die Auskunft, daß wieder sehen und wiedersehen gleichbedeutende Varianten seien - was natürlich auch im Sinne der Reformer nicht richtig ist.
Unter den Trennmöglichkeiten zeigt dieses Wörterbuch immer die dümmstmögliche als einzige: wiede-rum usw.
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Th. Ickler
eingetragen von Theodor Ickler am 10.01.2003 um 07.32
Immerhin zwei Monate hatte Giulia an der Seite von Lothar verbracht, ohne ihr kleines Geheimnis preis zu geben.
(T-Online 11.1.2003)
(Goethe schrieb übrigens noch Preis geben, immerhin.)
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Th. Ickler
eingetragen von Theo Grunden am 09.01.2003 um 12.49
Im aktuellen Newsletter:
Alle zehn Jahre benennt die Literaturzeitschrift „Granta“ die meist versprechenden jungen Autoren Großbritanniens.
Im fünften Band der „Studien zur Evolutionären Ökonomik“ hat Herausgeber Marco Lehmann-Waffenschmidt Aufsätze über „Wandlungsprozesse komplexer ökonomischer Systeme“ zusammen gestellt.
eingetragen von Theodor Ickler am 08.01.2003 um 14.35
Nein, Desubstantivierung ist es nicht, alles Nähere im Deutschen Wörterbuch:
http://www.DWB.uni-trier.de/index.html
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Th. Ickler
eingetragen von Wolfgang Wrase am 07.01.2003 um 21.08
"weh" wird zwar fast ausschließlich adverbial gebraucht, aber ist es nicht (gerade aus einer historischen Perspektive, wie sie von den Reformern bei "wehtun" bemüht wird) durchaus als Adjektiv einzustufen?
In Herders Gedicht "Edward" gibt es folgende Zeile:
Und weh, weh ist mein Herz ...
Das Wörterverzeichnis erwähnt unter "weh" ja ausdrücklich die Fügung "weh sein". Demnach würde die Fügung "weh + tun" doch unter die Regelung für Adjektiv + Verb fallen, oder?
Und daß es sich dabei um eine Desubstantivierung handeln soll, wie das Wörterverzeichnis bei der Paragraphenangabe behauptet, ist doch Unsinn, oder irre ich mich?
eingetragen von Theodor Ickler am 07.01.2003 um 14.56
weh ist das genaue Gegenstück zu wohl, beide adverbial, und sollte eigentlich genauso wie dieses geschrieben werden. Nach dem alten Duden wurde weh tun getrennt und wohltun zusammengeschrieben, nach der Neuregelung soll es genau umgekehrt sein. Im amtlichen Wörterverzeichnis fehlt ein Sternchen für die neue Zusammenschreibung.
Ich selbst habe aufgrund meiner damaligen Befunde die Getrenntschreibung von weh tun erst einmal beibehalten und sie bei wohltun fakultativ gemacht. Möglicherweise läßt sich Gleichbehandlung rechtfertigen.
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Th. Ickler
eingetragen von Wolfgang Wrase am 07.01.2003 um 12.04
Nach der Neuregelung soll "wehtun" zusammengeschrieben werden. Das Wörterverzeichnis gibt schon unter "weh" an: "... wehtun"; danach folgt der Eintrag "wehtun", bei dem kurioserweise als Begründung auf § 56 (2) verwiesen wird, also auf eine Regel zur Groß-/Kleinschreibung. Danach hat "weh" angeblich seine "substantivischen Merkmale eingebüßt" und die Funktion einer anderen Wortart übernommen ("Desubstantivierung"). War "weh" ursprünglich ein Substantiv, kam "das Weh" zuerst, vor dem Adjektiv "weh"?? (Das scheint mir mindestens zweifelhaft zu sein. Kann das jemand beantworten?)
Zur GZS wird dann unter § 56 (2) auf § 34 (3) verwiesen, aus dem sich Zusammenschreibung von solchen "Desubstantivierungen" ergibt, die Rede ist dort von "Zusammensetzungen aus (teilweise auch verblaßtem) Substantiv + Verb", wobei allerdings "weh" in der folgenden geschlossenen Liste nicht auftaucht.
Eigentlich müßte man erwarten, daß die GZS sich bei "weh + tun" wie sonst danach richten soll, ob "weh" in dieser Kombination steigerbar oder erweiterbar ist. Nehmen wir an, die Reformer sähen sich gezwungen, "wehtun" ausdrücklich nach diesem sonst angewendeten Kriterium zu behandeln. Dann müßten sie bemerken, daß es sehr wohl (wenn auch nicht sehr häufig) die Formulierung "weher tun als", "weher getan als" gibt; Google weist jeweils mehr als ein Dutzend Belege aus. Ich erinnere mich gerade an ein zauberhaftes Gedicht von Eduard Mörike, in dem es heißt:
"Das Mädchen hielt in guter Ruh, wie's Lämmlein unterm Messer; ihr Auge bat: nur immer zu, je weher, desto besser!" (= je weher es tut; Anm. von WW)
Selbst wenn also die merkwürdige Einordnung von "weh" als "Desubstantivierung" gerechtfertigt wäre (was ja zunächst nur die GKS betrifft), hätten wir im Endeffekt einen Widerspruch zu der Regel, daß "Adjektiv + Verb" getrennt zu schreiben seien, wenn das Adjektiv in dieser Fügung steigerbar ist.
Das war wohl nichts, ihr Herren Reformer! Je weher, desto Reform. ("Reform" übernimmt hier zwar die Funktion einer anderen Wortart, hat aber seine substantivischen Merkmale dennoch nicht eingebüßt ...)
eingetragen von Theodor Ickler am 06.01.2003 um 09.57
Im Grunde wird hier die Ratlosigkeit ausbuchstabiert, die schon unsere griechischen Altvorderen dazu veranlaßte, die fraglichen Wörter mit dem Verlegenheitsausdruck "metochon", wörtlich übersetzt "participium", zu benamsen, weil sie an der verbalen und an der nominalen Natur Anteil haben. (Ob diese Erklärung stimmt, weiß ich aber nicht. Die Griechen hatten aus römischer Sicht den Spitznamen "Philometochoi" verdient, wegen ihrer Vorliebe für das Partizip.) ) Unverfänglich bleibt es, wenn man von Verbaladjektiven spricht, die eben einerseits auf -nt (dt. dann -nd) und andererseits auf -to ausgingen. Wären sie nicht irgendwie verbal verwendbar, würde man sie gegenüber anderen Adjektiven gar nicht auszeichnen. Soweit, so gut, kein Streit um Worte!
Und dann muß man eben nachsehen, was in Sätzen mit ihnen gemacht wird. Werden sie gesteigert? Werden sie mit verbregierten Ergänhzungen versehen?
Eine von mir seit 1996 ins Spiel gebrachte Eigentümlichkeit, die aber bei den Reformern noch gar nicht und auf diesen Seiten nur selten aufgegriffen worden ist, ist die stilistische Markiertheit (das Papierdeutsche, der Alltagssprache Fremde) des erweiterten attributiven Partizips I. Also der Arbeit suchende Mensch; alltagssprachlich: ein Mensch, der Arbeit sucht.
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Th. Ickler
eingetragen von J.-M. Wagner am 05.01.2003 um 19.07
Normalerweise sollte man ja auf eine aufs Allgemeine zielende Aussage mit einer Erwiderung auf der entsprechenden Ebene beantworten, aber nach der Logik reicht zur Widerlegung einer allgemeingültigen Aussage bereits ein Gegenbeispiel.
Also: Was ist der Unterschied zwischen "Fleisch fressend" und "fleischfressend"? Was ist Partizip, was Adjektiv? Ich versuche mich daran mal als Logiker und Amateurgrammatiker:
Im ersten Fall ist "fressend" ein Partizip, eine Verbform: Da sitzt wer oder was und frißt -- in diesem Moment -- etwas (hier: Fleisch). Also: Wenn ein Partizip vorliegt, kann eine äquivalente Aussage mit der 3. Person Indikativ Präsens gebildet werden.
Nota bene: Die unzulässige Gegenprobe "Indikativpräsensaussage möglich --> Partizip liegt vor" kann einen Hinweis liefern, gilt aber nicht allgemein. Die korrekte logische Umkehrung ist mit einer Negation verbunden: Indikativpräsensaussage nicht möglich --> es liegt kein Partizip vor.
Im zweiten Fall ist "fleischfressend" ein Adjektiv, keine Verbform: Die (generelle) Eigenschaft, karnivor zu sein, muß sich ja nicht in jedem Moment konkret bemerkbar machen. Also: Indikativpräsensaussage nicht möglich --> es liegt ein Adjektiv vor.
Nota bene: Dies ist nicht der einzige Fall, in dem ein Adjektiv vorliegen kann; es handelt sich nicht um eine Äquivalenz.
Zu "Partizipien oder Mittelwörter":
H. U.: "Ein prädikativ gebrauchtes Partizip wird automatisch zum Adjektiv." Damit ist es aber kein Partizip mehr! Das ist ja gerade der Unterschied zwischen Adjektiv und Partizip: Das eine ist eine Verbform, das andere nicht. Eine Verbform bringt prinzipiell eine qualitativ andere Bedeutung zum Ausdruck als ein Adjektiv, und dies gilt auch für eine Verbform "mit adjektivischem Charakter" (eine wirklich treffende Bezeichnung fällt mir gerade nicht ein) -- das Partizip.
Auch eine "Partizipform" ist kein Partizip mehr, weil sich hierbei m. E. "Partizip" eben nur noch auf die (äußerliche) Form, nicht aber auf die Bedeutung (s. o.) und die (syntaktische/grammatische) Funktion eines Wortes bezieht. Ich vermute, der allgemeine Sprachgebrauch läßt sich mit den Überlegungen Herrn Upmeiers folgendermaßen zur Deckung bringen: "verbales Partizip" <--> Partizip, "adjektivisches Partizip" <--> Adjektiv.
Fazit: Das eigentliche Problem in diesem Disput ist die Frage, was die Bezeichnung "Partizip" umfaßt, genauer: welche Eigenschaften eines Wortes dadurch bereits festgelegt sind -- nur die äußere Erscheinungsform (worin sich Partizip und von einem Partizip abgeleitetes Adjektiv in der jeweiligen Grundform nicht unterscheiden), oder auch die syntaktische/grammatische Funktion (und damit auch die Bedeutung) eines Wortes.
Ich habe es immer als letzteres verstanden.
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Jan-Martin Wagner
eingetragen von Theodor Ickler am 05.01.2003 um 18.39
Für manche Grammatiker sind die ersten Partizipien reine Adjektive, für mich nicht.
Abgesehen davon stimmt die verschärfte Regel nicht, wie Herr Upmeyer sie formuliert. Das Partizip I (als Verbform) kann unter bestimmten Umständen, die ich hier (und im Krit. Komm.) schon einmal dargelegt und mit Beispielen erläutert habe, sehr wohl auch prädikativ gebraucht werden.
Beide Partizipien, der Infinitiv und das Gerundiv sind eben nominale Formen, die nur mehr oder weniger ins verbale Paradigma hineingezogen worden sind, daher kann man hier keine schärferen Grenzen ziehen, als der Gegenstand es eben zuläßt.
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Th. Ickler
eingetragen von Henning Upmeyer am 05.01.2003 um 17.01
Der kleine Duden, Deutsche Grammatik (1988): "Der Fachausdruck 'Partizip' und die deutsche Bezeichnung 'Mittelwort' weisen darauf hin, daß Partizipien eine Zwischenstellung zwischen den beiden Wortarten Verb und Adjektiv einnehmen. ... Manche Partizipien haben sich so sehr verselbständigt und von der ursprünglichen Verbbedeutung entfernt, daß sie nur noch als Adjektive empfunden werden. Solche Partizipformen können auch Steigerungsformen bilden und in Verbindung mit 'sein, werden' u.ä. verwendet werden."
Deutsche Schulgrammatik (1952): "Das Partizip des Präsens bezeichnet eine noch unvollendete Tätigkeit und hat adjektivische Bedeutung."
Die Zwischenstellung zwischen Verbform und Adjektiv scheint nicht "sowohl Wortart Verbform als auch Wortart Adjektiv", sondern "entweder Wortart Verbform oder Wortart Adjektiv" zu bedeuten. Das heißt, ein prädikativ gebrauchtes Partizip wird automatisch zum Adjektiv. Das Partizip wechselt je nach Gebrauch nicht nur die Bedeutung, sondern auch die Wortart. Die Sätze "Im allgemeinen fällt prädikativer Gebrauch mit Verlust des verbalen Charakters zusammen" und "Im allgemeinen wird das erste Partizip nicht prädikativ verwendet" sind ungenau. Genau müßte es heißen: "Das erste Partizip wechselt bei prädikativem Gebrauch von der Wortart Verbform zur Wortart Adjektiv". Die frühere Bezeichnung "Prädikatsnomen" war genauer, denn gemäß dieser wurde das prädikativ gebrauchte Partizip automatisch zum Nomen und war keine Verbform mehr.
Als Wortart ist folglich die Benennung "Partizip" unvollständig. Das Partizip ist keine eigene Wortart. Der Begriff "Wortart" ist bei Partizipien nicht absolut gültig, sondern gebrauchsabhängig. Die vollständige Wortartbezeichnung müßte "abhängig vom Gebrauch entweder 'partizipiale Verbform' oder 'partizipiales Adjektiv'" oder auch "je nach Gebrauch entweder 'verbales Partizip' oder 'adjektivisches Partizip'" heißen.
Da der Begriff "Partizip" nur ein Oberbegriff (eine Obermenge), aber keine eigene Wortart ist und erst noch durch den Zusatz "verbal" oder "adjektivisch" als Wortart präzisiert werden muß, kann man sehr wohl vom "prädikativen Gebrauch eines Partizips" sprechen. Denn dabei wird nur aus dem "verbalen Partizip" ein "adjektivisches Partizip" oder aus der "partizipialen Verbform" ein "partizipiales Adjektiv". Die Wortart wechselt, aber es bleibt der Oberbegriff "Partizip".
eingetragen von Theodor Ickler am 05.01.2003 um 04.46
Es handelt sich bei den von Herrn Upmeyer angeführten Partizipien um Adjektive, nicht Verbformen. Auf diesen Übergang ist stets hingewiesen worden, Näheres z. B. in meinem Kritischen Kommentar, 2. Aufl. S. 83, mit Verweis auf Hermann Pauls Dt. Gramm. Bd. IV, 74ff.
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Th. Ickler
eingetragen von Henning Upmeyer am 04.01.2003 um 22.18
Abschreckende Beispiele aus anderen indogermanischen Sprachen über bedeutungsunterscheidende Wortbetonungen:
In Sprachen mit feststehender Wortbetonung kann man auch Texte mit unbekannten Wörtern korrekt vorlesen, und die Zuhörer erkennen vielleicht diese Wörter.
Im Spanischen wird abweichende Betonung durch Akzent gekennzeichnet.
Im Bulgarischen, Slovenischen, Ukrainischen, Russischen und Weißrussischen dagegen gibt es viele Wörter mit verschiedenen und bedeutungsunterscheidenden Betonungsmöglichkeiten, und im Russischen und Weißrussischen wird zusätzlich das geschriebene "o" in betonter Silbe als "o" und in unbetonter Silbe als "a" gesprochen. Im Weißrussischen gilt das gleiche auch für das geschriebene "e". Unbekannte Wörter kann man nicht einfach vorlesen, weil sie bei falscher Betonung Mißverständnisse erzeugen. Das ist für Ausländer zunächst sehr erschwerend. Ein Akzent wird nur in Wörterbüchern und Sprachlehrbüchern für Ausländer gedruckt, und man muß ihn zu jedem Wort und zu jeder Beugungsform mitlernen.
Weil die Rechtschreibreformer das russische Betonungssystem anscheinend als vorbildlich ansehen, haben sie jetzt auch im Deutschen durch die vermehrte Getrenntschreibung die Bedeutung betonungsabhängig gemacht, und zwar bei sehr viel mehr Wörtern, als es bisher bei einigen wenigen wie "umfahren" usw. der Fall war. Anscheinend sollen wir immer noch und jetzt aber alle Deutschsprachigen von den Russen lernen gemäß dem Spruch "Von den Russen lernen heißt siegen lernen" oder so ähnlich.
eingetragen von Henning Upmeyer am 04.01.2003 um 18.30
Prädikativ verwendbare und verwendete Partizip I
("Bekanntlich wird das Partizip I nicht prädikativ verwendet.")
Prädikative Verwendung von Partizip I, wenn eine länger dauernde Handlung beschrieben wird, vgl. engl. "-ing". Jemand oder etwas ist oder war ...
(aus intransitiven Verben) abwartend, anmaßend, ätzend, aufbrausend, ausreichend, ausschweifend, ausweichend, befriedigend, beißend, beklemmend, bleibend, blutend, bohrend, dringend, durchlaufend, durchschlagend, einleuchtend, glühend, hervorragend, hervorstechend, kochend, leidend, leuchtend, mitfühlend, schmerzend, strahlend, ungenügend, vorbeugend, vorsorgend, vorübergehend, zupackend;
(intransitive Partizip I aus transitiven Verben) ablehnend, abschreckend, abstoßend, abweisend, abwertend, anregend, ansteckend, anstrengend, aufbauend, aufheiternd, aufmunternd, aufopfernd, aufreizend, aufrüttelnd, aufwühlend, beängstigend, bedeutend, beeindruckend, begeisternd, belustigend, beruhigend, beschämend, betäubend, bezaubernd, bindend, blendend, durchbohrend, durchdringend, einnehmend, einschläfernd, entmutigend, entscheidend, enttäuschend, entwürdigend, erfrischend, ergreifend, erheiternd, ermüdend, ermunternd, ermutigend, ernüchternd, erschöpfend, erschreckend, erschütternd, gewinnend, heilend, herabsetzend, herabwürdigend, hinhaltend, irreführend, kühlend, mitreißend, reizend, sättigend, schlagend, schleppend, schneidend, stechend, täuschend, tragend, trennend, überragend, überzeugend, umfassend, umwerfend, unterhaltend, unterstützend, vereinfachend, verklärend, vermögend, vernichtend, verpflichtend, verstörend, verwirrend, wärmend, zermürbend, zerstörend;
(aus Adjektiv oder Adverb + Verb) alleinerziehend, alleinstehend, allgemeinbildend, gutaussehend, hochfliegend, hochglänzend, krankmachend, leichtrostend, nichtrostend, nichtssagend, rechtsdrehend, schnellhärtend, schnelltrocknend, schwerwiegend, selbstdichtend, selbstheilend, selbstklebend, selbstschmierend, starkrußend, tiefgreifend, tiefschürfend, übelwollend, weitblickend, weitreichend, wohlwollend, vielsagend, vielversprechend;
(aus Verb + integriertem Objekt) abendfüllend, abscheuerregend, anstoßerregend, atemberaubend, atmungshemmend, aufsehenerregend, augenschädigend, augenschonend, ausschlaggebend, bahnbrechend, berufsbildend, besorgniserregend, blutbildend, blutreinigend, blutstillend, durchblutungsfördernd, durstsillend, empfängnisverhütend, energiesparend, erfolgversprechend, ertragsteigernd, erzführend, existenzbedrohend, feuerhemmend, fleischfressend, freudestrahlend, furchteinflößend, furchterregend, gehörschädigend, gesundheitsgefährdend, gewinnbringend, grauenerregend, grundlegend, haarsträubend, hautreizend, hautschonend, herzerquickend, herzerweichend, hustenstillend, kapitalvernichtend, korrosionshemmend, kräftesparend, kräftezehrend, krebserregend, lufttrocknend, mitleiderregend, muskelbildend, nervenaufreibend, nervenschonend, nervtötend, notleidend, schmerzlindernd, schmerzstillend, schreckenerregend, sinnverwirrend, verschleißhemmend, vertrauenerweckend, wasserabweisend, wundheilend, zielführend, zweckentsprechend;
(aus Verb + Verb) nichtendenwollend;
eingetragen von Theodor Ickler am 27.12.2002 um 13.36
Bekanntlich wird das Partizip I nicht prädikativ verwendet. Ich habe aber im "Kritischen Kommentar" schon darauf hingewiesen, daß es Ausnahmen gibt, darunter die Reihung mit unverfänglicheren Prädikativen. Heute nacht stieß ich bei Goethe auf ein schönes Beispiel. In Dichtung und Wahrheit I.1 heißt es: Unglaublich und wirklich die Sinne verwirrend war der Drang der Menge, die in diesem Augenblick durch das Brückentor herein dem Wagen nachstürzte.
Goethe würde wohl nicht schreiben Der Drang war die Sinne verwirrend, aber in der Reihung wird es erträglich.
Dieser ganze Komplex widerlegt meiner Ansicht nach auch die Meinung von Peter Eisenberg (in seinem "Grundriß"), daß das Partizip I überhaupt nicht zum Verbparadigma gehöre, sondern reines Adjektiv sei. Die Begründung, es bilde keine periphrastischen Verbformen, ist sowieso nicht nachvollziehbar.
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Th. Ickler
eingetragen von Jörg Metes am 25.12.2002 um 20.42
»Der deutschlandweit größte Hersteller von Dosen erwägt derweil, seine rund 1000 Mitarbeiter von Januar an kurz arbeiten zu lassen.«
- schreibt Philipp Scheffbruch in der 'Stuttgarter Zeitung' vom 24.12.02 auf S. 12.
(Was er offenbar nicht weiß, ist, daß das reformierte Wörterverzeichnis hier einen Unterschied macht: »kurz/kürzer [arbeiten, treten ... § 34 E3(3) ╪ kurzarbeiten]«. Wohingegen es in anderen Fällen diesen Unterschied wieder nicht macht: Zwar könnte man mit Hilfe von § 34 E3(3) genausogut etwa bekannt machen von bekanntmachen unterscheiden, aber man tut es eben nicht. Darin besteht ja gerade die Vereinfachung)
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Jörg Metes
eingetragen von J.-M. Wagner am 16.12.2002 um 20.37
Zitat:Wie die Kommission zu ihrem eigenen Regelwerk steht, ist mir an dieser Stelle völlig unklar. Denn einerseits wird § 36 (2) als Begründung für die Zusammenschreibung der Steigerungsformen bemüht, andererseits wird auf S. 120 des 3. Berichtes (dies entspricht der Seite Nr. 108 der 119seitigen PDF-Fassung) im Blick auf die Wörterbücher explizit festgestellt:
Ursprünglich eingetragen von wrase (am 15.05.2002)
"Zusätzlich muß man dabei auch beachten, daß die Kommission inzwischen die gesamthafte Steigerung als Kriterium für Zusammenschreibung anerkennt, also hochwertig wegen hochwertiger, am hochwertigsten. Aus dem amtlichen Regelwerk läßt sich das allerdings nicht direkt ableiten." [Christian Dörner]
Genauer gesagt, erkennt die Reformkommission in ihrem Bericht nur an, daß man zum Beispiel "(noch) gewinnbringender" zusammenschreiben müsse, und zwar weil der zweite Bestandteil ("bringender") "so selbstständig nicht vorkommt" (Seite 64 des Berichts). Es wird also gerade mit Hilfe von § 36 (2) - kein Vorkommen eines Bestandteils "in dieser Form" - argumentiert. Denn die Kommission versucht natürlich, die neue Erkenntnis möglichst noch irgendwie auf der Grundlage ihres Regelwerks herzuleiten, um die Notwendigkeit des Umsturzes der ganzen Regelformulierungen zu verleugnen.Auf Betreiben der Zwischenstaatlichen Kommission und unter ihrer Mithilfe einigten sich die großen Wörterbuchverlage diesbezüglich bald auf eine einheitliche Auslegung der amtlichen Regeln. Die Umsetzung geschah in den jeweils folgenden Auflagen: zunächst in der Bertelsmann-Rechtschreibung vom März 1999, jetzt auch in der 22. Auflage des Rechtschreibduden vom August 2000. Gegenüber seiner letzten Auflage hat der Duden zudem dreierlei getan, um die amtliche Regelung noch konsequenter umzusetzen:In meinen Augen steht hier das gesuchte allgemeingültige Kriterium der Zusammenschreibung bei gesamthafter Steigerung schwarz auf weiß! -- Aber wie weit her ist es wirklich mit dessen Allgemeingültigkeit? Wird diese durch die Formulierung »in Fällen wie erfolgversprechend« eingeschränkt oder nicht? Denn es steht nicht da: »die sich in Fällen wie erfolgversprechend aus der Steigerbarkeit des Gesamtausdrucks ergebende Zusammenschreibung« -- man kann also annehmen, dieser Zusatz sei eine Erläuterung, keine Bedingung, und beziehe sich darauf, was im Duden explizit angeführt wird; dies entspricht auch meinem intuitiven sprachlichen Verständnis dieses Satzes.
Erstens gibt er - wie Bertelsmann - jetzt alle Trennmöglichkeiten an. Zweitens zeigt er in Fällen wie Schlussstrich nunmehr die zulässige Variantenschreibung mit Bindestrich grundsätzlich direkt beim Stichwort (Schluss-Strich). Und drittens führt er - wie im Regelwerk vorgegeben und auch von Bertelsmann bereits praktiziert - die sich aus der Steigerbarkeit des Gesamtausdrucks ergebende Zusammenschreibung in Fällen wie erfolgversprechend neben der Schreibung als Wortgruppe Erfolg versprechend nun überall an.
Andererseits hat man dann das Problem, daß explizit gesagt wird, der Duden tue dies überall, wo sich die Zusammenschreibung ergibt -- bezieht sich das nur auf die vom amtlichen Regelwerk unmittelbar erfaßten Fälle oder auf alles, was gesamthaft steigerbar ist?
Wenn man sich nach dem amtlichen Regelwerk richtet, hat man folgendes Problem:Zitat:Herr Wrase kam deshalb zu dem Fazit:
Nun ist es aber im Fall von "hochwertiger" oder "höherwertiger" so, daß es im Gegensatz zum Fall "gewinnbringend" sehr wohl den Bestandteil "wertiger" in genau dieser Form selbständig gibt. Das heißt, für "hoch wertiger" läßt sich die Notwendigkeit der Zusammenschreibung gerade nicht herleiten!Zitat:Gerade das ist aber m. E. wegen der expliziten Aussage S. 120 nicht völlig klar. -- Ein Problem bleibt auf jeden Fall bestehen:
Die Reformer haben keineswegs die Komparierbarkeit eines Gesamtgefüges als solche schon anerkannt, sondern verweisen hier auf ihren famosen Paragraphen 36 (2), der bei Fällen wie "hoch wertig" leider nicht greift.
Zitat:So wird es im 3. Bericht auf S. 64 (PDF S. 59) vorgeführt -- in Form der Abartigkeit, daß sich die Schreibung des Positivs nach der des Komparativs richten soll. Mir stößt zudem die Formulierung »Überlappung von § 36 E1 (1) und § 36 (2)« auf -- die greift zu kurz, denn das eigentliche Problem besteht darin, daß die Konsequenz dieser Überlappung ein glasklarer Widerspruch zwischen den genannten Regeln ist.
Außerdem folgern die Reformer "aus diesem Sachverhalt", nämlich für den Fall, daß es einen gesteigerten Bestandteil selbständig so nicht gibt, daß der Positiv sowohl zusammen als auch getrennt geschrieben werden könne: Gewinn bringend oder gewinnbringend. Das ergäbe, selbst wenn die Reformer bei Steigerung grundsätzlich Zusammenschreibung ansetzen würden, für den Positiv immer noch: hochwertig oder hoch wertig; also nicht nur die Zusammenschreibung.
Herr Wrase weist nun auf einen sehr wichtigen Punkt hin:Zitat:Ich vermute, die Autoren des 3. Berichtes haben einfach übersehen, daß die gesamthafte Steigerbarkeit als Kriterium für Zusammenschreibung nicht aus den amtlichen Regeln herauszuholen ist. Und ich unterstelle ihnen, daß sie dieses Kriterium aber gern hätten. Da liegt die weitere Unterstellung nahe, daß die Autoren des 3. Berichtes stillschweigend davon ausgehen, daß dieses Kriterium bereits "existiere". Gegen diese Unterstellung spricht allerdings, daß in "den Wörterbüchen" noch einige Zusammenschreibungen "fehlen" -- noch...
Was Herr Dörner formuliert, entspricht sicherlich der Intention der Reformer, die händeringend versuchen, sinnvolle Schreibweisen auf der Grundlage ihrer Regeln wiederherzustellen. Aber eben das können sie nicht. Dazu müßten sie die Regeln selbst tiefgreifend ändern, sie müßten völlig neu formulieren. Es genügt meiner Meinung nach nicht, zu sagen, die Reformer wollen diese oder jene Schreibung wieder anerkennen. Sondern sie müßten erst vorführen, mit Hilfe welcher neu formulierter Regeln das möglich sein soll.
Der entscheidende Punkt ist: Die Kommision würde offenbar lügen, wenn sie behauptete, aus dem amtlichen Regelwerk gehe ganz allgemein die Zusammenschreibung bei gesamthafter Steigerung hervor. Behauptet sie das auf S. 120 ganz allgemein, ja oder nein?
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Jan-Martin Wagner
eingetragen von Henrik Swaton am 16.12.2002 um 17.24
Eine neue Dimension der Getrenntschreibung.
"Der bekannte Motorrad-Totalreiniger (...) gehört anerkannter Maßen zu den Besten, aber auch Teuersten seiner Zunft."
Kradblatt 08/2002
eingetragen von Theodor Ickler am 12.12.2002 um 12.09
Ja, so ist es, die Reformer selbst und erst recht die Wörterbuchmenschen kommen sehr ins Schwitzen, weil sie nie wissen, ob nur der Zusatz oder das Ganze gesteigert ist. Beneidenswert, wer solche Probleme nicht hat. (Bisher hatten wir sie nicht, und ich habe sie auch nicht.)
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Th. Ickler
eingetragen von Christian Dörner am 12.12.2002 um 11.39
Als Gegenbeispiel ließe sich querschreiben anführen, das nach der Neuregelung getrennt geschrieben werden muß. Eigentlich müßte es nach § 34 (2.2) zusammengeschrieben werden, da man einen Wechsel nicht *völlig quer schreiben kann. Man sieht, daß sowohl die Kommission als auch der Duden Schwierigkeiten hat, diese Regel korrekt anzuwenden. Ebenso unsinnig ist beispielsweise die Gleichbehandlung von voll tanken und voll kotzen. Es ist zwar möglich, ein Auto sehr voll zu tanken bzw. sogar randvoll zu tanken, aber etwas *sehr voll kotzen kann man nicht.
Hier wird sich wohl noch etliches ändern müssen.
Nachtrag: Wie sieht es eigentlich mit jmdm. sehr weh tun aus? Muß man jetzt sehr wehtun schreiben? Der Duden schweigt hier aus gutem Grund.
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Christian Dörner
eingetragen von Theodor Ickler am 12.12.2002 um 07.37
Daß die Steigerbarkeit des ersten Bestandteils kein Hindernis für Zusammenschreibung sein kann, geht ja auch aus echten Komposita wie hochwertig - höherwertig - höchstwertig hervor, die auch nach der Reform unzerhackt bleiben. Und dabei handelt es sich, wie gesagt, nicht um Pseudokomposita wie die "trennbaren Verben". Da die Reformer die Komparation zur Flexion rechnen, hätten wir hier einen Fall von unbestreitbarer Binnenflexion. Was ist also, um auch dies einmal in Erinnerung zu rufen, gegen den Hohenpriester usw. einzuwenden?
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Th. Ickler
eingetragen von Wolfgang Wrase am 12.12.2002 um 05.55
Noch häufiger ist die Erweiterung: "Ganz sicher wollte er gehen." Zuverlässiger ist aber die Steigerungsprobe (hier: sicherer), weil man bei der Erweiterungsprobe mit Wörtern wie "ganz" oder "sehr" oft nur aus dem Sprachgefühl beurteilen kann, ob solche "Erweiterungen" sich nur auf den ersten "Bestandteil" (hier: sicher) beziehen (können), wie es die Regel verlangt (ganz sicher + gehen), und nicht (nur) auf das Gesamtgebilde (ganz + sichergehen).
Jedenfalls ein irrsinniger Aufwand, der einem da abverlangt wird (vor allem wenn man nicht das Glück hat, daß schon die Steigerungsprobe ein eindeutiges Ergebnis bringt), und regelmäßig landet man auch bei der Erweiterungsprobe im Ungewissen. Ich frage mich, wie viele Steigerungs- und Erweiterungsproben zusammenkommen, die den Reformern zu Ehren in deutschen Gehirnen durchexerziert werden. Sind es Milliarden? (Ich habe sicher schon zehntausend solche Proben dargebracht und auch viele tausend Änderungen von den Sklaven der neuen Rechtschreibung umsetzen lassen. Das nennt man dann "Die Neuregelung setzt sich durch".)
Der Witz ist aber, wie von Professor Ickler schon angemerkt, daß man nicht einmal mit Hilfe dieser Regelbefolgung gewiß sein kann, dem Wortlaut der Neuregelung gerecht zu werden, weil die Reformer selber zu faul oder zu blöd waren, ihre Steigerungs-/Erweiterungsregel anzuwenden, siehe "sichergehen" trotz Steigerbarkeit und trotz Erweiterbarkeit von "sicher".
Vielmehr hat sich bei Klaus Heller (oder wer immer es war) das natürliche Sprachgefühl durchgesetzt, "sichergehen" als einen zusammengehörigen Begriff zu empfinden, abgesichert durch die Unterscheidung gegenüber "sicher gehen = ohne Schwanken gehen", eine Spur "neuer Begriff", eine Prise "übertragener Sinn" im Gegensatz zum konkreten "gehen" - alles mögliche spricht dafür, daß Zusammenschreibung zulässig sein muß, und so handhaben es ja auch die meisten, nach wie vor.
Fragt sich, wie die Reformer das reparieren wollen: Soll der Eintrag im Wörterverzeichnis repariert werden ("sicher gehen" auch für "Gewissheit haben") - oder sollen gewisse Ausnahmen bei der Steigerbarkeits-/Erweiterbarkeitsregel eingeräumt werden? Bisher haben wir widersprüchliche Anweisungen zu "sicher_gehen" - wird es dabei bleiben? Werden wir im Jahr 2005 Getrenntschreibung verordnet bekommen oder Zusammenschreibung - oder beides gleichberechtigt? Oder Haupt- und Nebenvariante? Oder Empfehlungen aufgrund weiterer Kriterien? Die Reformer äußern sich nicht dazu, sie sprechen statt dessen von einer Erleichterung, die sie uns verschafft hätten ...
eingetragen von Theodor Ickler am 12.12.2002 um 05.16
Seltsamerweise schreibt die Neuregelung (wie bisher) die Zusammenschreibung sichergehen vor, obwohl das erste Glied sehr wohl gesteigert werden kann und auch sehr oft so vorkommt.
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Th. Ickler
eingetragen von Sigmar Salzburg am 01.12.2002 um 11.52
Als Einwickelpapier kam Seite 7 der BILD-Zeitung v. 26.11.02 ins Haus:
Zum Zähneziehen beruhigte Pferdezahnarzt Flörke das Pony Lotte und verpaßte ihm eine schwere Metallsperre, weil die Bitte „weit öffnen und still halten" bei Pferden nicht wirkt.
Für BILD ist es auch möglich, daß Tote zum Messer greifen (große Schlagzeile):
Hat der Badehosen-Junge Nadine tot gemetzelt?
– geändert durch Sigmar Salzburg am 02.12.2002, 17.55 –
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Sigmar Salzburg
eingetragen von Elke Philburn am 28.11.2002 um 02.48
Dazu sei es notwendig, Familien freundliche Arbeitszeiten fest zu schreiben, um Familien Zeit füreinander zu geben und Vätern die Möglichkeit zu schaffen, "nicht nur Väter zu werden, sondern auch Väter zu sein."
Quelle
eingetragen von Jörg Metes am 21.11.2002 um 07.39
Die Reform hat, wie mir jetzt erst auffällt, aus aneinander und zusammen orthographisch ein Gegensatzpaar gemacht: Verbindungen mit aneinander schreibt "man" getrennt, Verbindungen mit zusammen zusammen.
Also:
Zusammenfügen, aber aneinander fügen.
aneinander rücken, aber zusammenrücken.
Wem das nicht einleuchtet, der hat die gesamte Reform nicht begriffen.
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Jörg Metes
eingetragen von J.-M. Wagner am 18.11.2002 um 18.19
Ich stelle hier einige Beiträge von Henning Upmeyer aus dem "bisherigen Gästebuch" ein, weil ich sie zum einen beachtenswert finde, zum anderen über die Suchfunktion hier leichter wiederfinde. J.-M. W.
Dienstag, 12.11.2002:
Die Wortart "adverbiales Substantiv" oder der "Adverb-Fall" des Substantivs, der "Adverbativ"
mit dem Auto, Bus, Zug, Fahrrad, Taxi, Schlitten fahren -> Auto, Bus, Zug, Fahrrad, Taxi, Schlitten fahren;
mit dem Sack hüpfen -> Sack hüpfen, hüpft Sack;
mit Tusche, mit Kreide zeichnen -> Tusche, Kreide zeichnen, zeichnet Tusche, Kreide;
mit Ölfarbe malen -> Ölfarbe malen, malt Ölfarbe;
auf Skiern, Schlittschuhen, Rollschuhen, auf dem Eis, auf der Mauer laufen -> Ski, Schlittschuh, Rollschuh, Eis, Mauer laufen, läuft Eis, Mauer;
auf dem Rücken, auf der Brust schwimmen -> Rücken, Brust schwimmen, schwimmt Rücken, Brust;
auf dem Kopf, dem Posten, in der Schlange stehen -> Kopf, Posten, Schlange stehen, steht Kopf, Posten, Schlange;
auf der Schreibmaschine schreiben -> Schreibmaschine schreiben, schreibt Schreibmaschine;
auf dem Seil tanzen -> Seil tanzen, tanzt Seil;
auf dem Boden, Dach sitzen -> Boden, Dach sitzen, sitzt Boden, Dach;
am Reck, Barren turnen -> Reck, Barren turnen, turnt Reck, Barren;
auf den Berg steigen -> Berg steigen, steigt Berg;
auf den Baum klettern -> Baum klettern, klettert Baum;
im Fels, im Eis klettern -> Fels, Eis klettern, klettert Fels, Eis;
im Wirtshaus sitzen -> Wirtshaus sitzen, sitzt Wirtshaus;
im Bett liegen -> Bett liegen, liegt Bett;
in der Wanne baden -> Wanne baden, badet Wanne;
Dazu meine Meinung:
Adverbiale Substantive sollten wie Adverbien klein und mit dem Verb zusammengeschrieben werden. Der jetzige Zustand (teils - teils) ist in alter und neuer Rechtschreibung sehr unordentlich und unlogisch und bietet beiden Parteien Grund zur Kritik an der jeweils anderen Schreibweise.
Die Präpositionen sollten eigentlich dazu dienen, möglichst viele von den ursprünglich acht gemein-indogermanischen Fällen samt Endungen einzusparen (Entwicklung von einen synthetischen zu einer analytischen Sprache).
Wenn jetzt die Präpositionen eingespart werden, braucht man eigentlich wieder die entsprechenden Fall-Endungen, damit die Substantive getrennt stehen können und nicht für Akkusativobjekte gehalten werden. (Zurückentwicklung von einer analytischen zu einer synthetischen Sprache; die Rechtschreibreform scheint dieses Ziel zu verfolgen) Denkbar ist auch eine neue Bezeichnung als "Adverb-Fall" des Substantivs, vielleicht "Adverbativ", wobei beim Lesen Verwechslungen mit dem Akkusativ möglich sind. Das Lesen soll ja laut Rechtschreibreform sowieso erschwert werden.
Mittwoch, 13.11.2002:
Ungleichbehandlung von Partizipien und Verben bei Zusammensetzungen mit Substantiven [I]
Getrennt- und Zusammenschreibung von Substantiven und Partizipien (§ 36 Absatz (1)):
Bei Zusammensetzungen aus Substantiv und Partizip soll zusammengeschrieben werden, wenn der erste Bestandteil für eine Wortgruppe steht:
angsterfüllt (= von Angst erfüllt), freudestrahlend (= vor Freude strahlend) usw.
(früher: "wenn die Zusammensetzung eine Präposition oder einen Artikel erspart")
Getrennt- und Zusammenschreibung von Substantiven und Verben (§ 34 Absatz (5)):
Bei Zusammensetzungen aus Substantiv und Verb soll getrennt geschrieben werden, auch wenn der erste Bestandteil für eine Wortgruppe steht:
Eis laufen (= auf dem Eis laufen), Schlange stehen (= in der Schlange stehen) usw.
(d.h. auch bei Getrenntschreibung soll die Präposition oder der Artikel weggelassen werden)
Hier bevormundet die Rechtschreibung die Grammatik.
Was ist, wenn von Verben Partizipien gebildet werden:
Wird dann das Partizip einfach aus Substantiv + Verb gebildet, und gilt dann § 34 Absatz (5), Getrenntschreibung bei Verben:
Ich sehe eine Schlange stehende Frau, ein Eis laufendes Kind, einen Kopf stehenden Mann, einen Ski laufenden Mann, usw.
oder gilt dann das Substantiv beim Partizip wieder als für eine Wortgruppe stehend und § 36 Absatz (1), Zusammenschreibung bei Partizipien:
Ich sehe eine schlangestehende Frau, ein eislaufendes Kind, einen kopfstehenden Mann, einen skilaufenden Mann, usw. ?
Nach meinem Rechtsverständnis gilt das letztere, oder ?
Dazu meine Meinung:
Die Rechtschreibreformer betonen an mehreren Stellen, daß das Partizip eine Verbform ist und entsprechend behandelt werden soll. Die Ungleichbehandlung von Partizipien und Verben bei Zusammensetzungen mit Substantiven ist daher unverständlich und unlogisch und verstärkt den Eindruck der Willkür.
Das Weglassen von Präpositionen und Artikeln, die das getrennt geschriebene Substantiv als adverbiale Ergänzung kennzeichnen und die Verwechslung mit einem Akkusativobjekt ausschließen, ist ein Grammatikfehler. So wird fehlerhaftes Deutsch gelehrt.
Freitag, 15.11.2002:
Ungleichbehandlung von Partizipien und Verben bei Zusammensetzungen mit Substantiven [II]
Substantiv + Verb
Gemäß § 34 Absatz (5) Getrenntschreibung, obwohl Ersatz für eine Wortgruppe (obwohl eine Präposition oder ein Artikel eingespart wird):
Tusche zeichnen (= mit Tusche zeichnen);
Öl malen (= in Öl malen);
Maschine schreiben (= mit der Maschine schreiben);
Pleite gehen (= in die Pleite gehen);
Substantiv + Partizip II
Gemäß § 36 Absatz (1) Zusammenschreibung, weil Ersatz für eine Wortgruppe (früher: weil eine Präposition oder ein Artikel eingespart wird):
tuschegezeichnet (= mit Tusche gezeichnet);
ölgemalt (= in Öl gemalt);
maschinegeschrieben (= mit der Maschine geschrieben);
pleitegegangen (= in die Pleite gegangen);
Also, wenn ein Substantiv für eine Wortgruppe steht:
§ 34 Absatz (5): Er wird Tusche zeichnen, Öl malen, Maschine schreiben, Pleite gehen;
§ 36 Absatz (1): Er hat tuschegezeichnet, ölgemalt, maschinegeschrieben, ist pleitegegangen;
Ist es auch Blödsinn, ist es doch nach Vorschrift.
Eine Schreib-Erleichterung ist es nicht.
Non vitae, sed scholae discimus. - Nicht für das Leben, sondern für die Schule lernen wir. (entgegen Seneca d.J., 1 - 65 n. Chr.)
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Henning Upmeyer
eingetragen von J.-M. Wagner am 14.11.2002 um 18.10
Wenn ich den "Kernsatz" des Regeltextes von § 34 mit dem von § 36 vergleiche, fällt mir auf, daß die Liste der Wortarten, die darin genannt werden, bei § 34 wesentlich kürzer ist:
§ 34: Partikeln, Adjektive oder Substantive können mit Verben trennbare Zusammensetzungen bilden. ...Fetszuhalten ist, daß die in diesem "Kernsatz" aufgeführten Wortarten immer nur diejenigen sind, für die Zusammenschreibung gilt. Strenggenommen ist dadurch die Zusammenschreibung in anderen Fällen ausgeschlossen (es sei denn, daß sie von anderen Paragraphen geregelt wird).
§ 36: Substantive, Adjektive, Verbstämme, Adverbien oder Pronomen können mit Adjektiven oder Partizipien Zusammensetzungen bilden. ...
Ich habe mich nämlich gewundert, daß in § 34 E3 plötzlich von Adverben, Partizipien und Verben die Rede ist -- ich dachte erst, werden die jetzt etwa als Partikeln angesehen und fallen daher unter § 34, denn eigentlich ist der doch dafür gar nicht zuständig, siehe das obige Zitat... Eben! Bei § 34 E3 geht es ja um die Getrenntschreibung, und da sind dann einige andere Möglichkeiten auszuschließen -- obwohl dies, wie gesagt, rein prinzipiell von vornherein klar ist.
Warum aber ist die Getrenntschreibung in § 34 E3 so explizit geregelt? Nun, § 34 E3 (1), (3) und (5) sind aus formalen Gründen sinnvoll, da sie ebenfalls Partikeln, Adjektive bzw. Substantive betreffen (von inhaltlichen Mängeln einmal abgesehen, vgl. den "Kritischen Kommentar ..."), § 34 E3 (2), (4) und (6) sind dagegen prinzipiell überflüssig. Wenn man sich aber genau anschaut, auf was für Schreibungen sich diese Regelungspunkte beziehen, dann fällt einem auf, daß sie unter anderem solche enthalten, die nach herkömmlicher Art zusammengeschrieben werden (sofern dies der gewünschten Bedeutung entspricht). Die anderen, ebenfalls angeführten Schreibungen werden größtenteils überflüssiger Weise dazugestellt, weil sich ihre Getrenntschreibung bereits aus grammatischen Gründen ergibt.
Ich erahne daher zwei Aspekte, die ich aber leider nicht wirklich belegen kann: Zum einen scheint mir § 34 E3 unter anderem den Zweck zu haben, den Umlernern von der "alten" auf die "neue" Rechtschreibung eine Hilfestellung zu sein, indem genau gesagt wird, was ab sofort als Zusammenschreibung "falsch" ist. Zum anderen habe ich den Eindruck, daß hier eine "Systematisierung" der Getrenntschreibung (Stichwort: Beseitigung von "Ausnahmen" bzw. "Unregelmäßigkeiten") versucht wurde, und zwar aus einer rein oberflächlich-äußerlichen Betrachtung heraus, ohne grammatischen Bezug (und also ganz im Sinne der Trivialisierung des Schreibens, welche mit dem neuen Regelwerk erzielt werden sollte). Im Gegensatz dazu heißt es in den Vorbemerkungen zur GZS, daß »davon ausgegangen [wird], dass die getrennte Schreibung der Wörter der Normalfall und daher allein die Zusammenschreibung regelungsbedürftig ist.«
Wenn aber die Zusammenschreibung regelungsbedürftig ist, warum muß dann die eigentlich den Normalfall bildende Getrenntschreibung systematisiert werden?? -- Ich liebe § 34!!
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Jan-Martin Wagner
eingetragen von Norbert Lindenthal am 04.11.2002 um 22.42
Sehr verehrte Frau Dr. Menges, Sie hatten früher mal behauptet, hier bekämen Sie Ihre Fragen nicht beantwortet. Die Rheinzeitung vom 5.11.2002 schreibt auf Seite 4 zum Thema Gesundheitswesen die Bildunterschrift „Die Lage ist zum Haare raufen“. Jetzt habe ich einmal eine Frage an Sie. Wie erklären Sie sich, daß dieser Getrenntschreibfehler häufiger auftritt?
Beste Grüße
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Norbert Lindenthal
eingetragen von Theodor Ickler am 03.11.2002 um 04.31
Mit den Prozentzahlen wurde vor allem in der Anfangszeit herumjongliert, stets mit dem Ziel der Beschwichtigung und Irreführung. Tenor: Fast nichts ändert sich, aber alles wird unendlich besser. KMK-Vorsitzender Wernstedt wörtlich: "Mit der Rechtschreibreform werden wir 90 Prozent unserer Rechtschreibprobleme los" (im Radio gehört). Ganz minimal sollten die Veränderungen gleichzeitig sein. Auf Nachfragen stellte sich oft heraus, daß man die s-Schreibung ausgeklammert hatte, also den Kern des Unternehmens. Wenn ich Zeit hätte, würde ich das alles mal zusammenstellen.
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Th. Ickler
eingetragen von Jörg Metes am 02.11.2002 um 19.10
Kann es sein, daß die "0,8 Prozent" eine Zahl sind, die die Reformer in die Welt gesetzt haben?
- Mit welcher Prozentzahl auch immer sie operieren: Mir ging es darum, daß man den Satz "Nur [...] Prozent der Schreibweisen haben sich geändert." jedenfalls ergänzen muß um den Nachsatz: "Wir wissen bloß nicht genau, welche."
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Jörg Metes
eingetragen von Theodor Ickler am 02.11.2002 um 18.19
Irgendwas schwebt mir da vor - wer war es noch mal, der den Duden ausgezählt hat? Da kommt man auf fast dieselben 8 Prozent, mit Silbentrennung 15 Prozent oder so ähnlich.
Das amtliche Wörterverzeichnis ist offenbar nicht nach Änderungsträchtigkeit ausgewählt, sondern beansprucht schon, eine Art Grundwortschatz zu sein, mit Unterrepräsentation der Zusammensetzungen natürlich. Daß die Auswahl ein bißchen merkwürdig ist, habe ich ja schon ganz früh irgendwo moniert(Khedive usw.).
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Th. Ickler
eingetragen von Christian Dörner am 02.11.2002 um 14.36
Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Theodor Ickler
Prozent der laufenden Textwörter oder des Wortschatzes? Von 12.500 Wörtern des "zentralen Wortschatzes" (amtliches Wörterverzeichnis) sind 1.032 verändert, ohne Silbentrennung, kleine Zählfehler vorbehalten. Rund acht Prozent also.
Wobei man diese Zahl ein bißchen korrigieren muß, da im amtlichen Wörterverzeichnis mit Absicht hauptsächlich die Wörter aufgenommen wurden, bei denen sich etwas ändert. Andere (wir erinnern uns an Spengler usw.) wurden weggelassen, so daß man die Zahl von acht Prozent vielleicht auf fünf Prozent reduzieren kann. Eine genaue Angabe ist nicht möglich, und auch der Duden bietet keinen objektiven Maßstab mehr, wenn man beispielweise bedenkt, daß orthographisch problematische Wörter wie Oktroi gestrichen und aus politischen Gründen einfachste weibliche Formen wie Amerikanerin aufgenommen wurden.
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Christian Dörner
eingetragen von Theodor Ickler am 02.11.2002 um 13.38
Prozent der laufenden Textwörter oder des Wortschatzes? Von 12.500 Wörtern des "zentralen Wortschatzes" (amtliches Wörterverzeichnis) sind 1.032 verändert, ohne Silbentrennung, kleine Zählfehler vorbehalten. Rund acht Prozent also.
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Th. Ickler
eingetragen von Jörg Metes am 02.11.2002 um 12.08
Es stimmt schon: Die Reform betrifft nur 0,8 Prozent der Wörter. Das Problem ist offenbar nur: Die Fachleute werden sich nicht einig darüber, welche Wörter das im einzelnen nun wirklich sind.
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Jörg Metes
eingetragen von Theo Grunden am 02.11.2002 um 11.06
Kleine Sammlung aus der Oktober- und Novemberausgabe der GEW-Zeitschrift nds (neue deutsche schule):
Einerseits:
„So kann es nicht weiter gehen“, kommentierte DGB-Bezirksvorsitzender Walter Haas.
Dem ist entgegen zu halten, dass sich die Maßnahmen ...
Wenn wir das Ziel erreichen ..., werden wir dem Vergleich der nächsten PISA-Studie mit Gelassenheit entgegen sehen können.
„Früher hätte ich nie geglaubt, hier jemals wieder heraus zu kommen.“
Die schönste Art, Blau zu machen.
Selbstevaluation bietet Ihnen die Möglichkeit sich hinsichtlich Ihrer eigenen Ziele mit Ihrer Arbeit auseinander zu setzen und sie wert zu schätzen.
... den Gesetzentwurf zurück ziehen ...
Es gilt, größtmögliche Gerechtigkeit innerhalb des bestehenden Systems sicher zu stellen.
Andrerseits:
Von den vollmundigen Ankündigungen einer „tiefgreifenden Schulreform“ ist ...
Statt dessen sollten sie integraler Bestandteil von Schule und Unterricht sein.
Unübersehbar ist auch, dass es tiefgreifender Veränderungen bedarf.
Obwohl die Schüler/innen sich zuvor umfangreich mit der Materie auseinandergesetzt hatten, ...
Sie sollten Gelegenheit erhalten, sich kritisch auseinandersetzen mit ihrer eigenen Befindlichkeit ... (Anm.: das „zu“ fehlte wirklich)
Diesen sogenannten Erfüllern stehen rund doppelt so viele sogenannte Nichterfüller gegenüber.
In der sogenannten freien Wirtschaft gibt es solche Gespräche ...
Erfolgversprechend ist es, Themen zu formulieren ...
... und mit Themen auseinandersetzen zu können.
... bei einem Einsatz an allgemeinbildenden Schulen ...
... in großangelegten Studien ...
ndss? (neue deutsche schreibschule?)
eingetragen von Theo Grunden am 31.10.2002 um 06.48
"Blumen-Toptipp" bzw. "Blumentopp-Tipp" der NRZ vom 14.10.2002:
Die Blumenstängel sollten eine kurze Zeit lang in eine rohe Kartoffel gesteckt werden.
(Soviel über kurz oder lang)
eingetragen von Theodor Ickler am 30.10.2002 um 04.18
Bei Handvoll scheint es nicht zu funktionieren. Selbst mit drei Hand voll Erde läßt sich rechtfertigen, wenn man an drei Faß voll Wein denkt, allerdings wäre drei Faß Wein besser. Wir argumentieren hier lieber mit der gemeinten Bedeutung und vor allem auch mit dem Hinweis auf Dialektformen wie Hampfel usw.
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Th. Ickler
eingetragen von J.-M. Wagner am 29.10.2002 um 22.00
Zitat:Eine naheliegende, wenn auch fast triviale Frage: Funktioniert das auch bei Handvoll?
Ursprünglich eingetragen von Theodor Ickler
Daß es sich bei Zeitlang tatsächlich um ein einziges Wort handelt, das man nicht zerreißen darf, beweisen die Verbindungen mit Präpositionen. Bei Lesen stieß ich auf
auf eine Zeitlang (Dichtung und Wahrheit IV, 19)
Hierfür liefert Google weitere 250 Belege.
für eine Zeitlang (Keller, Der grüne Heinrich I, 16).
Diese Verbindung gibt es bei Google sogar weit über tausendmal.
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Jan-Martin Wagner
eingetragen von Reinhard Markner am 26.10.2002 um 20.07
Weder das Sichtreibenlassen in den Strassen noch die Versenkung ins Studium der Kunstwerke hätten diesen Grad von selbstbewusster Steigerung erreicht . . .
NZZ, 26. 10. 2002
Die Zusammenschreibung anstelle der mühseligen Durchkoppelung scheint mir recht verbreitet zu sein.
eingetragen von Christian Dörner am 24.10.2002 um 13.16
Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Jörg Metes
Der Bertelsmann-Wahrig von 2002 kennt das Substantiv Zuviel nicht mehr. Man kann sich denken, warum. Frage an die Besitzer eines Duden 2000: Wie hält es der Duden seit der Reform mit dem Zuviel (vor der Reform hatte er es noch)?
»Zu|viel, das; -s K81; ein Zuviel ist besser als ein Zuwenig«
Der neue Duden hat es also noch.
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Christian Dörner
eingetragen von Jörg Metes am 24.10.2002 um 10.21
Der Bertelsmann-Wahrig von 2002 kennt das Substantiv Zuviel nicht mehr. Man kann sich denken, warum. Frage an die Besitzer eines Duden 2000: Wie hält es der Duden seit der Reform mit dem Zuviel (vor der Reform hatte er es noch)?
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Jörg Metes
eingetragen von Theodor Ickler am 17.10.2002 um 08.53
Adjustablepeg, Advertisingagency, Fuzzytheorie, Generalenterprise (Wahrig Fremdwörterlexikon)
Der Widerspruch zwischen dem wilden Auseinanderreißen deutscher Zusammensetzungen und dem entschlossenen Zusammenschreiben englischer erregt immer wieder Verwunderung.
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Th. Ickler
eingetragen von Reinhard Markner am 15.10.2002 um 17.03
Die NZZ beteiligt sich nicht an dem Versuch, das Wort sogenannt abzuschaffen. Folglich liefert sie auch weiterhin Beweise dafür, daß es sich um ein Wort handelt. So in einem Artikel, der von Bemühungen berichtet, «den sogenannt wissenschaftlichen Walfang sowie den Fang von Kleinwalen und Delphinen sofort zu stoppen» (NZZ, 15. 10. 2002).
eingetragen von Theodor Ickler am 08.10.2002 um 14.08
Bekanntlich ist im amtlichen Wörterverzeichnis das rechtschreiblich durchaus interessante Wort Langeweile nicht enthalten. Die Wörterbuchredaktionen konnten sich also überlegen, ob sie aus Hoheslied und Hoherpriester folgern sollten, auch für Langeweile neuerdings die Binnenflexion zu vertreiben. Der Rechtschreibduden hat sich zunächst geweigert, irgend etwas zu ändern, aber in der letzten Auflage ist es dann doch geschehen: "bei Beugung des ersten Bestandteils getrennt geschrieben". Kurioserweise ist der Bertelsmann und damit auch dtv-Wahrig bei der herkömmlichen Schreibweise geblieben, ebenso das Österreichische Wörterbuch. Offenbar hat in diesem Punkt die Beratung durch die Rechtschreibkommission vesagt.
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Th. Ickler
eingetragen von J.-M. Wagner am 07.10.2002 um 15.29
Zitat:Es bleibt nachzutragen, was aus diesem Problem in der 1997/98 nachgebesserten Variante von § 36 wird. Im folgenden sind alle nachgebesserten Paragraphen mit einem Sternchen gekennzeichnet. Zunächst ist der Haupttext des Paragraphen verändert worden; es wird »der Unterschied von selbständigem Wort und Wortbestandteil wie in *§ 34 verdeutlicht«:
Ursprünglich eingetragen von J.-M. Wagner
Nochmal zu Herrn Reimers ("Steigerbarkeit"):Ich habe das Regelwerk ja nicht bei mir zuhause, aber heißt es dort nicht irgendwo, daß der erste Bestandteil nicht allgemein, sondern speziell in dem gegebenen Zusammenhang steigerbar sein muß?Ja, und zwar in Paragraph 34, genauer: in § 34 (2.2): »Zusammensetzungen aus Adverb oder Adjektiv + Verb, bei denen der erste Bestandteil in dieser Verbindung weder erweiterbar noch steigerbar ist«. Bei § 36 wurde dies vergessen -- mit den beschriebenen Konsequenzen.*§ 36: Substantive, Adjektive, Verbstämme, Adverbien oder Pronomen können als Wortbestandteile mit Adjektiven oder Partizipien Zusammensetzungen bilden. Man schreibt sie zusammen.Diese Bedingung als Wortbestandteil soll wohl den zuvor berschriebenen logischen Konstruktionsfehler von § 36 (2) -- in der bisherigen bzw. der weiterhin amtlich gültigen Fassung enthalten -- eliminieren. Ob das gelungen ist, wage ich nicht zu beurteilen; ganz schlecht scheint es aber nicht zu sein.
(Ob es aber überhaupt sinnvoll und nötig ist, an § 36 irgendwelche Nachbesserungen vorzunehmen, ist eine ganz andere Frage; ich halte es für verlorene Liebesmüh, weil eine klare, einfache Lösung viel besserere Ergebnisse liefern würde und vor allem mit deutlich geringerem Aufwand zu haben wäre: die komplette Rücknahme der Reform.)
Auf das hier diskutierte Problem der Schreibung von gut_willig (u.ä.) hat das aber keinen Einfluß, ebensowenig das hinzugekommene Steigerungskriterium, das sich ausschließlich auf den zweiten Bestandteil bezieht:*§ 36 (4): Zusammensetzungen, deren zweiter Bestandteil gesteigert ist und damit die ganze Verbindung steigert, zum Beispiel:Die Konsequenz daraus ist, daß nur gutwilliger (als Komparativ) zusammengeschrieben wird, der Positiv geht weiterhin leer aus (worauf Herr Ickler schon mehrfach hingewiesen hat).
dieser Schluck Bier war wohltuender als eine Stunde Schlaf; die gewinnbringendste Anlageform; dein Fehler ist schwerwiegender als meiner
(Mit Verlaub, die Beispiele von *§ 36 (4) halte ich inhaltlich für einigermaßen schwachsinnig -- was ja regelkonform als *schwach sinnig zu schreiben ist, oder? Man widerlege es mir!)
Dies ist damit auch die Stelle, auf welche sich der zuvor erwähnte Duden-Newsletter vom 12.07.2002 bezieht. Die dortige Darstellung geht aber einen entscheidenden Schritt über den Änderungsvorschlag hinaus und läßt in bestimmten Fällen Schreibweisen zu, die einem zusammengeschriebenen Positiv entsprechen: »ein besonders wasserabweisendes Material«; »ein sehr zeitsparendes Verfahren«. Läßt man hier die Adverbien besonders, sehr weg, ist die herkömmliche Schreibung des Positivs wiederhergestellt.
Aber nochmal zum bereits zuvor diskutierten gut_willig und der Problematik der Steigerungskriteriums bei Getrenntschreibung. Der betreffende Unterpunkt wurde gekürzt; er lautet (im ersten Bericht der Rechtschreibkommission, nicht amtlich):*§ 36 E2 (3): Fälle, bei denen der erste Bestandteil erweitert ist, zum Beispiel:Weiterhin gilt, daß bei gut_willig keines der Kriterien für Zusammenschreibung zutrifft. Weil jetzt ein (m.E. rein syntaktisches) Kriterium anzuwenden ist, welches lediglich prüft, ob eine Erweiterung vorliegt, nicht aber, ob eine solche möglich ist, und da das Steigerungskriterium entfallen ist, gilt bei der nachgebsserten Regel, daß bezüglich gut_willig auch keines der Kriterien für Getrenntschreibung zutrifft. Es fällt damit komplett durch *§ 36 durch.
vor Freude strahlend, drei Meter hoch, sehr ernst gemeint
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Jan-Martin Wagner
eingetragen von Theodor Ickler am 07.10.2002 um 09.36
Einverstanden! Daß es mir völlig fernliegt, irgendwelche Zugänge gegeneinander auszuspielen, geht wohl aus meinen bisherigen Beiträgen und auch aus meinen Büchern klar hervor. Mir war nur aus gegebenem Anlaß noch einmal der besondere Unwille über die in der Öffentlichkeit weniger beachteten Mängel hochgekommen, zumal im Gedanken an den Wissenschaftlerstatus der Reformer. Und wie sie alle still geworden sind, ihre einst vorgetragenen Bedenken niemals mehr artikuliert haben!
Und wenn ich bedenke, daß der wohl am meisten verkaufte Duden aller Zeiten, der reformierte von 1996, nun millionenfach benutzt wird und doch vollkommen überholt ist! Der Verlag hütet sich natürlich, darauf hinzuweisen. Dasselbe gilt übrigens für Band 9 ("Richtiges und gutes Deutsch").
Dieser Tage erscheint übrigens die Dokumentation über Bertelsmann als Erfolgsunternehmen im Dritten Reich. Heute verhält sich der Konzern wieder betont staatstragend, indem er ungebeten die Rechtschreibreform vorantreibt. Der stolze Hinweis auf die eigenen Aktivitäten (40.000 Schulen mehrfach beschenkt, Verschenkaktion in Schleswig-Holstein, s. ferner die "Chronologie" auf der Homepage, die die ganze RSR geradezu als Bertelsmann-Meisterstück erscheinen läßt) sollte eigentlich eine neue Dokumentation rechtfertigen.
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Th. Ickler
eingetragen von Heinz Erich Stiene am 07.10.2002 um 09.09
Aus dem Beispiel des grammatisch bedenklichen Übergangs von "allein stehend" zu "Alleinstehende" folgert Herr Ickler, solche Befunde seien besonders für Linguisten "viel skandalöser als all die Spagetti, Gämsen und so genannten Kängurus." Aus linguistischer Sicht stimme ich ihm uneingeschränkt zu, doch warne ich davor, die sprachlichen Ebenen gegeneinander auszuspielen. Es gibt verschiedene, aber nach meinem Urteil durchaus gleichberechtigte Wahrnehmungen des Verderbten.
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Heinz Erich Stiene
eingetragen von Theodor Ickler am 07.10.2002 um 07.33
"Nicht nur bei uns in der Stadt, sondern auch vermehrt auf dem Land wird viel von ihnen geredet und geschrieben - von den allein erziehenden Müttern (neue deutsche Rechtschreibung)."
(Tagblatt 8.10.02)
Bei Google findet man ungefähr 100.000 Belege für alleinerziehend. Darunter befinden sich natürlich auch die Substantivierungen, für die nach übereinstimmender Interpretation der reformierten Wörterbücher auch Zusammenschreibung möglich sein soll, offenbar nach dem Vorbild " allein stehend, die allein Stehenden/Alleinstehenden" aus dem amtlichen Wörterverzeichnis. Jeder Grammatiker wird aber zugeben, und die Reformer Gallmann und Sitta haben es ausdrücklich klargestellt, daß ein grammatisch einwandfreier Übergang von allein stehend zu Alleinstehende nicht möglich ist. Substantiviert wird nur der zweite Teil, andernfalls ist zwingend auch alleinstehend anzusetzen.
Wahrscheinlich sind diese Tatsachen für eine breitere Öffentlichkeit nicht besonders wichtig und auch schon eine Spur zu feingesponnen, als daß man sich darüber aufregen könnte. Für die sprachlich Interessierten und, wie ich glaube, besonders für Linguisten sind sie viel skandalöser als all die Spagetti, Gämsen und so genannten Kängurus.
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Th. Ickler
eingetragen von J.-M. Wagner am 06.10.2002 um 17.08
(Jaja, das Denken sollte man Pferden überlassen, die haben einen größeren Kopf...)
Nochmal zu Herrn Reimers ("Steigerbarkeit"):Ich habe das Regelwerk ja nicht bei mir zuhause, aber heißt es dort nicht irgendwo, daß der erste Bestandteil nicht allgemein, sondern speziell in dem gegebenen Zusammenhang steigerbar sein muß?Ja, und zwar in Paragraph 34, genauer: in § 34 (2.2): »Zusammensetzungen aus Adverb oder Adjektiv + Verb, bei denen der erste Bestandteil in dieser Verbindung weder erweiterbar noch steigerbar ist«. Bei § 36 wurde dies vergessen -- mit den beschriebenen Konsequenzen.
[Nachtrag: Zu den Auswirkungen der im ersten Kommissionsbericht enthaltenen Änderungen siehe meinen separaten Beitrag vom 08.10.2002.]
Wenn es anders wäre, müßt man reformiert ja auch "hoch trabend" und - pardon! - "nieder trächtig" schreiben.Warum ich hochtrabend bezüglich der Getrenntschreibung unmittelbar parallel zu alleinerziehend gestellt habe, weiß ich nicht mehr genau; vermutlich nur als Einleitung zu der anschließenden Bemerkung der Auffassung als Verbaladjektiv.
Wie aber ist denn die Zusammenschreibung bei hochtrabend nach den neuen Regeln zu begründen? Bitte korrigieren Sie mich, Herr Reimers: Ich denke, die gilt nach § 36 (3) wegen der Zusammenschreibung von hochtraben, letztere wegen § 34 (2.2) -- also genau mit dem Argument, an das Sie als erstes dachten. (Was aber hochtraben in diesem Zusammenhang bedeuten soll, bleibt unklar.)
Bei der Diskussion zu niederträchtig hatte ich nur an die adverbiale Verwendung von nieder gedacht und war deshalb nicht auf die Steigerung gekommen; die hatte ich niedrig zugeordnet (was gar nicht so falsch war, da niedrig eine Ableitung von nieder ist).
Aber auch hier: Wie ist die Zusammenschreibung nach den neuen Regeln zu begründen? Oder sollte es einen mit den neuen Regeln kompatiblen Grund geben, warum sich diese Frage nicht stellt?
Außerdem muß ich meine Bemerkung zur Ableitungsrichung korrigieren: Nach H. Paul (Deutsches Wörterbuch, 9. Auflage, S. 614) ist Niedertracht »eine junge Rückbildung Goethes (...) zu dem dem älteren niederträchtig, mhd. nidertrehtic.«
– geändert durch J.-M. Wagner am 08.10.2002, 16.37 –
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Jan-Martin Wagner
eingetragen von J.-M. Wagner am 05.10.2002 um 20.08
Zitat:Hm, war der Link, den ich genau deswegen zu § 36 (»Substantive, Adjektive, Verbstämme, Adverbien oder Pronomen können mit Adjektiven oder Partizipien Zusammensetzungen bilden. Man schreibt sie zusammen. Dies betrifft ...«) gelegt hatte, vielleicht etwas zu gut versteckt?
Ursprünglich eingetragen von Martin Reimers
Ich habe das Regelwerk ja nicht bei mir zuhause, ...... aber heißt es dort nicht irgendwo, ...Das ist der Punkt, über den ich die geneigten Leser des § 36 gern stolpern lassen möchte: Was genau steht da -- und was steht da NICHT?... daß der erste Bestandteil nicht allgemein, sondern speziell in dem gegebenen Zusammenhang steigerbar sein muß?Also schauen wir uns das nochmal am Beispiel von gutwillig an (durch die formale Brille, wohlgemerkt): Sowohl gut als auch willig existieren als eigenständige Wörter, gutwillig fällt als Zusammensetzung unter § 36, aber weder steht der erste Bestandteil für eine Wortgruppe (§ 36 [1]), noch kommt einer der Bestandteile in dieser Form nicht selbständig vor (§ 36 [2]), noch handelt es sich beim zweiten Bestandteil um ein Partizip (§ 36 [3]), noch handelt es sich um gleichrangige Adjektive (§ 36 [4]), noch ist der erste Bestandteil bedeutungsverstärkend oder -mindernd (§ 36 [5]), noch handelt es sich um Zahlwörter gewisser Kategorien (§ 36 [6]).
Was bleibt, ist § 36 E1: »In den Fällen, die nicht durch § 36 (1) bis (6) geregelt sind, schreibt man getrennt. Siehe auch § 36 E2. Dies betrifft ...« Worauf ich hinauswollte, ist der vierte Punkt:4. Fälle, bei denen der erste Bestandteil erweitert oder gesteigert ist bzw. erweitert oder gesteigert werden kann, zum Beispiel: ...Es steht nicht da, daß der erste Bestandteil in dieser Zusammensetzung steiger- oder erweiterbar sein muß (so daß also die Steigerung oder Erweiterung der Zusammensetzung als Ganzes via einer solchen des ersten Bestandteiles erreicht wird), sondern nur, daß das allgemein der Fall sein soll -- nicht wahr?
Natürlich wird aus den Beispielen die Intention des Regelwerkes deutlich, daß mit dem Steiger-/Erweiterbarkeitskriterium nur solche Fälle gemeint sind, in denen die Steigerung bzw. Erweiterung auf ein sinnvolles Wort führt. Sinnvolles Wort ist jedoch ein inhaltliches Kriterium und kein formales. Wozu brauche ich eine formale Regel, wenn letztlich der Inhalt das entscheidende Kriterium ist?
Zitat:Da bin ich mir nicht sicher. Zunächst zu *hoch trabend: Wenn einerseits nach der Neuregelung alleinerziehend getrennt zu schreiben ist, dann sollte dies gleichermaßen für hochtrabend gelten, denke ich! Wenn man aber andererseits hochtrabend als ein Verbaladjektiv auffaßt, d. h. als eigenständiges Wort, dessen innere Struktur unerheblich ist, da es als Wort nur mit dieser Struktur existieren kann, fällt es nicht mehr unter § 36, weil es sich nicht um eine Zusammensetzung handelt (vgl. die Überlegungen in meinem Beitrag "allein_erziehend" vom 05.09. in diesem Strang, die analog gelten sollten). Mithin ist also die Existenz der Schreibung hochtrabend ein Argument für die Existenzberechtigung der Schreibung alleinerziehend. Sehr schönes Argument, so etwas hatte ich gesucht!
Wenn es anders wäre, müßt man reformiert ja auch "hoch trabend" und - pardon! - "nieder trächtig" schreiben.
[Nachtrag: Ist das wirklich so? Ich bin mir nicht mehr sicher... Are the Germans confused? -- Sure they are!]
Es enthält § 36 zwar genau solche Wörter, die wie eine Zusammensetzung erscheinen, aber nur in dieser Form existieren (unter § 36 [2]) -- was jedoch einen logischen Konstruktionsfehler darstellt, weil die Wortart von Wörtern, die »in dieser Form nicht selbständig [vorkommen]«, nicht angebbar ist und sie daher garnicht unter den § 36 fallen können, der ja nur Aussagen über Wörter definierter Wortart macht (vgl. den obigen Paragraphentext)!
Nun zu *nieder trächtig: Ich komme gerade nicht auf die Steigerung von nieder, deshalb irritiert mich dieses Beispiel. Wenn es wirklich keine Steigerung gibt, dann ist nieder_trächtig analog zu ab_artig ein pathologischer Fall, der garnicht erfaßt wird, so daß nicht klar ist, was die reformkonforme Schreibung eigentlich ist.
Das einzige, was mich bei Fällen wie diesen beiden aber an meiner formalen Betrachtungsweise von § 36 zweifeln läßt, ist, daß man diese Wörter ja als von (formal gesehen zusammengesetzten) Substantiven abgeleitet auffassen kann (Abart, Niedertracht). Ich hatte bislang den Fall des kleinmütig aus der Beispielliste von § 36 (2) als Argument dafür verwendet, daß solche von zusammengesetzten Substantiven abgeleiteten Adjektive der (formalen!) Prüfung auf die Existenz der einzelnen Bestandteile in dieser Form zu unterwerfen sind; gerade diese Prüfung führt ja bei den angegebenen Beispielen zu dem pathologischen Verhalten.
Wenn jedoch eine solche Ableitung ein generelles Wortbildungsprinzip darstellt und wenn die Neuregelung die Schreibung in solchen Fällen nicht explizit regelt (d. h. wenn stillschweigend davon ausgegangen wird, daß in solchen Fällen keine explizite Regelung erforderlich ist) -- was ich aber bezweifele, denn offenbar erwähnt § 36 einige solcher eigentlich implizit klaren Fälle explizit, vgl. § 36 E1 (1) --, dann werden abartig und niederträchtig natürlich zusammengeschrieben. Ich halte sie jedoch nach wie vor für pathologische Fälle -- genauer: Paragraph 36 ist in diesen Fällen pathologisch; was können denn die unschuldigen Wörter dafür, daß ein Handvoll Experten ihre Schreibung nicht hinbekommt?
– geändert durch J.-M. Wagner am 08.10.2002, 16.34 –
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Jan-Martin Wagner
eingetragen von Theodor Ickler am 05.10.2002 um 06.26
Das ist richtig. Übrigens können Sie doch das Regelwerk jederzeit runterladen, von IDS-Mannheim.de oder sonstwo.
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Th. Ickler
eingetragen von Martin Reimers am 04.10.2002 um 21.07
Ich habe das Regelwerk ja nicht bei mir zuhause, aber heißt es dort nicht irgendwo, daß der erste Bestandteil nicht allgemein, sondern speziell in dem gegebenen Zusammenhang steigerbar sein muß?
Wenn es anders wäre, müßt man reformiert ja auch "hoch trabend" und - pardon! - "nieder trächtig" schreiben.
Daß die Steigerungsregel seit jeher durch die Wörterlisten übergeneralisiert wird ("zufriedener stellend" gibt's nicht!), steht auf einem anderen Blatt.
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Martin Reimers
eingetragen von J.-M. Wagner am 04.10.2002 um 20.34
Wenn man es einmal so richtig übertreibt und ausschließlich formal vorgeht, kann man bezüglich außenpolitisch, großartig, gutwillig und noch ein paar anderen Wörtern (bei denen keines der Zusammenschreibungskriterien von § 36 greift) zu dem Schluß kommen, daß die Getrenntschreibung regelkonform ist. Unter § 36 E1 (4) steht als Kriterium für Getrenntschreibung:
Fälle, bei denen der erste Bestandteil erweitert oder gesteigert ist bzw. erweitert oder gesteigert werden kann (...)Na bitte, das trifft doch zu: außen --> weiter außen; groß --> größer; gut --> besser.
Aus den Beispielen unter § 36 E1 (4) geht natürlich hervor, daß diese Regelauslegung nicht beabsichtigt ist, aber was ändert das? Daß solche Steigerungen nur sinnvoll sind, solange der erste Bestandteil keinen inhaltlichen Bezug zu dem zweiten hat hat, interessiert einen bei einer rein formalen Herangehensweise nicht.
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Jan-Martin Wagner
eingetragen von Theodor Ickler am 02.10.2002 um 03.25
Eigentlich kann die Wörterbuchform sogenannt in Texten gar nicht vorkommen, denn das Wort wird ja, sollte man meinen, nur attributiv, also stets flektiert gebraucht. Gibt man die unflektierte Form jedoch in eine Suchmaschine ein, findet man unzählige Belege der folgenden Art: Deshalb traten die Zigarettenhersteller im Namen einer sogenannt "vernünftigen Wissenschaft" auf. Also eine Art adverbialer Verwendung. Ich hatte mir das früher schon mal notiert und dann wieder vergessen. In den Wörterbüchern findet sich anscheinend gar nichts zu dieser wohl neuartigen Verwendung.
Übrigens ist das neuschreibliche so genannt im Duden Universalwörterbuch so gut versteckt, daß die Eingabe von sogenannt eine bloße Fehlanzeige ergibt: Dieses Wort existiert nicht, hat nie existiert! Dabei findet der Leser, zum Beispiel ein deutschlernender Ausländer, das Wort in jedem beliebigen Text, auch heute noch (täglich etwa 100 Beispiele allein bei Paperball!)
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Th. Ickler
eingetragen von J.-M. Wagner am 25.09.2002 um 17.05
Im ersten Bericht der Rechtschreibkommission ist ja bereits eine neuformulierte Fassung von § 36 enthalten. Die (inoffiziellen, aber partiell in aktuellen Wörterbüchern berücksichtigten und im Duden-Newsletter vom 12.07.2002 zum Ausdruck kommenden) Änderungen wirken sich aber auf die Probleme mit den "komplett durchfallenden" Wörtern (weitere Beispiele siehe hier) nicht aus; bei der Zusammenschreibung ist als Kriterium die Steigerung hinzugekommen sowie eine (weitreichende) fakultative GZS bei Partizipien.
Fazit: weiterhin Totalschaden -- und was man in so einem Fall macht, brauche ich ja wohl nicht zu erläutern. Dieser Totalschaden betrifft allerdings nur den Bereich der Getrennt- und Zusamenschreibung; um die gesamte Reform als solchen anzusehen, bedarf es noch entsprechender Fazite in den anderen Teilbereichen (A Laut-Buchstaben-Zuordnungen; C Schreibung mit Bindestrich; D Groß- und Kleinschreibung; E Zeichensetzung; F Worttrennung am Zeilenende) -- oder man zeigt nicht nur, daß wir »eine gute Rechtschreibung, die bei richtiger Auffassung auch nicht besonders schwer ist und niemals ungrammatisch«, hatten und haben -- so daß es vor allem darauf ankommt, »das Gewachsene zu verstehen und immer besser darzustellen« (Th. Ickler) --, sondern außerdem, daß die Motive, Argumente und Begründungen, die hinter der 1996er Reform stehen, unhaltbar bzw. in ihrer logischen Konstruktion ungültig sind -- vgl. etwa den Aufsatz "Die Rechtschreibreform und einige ihrer Argumente von H.-Ch. Weißker.
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Jan-Martin Wagner
eingetragen von J.-M. Wagner am 23.09.2002 um 19.25
Daß man § 36 der Neuregelung unter Ulk verbuchen kann, ist zwar nicht neu, jedoch "freue" ich mich immer wieder, wenn man ganze Klassen von Wörtern finden kann, die "komplett durchfallen", bei denen also weder die "Positivliste" (für Zusammenschreibung; § 36 [1]-[6]) noch die "Negativliste" (für Getrenntschreibung; § 36 E1) greift.
Hier also noch so ein Beispiel: "außen_politisch" -- offensichtlich eine Zusammensetzung vom Typ Adverb+Adjektiv, deren beide Bestandteile "in dieser Form selbständig" vorkommen, deren erster Bestandteil aber weder für eine Wortgruppe steht, noch auf -ig, -isch, -lich endet und der auch nicht erweitert oder gesteigert werden kann.
Wie viele Adjektive, die sich von zusammengesetzten Substantiven ableiten und die in dieses Schema passen, mag es wohl geben?
Bei einem Auto spricht man vom Totalschaden, wenn die Reparaturkosten den Zeitwert übersteigen (oder so ähnlich; ich besitze kein Auto). Wie mir scheint, ist der Reparaturaufwand bei § 36 immens, der Nutzen aber -- selbst in funktionsfähigem Zustand -- gering.
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Jan-Martin Wagner
eingetragen von Theodor Ickler am 19.09.2002 um 14.10
Daß es sich bei Zeitlang tatsächlich um ein einziges Wort handelt, das man nicht zerreißen darf, beweisen die Verbindungen mit Präpositionen. Bei Lesen stieß ich auf
auf eine Zeitlang (Dichtung und Wahrheit IV, 19)
Hierfür liefert Google weitere 250 Belege.
für eine Zeitlang (Keller, Der grüne Heinrich I, 16).
Diese Verbindung gibt es bei Google sogar weit über tausendmal.
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Th. Ickler
eingetragen von J.-M. Wagner am 10.09.2002 um 19.54
Lieber Herr Schäbler!
Vielen Dank für das Kompliment und für die Würdigung meiner Bemühungen! Es freut mich sehr, mich von Ihnen sowohl recht verstanden als auch in meinen Absichten (weitgehend) bestätigt zu sehen (ich hoffe, daß ich Sie damit richtig interpretiert habe).
Das mit der Weißglut kann ich sehr gut verstehen. Einer meiner Arbeitskollegen, mit dem ich sehr viel über die RSR diskutiere, hat viel früher als ich erfaßt, daß eine konstruktive Diskussion z. B. mit Herrn Dr. Heller nicht viel Zweck hat, weil er nicht sauber argumentiert. Auch die jüngsten Antworten aus dem Bayerischen Staatsministerium und vom Sekretär der KMK auf die Anfrage von Frau Dr. Menges sind geradezu entmutigend, auf diesem Wege irgend etwas erreichen zu können -- und ich hatte noch gehofft, daß jetzt endlich einmal die Fakten zur Kenntnis genommen würden...
Es hilft also nichts; mir scheint, daß man diese Leute mit der Nase darauf stoßen und ihnen eine möglichst lange Liste unterbreiten muß, die beweist, daß die Kommision lügt: eine Liste mit Änderungen, die erst in den neuesten Ausgaben der Wörterbücher zu finden sind und die gegen die amtlichen Regeln verstoßen. Aber das sind "peanuts" im Verhältnis zu dem, was Sie bereits bezüglich der Chronologie der Ereignisse beschrieben haben. Also Weißglut? Aber nur ganz kurz, bitte.
Andererseits sprechen diese zuvor erwähnten Antworten für sich, und man sollte meinen, daß nun auch der letzte erkennt, was hier für ein Spiel gespielt wird -- ein "Spiel" mit der Macht, gegen die Demokratie. Dies möchte ich am liebsten allgemein bekanntmachen, es dabei verwenden, "den Maulwurf zu vertreiben", indem die "Nachbarn" dazu gebracht werden, bei einer einfachen Sache mitzuziehen: einfach so zu schreiben wie gewohnt und die Reform quasi komplett zu ignorieren (soweit das geht). Um dies zu erreichen, braucht man Glaubwürdigkeit in den Augen seiner Mitmenschen. Dazu braucht man Fairneß auch gegenüber denen, die sie nicht verdient haben -- aber das macht ja nichts, denn von denen verspreche ich mir (fast) nichts mehr.
Eine wichtige Frage bleibt allerdings: Was ist der / sind die erfolgversprechendste(n) Weg(e), um das allgemeine Bewußtsein zu mobilisieren oder einen Sinneswandel in einer Zeitungsredaktion bzw. bei der Herausgeberschaft zu erreichen, so daß sich nach und nach wirklich etwas ändert, bzw. welche andere Zielstellung sollte man wählen, um mit der "Lösungsmöglichkeit 1 -- Vertreibung durch Vergraulen" die Reformorthographie loszuwerden? Was lohnt sich wirklich?
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Jan-Martin Wagner
eingetragen von Norbert Schäbler am 06.09.2002 um 07.40
Lieber Herr Wagner!
Beginnen will ich mit einem uneingeschränkten Lob für Ihre Art, sich sachlich und objektiv mit der Rechtschreibreform auseinanderzusetzen. In mühsamer Kleinarbeit weisen Sie häufig deren Konstruktionsfehler nach. Ebenso gewinnen Sie einigen Denkansätzen Positives ab. Sie sind einfach fair – liebenswürdig fair!
Rechtschreibreformkritikern liefern Sie präzise Argumentationshilfen. Gleichzeitig machen Sie der anderen Seite klar, daß Änderungsbedarf besteht. Sie entwerfen eindeutige und klare Vetos, aber auch Kompromisse, die man nicht weiter verhandeln muß! Solches Engagement verdient höchsten Respekt. Meiner persönlichen Wertschätzung können Sie absolut sicher sein.
Was mich persönlich zur Weißglut treibt, ist die Reaktion der Gegenseite auf jegliche konstruktive Kritik.
Blättert man in der Chronologie der Ereignisse seit Einführung der Rechtschreibreform im Jahre 1996, dann stellt man fest, daß die Urheber dieses Unterfangens von Beginn an ihr gesamtes Machtpotential eingesetzt haben, um etwas Faktisches niederzureißen, was im Prinzip unantastbar - weil allseits akzeptiert - erschien.
„Augen zu und durch“, lautete die Parole derjenigen, die neue Fakten schufen - Fakten, die ein funktionierendes System beeinträchtigten und die sich als äußerst fehlerhaft und entwicklungshemmend für die Sprache erwiesen.
Diese Aussage ist beweisbar mithilfe der heimlich vollzogenen Revisionen der Rechtschreibreformkommission und deren Niederschlag in den Wörterbüchern des Jahrgangs 2002, die nach wie vor strotzen vor ungrammatischen Ausdrücken, obwohl schon im Herbst 1996 für derartige „Fehler“ eine Reihe von Expertisen erstellt worden war.
Mit anderen Worten: Die Macher der Reform reagieren nicht auf Kritik und Kompromißfähigkeit. Das heißt: Fairneß haben die auch nicht verdient!!
Zu meinem Vergleich mit dem Maulwurf:
Die Reformbetreiber haben bildlich gesprochen den Maulwurf in den herrlich bestellten Ziergarten Schriftsprache hineingesetzt.
Das Bild mag für sich selbst sprechen, und was den Ziergarten angeht, so sei darauf hingewiesen, daß ein solcher intensivster Pflege eines „keen gardeners“ bedarf.
Zum Vertreiben des Maulwurfs drei Lösungsmöglichkeiten:
1. Es gibt das sog. Spitzmauskraut, ein Staudengewächs, das etwa einen Meter hoch wird. Das mögen Maulwürfe nicht. Binnen kürzester Zeit flüchtet der Maulwurf in Nachbars Garten. Damit ist immerhin das Problem verschoben - doch wenn mehrere Nachbarn mitziehen, dann landet der Maulwurf irgendwann auf dem freien Feld.
2. Es gibt die sog. Ausräucherungsmethode. Man trägt einen Maulwurfshügel ab, deckt einen Höhleneingang frei und wirft eine Rauchbombe hinein. Dann hat auch der Nachbar kein Problem mehr mit dem fleißigen Tierchen.
3. Es gibt die herkömmliche Jagdmethode, bei der man sich mit einer Harke bewaffnet, mit der man dem Maulwurf im Morgengrauen auflauert. Dann nämlich sind die Tiere besonders aktiv. Um diese Zeit entstehen die meisten Hügel. Dorthin, wo gerade ein Berglein wächst, muß man kräftig zustoßen, und dann ist das Problem beseitigt.
Das ist natürlich alles reine Theorie, und die Lösungen 2 und 3 sind schrecklich militant.
Ich mag aber keine Maulwürfe im eigenen Garten, und somit denke ich eben über alle Möglichkeiten nach.
Reden kann ich ja mit dem lieben Tierchen nicht, weil’s mich nicht versteht.
– geändert durch Norbert Schäbler am 07.09.2002, 19.06 –
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nos
eingetragen von J.-M. Wagner am 05.09.2002 um 13.23
Man gewährt ihnen viel zu viel Ehre, diesen Maulwürfen, diesen Schattenwesen, und vor allem denen, die die Rechtschreibreform ausgeheckt haben.
Danke, Herr Schäbler, genau das habe gerade ich noch gebraucht!
Man setzt sich auseinander mit ihren idiotischen, perfiden, intriganten und selbstgefälligen Ideen, die nichts taugen in einem anderen Lebensraum...
Andererseits habe Sie natürlich recht: Man macht sich mit den schrottigen neuen Rechtschreibregeln viel zu viel Mühe -- eigentlich sind sie's nicht wert, daß man ihnen so kleinteilig nachsteigt, um herauszubekommen, ob und wie sie funktionieren.
Es gibt aber nach wie vor Leute, die die Rechtschreibreform für eine gute Sache und die neuen Regeln für modern etc. halten. Da ist es vielleicht hilfreich, mal exemplarisch vorzuführen, wie "gut" die Regeln wirklich sind.
..., und man erkennt jene Böcke an - sprich die Kultusminister - die man zum Gärtner gemacht hat.
Momentmal -- das liegt mir fern. Extrem fern sogar!! Muß man sich als Rechtschreibreformkritiker nicht quasi besonders gut mit den neuen Regeln auskennen, besser nämlich als die meisten Leute, um nachweisen zu können, daß sie nichts taugen?
Man muß es auch, um nicht bei Pauschalverurteilungen stehenzubleiben und also behaupten, es sei alles Mist. "Selbst ein blinder Mann fängt einmal ein Huhn" (aus "Anatavka") -- es könnte doch zufällig auch etwas Brauchbares an den neuen Regeln dran sein, und m. E. kommt es der eigenen Glaubwürdigkeit zugute, wenn man das auch benennt.
So, und nun verraten Sie uns schon Ihre gärtnerischen Kenntnisse bezüglich der Maulwürfe...
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Jan-Martin Wagner
eingetragen von Norbert Schäbler am 04.09.2002 um 21.32
Maulwürfe haben bekanntlich ein Fell ohne Strich. Das brauchen sie, um sich unter der Erde vorwärts und rückwärts bewegen zu können. Sonst würden sie sich irgendwo verfangen, aufspießen und in ihrem Lebensraum – der ist unterirdisch! - jämmerlich krepieren.
Maulwürfe sind mit Ausnahme ihrer so gnadenreichen Sonderausstattung – dazu gehören auch die am Körper eng anliegenden Grabschaufeln - verfemte Tiere. Sie sind von jedem Gärtner gehaßt und vom Volksmund geschaßt … Ich selbst mag sie – diese unterirdischen Perfektionisten: vor allem idealtypisch, ansonsten nur in Nachbars Garten und außerhalb des eigenen Vereins …
Maulwurfen tut’s in unserer Gesellschaft, denn die unkrautverherrlichende Grünenkultur wimmelt vor Schirmherren und Schutzpatronen für nutznieß- und situationsspezifisch nichtsnützende Minderheiten.
Ist das nicht eine seltsame Orientierung?
Maulwurfen tut’s!
Maulwurfverherrlichung!
Maulwurfphilosophie!
Maulwurftaktik!
(richtungs-, rückgrat- und strichlos!)
Ich meine:
Man gewährt ihnen viel zu viel Ehre, diesen Maulwürfen, diesen Schattenwesen, und vor allem denen, die die Rechtschreibreform ausgeheckt haben.
Man setzt sich auseinander mit ihren idiotischen, perfiden, intriganten und selbstgefälligen Ideen, die nichts taugen in einem anderen Lebensraum, und man erkennt jene Böcke an – sprich die Kultusminister - die man zum Gärtner gemacht hat.
Doch denen kommt man nur bei, indem man seinen Garten nach alter Herkunft und nach überliefertem Gebrauch jätet und pflegt.
Und gegen den Maulwurf gibt es ein bestimmtes Kraut, das sehr schnell wächst und sehr schnell wirkt …
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nos
eingetragen von J.-M. Wagner am 04.09.2002 um 14.04
Kleine Zwischenfrage: Warum eigentlich muß man dieses Wort nach den reformierten Regeln getrennt schreiben? Ich dachte erst, daß das gar nicht der Fall sei, weil man es ja (genauer: den ersten Teil) in seiner Bedeutung (bezogen auf den Alleinerziehenden; wie der Alleinstehende) nicht steigern kann. Jedoch fällt dieses Wort, wenn man es formal als Zusammensetzung aus "allein" und "erziehend" auffaßt (was ich zwar für unsinnig halte, aber die reformierten Regeln sind nun einmal so), nicht unter § 34 (in welchem das Steigerungskriterium unter Punkt 2.2 vorkommt), weil es dort nur um Verben geht, sondern unter § 36 (Partizipien).
Für eine mögliche Zusammenschreibung verweist § 36 (3) auf "das dem Partizip zugrunde liegende Verb", was hier erziehen ist, und wenn es also "alleinerziehen" gäbe, dann auch "alleinerziehend". Und sofort ist formal gesehen klar, daß getrennt werden muß, steht doch unter § 34 E3 (2) explizit "allein stehen". Zudem ist allein erziehen als Wortgruppe korrekt (mehr dazu weiter unten).
Also: Nur weil es "alleinerziehen" nicht gibt, soll es auch "alleinerziehend" nicht geben. -- Der Infinitiv "alleinerziehen" steht aber gar nicht zur Diskussion und ist in bezug auf alleinerziehend völlig irrelevant, weil sich letzteres ja auf die/den Alleinerziehende/n bezieht. -- Nix da, sagt die Reformorthographie, das schreibt sich jetzt, in Konsequenz, der/die "allein Erziehende". -- Welch ein Unfug!
Hier wird offensichtlich das Pferd von hinten aufgezäumt: Anstatt inhaltlich korrekt vorzugehen, wird "formal korrekt" vorgegangen, mit der Konsequenz, daß der inhaltliche Bezug, der überhaupt erst zu der Entstehung dieses Wortes geführt hat, verlorengeht. Natürlich hat alleinerziehend etwas mit allein erziehen zu tun, aber eben inhaltlich und nicht formal. Formal gesehen ist allein erziehen eine unter vielen möglichen Wortgruppen des Typs "allein + Verb": allein bewältigen, allein fahren, allein rudern etc.
Fazit: Um sinnvolle Ergebnisse zu liefern, müßte das Zusammenschreibungskriterium der Nichtsteigerbarkeit des ersten Bestandteils explizit auch für Partizipien (§ 36) gelten, der "Umweg" über § 34 führt in die Irre. Dies scheint allerdings nicht beabsichtigt zu sein: Im 3. Kommissionsbericht steht im Teil B (Diskussion alternativer Regelungen) unter 1.1.0 (Verbindungen mit Partizipien - Die Ausgangslage):Zitat:Wichtig hierbei ist die Voraussetzung, daß "eine entsprechende Verbindung auch im Infinitiv besteht", denn nur dann soll sich die Getrennt- bzw. Zusammenschreibung danach richten. Das geben die Regeln in ihrer jetzigen Form allerdings nicht her. Würden sie es, dürfte m. E. die Getrennt- bzw. Zusammenschreibung von "allein_erziehend" nicht anhand des entsprechenden Infinitivs entschieden werden. (Und vielleicht sorgt eine entsprechende Meta-Toleranzregel demnächst für die Wiederbelebung der Zusammenschreibung...)
Die Neuregelung versucht hier zu einer Vereinfachung zu gelangen, indem die Schreibung konsequent davon abhängig gemacht wird, ob eine entsprechende Verbindung auch im Infinitiv besteht. Wenn dies der Fall ist, wird die Getrennt- bzw. Zusammenschreibung von dort übernommen (...).
Mir scheint, daß dahinter ein generelles Defizit von § 36 steckt: Zu Adjektiven gewordene zusammengesetzte Partizipien werden nicht separat berücksichtigt. Genau darauf ging vor einigen Tagen bereits Herr Upmeier im "bisherigen Gästebuch" ein; er schrieb am 7.8.2002:Zitat:Dem ist kaum etwas hinzuzufügen.
G.u.Z.: Sind auch Verbaladjektive Adjektive und auch Adjektive Nomina?
Verbalsubstantive sind Substantive mit allen Eigenschaften eines solchen, denn ,Verbal-' ist nur das Bestimmungswort zur Wortart ,Substantiv'. Sie dürfen mit anderen Wörtern feste Bindungen eingehen. Folgerichtig sind Verbaladjektive Adjektive. Wie Adjektive sind sie deklinierbar und nicht alle steigerbar. Nicht im Regelwerk, nur im großen Wahrig steht das Wort "Verbaladjektiv: aus einem Verbum gebildetes Adjektiv". Adjektive dürfen mit anderen Wörtern feste Bindungen eingehen; neu: mit Partizipien nur noch eingeschränkt. Das Problem ist die Abgrenzung zwischen Partizipien als Verbform und Verbaladjektiven, zwischen Zustandspassiv (,sein'-Passiv) und Verbaladjektiv in prädikativem Gebrauch (früher: als ,Prädikatsnomen') mit ,sein'.
Zu ,Nomen' im Duden: "Nennwort, Substantiv; häufig auch für Adjektiv und andere deklinierbare Wortarten". Im Bertelsmann: "deklinierbares Wort". Im kleinen Wahrig: "der Beugung unterliegende Wortart". Im großen Wahrig: "deklinierbares Wort (Substantiv, Pronomen, Adjektiv)". Letzteres habe ich vor langer Zeit im Gymnasium gelernt. Aber dann steht im Duden und im großen Wahrig: "Nomen acti: Substantiv, das den Abschluß oder das Ergebnis eines Geschehens bezeichnet; Nomen actionis: Subst., das ein Geschehen bez.; ... Nomen qualitatis: Subst., das eine Eigenschaft bez." In dieser hier unlogischen Einschränkung der Nomina auf Substantive liegt der Hund begraben, denn auch Adjektive können als Verbaladjektive ein Geschehen bezeichnen: aktiv: "der beutejagende Wolf", medial: "die einstürzenden Neubauten", passiv: "der hochverehrte Professor" oder das Ergebnis eines Geschehens: aktiv: "der studierte Herr", medial: "die eingestürzten Neubauten", passiv: "das zerstörte Haus" auch als prädikativ (als Prädikatsnomen) gebrauchte Verbaladjektive: "die Sonne ging rotglühend unter", "er kam braungebrannt heim" und als ,Eigenschaftswörter' eine dauerhafte Eigenschaft. Viele Verbaladjektive können auch adverbial gebraucht werden: "das interessiert mich brennend."
Wenn man folgerichtig die Kategorien ,Nomen acti, Nomen actionis, Nomen qualitatis' für alle Nomina gelten ließe, soweit im Einzelfall sinnvoll, also auch für Verbaladjektive, würde die neue Diskriminierung der Partizipien, nur dann mit anderen Wörtern zusammengeschrieben werden zu dürfen, wenn auch der zum Partizip gehörende Infinitiv zusammengeschrieben wird, für Verbaladjektive hinfällig und müßte im Einzelfall entschieden werden. Für Adverbien, die adverbial gebrauchte Verbaladjektive sind, müßte dann bei Getrennt- und Zusammenschreibung mit anderen Wörtern logischerweise dasselbe wie für alle übrigen Adjektive gelten.
Henning Upmeyer
(Nachtrag) Vielleicht nur noch dies: Demnach wäre also alleinerziehend (als ganzes Wort) ein Verbaladjektiv, dessen innere "Zusammensetzung" als solche unerheblich ist, so daß es gar nicht erst unter § 36 fällt.
Fazit: Wer annimmt, es handele sich bei alleinerziehend um eine Zusammensetzung aus Adverb + Partizip entsprechend § 36, hat schon verloren bzw. sich gründlich geirrt. Wie aber kann man dies etwas leichter verständlich erklären bzw. begründen, als es Herr Upmeyer getan hat?
Natürlich gilt das allgemeine Prinzip, daß (echte) Zusammensetzungen (eigenständige) Wörter sind und daher zusammengeschrieben werden. Manche Leute reagieren aber allergisch, wenn man von einem konkreten Beispiel "ablenkt" und ein "Pauschalargument" verwendet. Was bleibt einem dann noch zur Verteidigung der "Schreibung" (eigentlich ja des Wortes) alleinerziehend?
– geändert durch J.-M. Wagner am 06.09.2002, 14.58 –
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Jan-Martin Wagner
eingetragen von Reinhard Markner am 26.08.2002 um 16.06
»Ich mache mir die Zahlen nicht zueigen.«
Gerhard Schröder laut Welt.
eingetragen von Norbert Schäbler am 22.08.2002 um 19.44
Manchmal sage ich zu meiner Frau „Superfrau!“ und andermals sage ich „super, Frau!“
Wenn ich „Superfrau“ sage oder schreibe, schaut sie mich irgendwie liebevoller an, doch komme ich nicht umhin auch das andere zu sagen, weil es die Situation so mit sich bringt.
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nos
eingetragen von Norbert Schäbler am 20.08.2002 um 20.24
Vier Wörter sind’s im Beispiel von Wolfgang Wrase: anders, richtig, falsch, verkehrt.
Alle haben sie eine Melodie. Da sind Silben drin, schwere und leichte, halbe und ganze. Sprache ist Musik.
Das habe ich andernorts schon mal gesagt.
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nos
eingetragen von Norbert Schäbler am 20.08.2002 um 20.09
Ich fände es wohltuend (wohl tuend?), wenn die Richtung des adressatenbewußten Schreibens ein bißchen mehr Unterstützung erführe, denn sonst landet dieser blöde Rechtschreibkarren irgendwann total im Dreck, und keiner weiß mehr, was wer wem wann warum mit welcher Absicht und mit welchen Folgen und überhaupt gemeint zu haben können glauben gedurft hat.
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nos
eingetragen von Wolfgang Wrase am 20.08.2002 um 19.10
Nicht nur bei Verbzusatz_Verb, zum Beispiel drauf_haben, ist es geboten, zunächst einmal die tatsächlichen Häufigkeiten festzustellen, bevor man sich vorschnell zu einer Verallgemeinerung bei der Regelformulierung verleiten läßt. Ich habe gerade die Ausdrücke anders_herum, verkehrt_herum, falsch_herum und richtig_herum mit Google geprüft. (Die Ergebnisse bei der Getrenntschreibung entsprechen fast alle der hier gemeinten Bedeutung.)
Der alte Duden verzeichnete "andersherum", ohne anzugeben "auch: anders herum". Das bedeutet nach Dudens Systematik: In diesem Fall wird zusammengeschrieben. Unter "verkehrt" gibt der alte Duden die Getrenntschreibung an: "verkehrt herum". Zu den beiden anderen Ausdrücken ist nichts angegeben.
Die Neuregelung, hier § 39 (GZS, Abschnitt "Andere Wortarten"), ist so schwammig und lückenhaft, daß man daraus nichts erschließen kann. Wie sieht die Praxis aus?
andersherum: 18300
anders herum: 12100
Also rund 3:2 Zusammenschreibung
verkehrtherum: 660
verkehrt herum: 5510
Also rund 8:1 Getrenntschreibung
falschherum: 440
falsch herum: 2740
Also rund 6:1 Getrenntschreibung
richtigherum: 214
richtig herum: 2210
Also rund 10:1 Getrenntschreibung
Der Duden liegt also gar nicht falsch, wenn man der Eindeutigkeit im Einzelfall zuliebe aufrundet. Vor allem aber: Man hätte doch aus dem verbreiteten Bedürfnis nach "Logik" oder "Würdigung der Analogie" folgern müssen: Wenn andersherum, dann auch verkehrtherum. Oder: Wenn verkehrt herum, dann auch anders herum. Das ist offensichtlich unrealistisch, denn wir haben bei unseren "Analogien" eine GZS-Verteilung von 2:3 bis 10:1, also eine Spannweite von über einer Zehnerpotenz quer über die Grenze zwischen getrennt und zusammen.
Das ist eine kleine Gruppe von "Analogien" als Beleg dafür, daß man bei der GZS (und in anderen Bereichen der Rechtschreibung) nicht einfach dekretieren kann: Weil A, deshalb auch B. Sonst geht man an der Schreibwirklichkeit vorbei und verirrt sich früher oder später auch auf der theoretischen Ebene in Widersprüchen. Am Anfang der Regel muß also die Erfassung der realen Schreibungen stehen, die Statistik.
Dasselbe gilt auch für die Differenzen: Nur weil man schreibt "warm laufen" (im warmen Zustand laufen), muß man nicht automatisch schreiben "warmlaufen" (laufen bis zum warmen Zustand). Solche bedeutungsbezogenen Unterscheidungsschreibungen hat der alte Duden an vielen Stellen willkürlich verordnet. In der direkten Gegenüberstellung leuchten sie ein - und man sucht ja förmlich nach solchen Differenzierungsmöglichkeiten, wenn man sich die Frage stellt: "Getrennt oder zusammen - was ist der Unterschied?" Aber es ist nicht realistisch.
Ob Analogie oder Bedeutungsunterschied - allzu schnell fällt das Urteil unreif aus, wenn man auf der Suche nach einer hieb- und stichfesten Systematik ist. "heißlaufen" müsse etwas anderes bedeuten als "heiß laufen" oder "andersherum" müsse "falschherum" nach sich ziehen - das sind die Conclusiones dessen, der die Welt am Schreibtisch ordnen will.
Konkret bedeutet das: Allein schon die Festlegung der Zusammenschreibung "andersherum" ist höchst unrealistisch, nicht nur wegen eines realen Anteils in der GZS von nur 60 Prozent, sondern auch wegen der mehr oder weniger analogen Fälle, die weit in der Getrenntschreibung verbleiben. Darin irrt sich der alte Duden ebenso wie der reformierte Duden. Soviel sollten "Analogien" schon wert sein, daß man zu dem Schluß kommt: Wenn eindeutig "falsch herum" getrennt, dann bitte nicht eindeutig "andersherum" zusammen.
Für "anders_herum" sollte deshalb, vor allem wegen des statistischen Befundes, im Ickler Fakultativschreibung verzeichnet werden. Bei den anderen Fällen könnte man der Eindeutigkeit zuliebe die statistisch nahegelegte Getrenntschreibung als Norm anerkennen (in diesem Fall müßte man nichts verzeichnen) - oder man könnte der Liberalität (und der Analogie) zuliebe Fakultativschreibung eintragen:
verkehrt_herum
falsch_herum
richtig_herum
Die Vorteile dieser Lösung wären: Alle möglichen und alle praktizierten Schreibungen sind erfaßt. Null Fehler. - Der Nachteil ist, daß man denjenigen enttäuscht, der nachschlägt, um eine hilfreiche Auskunft zu erhalten. Aber auch ihm kann geholfen werden:
verkehrt_herum (meist getrennt)
falsch_herum (meist getrennt)
richtig_herum (meist getrennt)
Bei anders_herum braucht man gar nichts anzumerken, oder man gibt an: überwiegend zusammengeschrieben.
eingetragen von Wolfgang Wrase am 20.08.2002 um 10.43
Nur selten wird darauf aufmerksam gemacht, daß die Getrennt- und Zusamenschreibung (GZS) bei Verbzusätzen nicht nur davon abhängt, welcher Verbzusatz (z. B. drauf) mit welchem Verb (z. B. haben) kombiniert wird. Je nach dieser Kombination erhält man sehr verschiedene Häufigkeiten - das ist mittlerweile bekannt. Aber selbst bei einer starken Dominanz von getrennt oder zusammen ist es unrealistisch und gefährlich, einfach zugunsten des Übergewichts aufzurunden und die Ausnahmen als Ausrutscher oder als Schwäche einzelner Schreiber zu interpretieren. Wir hatten das zuletzt bei Verbzusatz_Modalverb thematisiert gesehen, wo sich immerhin für die ganze Gruppe "Modalverben" eine starke Ausnahmetendenz (Getrenntschreibung) feststellen läßt (wobei es wieder "Ausnahmen", das heißt Spezialfälle, in dieser großen Gruppe geben dürfte).
Auch die Flexion und der Rhythmus im Verb-Bereich spielen eine Rolle. Mit Google stellt man zu "drauf_haben" folgendes fest:
was er drauf hat: 904
was er draufhat: 84
Also ein beeindruckendes Übergewicht von rund 10:1 zugunsten der Getrenntschreibung, die ja sowohl nach altem Duden als auch nach der Neuregelung falsch sein soll (siehe mein letzter Beitrag). Was passiert aber, wenn wir den Infinitiv haben, auf den noch ein Modalverb folgt, zum Beispiel "was er drauf_haben muß"?
Ich finde mit Google nur Ergebnisse im ein- und zweistelligen Bereich. Man kann aber erkennen: ein leichtes Übergewicht der Zusammenschreibung, also eine ganz andere Verteilung! In rhythmischer Hinsicht hat sich nämlich kaum etwas geändert, die Verbgruppe erscheint mit zwei "Einheiten":
was er drauf hat
was er draufhaben muß
Wenn man direkt nach "draufhaben" und "drauf haben" sucht, sind sowohl die zusammenschreibungsfreudigeren Infinitive als auch die seltener zusammengeschriebenen personalen Formen ("wenn wir das drauf haben") enthalten; also müßte sich ein Übergewicht der Getrenntschreibung ergeben, das jedoch wegen des "Infinitiv-Klangs" deutlich geringer ausfällt als bei drauf_hat.
drauf haben: 19000
draufhaben: 5010
Also etwa 4:1 Getrenntschreibung (die meisten Ergebnisse treffen das Muster), wobei hier wie gesagt innerhalb dieser Ergebnisse sich die Infinitive und die personalen Formen unterschiedlich verhalten.
Fazit: Während man auf den ersten Blick (oder mit dem Bedürfnis nach "Eindeutigkeit" der Regel) meinen könnte, daß für drauf... ohne weiteres Zusammenschreibung anzusetzen sei, ergibt sich schon je nach dem folgenden Verb unter Umständen ein Übergewicht des Gegenteils (alle Modalverben, aber hier zum Beispiel auch "haben"). Aber auch innerhalb einer bestimmten Kombination (hier: drauf + haben) sieht die GZS je nach Flexion und Rhythmus völlig unterschiedlich aus. Hier bekommen wir einen Durchschnittswert von etwa 4:1 Getrenntschreibung, aber bei genauerer Aufgliederung der Kriterien erhält man teils 10:1 Getrenntschreibung und andererseits überwiegend Zusammenschreibung.
Das alles spricht gegen den alten Duden ebenso wie gegen die Neuregelung: Erstens ist es sehr unrealistisch, für alle Kombinationen eines bestimmten Verbzusatzes (= Reform) pauschal Zusammen- oder aber Getrenntschreibung "vorzuschreiben". Zweitens ist es immer noch unrealistisch, für eine bestimmte Kombination Verbzusatz_Verb (= alter Duden) pauschal Zusammen- oder aber Getrenntschreibung "vorzuschreiben". In jedem Fall sind die scharfen Grenzen überhaupt nicht vorhanden, von Kombination zu Kombination gibt es sie nicht und von Verbzusatz zu Verbzusatz erst recht nicht. Außerdem gibt es keine homogene Verteilung innerhalb einer bestimmten Kombination Verbzusatz_Verb, denn es wirken noch weitere Faktoren ein, die weder der Duden noch die Neuregelung berücksichtigen. Aber sie alle berücksichtigen zu wollen wäre natürlich unendlich kompliziert und ist schlicht und ergreifend unmöglich.
The winner is Ickler.
eingetragen von Martin Reimers am 20.08.2002 um 09.40
Herr Markner hat recht, "immergleich" gehört ins Wörterbuch.
Die Unterscheidung, die die ZK durch die Getrenntschreibung wegrationalisieren wollte, kann man sehr schön an einiem Beitrag sehen, der vor einiger Zeit in der FAZ stand. Der Verfasser schrieb, zu den Veranstalltungen des deutsch-russischen Kulturforums fänden sich "die immer gleichen Besucher" ein. Im Neuschrieb hätte der Leser jetzt rätseln müssen, ob möglicherweise "die immergleichen" gemeint war, was weniger wohlwollend klänge.
Aber "immergleich" gehört ja ohnehin zum elaborierten Code, ergo auf den Müllhaufen der Sprtachgeschichte.
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Martin Reimers
eingetragen von Reinhard Markner am 20.08.2002 um 08.15
»immergleich« gehört ins Wörterbuch. Es gibt auch eine zugehörige Substantivierung : »Allzu vieles huldigt der Kultur des Immergleichen und dümpelt gefangen vor sich hin im Mainstream [. . .].« Junge Welt, 23. 2. 2001. »Es ging auch um eine kulturelle Öffnung, nicht um das ewige Duplizieren des Immergleichen.« Ebd., 13. 6. 2002. »Lediglich auf Sensationen des Immergleichen versessene Touristen lassen sich in Bussen vorbeikarren und ihre Videokameras summen.« Ebd., 2. 9. 1998.
eingetragen von Christian Melsa am 20.08.2002 um 02.38
Eben las ich in einer im Internet publizierten Referatsarbeit über den tropischen Regenwald, die, der ss/ß-Verteilung zufolge, in Reformschreibe gehalten war. Dabei fiel mir das Wort immergrün auf. Nach welcher Regel wird dieses Wort eigentlich zusammengeschrieben? Am ehesten käme wohl noch §36 (5) in Betracht. Aber ein Blick in den aktuellen Duden zeigt folgende Einträge:
immerdar
immerfort
immergrün (immergrüne Blätter, aber immer grün bleiben)
immerhin
immer während
immerzu
Es stellt sich also die Frage, warum ausgerechnet immer_während aufgespalten wird, die anderen Wörter jedoch nicht. Nun gehören die Fälle nicht alle zur gleichen Wortart, die meisten sind Adverbien, nur immer_während und immergrün sind Adjektive. Offenbar hat man wegen §36 (3) gemeint, es gebe ja wohl zu dem Partizip keinen Infinitiv immerwähren, obwohl andererseits der zuständige §34 (2.2) darauf aufmerksam machen müßte, daß der erste Bestandteil immer in dieser (konstruierten) Verbindung nicht steigerbar ist, also Zusammenschreibung eintreten müßte. Übrigens besagen die einleitenden Worte des Abschnitts B 2 (Adjektiv und Partizip): "Für Partizipien gelten dieselben Regeln wie für Adjektive", also dürften während und grün als Zweitglieder eigentlich gar nicht unterschiedlich behandelt werden.
Die anderen Fälle mit immer- sind wie gesagt Adverbien. Hierfür ist Abschnitt B 4 der Neuregelung verantwortlich (andere Wortarten). Im Wörterverzeichnis findet sich ein Eintrag immerdar, ...hin, ...fort, ...zu §39 (1). Der Wortlaut dieses Paragraphen ist: "Mehrteilige Adverbien, Konjunktionen, Präpositionen und Pronomen schreibt man zusammen, wenn die Worart, die Wortform oder die Bedeutung der einzelnen Bestandteile nicht mehr deutlich erkennbar sind." Die darauf folgenden Beispiele sind zwar ziemlich zahlreich, aber Fälle mit dem Erstglied immer- werden nicht erwähnt, obwohl die Kriterien bei den hier behandelten Wörtern sicherlich ausreichend gegeben sind. Eigenartig ist nur, daß in den Beispielen dafür Fälle wie zurzeit, zuallererst, schlauerweise oder genauso auftauchen, deren einzelne Bestandteile sehr wohl noch einfach identifizierbar sind. (Erstaunlich auch, wie man vor diesem Hintergrund auf infrage gekommen ist.) Wie dem auch sei. Daß z.B. dessen ungeachtet wiederum getrennt geschrieben werden soll, kann man natürlich nur wissen, wenn man den eingangs von Abschnitt B 4 gegebenen Ratschlag beherzigt: "In Zweifelsfällen siehe das Wörterverzeichnis." Toll, daß dank willkürlicher Einzelfalländerungen zunächst einmal eigentlich alle Fälle Zweifelsfälle geworden sind. Da zuvor erklärt wird, daß es zwei Fallgruppen gibt, nämlich diejenigen, die als Wortgruppen erhalten geblieben sind, und die, die "sich" zu einer Zusammensetzung entwickelt haben (richtiger wäre: die dazu entwickelt wurden), müßte man also daraus folgern, die einzige Änderung in dem Bereich müßten ehemalige Wortgruppen sein, die nun verschmolzen wurden. Der Fall dessen ungeachtet bzw. des ungeachtet widerspricht jedoch dieser Annahme, denn hier wurde bisher zusammengeschrieben.
Interessant wäre auch einmal eine Anfrage an die Duden-Beratung, ob nach Neuschrieb Version A oder B des folgenden Satzes richtig ist:
A: Die immergleichen Antworten sind zutiefst ermüdend.
B: Die immer gleichen Antworten sind zutiefst ermüdend.
Das Stichwort immergleich findet man komischerweise in kaum einem Wörterbuch, weder in Duden, noch Wahrig, noch Ickler, dabei meldet Google immerhin etwa 4400 Vorkommnisse (alle Beugungen zusammengenommen). Zumindest beim Bertelsmann-Wahrig, wo man sich der tollen computergestützten Wortfindungsmethoden rühmt, ist das schon erstaunlich. Hier macht sich schon auf Wörterbuchebene bemerkbar, was im alltäglichen Schreibgebrauch als Reformeffekt zu beklagen ist: Wörter, deren Schreibweise durch die Reform möglicherweise verändert sein könnte, wobei man sich aber nicht sicher ist, werden ... immer gleich vermieden.
– geändert durch Christian Melsa am 21.08.2002, 18.26 –
eingetragen von Wolfgang Wrase am 19.08.2002 um 07.13
Im "Spiegel" von gestern finden sich in der Berichterstattung zum Elbe-Hochwasser auf zwei aufeinanderfolgenden Seiten (Seite 24 rechts unten; Seite 25 rechts oben) folgende Schreibweisen:
- Jetzt hoffen wir mal, dass das Wasser wieder runter geht.
- Und sie werden genau hinschauen, was der Herausforderer ... tatsächlich drauf hat.
Sowohl nach alter Duden-Regelung als auch nach der Neuregelung hätte jeweils zusammengeschrieben werden müssen: wieder runtergeht, draufhat.
Ich habe nun den Eindruck, daß beide Schreibweisen niemandem auffallen werden, der nicht gerade mit dem Auge des Korrektors liest. Es ist völlig normales, gut geschriebenes Deutsch, es entspricht meiner Meinung nach einem intuitiven Bedürfnis des Schreibers. Man kann lange rätseln, warum ausgerechnet in diesen Fällen die Getrenntschreibung gut möglich ist oder welche minimalen Unterschiede es gegenüber der Zusammenschreibung geben könnte, die als veränderte Wirkung beim Leser noch angenommen werden könnten.
Ich erinnerte mich jedenfalls wieder an die Situation, als ich zum ersten Mal die Icklersche Darstellung der GZS bei Verbzusätzen sah und geradezu entsetzt war. Ich dachte unter anderem: Wenigstens bei diesen besonders zusammenschreibungsfreudigen Verbzusätzen wie drauf..., drüber..., runter..., rüber... usw. muß man doch ohne Probleme Zusammenschreibung feststellen können, was soll denn diese allgegenwärtige Beliebigkeit! Wer schreibt denn schon "drauf hauen", "runter gehen" usw.?
Seither werde ich immer wieder auf solche Fälle wie die oben zitierten aufmerksam, bei denen Getrenntschreibung ohne weiteres möglich und vielleicht sogar vorteilhaft und dominant ist. Die Zusammenschreibung ist zwar normalerweise tatsächlich selbstverständlich und überwiegt daher aus statistischer Sicht deutlich, aber es gibt eben auch diese anderen Belege, bei denen Getrenntschreibung gut geeignet oder sogar besser ist - ohne daß man einen einfachen, regeltauglichen Nenner finden könnte, der diese heterogene Menge von Ausnahmen dingfest machen könnte.
Sowohl die Angaben im alten Duden als auch die Neuregelung gehen also an der Schreibwirklichkeit und an den Bedürfnissen der Schreiber vorbei. Die angemessene Lösung ist, für die meisten Verbzusätze die tatsächlich vorhandene Varianz anzuerkennen und entsprechend als Regel Fakultativschreibung zu vermerken.
eingetragen von Christian Melsa am 14.08.2002 um 02.53
Wie sich zeigt, sind die vielen kleinen Besonderheiten und Klauseln der GZS für den Regelteil eines praktischen Wörterbuch zu umfangreich. Der Nutzer greift hin, blättert und will eine schnelle und hilfreiche Auskunft. Er dürfte sich nur ungern in ausladende Forschungsreisen auf der Suche nach den komplexen Formeln hinter dem scheinbaren Chaos vertiefen. Ich war gerade gestern im Park und hab ein bißchen Bumerang geworfen. Um jemandem zu zeigen, wie er das machen muß, könnte man ihm nun lange Vorträge über Aerodynamik, Auftrieb, Schwerpunkte, Drehmoment usw. geben, aber effektiver ist es wohl erstmal, ihm einfach nur vorzuführen, wie die Wurfbewegung zu vollziehen ist. Man muß ja nicht gleich verstehen, warum der Bumerang wieder zurückkommt. Man sollte nur erkennen, warum man ihn genau so werfen muß - nämlich, damit er eben zurückkommt. Daraufhin sind die physikalischen Hintergründe auch besser einzuordnen und also zu verstehen, denn sie lassen sich begreifen. Ähnlich sollte man mit dem Nutzer eines praktischen Wörterbuches verfahren. Man sollte ihm anschauliche, griffige und gut einprägsame Tips liefern. Bei der GZS könnte ich mir so in etwa folgende Faustregel vorstellen: Man spreche sich in Gedanken (wenn's nicht stört, auch laut) die fragliche Fügung mehrmals vor, mit jeweils unterschiedlicher Betonung der Glieder, und zwar im Kontext des Satzes. Dabei wird einem schnell auffallen, ob eine Getrenntschreibung (Betonung jedes einzelnen Gliedes) mißverständlich sein oder irgendwie verdächtig fremdartig wirken könnte. Natürlich wird einem das um so besser auffallen, je besser man sprachlich geübt ist (ohne Übung nun einmal kein Meister, aber in Sprache ist ein Mensch ja ähnlich automatisch geübt wie im Gehen auf zwei Beinen - manche Menschen können mit zwei Beinen allerdings auch auf Seilen tanzen). Ähnlich versuchen Laien ja auch grammatische Fragen zu lösen. Auf so eine Weise kann es zwar durchaus unter anderem zu ungewöhnlichen Wortbildungen kommen, die dürften aber eigentlich dem Entwicklungsgeist der Zusammenschreibungstendenz entsprechen, jedenfalls soweit diese sprachlichen Nutzen aufweist. Weil wir davon überzeugt sind, halten wir ja auch den Eingriff der Reform für sprachlich schädlich.
Aus einer Entwicklung, die noch nicht abgeschlossen ist, stringente formale Regeln mit universaler Gültigkeit konstruieren zu wollen, ist logischerweise nicht sehr erfolgsversprechend; wir bekommen es mit den gegenwärtigen Reformversuchen ja eindrücklich demonstriert. Daher ist es wohl aussichtsreicher, bei der kommunikatorischen Intention des Schreibers anzusetzen (die ja auch die bisherige natürliche Entwicklung vorangetrieben haben muß). Denn die ist jedem leicht nachvollziehbar, sie ist ja im Grunde die seine. So erscheinen die Rechtschreibregeln auch nicht wie sinnlose Festlegungen, an die man sich einzig halten muß, um nicht unangenehm aufzufallen, schlimmstenfalls als ungebildeter Trottel zu gelten. Es ist doppelt fruchtbar, anhand des Sinnes zu erklären: Der Lernende kann den Gewinn besser erkennen, der mit der Beherrschung des Lernstoffs einherkommt, und er lernt auch besser, weil er einerseits deshalb besser motiviert ist und auch die Hintergründe der Materie klarer erkennbar sind. Einem, dem man ein Verfahren anzulernen versucht, erkläre man stets, wenigstens grob, warum es so abläuft. Anschaulich sind dabei auch Beispiele, wie die Reformgegner sie ja auch ständig bringen, um zu zeigen, wo neue Getrenntschreibungen für unsichere Bedeutungen sorgen können: Ah ja, ach so, deswegen ist Zusammenschreibung ratsam, dann mach ich das doch gern, denn nun weiß ich ja auch, wozu!
Sowas ließe sich gut in einem Abschnitt wie der "Anleitung zum rechten Schreiben" in Icklers Wörterbuch unterbringen. Dort steht an der betreffenden Stelle derzeit der Satz "Im Wörterverzeichnis findet man genauere Angaben", ein Versprechen, das leider nicht eingehalten wird, wenn man letztlich doch nur auf einen Bogen stößt. Wer nicht ohnehin schon weiß, welche Schreibweise in der konkreten Situation die bessere bzw. richtige ist, der wird sich mit seiner Frage, die er doch durch Konsultation des Wörterbuchs gerade klären wollte, alleingelassen fühlen, so begründbar die Darstellung auch aus anderer Hinsicht sein mag. Auch ein "meist zusammengeschrieben" bringt dem Nutzer nichts als die folgende Frage: "Ja, aber wann, unter welchen Umständen denn?" Als universale Faustregel dürfte die oben vorgeschlagene ganz einleuchtend sein und daher gut funktionieren können, aber dennoch sollten in einem sprachlichen Nachschlagewerk Bedeutungsangaben zu getrennten und zusammengeschriebenen Fällen zu finden sein, sofern sie der Sprachpraxis eindeutig zu entnehmen sind.
eingetragen von Norbert Schäbler am 13.08.2002 um 09.05
Ich halte fest, daß es dichterische Freiheiten gibt, die gerade deshalb wirken, provozieren, brüskieren und nachdenklich machen, weil sie sich an Normen reiben, welche in allen Lebens- und Denkbereichen existieren.
Normen und Regeln gehören zum kreativen Spiel, selbst wenn sie manchmal wie Ballast empfunden werden, wie etwa die Abseitsregel im Fußball, und auch wenn sie
manchmal wie Vorurteile wirken und freies Denken erschweren.
Ich trete für die Vermittlung von Normen – insbesondere auf dem Gebiet der Rechtschreibung – ein, wären doch sonst die funktionierende Kommunikation gestört und Sprachspiele nicht möglich.
Ich trete aber auch genauso ein für Freiheiten, oder besser: ich kämpfe dagegen, daß das Regelwerk allzu eng geschnürt wird. Rahmenrichtlinien müssen es sein, und es muß Spaß machen, die Grenzen zu ertasten.
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nos
eingetragen von Wolfgang Wrase am 13.08.2002 um 06.40
Lieber Norbert,
Du hast hier wieder einmal einen poetischen Text eingerückt, der uns als Quelle der Assoziationen bereichern kann, der aber unserer überwiegend nüchternen, sachlichen Diskussion enteilt. Es ist nicht leicht, darauf zu antworten, wenn man den Boden der logischen Argumentation nicht verlassen will; man müßte sich selbst in eine solche dichterische Sphäre der Gefühlsfreiheit entlassen und der hartnäckigen Argumentation abschwören, um die Verbindung aufzunehmen. Da könnte man tatsächlich sagen: Was der eine schreibt, ist ganz anders als das, was der andere hier zu lesen gewohnt ist. Zitat aus Deinen Gedanken:
Ich denke oft nach darüber, was das ist, was ich da lese.
Und dann sage ich mir, daß Geschriebenes mit dem Gelesenen
eigentlich gar nichts zu tun hat,
und daß ich nicht normieren darf,
was der Schreiber ersinnt.
"... daß Geschriebenes mit dem Gelesenen eigentlich gar nichts zu tun hat ..." - das ist eine dichterische Absolutheit, ein poetischer Sprung in die vollkommene Gültigkeit des Eindrucks aus dem Augenblick heraus: eine ganz andere Ebene als die bemühte Bodenhaftung, die die wissenschaftliche Argumentation kennzeichnet. Denn wenn "wir" uns hier über die Rechtschreibung unterhalten, versuchen wir ja gerade jene Schreibungen festzumachen, die dafür sorgen sollen, daß das Geschriebene mit dem Gelesenen, das Gemeinte mit dem Verstandenen möglichst genau übereinstimmen kann. Eine Brücke zu dieser Bemühung schlägst Du selbst, indem Du abschließend folgerst: "... daß ich nicht normieren darf, was der Schreiber ersinnt".
Aus nüchterner, logischer Sicht würde man fragen: Warum soll es überhaupt eine Rolle spielen, ob man für den Schreiber etwas normiert oder nicht, wenn der Leser ohnehin unendlich vom Schreiber entfernt sein soll, weil die Lektüre mit dem Text überhaupt nichts zu tun habe?
Ich schließe daraus: Deine dichterische Freiheit können die anderen nicht so leicht aufgreifen. Und als Kompromiß in der Sache: Was der Schreiber zu Papier bringt, sollte eigentlich möglichst unverfälscht beim Leser ankommen. Das wäre auch die Aufgabe einer sinnvollen und einvernehmlichen Rechtschreibung. Aber, leider, es gibt immer, trotz aller Bemühung um Verständigung, eine Differenz zwischen der Aussage des Schreibers und dem Verständnis des Lesers.
Diese Differenz könnte uns zu einem respektvollen Umgang mit der Rechtschreibung bringen: Warum sollten wir denn allen Schreibern Regeln nach dem Stil des Floretts, des Säbels oder des geraden Schwerthiebs verordnen, wenn er selbst einfach den Degen liebt? Regeln, die für alle gelten, sollten so großzügig formuliert sein, daß jeder seinen persönlichen Stil darin verwirklichen kann, sie sollten so liberal sein, daß keiner sich zu etwas gezwungen fühlt, was er einfach nicht möchte.
Die Differenz zwischen Aussage und Rezeption könnte uns auch zu der Folgerung bringen, den Wunsch nach möglichst guter Verständigung vorausgesetzt, daß wir die allgemeinen Regeln festhalten sollten, die trotz dieser Unterschiede im persönlichen Geschmack des einzelnen eine möglichst problemlose, eine möglichst verständliche Auseinandersetzung ermöglichen. Das ist der Gegenstand dieses Forums für Rechschreibung.
Natürlich werden dadurch die stilistischen Freiheiten, die individuellen Eigenheiten und die Gefahr, daß der eine dem anderen seine Aussage nicht verständlich machen kann, nicht beseitigt. Rechtschreibung hat ihre Grenzen; es kommt auch darauf an, gut zu formulieren und geschickt zu argumentieren. Aber Deine Feststellung, daß "Geschriebenes mit dem Gelesenen eigentlich gar nichts zu tun" habe - das ist die Entrückung des Dichters, die zuspitzende Verallgemeinerung einer plötzlichen Empfindung.
So absolut kann der Diskussionspartner normalerweise nicht sprechen, sonst könnte er nicht mehr beanspruchen oder auch nur hoffen, daß jemand versteht, was er schreibt und sagen will, und dann könnten wir alles Reden und Schreiben gleich bleiben_lassen. Das wollen wir aber nicht, wir werden uns, wie alle anderen auch, nach wie vor unterhalten und verständigen wollen, und wir werden insbesondere hier, im Forum für Rechtschreibung, die Frage zu klären versuchen, wie sich alle Menschen in unserer Sprache beim Schreiben besonders gut und unmißverständlich austauschen können.
eingetragen von Norbert Schäbler am 12.08.2002 um 19.56
Ich denke darüber oft nach, wie das wäre, wenn ich groß bin.
Und dann sage ich mir, daß Erwachsensein mit Größe
eigentlich gar nichts zu tun hat,
und daß auch Zwerge mündig sind,
obwohl sie nicht endlos wachsen.
Ich denke oft darüber nach, wie das ist, wenn ich schreibe.
Und dann sage ich mir, daß Schreiben mit Konsum,
eigentlich gar nichts zu tun hat,
und daß auch meine Schreibe mündig ist,
selbst wenn sie kaum einer versteht.
Ich denke oft nach darüber, was das ist, was ich da lese.
Und dann sage ich mir, daß Geschriebenes mit dem Gelesenen
eigentlich gar nichts zu tun hat,
und daß ich nicht normieren darf,
was der Schreiber ersinnt.
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nos
eingetragen von Walter Lachenmann am 12.08.2002 um 10.15
Auf diese Frage gibt es vielleicht keine orthographische Antwort, aber es ist ja - auch - eine philosophische Frage. Beim Philosophen Friedrich Nietzsche kann man in meiner Ausgabe von anno Dunnemals folgenden Text finden, der zu Norbert Schäblers Gedanken paßt, »beim Schreiben stimmzumodulieren«.
Welche Marter sind deutsch geschriebene Bücher für Den, der das d r i t t e Ohr hat! Wie unwillig steht er neben dem langsam sich drehenden Sumpfe von Klängen ohne Klang, von Rhythmen ohne Tanz, welcher bei Deutschen ein "Buch" genannt wird! Und gar der Deutsche, der Bücher l i e s t ! Wie faul, wie widerwillig, wie schlecht liest er! Wie viele Deutsche wissen es und fordern es von sich zu wissen, dass Kunst in jedem guten Satze steckt, -- K u n s t , die errathen sein will, sofern der Satz verstanden sein will! Ein Missverständniss über sein Tempo zum Beispiel; und der Satz selbst ist missverstanden! Dass man über die rhythmisch entscheidenden Silben nicht im Zweifel sein darf, dass man die Brechung der allzustrengen Symmetrie als gewollt und als Reiz fühlt, dass man jedem staccato, jedem rubato ein feines geduldiges Ohr hinhält, dass man den Sinn in der Folge der Vocale und Diphthongen räth, und wie zart und reich sie in ihrem Hintereinander sich färben und umfärben können: wer unter bücherlesenden Deutschen ist gutwillig genug, solchergestalt Pflichten und Forderungen anzuerkennen und auf so viel Kunst und Absicht in der Sprache hinzuhorchen? Man hat zuletzt eben "das Ohr nicht dafür": und so werden die stärksten Gegensätze des Stils nicht gehört, und die feinste Künstlerschaft ist wie vor Tauben v e r s c h w e n d e t . -- Dies waren meine Gedanken, als ich merkte, wie man plump und ahnungslos zwei Meister in der Kunst der Prosa mit einander verwechselte, Einen, dem die Worte zögernd und kalt herabtropfen, wie von der Decke einer feuchten Höhle -- er rechnet auf ihren dumpfen Klang und Wiederklang -- und einen Anderen, der seine Sprache wie einen biegsamen Degen handhabt und vom Arme bis zur Zehe hinab das gefährliche Glück der zitternden überscharfen Klinge fühlt, welche beissen, zischen, schneiden will.
Nicht auszudenken, was Nietzsche zur Rechtschreibreform gemeint hätte. Obwohl: seine GZS's würden zu den neuen Regeln einigermaßen passen. Das zeigt aber auch, daß die »Lesemelodie« möglicherweise gar nicht so viel damit zu tun hat, daß bestimmte Schreibweisen bestimmte »Melodien« beim Lesen erzeugen, sondern eher damit, wie man eine vertraute Orthographie mit dem inneren Ohr zu »hören« gewohnt ist.
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Walter Lachenmann
eingetragen von Walter Lachenmann am 11.08.2002 um 17.53
So langsam wird mir bewußt, wie sehr ich die Schreibgemeinschaft mit meinem »bitteschön« gequält habe.
Hier habt Ihr noch einen Eierkuchen. Mehr gibt's nicht, verstanden?
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Walter Lachenmann
eingetragen von Norbert Schäbler am 11.08.2002 um 17.04
Kapiert habe ich inzwischen, daß es eigentlich nur unerhebliche Kommunikationsstörungen auslöst, wenn ich von zwei Möglichkeiten (bei der GZS bestehen diese beiden Möglichkeiten ja eigentlich nur im Hinzufügen oder Weglassen eines Spatiums) die andere nehme, die nämlich, die etwas weiter von dem entfernt ist, was ich bei gründlicher Überlegung als Schreiber sofort klarmachen (klar machen) könnte.
Mir ist klar, daß es im Bereich der GZS um Bagatellen geht …
… wobei ich mir durchaus vorstellen könnte, einen Text zu produzieren, mit dem ich einem Leser durch Bagatellenvielzahl den Magen verderben könnte.
Bagatellitis ist übrigens eine ansteckende Krankheit.
Kapiert habe ich inzwischen auch, daß die Lehre von der Unterscheidungsschreibung nicht in ein Wörterbuch gehört. Das hat was mit Stillehre zu tun oder mit Aufsatzschule.
Nicht kapieren will ich jedoch, daß mir jemand verbieten könnte, beim Schreiben stimmzumodulieren. Das modulierende Singen beim Schreiben stelle ich auch bei einem weiteren Rechtschreiberlaß nicht ab.
Immer dann, wenn ich vor der Entscheidung stehe, getrennt- oder zusammenzuschreiben, dann singe ich ein bißchen, überlege, ob sich der Ton erhöht, wie das beim Ausrufezeichen geschieht, oder ob er abfällt wie beim Fragezeichen oder gleichbleibt, wie beim Punkt.
Auch die Sprechgeschwindigkeit spielt bei meinen Überlegungen eine Rolle. So bekomme ich z.B. Wörter zusammen wie das Wort „stimmodulieren“ das man ja jetzt mit drei M schreiben müßte.
Man mag mich ja für verrückt erklären – ich halte auch seitenlange Diagnosen aus – doch möge man darüber befinden, ob diese Grenzfälle „sosein“ und „stimmodulieren“ ins Wörterbuch von Prof. Ickler aufzunehmen wären, und wenn nein, möge man bitte nicht den „Gockel“ anführen. Der kann nicht singen – nur krähen!
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nos
eingetragen von Wolfgang Wrase am 11.08.2002 um 13.08
Lieber Herr Lachenmann,
es wäre sehr schön, wenn Sie es künftig so handhaben, wie Sie es hier darstellen: daß Sie Ihren "Verstand", Ihre Vorstellung von der für Sie passenden Schreibung, auf die von Ihnen selbst gewählten Schreibweisen anwenden und bei anderen dieselben Grenzen respektieren, beispielsweise der Statistik auch den Raum zugestehen, in dem sie zuständig ist. Sie überschreiten aber massiv die Grenzen der Zuständigkeit Ihres privaten Stilgefühls, wenn Sie spontan aus diesem erschließen wollen, welche Schreibungen vor der Rechtschreibreform irgendwo selbstverständlich gewesen wären oder wie sich ein Ihnen unbekannter Schreiber entscheiden würde oder entschieden hätte.
Wenn ich dieser Schreiber bei der SZ gewesen wäre, über den Sie da stur eine Behauptung durchbringen wollten: Ich hätte vor der Reform "bitte schön" geschrieben, auch an der von Ihnen zitierten Stelle. Aus zwei Gründen: erstens weil es die Regel so wollte, zweitens weil mir die Schreibung besser gefällt. Nach der Reform hätte ich unverändert "bitte schön" geschrieben, aus genau denselben Gründen: wegen der Regel und meinem eigenen Geschmack zuliebe. Wenn nun ein anderer es als Inbegriff des gesunden Menschenverstandes ausgibt, daß er ausdauernd behauptet, ich hätte nur so geschrieben, weil die Reform mich irritiere und auf Abwege gebracht hätte, dann würde ich mir in der Tat ein Vögelchen denken.
Dasselbe gilt für die Statistik. "Die Statistik interessiert mich überhaupt nicht", schrieben Sie in verschiedenen Variationen, als wir bereits bei einer allgemeineren Diskussion des Gegenstandes angekommen waren. Ob das nun fundamentale Verachtung oder nur Mißtrauen ist, sei dahingestellt. Jedenfalls werden wir hier doch zu einer Schreibweise nicht nur Ihre persönlichen Vermutungen lesen wollen, sondern uns anschließend auch in allgemeiner und objektiverer Weise darüber unterhalten können, insbesondere mit der Berücksichtigung statistischer Erkenntnisse. Wenn Sie diese Beiträge dann ebenso respektieren wie die fleißige statistische Arbeit von Professor Ickler und Ihre private Einschätzung nicht als vermeintlich überlegene Geschütze dagegen in Stellung bringen, werden wir Friede und Freude erleben und sehr bald zu einem erhellenden Ergebnis gelangen.
eingetragen von Reinhard Markner am 11.08.2002 um 12.42
Zitat:Dieser Brauch kann einem auch noch im ausgehenden 18. Jahrhundert begegnen.
Komischerweise hatte ich mir eine Stunde zuvor notiert, daß die Infinitivpartikel zu bei Grimmelshausen nicht selten mit dem Verb zusammengeschrieben wird.
eingetragen von Walter Lachenmann am 11.08.2002 um 10.37
... sage ich jetzt einfach mal, damit das ein Ende nimmt. Von Friede und Freude kann ja offensichtlich hier nicht die Rede sein.
Ach ja, vielleicht noch so viel: Ich habe nicht von »Verachtung« von Statistik gesprochen, sondern von Mißtrauen. Schon ein Unterschied. Und ich habe davon gesprochen, wie ich mit Sprache umgehe, nicht davon, wie Herr Ickler damit umzugehen habe. So viel habe ich schon kapiert, daß er sich nicht allein auf statistische Ergebnisse stützt, sondern bei seinen Entscheidungen letztlich seinen »gesunden Menschenverstand« walten läßt, seinen persönlichen auch außerhalb der statistischen Ergebnisse gewonnen Erfahrungshorizont, der bei ihm als Fachmann sicherlich weiter ist als bei einem einfachen Bücherleser. Deshalb soll ja auch er das Wörterbuch machen und nicht ich. Aber vertrauen tu ich meinem Verstand, und in Zweifelsfällen schlag ich bei Ickler nach, und wenn mir dessen Einträge nicht gefallen, bleibe ich bei dem, was mir mein gesunder Menschenverstand dann sagt. Auch wenn alle Experten mir das Vögelchen zeigen.
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Walter Lachenmann
eingetragen von Wolfgang Wrase am 11.08.2002 um 09.49
Herr Lachenmann, aber Sie verfälschen hier etwas, das kann man so schlecht stehen lassen. Ich habe den Vergleich mit "Wenn Professor Ickler ..." nicht als Beitrag bezeichnet; sondern ein "solcher", dem Gehalt nach vergleichbarer Beitrag war Ihre Behauptung, wenn es die Reform nicht gegeben hätte, hätte in der SZ bestimmt eine andere Schreibung gestanden. Das ist vollkommen unbeweisbar, darüber kann man nicht diskutieren, es ist eine Nullhypothese aufgrund einer irrealen Voraussetzung. "Wenn Professor Ickler ..." ist genauso irreal, darin bestand der Vergleich.
Nicht angemessen ist hingegen, wie gesagt, der Vergleich Ihrer Mutmaßung über eine vorgefundene Schreibung (wie hätte sie ohne Reform ausgesehen?) und der Aussage, daß Herr Eichel sein Amt bald los sein wird. Für das eine gibt es überhaupt keine nachprüfbaren Hinweise, es ist vollkommen unklar und wird nie zu klären sein; für das andere gibt es eine überwältigende Wahrscheinlichkeit, die sich aus objektiven Daten ergibt und sich sogar quantitativ messen läßt, mit nur geringer Unsicherheit über den genauen Wert. Die Verifizierung ist möglich und wird sehr bald vorgenommen werden.
Nun behaupten Sie wieder, Sie sähen Ihre sprachliche Kompetenz als bessere Grundlage für die Einschätzung rechtschreiblicher Fragen an als die Statistik, der Sie grundsätzlich und pauschal mißtrauen. Ich weise noch einmal darauf hin, daß die Statistik - die reale Üblichkeit von Schreibungen - die wesentliche Grundlage des Wörterbuchs von Professor Ickler ist. Er prüft ständig seine Einträge mit statistischen Methoden, mit vielen tausend Abfragen in verschiedenen Quellen - und verläßt sich nicht einfach auf seine sprachliche Intuition. Das meinte ich, als ich sagte, mit Ihrer fundamentalen Verachtung der Statistik und der Verabsolutierung spontaner Intuition bei der Beurteilung von Schreibungen stellten Sie - als Konsequenz - Professor Icklers Arbeit in Frage.
Wenn Sie etwas sagen, hat das in der Tat bestimmte logische Implikationen und Konsequenzen, einfach weil die Dinge, über die Sie reden, nie isoliert von allem anderen, sondern stets vielfältig mit vielem anderen verbunden sind, inhaltlich und logisch. Das ist keine veraltete Ideologie, das ist eine einfache Tatsache.
eingetragen von Norbert Schäbler am 11.08.2002 um 09.24
Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Wolfgang Scheuermann
... meint jedenfalls das "wortschatz lexikon" (sic!) der Universität Leipzig
Oh Gott, ausgerechnet die Physik habe ich in der Schule gehaßt. Ich werde mich wohl um ein Anderssein bemühen müssen.
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nos
eingetragen von Walter Lachenmann am 11.08.2002 um 09.06
Wenn Professor Ickler eine Frau wäre, ...
Inwiefern eine solche Behauptung »einen reizvollen Aspekt einbringen und vor allem zu einer interessanten, ausgeweiteten Diskussion führen« könnte, kann nun ich wiederum nicht nachvollziehen. Ich bin mit dem Vergleich aber insofern ganz zufrieden, als er in der Sache ähnlich weiterhilft wie der von »bitte schön« und dem scheidenden Finanzminister. Vergleiche sind halt so eine Sache - wer vergleicht, spricht zwangsläufig immer von etwas anderem, nicht von dem Gemeinten. Auch von der Aussage eines Gesprächsteilnehmers abzuleiten, damit hätte er zugleich auch dies und jenes gesagt, was dann zu völligen Absurditäten oder Verwerflichkeiten führt, ist dialektisch seit 1968ff. eigentlich überholt, weil allenfalls für Demagogie, nicht aber fürs gegenseitige Verständnis hilfreich. Man könnte ja auch sich so einigen, daß man einen Sachverhalt einfach unterschiedlich einschätzt. Ich mißtraue Statistiken von Haus aus, verlasse mich lieber auf meinen »gesunden Menschenverstand«, der nicht aus der Luft gegriffen ist, sondern auf mehr oder weniger bewußt gespeicherten persönlichen Erfahrungen und Beobachtungen beruht, und es hat mich amüsiert, beim Suchen nach GZS-Beispielen in Nietzsche hier einen Gesinnungsgenossen gefunden zu haben, und keinen dummen. Irren können auch Statistiker, also läuft es im Endeffekt aufs gleiche hinaus.
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Walter Lachenmann
eingetragen von Wolfgang Scheuermann am 11.08.2002 um 08.55
... meint jedenfalls das "wortschatz lexikon" (sic!) der Universität Leipzig
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Dr. Wolfgang Scheuermann
eingetragen von Wolfgang Scheuermann am 11.08.2002 um 08.40
Lieber Herr Wrase,
ich widerspreche Ihnen grundsätzlich nur ungern, aber es stehen Ihnen (wie uns allen) natürlich auch andere Recherche-Instrumente (kostenlos) zur Verfügung: Ich habe vor langer Zeit auf diesen Seiten schon einmal auf
http://wortschatz.uni-leipzig.de
verwiesen. Auch der dort erfaßte Korpus hat unübersehbare Mängel, aber ist doch eine gar nicht so schlechte Alternative.
Und - auch wenn das Institut für deutsche Sprache hier zu Recht nicht wohlgelitten ist (und ich Herrn Markner beigepflichtet habe, die Korpora des IdS seien nicht das Nonplusultra - das wage ich, nebenbei, gar nicht, bei Google zu recherchieren) - eine Möglichkeit der Recherche stellt "Cosmas" schon dar:
http://corpora.ids-mannheim.de/cosmas
Ich lebe nach meiner Vermutung von allen hier Mitdiskutierenden am nächsten an dieser "Quelle des Übels" - und deshalb muß ich doch einmal darauf verweisen.
Auch mit diesen Hinweisen möchte ich "Google" keineswegs in den Orkus versenken. (Das steht ohnehin nicht in meiner Macht).
Allen hier eine erfolgreiche Woche!
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Dr. Wolfgang Scheuermann
eingetragen von Norbert Schäbler am 11.08.2002 um 08.19
Ich habe gerade unter dem Begriff „sosein“ gegockelt. Als erstes wurde ich gefragt, ob ich „so sein“ meinen würde. Dem habe ich nachgegeben.
Dann habe ich mich bis Seite 12 des 16-seitigen Fundergebnisses durchgewurschtelt.
Immerhin zweimal habe ich Sprachnachdenklichkeit registriert, so einen Hang zur Unterscheidungsschreibung festgestellt.
„So-sein“ stand da mit Bindestrich.
Meine Variante aber tauchte nicht auf. Mein Sosein (langgezogenes O bitte) taugt wohl nicht.
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nos
eingetragen von Norbert Schäbler am 11.08.2002 um 08.00
Wie ist das eigentlich mit der Zusammenschreibung "sosein" als Lemma und Gegensatz zu "anderssein"?
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nos
eingetragen von Theodor Ickler am 11.08.2002 um 06.59
Das fehlende Spatium soll keine Neuerung sein. Komischerweise hatte ich mir eine Stunde zuvor notiert, daß die Infinitivpartikel zu bei Grimmelshausen nicht selten mit dem Verb zusammengeschrieben wird. Das war mir gerade bei Lektüre der Landstörtzerin Courasche aufgefallen.
Zu Herrn Wrase: Danke für die nützlichen Anregungen! Mit dem neutralen "a." bin ich ja inzwischen auch nicht mehr zufrieden, werde es jeweils zu gewichten suchen. Allerdings glaube ich, daß nicht jede ohnehin vorhandene Tendenz eigens vermerkt werden muß. Darauf kommt der Schreibende ja ohnehin von selbst.
Übrigens unterscheide ich immer zwischen Fakultativität (wegen objektiv vorhandener Variation) und Beliebigkeit (aufgrund von Ratlosigkeit). Die Reformer haben Freiräume der letzteren Art nur widerwillig zugestanden, bei mir sind sie Programm.
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Th. Ickler
eingetragen von Wolfgang Wrase am 11.08.2002 um 06.40
Lieber Herr Lachenmann,
ich finde Ihren Beitrag gut und sehr angenehm. Er hat mir auch manches erklärt, was ich zuvor nicht wußte. Wir fragen uns alle, warum wir uns wegen eines winzigen Anlasses so verausgabt haben, wobei ich dazu auch einige Erklärungen gefunden und hier geäußert habe.
Ich möchte nur noch anmerken, daß Sie Ihren Anteil an der Diskussion (erste Hälfte) etwas aufwerten, wenn Sie sagen, Ihre Mutmaßung über den Hintergrund einer Getrenntschreibung in der SZ sei auch nicht verfehlter, als wenn hier einer vom scheidenden Finanzminister Eichel spricht.
Also, ich würde nicht einmal 1:100 wetten wollen, daß Herr Eichel Finanzminister bleibt. Wieviel würden Sie wetten? Da gibt es harte und mit Erfahrungswerten extrapolierbare Prognosen, die sehr viel mit der Wirklichkeit zu tun haben. Ihre spontane Mutmaßung war hingegen völlig aus der Luft gegriffen. Es kann sein, daß Sie recht haben, es könnte etwas dran sein, aber es könnte auch ganz anders sein; es gibt genauso plausible Argumente für gegenteilige Auffassungen. Ich würde sagen, Ihre Vermutung war ungefähr so stichhaltig wie die Behauptung: Wenn Professor Ickler eine Frau wäre, wäre er lesbisch.
Deswegen ist so ein Beitrag überhaupt nicht schlecht, er kann einen reizvollen Aspekt einbringen und vor allem zu einer interessanten, ausgeweiteten Diskussion führen, die wir ja trotz allem schließlich auch hatten. Ich meine nur: Wenn dann andere sehr schnell den Faden aufgreifen und mit Realitätsbezug argumentieren, dann kann man doch für solche Nullhypothesen keine umständlichen Rechtfertigungsstrategien aufbauen, die wie Gegenargumente präsentiert und mit großer Hartnäckigkeit ausgefochten werden. Es lohnt sich nicht, sich für gänzlich unbeweisbare Mutmaßungen ins Zeug zu legen, das wird sehr schnell destruktiv. Es hätte auch an sich niemand etwas dagegen, meine ich - was tut man nicht alles ohne Sinn und Zweck? -, aber der Fortgang der Diskussion wird erheblich beeinträchtigt, wenn man sich auf so verschiedenen Ebenen aufhält. Es kostet gigantisch viel Aufwand und bringt mehr Ärger als Ertrag. Ich möchte eine solche Diskussion nicht zweimal führen, und ich nehme mir deshalb meinerseits vor, mich das nächste Mal lieber auszuklinken, auch wenn meiner Meinung nach jemand auf einem falschen Dampfer ausharrt.
Übrigens sind mir Ihre Bedenken gegen Google sympathischer geworden, nachdem Sie den Hintergrund dargestellt haben und nachdem auch der Experte, Herr Scheuermann, Sie darin bestätigt hat. Ich hatte mich geärgert, weil Sie Google pauschal verachtet haben, anstatt einfach selbst nachzusehen, ob Ihre Vermutungen in dem besprochenen Fall zutreffen oder nicht (wozu ich Sie aufgefordert hatte).
Ich war gestern selber bei einer Google-Recherche schockiert, als ich die Behauptung von Frau Philburn nachprüfen wollte, es gebe bei nicht_mal, schon_mal, wieder_mal eine starke Tendenz zur Zusammenschreibung. Die Google-Masse schreibt doch tatsächlich jeweils schon fast so häufig zusammen wie getrennt. Das widerspricht meinem eigenen Bedürfnis und hat mir überhaupt nicht gepaßt, und ich muß folglich zugeben, daß ich mich da Ihrer Einstellung gegenüber Google angenähert habe. Deshalb danke ich auch Herrn Scheuermann für die kompetente Vermittlungsarbeit.
eingetragen von Wolfgang Wrase am 11.08.2002 um 05.50
Lieber Herr Ickler,
die Modalverben würde ich nicht einem wissenschaftlichen Wörterbuch überlassen, sondern die sind viel wert für Ihr eigenes Wörterbuch. Der typische Interessent bildet sich doch ein, in einem Wörterbuch solle alles schön eindeutig drinstehen, ein Wort nach dem anderen. Wenn er die ganzen Bögen sieht, denkt er: Was ist denn das, soll das jetzt alles egal sein? Die berühmte Beliebigkeitsschreibung, die Sie gerade selbst in einer relativ peripheren Ecke beim Duden-Newsletter zu "hoch..." als unfreundliche Lösung kritisiert haben. Wenn wir selbst eine breite Fakultativschreibung anbieten, dann läßt sich diese heftige Irritation grundsätzlich zuerst nicht vermeiden. Also müssen wir plausibel machen können, warum wir so vorgehen, warum das der Wirklichkeit entspricht und für die Nutzergemeinschaft das beste Angebot ist.
Wir haben da zwar schon einige Argumente, aber die sollten Sie m. E. alle auch präsentieren und bei der Erklärung der Fakultativschreibung aufzählen, vielleicht auch noch einmal ein oder zwei starke Beispiele bei der Erläuterung des Ickler-Bogens. (Den Bogen gibt es auch im Duden, aber der Duden-Bogen hat eine andere Bedeutung.)
Der Leser könnte vorgeführt bekommen, daß "hinzu_kommen" eigentlich zwei Wörter sind (ich würde ihm zuliebe "eigentlich" sagen), zum Beispiel mit Hilfe des Satzbaus "Hinzu kommt noch ...". Man könnte ihm einen Vergleich mit dem Englischen anbieten: hinab_gehen = go down = (eigentlich) zwei Wörter. "Zwei Wörter" bedeutet nämlich für den normalen Menschen: Getrenntschreibung. Und was die Üblichkeit der Zusammenschreibung angeht, derentwegen der Nutzer erwartet hätte, daß man die Zusammenschreibung eindeutig verzeichnet, sehe ich kein stärkeres Argument als die Modalverben. Wieso sollte man nicht ein, zwei solche Verteilungen bei Modalverben anführen? Dann ist der Nutzer platt und überzeugt.
Die Getrenntschreibung "weiter kann" ist laut Google - Entschuldigung, Herr Scheuermann, ich habe nichts anderes zur Verfügung - nicht "relativ selten", sondern wie gesagt rund fünfmal so häufig wie die Zusammenschreibung "weiterkann". Das ist doch ein schlagendes Argument, das wäre doch merkwürdig, wenn wir darauf verzichten würden.
Vielen Dank auch für die Erwähnung der Tatsache, daß umfangreichere und flektierte Formen häufiger getrennt geschrieben werden als der Infinitiv. Das ist noch einmal ein Widerstand, der es unserer Fakultativschreibung schwer macht: Der Nutzer sieht immer den relativ zusammenschreibungsfreudigen Infinitiv und erwartet wiederum, daß das Wörterbuch nicht lange fackelt und seine Erwartung bestätigt, daß das als Norm festgehalten werden sollte.
Also kann man doch wiederum ein Beispiel in der Einleitung bringen, so wie Sie hier auf das starke Argument "dabei_sein, aber: dabei ist" verwiesen haben. Das wäre nicht nur nützlich im Sinn der Rechtfertigung, sondern auch ganz einfach, um dem Nutzer die Verhältnisse zu vermitteln und ihm ein Aha-Erlebnis zu bieten, das ihn auf unsere Seite bringt.
Dasselbe gilt für die wichtige Anmerkung von Herrn Markner, daß bei herum_... momentan noch ein lasches "a. zusammengeschrieben" steht, was eher den Charakter einer Nebenvariante anzeigt und daher sehr irreführend ist bzw. auf die Verachtung der Interessenten stoßen könnte. Sie haben doch an anderer Stelle schon "meist", das würde ich so oft wie möglich verwenden. Es ist informativer, näher an der Wahrheit und für den Nutzer befriedigend.
Der Widerstand gegen das Fakultative im Wörterbuch ist groß und teils auch berechtigt, weil der Nutzer frustriert ist, wenn er etwas nachschlägt und dann so klug ist wie zuvor. Man erwartet einfach nicht, daß man an so vielen Stellen ein "egal" vorfindet. Deshalb sind Argumente für den Bogen und Präzisierungen wie "meist" m. E. sehr wichtig.
Ich möchte hier auch zur Diskussion stellen, was ich Ihnen einmal vorschlug, nämlich aus demselben Grund den Fakultativ-Bogen optisch etwas zu verändern: kürzer, flacher und tiefer (auf der Grundlinie beginnend). Das sieht mehr nach Zusammenschreibung aus, irritiert daher weniger und ist auch wiederum "wahrer" als dieser sperrige Abstandhalter, den der Nutzer bisher anblicken muß. Ich meine, in dieser Hinsicht können wir beim Duden eine Anleihe machen.
eingetragen von Norbert Schäbler am 11.08.2002 um 05.28
Theodor Ickler schrieb: „Wir kennen die Tendenz, eher dabeisein aber dabei ist zuschreiben.“
„Das“ das sosein darf, hätt’ ich jetzt auch wieder nicht gedacht.
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nos
eingetragen von Theodor Ickler am 11.08.2002 um 03.54
Interessant ist es schon, und auch Herrn Wrases Erklärung ist zu beachten. Allerdings ist das Interessante noch nicht unbedingt für das praktische Wörterbuch geeignet, eher für das wissenschaftliche. Und außerdem muß der Sache erst noch nachgegangen werden. Wir kennen die Tendenz, eher dabeisein, aber dabei ist zuschreiben. Ebenso stellt man fest, daß der Umfang der Verbform viel ausmacht: nicht mehr weiterkann ist relativ selten, aber bei nicht mehr weiterkonnte(n) sieht das Verhältnis schon ganz anders aus.
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Th. Ickler
eingetragen von Reinhard Markner am 11.08.2002 um 02.09
Wenn sich die Modalverben tatsächlich der Tendenz zur Zusammenschreibung von Verbzusätzen und Verben widersetzen, warum sollte dann diese interessante Beobachtung keinen Eingang ins Wörterbuch finden ?
eingetragen von Elke Philburn am 10.08.2002 um 22.31
Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Theodor Ickler
Soll ich zum Beispiel all die hübschen Zusammensetzungen nach dem Muster auseinander wirklich so lassen oder auch aus einander eintragen (sehr viele Fälle!).
Nein, lieber Herr Ickler, so weit sollte man beim aus ein ander pflücken dann doch nicht gehen.
eingetragen von Wolfgang Wrase am 10.08.2002 um 17.32
Ein großer Vorteil der großzügigen Fakultativschreibung bei der summarischen Darstellung der Verbzusätz drauf_..., mit_..., weiter_... etc. ist, daß der Fall Verbzusatz_Modalverb nicht als Ausnahme ausgegliedert werden muß. Denn während man oft den Eindruck hat, daß man gleich zugunsten eindeutiger Zusammenschreibung aufrunden könnte, vergißt man, daß sich die Modalverben enorm gegen die Zusammenschreibung sperren. Beispiel:
weitergehen (meist zusammen), weiter können (überwiegend getrennt). Ich habe gerade mit Google eine Abfrage versucht: nicht mehr weiterkann = 57, nicht mehr weiter kann = 391
Bei der Getrenntschreibung entsprechen knapp ein Drittel der Ergebnisse nicht dem gemeinten Muster (es taucht zum Beispiel ein Komma vor "kann" auf). Also, grob gerechnet überwiegt die Getrenntschreibung mit 5:1, ein krasser Gegensatz zu dem Ergebnis bei Vollverben.
Der Fall "Modalverb" wird also elegant einbezogen; die Formulierung einer Ausnahme wäre nicht nur umständlich, sondern auch ein Stück unplausibel: Wieso sollten eigentlich Modalverben genau umgekehrt behandelt werden oder jedenfalls anders als Vollverben? Ich frage mich, was da grammatisch dahintersteckt.
Ich bin kein Grammatiker, aber mir scheint, daß hier verschiedene, gegensätzliche Interpretationen denkbar sind. Üblicherweise gruppiert man Vollverben und Modalverben gedanklich in dieselbe Schublade "Verb". In unserem Fall würde man sagen, daß das Modalverb als Vollverb verwendet wird, weil ja kein Vollverb vorhanden ist und das Modalverb dessen Stelle einnimmt. Das würde aber nicht erklären, warum die Schreibung so anders gehandhabt wird als bei originalen Vollverben, man müßte eine Gleichbehandlung erwarten: weitergehen -> weiterkönnen.
Aber man könnte vielleicht auch argumentieren, daß das Vollverb nur ausgelassen ist: weitergehen kann = weiter(gehen) kann -> weiter kann. Auch sonst werden ja Satzteile selbstverständlich ausgelassen, ohne daß die Grammatik sich verschiebt: Gib mir den grünen (= Gib mir den grünen Stift). Man sieht: Man kann das Substantiv als Bezugswort einfach weglassen, das Adjektiv bleibt Adjektiv. Auf die Plätze (Geht auf die Plätze). Man kann also das Verb weglassen und nur die präpositionale Ergänzung verwenden. Und so weiter. Entsprechend: Das Modalverb bleibt Modalverb, das Vollverb wurde nur erspart, und das Gerüst bleibt so erhalten, wie wenn keine Auslassung vorläge. Das würde viel besser erklären, warum die Getrenntschreibung üblicherweise vorgezogen wird.
Anders gesagt: Das Modalverb wird hier eben nicht mit einem Verb kombiniert, sondern mit dem übriggebliebenen Verbzusatz. Vom Verbzusatz aus gesehen, würde man eher zusammenschreiben. Vom Modalverb aus gesehen, schreibt man grundsätzlich getrennt, denn das Vollverb ist sozusagen virtuell (grammatisch) noch vorhanden. Unter dem Strich ergibt sich ein Übergewicht zugunsten der Getrenntschreibung. Daß dies tatsächlich der Schreibgebrauch ist, bestätigt die Interpretation, daß zum Beispiel "kann" NICHT zu einem Vollverb geworden ist, sondern nach wie vor ein Modalverb ist.
eingetragen von Wolfgang Scheuermann am 10.08.2002 um 17.09
Ich möchte um Himmels willen nicht zu erneuerter Diskussion aufrufen, sondern nur ganz einfach mitteilen, daß ich bei "Google" 15 Schreibweisen für (das in der Medizin immer noch sehr präsente) "fünfmarkstückgroß" gefunden habe, von "fünf Mark Stück groß" über "Fünf-Markstück groß" bis zu "fünfmarkstück gross". Immerhin war "fünfmarkstückgroß" die häufigste Variante, aber nicht mit einem so eindeutigen Überwiegen wie bei den hier schon aufgeführten Beispielen.
Von dieser Fülle war ich schon beeindruckt!
(Gleichzeitig verabschiede ich mich für heute von allen Mitdiskutanten und wünsche rundum einen angenehmen Ausklang des Wochenendes!)
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Dr. Wolfgang Scheuermann
eingetragen von Theodor Ickler am 10.08.2002 um 14.16
Herr Wrase hat sehr treffend das Problem noch einmal dargestellt, so wie auch ich es sehe. Für einen bestimmten Verbzusatz wird man je nach Verb unterschiedliche Häufigkeiten der Zusammenschreibung finden, und solche Befunde gehören ohne Zweifel auch in bestimmte (wissenschaftliche) Wörterbücher - also eigentlich wohl in den Zehnbänder von Duden, wo aber skandalöserweise der Befund im Sinne der Reform umfrisiert worden ist-, aber nicht in ein PRAKTISCHES Rechtschreibwörterbuch. Wenn ich hier die wirklich obligatorische Zusammenschreibung auf ein oder zwei Dutzend Verbzusätze beschränke, und zwar gerade solche, die beim einigermaßen erfahrenen Schreiber überhaupt keinen Zweifel lassen und von den weniger Erfahrenen schnell zu lernen sind, dann ist die Materie schnell geregelt, und niemand wird an den so gestalteten Texten etwas Auffälliges bemerken. (Man müßte es natürlich noch ausprobieren, und ich bitte darum.)
Im übrigen habe ich bei den dichten Einträgen der letzten Tage den Eindruck, daß viel zu viel Aufwand um die Erörterung der Frage getrieben wird, wer wem mit welchem Recht was entgegengehalten hat usw. Ich beteilige mich nicht gern daran, weil noch so viele Sachfragen zu lösen sind. Soll ich zum Beispiel all die hübschen Zusammensetzungen nach dem Muster auseinander wirklich so lassen oder auch aus einander eintragen (sehr viele Fälle!).
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Th. Ickler
eingetragen von Reinhard Markner am 10.08.2002 um 14.15
Die an den entsprechenden Stellen im Wörterbuch gewählte Formel, herum, hinab usw. würden »als Verbzusatz a. zusammengeschrieben«, ist insofern unglücklich, als sie nicht etwa suggeriert, die Zusammenschreibung sei üblich oder gängig oder geradezu zwingend, sondern im Gegenteil, sie sei eher die Ausnahme. Das ist zweifellos nicht so intendiert, aber bei manchem Benutzer mag es so ankommen, nicht zuletzt bei jenen, die nicht im Regelteil nachschlagen, und das sind ja bekanntlich die meisten.
eingetragen von Wolfgang Wrase am 10.08.2002 um 12.51
Liebe Frau Philburn,
bei aller Einigkeit, die wir haben und die sich auch auf der Grundlage der Google-Recherche zu "herum_pfuschen", anbietet, möchte ich doch differenzieren. Wie gesagt, allein aufgrund der statistischen Zahlen könnte man schon zu der Folgerung kommen, "herumpfuschen" sei zusammenzuschreiben, erst recht bei der noch eindeutigeren Verteilung in Qualitätstexten. Wieso sollte man die fünf Prozent so ernst nehmen? Bei anderen Einträgen runden wir zugunsten der Eindeutigkeit schon wesentlich früher auf als bei 95 Prozent. Daß Professor Ickler Fakultativschreibung verzeichnet, ergibt sich aus der Notwendigkeit, die GZS bei Verbzusätzen insgesamt übersichtlich abzuhandeln. Man muß auch bedenken, daß die Fakultativschreibung summarisch für jeden Verbzusatz angegeben wird, nicht einzeln für herum_pfuschen, herum_lungern, herum_können usw. Wenn man so vorginge, könnte man sich schon noch einmal überlegen, ob man bei einzelnen Kombinationen wegen eines erdrückenden statistischen Übergewichts nicht doch die eindeutigere Angabe wählen sollte. Aber auch dann wäre die Zwickmühle unvermeidlich: Wo anfangen und wo aufhören mit der Vereindeutigung der Einzelfälle?
Google ist in verschiedener Hinsicht nicht zuverlässig, aber oft dennoch aussagekräftig. Bei meinem Beispiel ist die Frage der Substantivierung für die Größenordnung nicht erheblich, nur für die genaue Angabe des Suchergebnisses. Tatsächlich sind mehr Substantivierungen bei der Zusammenschreibung dabei, als ich dachte, es sieht nach gut 20 Prozent aus. Die müßte man also bei der Zusammenschreibung herausrechnen. Bei der Getrenntschreibung sind vielleicht auch noch ein paar falsch geschriebene Substantivierungen dabei, die wird man vernachlässigen können. Dann hätten wir also nicht 1:20, sondern vielleicht 1:15. Das ist kein gravierender Unterschied für die Beurteilung des Falles.
eingetragen von Elke Philburn am 10.08.2002 um 12.09
Was Sie schreiben, ist alles gut und richtig, lieber Herr Wrase, aber es ging doch hier um die Frage, wie glaubwürdig die Ergebnisse sind, die Google so ausspuckt.
Selbstverständlich käme ich aufgrund des von Ihnen angeführten Beispiels nicht zu dem Schluß, die genannten Wörter müßten zusammengeschrieben werden. Man braucht sich ja nur die Verweise zu herumpfuschen anzusehen, um festzustellen, daß dieses Wort oft substantivisch vorkommt - was Google nicht differenzieren kann. Ich benutze diese Suchmaschine auch ständig, aber mehr als einen groben Eindruck über die gängige Schreibweise kann sie nicht vermitteln.
eingetragen von Walter Lachenmann am 10.08.2002 um 10.53
Dieses Forum hat u.a. den Zweck, daß man hier Zitate mit Schreibweisen eintragen kann, die die mehr oder weniger befremdlichen Folgen der Rechtschreibreform demonstrieren. Daran habe ich mich, wie andere auch, einigermaßen fleißig beteiligt. Da kann es natürlich schon mal vorkommen, daß die Beispiele gar nicht immer so richtig triftig sind. Darüber kann man ja in Ruhe reden.
Ich habe nun folgendes erlebt:
Auf meinen Hinweis vor einigen Wochen auf »heller häutig« (SZ) werde ich in einer privaten Zuschrift davon informiert, das Wort »häutig« gebe es durchaus im Zusammenhang mit medizinischen Dingen, ähnlich wie »knochig« oder »fleischig«. Für den Hinweis bedanke ich mich, stelle aber fest, daß es sich in dem von mir zitierten Zusammenhang darum ja nicht gehandelt hätte. Die Antwort, privat: »Sie haben sich beim Beckmessern vertan, Herr Lachenmann. Stehen Sie doch einfach dazu!«
Später zitiere ich eine Stelle aus der SZ, das berühmte »bitte schön«, und zwar weil ich der Überzeugung bin, hier hätte ohne die Reform »bitteschön« gestanden. Das ist wissenschaftlich, zugegebenermaßen, so hochkarätig fundiert wie wenn jemand heute vom »scheidenden Finanzminister Eichel« spricht - eine persönliche Vermutung, für die man seine Anhaltspunkte zu haben glaubt. Aber es kann in beiden Fällen auch ganz anders sein. Vielleicht scheidet der Finanzminister nicht, vielleicht hat tatsächlich der Autor »bitte schön« geschrieben und nicht der Reformkonverter hat das auseinandergerissen. Wieder ertönt der Ruf aus dem Publikum - es ist nicht derselbe Rufer - man wolle endlich einmal erleben, daß ich »zurückrudere«. Was hatte ich denn jetzt wieder schreckliches getan? Daß es auch »bitte schön« gibt, habe ich ja gar nicht bestritten, aber in diesem Fall hätte man nach meiner Überzeugung das früher zusammengeschrieben, und wenn meine Überzeugung falsch ist, muß sich niemand darüber aufregen, dann gehen die Ansichten hier eben auseinander. Bewiesen ist hier garnichts (bei »heller häutig« habe ich das Manuskript gesehen, das ist zumindest der Beweis dafür, daß bei der SZ Auseinanderschreibungen gedruckt werden, die der Autor nicht gewollt hat).
Auch bei meinem Beispiel »braun gebrannt« werde ich belehrt, daß dies nicht unbedingt zu beanstanden sei. Mich beschleichen so langsam Zweifel, ob die statistische Konsultierung bei Google eine ausreichende Differenzierung gewährleistet, da unterschiedliche Schreibweisen zu unterschiedlichen Aussagen führen können. So sind die Zusammenschreibungen »bitteschön« und »braungebrannt« meines Erachtens vermutlich in ihrer Bedeutung meistens klar zuordenbar, während die Wortkombinationen »braun gebrannt« und »bitte schön« auch im Zusammenhang mit anderen Aussagen vorkommen können und für die vergleichende Zählung m.E. deshalb nur bedingt herhalten dürften. Was Google angeht, stelle ich außerdem immer wieder fest, daß man auf da gute und weniger gute Texte bis hin zu primitivstem Teeniegestammel stoßen kann, in welchem Mengenverhältnis diese zu den seriösen Einträgen stehen, weiß vermutlich keiner, und von daher rührt meine völlig leidenschaftslose Skepsis. Ich weiß nicht, was an diesen Überlegungen so verkehrt sein soll, zumindest könnten diejenigen, die darüber anders denken, dies unaufgeregt erläutern und meine Bedenken zerstreuen.
Dann schreibt Herr Ickler: Sobald man etwas zurückgeht, nur ein paar Jahre, stößt man auf erstaunlich viele Getrenntschreibungen.
Das habe ich getan, die Quellen habe ich genannt, und das waren keine Erbauungs- oder Familienpostillen à la Gartenlaube von Anno Dunnemals - selbst die hätten den Zweck genauso gut erfüllt - sondern Klassikerausgaben renommierter Verlage und Originaltexte. Mein Eindruck war, daß die GZS seit Anfang des 20. Jahrhunderts sich nicht sehr auffällig von den Texten vor der Reform unterschied. Damit wollte ich ja niemanden belehren, ich wollte das einfach mitteilen! Und ich bezweifle, ob ich bei Google auf Zitate aus dem 19. und frühen 20. Jahrhundert in brauchbarer Menge und Form gestoßen wäre, jedenfalls erschienen mir meine zeitgenössischen Bücher hierfür durchaus geeignet.
Warum diese von mir angestellten Überlegungen zu solcher Aufregung führen konnten, ist mir völlig schleierhaft. Nun kann ja einer sagen: Überlegen Sie mal gut, woran das wohl liegen könnte, vielleicht hat das ja mit Ihrem persönlichen Auftreten und Ihrer ganzen Art und Weise zu tun. Aber was wäre an dieser Frage, bitteschön, wissenschaftlich?
*****
Abschließend bin ich so frei, zwei Nebenprodukte meiner Amateurrecherche weiterzureichen. Diese sind beileibe keine Glaubensbekenntnisse meinerseits, aber im Zusammenhang mit unserer Diskussion doch recht anregende Gedanken:
An einer Theorie ist wahrhaftig nicht ihr geringster Reiz, dass sie widerlegbar ist : gerade darin zieht sie feinere Köpfe an.
Die Falschheit eines Urtheils ist uns noch kein Einwand gegen ein Urtheil ; darin klingt unsre neue Sprache vielleicht am fremdesten. Die Frage ist, wie weit es lebenfördernd, lebenerhaltend, Art-erhaltend, vielleicht gar Art-züchtend ist ; und wir sind grundsätzlich geneigt zu behaupten, dass die falschesten Urtheile (zu denen die synthetischen Urtheile a priori gehören) uns die unentbehrlichsten sind, dass ohne ein Geltenlassen der logischen Fiktionen, ohne ein Messen der Wirklichkeit an der rein erfundenen Welt des Unbedingten, Sich-selbst-Gleichen, ohne eine beständige Fälschung der Welt durch die Zahl der Mensch nicht leben könnte, -- dass Verzichtleisten auf falsche Urtheile ein Verzichtleisten auf Leben, eine Verneinung des Lebens wäre. Die Unwahrheit als Lebensbedingung zugestehn : das heisst freilich auf eine gefährliche Weise den gewohnten Werthgefühlen Widerstand leisten ; und eine Philosophie, die das wagt, stellt sich damit allein schon jenseits von Gut und Böse.
Friedrich Nietzsche: Jenseits von Gut und Böse. Zur Genealogie der Moral.
Text- und seitenidentisch mit Band 5 der Kritischen Studienausgabe (KSA) in 15 Bänden ... ediert auf der Grundlage der Kritischen Gesamtausgabe, herausgegeben von Giorgio Colli und Mazzino Montinari, erschienen im Verlag de Gruyter, Berlin/New York 1967ff. Neuausgabe 1999 bei dtv.
(Ça va comme ça, scientifiquement parlé, mon cher ami tant érudit?)
Kleine Dreingabe: Oh Voltaire! Oh Humanität! Oh Blödsinn! Mit der „Wahrheit", mit dem S u c h e n der Wahrheit hat es etwas auf sich ; und wenn der Mensch es dabei gar zu menschlich treibt -- „il ne cherche le vrai que pour faire le bien“ -- ich wette, er findet nichts!
(Aber das ist wieder ein anderes Thema ...)
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Walter Lachenmann
eingetragen von Wolfgang Wrase am 10.08.2002 um 08.40
Die Folgerung "meist zusammengeschrieben" ist zunächst einmal beschreibend richtig, realistisch und damit auch brauchbar. Ohne Reform hätten wir noch weniger Getrenntschreibung, und die Frage wäre deshalb, ob wir auf die Getrenntschreibung als Möglichkeit ganz verzichten können. Das wäre aus statistischer Sicht vielleicht auch bei 1:20 schon möglich, aber hier ist eben genau die systematisierende Bearbeitung des Lexikographen eingeflossen. Sie geraten nämlich in Teufels Küche und produzieren einen unglaublichen, letztlich auch unrealistischen Schrott im Stil der Rechtschreibreform, wenn Sie damit anfangen, aufgrund eines solchen Ergebnisses festzustellen: herumlungern = zusammengeschrieben. Für den Einzelfall könnte das vielleicht noch gehen, aber wir haben bei den Verbzusätzen ein riesiges, komplexes Kontinuum von mehr oder weniger zusammengehörigen Kombinationen, wobei auch jede einzelne Verwendung wieder mehr oder weniger unterschiedlich aussehen kann. Man kann eben nicht nur "herumlungern" isoliert regeln, sondern man muß ja die GZS für alle Verbzusätze finden. Es ist unmöglich, hier einleuchtende Grenzen und zuverlässige Kriterien aufzufinden, ohne einen Haufen Willkür und Widersprüchlichkeit zu produzieren. Also kurz: "herumlungern" allein hätte man zwar noch als zusammengeschrieben regeln können, aber mit diesem Wunsch nach Festlegung wird man scheitern, sobald man die Gesamtheit der Verbzusätze auf diese Weise behandeln will. Im Sinne der Systematik ist es daher geboten, Fakultativität auch dort zu formulieren, wo das im Einzelfall als unnötige Großzügigkeit erscheint. Und nicht zuletzt: "meist zusammen" trifft ganz einfach zu, "zusammen" kann man nur im Sinne der Aufrundung als zutreffend bezeichnen.
Das ist ein Beispiel dafür, daß man allein mit Statistik kein brauchbares Wörterbuch formulieren kann.
eingetragen von Elke Philburn am 10.08.2002 um 08.16
Ich meine aber, gerade bei den von Ihnen genannten Beispielen ist Vorsicht angesagt: Der Prozentsatz an Getrenntschreibungen bei herumlungern ist so gering, daß der Verdacht auf falsch interpretierte Reformschreibungen nicht ausgeschlossen werden kann. Ein Wörterbucheintrag meist zusammengeschrieben wäre meiner Meinung nach ziemlich überstürzt.
Anders verhält es sich mit Schreibungen wie gar nicht vs. garnicht oder schon mal vs. schonmal. Hier kann Google bestätigen, was man allerorts zu lesen bekommt, nämlich daß eine starke Tendenz zur Zusammenschreibung besteht.
eingetragen von Theodor Ickler am 10.08.2002 um 07.55
Herr Lachenmann hat mir freundlicherweise "Gewissenhaftigkeit" bei der Auswertung meines Korpus unterstellt. Davon kann keine Rede sein. Ich habe mir zwar viele Gedanken über solche Dinge gemacht, aber geade deshalb habe ich dann nicht einmal ansatzweise versucht, statistisch exakt zu arbeiten. Die Gründe habe ich schon mehrmals dargelegt. Der Duden hat, wie Herr Scheuermann ganz treffend sagt, im allgemeinen als bekannt voraussetzen können, wie man schreibt, und sich nur auf die zweifelhaften Fälle konzentriert, mit mehr oder weniger Geschick und Erfolg.
Mir hat mein Korpus dazu gedient, eine ziemlich homogene Masse von Fakultativschreibungen zu verifizieren. Ungefähre Verhältnisse genügen für diesen Zweck.
Im Duden-Newsletter, den ich gerade eingerückt habe, werden die Schwächen der Neuregelung noch einmal deutlich. Erstens ist es mißlich, bei so einfachen Dingen wie hoch- jedesmal ein grammatisches Experiment anstellen zu müssen, zumal dies ein für die GZS irrelevantes Kriterium (Steigerbarkeit) zugrunde legt. Bei den Verbzusätzen wird zudem die Zusammenschreibung grundsätzlich anerkannt, aber gleichzeitig als Ausnahme gekennzeichnet, die mit Hilfe des Steigerbarkeitstests so weit wie möglich vermieden werden soll. Die Zusammenschreibung ist aber eines der am besten begründeten Prinzipien der deutschen Rechtschreibung und keine krankhafte Entwicklung, wie es die Reformer seit Jahrzehnten behaupten. Drittens wird die subjektive Zweifelhaftigkeit als Kriterium eingeführt (wie im alten Duden); das ist aber widersinnig, weil die Beseitigung von Zweifeln ja gerade die Aufgabe des Rechtschreibwörterbuchs und der Grund des Nachschlagens ist. Die Auskunft "Das weißt du nicht? Wir wissen es auch nicht! Also schreib, wie du willst" scheint mir wenig hilfreich. Viel besser ist es, für eine ganze Gruppe von gleichartigen Erscheinungen von vornherein Fakultativität anzusetzen, nicht als Notbehelf, sondern systematisch begründet. Das ist nicht nur deskriptiv angemessen, sondern auch viel leichter lernbar. Nach ein paar Versuchen mit meinem Rechtschreibwörterbuch kann der Benutzer ziemlich sicher vorhersagen, wie ein bestimmter Eintrag darin aussehen dürfte ... (Was will man mehr?)
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Th. Ickler
eingetragen von Wolfgang Wrase am 10.08.2002 um 07.45
Lieber Herr Scheuermann,
ich denke auch, daß die meisten sich im Umgang mit der Statistik einig sind. Ich sage nochmals: Wenn Sie gute Zeitungen vor der Reform als Grundlage nehmen, werten Sie natürlich automatisch Texte von besserer Lesbarkeit und besserem Stil, kurz: von besserer Qualität aus, und so sollte man vorgehen, wenn man ein Wörterbuch auf der Grundlage guten Stils machen will. Professor Ickler hat sich deshalb dafür entschieden.
Herr Markner sprach von einem vernünftigen Umgang mit Google, nicht vom blinden Vertrauen in jede Abfrage; ich habe geschrieben, man könne zwar keine exakten, aber trotz verschiedener Störfaktoren immer noch eine Menge hinreichend eindeutiger Ergebnisse erzielen. Jedenfalls hat Professor Ickler immer wieder gesagt, es sei wichtig, schon die Quellen nach ihrer Qualität auszuwählen. Aber das spricht nicht dagegen, auch einmal - zuerst oder ergänzend -nachzusehen, was sich denn im gesamten Volk so tut. Unter anderem, weil sich in den Abweichungen der "breiten Norm" von der "guten Norm" schon die Entwicklungstendenz abbildet: Was häufig ist, setzt sich auch bei gewisser qualitativer Unterlegenheit nun mal gerne durch. Was nicht zuletzt daran liegt, daß heute fast jedermann schreibt und seine Leser beeinflußt, im Gegensatz zu früheren Zeiten, als die Lektüre noch eher von einer Schar professioneller Spezialisten verfaßt oder gedruckt wurde.
Ich möchte auch noch einmal auf die Bemerkung von Professor Ickler hinweisen, "deskriptive Methode" sei schon fast ein übertriebener Begriff, weil es eigentlich nur darum gehe, im ersten Schritt den Gebrauch, die Norm im statistischen Sinne aufzufinden. Dann wird der Lexikograph immer noch bewerten, gewichten, systematisieren müssen und bei dieser Bearbeitung der statistischen Ergebnisse eine leicht veränderte Norm mit Aspekten der Qualität, der Brauchbarkeit, der Systematik formulieren.
Keiner sagt hier, Recherchen bei Google würden blind in ein Wörterbuch verwandelt, nicht einmal die Auswertung guter Zeitungen führt direkt zum Wörterbucheintrag. Aber es ist auch nicht sinnvoll, Google pauschal zu verachten, nur weil uns da angeblich der ungebildete Pöbel mit seinem Rechtschreibschrott miserable Ergebnisse unterjubeln würde. Nehmen wir doch mal ein konkretes Beispiel:
herum lungern 55, herumlungern 2140
herum pfuschen 25, herumpfuschen 513
Man wird feststellen können, daß Getrenntschreibung vorkommt, aber nur sehr gering, Zusammenschreibung überwiegt mit 20:1 bzw. 40:1. Also ist ein zutreffender Wörterbucheintrag: "meist zusammengeschrieben". Herrn Lachenmanns Befürchtung, die Irrungen der Rechtschreibreform müßten zu höchstem Mißtrauen gegenüber Google Anlaß geben, erweisen sich jedenfalls bei diesem Beispiel als unbegründet. Es wäre hier auch nicht nötig, Qualitätszeitungen heranzuziehen, bei diesen wäre die Verteilung nur noch deutlicher. Das kann man ja schon mit Hilfe der Extrapolation voraussagen, denn gute Qualität besteht in der Regel darin, das Übliche zu kennen und konsequent anzuwenden.
eingetragen von Wolfgang Wrase am 10.08.2002 um 07.01
Lieber Herr Lachenmann, anstatt sich ausgiebig zu wiederholen, daß man Sie nicht verstehe, oder die anderen in Versteher und Minderbemittelte zu gruppieren, könnten Sie doch im Sinne eines guten Diskussionsstils versuchen, noch einmal klar auszudrücken, welchen Gedankengang Sie eigentlich mitteilen wollten oder wollen. Für mich ist nämlich Ihr Exkurs wiederum ein Beispiel für widersprüchliche Argumentation bzw. mangelndes Nachdenken auf Ihrer Seite.
Ihre historische Betrachtung haben Sie zunächst als Replik auf Professor Icklers Aussage eingeleitet, wenn man einige Jahre zurückgehe, stoße man auf wesentlich mehr Getrenntschreibung. Sie haben als Ihr Fazit dagegengehalten: Sogar wenn man hundert oder mehr Jahre zurückgeht, findet man "erstaunlich wenige Getrenntschreibungen". Das kann man nun als wenig oder viel, als erstaunlich wenig oder erstaunlich viel bezeichnen, das ist subjektiv und Geschmackssache, also eigentlich auch keine Widerlegung des anderen, sondern die Präsentation des eigenen Geschmacks. Mich jedenfalls wundert Ihr Fazit, es habe sich "erstaunlich wenig" gewandelt.
Vor allem meine ich, es hätte in erster Linie ein anderes Fazit gezogen werden sollen: Nämlich daß es im 19. Jahrhundert eine erstaunliche Varianz sogar innerhalb desselben Werkes gab - bei genau oder fast genau gleich gebildeten Ausdrücken einmal getrennt, einmal zusammen. Noch viel größer - und das zeigt Ihre Auswertung insgesamt - ist die Varianz zwischen den verschiedenen Schreibern und Verlagen. Und genau dies hätte man auf die Zeit vor unserer Reform übertragen können: Es gab immer, gerade bei der GZS, einen riesigen Bereich des Übergangs, stilistische Freiräume und daher eine breite Varianz.
Ihre Methodik ist damit vergleichbar, daß jemand die übliche Rechtschreibung um das Jahr 2000 feststellen will und hierzu fünf Texte einzelner engagierter Schreiber heranzieht, darunter Texte von mir und von Ihnen. In meinen Texten findet er "bitte schön", in Ihren "bitteschön". Das unterschlägt er dann in seinem Fazit, wo es heißt: "Erstaunlich einheitliche Auffassung in der GZS." Das ist natürlich Unsinn. Was zu unserer Zeit üblich ist, kann man auf diese Weise kaum feststellen, dazu kann man hingegen ausgezeichnet Google verwenden, jedenfalls für solche groben Schlüsse, wie Sie sie ziehen wollen. Nun sagen Sie aber, völlig unverständlich: "Angesichts meiner bescheidenen Erkenntnisse ist auch meine Skepsis hinsichtlich der Datenbanken nicht ausgeräumt, insbesondere was Google betrifft."
Und weiter: "Da vertraue ich jedenfalls immer noch lieber meiner eigenen Schäblerschen Datenbank im Kopf, mit der bin ich bisher immer gut gefahren." Die Schäblersche Datenbank, das ist nach Ihrer Darstellung folgendes: "Der »Rechtschreibbürger« wird beim Schreiben in der Regel weder Google noch Duden noch Ickler konsultieren, es sei denn, er hat es mit einem ihm ungewohnten Wort zu tun, sondern diese selbstangelegte Datenbank in seinem Kopf, und zwar tut er das natürlich unbewußt. Und solange er dieser Datenbank folgt, schreibt er in der Regel so gut wie immer richtig, es sei denn, es handelt sich um einen Wenigschreiber, der aber für Rechtschreibfragen so uninteressant ist wie der Wenigtrinker für die Weinkunde." Also, alle haben ihre intuitive Vorstellung von der angemessenen Schreibung, und sie schreiben so gut wie immer richtig, sagen Sie. Also - dann müßte das, was alle zusammen nach Ihrem Urteil fast immer richtig schreiben, sich doch sehr gut als Gesamtbild bei Google auffinden lassen. Wenigschreiber sind weniger interessant und werden auch automatisch kaum erfaßt, weil sie eben wenig Text beisteuern. Ihre Logik ist aber wiederum, daß Sie lieber dem intuitiven Schreiben vertrauen als den Google-Ergebnissen, obwohl Google genau diesen allgemeinen intuitiven Schreibgebrauch abbildet.
Was Sie schreiben, ist also vollkommen unlogisch, Ihre Aussagen sind nicht verständlich. Es gibt nur einen wesentlichen Unterschied zwischen Ihrer Herangehensweise und Google (abgesehen davon, daß Ihre historischen Texte für die aktuelle Rechtschreibung unbrauchbar sind): Sie ziehen zur Ermittlung des Schreibgebrauchs einige wenige Texte heran, die natürlich nach persönlichen Vorlieben gefärbt sind, Google wertet hunderttausend oder Millionen Quellen aus, und zwar getreu der Anzahl der Nutzungen, das heißt auch gewichtet nach ihrer Einwirkung auf die Rechtschreibung der Allgmeinheit.
Wieso nun ausgerechnet die Beschränkung auf den einzelnen der bessere Zugang zur Norm, zum jeweils Üblichen sein soll und warum die Erfassung der Gesamtheit von Ihnen als höchst fragwürdig zurückgewiesen wird, ist eine weitere Absurdität in dem "Gedankengang", den Sie "darlegen wollten". Ich verweise hier auf die Antwort über den logischen Widerspruch einer "privaten Rechtschreibung", das heißt über den Unterschied zwischen dem persönlichem Geschmack eines einzelnen und der in der Allgemeinheit aufzufindenden Norm, die ich Ihnen schon am Anfang der aktuellen Debatte gegeben habe.
eingetragen von Wolfgang Scheuermann am 10.08.2002 um 06.39
... möchte ich meinen Kurzbeitrag zu "Pfirsich große Hagelbrocken" hier noch einmal einfügen:
"Pfirsich große Hagelbrocken"
Diese Überschrift in der heutigen "Schwetzinger Zeitung" [5.8.] fiel mir ins Auge und Google in den Arm: Diese reichlich gewagte Ellipse soll dazu herhalten, die Verwirrung zu beweisen, in die ich gestürzt wurde, als ich diese und ähnliche Größenangaben bei unserer hochmögenden Sprachschiedsstelle einer Überprüfung unterzog. Solche Angaben sind Legion! "Erbsen große" Krümel, "Stecknadelkopf große" Wunden, "Tennisball große" Höhlungen - alles das findet sich! Dagegen siecht das bei uns Ärzten so beliebte "fünfmarkstückgroß" aus offenkundigen Gründen dahin - es ist schon ein Trauerspiel!
Ich wollte also nicht behaupten, lieber Herr Wrase, daß sich "Pfirsich groß" bereits bei "Google" findet, sondern nur, daß auch "Google" eine sehr verwirrende Quelle sein kann - mindestens für mich. (Dabei gehört es zu meinen dienstlichen Obliegenheiten, Statistik - auch fortgeschrittene - anzuwenden und zu lehren, und da hätte ich das ja vielleicht gelernt haben können.) Es gehört nun einmal zum Wesen statistischer Verteilungen, daß sie keine klaren Ergebnisse erbringen können, wenn die Qualität der einfließenden Daten höchst different ist. (Da geht die "Qualität" oft einfach unter, und das haben wir ja alle in manchmal überraschender Weise bei Google auch schon erlebt. Damit "verdamme" ich Google nicht - aber es hat eben seine Grenzen.)
Es geht - ich denke oder hoffe, daß wir uns darin letztlich einig sind - nicht so sehr um statistische Verteilungen, sondern mehr darum, ob jemand etwas "kann" oder eben nicht. Das entwertet die Beobachtung der statistischen Verteilungen nicht - zumindest soll es das nicht. Professor Ickler hat ja auch immer betont, er hätte sein Wörterbuch auf der Basis von "Google" nicht aufbauen können.
Daß der "Mannheimer Morgen" (und was das IdS sonst noch zur Korpusbildung heranzieht) auch keine ideale Grundlage darstellt (obwohl er eine der besseren Zeitungen der Region ist) - da bin ich mir mit Ihnen, lieber Herr Markner, völlig einig.
Letztlich wird jemand, der ein verläßliches Wörterbuch herausbringen möchte, doch so ähnlich arbeiten, wie es die Dudenredaktion früher für sich postuliert hat: In den meisten Fällen weiß man von vornherein, wie etwas geschrieben werden soll ("Pfirsich große Hagelbrocken" geht einfach nicht), und dann gibt es eben Bereiche (statt dessen/stattdessen), in denen normative Setzungen keinen rechten Sinn (mehr) haben, da beobachtet man dann sinnvollerweise auch statistische Verteilungen (und deren Veränderung über die Zeit), um zu sehen, was sich so "herausmendelt".
Stehen wir da nicht alle auf einem gemeinsamen Grund?
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Dr. Wolfgang Scheuermann
eingetragen von Theodor Ickler am 10.08.2002 um 06.28
(Auszug)
Getrennt- und Zusammenschreibung von Verbindungen mit "hoch"
Eine kurze Ewigkeit lang haben Sie überhaupt keinen Kopf für
Ihre "hochfliegenden" Karrierepläne. Sie sind im Zirkus.
Schweißbeperlt und "hochgespannt" stockt Ihnen der Atem
angesichts "hoch fliegender" Trapezkünstler. Die Hochseilartisten,
die ihr Seil in der Tat "hoch gespannt" haben, absorbieren
Ihre Aufmerksamkeit ganz und gar. Da grübeln Sie ganz sicher
nicht über die unterschiedlichen Schreibungen der mit "hoch"
gebildeten Fügungen in diesen Sätzen. Völlig uninteressant sind
sie deshalb aber nicht, piesacken sie uns im Schreiballtag doch
gelegentlich ganz gemein.
Für die Getrennt- oder Zusammenschreibung von "hoch" in Verbindung
mit Verben, Partizipien und Adjektiven gilt:
1. Wird "hoch" relativ verwendet, ist es also steigerbar ("höher")
und/oder erweiterbar ("ziemlich/sehr hoch"), schreibt man getrennt:
"hoch qualifizierte Mitarbeiter", "hoch gesteckte Erwartungen",
"hoch gestellte Persönlichkeiten" und "hoch fliegende (= oben/in der
Luft fliegende) Spatzen". Hierher gehören auch das "hoch gespannte
Seil" und die "hoch fliegenden Trapezkünstler".
2. Wird "hoch" jedoch absolut verwendet, ist also weder steiger-
noch erweiterbar, dann schreibt man zusammen: "Ab 18.15 Uhr kann
das Wahlergebnis hochgerechnet werden" ("höher gerechnet" oder
"ziemlich hoch gerechnet" ist hier nicht möglich); "ein hochmütiger
Patron", "hochtrabende Versprechungen" sowie "hochfliegende
Karrierepläne".
3. Gibt "hoch" eine Richtung an (Frage: wohin?), schreibt man
ebenfalls zusammen: "hochfliegende (= nach oben fliegende)
Spatzen/Späne/Röcke", "hochgesteckte Haare", "hochgehende Bomben".
4. Zudem wir zusammengeschrieben, wenn "hoch" rein intensivierend
verwendet wird: "eine hochsensible Angelegenheit", "hochinteressante
Intrigen", "die hochbetagte Fregatte", "ein hochkarätig besetztes
Gremium". Hierzu zählt auch das "hochgespannte Atemstocken".
5. Zweifelsfälle sind nicht ausgeschlossen, hier sind sowohl
Getrennt- als auch Zusammenschreibung vertretbar, z. B. bei
einer "hoch begabten/hochbegabten Stipendiatin". Unter diesen
Zweifelsfällen findet sich übrigens auch unser "hoch gebildeter/
hochgebildeter Kulturlauber" wieder.
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Th. Ickler
eingetragen von Theodor Ickler am 10.08.2002 um 06.22
Immerhin war Eichel Deutschlehrer in Kassel (wo auch ich zur Schule gegangen bin), so daß eine gewisse Achtsamkeit in sprachlichen Dingen durchaus erwartet werden könnte. Aber dann wäre er vielleicht immer noch Lehrer ...
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Th. Ickler
eingetragen von Walter Lachenmann am 09.08.2002 um 20.59
Vielleicht könnte Eichel seine Sekretärin sogar entsprechend anweisen, aber es ist ihm wahrscheinlich einfach wurscht! Warum sollte man ausgerechnet von Eichel, der bislang keineswegs durch sonderlichen Ehrgeiz in sprachlichen Belangen hervorgetreten ist, diese Sensibilität und ein solches Engagement abfordern?
Übrigens kann, wer es will, durchaus wissen, daß es Institute gibt, deren leitende Mitarbeiter über die neue Rechtschreibung hell empört sind, jedoch der Verfügung einer übergeordneten Behörde, nämlich dem Staate, Folge leisten und dulden müssen, daß ihre eigenen Schriftstücke, sofern sie amtlicher Natur sind, in einer Form verfaßt werden, die sie selbst nicht mehr lesen mögen. Auch haben Büroorganisationen einen Trend zur Verselbständigung. Ich habe schon verschiedentlich Institutsleiter, die trotz behördlicher Verfügung beschlossen haben, bei der herkömmlichen Orthographie zu bleiben, darauf hingewiesen, wenn ich dennoch Schriftstücke aus ihrem Hause in reformierter Orthographie bekommen habe. Das machen die Büroleute immer wieder selber, durchaus im Glauben, ihre Vorgesetzten vor einem peinlichen Lapsus bewahrt zu haben. Und irgendwann gibt der Chef den Kampf auf.
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Walter Lachenmann
eingetragen von Wolfgang Wrase am 09.08.2002 um 20.44
Lieber Herr Lachenmann, hier noch einmal zum Genießen einer Ihrer diesbezüglichen Beiträge zur Diskussion:
"WL (mit durchschaubar falschem Pathos): Lieben Freunde! Ihr wißt - ich liebe das Lachen und ich liebe den Frieden. Um des lieben letzteren's willen will ich gemäß meiner zwiespäl- ja geradezu -lichtigen Natur wieder einmal und zwar endgültig changieren vom Lachen- zum - Friedmann!
(Sein gräuliches Haupthaar ist plötzlich Öl verschmiert, sein zartblasser Teint wie von Geisterhand braun gebrannt, ein hoch mütiges Grinsen verzerrt sein Gesicht, und er verläßt die Szene humpelnd mit satanischem Gekicher.
Alle ab.)"
Das ist nur einer von ungezählten Beiträgen, in denen Sie sich selbst als gruppendynamischen Schwerpunkt und als eines Ihrer Liebingsobjekte, als hochinteressanten Charakter mit diversen bemerkenswerten Eigenschaften zum Thema machen. Allein seit wenigen Tagen kommen ja noch, wie erwähnt, der Don Quichotte hinzu und der bemühte Amateurfußballer, der von einigen seiner Freunde trotz seiner liebenswürdigen Absichten ungerecht verletzt worden sei.
Nun habe ich unter anderem dieses Stilmittel der Selbstthematisierung angesprochen. Was fangen Sie damit an? Sie dementieren natürlich wieder, greifen einen von drei Beiträgen heraus - den oben zitierten - und sagen, das sei nicht auf Ihrem Mist gewachsen. Wieder mit Gegenvorwurf: Hätte ich wissen müssen, also sei das von mir lächerlich. Es geht nicht darum, Herr Lachenmann, ob die "Idee" mit Herrn Friedman ursprünglich von Herrn Riebe oder von Ihnen selbst kam (das mit dem Don Quichotte und dem Fußballspieler, auf wessen Mist, in Ihrem Sinn, ist das gewachsen?), sondern darum, ob Sie solche Beiträge schreiben, auch wenn das nicht der einzige Kritikpunkt war. Sie schreiben über sich selbst solche Beiträge in Hülle und Fülle, das bin nicht ich, und es ist schnuppe, ob Sie dabei ein Zitat verwenden oder nicht. Ein billiges Ablenkungsmanöver.
Wenn man aber einmal darauf eingeht, bekommt man Ihre Gehässigkeit und Ihre Verachtung zu lesen, wenige Sätze nachdem Sie wieder einmal Ihren schönen Charakter formuliert haben ("ohne jegliche Aggression in aller Friedfertigkeit"). Liest sich schon etwas widersprüchlich.
Weiter behaupten Sie (wieder einmal indirekt), ich würde etwas an Ihnen kritisieren, weil ich Sie nicht leiden könne, und ich sei so schwachsinnig, dies als vermeintlich wissenschaftliche Grundlage meiner Aussagen auszuwählen.
Danke für die Blumen! Ich bin also der neue Stilmeister - wie ist das doch ekelhaft, so jemandes Texte lesen zu müssen! Das kann ich nachvollziehen. Nun, dann freut es mich, daß Sie heute abend das Gefühl haben, daß Sie die verabscheuungswürdige Rolle des selbsternannten Stilpapstes kurzfristig an mich abtreten können. Und was ich schreibe, seien "Schulhofbalgereien" - auf dieses Niveau möchten Sie sich nicht herablassen.
Wenn Sie es nötig haben, Ihre Verachtung gegenüber geistig und charakterlich minderwertigen Diskussionspartnern auszudrücken und sich so aufs neue in die Rolle des überlegenen und reifen Vorbildes hineinzuschreiben, dann sei Ihnen das von meiner Seite aus herzlich gegönnt.
Ehrlich gesagt, ich habe auch nicht erwartet, daß Sie etwas daran ändern. Aber man kann es ja alle Schaltjahre mal versuchen, Sie auf eine Optimierungsmöglichkeit in eigener Sache hinzuweisen.
eingetragen von Reinhard Markner am 09.08.2002 um 20.20
Er ist schon sehr zu bedauern, dieser Herr Minister, daß er nicht einmal seine Sekretärin anweisen kann, wie sie zu schreiben hat. Aber der Vergleich mit dem Klopapier ist treffend. Sowohl inhaltlich wie formal.
Ich möchte abschließend noch einmal betonen, was Herr Wrase schon festgestellt hat, nämlich daß per Suchmaschine Texte durchforstet werden, die zu einem großen Teil von den Autoren selbst auch in formaler Hinsicht verantwortet werden. Genau das unterscheidet sie von Texten in umgestellten Medien ebenso wie von unkritischen Klassikerausgaben. Diese Eigenschaft haben sie zwar mit Latrinenparolen, auch solchen in Bundesministerien, gemein, aber man sollte nicht daraus auf das generelle Niveau schließen.
eingetragen von Walter Lachenmann am 09.08.2002 um 19.46
RM: Ob der scheidende Bundesminister der Finanzen den Text so geschrieben hat oder nicht -- er steht auf der offiziellen Site seines Amtes. Er ist also dafür politisch und auch orthographisch verantwortlich.
Aber ja doch! Die orthographische Verantwortung eines Amtsinhabers ist in der Regel vermutlich so ungefähr das allerletzte, worüber sich diese Leute den Kopf zerbrechen. Sie sind auch für die Bestückung der Damentoiletten mit ausreichend geeignetem Klopapier politisch und hygienisch verantwortlich. Wollen wir jetzt jeden Dorfschultes und alle die lieben Diakonissen mit ihrem - so gut sie es verstanden haben - reformierten Mutterhausblättle moralisch in die orthographische ewige Verdammnis schicken?
Zu meinen Quellen: Für das, was ich darstellen wollte, waren sie absolut in Ordnung. Es war eine private Stichprobe im Hinblick auf eine ganz bestimmte Fragestellung, und der Ehrgeiz war nicht, diese nach allen Seiten hin und im Hinblick auf jederlei Einwand abzuschotten. Ich habe auch nichts dagegen, wenn man mir mit ähnlichen Stichproben nachweist, daß meine Beispiele untauglich waren und man zu einem anderen Ergebnis kommt, wenn man es anders macht. Für erweiterte Fragestellungen mögen erweiterte Forschungsmaßnahmen und präzisere Aussagen angemessen sein, das mögen dann die machen, die das besser können. Ob dabei was anderes herauskommt: ich lasse mich gerne überraschen.
Ich wollte einen Gedankengang darlegen, nicht etwa behaupten, ich wisse es besser als andere, und niemandem die Unsinnigkeit seines Tuns vorhalten, sondern ohne jegliche Aggression in aller Friedfertigkeit meine Überlegungen zu einigen Dingen mitteilen, die hier diskutiert werden. Kritisiert dafür zu werden, ist schon in Ordnung, auch wenn der Kritiker offenbar mein Anliegen nicht so ganz verstanden hat. Und daß ich von einem andern dafür geschimpft werde, ist auch nicht schlimm: Der kann mich halt nicht leiden. Das ist wissenschaftlich gesehen nun wahrhaftig, selbst ich als Laie kann das erkennen, das alleruntauglichste Kriterium, und ich habe auch definitiv keine Lust mehr, mich auf solche Schulhofbalgereien einzulassen. Die Idee mit Friedman, das weiß unser neuer selbst_ernannter Klassensprecher (seine hochnotpeinlichen Fragen stellt er mir in der »wir«-Form) und Stil-Schulmeister am allerbesten, ist nicht auf meiner Miste gewachsen, dafür ist sie fürwahr zu blöde.
Herr Dr. Scheuermann, fachlich vermutlich ebenso distanziert und dennoch aus dieser Distanz heraus ähnlich wie ich am Thema durchaus nicht minder leidenschaftlich interessiert, hat offensichtlich verstanden, worum es mir ging. Ich würde den Kreis der Referenzpersonen natürlich ausweiten, er sicherlich auch, aber als Beispiel für die Idee war seine Auswahl durchaus brauchbar. Ob unsere Experten so etwas begreifen können?
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Walter Lachenmann
eingetragen von Wolfgang Wrase am 09.08.2002 um 17.28
Ich stimme Herrn Scheuermann zu. Ich sagte ja schon, die SZ und die FAZ (Ausgaben vor der Reform) auszuwerten bedeutet, daß hohe Textqulität zugrunde gelegt wird und folglich im Ergebnis ausgedrückt wird. Aber Google wird hier zu Unrecht verachtet. Zu "Pfirsich große" habe ich nichts gefunden, da habe ich es mit "Haus hohe Wellen" probiert. Ergebnis: haushohe Wellen = mehr als 200, Haus hohe Wellen = null. Grober Unsinn sortiert sich also statistisch von selbst aus. Dasselbe gibt für Tippfehler oder Flüchtigkeitsfehler und sonstige Artefakte, die ja auch in den vorgeschlagenen guten Quellen reichlich vorkommen, aber die Statistik wird sie aussortieren. Bei Google haben wir vor allem das Problem, daß die Effekte der Rechtschreibreform einfließen und das Ergebnis verfälschen können. Aber sehr viel kann man dennoch damit klären - zwar nicht exakt, aber oft sind die Ergebnisse deutlich genug.
eingetragen von Reinhard Markner am 09.08.2002 um 17.23
Mit Hilfe einer un(text)kritischen Klassikerausgabe lassen sich weder eindeutige Aussagen über die Orthographie des betreffenden Autors treffen – die ja nicht respektiert wird – noch über die Hausorthographie des betreffenden Verlags oder gar den orthographischen Usus zu der Zeit ihres Erscheinens – dazu nämlich ist das Sample zu klein. Die Vorredner haben hierzu schon einiges gesagt.
Ich war übrigens erstaunt zu sehen, wie kläglich, jedenfalls in historischer Hinsicht, das vom IdS bereitgestellte Cosmas-Corpus ist. Darin enthalten ist neben dem unvermeidlichen »Mannheimer Morgen« unter anderem die nicht textkritische und zum Teil aus dem Englischen und Französischen übersetzte Marx-Engels-Ausgabe (MEW), die für Untersuchungen zum Deutsch des 19. Jahrhunderts kaum geeignet ist. Ein geschickter Umgang mit Google fördert bessere Ergebnisse zutage.
Ob der scheidende Bundesminister der Finanzen den Text so geschrieben hat oder nicht -- er steht auf der offiziellen Site seines Amtes. Er ist also dafür politisch und auch orthographisch verantwortlich.
eingetragen von Wolfgang Scheuermann am 09.08.2002 um 16.53
Zweitrangige Quellen und zweitrangige Quellen sind nicht einerlei.
Für Herrn Markner ist natürlich eine historisch-kritische Ausgabe eine bessere Quelle - aber für was? Für die Zwecke, zu denen er unter seiner fachspezifischen Perspektive Texte heranzieht ... und Herr Markner ist ja kein "Fachorthographiker".
["Fachorthographiker" waren z.B. in viel höherem Maße die Setzer (und sind es - wo es sie noch gibt - heute noch).]
Für einen Statistiker gilt eine breite Datenbasis als besser als eine schmale. "Google" ist eine "mächtige Quelle" und macht dem Statistiker von daher Freude. Der erfahrene Statistiker weiß aber, daß auch eine viel schmalere Datenbasis nützlich sein kann, wenn sie nämlich Daten von höherer Qualität (= u.a., geringere Varianz) enthält. "Google" enthält sehr viel unüberlegt hingeschriebenen Schwachsinn (s. "Pfirsich große Hagelbrocken" unter "Reize d.n.R.", allhier), da braucht es sehr viel Vernünftiges, um das statistisch wieder auszugleichen.
Mir reichte als Datenbasis für eine vernünftige Stichprobe in Sachen Orthographie eine sehr kleine Basis, wenn ich mir aussuchen dürfte, wer oder was da hineinkommt. Ich verrate mal ein Beispiel: Ich nehme alle Texte von Ickler, derer ich habhaft werden kann, dazu noch die von Markner, Wrase, Melsa - und, beispielsweise, die FAZ nach der Rückumstellung. Warum diese Auswahl: Ich weiß, daß diese "Quellen" auf sorgfältige Schreibung achten - UND ... dazu auch fähig sind. (Daraus folgt: Geringe Varianz ... und daraus wieder: aussagekräftige Stichprobe trotz limitiertem Umfang.)
(Entsprach das, lieber Herr Lachenmann, nicht auch ungefähr Ihrer Idee?)
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Dr. Wolfgang Scheuermann
eingetragen von Wolfgang Wrase am 09.08.2002 um 16.44
Lieber Herr Lachenmann, jetzt dementieren Sie schon wieder, typischerweise indem Sie gleich einen Vorwurf damit verbinden: "was mir der wieder in den Mund legt, kann sich nur einer wie er selber ausdenken, und es führt zu nichts, sich für Aussagen rechtfertigen zu müssen, die man nie gemacht hat". Neulich haben Sie ja eine ganze Latte von Aussagen zitiert, um den Kommentar anzufügen: Das habe ich alles nicht gesagt und auch nicht gemeint, man tut mir unrecht. - Dazu ist zu sagen, daß einem nicht erst andere Aussagen bzw. Meinungen in den Mund legen können, die man so formal nie gemacht hat, sondern daß man das auch selbst tun kann und oft tut: sich selbst Aussagen in den Mund legen, indirekt etwas aussagen.
Ein Beispiel ist der Ausgangspunkt unserer Debatte, Ihr berühmter Beitrag über "bitte schön". Er bestand nämlich nur aus drei von Ihnen verfaßten Wörtern ("GZS einmal anders") und einem kurzen Zitat aus der Süddeutschen Zeitung. Damit haben Sie eine ganze Menge mitgeteilt, teils gewollt, teils ungewollt. Nämlich, daß Sie die Regelung vor und nach der Reform nicht parat hatten; zweitens, daß Sie den realen Gebrauch nicht kennen; drittens, daß Sie die Getrenntschreibung mißbilligen; viertens (das wollten Sie eigentlich aussagen, und das konnte man zwar nicht sicher herauslesen, aber immerhin erahnen), daß Sie die von Ihnen abgelehnte Schreibung für eine Folge der Rechtschreibreform halten. Das alles mit drei eigenen Wörtern.
Sie haben in Ihren folgenden, viel ausführlicheren Beiträgen noch viel mehr ausgesagt oder "ausgesagt", Sie haben Dinge geschrieben, die weiteres als Konsequenz haben, auch wenn Sie diese Inhalte oder die Konsequenzen nicht alle ausdrücklich ausformuliert haben. Kein anderer klagt hier so häufig und teils pathetisch wie Sie: "Das habe ich alles nicht gesagt, ich werde falsch verstanden - der andere ist unfähig, meine Aussagen richtig zu lesen und zu verstehen." Überlegen Sie mal, woran das liegt, daß man das immer wieder von Ihnen hört, aber sonst kaum von jemandem.
Es kann nämlich auch an Ihnen liegen. Daran, daß Sie nicht verarbeiten, was man Ihnen antwortet; daran, daß Sie vielleicht Ihre spontanen Meinungen nicht genügend prüfen oder deren Konsequenzen durchdenken; daran, daß Sie widersprüchliche Dinge schreiben und dann hin und her springen, je nachdem, woran gerade ein Stück Kritik auftaucht.
Dazu ein aktuelles Beispiel. Sie haben jetzt ziemlich ausdauernd Google kritisiert, weil da alles mögliche erfaßt sei, was Ihrem angestrebten Stilniveau nicht gerecht werde. Nun klagen Sie - als Argument in anderer Sache: "Wir bekommen doch kaum noch Texte in der Form zu lesen, in der sie von ihren Urhebern geschrieben worden sind, das weiß jeder hier Beteiligte". Das wäre aber gerade wieder ein Argument für die Suchmaschine, denn dort wird eine sehr große Menge von ungeschminkten Texten, von intuitiv gewollten Schreibungen erfaßt. Also was denn nun?
Sie stellen sich immer wieder als Hüter des optimalen Stils dar; der gute Stil sei so wichtig, daß er sogar bei der Gestaltung des Wörterbuchs berücksichtigt werden sollte (was nicht möglich ist oder nur mit einem astronomischen Aufwand, sowohl beim Verfasser als auch beim Nutzer). Es gibt auch guten und schlechten Stil (und Schattierungen dazwischen) bei Diskussionen. Sie schreiben und behaupten sehr viel (teils direkt, teils indirekt). Wenn es eng wird für Ihren jeweiligen Standpunkt, treiben Sie viel Aufwand, um Ihre Aussagen zu stützen, und wenn es gar nicht mehr anders geht, dementieren Sie unter Zuhilfenahme von verächtlichen Vorwürfen ("Habe ich nicht gesagt, der Kritiker ist unfähig, meine Texte zu entschlüsseln"). Als Krönung kommt dann noch eine halbironische Selbstbeschreibung obendrauf (aktuell: Lachenmann als heldischer Don Quichotte, Lachenmann als umtriebieger Michel Friedmann mit zwiespältigem Wesen, Lachenmann als unfair gefoulter Sportler).
Das sind Merkmale schlechten Stils, wie ich finde. Man muß nämlich ungeheuer viel diskutieren, ohne viel klären zu können, wenn man von A nach B gejagt wird, und sobald man an einer Klärung dran ist, wird A oder B weinerlich dementiert. Anstatt es mit der stilistischen Überempfindlichkeit bei einzelnen Zitatausschnitten maßlos zu übertreiben - das hat mit Rechtschreibung nämlich nicht mehr viel zu tun und wird von Außenstehenden als mindestens so daneben empfunden wie eine großzügige Liberalität bei der Regelformulierung - hätten Sie meiner Meinung nach Spielraum, an Ihrem Stil bei Diskussionen noch Verbesserungen zu erzielen.
eingetragen von Wolfgang Wrase am 09.08.2002 um 15.48
Zweitrangig ist eine solche Auswertung gegenüber Google vor allem aufgrund der geringen Zahl der Schreiber. Irrelevant ist sie für unser Thema: wie man die heute übliche (das heißt vor der Reform übliche und und trotz Reform immer noch in weiten Bereichen übliche) Rechtschreibung darstellen kann. Was sollen wir da mit Texten von vor 100 Jahren anfangen? Man kann so zeigen, daß es eine Tendenz hin zu mehr Zusammenschreibung gegeben hat und daß die natürliche Sprachentwicklung sehr langsam und sehr stetig verlaufen ist. Aber das wissen wir ja ohnehin. Für die Erstellung eines Verzeichnisses des Üblichen ist Google aufgrund seiner Aktualität und Breite sehr gut geeignet. Wenn man den führenden Zeitungen eine stilbildende Rolle zuschreibt und diesen guten Stil berücksichtigen will, wird man solche Zeitungen als Quellen bevorzugen, wie es Professor Ickler getan hat. Inwiefern sich also aus der kurzen historischen Stichprobe ein neuer Aspekt ergeben soll, ist nicht zu verstehen. Die Stichprobe ist als Exkurs interessant, bringt aber für unser Anliegen nichts.
eingetragen von Walter Lachenmann am 09.08.2002 um 15.39
Lieben Leute, man kann sich dümmer und gescheiter stellen als man ist, es kommt nur drauf an, wem man was beweisen oder ob man die Gedankengänge nachvollziehen will, die einer geäußert hat. Gibt es denn einen Hinweis darauf, daß Hans Eichel diese Rede, wenn er sie denn selbst schriftlich zu Papier gebracht hat, in dieser Orthographie geschrieben hat? Die Sekretärinnen schreiben in allen Ämtern aufgrund von entsprechenden Vorschriften nach neuer Orthographie und da kommt es auch bei denen zu den inzwischen überall auftretenden Absurditäten, dagegen kann selbst Eichel nicht viel machen, und natürlich tut er es auch nicht, denn ihm ist das Thema vermutlich egal, wofür man Verständnis haben kann. Oder stammt das Zitat aus einer Pressemitteilung, die durch einen Konverter getrieben wurde, oder aus einer in reformierter Orthographie gehaltenen Zeitung? Dieselbe Frage stellt sich bei dem mir inzwischen schon zum Halse heraushängenden »bitte schön«. Wir bekommen doch kaum noch Texte in der Form zu lesen, in der sie von ihren Urhebern geschrieben worden sind, das weiß jeder hier Beteiligte. Auch weiß jeder hier Beteiligte, daß meine nachmittägliche Fleißaufgabe keine Doktorarbeit war, und die Erwähnung der »Duden-Reform« schenke ich meinem Kritiker genauso wie dem andern sein geliebtes »bitte schön«, denn was gemeint war, ist ja doch klar. Für eine Doktorarbeit hätte ich in einschlägiger Literatur nachgeschlagen, um ja durch nomenklatorische (heißt das so, docteur?) Ungenauigkeiten solche Angriffsflanken nicht zu bieten, die sich ein Neunmalkluger natürlich nicht entgehen lassen kann, denn mit solchen muß man im Umgang mit Wissenschaftlern selbstverständlich rechnen, das ist auch völlig in Ordnung, denn sonst wären sie ja keine guten. Im Sport gibt es halt so etwas wie Freundschaftsspiele unter mildernden Umständen, da läßt man auch mal einen Amateur mitspielen und sieht über dies oder jenes hinweg.
So übel spielt der übrigens nicht. Den Eiertänzer laß ich jetzt mal beiseite, denn was mir der wieder in den Mund legt, kann sich nur einer wie er selber ausdenken, und es führt zu nichts, sich für Aussagen rechtfertigen zu müssen, die man nie gemacht hat. Aber nichts anderes als »über die Gepflogenheiten eines Herausgebers oder Verlags oder Setzers Auskunft geben« wollte ich ja gerade mit meinen Beispielen, nämlich über den zur Zeit des Erscheinens der von mir zitierten Bücher vorhandenen Usus, der nach meiner Beobachtung hinsichtlich GZS sich so gut wie gar nicht unterschied von dem, was bei uns vor der Reform auch noch Usus war. Es handelt sich durchwegs um Ausgaben sorgfältiger Verlage (Reclam, Westermann), und die Beispiele von Nietzsche und Fontane folgten sogar getreulich den Manuskripten. So schlecht sind meine Quellen nicht, cher ami.
Wie stellt man sich übrigens zu der Möglichkeit, daß bei mathematisch neutraler Auswertung der Google-Ergebnisse die Auswirkungen der Rechtschreibreform mehr und mehr die Oberhand bekommen können? Dann segnen wir diese halt ab als »nicht zu beanstanden«, oder?
Komisch: Die Wahrnehmung beim Lesen von Texten hängt doch vielleicht weniger von dem ab, was in den Texten steckt als von dem, was im Leser steckt. On fait ce qu'on peut, mais on peut peu. Können wir uns alle darauf verständigen? Ich muß jetzt erst mal die Schrammen ausheilen lassen, die ich mir beim vermeintlichen Freundschaftsspiel geholt habe. Oder war da ein Feind dabei? Kann ich mir nicht vor stellen!
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Walter Lachenmann
eingetragen von Elke Philburn am 09.08.2002 um 15.14
Zweitrangig würde ich das durchaus nicht nennen. Wer weiß denn ob, die Orthographie eines Schriftstellers repräsentativer ist als die eines Setzers oder Herausgebers.
eingetragen von Reinhard Markner am 09.08.2002 um 15.00
Ich habe verkürzend von einer unkritischen Klassikerausgabe gesprochen. Strenggenommen ist es in der Tat unerheblich, daß es sich nicht um eine kritische -- also kommentierte -- Ausgabe handelt, aber solange es keine historisch-kritische -- also die Originalorthographie respektierende -- Ausgabe ist, kann sie allenfalls über die Gepflogenheiten eines Herausgebers oder Verlags oder Setzers Auskunft geben, und das nenne ich eine bestenfalls zweitrangige Quelle.
eingetragen von Wolfgang Wrase am 09.08.2002 um 14.32
Erst hat Herr Lachenmann die Getrenntschreibung "bitte schön" als skandalösen Ausfluß der Rechtschreibreform angeprangert, weil er nicht wußte, daß sie der Regel entspricht und daß die Reform daran nichts geändert hat, das heißt, weil er nicht wußte, daß der Journalist wahrscheinlich einfach die Regel angewendet hat. Daraufhin wollte er aber nicht zurückrudern, sondern es mußte Google entwertet werden, weil Google eine beachtliche Menge von Getrenntschreibungen nachweist. Überhaupt sei der deskriptive Ansatz mangelhaft, zu dem sich noch etwas anderes gesellen müsse, nämlich ein exquisites Stilgefühl. Insofern sei ein Fragezeichen an das Vorgehen Professor Icklers anzufügen. Im Moment versucht Herr Lachenmann zu argumentieren, daß die heutige Zusammenschreibung schon vor 100 und 200 Jahren weitgehend vorgelegen hätte. Google soll also nicht viel bringen, aber einige altertümliche Texte mit vermehrter Getrenntschreibung werden uns schon noch zu der endgültigen GZS-Interpretation von Herrn Lachenmann hinführen. Es fehlt noch der Brückenschlag von Goethe über den gesunden Menschenverstand von Herrn Lachenmann hin zu einer idealen Wörterbuch-Lösung. Vielleicht kann ihn jemand aufzeigen, ich blicke da nicht durch.
eingetragen von Elke Philburn am 09.08.2002 um 13.15
Ich dachte, es ging um die historische Entwicklung der Getrennt- und Zusammenschreibung, zu der W. L. einige Textbeispiele genannt hat. Ob es sich um eine kritische Klassikerausgabe handelt oder nicht, ist dabei im Grunde von wenig Belang.
eingetragen von Reinhard Markner am 09.08.2002 um 11.54
Das Ergebnis einer Suchmaschinenanfrage hat, mit Verlaub, zweifellos höheren Quellenwert als eine unkritische Klassikerausgabe von Anno Dunnemals. Die Befürchtungen, man ziehe einen sprachlich minderwertigen Corpus heran, lassen sich leicht zerstreuen. Zum einen sind ja die Ergebnisse nachprüfbar, und man wird sehen, daß nicht etwa die handgestrickten Einträge im Gästebuch von Oma Schulzes Homepage dominieren, wenn man über Google etwas sucht. Zum andern schreibt heutzutage ein scheidender Bundesfinanzminister als strahlender Held der Rechtschreibung so fehlerhaft, wie es sich vor vierzig Jahren nicht einmal ein Realschüler der 9. Klasse hätte leisten dürfen.
Ich weiß übrigens nicht, was mit einer »Duden-Reform der Jahrhundertwende« gemeint sein könnte. Dieses undeutliche Raunen erinnert mich daran, daß ich einen italienischer Freund vorgestern aufklären mußte, daß DUDEN kein Akronym sei (»Das Unbeholfene Deutsch Eigenbrötlerischer Narren« oder so).
eingetragen von Walter Lachenmann am 09.08.2002 um 08.47
Lieber Herr Ickler,
wir müssen keine Meinungsgegensätze sehen, wo keine sind. Natürlich sind mir auch die Getrenntschreibungen aufgefallen und ich will sie gar nicht herunterspielen. Aber so sehr viele waren es eigentlich doch nicht, insbesondere in den Texten seit Anfang des 20. Jahrhunderts.
Ich bezweifle auch nicht Ihre Gewissenhaftigkeit bei der Auswertung Ihrer Quellen, im Gegenteil. Und ich weiß auch, daß die Qualität eines Wörterbuchs, bei dem so gearbeitet wird, steht und fällt mit der Verantwortung des Autors, dessen eigenem Spracherfahrungshorizont und dem Merkmal bei ihm, was ich mit »gesundem Menschenverstand« nicht so sehr treffend bezeichnet habe, »bon sens« würde man in Frankreich vielleicht sagen, was auch nicht präziser ist, aber jeder weiß, was damit gemeint ist.
Die Auseinandersetzung über diese Dinge ist sehr lehrreich, und ich habe tatsächlich dank einer dadurch geschärften Beobachtung immer wieder auch in orthographisch unbedenklichen Texten (Briefe der Generation meiner Eltern) mir unstatthaft erscheinende Schreibweisen vorgefunden, die mir sonst vermutlich entweder gar nicht aufgefallen wären oder die ich eben in meiner vermeintlichen Rechtschreibsicherheit als »falsch« abgetan hätte. Was Texte der Generation meiner Eltern betrifft, sind viele solche Fälle inzwischen nicht mehr häufig vorzufinden, neuerdings allerdings doch wieder dank Reform (»mithilfe« etwa). Insofern werden das Blickfeld und die Toleranz größer.
Meine Skepsis gilt insbesondere der Recherche bei Google, die hier immer wieder als erstes herangezogen und dem Skeptiker vorgehalten wird, denn was kommt da alles zusammen! Es ist ja gar nicht unbedingt meine Kritik, eher meine Sorge, an diesem Punkte könnten weniger wohlwollende Kritiker ansetzen und Gegenargumente formulieren, die auf weniger eingeweihte Betrachter nachhaltig plausibel wirken. Wenn nicht deutlichgemacht wird, daß die deskriptive Methode sehr wohl unterscheidet und dies darstellt, wenn unterschiedliche Schreibweisen unterschiedliche Bedeutungen haben oder haben können oder in unterschiedlichen Situationen verwendet werden. Sonst werden kritische Stimmen, die im Zusammenhang mit Ihrem Wörterbuch bzw. der zugrundeliegenden Methode von »Beliebigkeitsschreibung« und dergleichen reden, immer wieder und noch lange eine unbegründete Zustimmung erfahren, das tut der Sache doch nicht gut.
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Walter Lachenmann
eingetragen von Theodor Ickler am 09.08.2002 um 03.54
Lieber Herr Lachenmann, ich habe Ihr Material durchgesehen und eine ganze Reihe von Getrenntschreibungen gefunden. Sie spielen sie herunter und sagen mit Recht, derlei sei nicht auffällig. Genau! Aber es ist doch erstaunlich viel, was sich dem alten Duden nicht fügen würde - und was wir normalerweise nicht bemerken; das war ja gerade meine These. Mancher hat ja schon behauptet, kennen lernen usw. sei völlig abwegig.
Übrigens scheint mir "deskriptive Methode" schon fast zu stark, es geht doch einfach darum, den tatsächlichen Usus erst einmal festzustellen. Und ganz und gar nicht kann ich zustimmen, daß dabei "quer durch die Gesellschaft" alles Vorhandene verbucht würde und werden müßte. Ich habe immer betont, daß ich die Quellen sortiere und meiner Intuition für gehobenen Sprachgebrauch folge. Also grob gesagt: nicht das Gekritzel an der Klowand, sondern die Zeitungen usw. werden herangezogen.
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Th. Ickler
eingetragen von Walter Lachenmann am 08.08.2002 um 23.10
Ickler: Sobald man etwas zurückgeht, nur ein paar Jahre, stößt man auf erstaunlich viele Getrenntschreibungen.
Schäbler: Der Textrezeption kommt im Schreiblernprozeß eine überragende Bedeutung zu, dient sie doch der Wortspeicherung, sozusagen der Anlage einer riesigen Auswahldatei, oder letztlich eines Wörterbuchs im Kopf.
Wie Norbert Schäbler wage ich mich aufs wissenschaftliche Glatteis und bringe diese beiden Gedanken so gut es geht auf die Reihe. Die Verfechter der deskriptiven Methode speisen ihre Erkenntnisse, was Orthographie sei, aus Datenbanken, hier wird regelmäßig auf Google verwiesen. Dies ergibt - nach persönlichen Einschätzungen mehr oder weniger hingenommen - die postulierte Praxis der »Schreibgemeinschaft«, also den Status quo quer durch die Gesellschaft, denn was alle oder die meisten tun, ist faktische Orthographie, der es zu folgen gilt, wenn man unbeanstandbare Orthographie liefern will oder die es zu dokumentieren gilt, sofern man ein Wörterbuch macht.
Norbert Schäbler spricht von der Datenbank oder dem Wörterbuch im Kopf des Einzelnen. Der »Rechtschreibbürger« wird beim Schreiben in der Regel weder Google noch Duden noch Ickler konsultieren, es sei denn, er hat es mit einem ihm ungewohnten Wort zu tun, sondern diese selbstangelegte Datenbank in seinem Kopf, und zwar tut er das natürlich unbewußt. Und solange er dieser Datenbank folgt, schreibt er in der Regel so gut wie immer richtig, es sei denn, es handelt sich um einen Wenigschreiber, der aber für Rechtschreibfragen so uninteressant ist wie der Wenigtrinker für die Weinkunde.
(Nebenbei: Viel lesen garantiert noch lange keine gute Beherrschung der Orthographie, das erlebe ich hier in nächster Nähe. Es hat vermutlich mit Veranlagung zu tun, wie man Wortbilder im Kopf abspeichert und ob man sie orthographisch »richtig« wiedergeben kann.)
Ich habe, da mein »gesunder Menschenverstand« völlig zu Recht als ungeeignetes Kriterium für Rechtschreibung in Frage gestellt wurde, ich aber wiederum Google für fragwürdig halte in dieser Sache, meinerseits dort gegoogelt, wo der Normalgebildete unserer Breiten seine orthographischen Erfahrungen und Datenspeicher vermutlich her hat, nämlich in der deutschen Literatur. Die dilettantische Herangehensweise ist mir bewußt, dennoch will ich meine Eindrücke hier wiedergeben. Ich habe einige Texte aus ca. 200 Jahren daraufhin, zugegebermaßen eher flüchtig, angeschaut, wie dort die Praxis der GZS gehandhabt wird.
Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Von Wolfgang von Goethe. Herausgegeben von Theodor Friedrich. Leipzig, Druck und Verlag von Philipp Reclam jun. O.J., handschr. Exlibris auf dem Vorsatz: 22.III.16
so oft die Truppen heranrückten / Man lief, sie vorbeipassieren zu sehen / daß sie nur in kleinen Partien durchmarschierten / seine wohlaufgeputzten ... Staatszimmer / sie baldigst kennen zu lernen / indem sie das Gefrorene weggoß / nur um den Grafen loszuwerden / ohne im Gedächtnis ein Besonderes wiederzufinden / über das Maß seiner Figuren hinauszugehen / Ich war nämlich mit allen Bildern wohl bekannt / kam mir die angeborne Gabe zu statten / noch jetzt zurückrufen / in einen Konzertsaal hineingezwängt / keine besonderen Abteilungen stattfanden / als sie einen Augenblick innehielt / immer dieselben geblieben sind / an immerwährender Zerstreuung / bei uns vorübergehn / daß man dem Herzog nicht entgegengehen ... werde / sie solle sich still halten / daß sie haltmachten / den gehofften Siegern entgegenzugehen / über ihn wegfliehen müßte / er hielt es für geratner, zurückzugehen / was ihm schon der Schall des Feuers hätte klarmachen sollen / ich bin auch um euertwillen vergnügt / der nicht teil daran nehmen mochte / hatte sie etwas Abendbrot zurecht gemacht / herab in das gewöhnliche Speisezimmer zu kommen / herabstieg, vorübergehn, herauszutreten, herabkam usw.
Fazit: GZS bis auf wenige Ausnahmen wie bis 1996 üblich, bei einem Text, der wohl nicht in der Orthographie Goethes aber immerhin nach der Praxis gefaßt ist, die vor fast 100 Jahren gängig gewesen ist. Wandel verschwindend gering.
Theodor Fontane, Briefe I, Propyläen Verlag. Erste wort- und buchstabengetreue Edition nach den Handschriften. S. 175 ff. (August 1882):
vorübergehn, an ihn heranzutreten / ich kam dadurch so zu sagen auf meine Kosten / so wie Ruhe eintritt / wird [mir] gut gethan haben / mit herumzuzieren / in alle Welt hineingegangen / (übrigens immer: morgen Abend, gestern Abend usw., Correkturbogen, controlirt, im Uebrigen) / es ist wo möglich noch gleichgültiger / stehen bleiben / was weiter erzählt werden darf usw.
Fazit: GZS deutlich mehr zu Auseinanderschreibungen tendierend. Dabei ist zum einen zu berücksichtigen, daß die Briefe spontan von Hand geschrieben und orthographisch wohl kaum nachgearbeitet worden, zum andern vor der Duden-Reform der Jahrhundertwende entstanden sind. Bemerkenswerte Änderungen also in diesem Fall immerhin erst in einer Zeit vor ca. 120 Jahren.
Der Kinderfreund, zum Unterricht in dem Lesen und bei dem Lesen, vornemlich für Landschulen, von F.E. Frhr. von Rochow. Für Oberdeutschland, insbesondere Schwaben, bearbeitet von Riecke und Völter. Erster Theil. Zweite verbesserte Auflage. Stuttgart, bei August Friedrich Macklot. 1817.
wenn eine gute Kuh vorbeigieng / mit dem Brodsak herumziehen lassen / als sie nun zusammentrafen / schwerverdauliche Speisen / drei bis viermal Erbrechen / Er ließ es auch Kindern nach Verschiedenheit des Alters Kaffeelöffelchenweis reichen, wenn sie mit Husten befallen, allen Schleim hinunterschluckten, und dadurch nicht nur schwerathmend (keisterisch) wurden, sondern auch die Eßlust verlohren / hievon einigemal des Tags ein Glas voll zu trinken / Eben so wenig / sogenannte Hellerzinsen / gegen einander vergleicht / damit sie gleich von einander weichen / zu Grunde gerichtet / erzürnten sich unter einander / irgendwoher / die Blätter sind ... weißgesäumt / entgegengearbeitet / (die Stängel werden 2-5 Schuh hoch) / in die Nase hinaufgezogen / ...
Eindruck: Insgesamt kommen Wortgruppen, die von der GZS betroffen sein könnten, auffallend selten vor. Vielleicht wurde, weil es sich um ein Buch handelt, das für den Schulunterricht gedacht war, die Sprache bewußt einfach gehalten. Aber wo sie betroffen ist, findet man sehr viele Schreibweisen vor, die weitgehend mit denen übereinstimmen, die bei uns vor 1996 üblich waren.
Theodor Storm: Sämtliche Werke. Neue Ausgabe in vier Bänden. Georg Westermann, Braunschweig und Hamburg, o.J., allem Anschein nach Anfang 20. Jh.
zurückgeblieben / kennen lernte / selbstbestimmende lebende Wesen / stundenlang / das hereinbrechende Verhängnis / herabgenommen / wochenlang / ihr braungeschnitzter Lehnstuhl (ich nicke Herrn Ickler freundlich zu) / hinabgeschlichen / hindurchschlüpfen ... im weiteren Verlauf so gut wie keine ungewohnten Auseinanderschreibungen, d.h. seit ca. 100 Jahren von heutiger Praxis eigentlich nicht zu unterscheiden.
Nietzsche, Jenseits von Gut und Böse (1886). Kritische Studienausgabe, hg. von Giorgio Colli und Mazzino Montinari, dtv/de Gruyter
an dem sich Metaphysiker aller Zeiten wieder erkennen lassen / scheinbar entgegengesetzten Dingen / die irgend welchen anderen ... / ich sehe solche neue Philosophen heraufkommen / So wenig der Akt der Geburt ... / ebenso wenig ... / wie weit es lebenfördernd, lebenerhaltend, Art-erhaltend, vielleicht gar Art-züchtend ist / zu Stande gekommen / tapfer darauf los arbeitet / zu einander gestellt / etwas zurückerobern / der sogenannte Positivismus / in welche die Romantik ... hineinblies, hineinsang / auseinander zu halten wusste / wenn man sie ernst nimmt / Man muss aber noch weiter gehen / hinausschaffen / die "Seele" selbst dabei los zu werden / neues Misstrauen hinaus gestossen / hundertmal / dass es bereits fest steht, was mit dem Denken zu bezeichnen ist / um so festzusetzen / zu einander / von einander / hinter einander / herausgewachsen / hinausläuft / hängen geblieben / dass Jeder von ihm fernbleibt / die Zähne zusammengebissen / die Augen aufgemacht / ...
Beobachtung: Es gilt ähnliches wie bei Fontane, was nicht verwundert, da der Text aus derselben Zeit stammt. Auseinanderschreibung vermehrt als in der Literatur vor 1996 gewohnt, aber selten wirklich befremdlich, insgesamt sind die Texte schon bei Fontane und Nietzsche trotz noch anderer orthographischer Abweichungen sehr viel vertrauter zu lesen als alles, was seit 1996 von den neuen Regeln beeinflußt in Zeitungen und Büchern anzutreffen ist.
Herr Ickler wird es mir nicht verübeln, wenn ich seine eingangs zitierte Aussage mit einem Fragezeichen versehe, da ich in meiner kleinen Forschungsarbeit keine Bestätigung dafür finden konnte, sondern eher überrascht war, auf wie erstaunlich wenige Getrenntschreibungen ich hierbei gestoßen bin in einem Zeitraum von 100 resp. fast 200 Jahren. Angesichts meiner bescheidenen Erkenntnisse ist auch meine Skepsis hinsichtlich der Datenbanken nicht ausgeräumt, insbesondere was Google betrifft. Da vertraue ich jedenfalls immer noch lieber meiner eigenen Schäblerschen Datenbank im Kopf, mit der bin ich bisher immer gut gefahren.
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Walter Lachenmann
eingetragen von Christian Melsa am 07.08.2002 um 13.56
Vielleicht sollten auf Grundlage des jetzigen Ickler-Wörterbuchs noch andere Wörterbücher erscheinen, die entsprechend auf besondere Anforderungen ausgerichtet sind. Offenbar wünschen sich die meisten Ottonormalanwender ein möglichst umfassendes Wörterbuch, das eben nicht nur ein Orthographikon ist, sondern auch Angaben zu Wortbedeutung und Grammatik enthält, eben das Konzept des gängigen Rechtschreibdudens. Nur so kann ein Wörterbuch Massenauflagen erreichen, denn die meisten Leute wollen nicht mehrere Wörterbücher, um sich bei Sprachunsicherheiten zu informieren, sondern ein einziges, das immer griffbereit steht, ganz einfach. Eine Version des Ickler-Wörterbuchs in diese Richtung zu entwickeln, könnte ganz nützlich sein, wenn man Auflagenerfolge für nützlich hält. Eine möglichst große Verbreitung kann aber doch wohl kaum schaden, oder? Außerdem ließen sich dort all die Erläuterungen anbringen, die bisher noch von vielen Anwendern vermißt werden. Bezüglich der GZS würden sich die Lücken automatisch schließen, wenn ohnehin insgesamt mehr Bedeutungsangaben zu den Stichwörtern erschienen, denn somit erhielten auch wiedersehen und wieder sehen usw. unterschiedliche Angaben.
Daneben könnte man noch eine Taschenversion anbieten, bei der die gegenwärtige "Mikrostruktur" der Einträge übernommen wird, um ein sehr kompaktes Wörterbuch zu realisieren, das als gewichtsarmes, widerstandsfähiges Paperback zum Mitnehmen geeignet und auch etwas handlicher im Umgang ist.
Ich könnte mir vorstellen, daß für die Massenvermarktung solcher Produkte in Lizenz dann auch größere Sachbuchverlage bzw. Vertriebsorganisationen interessiert sind, wenn man es ihnen richtig schmackhaft macht. In der Werbung müßte die "klassische Rechtschreibung" nur als die sozusagen edlere Variante der Rechtschreibung dargestellt werden - was sie ja auch wirklich ist. Auch die Umschlaggestaltung der Bücher sollte sowohl Hochwertigkeit des Inhalts als auch Modernität widerspiegeln. Die Vorzüge der Reformverweigerung ließen sich leicht herausstellen: Kontinuität, besserer sprachlicher Ausdruck, ästhetischeres Schriftbild, bessere Präzision, und - was in der Werbung wirklich Aufmerksamkeit erregen dürfte - ein weitaus schlankeres Regelwerk! Außerdem könnte man auch die deskriptive Feststellungsmethode werbewirksam nennen, von der man ganz zutreffend behaupten kann, sie sei hier gegenüber derjenigen, die zur Wahrig-Selbstbeweihräucherung angegeben wurde, noch entscheidend erweitert, da sie nicht nur zur Stichwortauswahl, sondern auch bezüglich der Stichwörter selbst angewandt wurde. Schließlich schaut man ja in ein Wörterbuch nicht allein, um zu sehen, ob es das fragliche Wort überhaupt gibt (das steht in den meisten Fällen ohnehin fest), sondern um mehr Informationen über das gesuchte Wort zu bekommen, meistens die Schreibweise betreffend.
eingetragen von Walter Lachenmann am 07.08.2002 um 09.35
Schlussschlussschlussszene
WL (mit durchschaubar falschem Pathos): Lieben Freunde! Ihr wißt - ich liebe das Lachen und ich liebe den Frieden. Um des lieben letzteren's willen will ich gemäß meiner zwiespäl- ja geradezu -lichtigen Natur wieder einmal und zwar endgültig changieren vom Lachen- zum - Friedmann!
(Sein gräuliches Haupthaar ist plötzlich Öl verschmiert, sein zartblasser Teint wie von Geisterhand braun gebrannt, ein hoch mütiges Grinsen verzerrt sein Gesicht, und er verläßt die Szene humpelnd mit satanischem Gekicher.
Alle ab.)
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Walter Lachenmann
eingetragen von Theodor Ickler am 07.08.2002 um 08.00
Sobald man etwas zurückgeht, nur ein paar Jahre, stößt man auf erstaunlich viele Getrenntschreibungen. Zusammenschreibung ergibt sich nicht immer aus dem Wunsch nach Bedeutungsunterscheidung, sondern entspringt oft einfach der Routinebildung (was allerdings immer auch mit der Bedeutung zusammenhängt). Andererseits weigern sich Duden und Neuregelung, längst geläufige Zusammenschreibungen anzuerkennen, zum Beispiel gottseidank. Ich habe hier nach bestem Wissen mal so und mal so entschieden, bin mir aber bewußt, daß noch viel Arbeit zu leisten ist.
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Th. Ickler
eingetragen von Walter Lachenmann am 07.08.2002 um 07.46
Muß das wirklich sein? Wird es nicht allmählich langweilig und droht - wieder einmal - zum öffentlichen Ausleben persönlicher Animositäten auszuarten? Ich mag eigentlich nicht mehr.
Aber meinetwegen.
WW. 5.8.02, 11.45: Sie bestätigen damit, daß Sie als Rechtschreibung festlegen würden, "bitteschön" sei unbedingt zusammenzuschreiben, damit sichergestellt sei, daß das "schön" sich nicht auf ein folgendes Wort beziehe.
Von alledem ist in keinem meiner Beiträge die Rede. Ich habe nirgends darüber geschrieben, was ich als Rechtschreibung festlegen würde. Ich vertrat allerdings die Überzeugung, im gegebenen Fall sei die Auseinanderschreibung auf die Tendenz der neuen Rechtschreibung zurückzuführen, und unterschiedliche Schreibweisen ergäben unterschiedliche Sinnaussagen, zumindest in vielen Fällen.
WW. ebd.: Wenn Sie dennoch unbedingt behaupten wollen, die Anerkennung des tatsächlichen Schreibgebrauchs (getrennt oder zusammen) sei ein Irrtum, eine verfehlte Regelung, stellen Sie damit das ganze Konzept des Wörterbuchs von Professor Ickler in Frage und behaupten überdies, die Hälfte der Schreibgemeinschaft sei im Irrtum, da sie ihren Überlegungen nicht gerecht wird (oder die Mehrheit der FAZ-Redakteure schriebe minderwertig). Ich dachte, dieses Stadium der Diskussion hätten wir hinter uns.
1. Wo habe ich, und das auch noch »unbedingt«, behauptet, »die Anerkennung usw.«?
2. Wo war in meinen Beiträgen von Icklers Wörterbuch die Rede? Dieses habe ich schon seinerzeit, in dem Stadium der Diskussion, das hier angedeutet wird, niemals grundsätzlich in Frage gestellt, im Gegenteil, allerdings gelegentlich Fragen dazu gestellt, in diesem Zusammenhang hier allerdings noch nicht einmal das. Wenn ich über Fragen der Rechtschreibung nachdenke, tue ich das nicht zwangsläufig im Lichte von Icklers Wörterbuch, so wie gute Christen alles im Lichte des Wortes Gottes beurteilen müssen. Dennoch habe ich gegenüber beiden Botschaften den allerhöchsten Respekt.
3. Wo habe ich behauptet, die Hälfte der Schreibgemeinschaft sei im Irrtum usw.?
4. Wo habe ich von »bitte sehr« überhaupt etwas gesagt? Wo habe ich das Argument der Mißverständnisse als für die Rechtschreibungregelung ausschlaggebend angeführt? Daß Eindeutigkeit vorzuziehen ist, dürfte doch wohl unstrittig sein.
Das sind alles Sachen, die WW in meine Beiträge hineininterpretiert bzw. selektiv und tendenziös aus ihnen »ableitet«. Geschrieben habe ich nichts davon, meinen tue ich es auch nicht. Wer wissen will, was ich meine, muß eben ohne selektive Brille lesen können.
Zu Nos:
"Der gesunde Menschenverstand ist kein Argument! Woher kommt er denn, soweit es um Sprache geht? Doch nur aus den Texten, aus der Lese-Erfahrung. (Zu dieser These hätte ich gern mal Ihre Stellungnahme, lieber Herr Lachenmann.)" (zit. Ickler)
Dazu lautete meine Antwort (7.8.02 9.35):
»Der gesunde Menschenverstand ist kein Argument, so wenig wie das gesunde Volksempfinden, da gebe ich Ihnen recht. Aber ich habe ja präzisiert, was ich damit meine: "oder besser: seinem im unbefangenen Umgang mit guter Literatur gewachsenen und insofern »natürlichen« Sprachempfinden..." Ist das besser? Mir selbst gefällt die Formulierung noch nicht ganz, sie ist spontan hingeschrieben worden gestern abend, und ich will gerne noch weiter darüber nachdenken.«
Dieser Antwort will ich hinzufügen, daß ich damit doch ungefähr dasselbe gesagt habe wie Herr Ickler, meine Stellungnahme also die ist, daß seine These mit meinen Überlegungen übereinstimmt.
Oder auf welchem Dampfer bin ich hier?
Zu meinen Überlegungen hinsichtlich der aus Statistiken möglicherweise über die reine Mehrheitenzählerei herauslesbaren Bedeutungsdifferenzierungen und deren Berücksichtigung in einer deskriptiven Methode fällt offenbar niemandem etwas ein. Das wäre eigentlich das, worauf ich tatsächlich hinauswollte. Oder ist das kein Thema?
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Walter Lachenmann
eingetragen von Norbert Schäbler am 06.08.2002 um 22.31
All' mehlich, vergeht mir das Lachen.
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nos
eingetragen von Wolfgang Wrase am 06.08.2002 um 21.51
Lieber Herr Lachenmann,
ich habe Sie zitiert und wiedergegeben. Wollen Sie vielleicht etwas widerrufen? Sie schrieben und Sie schrieben nochmals, daß Sie dabei bleiben: Allein die Rechtschreibreform kann schuld sein an der Schreibweise "bitte schön" in der Süddeutschen Zeitung. Etwas anderes kann nicht sein, nach Ihrer Überzeugung. Das haben Sie mehrmals geschrieben, das habe ich zitiert. Sie stehen dazu, sagten Sie. Was soll ich falsch wiedergegeben haben? Ich kann nichts finden. Sie haben es immer wieder geschrieben und zuletzt noch einmal bekräftigt, aber kaum wird zitiert, was Sie sagen, soll das Schwachsinn sein? Wie möchten Sie bitte schön verstanden werden - geben Sie uns den aktuellen Stand durch?
eingetragen von Walter Lachenmann am 06.08.2002 um 21.18
Nos: Herr Lachenmann hat darauf nicht geantwortet.
Doch, das hat er schon. Bitte meinen letzten Beitrag daraufhin nochmals lesen, die Antwort, so viel sei schon verraten, kommt in dessen letztem Teil.
Hoffentlich greift die von PISA bemängelte Wahrnehmungsschwäche bei der Rezeption von geschriebenen Texten nicht noch weiter um sich. Wie soll man da trotz bestgemeinter Wünsche seinen inneren, geschweige denn seinen »geistigen« Frieden finden können?
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Walter Lachenmann
eingetragen von Norbert Schäbler am 06.08.2002 um 21.00
Zur Güte!
Etwas weiter unten in diesem Strang hat Professor Ickler am Ende seines Beitrages folgendes geschrieben:
„Der gesunde Menschenverstand ist kein Argument! Woher kommt er denn, soweit es um Sprache geht? Doch nur aus den Texten, aus der Lese-Erfahrung. (Zu dieser These hätte ich gern mal Ihre Stellungnahme, lieber Herr Lachenmann.)“
Herr Lachenmann hat darauf nicht geantwortet.
Mir aber scheint es sehr wichtig, auf Herrn Icklers These einzugehen, weil von dieser These sehr viel abhängt.
Deshalb werde ich einen neuen Strang eröffnen mit dem Namen „Lesen und Schreiben“.
Man mag entschuldigen, wenn ich mich einmische und zusätzlich im zweiten Beitrag provoziere, indem ich eine völlig unwissenschaftliche Antithese entwickele.
Vielleicht wird die Diskussion gerade dann und deshalb sachlich, weil sie zu jenem gedanklichen Ansatz hinführen könnte, der die Rechtschreibreformer zur Entwicklung ihres Irrsinns bewegt hat.
Ich wollte, es wäre so!
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nos
eingetragen von Wolfgang Wrase am 06.08.2002 um 20.03
Ich zitiere Herrn Lachenmann.
(Zu meinen Beiträgen "Ich halte es für einen ziemlich verfehlten Ansatz der Diskussion, die Beiträge daran zu messen, ob sie Icklers Wörterbuch in Frage stellen bzw. ob einer unterstellt, dies sei bei diesem oder jenem Beitrag der Fall ... Andererseits kenne ich ähnliche Reaktionen auf kritische Meinungsäußerungen aus gut christlichen Kreisen, wo man nichts Schlimmeres tun kann, als gegen vermeintliche Kernaussagen der Heiligen Schrift sich skeptisch zu äußern ...
(Zu "bitte schön"): Aber in diesem Fall ist diese Schreibweise nach meiner Überzeugung eine der zahllosen Folgen der von der Reform beeinflußten Marotte, die seltsamsten Sachen, die bislang völlig natürlich zusammengeschrieben wurden, plötzlich auseinanderzuschreiben. Und das gilt, dabei bleibe ich, rudere unbeirrt gegen alle Windmühlen und trotze heroisch allen Statistiken und Statistikern, auch für »bitteschön« in dem von mir zitierten Beispiel."
Also, Herr Lachenmann, ich habe einiges geschrieben, wobei ich selbst meinte, der sachlichen Diskussion zu dienen, manchen Hintergrund aufzuklären und irrige Aussagen richtigzustellen. Nun sind Sie auf alle diese Hinweise zu den verschiedenen Regelungen, ihren Hintergründen und den Aspekten des Falls "bitteschön" kaum eingegangen. Statt dessen sagen Sie, ich hätte Ihre Beiträge unangemessen behandelt, weil ich nach deren Lektüre im Stil eines zwanghaft schriftgläubigen Christen etwas ganz Schlimmes, ja das Schlimmstmögliche empfunden und schockiert angeprangert hätte, nämlich daß Ihre unbeirrbare Kritik an der aufgefundenen Getrenntschreibung von "bitte schön" trotz der vielen Argumente und Befunde in der Konsequenz meine Heilige Schrift, das Wörterbuch von Professor Ickler, in Frage stelle.
Das ist also bei Ihnen hängengeblieben. Und Sie haben Ihre Meinung, Ihre "Überzeugung", wie Sie es selbst nennen, nicht geändert: Bei dem von Ihnen aufgefundenen Zitat sind Sie unverändert der fundamentalen Überzeugung, daß es nur die Rechtschreibreform sein kann, welche die für Sie selbstverständliche Zusammenschreibung von "bitteschön" verhindert hat. Sie glauben ganz fest: Der Schreiber hätte ohne Reform zweifellos zusammengeschrieben, es konnte auch keineswegs sein, daß er einfach so schreiben wollte, wie er geschrieben hat, oder daß er die Regel kannte oder die Regel gewohnt war (oder die Regel vielleicht sogar mochte) und sie deshalb angewendet hat - nein, da gibt es keinen Deut an Unsicherheit bei Ihnen: Die Rechtschreibreform mit ihrer grausigen Tendenz zur Getrenntschreibung war es, die den Schreiber zu dieser für Sie grotestken Schreibung "bitte schön" verleitet hat. Anders kann es nicht gewesen sein.
Das sagten Sie mehrfach, und Sie sagen jetzt ausdrücklich nochmals: "Und das gilt, dabei bleibe ich, rudere unbeirrt gegen alle Windmühlen und trotze heroisch allen Statistiken und Statistikern, auch für »bitteschön« in dem von mir zitierten Beispiel."
Ich wußte nicht, daß ich es mit hundertprozentiger Gewißheit zu tun habe, als ich Sie auf die Statistik und manches andere aufmerksam machen wollte. Gegen hundertprozentige Gewißheit und gußeiserne Gläubigkeit kann man nichts ausrichten. Man paßt sich solchen Dingen lieber an.
Ich gebe Ihnen deshalb recht: Die Rechtschreibreform ist der einzig denkbare Grund, warum in der Süddeutschen Zeitung "bitte schön" stand. Etwas anderes ist nicht möglich. Ich hoffe, meine Zustimmung verhilft Ihnen wenigstens eine Stunde lang zu Ihrem geistigen Frieden.
eingetragen von Walter Lachenmann am 06.08.2002 um 07.35
Nein, daß Sie, lieber Herr Ickler, die Diskussion gewaltsam abbrechen wollten, habe ich gar nicht gemeint, aber allein die Tatsache, daß Sie am »Antibarbarus« arbeiten, zeigt doch, daß es hier noch viel zu diskutieren gibt. Auch schadet es nichts, bereits Gesagtes immer wieder anzusprechen, manches ändert sich mit der Zeit ja auch ein bißchen. Und das Thema GZS im Zusammenhang mit einer Bedeutungsdifferenzierung wäre sicherlich ein sehr interessantes Thema, gerade weil es so problematisch ist. Auch würden viele Fragen, die hier immer noch für einige Teilnehmer unbefriedigend behandelt werden, wahrscheinlich zum einen deutlicher formuliert, zum anderen so beantwortet, daß die deskriptive Methode von manchen Zweiflern besser verstanden würde. An dieser Stelle nämlich bestehen noch die größten Mißverständnisse, aus denen im Grunde unberechtigte und unnötige Vorbehalte gegen diese, also Ihre, Methode entstehen. Vermutlich wissen Sie das selber, wenn nicht: Glauben Sie es mir, ich unterhalte mich ziemlich viel darüber mit durchaus klugen und gutmeinenden Leuten.
Nicht Sie haben Beiträge danach beurteilt, ob sie sich zu Ihrem Wörterbuch kritisch äußern oder nicht. Deswegen sprach ich ja auch von den Verteidigern und Exegeten, deren im Grunde liebenswürdige Leidenschaftlichkeit gelegentlich etwas zu Blindheit beim Lesen der Texte vermeintlicher Häretiker und zu daraus resultierender Barschheit neigt. Es ist nicht wirklich schlimm. Andere können ja auch lesen.
Der gesunde Menschenverstand ist kein Argument, so wenig wie das gesunde Volksempfinden, da gebe ich Ihnen recht. Aber ich habe ja präzisiert, was ich damit meine: "oder besser: seinem im unbefangenen Umgang mit guter Literatur gewachsenen und insofern »natürlichen« Sprachempfinden..." Ist das besser? Mir selbst gefällt die Formulierung noch nicht ganz, sie ist spontan hingeschrieben worden gestern abend, und ich will gerne noch weiter darüber nachdenken.
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Walter Lachenmann
eingetragen von Theodor Ickler am 06.08.2002 um 04.48
Aber lieber Herr Lachenmann, ich habe doch keine Diskussion gewaltsam beenden wollen, sondern mein Schlußwort ausdrücklich als mein persönliches zu dieser Sache gekennzeichnet. Mehr ist m. E. der Sache nach nicht zu sagen, und wenn ich nun doch noch einmal antworte, werde ich nichts Neues beitragen können.
Mein Wörterbuch ist nicht rein deskriptiv, es wählt aus, wie jedes. Ich habe schon oft darauf hingewiesen, auch auf das Subjektive daran. Stilistik ist eine gute Sache, ich arbeite selbst daran ("Antibarbarus" ist der Arbeitstitel). Das Rechtschreibwörterbuch muß sich auf einen Kern beschränken, kann auch nicht viel argumentieren. Es gewährleistet eine gewisse Sicherheit und Einheitlichkeit im Schreibgebrauch gebildeter Erwachsener. Wer mehr will, muß sich über die Folgen im klaren sein (Umfang, Benutzbarkeit). Ich habe mich bemüht, diesen Kern herauszupräparieren, der Umfang hält sich also in vertretbaren Grenzen (eine Hinzufügung weiterer Einträge ist denkbar, aber die "Mikrostruktur" der Einträge darf nicht wesentlich wachsen, auch nicht die Regelungsdichte). Am besten, man argumentiert an konkreten Fällen, dann sieht man die Folgen gleich sehr anschaulich.
Übrigens habe ich selbst niemals irgendeine Argumentation danach beurteilt, ob sie mit meinem Wörterbuch übereinstimmt oder nicht. Ein solcher Eindruck wäre, falls er besteht, ganz unbegründet; ich habe nur immer wieder auf meinen praktischen Versuch einer Kodifizierung verwiesen, weil er eben nun mal einen Teil meiner eigenen Argumentation darstellt. Also zusammengefaßt: Wie soll es denn nun gemacht werden, bitte schön? Und dann wollen wir uns den Vorschlag ansehen, ihn beurteilen und auch die Folgen bedenken (extrapolieren). Für irgendwelche Gereiztheiten sehe ich hier wirklich keinen Anlaß, verstehe auch die Heftigkeit mancher Reaktion nicht. Besserwisser sind wir sowieso alle miteinander, das sei geschenkt!
Der gesunde Menschenverstand ist kein Argument! Woher kommt er denn, soweit es um Sprache geht? Doch nur aus den Texten, aus der Lese-Erfahrung. (Zu dieser These hätte ich gern mal Ihre Stellungnahme, lieber Herr Lachenmann.)
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Th. Ickler
eingetragen von Walter Lachenmann am 05.08.2002 um 20.12
Ich halte es für einen ziemlich verfehlten Ansatz der Diskussion, die Beiträge daran zu messen, ob sie Icklers Wörterbuch in Frage stellen bzw. ob einer unterstellt, dies sei bei diesem oder jenem Beitrag der Fall. Diese Diskussion hatten wir tatsächlich schon einmal, sie entartete auf völlig absurde Weise und sollte sich wirklich erledigt haben. Andererseits kenne ich ähnliche Reaktionen auf kritische Meinungsäußerungen aus gut christlichen Kreisen, wo man nichts Schlimmeres tun kann, als gegen vermeintliche Kernaussagen der Heiligen Schrift sich skeptisch zu äußern. Bei genauerem Hinsehen sind die Kritiker heiliger Schriften in Wahrheit nicht selten näher an deren Verständnis als ihre leidenschaftlichen Exegeten und Verteidiger. Im konkreten Fall nehme ich dies für mich keineswegs in Anspruch, schließe es auch nicht aus, halte es aber erst recht nicht für ein unabdingbares Kriterium für das Mitredenkönnen bei unserem Thema.
Ja, eine Übergereiztheit läßt sich in den Reihen der Reformkritiker schon gelegentlich feststellen und daraus resultierend manche verfehlte und überflüssige Reaktion auch. Oder daß man plötzlich orthographische Sünden sieht, wo gar keine sind. Aber umgekehrt sollte man seinem gesunden Menschenverstand auch angesichts beeindruckender Statistiken nicht das Vertrauen versagen.
Statistische Ergebnisse, die wir hier immer wieder vorgeführt bekommen, bringen meines Erachtens nämlich die Gefahr mit sich, daß man in der Tat diesem gesunden Menschenverstand, oder besser: seinem im unbefangenen Umgang mit guter Literatur gewachsenen und insofern »natürlichen« Sprachempfinden mehr und mehr mißtraut, und, weil die Statistiken das hergeben, Schreibweisen auf einmal für möglich oder unbedenklich hält, die es einfach nicht sind.
So behaupte ich, wissenschaftlich nachweisen kann ich es natürlich nicht, daß nicht nur mir, sondern auch Herrn Ickler und vielen anderen in orthographischen Friedenszeiten, d.h. ohne jegliche Gereiztheit durch die Folgen der Reform, »braun gebrannt« in dem gegebenen Zusammenhang, also von Menschen auf einer Mittelmeerinsel erzählend, als orthographisch »falsch« aufgefallen wäre, nicht als »weniger gut«. Ich hätte nach kurzem Stocken unaufgeregt weitergelesen, denn solche Fehlleistungen hat es schon immer gegeben. Aber in diesem Fall ist diese Schreibweise nach meiner Überzeugung eine der zahllosen Folgen der von der Reform beeinflußten Marotte, die seltsamsten Sachen, die bislang völlig natürlich zusammengeschrieben wurden, plötzlich auseinanderzuschreiben. Und das gilt, dabei bleibe ich, rudere unbeirrt gegen alle Windmühlen und trotze heroisch allen Statistiken und Statistikern, auch für »bitteschön« in dem von mir zitierten Beispiel. Wobei mir das Spiel inzwischen schon auch etwas läppisch vorkommt; meinetwegen sollen bitteschön halt alle, die das wollen oder nicht besser wissen, »bitte schön« schreiben, es lacht heutzutage ja sowieso niemand mehr über solche Tolpatschigkeiten. Aber worüber reden wir dann überhaupt?
Für eine Schlußbetrachtung in dieser Angelegenheit dürfte es noch ein bißchen früh sein. Nach meiner Überzeugung müßte genau in diesem Bereich von Kritikern der Reform irgendwann mehr geboten werden als Mehrheitsverhältnisse. Ich will nicht falsch verstanden werden. Die Beschreibung des Sprachgebrauchs anhand von geeigneten Statistiken ist, das glaube ich gerne, sicherlich die einzig seriöse Methode in der Sprachwissenschaft, wenn es um die reine Darstellung der Orthographie geht. Daß diese Methode schließlich auf die persönlichen Entscheidungen des Autors oder der Autoren hinausläuft, insofern nur bedingt objektiv sein kann, wird immer eine Achillesferse sein, aber hier müßte sich eben das durchsetzen, was den Benutzern am meisten einleuchtet und angenommen wird, sagen wir einfach: das beste. Vorläufig gibt es eine solche Konkurrenz nicht, aber wenn es sie gäbe, würde sich leider nicht zwangläufig das beste durchsetzen, sondern das am effektivsten beworbene. Damit würde man leben müssen.
Es wird aber neben einem solchen rein deskriptiven, dokumentarischen Wörterbuch sicherlich eines geben müssen, das in Bereichen wie der GZS differenziert. Auch dies kann bzw. müßte sogar statistisch untermauert sein, denn die Statistiken geben doch nicht nur die Mehrheitsverhältnisse dieser oder jener Zusammen- oder Auseinanderschreibung vor, sondern ein Statistiker kann sich auch genauer ansehen, in welchem Bedeutungszusammenhang oder unter welchen sonstigen Konditionen die eine oder die andere Variante in der Praxis angewandt wird, und dies entsprechend auswerten. Da wird sich vermutlich zeigen, daß es tatsächlich Fälle gibt, wo das völlig austauschbar und beliebig ist, und andere, wo es Unterschiede gibt in der beabsichtigten Aussage, in der regionalen Praxis und möglicherweise gibt es noch andere Kriterien. Das ist natürlich ein sehr viel größeres Thema, und vorläufig sind wir ja froh, daß wir »unser« Wörterbuch so haben, wie es ist.
Meine Kenntnis von Wörterbüchern ist eher bescheiden, ich weiß aber, daß es solche umfänglichen Wörterbücher mit Anwendungsbeispielen gibt, die nicht erfunden, sondern aus hochwertiger Literatur zitiert werden. Das Problem dabei ahne ich: Welche Literatur ist da die richtige? Sicherlich nicht die allzuweit zurückliegender Jahrhunderte, obwohl man in der Erzählliteratur des 19. Jahrhundert gewiß noch lange fündig würde, ohne sich den Vorwurf der Altmodischkeit machen lassen zu müssen. Das ist eben auch wieder so eine Frage der persönlichen Entscheidung der Autoren. Wenn ich es richtig sehe, ist der alte Wahrig diesem Anspruch nicht übel gerecht geworden. (Jetzt erst habe ich Herrn Stirnemanns Rezension des Duden Bedeutungswörterbuches gelesen. Vermutlich wäre dies eine Entsprechung dessen, was ich meine.)
Schlußbetrachtung? Schlußworte wurden hier schon so viele gesprochen, lieber Herr Ickler, uns können Sie nicht hereinlegen!
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Walter Lachenmann
eingetragen von Jörg Metes am 05.08.2002 um 07.38
1958, in seiner 14. Auflage, wußte der Duden noch:
Bei der Zusammen- und Getrenntschreibung handelt es sich um einen Entwicklungsvorgang, der noch nicht abgeschlossen ist und der es deshalb auch nicht gestattet, feste Richtlinien aufzustellen.
Und weiter:
Die nachstehenden Beispiele geben den derzeitigen Entwicklungsstand wieder. In Zweifelsfällen schreibe man getrennt (Band 1 / Rechtschreibung, S. 35)
Zumindest sinngemäß schrieb der Duden das meiner Erinnerung nach auch in späteren Auflagen. 1991, in der 20. und letzten Auflage vor der Reform, mochte er (in unweiser Voraussicht?) allerdings von einem 'Entwicklungsvorgang' schon nicht mehr reden, sondern bemerkte nur noch knapp:
In der Zusammen- und Getrenntschreibung sind nicht alle Bereiche eindeutig geregelt. Wo die folgenden Hinweise nicht ausreichen und auch das Wörterverzeichnis nicht weiterhilft, schreibe man getrennt. (S. 62)
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Jörg Metes
eingetragen von Theodor Ickler am 05.08.2002 um 06.53
Die GZS ist, wie viele bemerkt haben (u. a. H. H. Munske), ein typischer Übergangsbereich - mit Ausnahme der grammatischen Beschränkungen (Steigerbarkeit, prädikativer Gebrauch). Überall sonst sollte man großzügig sein. Das versteht sich natürlich für den von selbst, der sowieso nicht vorhat, neue Vorschriften zu erlassen, sondern auf respektvolle Weise das Übliche zu beschreiben und zur Nachahmung zu empfehlen.
Unverächtlicher Gewinn einer solchen Haltung: Die Weiterentwicklung der Sprache bleibt möglich. Man befindet sich in bester Gesellschaft (Schriftsteller ...). Man lebt in Frieden mit der Grammatik. Man streitet nicht um Lappalien.
Das schließt natürlich Überlegungen über stilistische Verbesserungen nicht aus. Aber das ist es ja gerade: zwischen den Freiräumen der Stilistik und dem notwendigen Minimum an Einheitlichkeit muß eine vernünftige Grenze gezogen werden.
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Th. Ickler
eingetragen von Norbert Schäbler am 05.08.2002 um 00.23
… Und in Berufung auf diese späte Stunde:
Darf das überhaupt sein, daß es hochwohlgeborenen Professoren, Korrektoren und Lektoren – ggf. auch Lehrern - erlaubt ist, beim Zitieren den ein oder anderen Buchstaben, ggf sogar Wörer zu verändern und damit ggf. den Sinn zu entstellen?
Mir käme eine derartige Erlaubnis zwanghaft vor, und ich meine:
Es gibt gar keine Wissenschaft mehr.
Vielmehr wird da wider besseres Wissen geschafft.
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nos
eingetragen von Wolfgang Wrase am 04.08.2002 um 13.48
Herr Lachenmann ging von einer Textstelle aus, die ihn irritiert hat. Er hat damit recht, daß die Zusammenschreibung in diesem Fall für den Leser besser gewesen wäre und vermutlich auch in anderen Fällen besser wäre. Je länger ich es mir überlege, desto mehr komme ich zu dem Ergebnis, daß zwar meist kein regelrechtes Mißverständnis droht, aber in diesem Fall möglicherweise eine winzige Stockung, ein "Mißverständnis" des "bitte schön mehr ..." oder eine Unklarheit für den Bruchteil einer Sekunde, die zwar sofort und normalerweise unmerklich vom Leser ausgebügelt wird - aber man kann das ja von vorherein vermeiden. Insofern ist die Zusammenschreibung besser.
Das Mißverständnis in dieser Diskussion geht m. E. von dem im Vergleich dazu relativ groben Lapsus von Herrn Lachenmann aus, daß er die Schreibweise spontan als von der Reform induzierten Fehler einstufte und sich nicht kundig machte, was neuer und alter Duden dazu sagen ("Da muß ich gar nicht nachschlagen"). Sonst hätte er ja feststellen können, daß der Redakteur, der die vorgegebene Rechtschreibung anwenden soll, gar nicht anders als getrennt schreiben konnte. So kam Herr Lachenmann zu der irregeleiteten und sehr irreführenden Überschrift "GZS - einmal anders". Das war insbesondere irreführend, weil wir hier normalerweise über denn Sinn allgemeiner Regeln diskutieren und nicht um winzige Stilfragen in einem einzelnen Text.
Ich komme also zu folgendem Ergebnis. Herr Lachenmann hat zu Recht bemerkt, daß Zusammenschreibung besser gewesen wäre. Seine Überschrift war jedoch falsch. - Der tatsächliche Gebrauch wurde hier anhand dreier Quellen verifiziert, die Regelung beim "alten" Duden, bei der Reform und bei Ickler wurden zitiert. Insgesamt hat sich gezeigt, daß die Darstellung des Problems "bitte schön" im Ickler-Wörterbuch die richtige Lösung ist. Sozusagen um Meilen besser als die willkürliche, unrealistische Festlegung beim alten Duden und nach der Reform, die sich darum nicht gekümmert hat. Daß die Zusammenschreibung nicht nur in statistischer Hinsicht "erlaubt" sein sollte, sondern aus stilistischen Erwägungen bzw. für manche sonst mehr oder weniger mißverständlichen Textstellen sogar besser geeignet oder manchmal geradzu geboten ist, dafür hat Herr Lachenmann uns mit Beispielen aufmerksam gemacht. Einverstanden?
eingetragen von Norbert Schäbler am 04.08.2002 um 13.43
Ich zitiere den Satz: „Einmal im Leben möchte ich erleben, daß Sie zurückrudern“, und verfremde ihn: „Einmal im Leben möchte ich erleben, daß Sie zurück rudern.“
Das sind doch wohl Beispiele, in denen es um kleine Nuancen und Bedeutungsunterschiede geht. Da kann mir doch niemand sagen, ich hätte ein verpfuschtes Wahrnehmungsempfinden.
Die in diesem Strang ablaufende Diskussion macht doch klar, daß es im Sprachwissen und Sprachgefühl regionale Unterschiede gibt, unterschiedliches ästhetisches Empfinden, hie und dort mehr oder weniger stark ausgeprägte statistische Häufigkeit; daneben Eitelkeiten, Souveränitäten und weiß der Kuckuck noch was.
Noch eine Ichbotschaft dazu: Gerade in zurückliegender Zeit sind mir häufig Extrembeispiele oder zu kurzgeratene Gedanken herausgerutscht. Vielleicht liegt es auch etwas an der Müdigkeit, am generellen Problem, daß im Kreise der Reformkritiker meist auf Perfektion geachtet wird, während sich andernorts die größten Gauner und Sprachverbrecher mit Kuriositäten, Kapriolen und Parolen tummeln dürfen.
Ich frage mich, ob man auf Schläfrige und Schlafende derart eindreschen muß. Mehr Spaß würde es mir bereiten, einem hellwachen, staatlich subventionierten Sprachpfuscher das Handwerk zu legen.
PS: Habe übrigens den einleitenden Satz fehlerhaft zitiert, hab`s gemerkt und ihn trotzdem nicht verbessert, denn ich empfinde das reichlich nebensächlich, zumal alles und jedes aus dem Kontext erschlossen werden kann.
Ist das nicht die bekannte Parole der Reformer?
"Kontextbezug". "Der Leser wird schon was draus machen!"
Dann möge mir ergo jemand erklären, daß ich unfähig bin, wissenschaftlich zu zitieren.
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nos
eingetragen von Walter Lachenmann am 04.08.2002 um 11.26
Einmal in diesem Jahrhundert möchte ich erleben, daß Sie zurückrudern; wie wäre es damit?
Warum wollen Sie das denn? Ich habe meines Erachtens nichts Verkehrtes behauptet. Aber wenn Sie mir zeigen, wie ich das machen und wohin ich rudern soll, tu ich Ihnen den Gefallen.
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Walter Lachenmann
eingetragen von Theodor Ickler am 04.08.2002 um 11.25
Auch ich bin weit davon entfernt, die Statistik überzubewerten, und habe mich zu lange mit solchen Sachen (auch außerhalb der Rechtschreibfragen) beschäftigt, um die Schwächen reiner Auszählungen nicht zu kennen. Deshalb kann ich ja zum Entsetzen mancher Leute auch nicht mit genauen Zählprotokollen der von mir fürs Wörterbuch ausgewerteten Texte dienen. In sehr vielen Fällen hält aber, wie man ja schon bemerkt hat, meine Darstellung einer Nachprüfung an der Schreibwirklichkeit stand, und demnächst wird das sicher noch verbessert.
Man muß - das ist das wichtigste - die Quellen zunächst auch nach ihrem Wert sortieren. Deshalb habe ich aus zwei angesehenen, wie ich meine: auch stilbildenden Tageszeitungen zitiert.
Lieber Herr Lachenmann, für Ihre sprachliche Intuition, die ich hoch veranschlage, gibt es keine anderen Quellen als die Lektüre; das sagen Sie ja auch selbst. Folglich muß es möglich sein, in den Texten, die Sie gelesen haben und weiterhin lesen, die Grundlagen Ihres Urteils aufzufinden. Das tun wir und kommen eben dann zu solchen Befunden wie Herr Wrase und ich.
Auch muß man einfach einsehen, daß wir nun alle ein bißchen überempfindlich geworden sind, und mancher, der vor zehn Jahren an braun gebrannt überhaupt nichts bemerkt hätte, reagiert jetzt mit strenger Ablehnung darauf.
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Th. Ickler
eingetragen von Wolfgang Wrase am 04.08.2002 um 10.07
Auch ich bestreite nicht, daß die Zusammenschreibung besser sein kann, falls sonst wirklich ein Mißverständnis droht. Das trifft aber m. E. auf den von Ihnen mit Haarsträuben zitierten Satz nicht zu. Er lautete:
Zu den Ritualen des Sommers gehören die Appelle der Politik an die Wirtschaft, doch bitte schön mehr Lehrlinge auszubilden.
Wollen Sie wirklich behaupten, es sei hier unklar, wie das "schön" zu lesen sei? Kann sein, daß die Zusammenschreibung noch eine Spur besser wäre, sozusagen doppelt todsicher, aber ich kann mir schwer vorstellen, daß außer Ihnen ein Leser Mühe hatte, den Satz zu bewältigen.
eingetragen von Walter Wittkopp am 04.08.2002 um 09.54
Lieber Herr Lachenmann,
in Ihrer Aufzählung
1. Kommen Sie bitteschön herein.
2. Kommen Sie bitte schön herein.
fehlt noch
3. Kommen Sie, bitte schön, herein.
Sogar falls Sie recht haben, was die Stilfrage betrifft, so können Sie deshalb nicht gleich Nres. 2 und 3 als bodenlos undiskutabel verwerfen, denn Sprache, Wörter und Rechtschreibung sind auch für solche Zeitgenossen da, die in Stilfragen weniger gefestigt sind als Sie oder die eine andere Auffassung haben.
Insofern haben Sie sich vielleicht mit Ihrem ersten Beitrag etwas vergaloppiert.
Einmal in diesem Jahrhundert möchte ich erleben, daß Sie zurückrudern; wie wäre es damit?
Oder/und wir machen das konstruktiv und geben für Ihr Gebiet ein eigenes Gau-Wörterbuch* heraus mit Velo, Tram, bittschön, Nationalrat, Landesobmann, pfürti und natürlich Oachkatzl. Die Schwaben haben ja schließlich auch so ein *Gebiets-Ausdrücke-Umfangs-Wörterbuch; auch Ihnen gönne ich eines.
Gruß, Walter Wittkopp
eingetragen von Wolfgang Wrase am 04.08.2002 um 09.45
Lieber Herr Lachenmann,
was soll denn das? Sie schreiben schon wieder, die Zusammenschreibung sei "um Meilen besser" und bedeute nicht dasselbe wie die Getrenntschreibung, "nie und nimmer" könne das sein. Das ist Ihre persönliche Geschmacksauffassung, das haben wir ja auch alle längst verstanden, schon bei Ihrem ersten Beitrag. Sie bestätigen damit, daß Sie als Rechtschreibung festlegen würden, "bitteschön" sei unbedingt zusammenzuschreiben, damit sichergestellt sei, daß das "schön" sich nicht auf ein folgendes Wort beziehe.
Schauen Sie doch bitte einmal bei Google nach! Warum tun Sie das nicht? Dort sehen Sie, daß die Sprachgemeinschaft Ihrer Überlegung nicht folgt. Auch Sie sind mit Sicherheit schon sehr oft der Getrenntschreibung begegnet, ohne es zu bemerken, das heißt, ohne daß der von Ihnen behauptete Nachteil eingetreten ist; sonst hätten Sie ja Ihren Beitrag nicht geschrieben, und sonst hätten Sie nicht behauptet, diese unmögliche Schreibung müsse eine Folge der neuen Rechtschreibung sein.
Wenn Sie dennoch unbedingt behaupten wollen, die Anerkennung des tatsächlichen Schreibgebrauchs (getrennt oder zusammen) sei ein Irrtum, eine verfehlte Regelung, stellen Sie damit das ganze Konzept des Wörterbuchs von Professor Ickler in Frage und behaupten überdies, die Hälfte der Schreibgemeinschaft sei im Irrtum, da sie ihren Überlegungen nicht gerecht wird (oder die Mehrheit der FAZ-Redakteure schriebe minderwertig). Ich dachte, dieses Stadium der Diskussion hätten wir hinter uns.
Übrigens: Wollen Sie denn nicht gleich festgelegt sehen, daß "bitte sehr" zusammenzuschreiben sei? Ihre Argumentation, es seien Mißverständnisse möglich, gilt für diese Fügung genauso.
eingetragen von Walter Lachenmann am 04.08.2002 um 09.24
In der von mir kritisierten SZ ist auch zu lesen, die Bewohner einer Insel seien »braun gebrannt«. Ich kann mir gut vorstellen, daß man statistisch die Wortverbindung »braun« + »gebrannt« in ebensogroßer Anzahl finden kann, wie »braungebrannt«, was hier wohl doch die treffendere Schreibweise wäre. Die Statistik interessiert mich aber gar nicht, denn ich weiß, daß »braun gebrannt« hier schlecht ist und »braungebrannt« in Ordnung wäre. Das weiß man einfach, wenn man täglich liest und schreibt, tut mir leid.
Neulich hat mich ein Forumsteilnehmer kritisiert, weil ich besserwisserisch und doch irrig das Wort »häutig« als Produkt der neuen Rechtschreibung bezeichnet hatte; im Zusammenhang: »die heller häutigen Kreolen«. Und tatsächlich ist das Wort »häutig« im alten Duden verzeichnet. Es kommt aber in der Praxis kaum vor, allenfalls im medizinischen Bereich, wo man zwischen fleischig, knochig und häutig unterscheidet. So kann man durch die Diskussion manches lernen. Dennoch ist im von mir kritisierten Zusammenhang »heller häutig« deutlich ein Produkt der Rechtschreibreform und entspricht sicherlich weder der Praxis der schreibenden Mehrheit noch verbessert diese Schreibweise die Qualität der schriftlichen Darstellung, im Gegenteil.
So bin ich auch, Statistiken hin oder her, überzeugt davon, daß in dem von mir zitierten bitteschön-Beispiel (s.u.) die vorgefundene Schreibweise »bitte schön« der Auseinanderschreibtendenz der Rechtschreibreform zu verdanken ist, ansonsten dort »bitteschön« gestanden hätte, was qualitativ im Sinne des Zusammenhangs um Meilen besser gewesen wäre. Daß in anderen Zusammenhängen die Auseinanderschreibung ebenso möglich und nicht zu kritisieren sein kann, bezweifle ich überhaupt nicht. Aber in vielen Fällen ergibt sich schon ein Unterschied. Das sind keine Geschmacksfragen, sondern Fragen der Ausdrucks- und Stilsicherheit.
Zum Beispiel:
1. Kommen Sie bitteschön herein.
2. Kommen Sie bitte schön herein.
Ich sehe da schon einen Unterschied.
Variante 1 ist gut, Variante 2 ist nicht nur schlecht, sondern sogar zweideutig, wenn vielleicht auch von Statistikern nicht zu beanstanden.
Das mag ein Bereich sein, der wissenschaftlich schwer oder gar nicht zu greifen ist, aber wenn man aufgrund von Statistiken meint zu der Erkenntnis kommen zu müssen, das sei alles gleich, macht man sich nach meiner Überzeugung etwas vor und verliert vielleicht das Sensorium für wichtige Differenzierungen im Ausdruck bzw. fördert deren Vernachlässigung.
Das Ergebnis bei der FAZ ist tatsächlich überraschend. War da wirklich derselbe Sinnzusammenhang gegeben?
»Die Betriebe sollen bitte schön Lehrlinge ausbilden.«
»Die Betriebe sollen bitteschön Lehrlinge ausbilden.«
»Nun fahrt mal schön langsam!«
»Nun fahrt mal bitte schön langsam!«
»Nun fahrt mal bitteschön langsam!«
Das sind doch nie und nimmer dieselben Aussagen!
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Walter Lachenmann
eingetragen von Theodor Ickler am 04.08.2002 um 07.45
Da Google ein sehr heterogenes Textkorpus liefert, habe ich mal das homogenere je einer Tageszeitung durchgesehen. In der Süddeutschen Zeitung von 1997 findet man 53mal bitteschön und 27mal bitte schön. In der FAZ von 1996 dagegen ist das Verhältnis 5 : 31.
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Th. Ickler
eingetragen von Wolfgang Wrase am 04.08.2002 um 07.31
Erstens: Zwischen "bitte schön" und "bitteschön" gibt es keinen Bedeutungsunterschied, das sagte ich ja schon. (Oder welcher soll das sein?) Zweitens: Schauen Sie doch einfach mal bei Google nach, Herr Lachenmann, anstatt Vermutungen über den Hintergrund des Ergebnisses anzustellen oder es anzuzweifeln ("sollte mich wundern"). So gut wie alle Fundstellen für "bitte schön" entsprechen dem hier gemeinten Muster. Drittens: Wenn Sie meinten, die Getrenntschreibung sei so daneben, daß man daraus einen Beitrag machen kann - seht her, da schreibt jemand getrennt, also so was! - dann ruft das aus objektiver Sicht nach einer Richtigstellung. Es schreiben eben nicht nur ganz wenige getrennt, sondern, wie gesagt, die Getrennt- und Zusammenschreibung ist ziemlich gleichberechtigt vertreten. Das entspricht durchaus dem Vergleich, daß ein eingefleischter Parteigänger sich gar nicht vorstellen kann, daß es außer seiner persönlichen Weltsicht noch ein weiteres, nicht weniger berechtigtes Spektrum an Auffassungen gibt.
Bedenken Sie doch auch folgendes. Die bisherige offizielle Rechtschreibung war: bitte sehr - bitte schön. Wenn man Rechtschreibung an seinen persönlichen Vorlieben aufziehen würde, dann hätten Sie als Reformer wohl "bitteschön" festgelegt, und dann hätten wir: bitte sehr - bitteschön. In solchen Fällen schreiben wir doch immer: Was haben die Reformer da für einen Mist gebaut, vorher war es viel logischer!
Es geht also letztlich darum, daß wir uns positiv von den Reformern abheben sollten, wenn wir sie kritisieren. Also sollten wir sie nicht darin nachahmen, daß jeder hier und da bei einzeln herausgegriffenen Wörtern oder Formulierungen sein persönliches, spontanes Geschmacksurteil verabsolutiert und für einen hinreichenden Maßstab hält. Aus dieser egozentrischen, unaufgeklärten Sichtweise resultiert viel von der Inkonsequenz und dem Kuddelmuddel der neuen Rechtschreibung.
eingetragen von Walter Lachenmann am 04.08.2002 um 07.09
Bei der Betrachtung von Mehrheitsverhältnissen von unterschiedlichen Schreibweisen wird der sorgfältige Experte vermutlich darauf achten, in welchem Sinnzusammenhang diese jeweils in ihrer Verschiedenheit auftreten. Und da sollte es mich wundern, wenn im Sinne des von mir zitierten Beispiels die Auseinanderschreibung in nennenswerter Anzahl vorkommen würde. Es geht wohl weniger um eine Geschmacksfrage, sondern eher um eine Frage der sprachlichen Sicherheit durch relativ häufigen Umgang mit Sprache über Lesen und Schreiben. Da muß einer so gut wie nie in einem Wörterbuch oder bei Google nachsehen, sondern er schreibt aus Gefühl oder Instinkt richtig, auch wenn er gegen eine Regel oder eine mehrheitliche Verhaltensweise verstoßen sollte (manchmal vielleicht sogar gerade dann). Insofern paßt der Vergleich mit den politischen Vorlieben nicht, da geht es ja um politische Meinungen oder Haltungen, also um Inhaltliches, nicht um Fragen der formalen Darstellung von Aussagen.
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Walter Lachenmann
eingetragen von Wolfgang Wrase am 03.08.2002 um 17.14
Das wäre ein Widerspruch in sich. Jeder kann so schreiben, wie er will, aber was üblich ist (Rechtschreibung), ergibt sich banalerweise erst aus dem Schreibverhalten der ganzen Gemeinschaft, wie man es sehr schnell mit Hilfe einer Suchmaschine ergründen kann. Persönliche Geschmacksurteile sind keine hinreichende Erklärung für die Angemessenheit einer Schreibung außer für das Einverständnis mit dem eigenen Gebrauch. "Das weiß man einfach", daß "bitte schön" zusammengeschrieben gehöre - das ist keine sinnvolle Aussage, weil dasselbe nur etwa die Hälfte der anderen Schreiber bevorzugen. Ungefähr so sinnvoll, wie wenn jemand sagt: "Das weiß man einfach, daß man CDU/CSU oder zur Not FDP wählen muß und daß alles andere Quatsch ist. In Bayern wissen wir schon lang, daß das selbstverständlich ist. Aber es gibt eben Dummköpfe." Kann man ja als privates Bekenntnis verbreiten, aber ein Parteienforscher oder Meinungsforscher, der sich um überparteiliche Erkenntnisse bemühen soll, greift mit einer solcher Äußerung ins Fettnäpfchen.
eingetragen von Walter Wittkopp am 03.08.2002 um 16.55
„Bittschön“ und „bitteschön“ finde ich für südlich des Rhein-Main-Donau-Kanals auch völlig in Ordnung.
Sollen wir mal gemeinsam ein Wörterbuch machen?
eingetragen von Walter Lachenmann am 03.08.2002 um 14.33
Ich habe das SZ-Zitat »bitte schön« ohne jegliche Rückversicherung weder bei Duden alt/neu noch in Icklers Wörterbuch hier als weitere, meiner Überzeugung nach durch die neuen Regeln produzierte orthographische Fehlleistung dargeboten. Es kann ja nicht gut angehen, daß der qualifizierte Schreiber sich nunmehr regelmäßig bei Google informiert, wie die Mehrheitsverhältnisse der Schreibweisen liegen.
Bei Google könnte die Wortkombination von bitte und schön auch in anderen Zusammenhängen auftreten. Wo der Österreicher und der Bayer seit Urzeiten »bittschön« sagen, dürfte die Schreibweise »bitteschön« nach wie vor die richtige Wahl sein. Dafür muß man nirgends nachsehen, das weiß man einfach.
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Walter Lachenmann
eingetragen von Wolfgang Wrase am 03.08.2002 um 09.44
Duden hatte vor der Reform nur "bitte schön". Die Neuregelung äußert sich nicht dazu; das Wörterverzeichnis enthält nicht einmal "bitte", sondern nur "bitten". Folglich sind die Wörterbücher bei "bitte schön" geblieben.
Ickler verzeichnet gleichberechtigt "bitte schön/bitteschön". Das entspricht der Wirklichkeit, denn getrennt und zusammen kommen ziemlich genau gleich häufig vor. Walter Lachenmann hat in bezug auf Icklers Wörterbuch recht: Dort gibt es die Getrennt-/Zusammenschreibung einmal anders, nämlich erstmals realistisch und sinnvoll. Man könnte bei der Darstellung auch den Bogen verwenden, meine ich, so wie schon bei wie_viel oder unten_durch. Ein weiterer Kandidat ist na_ja (bisher auch im Ickler nur getrennt).
Manche glauben, die Zusammenschreibung sei längst selbstverständlich und die Getrenntschreibung verzichtbar. Dagegen spricht aber nicht nur die reale Verteilung von 1:1, sondern auch die Überlegung, daß "bitte schön" eigentlich nichts anderes ist als "bitte sehr". (Bei bitte_sehr überwiegt Getrenntschreibung 10:1.) Außerdem gibt es die alte Faustregel, daß die Getrenntschreibung den Vorzug erhalten sollte (oder zumindest die ursprüngliche, eigentliche Form darstellt), wenn durch Zusammenschreibung nichts Neues ausgedrückt werden kann. Das ist hier offensichtlich so. Die Tendenz geht allerdings zur Zusammenschreibung.
eingetragen von Walter Lachenmann am 03.08.2002 um 07.40
Darf ich fragen, worin der Bezug zur GZS besteht?
Bitteschön!
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Walter Lachenmann
eingetragen von Walter Wittkopp am 02.08.2002 um 19.59
Darf ich fragen, worin der Bezug zur GZS besteht?
eingetragen von Walter Lachenmann am 02.08.2002 um 19.22
GZS - einmal anders
Zu den Ritualen des Sommers gehören die Appelle der Politik an die Wirtschaft, doch bitte schön mehr Lehrlinge auszubilden.
SZ, 3./4. August 2002, S. 19. Falsches Signal. Von Jeanne Rubner.
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Walter Lachenmann
eingetragen von Theodor Ickler am 02.08.2002 um 14.37
In der Tat ist das erweiterte Partizip I im Deutschen "stilistisch markiert", wie ich es genannt habe. Das war einer von vier Gründen, die ich den Reformern von Anfang an entgegengehalten habe, um die Wiederherstellung der zusammengesetzten Adjektive mit einem partizipialen Grundwort zu fordern. Bisher sind sie auf diesen stilistischen Grund nie eingegangen, aber das kommt noch. Alle Untersuchungen zum attributiven Partizip haben ergeben, daß es sich hier um eine papierdeutsche, meist fachsprachliche, latinisierende Konstruktion handelt, die in den Mundarten und im gesprochenen Deutsch fast unbekannt ist. Deshalb ist es ja auch falsch, nun entgegenkommenderweise, aber ganz unterschiedslos die völlige Gleichstellung der zusammengesetzten und der analytischen Konstruktion zu behaupten, wie es in den neuesten Wörterbüchern der Fall ist. Derselbe Einwand gilt hinsichtlich des prädikativen Gebrauchs, nur noch schärfer: Dieses Medikament ist blutstillend, aber nicht ist Blut stillend. Auch dies wird zwar im dritten Bericht erstmals erörtert, hat aber noch keine Folgen gezeitigt.
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Th. Ickler
eingetragen von Martin Reimers am 02.08.2002 um 14.20
Kurze Anmerkung zu dem ausgezeichneten Beitrag von Herrn Wrase aus dem Nachrichtenbrett:
Ist eine grammatisch korrekte Formulierung wie "ein große Furcht erregender Anblick" normalerweise nicht als stilistisch mißlungen anzusehen? Ich frage mich, in welchen Texten so etwas vorkam, bevor sich die Wörterbuchredaktionen (oder die ZK?) solche Hilfskonstruktionen zur Rechtfertigung der Getrenntschreibung aus den Fingern saugen mußten.
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Martin Reimers
eingetragen von J.-M. Wagner am 02.07.2002 um 19.52
Man mag's nicht glauben, aber auch das bekommen manche fertig; vgl. alltheweb, fireball, google, lycos.
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Jan-Martin Wagner
eingetragen von Theodor Ickler am 28.06.2002 um 06.15
Hinzuzufügen bleibt mir eigentlich nur noch, daß der tatsächliche Schreibbrauch für mich die oberste Instanz ist.
Zusammenschreibung ist oft besser, aber ich habe mich wegen der ungeheuren Folgen weder bei den Hauptregeln noch im Wörterverzeichnis dazu entschließen können, dies zu quantifizieren oder sonstwie im Detail festzulegen. Der Gewinn wäre sehr gering, die Lernbelastung enorm.
Man muß schließlich dem Schreibenden immer einen Gestaltungsspielraum lassen, was einschließt, daß er nicht immer die beste Lösung erreicht. Die Möglichkeiten der leicht irreführenden Textgestaltung sind praktisch unendlich, wie könnte man da einen narrensicheren Weg durch Regeln garantieren! In der Schule sollte mehr geübt werden, wie man einen Satz so lange knetet, bis er beim Leser optimal ankommt. Das liegt alles diesseits von "richtig und falsch".
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Th. Ickler
eingetragen von J.-M. Wagner am 28.06.2002 um 00.40
Möglicherweise hatte ich noch nicht genau genug verstanden, was den Unterschied zwischen obligatorischer und fakultativer Zusammenschreibung ausmacht; möglicherweise hatte ich mich zu sehr an dem Wort fakultativ orientiert als an Zusammenschreibung. Ich hoffe, daß ich es jetzt etwas besser verstanden habe. Also:
Ich habe mir nochmal §§ 8-10 der "Hauptregeln" angeschaut, und dabei ist mir klargeworden, daß zum einen § 8 bei dem Thema "Zusammenschreibung bei Verbzusätzen" quasi immer hinzuzuziehen ist, zum anderen, daß es bei § 10 zwar um fakultative Zusammenschreibung geht, die "Betonung" aber auf Zusammenschreibung liegt. Mir scheint, daß es unter § 9 -- obligatorische Zusammenschreibung -- im wesentlichen um solche Zusätze geht, die (bezogen auf den Infinitiv), sehr grob gesprochen, "in dieser Form nicht selbständig vorkommen" bzw. als eigenständige Wörter weder einen modalen noch einen resultativen Zusatz bilden würden.
Das ist nun bei schlecht_reden zugegebenermaßen nicht der Fall, und somit, weil es nicht unter die Kategorie der obligatorischen Zusammenschreibungen fällt, gehört es zu der anderen Gruppe ("fakultative Zusammenschreibung") -- was ja letztlich bedeutet, daß die Zusammenschreibung sinnvoll, aber nicht zwingend ist. Insofern ist gewissermaßen die Getrenntschreibung bei den Wörtern dieser zweiten Kategorie "fakultativ". (Ich hatte fakultative Zusammenschreibung zunächst so verstanden: Die "Vorzugsvariante" wäre Getrenntschreibung, aber man kann es auch zusammenschreiben.) -- Habe ich es einigermaßen richtig nachvollzogen?
Eine andere Ursache für Irrwege ist m. E. an dieser Stelle, daß zwar modale Zusätze immer (stimmt das? Ich vermute es nur, aber sicher bin ich mir nicht) in Getrenntschreibung auftreten, umgekehrt aber eine Getrenntschreibung keineswegs immer eine "Modalfunktion" des Zusatzes impliziert -- so ein Zusatz kann durchaus auch resultativ sein; das muß dann aber aus dem Zusammenhang heraus klarwerden.
Ein beispielhaft schwieriger Fall scheint mir hierbei das schlecht_machen zu sein, welches ich ebenfalls nicht den "Obligatorischen" zuordnen würde. »Er wird es schlecht machen« bietet nicht genug Kontext, um die Funktion des schlecht klar erkennen zu können, und dies könnte man zum Anlaß nehmen, die Anwendung der Zusammenschreibung in solchen Fällen einzufordern, bei denen eine derartige Verwechslungsgefahr besteht. Ich habe keine Ahnung, was so eine Regel nach sich ziehen würde; mir scheint, daß es jedoch bereits genügt, eine entsprechende Empfehlung oder Anmerkung bzw. einen Hinweis darauf mit in die Regeln zur Zusammenschreibung von Verbzusätzen aufzunehmen, obwohl klar ist, daß bei einem modalen Zusatz die Zusammenschreibung garnicht in Frage kommt. (Der letzte Satz gilt nur unter ausdrücklichem Irrtumsvorbehalt!)
Ja, ich nehme mein striktes Fazit insofern zurück, daß bei schlecht_reden nur obligatorische Zusammenschreibung möglich sei; nichtsdestoweniger plädiere ich in diesem Fall weiterhin strikt für die Bevorzugung der Zusammenschreibung bei resultativer Bedeutung, um dem Leser keinen Anlaß zu geben, es für einen modalen Zusatz zu halten -- was ja gerade bei schlecht recht naheliegend ist. In meinen Augen ist die Getrenntschreibung nicht sinnvoll, streng bzw. durchgängig verbieten kann man sie allerdings nicht.
Interessant finde ich, wie schlechtreden weiter ergänzt werden kann: Er hat die Vorschläge auffallend energisch schlechtgeredet; sich etwas nicht durch und durch schlechtreden lassen etc. -- in solchen Fällen erschiene mir die Getrenntschreibung zwar weiterhin strenggenommen nicht als falsch, aber als eine erhebliche Zumutung für den Leser.
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Jan-Martin Wagner
eingetragen von Theodor Ickler am 27.06.2002 um 14.31
Wenn man eine Sache schlechtredet, dann wird sie dadurch schlecht; jedenfalls dem Anschein nach, und auf den kommt es an.
Resultativzusätze werden fakultativ zusammengeschrieben, wenn sie nicht zu umfangreich sind. Das ist nun mal so, und ich stelle es bloß fest. Das „Verbot“ der Getrenntschreibung wäre an sich schon eine große Belastung, und weil man nicht genau sagen kann, für welche Gruppe von Zusätzen es gelten soll, käme noch ein gewaltiger Mehraufwand hinzu. Daran ist der alte Duden gescheitert.
Übrigens ist der Kontext hier tatsächlich fast immer so klar, daß man praktisch gar nicht darauf kommt, es könne auch noch eine andere Deutung geben. Wenn jemand zum Beispiel die wirtschaftliche Lage schlecht redet – und das ist ein ganz typisches Verwendungsbeispiel –, dann ist doch alles so klar wie nur möglich. Man muß sich schon sehr anstrengen, ein zweideutiges Beispiel zu konstruieren. Ich bin natürlich auch dagegen, den Kontext zu sehr zu strapazieren, aber andererseits gehört es zur Sprachökonomie, vieles dem Kontext zu überlassen. Es ist ohnehin weit mehr, als die meisten Leute sich träumen lassen.
Fazit: Es lohnt sich nicht, diese Dinge durch Einzelwortregeln festzulegen, die bloß das Gedächtnis belasten und dann doch, wie seit je, vergessen und mißachtet werden. Also: strikt fakultativ!
eingetragen von J.-M. Wagner am 27.06.2002 um 11.09
Zitat:Na, dann wird es aber Zeit (Begründung s. u.)! Und im "Ickler" steht es auch (noch?) nicht.
Urpsrünglich eingetragen von Theodor Ickler (unter Frankfurter Allgemeine)
Weder der alte noch der neue Duden oder auch Bertelsmann haben den Eintrag schlechtreden - in welcher Schreibweise auch immer.Zitat:Den Einwand mit der Steigerung verstehe ich nicht; es gilt doch das Prinzip, daß Verbzusätze ggfs. wieder getrennt geschrieben werden, wenn sie verändert werden?
Vergleichbar scheint am ehesten schönreden, und dies soll nach neuer wie alter Schreibweise zusammengeschrieben werden. Eigentlich unlogisch, denn die Steigerung schöner reden kommt durchaus vor.Zitat:Zu schönreden gehört ebenfalls immer ein Akkusativobjekt, es fehlt jedoch bei schön reden in modaler Bedeutung (heute hat er schön geredet). Das würde bedeuten, daß man "schön_reden" immer getrennt schreiben kann, und die eigentliche Bedeutung ergäbe sich aus dem Kontext. Das halte ich aber für ein leseunfreundliches Konzept. Auch in dem Bereich, wo die Erweiterung eines Verbs sowohl als Resultativzusatz wie als Modaladverb fungieren kann kann (wie bei Einfahrt frei halten! bzw. frei gehaltene Rede), ist zwar aus prinzipiellen Gesichtspunkten nichts gegen eine Klassifikation als "fakultative Zusammenschreibung" einzuwenden, die Getrenntschreibung erscheint mir jedoch als zweitbeste Variante, wenn es eine univerbierte Form gibt.
schlecht reden wird ja erst durch den Zusatz so richtig transitiv, und deshalb ist auch etwas schlecht reden ganz unmißverständlich.
Warum aber sollte es sich bei schlechtreden überhaupt um eine Erweiterung mit einem Resultativzusatz handeln? Wird denn eine Sache an sich dadurch wirklich schlecht, wenn jemand sie schlechtredet?? In der Bedeutung von miesmachen bzw. schlechtmachen muß schlechtreden daher zusammengeschrieben werden, finde ich.
Mag auch die modale Form schlecht reden selten vorkommen, so sagt mir mein Sprachgefühl, daß dies analog zu schlecht hören durchaus seine Berechtigung hat: »Er ist zwar ein schlechter Redner, aber heute hat nicht ganz so schlecht geredet wie sonst.« -- »Du meinst, heute hat er nur etwas schlecht geredet und nicht ganz und gar schlecht?«
Fazit: Im Fall von "schlecht_reden" bin ich aufgrund des Bedeutungsunterschiedes strikt gegen die fakultative Zusammenschreibung.
– geändert durch J.-M. Wagner am 28.06.2002, 19.06 –
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Jan-Martin Wagner
eingetragen von Theodor Ickler am 15.06.2002 um 09.29
Die neuen Regeln behaupten bekanntlich, daß solche Superlative nicht allein vorkommen und daher Zusammenschreibung eintritt: schwerstbehindert (aber schwer behindert - neuerdings schon wieder zurückgenommen, aber darum geht es hier nicht). Wie man sich leicht überzeugen kann, kommen die Superlative sehr wohl allein vor. Für schwerst habe ich anderswo schon Beispiele gegeben. Eine kurze Recherche ergibt:
die ältest überkommene Lebensgeschichte
die ältest überlieferte iranische Sprache
die ältest erreichbaren Stufen der jeweiligen Sprache
der ältest bekannte Tetrapode
die ältest mögliche Version ist 4.05
nach der ältest erhaltenen Urkunde
die ältest bestehende Quiz-Show
die ältest fällige Rechnung
ein Tellerlift ältest möglicher Bauart
usw., nach Belieben zu vermehren. Man kann das wohl nicht als falsch geschriebene Zusammensetzungen abtun.
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Th. Ickler
eingetragen von J.-M. Wagner am 08.06.2002 um 21.16
Zitat:Was davon steht denn schon in Ihrem "Kritischen Kommentar"? Ich habe mal nach dem Fall solcher (formalen!!) Adjektiv-Adjektiv-Komposita geschaut, deren Bestandteile in dieser Form beide selbständig vorkommen (wie bei schwerfällig). Außer den Anmerkungen zu höchstwahrscheinlich habe ich aber nichts dazu gefunden. Ich finde es durchaus "bemerkenswert", daß unter formalen Gesichtspunkten dieser Worttyp zwar unter die Regelung des § 36 fällt, jedoch komplett "durchfällt" weil er weder von der "Positivliste" (§ 36 [1]-[6]) noch von der "Negativliste" (§ 36 E1) erfaßt wird.
Ursprünglich eingetragen von Theodor Ickler
Ja, natürlich, § 36 hat Lücken und leidet außerdem unter zwei Fehlern: undefinierten Begriffen wíe "selbständig" und Ersatz von Definitionen durch Beispiele, deren Extrapolierbarkeit nicht klar ist.
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Jan-Martin Wagner
eingetragen von Theodor Ickler am 08.06.2002 um 12.56
Ich würde zwar die Getrenntschreibung bei reziproken Pronomina nicht geradezu ausschließen, denn sie kommt oft genug vor, aber zweifellos stört die suggerierte und zugleich gar nicht mögliche wörtliche Bedeutung ein wenig. Das fiel mir immer besonders bei sich auseinander setzen auf, wo ja nicht einmal eine Mehrheit von Beteiligten gegeben ist, so daß der eine dem anderen usw. (wie immerhin noch bei nebeneinander gehen usw.).
Übrigens herrscht in deutschen Standardgrammatiken bei reflexiven und reziproken Verben ohnehin ein heilloses Durcheinander. In meiner geplanten Schulgrammatik wird das bereinigt.
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Th. Ickler
eingetragen von Theo Grunden am 08.06.2002 um 12.46
Immer wieder mal mußten und müssen sich Lebenspartner gegenseitig eingestehen, sich auseinandergelebt zu haben.
Wenn sie solches nun schriftlich tun wollten (und dabei das neue Regelwerk befolgen), müßten sie sich eingestehen, sich auseinander gelebt zu haben. Das aber würde doch voraussetzen, daß es überhaupt möglich wäre, „sich zu leben“. Wie könnte man sich denn besser leben?
Oder hab ich da etwas übersehen?
eingetragen von Theodor Ickler am 24.05.2002 um 04.22
Ja, natürlich, § 36 hat Lücken und leidet außerdem unter zwei Fehlern: undefinierten Begriffen wíe "selbständig" und Ersatz von Definitionen durch Beispiele, deren Extrapolierbarkeit nicht klar ist. Außerdem gibt es den hier schon identifizierten Irrtum Hellers, daß höchst usw. (schwerst, meist ...) nicht selbständig vorkommen.
Im ersten Bericht wurde dann einiges geändert, ich habe alles zusammen im Anhang zum Kritischen Kommentar rekonstruiert und dann auch kommentiert (das lag der Kommission schon zur Mannheimer Anhörung vor, obwohl ich unter großem Zeitdruck arbeiten mußte, wegen der verspäteten [Nicht-]Zustellung des Berichts).
Sehr richtig auch der Hinweis auf die mangelnde Übereinstimmung von Regelwerk und Wörterverzeichnis, wo oft auf gar nicht einschlägige Regeln verwiesen wird.
Man könnte auch mal die Vorläufer der unklaren Formulierungen von § 36 in den früheren Entwürfen und dann die verschlungenen Gedanken des Urhebers Schaeder in seinen verschiedenen Aufsätzen nachzeichnen, um das Durcheinander zu erklären; aber dazu habe ich leider im Augenblick keine Zeit. Die anderen Reformer haben jedenfalls weitgehend den Kollegen Schaeder walten lassen und sich um das haarige Gebiet so gut wie gar nicht selbst gekümmert - und als das Debakel deutlich wurde, mächtig geflucht.
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Th. Ickler
eingetragen von J.-M. Wagner am 23.05.2002 um 20.40
Wie ist es denn nun, Herr Ickler: Hat § 36 eine erhebliche, d. h. systematische Lücke oder nicht?
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Jan-Martin Wagner
eingetragen von J.-M. Wagner am 22.05.2002 um 09.10
Sie haben es wunderbar beschrieben, lieber Herr Wrase: Man kommt um die Erkenntnis nicht herum, daß man es bei § 36 mit glasklaren Widersprüchen zu tun bekommen kann, wenn man ihm bestimmte Wörter vorstellt und ihn quasi nach seiner Meinung befragt, wie diese Wörter denn geschrieben werden müßten. Ich möchte das einmal satirisch zusammenfassen:
Der Chef von's Janze (der Herr Paragraphentext) sagt: Gut, daß sie zu mir gekommen sind, ich bin für diese Wörter zuständig und sage Ihnen: Schreiben Sie sie zusammen! Sofort melden sich die sechs Abteilungsleiter zu Wort und behaupten das genaue Gegenteil: Wir sind dafür nicht zuständig, wir können diesen Auftrag der Zusammenschreibung nicht übernehmen. Die Revisionsabteilung, an welche das Problem verwiesen wird, kommt zu dem Schluß, daß für derartige Fälle keine explizite Regelung vorgesehen ist, verweist aber auf ihren Leitsatz: Was nicht sein darf, kann auch nicht sein und also können diese Wörter nicht zusammengeschrieben werden. Da meldet sich der Chef wieder zu Wort und sagt, daß das ja wohl nicht sein kann, daß seine Beschlüsse übergangen werden. Die Schlichtungsstelle hat sich in den Streit aus formalen Gründen gar nicht erst eingemischt und lehnt auch jetzt jede Bearbeitung ab, weil sie für Anweisungen des Chefs nicht zuständig ist, sondern nur zwischen den Abteilungsleitern und der Revision vermittelt.
Fazit: Aufgrund einer Endlosschleife bekommt man auf die Frage nach der Schreibung gewisser, unter § 36 fallender Wörter nie eine Antwort. Das ist natürlich Murks, aber ob deswegen gleich »alles sinnloser Murks« ist, halte ich noch nicht für zweifelsfrei bewiesen; dazu müssen wir erst noch über die anderen Paragraphen herfallen. (Daß § 35 kompletter Murks ist, ist klar.)
Aber zunächst sollten wir abwarten, bis es Herrn Ickler und seiner E-Mail wieder möglich ist, sich unbeschwert an diesem Disput zu beteiligen.
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Jan-Martin Wagner
eingetragen von Theodor Ickler am 21.05.2002 um 18.27
Ich hätte eigentlich hier schon längst zur eingehenden Auseinandersetzung mit § 36 Stellung nehmen sollen, aber ich habe zur Zeit einfach zu viel zu tun. Ich will aber zwischendurch wenigstens anmerken, daß die "Erläuterungen" (also die "E") im amtlichen Regelwerk, wie schon Gallmann und Sitta 1996 feststellten, oft gar keine Erläuterungen sind, sondern ganz wesentliche Sonderregeln usw. Die berühmte "Architektur" der Neuregelung (wie Augst es nennt), ist eigentlich die einer Bruchbude.
Den lieben Freunden kund und zu wissen: Meine E-Mail funktioniert immer noch nicht, ich empfange zwar, kann aber nicht antworten. Seid mir also nicht böse und geduldet euch noch ein wenig, der Techniker wird schon noch kommen und den Router besser konfigurieren!
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Th. Ickler
eingetragen von Wolfgang Wrase am 21.05.2002 um 14.35
Lieber Herr Wagner,
vielen Dank für die Beispiele und die scharfsinnig angewandte Interpretationskunst. Ich räume ohne zu zögern ein, daß mir früher als Ihnen die Puste ausgeht, wenn die Aufgabe lautet, § 36 auf den Wortschatz anzuwenden. - Hat übrigens jemand die alten Duden-Kommas bei "ohne zu zögern" vermißt? Ein Beispiel dafür, daß es manchmal besser ist, auf sie zu verzichten; man beachte auch den Sinn "ohne zu zögern", der durch die Komma-Unterbrechungen nicht gerade unterstützt werden würde. Weglassen ist laut Ickler-Wörterbuch möglich (= gelegentlich vorkommend) bei kurzen Infinitivsätzen.
Ist es nicht so, daß man sich bei dem Versuch, § 36 anzuwenden, früher oder später im Kreis dreht? Wie man es auch anstellt, immer muß man irgendwelche Prämissen unterstellen, gelangt dann doch irgendwo zu Widersprüchen und je nach gewähltem Weg im Labyrinth zu der Folgerung, daß einmal an dieser, einmal an anderer Stelle die Regel und/oder das Wörterverzeichnis nicht in Ordnung ist; mal bei einer Regelformulierung, mal bei einem Beispiel, mal bei einer Anmerkung im Wörterverzeichnis. Ihre letzten Beiträge illustrieren das, wie ich meine.
Das fängt doch schon damit an, daß es heißt: A, B, C, D, E können mit B oder F Zusammensetzungen bilden. Man schreibt sie zusammen. Dann erfährt man auch, (1) bis (6), was das für Fälle sein sollen. Aber dann heißt es: In den Fällen, die nicht durch (1) bis (6) geregelt sind, schreibt man getrennt. Das wären also Kombinationen, die keine Zusammensetzungen sind. Aber woher will man wissen, was dafür überhaupt in Frage kommt? Dazu braucht man wiederum die Ausführungen im Anschluß, also unter E1 - obwohl die Anweisung "In den anderen Fällen getrennt" eigentlich genügen müßte und E1 damit überflüssig wäre. Andererseits kommen Sie nach einigem Überlegen sogar zu dem Schluß, daß E1 unvollständig sein soll ...
Oder die Beobachtung, daß unter (2) eine Reihe von Wörtern wie "kleinmütig" auftauchen, bei denen man eigentlich nicht davon ausgegangen wäre, daß es sich um Kombinationen von (in diesem Fall) Adjektiv + Adjektiv handelt. Kann ja auch nicht sein, denn wenn es den zweiten Bestandteil gar nicht selbständig als Wort gibt, kann er auch keiner Wortart angehören. Dennoch sollen das Beispiele für die Kombination "Bestandteil + Adjektiv/Partizip" sein. Ein glasklarer Widerspruch. Und wenn man nun diesen Widerspruch erkannt hat, soll man dann trotzdem gleich konstruierte Wörter wie "großherzig" ebenso zu diesem Paragraphen rechnen? Das müßte man, wenn man die Beispiele in (2) ernst nimmt. Daraus ergäbe sich Getrenntschreibung, weil (2) nicht zutrifft (es gibt sowohl "groß" als auch "herzig").
Nun widerspricht das aber dem elementaren Sprachgefühl: "groß herzig" getrennt, nur weil es beide Teile selbständig gibt? Also flüchtet man sich in die Frage, ob der ganze Paragraph vielleicht gar nicht dafür zuständig ist. (Natürlich habe ich mir das überlegt.) Und man meint, damit die richtige Zuflucht gefunden zu haben: Ist ja gar keine Kombination aus zwei Wörtern, also trifft der ganze Paragraph (Kombination aus zwei Wörtern) nicht zu. Ist ja auch keine Zusammensetzung, sondern das kommt von "großes Herz" und ist davon eine Ableitung.
Aber Moment, dann paßt ja wieder (1): steht für eine Wortgruppe - "großherzig" = "mit großem Herzen", oder wie? So gesehen, stünde aber auch "hochwertig" für eine Wortgruppe (= "von hohem Wert"), aber wir hatten doch festgestellt, daß die Regeln Getrenntschreibung erfordern?
Und so weiter. Lieber Herr Wagner, Sie kamen zuletzt zu dem Ergebnis, daß der Abschnitt E1 (Getrenntschreibung) unvollständig sei. Man könnte auch an anderer Stelle flickschustern und zum Beispiel (1) erweitern: zu "steht für eine Wortgruppe" noch etwas ergänzen wie "oder ist aus einer Wortgruppe oder Zusammensetzung abgeleitet"; dann hätte man "großherzig" eindeutig zusammengeschrieben - wobei man dann noch die Priorität gegenüber (2) festhalten müßte ...
Und dann haben wir ja noch die Widersprüche im Zusammenspiel mit dem Wörterverzeichnis, "höchstwahrscheinlich" usw.
Also, ich bitte, mich aus dieser Diskussion zurückziehen zu dürfen. Professor Ickler hat sich ja schon hinreichend durch das Paragraphendickicht durchgeschlagen ("Kritischer Kommentar zur Neuregelung"). Ich finde, es muß erlaubt sein - nach einigen vergeblichen Versuchen, § 36 und andere wortgetreu umzusetzen -, den Schluß zu ziehen, daß das alles sinnloser Murks ist.
eingetragen von J.-M. Wagner am 21.05.2002 um 11.08
*selbst_ständig -- gehört das auch dazu?
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Jan-Martin Wagner
eingetragen von J.-M. Wagner am 20.05.2002 um 15.00
ab_artig, frei_willig, groß_artig, schwach_sinnig, tief_sinnig, *toll_patschig, wider_sinnig
Nebenbei bemerkt: Ist Ihnen aufgefallen, daß alle bisher gesammelten Beispiele eine Eigenschaft gemeinsam haben? ab_artig, frei_willig, groß_artig, gut_willig, hoch_wertig, leicht_sinnig, schwach_sinnig, schwer_fällig, tief_sinnig, *toll_patschig, wider_sinnig und zu_fällig enden alle auf -ig.
Dabei sind ab_artig, leicht_sinnig, tief_sinnig, *toll_patschig, wider_sinnig und schwach_sinnig direkt von Abart, Leichtsinn, Tiefsinn, *Tollpatsch, Widersinn bzw. Schwachsinn abgeleitet.
Nochmal zu dem "in dieser Form" in § 36 (2): Die angegebenen Beispiele sind u. a. blauäugig, großspurig, kleinmütig, deren zweiter Bestandteil ja jeweils von Auge, Spur, Mut stammt bzw. daran erinnert -- äugig, spurig, mütig kommen jedoch als Formen jener Wörter nicht selbständig vor. Das hier angeführte kleinmütig ist nun von der gleichen Art wie die obigen Beispiele abartig, leichtsinnig etc. -- eine Ableitung von dem zugehörigen (zusammengesetzten) Substantiv. Und genau dies halte ich für den Anknüpfungspunkt zu § 36 (2): Es handelt sich bei den obigen Beispielen um Zusammensetzungen, deren beide Bestandteile jedoch in der vorliegenden Form selbständig vorkommen.
Was aber folgt daraus im Hinblick auf § 36 (2)? Es gibt zwei Möglichkeiten: a) Sie können nicht nach § 36 (2) zusammengeschrieben werden. b) Sie können nach § 36 (2) nicht zusammengeschrieben werden. Der Fall a) schließt eine Zusammenschreibung nicht generell aus, stellt aber fest, daß diese nicht mit § 36 (2) begründet werden kann. Der Fall b) schließt die Zusammenschreibung wegen des Nichtzutreffens von § 36 (2) aus. Auf das letztere Argument laufen die bisherigen Betrachtungen zu diesen Beispielen hinaus.
Mir scheint, daß das eigentliche Problem aber woanders liegt, denn der eigentliche Paragraphentext lautet ja: »§ 36: Substantive, Adjektive, Verbstämme, Adverbien oder Pronomen können mit Adjektiven oder Partizipien Zusammensetzungen bilden. Man schreibt sie zusammen.« Nach dieser Regel müssen alle obigen Wörter zusammengeschrieben werden, denn es handelt sich um Zusammensetzungen. Insofern widerrufe ich hiermit meine vorherige Aussage »gäbe es weitere Fälle, in denen zusammengeschrieben wird, wären sie dort aufgeführt.« Statt dessen halte ich den "Dies betrifft"-Teil von § 36 für unvollständig und damit die vorliegende Fassung des Paragraphen für fehlerhaft; dies zeigt sich ja eben daran, daß die hier diskutierten Fälle auch nicht von E1 erfaßt werden.
(Weitere Beispiele: höchst_wahrscheinlich, wohl_temperiert; zu ersterem siehe den "Kritischen Kommentar" von Th. Ickler, S. 90. -- Ist die hiesige Diskussion zu den [möglichen] Folgen von § 36 [2] evtl. eine sinnvolle Ergänzung Ihrer dortigen Ausführungen, Herr Ickler?)
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Jan-Martin Wagner
eingetragen von J.-M. Wagner am 17.05.2002 um 17.03
Lieber Herr Wrase -- werfen Sie die Flinte nicht zu früh ins Korn! Wir haben uns ja bisher nur darüber unterhalten, welche Konsequenzen die Anwendung von § 36 bei den betreffenden Beispielen hat. Aber: Ist § 36 hier wirklich zuständig? Sind nicht vielmehr gutwillig und schwerfällig nur "zufällig" (*zu fällig??) aus eigenständigen Wörtern zusammengesetzt, bilden aber völlig selbständige Begriffe (im abstrakten Sinn)? Warum sollten diese unter § 36 fallen? Ich bin mir da, ehrlich gesagt, nicht ganz sicher. Wenn ich mir aber § 36 (2) anschaue, dann sind die dort aufgeführten Beispiele allerdings inhaltlich von einer ähnlichen Art wie die hier diskutierten Fälle, so daß das doch der Fall sein könnte... Letztlich zeigt das nur, worauf Sie schon treffend hingewiesen haben -- die jetzigen Regeln haben ihre Grenzen, wenn man versucht, ihnen Vorrang einzuräumen und die Schreibweisen aller Wörter aus ihnen abzuleiten.
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Jan-Martin Wagner
eingetragen von wrase am 17.05.2002 um 00.01
Lieber Herr Wagner,
Ihre Darlegung ist einwandfrei. Eine makellose Regelanwendung, sie hat mich überzeugt. Somit sind wir uns also einig: laut Neuregelung "hoch wertig", aber auch "gut willig" usw.
Meine Ausführungen waren hingegen schwer fällig und leicht sinnig. Aber nun ist dies ja mit Ihrer Hilfe geklärt! Vielleicht fallen uns noch mehr solche Wörter ein, die man als Neuschreiber eigentlich zerlegen müßte.
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Wolfgang Wrase
eingetragen von J.-M. Wagner am 16.05.2002 um 19.12
Zitat:Da möchte ich Ihnen widersprechen -- auch wenn sie von einem deratigen Exerzitium nicht viel halten. Die eigentliche Regel ist § 36 (1) bis (6), E1 und E2 sind dagegen lediglich Erläuterungen. Was die Regel nicht hergibt, kann auch nicht aus den letzteren folgen -- sonst wäre es eine neue/andere Regel.
Ursprünglich eingetragen von wrase
Daraus folgt aber nicht im Umkehrschluß, daß zum Beispiel "schwerfällig" getrennt geschrieben werden müsse, nur weil § 36 (2) nicht zutrifft. Sondern es könnten ja andere Kriterien der Regel zutreffen, also muß man den Paragraphen danach absuchen.
Zitat:Wenn keines der unter § 36 (1) bis (6) genannten Kriterien zutrifft, gilt m. E. die Getrenntschreibung -- auch wenn keiner der Fälle E1 (1) bis (4) zutrifft; offensichtlich ist die Erläuterung unvollständig. Denn die Aussage »In den Fällen, die nicht durch § 36 (1) bis (6) geregelt sind, schreibt man getrennt« ist völlig klar und selbstverständlich -- gäbe es weitere Fälle, in denen zusammengeschrieben wird, wären sie dort aufgeführt.
Ich komme dabei zu dem Ergebnis, daß überhaupt keines der genannten Kriterien zutrifft, so daß man schließlich irgendwann bei E2 (Beliebigkeit) landet - und sich vor allem fragt, was das soll, dieses Regelexerzitium.
Außerdem landet man bei den hier betrachteten Beispielen m. E. keineswegs bei E2, weil es dort heißt: »Lässt sich in einzelnen Fällen der Gruppen aus Adjektiv, Adverb oder Pronomen + Adjektiv/Partizip zwischen § 36 und § 36 E1 keine klare Entscheidung für Getrennt- oder Zusammenschreibung treffen, so bleibt es dem Schreibenden überlassen, ob er sie als Wortgruppe oder als Zusammensetzung verstanden wissen will ...« E2 greift also nur, wenn man in einen Konflikt zwischen § 36 und § 36 E1 gerät, mithin also eine Auffassung möglich ist, daß nach einem der Kriterien § 36 (1) bis (6) die Zusammenschreibung in Frage kommt. Das ist aber hier offensichtlich nicht der Fall.
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Jan-Martin Wagner
eingetragen von wrase am 16.05.2002 um 16.36
Richtig, das und "gutmütig" stehen im Wörterverzeichnis mit Verweis auf § 36 (2). Stimmt ja auch, "mütig" gibt es nicht, und wenn man das will, kann man auf diese Weise begründen, daß "gutmütig" keine zwei Wörter sein können, sondern daß es sich um ein einziges Wort handeln muß, das folglich nicht getrennt geschrieben werden kann.
Daraus folgt aber nicht im Umkehrschluß, daß zum Beispiel "schwerfällig" getrennt geschrieben werden müsse, nur weil § 36 (2) nicht zutrifft. Sondern es könnten ja andere Kriterien der Regel zutreffen, also muß man den Paragraphen danach absuchen. Ich komme dabei zu dem Ergebnis, daß überhaupt keines der genannten Kriterien zutrifft, so daß man schließlich irgendwann bei E2 (Beliebigkeit) landet - und sich vor allem fragt, was das soll, dieses Regelexerzitium.
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Wolfgang Wrase
eingetragen von J.-M. Wagner am 16.05.2002 um 15.39
»schwer+mütig ... § 36(2)«: Darauf habe ich mich bezogen. gutwillig fehlt als eigener Eintrag im amtlichen Wörterverzeichnis, es existiert aber »gutmütig § 36(2[)]«.
(In der HTML-Version wird das Pluszeichen anstelle des unteren Halbkreises verwendet.)
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Jan-Martin Wagner
eingetragen von wrase am 16.05.2002 um 13.58
In diesen Fällen trifft eigentlich gar keine der Kategorien aus § 36 zu, weder unter (1) bis (6) noch unter E1 (1) bis (4). Entweder gibt man dem Hauptteil der Regel den Vorrang, dann würde Getrenntschreibung gelten, denn es heißt ja: In den anderen Fällen schreibt man getrennt. Oder man nimmt E1 ernst und stellt fest, daß bei E1 mit der Einleitung "Dies betrifft ..." ebenfalls keine Kategorie zutrifft. Dann müßte E2 gelten: Läßt sich keine eindeutige Entscheidung treffen, ist sowohl Getrenntschreibung als auch Zusammenschreibung möglich.
Man müßte nachsehen, ob das amtliche Wörterverzeichnis hierzu einen Regelverweis nennt.
Aber im Grunde zeigt sich doch wieder, daß das ganze Herumlaborieren mit diesen Regeln hochgradiger Schwachsinn ist. Früher gab es nicht den geringsten Zweifel, wie solche Wörter geschrieben werden, und jetzt kann man stundenlang Gehirnakrobatik betreiben und kommt trotzdem nicht zu einem abschließenden Ergebnis. Es ist pervers, sich mit diesen vollkommen nutzlosen Regeln abzumühen.
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Wolfgang Wrase
eingetragen von wrase am 16.05.2002 um 13.16
Mir schien beim Nachlesen meiner letzten Beiträge, daß ich Probleme mit verständlichem Deutsch habe. Deshalb hier ein neuer Versuch.
Aus den Regeln (hier § 36) geht meiner Meinung nach eindeutig hervor, daß "hochwertig" im Sinne der Reform getrennt geschrieben werden müßte. Und zwar, weil der erste Bestandteil steigerbar ist: "hoch wertig", "höher wertig". Dagegen könnte höchstens § 36 (2) sprechen, nach dem zusammengeschrieben werden muß, wenn "der erste oder der zweite Bestandteil in dieser Form nicht selbstständig vorkommt". Ich meine: Sowohl "hoch" als auch "wertig" kommt "in dieser Form" selbständig vor. Daher greift diese Bestimmung nicht, und es gilt Getrenntschreibung.
Genau dasselbe trifft auf "höchstwahrscheinlich" zu (wobei hier der erste Bestandteil schon gesteigert ist). Sowohl "höchst" als auch "wahrscheinlich" existieren "in dieser Form" selbständig. Daher müßte nach § 36 grundsätzlich getrennt geschrieben werden, und entsprechend müßte der Eintrag im amtlichen Wörterverzeichnis aussehen. Dort steht aber merkwürdigerweise "höchstwahrscheinlich" zusammengeschrieben. Und noch merkwürdiger: Es ist dort ein Verweis auf § 36 (2) als Begründung angegeben. Das würde heißen: Entweder "höchst" oder "wahrscheinlich" existiert nicht "in dieser Form", deshalb Zusammenschreibung.
Meiner Meinung nach ist das ein klarer Widerspruch zwischen Regeln und Wörterbucheintrag. Man muß sich entscheiden, was gelten soll: die Regel oder der Eintrag "höchstwahrscheinlich", der der Regel widerspricht.
Für den Eintrag bzw. für das Wörterverzeichnis spricht, daß es offensichtlich wünschenswert ist, die Zusammenschreibung zuzulassen bzw. vorzusehen. Dann aber müßte die Regel umformuliert werden, so daß sie zu diesem Eintrag paßt.
Einen Hinweis, wie das möglich wäre (zur Lösung dieses speziellen Problems, wenn auch nicht zur Rettung des gesamten reformierten GZS geeignet), gibt der dritte Bericht der Reformer. Dort wird auffälligerweise bei der Inhaltsangabe von § 36 (2) auf Seite 64 die Formulierung "in dieser Form" vermieden. Statt dessen heißt es: "... Bestandteil so selbstständig nicht vorkommt", also "so" statt "in dieser Form", obwohl sich das deutlich schlechter liest ("so selbstständig"). Aha: "so" kann in der Tat etwas anderes bedeuten als nur die Form, zum Beispiel auch die Betonungsverhältnisse, vielleicht sogar die Bedeutung. Damit wäre das Problem jedenfalls punktuell vermieden.
Für die Regel - und damit für "höchst wahrscheinlich" sowie "hoch wertig" - spricht allerdings, daß das ganze Prinzip der Reform ja darin besteht, daß die neuen Regeln gelten sollen und daß aus diesen die Schreibungen herzuleiten seien. Und nicht umgekehrt.
Dazu kommt, daß die Reformer jüngst in ihrem dritten Bericht gerade erklärt haben, das Wörterverzeichnis habe gar keinen normsetzenden, sondern nur einen veranschaulichenden ("exemplarischen") Charakter.
Wegen dieser doppelten Priorität der Regeln vor den Schreibweisen im Sinne der Rechtschreibreform habe ich gesagt, der "Spiegel" schreibe "regelkonform", wenn er uns "höher wertig" vorsetzt; hingegen irre der Duden mit seinem Eintrag "hochwertig".
Selbstverständlich wäre das umgekehrte Prinzip besser, aus den gebräuchlichen, weil gewollten, offenbar als richtig oder günstig empfundenen realen Schreibungen die Regeln herzuleiten. Dann gäbe es viel weniger Probleme, und die ganze Reform wäre überflüssig, bis auf die Entmachtung des Duden mit seinen eigenwilligen Einzelfestlegungen und einigen Irrungen bei der Regelformulierung.
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Wolfgang Wrase
eingetragen von J.-M. Wagner am 16.05.2002 um 13.15
Warum sollte nach § 36 (2) schwerfällig zusammengeschrieben werden? Sowohl schwer als auch fällig existieren als eigenständige Wörter (genauso bei gut_willig) -- bloß, daß das nicht das Kriterium ist, sondern das selbständige (!) Vorkommen in dieser Form. Ob das doch etwas mit der Bedeutung zu tun hat???
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Jan-Martin Wagner
eingetragen von wrase am 15.05.2002 um 12.45
Es schien mir zwischendurch, als hätte ich das Beispiel "hoch wertig" mit Getrenntschreibung nach § 36 - Steigerbarkeit des ersten Bestandteils - etwas überstrapaziert, zumal das amtliche Wörterverzeichnis den hier kritischen § 36 (2) - existieren beide Glieder "in dieser Form" als selbständige Wörter? - sogar bei seinem Eintrag "höchstwahrscheinlich" ausdrücklich anführt. Das heißt nämlich, unter diesem Stichwort (zusammengeschrieben) wird behauptet, es greife § 36 (2), ein Bestandteil - offenbar "höchst" - komme "in dieser Form" nicht als selbständiges Wort vor.
Wonach soll man sich nun richten? Worin besteht der Unterschied "in der Form" zwischen "höchst" und "höchst"? Mir will er beim besten Willen nicht auffallen. Ich sehe einfach keinen Unterschied in der Form. Was könnte - so muß man fragen, wenn man dem Eintrag "höchstwahrscheinlich" folgt, wenn man also davon ausgeht, daß doch ein Unterschied "in der Form" vorliegt -, was könnte denn mit "Form" gemeint sein? Zwischen "höchst" (Bestandteil von höchstwahrscheinlich) und "höchst" (selbständiges Adverb) gibt es natürlich Unterschiede bei der Betonung (im Normalfall) und bei der grammatischen bzw. syntaktischen Funktion, aber wieso sollte ein Unterschied "in der Form" vorliegen??
Die eine Möglichkeit ist, daß man sagt: Es konnte ja nie und nimmer aufgrund irgendwelcher Regeln von den Reformern gewollt gewesen sein, daß "höchstwahrscheinlich" nun genauso geschrieben wird wie schon immer die Wortkombination "höchst wahrscheinlich" = "äußerst wahrscheinlich". Denn sonst wäre ja gar keine Unterscheidung möglich, so dumm können doch die Reformer nicht sein, daß sie das wollen. Außerdem besagt ja eben der Eintrag im Wörterverzeichnis ausdrücklich, daß zusammengeschrieben werden soll, sogar mit Verweis auf den Paragraphen, der Getrenntschreibung zu fordern scheint. Offenbar gibt es einen Unterschied "in der Form" im Sinne der Reformer, und wir müssen herausfinden, was sie mit "Form" meinen.
Das ist treuherzig gedacht, ausgehend von dem selbstverständlichen Bedürfnis, elementare grammatische Unterschiede in der Schrift abbilden zu können. Jedoch muß es nachdenklich machen, daß die Reformer auch anderswo keine Rücksicht darauf nehmen, daß Unterscheidungen aufgrund der Regelbefolgung verlorengehen: Handvoll wird zu Hand voll usw.
Schließlich landet man bei der Erkenntnis, daß es den Reformern ja gerade darum ging, nicht mehr aus den vielgestaltigen, differenzierten Schreibungen Regeln herzuleiten, sondern (angeblich) einfachere Regeln aufzustellen, aus denen die Schreibungen abgeleitet werden sollen. Haben sie nicht immer wieder ihre Getrennt- und Zusammenschreibung als Meisterwerk gerühmt, das mit den Ausnahmen auf der Seite der Schreibungen aufräume und zu mehr Systematik führe?
Demnach ist dem Regelwerk im Sinne der Reformer der Vorzug zu geben. Als Klaus Heller dann das Wörterverzeichnis zusammenschusterte und beim Eintrag "höchstwahrscheinlich" ankam, dachte er sich eben, das muß natürlich nach wie vor anders geschrieben werden als "höchst wahrscheinlich" (= äußerst wahrscheinlich), trug es so ein und stellte den kritischen Paragraphen daneben, nach dem Motto: Es kommt nur dieser § 36 (2) in Frage, um die Zusammenschreibung zu rechtfertigen, also schreibe ich ihn hin. Daß in Wirklichkeit dieser Paragraph gerade zur Getrenntschreibung führen würde - weil es keinen Unterschied "in der Form" gibt, was soll's? Da muß man fünfe gerade sein lassen und interpretieren: Es gibt da Unterschiede, das merkt ja jeder, und diese werden in dem Paragraphen eben als Unterschied "in der Form" bezeichnet. Es existiert zwar ein selbständiges "höchst", aber laut Paragraph gibt es einen Unterschied "in der Form". Damit der Paragraph recht behält, muß man eben den Begriff "Form" etwas weiter fassen als üblich.
Die andere Möglichkeit der Deutung ist realistischer: Nicht der Eintrag "höchstwahrscheinlich" zählt, sondern dieser wurde mit Gewalt in Zusammenhang mit einer Regel gebracht, die das Gegenteil der gewählten Schreibweise fordert. Was im Sinne der Reformer gerade zählen müßte, ist die Regel. Nach dieser gibt es einen klaren Widerspruch zum Eintrag "höchstwahrscheinlich" im Wörterverzeichnis.
Ich habe diese Perspektive bei meinen Betrachtungen zu "hoch wertig" gewählt: Natürlich kann das nicht gewollt sein, aber die Reformer machen doch nichts anderes, als die Schreibweisen ohne Rücksicht auf Verluste aus ihren Regeln herzuleiten. Das tun auch die Wörterbücher, und ich habe es am Beispiel von "hoch wertig" getan.
Wenn die Reformer nämlich das umgekehrte Prinzip anwenden würden - also beispielsweise: Wir wollen "höchstwahrscheinlich" als Zusammensetzung registrieren und müssen die Regeln dementsprechend formulieren -, wenn die Reformer also wieder von den Schreibweisen zu den Regeln kommen wollten, dann wäre nicht nur die Reform gänzlich überflüssig, sondern dann hätten wir tatsächlich im Handumdrehen die sogenannte alte Rechtschreibung wieder.
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Wolfgang Wrase
eingetragen von Michael Krutzke am 15.05.2002 um 11.32
Unter http://www.dpa.de/info/rechtschr/ausnahme.pdf sind die Ausnahmen aufgeführt.
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Michael Krutzke
eingetragen von J.-M. Wagner am 15.05.2002 um 10.04
Kann man diese Liste im Netz nachlesen, und wenn ja, wo?
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Jan-Martin Wagner
eingetragen von Christian Melsa am 15.05.2002 um 08.44
In den Dokumenten zur dpa-Orthographie steht übrigens hochwertig zusammengeschrieben in der Wörterliste.
eingetragen von wrase am 14.05.2002 um 06.52
Daß die Reformer schon bei einfachen Änderungsfällen vor dem Scheitern stehen, geht unter anderem aus einer hübschen Formulierung auf Seite 65 ihres dritten Berichts hervor.
Dort heißt es, daß es sowohl "Gewinn bringend" als auch "gewinnbringend" geben müsse, und diese Alternative widerspreche dem Normalfall der Rechtschreibung, daß von verschiedenen theoretisch denkbaren Schreibungen nur eine als Norm gelten solle. Daher sei hier eine Art Meta-Toleranzregel anzusetzen (die nichts weiter besagt, als daß gelegentlich zwei Schreibungen möglich sind). Das ist überaus einfach.
Die Reformer fahren jedoch fort: "Dieser komplizierte Sachverhalt muss im amtlichen Regelwerk so nicht explizit aufgezeigt werden, er sollte aber wenigstens indirekt in einer passenden Erläuterung ein Äquivalent haben."
An anderen Stellen formulieren die Reformer tapfer ihre Regeln vorschlagshalber um - aber hier bleibt uns verborgen, wie diese passende Erläuterung aussehen soll; entschuldigend ist von einem komplizierten Sachverhalt die Rede.
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Wolfgang Wrase
eingetragen von wrase am 14.05.2002 um 06.30
"Zusätzlich muß man dabei auch beachten, daß die Kommission inzwischen die gesamthafte Steigerung als Kriterium für Zusammenschreibung anerkennt, also hochwertig wegen hochwertiger, am hochwertigsten. Aus dem amtlichen Regelwerk läßt sich das allerdings nicht direkt ableiten."
Genauer gesagt, erkennt die Reformkommission in ihrem Bericht nur an, daß man zum Beispiel "(noch) gewinnbringender" zusammenschreiben müsse, und zwar weil der zweite Bestandteil ("bringender") "so selbstständig nicht vorkommt" (Seite 64 des Berichts). Es wird also gerade mit Hilfe von § 36 (2) - kein Vorkommen eines Bestandteils "in dieser Form" - argumentiert. Denn die Kommission versucht natürlich, die neue Erkenntnis möglichst noch irgendwie auf der Grundlage ihres Regelwerks herzuleiten, um die Notwendigkeit des Umsturzes der ganzen Regelformulierungen zu verleugnen.
Nun ist es aber im Fall von "hochwertiger" oder "höherwertiger" so, daß es im Gegensatz zum Fall "gewinnbringend" sehr wohl den Bestandteil "wertiger" in genau dieser Form selbständig gibt. Das heißt, für "hoch wertiger" läßt sich die Notwendigkeit der Zusammenschreibung gerade nicht herleiten! Die Reformer haben keineswegs die Komparierbarkeit eines Gesamtgefüges als solche schon anerkannt, sondern verweisen hier auf ihren famosen Paragraphen 36 (2), der bei Fällen wie "hoch wertig" leider nicht greift.
Außerdem folgern die Reformer "aus diesem Sachverhalt", nämlich für den Fall, daß es einen gesteigerten Bestandteil selbständig so nicht gibt, daß der Positiv sowohl zusammen als auch getrennt geschrieben werden könne: Gewinn bringend oder gewinnbringend. Das ergäbe, selbst wenn die Reformer bei Steigerung grundsätzlich Zusammenschreibung ansetzen würden, für den Positiv immer noch: hochwertig oder hoch wertig; also nicht nur die Zusammenschreibung.
Was Herr Dörner formuliert, entspricht sicherlich der Intention der Reformer, die händeringend versuchen, sinnvolle Schreibweisen auf der Grundlage ihrer Regeln wiederherzustellen. Aber eben das können sie nicht. Dazu müßten sie die Regeln selbst tiefgreifend ändern, sie müßten völlig neu formulieren. Es genügt meiner Meinung nach nicht, zu sagen, die Reformer wollen diese oder jene Schreibung wieder anerkennen. Sondern sie müßten erst vorführen, mit Hilfe welcher neu formulierter Regeln das möglich sein soll. Beispielsweise könnten die Regeln nur dann halbwegs unangetastet bleiben, wenn man für Fälle wie "hochwertig" eine explizite eindeutige Regelung trifft. Das entspräche dem Vorgehen, im amtlichen Wörterverzeichnis den Fall explizit aufzuführen und darauf zu verweisen.
Das würde aber wiederum eine Aufwertung des Wörterverzeichnisses im Sinne eines überlegenen Bestandteils der Neuregelung bedeuten: Was die Regeln nicht erfassen oder richtig erzeugen, geht aus dem Wörterverzeichnis klärend hervor. Nun haben sich die Reformer gerade entschlossen, den normsetzenden Charakter des Wörterverzeichnisses zu verleugnen: Dieses habe keinen normsetzenden, sondern nur einen illustrierenden Charakter. Also wäre eine solche Rettung von "hochwertig" gegen den Wortlaut des Paragraphenwerks wiederum mit einer Volte um 180 Grad verbunden.
Wie man es auch dreht und wendet, die Getrenntschreibung funktioniert einfach nicht mit diesen Regeln, sie müssen früher oder später radikal umformuliert werden - oder zum Beispiel völlig entwertet werden, durch eine allumfassende Meta-Toleranzregel der Art: "Im Zweifelsfall kann man so schreiben, wie es dem eigenen Gefühl entspricht."
Die Feststellung von Herrn Dörner, die Reformer würden Fälle wie "hochwertig" aufgrund der gesamthaften Steigerbarkeit inzwischen anerkennen (wollen), blendet daher zumindest die Notwendigkeit massiver Eingriffe in die Regeldarstellung aus, worauf ja auch am Ende des Zitats hingedeutet wird. Die Zusammenschreibung von "hochwertig" geht aber weder aus dem Regelwerk hervor, noch ließe sie sich mit Hilfe der Vorschläge im dritten Bericht herstellen. Allein die Intention der Reformer dürfte es sein, sinnvolle Schreibweisen in ihren Regeln unterzubringen. Das ist noch nicht geschehen und auch nicht in Sicht.
– geändert durch wrase am 16.05.2002, 05.41 –
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Wolfgang Wrase
eingetragen von Christian Dörner am 13.05.2002 um 22.21
Zusätzlich muß man dabei auch beachten, daß die Kommission inzwischen die gesamthafte Steigerung als Kriterium für Zusammenschreibung anerkennt, also hochwertig wegen hochwertiger, am hochwertigsten. Aus dem amtlichen Regelwerk läßt sich das allerdings nicht direkt ableiten.
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Christian Dörner
eingetragen von Martin Reimers am 13.05.2002 um 21.09
Wenn auf diesen Seiten zuweilen die Ansicht vertreten wird, daß die sinnwidrige Trennung von "wiedersehen" korrigiert worden sei, so gilt dies tatsächlich erst seit einigen Tagen. Im Zuge der ersten Revision (Duden 22) wurden Zusammen- und Getrenntschreibung vermeintlich synonym behandelt. Die Getrenntschreibung war schließlich rot markiert, man wollte also nicht gänzlich auf die Änderung verzichten, hat sie aber nicht mehr zwingend vorgeschrieben.
Erst der neue Bertelsmann/Wahrig, sieht bei "wiedersehen" keine Änderungen mehr vor, mehr noch, er bemüht jenes "unzuverlässige" Kriterium der Wortbetonung, das man doch eigentlich zusammen mit der ebenfalls suspekten Wortbedeutung "so weit wie möglich" vor die Tür setzen wollte. Nun melden sich die beiden zwielichtigen Gestalten wieder und dringen durch alle Fugen und Ritzen des morschen Gebäudes.
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Martin Reimers
eingetragen von Martin Reimers am 13.05.2002 um 20.33
Herr Wrase har recht. Das selbständige Vorkommen ist hier das Kriterium für die Zusammenschreibung, nicht das Vorkommen in der Allgemeinsprache. Aber ich möchte mich nicht mit dem Duden - oder mit der ZK - darüber streiten, ob es das Wort "wertig" gibt.
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Martin Reimers
eingetragen von Jörg Metes am 13.05.2002 um 14.08
Ich schlage vor, die auf dem Nachrichtenbrett begonnene Diskussion um "wertig" hier fortzusetzen.
'Google' findet eine ganze Reihe von Beispielen, in denen "wertig" allein verwendet wird. Etwa in der Spielanleitung für eine Patience (namens 'Canfield'):
"Ähnlich wie bei Klondike ist das Ziel von Canfield, alle Karten eines Kartenspiels in wertig absteigend sortierte, farblich abwechselnde Zwischenstapel abzulegen, um sie später von dort wertig aufsteigend sortiert auf den Zielablagestapel der entsprechenden Farbe zu bewegen."
'Google' findet auch so einige Texte, in denen "wertig" verwendet wird im Sinne von 'wertvoll' oder 'gediegen':
"... das optisch positiv und sehr wertig wirkende Design dieser Micro-Stereoanlage..."
Es wäre demnach doch die Schreibung höher wertig die reformkonforme.
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Jörg Metes
eingetragen von J.-M. Wagner am 12.05.2002 um 17.26
Zitat:Ein weiterer Beitrag zur "Historie" von so_genannt stammt von Prof. Kürschner, der -- neben anderen interessanten Analysen, welche er in dieser Ausarbeitung vorstellt -- die 1995er Entwurfsfassung der Reform mit der 1996er Endfassung verglichen und dabei festgestellt hat, daß es 1995 durchaus noch das Wort sogenannt gab (!); er kommt zu dem Schluß, daß es eventuell aus Unachtsamkeit gestrichen worden ist.
Ursprünglich eingetragen von Theodor Ickler
Hinweis: "Über lexikalischen Schrott". Von Horst Haider Munske. In: Sprache im Leben der Zeit. Fs. f. Helmut Henne. Tübingen 2001, S. 291- 304.
In diesem Aufsatz behandelt Munske auch das Wort sogenannt, seine lange Geschichte, die Parallelbildungen in anderen Sprachen usw. Die Getrenntschreibung wird als gewaltsamer Eingriff gebrandmarkt.
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Jan-Martin Wagner
eingetragen von Theodor Ickler am 10.05.2002 um 02.09
Nein, Herr Melsa, ich hatte es so gemeint: Die Reformer glauben, daß etwas "besser überlegt" sein könne und daß dies die Steigerung von "wohl überlegt" sei; aber "besser verdient" gehe nicht (in diesem Sinne jedenfalls). Mit dem eigentlich richtigen Komparativ "wohler" geht es in beiden Fällen nicht, daher meine Erinnerung an die Komparativtheorie der Reformer. Daß die ganze Überlegung abwegig ist, steht für uns doch sowieso fest.
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Th. Ickler
eingetragen von Martin Reimers am 09.05.2002 um 20.39
Nicht, daß ich das Regelwerk gegen die Lesart des Dudens verteidigen möchte, aber mir scheint, die Redaktion (oder die ZK mit ihrer Wörterliste?) hätte sich das ganze Theater um "wohl-Schreibungen" sparen können, wenn sie § 36-5 beachtet hätte. Dort wird Zusammenschreibung verlangt, wenn das vorangestellte Adjektiv eine "bedeutungssteigernde" Funktion erfüllt.
Freilich ist dies eine Vokabel aus der Schmalspurlinguistik, die allenfalls in einfach gestrickten semantischen Zusammenhängen etwas taugt. Es ist auch ganz lustig, daß die ZK, deren Argumentation sonst militant asemantisch daherkommt (woraus sich ja ein Großteil des produzierten Unsinns zwangsläufig ergibt), ein solches Kriterium doch wieder so hoch ansetzt.
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Martin Reimers
eingetragen von Christian Melsa am 09.05.2002 um 16.08
Versteh ich nicht. Bei den angegebenen Beispielen ist es mit der Steigerbarkeit von wohl doch in allen Fällen gleich bestellt. Wieso soll wohler überlegt gehen, wohler verdient hingegen nicht?
eingetragen von Theodor Ickler am 09.05.2002 um 14.49
Wenn jemand die "Konsequenz" der Reformschreibung rühmt, sollte man S. 1081 des Duden aufschlagen. Da steht alphabetisch untereinander:
wohl überlegt
wohlverdient
wohl versorgt
wohlverstanden
wohl verwahrt
und manches andere. Mir ist schon klar, was sich die Reformer dabei gedacht haben: In einigen dieser Fälle könnte man steigern: wohl überlegt, besser überlegt - denn sie glauben ja seltsamerweise, daß besser der Komparativ zu wohl ist (statt, wie es richtig wäre, wohler, vgl. sich wohler fühlen). Aber davon abgesehen: was für ein unerhörtes Lernpensum! Es kommen ja noch die in einigen Fällen angegebenen fakultativen Schreibungen hinzu: wohltemperiert, auch wohl temperiert usw.
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Th. Ickler
eingetragen von Theo Grunden am 08.05.2002 um 11.53
Eine orthographisch triviale (und weiterhin gültige) oder eine inhaltlich unliebsame (und zu Veränderungen animierende) Erkenntnis vermittelt der folgende Satz, je nach Rechtschreibauffassung des Lesers:
Im Bildungssystem werden Konkurrenz und Auslese groß, integrieren und fördern klein geschrieben.
Gelesen in der GEW-Zeitschrift „Erziehung und Wissenschaft“ 5/2002, Seite 5.
eingetragen von Martin Reimers am 01.05.2002 um 20.39
Wir wissen ja alle, daß viele amtliche Getrenntschreibungen, abgesehen von allen anderen Nachteilen, zu grammatischen Fehlern führern. Andererseits hören wir immer wieder, daß sie im 19. Jahrhundert durchaus vorgekommen sind.
Könnte es sein, daß die Getrenntschreibung zum Beispiel von "Schwindel erregend" solange gutging, solange sich der komparativische und der prädikative Gebrauch noch nicht einbürgert hatten? Oder daß umgekehrt die Zusammenschreibung als eine Folge dieser morphologischen und syntaktischen (vielleicht auch phonetischen) Neuentwicklungen betrachtet werden kann?
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Martin Reimers
eingetragen von J.-M. Wagner am 30.04.2002 um 12.17
Zitat:Vielleicht kann man diesen Fall der "natürlichen Kompetenz" kleiner Kinder anvertrauen. Herr Ickler schrieb als Kommentar auf meine "ungläubige" Anmerkung zu einem Artikel in der Nachrichtensammlung:
Ursprünglich eingetragen von Dominik Schumacher
Weder mit meinem inneren, noch mit meinem äußeren Ohr, hö(h)re ich die Trennstelle deutlich bei ?tie f s ten?. Und bei schnell gesprochenem Tiefststand natürlich auch nicht.Zitat:Wie gut können Kinder Silbentrennungen wahrnehmen? Wird nicht davon gesprochen, daß sie das relativ gut beherrschen?
Alle Kinder fangen mit phonetischen Schreibversuchen an, sobald sie mitgekriegt haben, daß es eine Buchstabenschrift gibt, die ja grundsätzlich durchaus phonetisch orientiert ist und von unseren Altvorderen auch so gehandhabt wurde. Ich habe von meinen drei Töchtern Beispieltexte aufgehoben, die sie mit 3 bis 4 Jahren geschrieben haben; alles rein phonetisch und eine erstaunliche Feinhörigkeit! Sogar den harten Vokaleinsatz haben sie zu schreiben versucht, den wir meist gar nicht mehr wahrnehmen.
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Jan-Martin Wagner
eingetragen von Dominik Schumacher am 30.04.2002 um 11.47
Bausortiment Holz und Ausbaubedarf B+H Nr. 4, April 2002, 26. Jahrgang, Hauptüberschrift Seite 1:
Baugenehmigungen auf dem Tiefst-Stand
Deutschlands Neubautätigkeit in Westeuropa auf dem viertletzten Platz
(Im Text heißt es dann, ... Baugenehmigungen sind 2001 auf den tiefs-
ten Stand seit der Wiedervereinigung gesunken)
Ich schreib das hier mal auf mit meiner persönlichen Meinung, die st-Nichttrennung (ich höre noch die herzzerreißenden Schreie aus der Zeit, wo den beiden die von Mitschülern wenige Male zugefügte Trennung noch wehtat) ist leichter lesbar und folgerichtiger. Weder mit meinem inneren, noch mit meinem äußeren Ohr, hö(h)re ich die Trennstelle deutlich bei „tie f s ten“. Und bei schnell gesprochenem Tiefststand natürlich auch nicht.
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Dominik Schumacher
übrigens heiße ich wirklich Norbert Lindenthal
eingetragen von Christian Melsa am 17.04.2002 um 21.41
Auch wieder witzig: ans Schule schwänzen. Es geht ja um das Schwänzen, also müßte man schon entweder ans Schuleschwänzen oder ans Schule Schwänzen schreiben. Einer dieser vielen Fehler, die seit der Reform erheblich öfter vorkommen.
eingetragen von Norbert Lindenthal am 17.04.2002 um 20.57
Rheinzeitung vom 18.4.2002, Seite 8 (1. Buch Rückseite)
Titelblatt ganz oben: „Immer mehr Schulschwänzer: Was Eltern dagegen tun können“
Irgendwann hatte auch ich gelernt, daß Schuleschwänzen mit ä geschrieben wird. Aber was das mit Schwanz zu tun haben soll, habe ich bis heute nicht verstanden. Hier im Koblenzer Platt spricht man, wenn man Möbel oder irgend etwas, was einen schwitzen läßt, in den vierten Stock schleppen muß, von schwanzen, hochschwanzen.
Nennen die Reformer das „Schule schwänzen“ nun richtig oder falsch? Meine Schwester fragte vor zwei Jahren oberlehrerhaft zurück, wie ich meine Frage nach dem „Schreiben lernen“ meinte. Ich hatte nach Statistiken übers Schreibenlernen gefragt. Da hatte ich dann keine Lust mehr, noch irgendwie zu antworten.
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Norbert Lindenthal
eingetragen von Theodor Ickler am 13.04.2002 um 07.04
Da ich in der ZEIT gerade auf die Zivildienstleistenden stoße, möchte ich noch einmal die Frage aufwerfen, aus welcher Regel der neue Duden überhaupt die Zusammenschreibung ableiten kann, wenigstens noch als Nebenvariante (Bertelsmann nur so, Duden 1996 ebenfalls). Hauptschreibweise soll der Zivildienst Leistende sein, und nur dies folgt aus § 36.
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Th. Ickler
eingetragen von Matthias Dräger am 27.02.2002 um 11.51
Wieviel und welche Landschaft braucht die Stadt?
Schöne neue Journalistenwelt
(von Robert Kaltenbrunner, erschienen in der Frankfurter Rundschau, 28. 2. 2002):
...
Allerdings hilft diese schwarz-weiß Malerei nicht weiter.
...
Die Stadt von Morgen wird allenfalls in einer Konzentration von kompakten Siedlungskörpern bestehen mit ein- und ausgelagerten Landschaftsräumen, die spezifisch städtische Funktionen erfüllen.
...
Eine konzeptionelle, intergrierte Stadtplanung berücksichtigt die Notwendigkeit, dass die Disziplinen Architektur, Städtebau und Landschaftsplanung ineins gesetzt werden (ohne dass die jeweilige fachliche Identität darüber verloren ginge).
...
aus der Nachrichtenseite hier eingestellt von md.
eingetragen von Theodor Ickler am 25.02.2002 um 04.25
Wobei wieder zu unterscheiden wäre zwischen der rein orthographischen "Univerbierung" und der eigentlichen, die Wortbildung betreffenden.
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Th. Ickler
eingetragen von Reinhard Markner am 25.02.2002 um 04.09
Um zum Thema zurückzukommen : Die Variante mit den zwei d hätte sich nicht durchgesetzt, wenn die Zusammenschreibung nicht längst geläufig gewesen wäre. Würde sich lohnen, die Univerbierungsprozesse in anderen Sprachen auch an weiteren Beispielen zu untersuchen. Gehen die Auseinanderschreibungen im Niederländischen (terug te keren u. ä.) auf staatliche Sprachplanung zurück ?
eingetragen von Theodor Ickler am 25.02.2002 um 02.23
Eine Liste solcher Fälle in dem interessanten Buch von Lepschy/Lepschy: Die italienische Sprache (UTB 1371), das ich gestern zufällig gerade bis S. 104 gelesen hatte, wo diese Liste gegeben wird.
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Th. Ickler
eingetragen von Reinhard Markner am 24.02.2002 um 20.42
Im Italienischen stehen häufig Doppelkonsonanten, die keine Entsprechung im Lateinischen und in den anderen romanischen Sprachen haben (s. o.). Aus così detto ist im 19. Jahrhundert das Kompositum cosidetto entstanden, die Schreibung mit den zwei d ist noch jünger.
eingetragen von Elke Philburn am 24.02.2002 um 19.08
Was meinst Du, wo die Schreibung mit 2 d herrührt?
eingetragen von Reinhard Markner am 24.02.2002 um 15.46
Weil es die vormals nach Latein und Französisch unter Gebildeten am weitesten verbreitete Sprache war. Das von Munske zitierten Wörterbuch gibt aber nur Belege aus dem 19. Jahrhundert, während das Dizionario della Crusca nur das Lemma «così» kennt. Die Variante mit den zwei d ist übrigens heute die weitaus überwiegend gebrauchte.
eingetragen von Elke Philburn am 24.02.2002 um 02.23
Warum sollte es sich ausgerechnet vom Italienischen herleiten?
eingetragen von Reinhard Markner am 23.02.2002 um 23.35
Ich will nichts ausschließen, aber die tatsächlich vorhandene große Ähnlichkeit der anderen Bildungen läßt mich zweifeln. Vielleicht lassen sich ja die früheren Belege für den distanzierenden Gebrauch schlichtweg darauf zurückführen, daß die Geschichte der französischen Sprache ein klein wenig genauer durchleuchtet ist als die der italienischen.
eingetragen von Elke Philburn am 23.02.2002 um 20.49
dann hat Munske anscheinend versucht, uns hier etwas als gleichgestaltig unterzujubeln, wenn es streng gesehen nur ähnlichgestaltig ist. Was einem Eagle-Eye wie Reinhard Markner natürlich nicht entgeht.
Daß es das einzige ist, das morphologisch anders gebildet ist, schließt es aber als Erbwort für all die anderen nicht aus, hmm?
eingetragen von Reinhard Markner am 23.02.2002 um 19.58
»Sogenannt hat in den europäischen Sprachen auffällig gleichgestaltige und gleichbedeutende Parallelen: z. B. engl. so-called, frz. soi-disant, ital. cosid[e]tto, schwed. så kallad, dän. så-kaldt, ndl. zogenaamd.« Von diesen Wörtern ist nur eines nicht gleichgestaltig und gleichbedeutend zugleich.
eingetragen von Elke Philburn am 23.02.2002 um 19.51
Zitat:
Mir scheint es aber fragwürdig, soi-disant überhaupt zu sogenannt, so-called, cosidetto usw. zu gesellen, ist dieses Wort doch offensichtlich ganz anders gebildet – die Übersetzung lautet sich nennend.
Munske spricht ja von einer Lehnbedeutung aus dem Französischen, die hier möglicherweise vorliegt. Mit anderen Worten die Übertragung der Bedeutung eines fremdsprachlichen Ausdrucks auf einen bereits existierenden in der Muttersprache, wobei der muttersprachliche Ausdruck eine Bedeutungserweiterung - in diesem Fall eine distanzierende - erhält.
Ansonsten stimme ich mit Th. I. überein.
eingetragen von Theodor Ickler am 23.02.2002 um 18.54
Ich habe das Beispiel so verstanden, daß es zeigt, wie hier auch im Französischen ein lexikalischer Bedarf zu einer eigenen Wortbildung anregt, freilich mit anderen Mitteln.
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Th. Ickler
eingetragen von Reinhard Markner am 23.02.2002 um 17.02
Unter den von Herrn Munske konstruierten Beispielen der Verwendung von »so genannt« im Deutschen vermisse ich solche folgender Art :
Die sogenannte Rechtschreibreform
Die mit Bedacht so genannte Rechtschreibreform
Die Herleitung aus dem Mittellateinischen hat Munske überzeugend destruiert. Für die Vermutung einer Entlehnung aus dem Französischen sprechen seiner Ansicht nach die frühen Belege für eine distanzierende Verwendung von soi-disant. Mir scheint es aber fragwürdig, soi-disant überhaupt zu sogenannt, so-called, cosidetto usw. zu gesellen, ist dieses Wort doch offensichtlich ganz anders gebildet – die Übersetzung lautet sich nennend. Eine Entsprechung im Französischen müßte vielmehr *ainsi-dit(e) lauten, und tatsächlich läßt sich dit(e) ja auch im Sinne von sogenannt gebrauchen.
Wenn das Lateinische als Quelle ausscheidet, wird man also wohl eher an das Italienische cosidetto denken müssen, das übrigens ohne Akut zu schreiben ist (italienische Wörterbücher bezeichnen mit einem Akut die betonte Silbe).
eingetragen von Theodor Ickler am 23.02.2002 um 14.12
Hier ist nun der ganze letzte Teil von H. H. Munskes Aufsatz "Lexikalischer Schrott" aus der Festschrift für Helmut Henne (ohne Auszeichnungen und ohne Literarturverzeichnis):
Seit die deutschen Zeitungen weitgehend dazu übergegangen sind, der obrigkeitlich verordneten Schulorthographie zu folgen, ist keine Zeitungslektüre mehr ungetrübt. Als besonders störend, weil irreführend, empfinde ich die Neuschreibung des Wörtchens sogenannt als so genannt, als existierten hier nur zwei zufällig benachbarte Wörter, das Modaladverb so und das Partizip genannt. Die Frage ist, worin denn der Wortcharakter von sogenannt zum Ausdruck kommt, worin es sich von so genannt unterscheidet. Ich gebe zunächst eine semantische Analyse im Anschluß an die Wörterbücher und suche dann eine weitergehende textbezogene Erklärung. Es folgt ein sprachhistorischer und sprachvergleichender Abschnitt.
Bereits das Grimm'sche Wörterbuch (Bd. X, I vom Jahre 1905, dtv-Ausgabe Bd. 16, S. 1406) gibt eine bemerkenswerte, wenn auch etwas umständliche Bedeutungsbeschreibung: `man citiert damit eine bezeichnung als eine allgemein übliche oder von andern gebrauchte, ohne sie selbst dem gegenstande zuzusprechen, indem man gewöhnlich die frage der berechtigung dahin gestellt sein läszt. Wesentlich knapper heißt es in der letzten, von Herman Hirt besorgten Auflage des Weigand'schen Deutschen Wörterbuches (1910, S. 882): `den Namen führend nicht ohne Zweifel ob mit Recht. Zu solcher Bedeutung gibt der neue Paul (1992), S. 809 mehrere Beispiele aus dem DWb, Adelung und Sanders und verweist auf eine hübsche Glosse (Lenz 1968), in der `die distanzierende Potenz des Wortes (S. 205) beispielreich vor Augen geführt wird. Zahlreiche aktuelle Belege gibt der 8-bändige Duden, Bd. 7, S. 3129. Daraus läßt sich ein zweifacher Gebrauch erkennen: Auf eine Benennung hinweisend (`das israelische Parlament, die sogenannte Knesset) und distanzierend (`wo sind denn deine sogenannten Freunde?). Alle Zitate zeigen im übrigen attributiven Gebrauch des Wörtchens sogenannt. Der Sprecher/Schreiber verweist damit auf eine Bezeichnung, um diese einzuführen oder zu erklären oder sich von ihr zu distanzieren. Oft erscheint das Bezugswort in Anführungszeichen. Man erinnere sich an die sogenannte `DDR. Daß es sich hierbei um eine sehr häufige Verwendung handelt, zeigt auch die Abkürzung sog., in der kurioserweise die Zusammenschreibung über die sog. Rechtschreibreform hinaus fortlebt.
Vergleichen wir damit einige mögliche Sätze, in denen so als Einzelwort erscheint, zugleich benachbart einem prädikativ gebrauchten genannt:
(1) `Warum haben Sie Ihre Tochter so genannt? (Vorausgegangen ist eine Information über die Namenswahl.)
(2) `Wir haben sie so genannt, wie ihre Großmutter hieß.
(3) `Wir haben sie so genannt, weil das der Name ihrer Großmutter war.
(4) `Wir haben unsere Tochter so genannt: Nach altem Brauch soll sie Sarah heißen wie ihre Großmutter.
In allen diesen Beispielen wird so als Modaladverb in textphorischer Funktion gebraucht: anaphorisch in Satz (1), nämlich unter Bezug auf eine Vorinformation über die Namengebung, kataphorisch in Satz (2) - (4), nämlich vorausweisend auf den folgenden Satz. Solche phorische Verwendung hat viele Parallelen im Verwendungsspektrum von so, vgl. den 8-bändigen Duden, Bd. 7, S. 3129. Auch Weinrich weist in seiner Textgrammatik (1993), S. 586 auf solche Verwendung hin.
Interessant ist ferner, daß die Duden-Grammatik 51995, ' 483, sogenannt zu einer Gruppe von Wörtern zählt, `die - von der Wortart her - entweder unbestimmte Zahladjektive (vgl. 471), demonstrative Adjektive (vgl. 474) oder Indefinitpronomen (vgl. 574) sind. Wozu sogenannt gehört, bleibt allerdings an den genannten Stellen offen; vermutlich wird es zu den demonstrativen Adjektiven gezählt wie solch, derartig, obig, folgend etc. Sie werden erwähnt, weil nach ihnen die Flexion von Adjektiven und Partizipien schwankt. Dies interessiert uns hier nicht näher, vielmehr nur der Umstand, daß die Grammatikalisierung von sogenannt offenbar als soweit fortgeschritten gilt, daß es zu den pronominal gebrauchten Adjektiven gerechnet wird. In der 6. neu bearbeiteten (sic!) Auflage v.J. 1998 findet sich noch der Verweis auf ' 483 im Register, aber das Wort, das es nach der neuen Schulorthographie nicht mehr geben darf, ist getilgt, der Verweis geht ins Leere. Solch willfähriger Eifer, das obrigkeitliche Verdikt gegen die Zusammenschreibung von sogenannt bis in die Grammatik zu verfolgen und das Wort dort zu vernichten, obwohl es doch in Millionen von Texten existiert, zerstört den guten Ruf der Duden-Grammatik als deskriptive Darstellung deutscher Sprache.
Es lassen sich also deutliche syntaktische Unterschiede feststellen zwischen so im Kontext eines prädikativ gebrauchten Partizip Perfekt genannt und dem attributiven Gebrauch, in dem so mit genannt zusammengeschrieben ist. Im ersten Fall - vgl. die Beispiele (1) bis (4) - hat so Satzgliedwert, es steht stellvertretend und verweisend für die Akkusativergänzung zum Verb nennen. In attributiver Position hatte so niemals Satzgliedwert, es war Attribut zum Partizipialadjektiv genannt mit einer hervorhebend-kataphorischen Funktion gegenüber dem folgenden Bezugssubstantiv. Die attributive Rolle von so gegenüber genannt ist in dem Kompositum sogenannt aufgehoben. Dazu gibt es im übrigen zahlreiche gebräuchliche Parallelen, wie z.B. vielgepriesen, weitverbreitet, hochgeachtet, neubearbeitet, deren Getrenntschreibung in der Schulorthographie allgemeinen Anstoß erregt. Wir können feststellen, daß mit der Zusammenschreibung, die ja auch im Wortakzent ihren Ausdruck findet (Hauptakzent auf der ersten Silbe) graphisch verdeutlicht wurde, daß so keine eigene syntaktische Funktion mehr besitzt wie in Satz (1) bis (4).
Es gibt im Zusammenhang mit sogenannt darüber hinaus noch einige weitere Fragen und frappante Erscheinungen, die möglicherweise zusammenhängen. Sogenannt hat in den europäischen Sprachen auffällig gleichgestaltige und gleichbedeutende Parallelen: z.B. engl. so-called, frz. soi-disant, ital. cosidétto, schwed. så kallad, dän. så-kaldt, ndl. zogenaamd. Auszüge aus den entsprechenden historischen Wörterbüchern ergeben folgendes Bild:
engl. so-called: OED Vol. XV (21989), p. 904:
1. prädikativer Gebrauch: `called or designated by that nameA ... auch `qualified by properly, Erstbeleg 1696;
2. attributiver Gebrauch (mit Bindestrich): `called or designated by this name or term but not properly entitled to it or correctly described by it, Erstbeleg 1837: `The Right Side .. persists .. in considering .. all these so-called Decrees as mere temporary whims.
dän. saa-kaldt (heute: så-kaldt): Ordbog over det Danske Sprog VIII. Bind (1939), p. 334f.:
`som kaldes, benævnes paa en vis (i det følgende, sjælden: foregaaende) angiven maade; især som udtr. for, at man anvender en almindelig brugt ell. af andre inført benævnelse, ell. at man reserverer sig sin egen mening ell. er skeptisk m. h. t. benævnelsens rigtighed olgnA; Belege seit 18. Jh., distanzierend 19. Jahrhundert: `en af de saakaldte Skjønheder ... var meget omflagret.
schwed. så kallad, s.k. (auch zusammengeschrieben: såkallad): Ordbok över Svenska Språket, XIII. Bandet (1933-35), s.v. kalla, p. K173:
`såsom namnet ... lyder; ofta med bibegrepp av att benämningen osv. är oriktig ... oförtjänt; Belege ab 1686, distanzierend: `Egentligt värde hade ingenting annat än det så kallade nyttiga (1817).
frz. soi-disant: Le Grand Robert de la Langue Française. 2. ed. Tome VIII, p. 815f.:
1. `Qui dit, qui prétend être telle ou telle chose
2. `Qui n'est pas ce qu'il semble être, qui n'est pas vraiment ;vgl. auch TLF Tome XV (1992), p. 590f. mit Belegen für 1. ab 1470, für 2. ab 17. Jahrhundert.
ital. cosiddétto: Battaglia, Grande Dizionario della Lingua Italiana, III (1964), p. 886:
`Detto in questo modo, designato in tale maniera (e indica, spesso in senso spreg., l'improprietà di una denominazione).
ndl. zogenaamd (auch zogenoemd, zogeheten, zogezegd): Van Dale (1999), S. 4096:
1. "de genoemde typische naam dragend: de zogenaamde ‚ablaut'";
2. de genoemde naam ten onrechte voerend: een zogenaamde vriend, die geen vriend is",
3. (Adverb) "in schijn, syn. quasi: hij kwam zogenaamd om een boek terug te brengen, maar in werkelijkheid om..."
Vgl. dazu ausführlich WNT Bd. 28 (1996), S. 2157-2161 s.v. zoogenaamd, zoogenoemd, zoogezegd, mit Belegen seit Ende des 17. Jahrhunderts. Ähnlich wie zogenaamd (1) werden auch zogenoemd und zogeheten gebraucht, wie zogenaamd (3) auch zogezegd. Bei Van Dale (1999), S. 3125 wird auch das noch heute sehr geläufige Lehnwort soi-disant genannt ("een soi-disant profeet").
Nach Ausweis der Wörterbücher stammen die Erstbelege aus dem 15. Jahrhundert (frz.), die unmarkierte Bedeutung findet sich in allen Sprachen ab 17. Jahrhundert, die markierte, distanzierende zuerst im Französischen, allgemein ab 19. Jahrhundert. Im Grimm (Bd. 16, S. 1406) finden sich Erstbelege ab 1735: `siehe die art der so genannten stoszgebetleinA; distanzierend ab 19. Jahrhundert (in einem Wort zusammengeschrieben): `wir dürfen uns dennoch unter Spee keinen sogenannten aufgeklärten denken, an der das reich der hölle und eine thätige am anfang propaganda ihres fürsten nicht glaubte.
Was die Herkunft des Wortes sogenannt betrifft, hat als erster Schmeller in seinem Bayrischen Wörterbuch (2, S. 205) eine Vermutung geäußert, die im Grimm Bd. 16, S. 1406, aufgenommen wird: `vielleicht unter einflusz des lat. sic dictus entstanden, das schon im Mittelalter üblich war (bei Schm. 2, 205 aus dem 11. Jh. belegt). Dies wiederum greift Paul/Henne S. 809 auf: `Wohl unter Einfluß des seit 11. Jh. gebräuchlichen lat. sic dictusA. Schmeller gab in seinem Artikel die diesbezügliche Handschrift an (clm 4601) mit einem Beleg für scdi, das Schmeller als sicdictus auflöste. Nachfragen beim Mittellateinischen Wörterbuch der Bayerischen Akademie der Wissenschaften (Schreiben von Franz-J. Konstanciak vom 24.2.00), der Mittellateinischen Abteilung des Instituts für Altertumskunde der Universität Köln (Fax von Dr. Susanne Daub vom 1.3.00) und dem Lehrstuhl für Lateinische Philologie des Mittelalters und der Neuzeit (Fax von Dr. Peter Orth vom 18.2.00) ergaben jedoch (hier zusammengefaßt) ein anderes Bild: sicdictus oder sic dictus ist für das Mittellateinische nicht belegt; die von Schmeller als sicdictus gedeutete Abkürzung scdi stehe vielmehr für secundi (in scdi Heinrici bzw. scdi Sigimari). So wurde auch die von Schmeller zitierte Stelle im Abdruck vom Jahre 1861 aufgelöst (MGH, Scriptores XVII, S. 321). Auch wenn dieser Beleg offenbar falsch gedeutet ist, weist F.J. Konstanciak einen Beleg für sic dicta auf der CD-Rom zum Migne PL nach (Bd. 122, Col 1322), ferner zwei Belege für nachgetragenes sic dict(us) in einer Urkunde des Klosters Pforte. Völlig negativ ist dagegen die Ausbeute von P. Orth bei neulateinischen Quellen.
Damit muß die Vermutung, daß in den parallelen Bildungen für sogenannt in europäischen Sprachen Lehnübersetzungen zu sic dictus vorliegen, vorerst ad acta gelegt werden. Solange wir nicht mehr wissen über das Verhältnis von humanistischem Neulatein und den modernen Sprachen und so lange es kein neulateinisches Wörterbuch gibt, das die möglichen Vorlagen volkssprachiger Lehnprägungen verzeichnet, muß auch die Herleitung von sogenannt, wie sie seit Schmeller in der germanistischen Lexikographie fortgeschrieben wird, als spekulativ gelten. Wie es zu den parallelen Bildungen in europäischen Sprachen gekommen ist, bleibt damit vorerst unerklärt. Die jüngere distanzierende Bedeutung der sogenannt-Familie begegnet zuerst in französischen Quellen, in den übrigen Sprachen erst ab dem 18. Jahrhundert bzw. meist erst im 19. Jahrhundert. Das könnte darauf hindeuten, daß eine Lehnbedeutung aus dem Französischen vorliegt.
Eines aber hat diese kleine Nachforschung erwiesen: Spätestens seit Beginn des 19. Jahrhunderts ist sogenannt mit seinen hier genannten europäischen Äquivalenten in spezifischer Bedeutung lexikalisiert und wird - je nach einzelsprachigem Usus - zusammen oder mit Bindestrich geschrieben: ein morphologisch und semantisch geradezu europäisches Lexem. Es ist kein Zufall, daß es bis in die kleinsten Taschenwörterbücher verzeichnet wird. Vor diesem Hintergrund bekommt auch die sog. deutsche Rechtschreibreform eine europäische Komponente, allerdings in negativem Sinne: Bisherige lexikalische Parallelen werden durch eine künstliche Getrenntschreibung beseitigt. Dies gilt nicht nur für sogenannt. Denn Zusammenrückungen solcher Art sind ein gängiges Phänomen moderner Sprachen. Vor allem die skandinavischen Sprachen mit ihren vielen Lehnübersetzungen aus dem Deutschen hatten bis zur deutschen Rechtschreibreform zahllose Parallelen zusammengeschriebener Wörter, die jetzt auf einmal beseitigt sind. Vgl. dt. weitgereist, jetzt weit gereist - dän. vidtberejst, dt. weitreichend, jetzt weit reichend - dän. vidtrækkende, dt. weitverzweigt, jetzt weit verzweigt - dän. vidtforgrenet; dt. wohlbekannt, jetzt wohl bekannt - schwed. välbekant, dt. unterderhand, jetzt unter der Hand - dän. underhånden - schwed. underhand. Die Klage skandinavischer Germanisten, die dieses Deutsch unterrichten sollen, ist offenbar noch nicht bis ins Auswärtige Amt oder gar zur KMK gedrungen. Es bleibt die Hoffnung, daß auch diese und andere Neuschreibungen in kurzer Zeit zum lexikalischen Schrott gezählt werden dürfen. Dazu gehören dann auch die zahlreichen Wörterbücher, die mit diesem lexikalischen Schrott zur Makulatur werden.
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Th. Ickler
eingetragen von Theodor Ickler am 06.02.2002 um 04.19
Im übrigen bin ich ja kein Prophet, sondern stelle nur fest, was sich so beobachten läßt. sodaß, zueigen gehören auch hierher.
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Th. Ickler
eingetragen von J.-M. Wagner am 05.02.2002 um 16.17
Zitat:Was meinen Sie, wie weit diese natürliche Entwicklung gehen wird? Bei ganz und gar nicht scheint mir eine Zusammenschreibung nicht sinnvoll zu sein, denn die Logik dahinter sieht ja eher so aus: »{ ganz und gar } nicht« (wobei die geschweiften Klammern die inhaltlich zusammengehörenden Teile abgrenzen), und nicht: »{ ganz } und { garnicht }«. Das wäre dann wie bei Verbzusätzen, die wieder getrennt geschrieben werden, wenn sie erweitert werden.
Ursprünglich eingetragen von Theodor Ickler (im Strang "Sehstörungen - VRS bleibt beim Thema")
Bei gar nicht habe ich mich noch nicht dazu entschließen können, auch die Zusammenschreibung "zuzulassen", obwohl sie häufig ist und auf der Linie der natürlichen Entwicklung liegt. Daß die Reformer nicht daran gedacht haben, war mir gleich zu Anfang ein Grund der Verwunderung.
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Jan-Martin Wagner
eingetragen von Theodor Ickler am 04.02.2002 um 18.39
ein Adverb oder Pronominaladverb.
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Th. Ickler
eingetragen von J.-M. Wagner am 04.02.2002 um 10.09
Zitat:Bitte eine kurze Erläuterung für den mit grammatischen Details weniger vertrauten Leser: "sogenannt" ist ein Adjektiv, "so genannt" besteht aus "so" und dem 2. Partizip von nennen - aber zu welcher Wortart gehört an dieser Stelle das "so"? Ist es einfach ein Adverb, da ich es - ohne wesentliche Änderung der Bedeutung - durch "derart", "zuvor", evtl. auch durch "soeben" etc. ersetzen kann?
Ursprünglich eingetragen von Theodor Ickler
In diesem Aufsatz behandelt Munske auch das Wort sogenannt, seine lange Geschichte, die Parallelbildungen in anderen Sprachen usw. Die Getrenntschreibung wird als gewaltsamer Eingriff gebrandmarkt.
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Jan-Martin Wagner
eingetragen von Theodor Ickler am 04.02.2002 um 04.00
Hinweis: "Über lexikalischen Schrott". Von Horst Haider Munske. In: Sprache im Leben der Zeit. Fs. f. Helmut Henne. Tübingen 2001, S. 291- 304.
In diesem Aufsatz behandelt Munske auch das Wort sogenannt, seine lange Geschichte, die Parallelbildungen in anderen Sprachen usw. Die Getrenntschreibung wird als gewaltsamer Eingriff gebrandmarkt. Ich zitiere den Schluß:
"Es bleibt die Hoffnung, daß auch diese und andere Neuschreibungen in kurzer Zeit zum lexikalischen Schrott gezählt werden dürfen. Dazu gehören dann auch die zahlreichen Wörterbücher, die mit diesem lexikalischen Schrott zur Makulatur werden."
Hinzufügen möchte ich noch, daß zum Beispiel die Neubearbeitung des Duden-Aussprachewörterbuchs das Wort sogenannt überhaupt nicht mehr enthält. Allerdings ist abzusehen, daß es in die nächste Ausgabe wieder aufgenommen wird.
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Th. Ickler
eingetragen von Theodor Ickler am 01.02.2002 um 05.38
noch mal entspricht der bisherigen Dudenvorschrift, aber nicht dem tatsächlichen Schreibbrauch, der auch die Zusammenschreibung kannte.
Da ich heute in der Süddeutschen Zeitung wieder mal auf wieder gutmachen stoße, möchte ich anmerken, daß diese neuerdings festgelegte Schreibweise zwar an sich nicht schlecht ist, aber keineswegs dem neuen Regelwerk entspricht. Denn wieder bedeutet hier nicht "nochmals" - als hätte man etwas schon mal gutgemacht und machte es jetzt zum zweitenmal gut (§ 34,1).
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Th. Ickler
eingetragen von J.-M. Wagner am 15.01.2002 um 16.21
Da es schon einen Strang zu den Problem der Groß- und Kleinschreibung ("GKS") gibt, scheint mir ein solcher zur Getrennt- und Zusammenschreibung ("GZS") eine sinnvolle Ergänzung zu sein.
Den konkreten Anlaß liefert mir die Beutsche Bahn AG. In ihrer Broschüre "Euro-Umstellung bei der Bahn" steht auf Seite 11: »BahnCard-Inhaber sparen noch mal jeweils 5,- EUR.«
Gut, aber wie lange noch? Und mal sind's also 5 Euro, ein andermal aber wieviel?
Eigentlich hätte ich dieses Beispiel ja im GKS-Strang unterbringen müssen, denn in den amtlichen Regeln heißt es im Abschnitt 2 (Anwendung von Groß- oder Kleinschreibung bei bestimmten Wörtern oder Wortgruppen), Paragraph 55 ("Substantive schreibt man groß"), Ziffer 4: »(...) zum ersten Mal (aber nach § 39(1): einmal, diesmal, nochmal)«. (Seltsamerweise findet sich bei § 39(1) nur die Auflistung »-mal : diesmal, einmal, zweimal, keinmal, manchmal«.)
Mir scheint, als Spätfolge der Reform wird nicht nur die Heysesche s-Schreibung zu verdauen sein, sondern auch manche Seltsamkeit auf dem Gebiet der GZS (und der GKS).
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Jan-Martin Wagner
Alle angegebenen Zeiten sind MEZ
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