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Forum (http://Rechtschreibung.com/Forum/index.php)
- Beispielsammlung über Sinn und Unsinn (http://Rechtschreibung.com/Forum/forumdisplay.php?forumid=7)
-- Chrysler (http://Rechtschreibung.com/Forum/showthread.php?threadid=451)
eingetragen von Theodor Ickler am 25.04.2002 um 02.40
Es ist zwar richtig, daß die Neuregelung auch mit "Liberalisierung" wirbt, aber das ist nur die eine Hälfte. In anderer Hinsicht wollte sie "Unsicherheiten beseitigen", und das wirkt sich als Beseitigung von Freiräumen aus, zwar oft in anderer Richtung als der Duden, aber in der Wirkung doch gleich und schlimmer: Festzurren ganz bestimmter, nicht einmal beobachteter, sondern aufgrund von eigenartigen Theorien und Einfällen erfundener Schreibweisen.
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Th. Ickler
eingetragen von Walter Lachenmann am 24.04.2002 um 17.58
Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Norbert Schäbler
Im übrigen ist es bei mir nicht das Alter (!), sondern die Leidenschaft.
Norbi, jetzt können wir Dich verstehen! Bleib so, wie Du bist!
Ein neuer antifaschistischer Kaktus aus dem Oreos Verlag (VWL). Traditionelle Trachten, traditionelle Orthographie. Die englischen Lederhosen sind kratzgebürstet. (Bild München, 25. April 2002)
Herr Ickler - beachten Sie die Kopfnüsse! Es geht zur Sache!
– geändert durch Walter Lachenmann am 25.04.2002, 23.21 –
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Walter Lachenmann
eingetragen von Norbert Schäbler am 20.04.2002 um 16.57
Lieber Herr Professor Ickler!
Ich will (und ich werde mich auch nicht mehr) in Ihre Argumentation einmischen, wollte allerdings in der mir eigenen Art einen Gedanken nachtragen, der mir zu kurz geraten erschien.
Es ist der Gedanke, daß diese Reform unter dem Deckmantel der Liberalisierung ihren Siegeszug antrat, in der Wirklichkeit aber in vielen Fällen richtiges und sinnvolles Schreiben unmöglich machte. Diesen Kontrast sollten wir Reformkritiker immer wieder hervorheben und betonen.
Das von Herrn Fahnenstich ausgegrabene Fundstück hat offensichtlich Dimensionen, die auf den ersten Blick nicht erkennbar waren. Hier geht es ja nicht nur um ein „tollpatschiges“ Nachahmen einer neuen Vorschrift, sondern um die gesellschaftliche Vorreiterstellung eines riesigen Unternehmens.
Ein Anlaß wäre es also allemal gewesen, diesen sprachlichen Irrwitz, stellvertretend am Wortbeispiel „Probe fahren“ (nebst Kontext) eindrucksvoll darzustellen. Sie können das doch wie kein Zweiter.
Im übrigen ist es bei mir nicht das Alter (!), sondern die Leidenschaft.
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nos
eingetragen von Elke Philburn am 20.04.2002 um 16.23
Zitat:
Heute müßten wir eigentlich die ganze Redeweise von "Freigabe" vergessen und nur noch von Beschreibung und Empfehlung sprechen.
*applaudier*
eingetragen von Theodor Ickler am 20.04.2002 um 14.09
von Herrn Dörner. Wobei ich nur anmerken möchte, daß das Universalwörterbuch nicht die ebenfalls fragwürdige, aber immerhin damals angenommene Geltung des Rechtschreibdudens in Anspruch nehmen konnte. Heute müßten wir eigentlich die ganze Redeweise von "Freigabe" vergessen und nur noch von Beschreibung und Empfehlung sprechen.
Was Herrn Schäblers letzte Äußerung betrifft, so kann ich nicht mehr ganz folgen (das Alter!) und weiß nicht, ob er wirklich einen Einwand gegen mich gemacht hat und worin er besteht. Habe ich was vergessen? Ich würde es gern klarstellen.
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Th. Ickler
eingetragen von Christian Dörner am 20.04.2002 um 13.40
Die Wortgruppe Korrektur lesen trifft man tatsächlich auch oft als Zusammenschreibung (korrekturlesen) an, und das wohl aus zwei Gründen: Zum einen ist wohl die Analogie zu probelesen ausschlaggebend, denn auch probelesen ist im Gegensatz zu prüflesen keine Zusammensetzung, sondern bloße Zusammenschreibung; zum zweiten ist Korrektur lesen in keiner Auflage des Rechtschreibdudens verzeichnet, und zwar wahrscheinlich deshalb, weil Getrenntschreibung sowieso als nicht erwähnenswerter Normalfall galt und gilt. Will man Korrektur lesen im Duden finden, so benötigt man dazu das Duden-Universalwörterbuch (1. Aufl. (1984) oder 2. Aufl. (1989)) oder das sechs- bzw. achtbändige Duden-Großwörterbuch. Allerdings sind es schon wirkliche Haarspaltereien, die dort betrieben werden.
Beispielweise kann man in diesen Wörterbüchern auch entdecken, wie die sehr fragwürdige Duden-Festlegung bessergehen zu verstehen ist: Zusammenschreibung, wenn der Verbesserungsprozeß gemeint ist (Ihm ist es heute bessergegangen), Getrenntschreibung bei vergleichender Anwendung (Ihm ist es heute besser gegangen als gestern).
Die Wendung um ein vielfaches war lange nicht im Duden verzeichnet, deshalb findet sich in Texten aus den 60er und 70er Jahren fast ausschließlich Großschreibung, nach der Aufnahme im Duden zunehmend Kleinschreibung.
Daß man ins unermeßliche steigern nur klein schreiben durfte, kann man im Duden-Universalwörterbuch von 1989 nachlesen, des weiteren auch in einem Querverweis zum Stichwort unendlich (!) im Duden von 1973 (17. Aufl.). In der 20. Auflage von 1991 ist dieser Querverweis verschwunden, und tatsächlich findet man in Texten, die kurz vor der Reform verfaßt wurden, nur noch die Großschreibung. Sogar der neueste Duden (22. Aufl. (2000)) verzeichnet ins Unermessliche steigern in Schwarzdruck, und ins Lächerliche ziehen schrieb man ja schon immer so.
vereinzelte wurde bisher angeblich nur klein geschrieben, dabei war es weder in alten Auflagen des Rechtschreibdudens noch im Universalwörterbuch o. ä. aufgeführt. Dabei läßt sich durchaus streiten, ob es sich hier noch um eine normale Substantivierung oder schon um pronominalen Gebrauch handelt. Bei Entsprechendes usw. war das ja auch oft nicht unproblematisch.
weiter gehende Ansprüche/Forderungen/Maßnahmen usw. durften bisher in Deutschland nur getrennt, in Österreich nur zusammengeschrieben werden. Eine Durchsicht von Texten ergibt jedoch ein Ergebnis von über 90 % für die Zusammenschreibung. Nach der Reform muß getrennt geschrieben werden, da der Verbzusatz gesteigert ist. Nur findet sich weiter in der Partikelliste des § 34 des amtlichen Regelwerks, die Zusammenschreibung festlegt. Das amtliche Wörterverzeichnis hilft nicht weiter, und der Duden hat sich inzwischen mit Bertelsmann auf die Getrenntschreibung geeinigt, diesmal auch für Österreich.
Man muß schon ein seltsames Verhältnis zur Sprache haben, um solchen Dingen noch etwas abgewinnen zu können. Daß hier wohl Freigabe der Schreibung not tut, versteht sich von selbst.
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Christian Dörner
eingetragen von Norbert Schäbler am 20.04.2002 um 13.21
In das von Herrn Fahnenstich eröffnete Leitthema „Chrysler“ habe ich sehr früh einen ironischen Beitrag eingebracht: „Probe“ fahren.
Besser wäre es gewesen, mich sofort darüber zu entrüsten, daß die Rechtschreibmafia per ordre de mufti die Zusammensetzung „probefahren“ eliminiert hat und statt dessen die Wortgruppe „Probe fahren“ als alleinige Darstellungsmöglichkeit vorgeschrieben hat.
Ich gestehe, mich hinter der Ironie verschanzt (sozusagen "Präferenzverfälschung" betrieben) zu haben, denn ansonsten wäre mein Beitrag auf eine offene Kritik an dem Text von T. Ickler hinausgelaufen.
Nur eine Wortmeldung zuvor hatte T. Ickler die grammatische Richtigkeit der Wortgruppenbildung attestiert, allerdings in diesem Zusammenhang etwas Wesentliches vergessen. Es wäre nämlich nötig gewesen, darauf hinzuweisen, daß es sehr wohl eine bessere sprachliche Darstellungsmöglichkeit gibt, die allerdings dem Rotstift der Reformer zum Opfer gefallen ist. Dieser Seitenhieb fehlte, und von daher wirkte die Stellungnahme des Professors fast parteiisch.
Wer allerdings Professor Ickler kennt, weiß, daß er wie kein anderer den Finger in die Wunden der Reformer legt. Seine Veröffentlichungen – vor allem seine Rezensionen – fordern ja immer wieder die Wiederherstellung althergebrachter Schreibweisen. Icklers Bestreben und seine Auseinandersetzung mit dem Scherbenhaufen, den die Reform hinterlassen hat, sind damit so eindeutig, daß er meint, manchen Kontrast gar nicht mehr formulieren zu müssen.
Das finde ich allerdings nicht, denn es wäre zum einen nötig, das Unvermögen der Reformer in alle Welt hinauszuposaunen – und dazu dient das Stereotyp der Wiederholung allemal.
Zum anderen wäre es gut und sinnvoll, Wortsammlern wie Herrn Fahnenstich eine Bestätigung - sozusagen eine Expertise - darüber zukommen zu lassen, daß sein Fundstück überaus wertvoll ist.
Am Wert dieses Fundstücks ist im übrigen nicht zu zweifeln.
Selbst wenn es ihm keiner sagt, kann Herr Fahnenstich an der Einschaltquote des Leitthemas den Erfolg ablesen …
Und was die Art der Äußerungen angeht, so steht zu beobachten, daß die unterschiedlichsten Assoziationen und Emotionen freigesetzt wurden.
Was ist daran so schlimm?
Hier noch ein kleiner Hinweis auf den von Jörg Metes eröffneten Strang „Gruppendynamik und Rechtschreibreform“. Auch dort spielt Daimler-Chrysler eine Rolle.
Ist diese Überschneidung nicht seltsam?
Ich bin gespannt, wann in diesem Leitfaden von Herrn Metes einmal das Wort von der gegenseitigen "Fürsorgepflicht" auftaucht. Vielleicht sollte auch darüber einmal gesprochen werden.
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nos
eingetragen von Elke Philburn am 20.04.2002 um 10.20
Zitat:
Für diesen Vorgang kenne ich zumindest bisher kein treffenderes Wort.
Früher sagte man dazu 'ziehen' oder 'abziehen'.
Daß 'prüflesen' ein Anglizismus sei, ist ja nichts anderes als eine Vermutung. Bei Wörtern wie 'spritzgießen' scheint sich diese Verbindung von zwei Verben dem Vorgang entsprechend anzubieten. (Genauere Details sind mir allerdings unbekannt.) Beim 'Prüflesen' scheint es dagegen weniger um das Prüfen zu gehen, zumindest wenn es sich um selbst verfaßte Texte handelt, als vielmehr darum, Fehler zu entdecken, zu korrigieren und möglicherweise Textstellen zu überarbeiten. Sonst könnte man ja zu dem Schluß kommen, der Text habe die Prüfung nicht bestanden, fertig aus.
Diese unmotivierte Bedeutungsfärbung war einer der Gründe, warum ich vermutete, es sei ein Anglizismus.
Korrektur lesen (oder Korrekturlesen für W. L.) erscheint der Tätigkeit angemessener.
eingetragen von Walter Lachenmann am 20.04.2002 um 08.48
Es gibt hier wohl ein Ironieproblem, und zwar auf zwei Seiten. Auf der einen Seite, wo man meint, ohne Ironie würde der Suppe das Salz fehlen, und auf der anderen Seite, wo sie nicht erkannt wird. Manchmal handelt es sich nicht um Ironie sondern um ein Versehen. Damit ist der eine Fall schon geklärt.
»Abkloen« bezeichnet nicht das Verrichten von Geschäften, sondern deren weitere Entsorgung auf dem Klo. Mit dem ersteren hatte der Bub kein Problem, aber mit dem zweiteren. Für diesen Vorgang kenne ich zumindest bisher kein treffenderes Wort. Und diese Wortschöpfung aus Kindermund ist eigentlich mindestens so klar wie »prüflesen«, wofür es schon »Korrektur lesen« für das Volk der Wahrig-Benutzer und »Korrekturlesen« für die Experten gibt, also kein Erfindungsbedarf besteht.
Der ganze Passus, wo der Hubraum vorkommt, war Klamauk, der Schlaum-Eier war nicht der, der sich getroffen fühlte, sondern der, der in der Tat so gescheit ist, daß solche Albernheiten an seiner hohen Stirne abprallen, und der eigentlich nur aufgefordert werden sollte, zu erläutern, weshalb nach seiner Ansicht »prüflesen« ein Anglizismus ist. Das liegt ja nun wirklich nicht auf der Hand.
Ja und Amen.
Übrigens sollte man doch einen feinen Unterschied machen zwischen Bedienungsanleitungen sensibler Anlagen und einem Diskurs über Sprache. Wir müssen ja nicht so weit abgleiten, daß wir jedem Scherz ein Grinsemännchen mitgeben, damit er als solcher erkannt wird, so wie man bei Comedy-Fernsehsendungen per Lachschleife signalisiert, wo nach Ansicht der produzierenden Humoristen der Witz liegt.
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Walter Lachenmann
eingetragen von Reinhard Markner am 20.04.2002 um 08.44
Zitat:Meine Beiträge sind nicht selten ironisch, nicht aber diese Aussage. Elke Philburn hatte erst kurz zuvor auf die Wahrscheinlichkeit einer Entlehnung von proofread hingewiesen. prüflesen ähnelt also Anglizismen wie Webseite (zu website, nicht zu web page) und carro (mex. Span.).
Märchenstunde; in keiner Weise belegt Herr Markner, wieso prüflesen ein Anglizismus sein soll; und niemand außer mir beanstandet seine überaus fragwürdige Aussage.
eingetragen von Detlef Lindenthal am 20.04.2002 um 08.33
Aha, da hat sich dieser Unsinn aufgeklärt, und die Aussage eines Satzes wurde nun in ihr genaues Gegenteil gekehrt.
Gewiß lohnt es sich, auch bei den anderen Aussagen nachzuhaken; Herr Schäbler hatte betreffs seines Beitrages schon einen Abstand erzeugt.
Kann es sein, daß die Beiträge von Herren Markner und Lachenmann auch randvoll mit Ironie stecken?
Gleiches n.m.M. in der gesamten Rechtschreib„reform“; mit Zitaten aus dem 1. Kommissionsbericht läßt sich eine gehobene Karnevalssitzung gestalten.
Der „Spaß“ mit der Sprache hört dort auf, wo z.B. ein Schiff abbrennt (wie geschehen bei der „Princesse Ragnhild“), weil die Bedienungsanleitung 1.) unverständlich und 2.) falsch war, und wo Volksvermögen, das dringend zur Sicherung von Arbeitsplätzen nötig wäre, für „amtlichen“ Behördenschwachsinn ausgegeben wird.
Bitte erlauben Sie mir, daß ich zu Unsinn nicht ja und amen sage, und helfen Sie mit, zwischen unhaltbaren und zutreffenden Aussagen zu unterscheiden. Als nächstes, so schlage ich vor, sollten die beanstandeten Aussagen von Herren Markner und Lachenmann überprüft werden.
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Detlef Lindenthal
eingetragen von Theodor Ickler am 20.04.2002 um 08.15
Nein, es war keine Ironie, sondern mir sind da ein paar Wörter abhanden gekommen, ohne daß ich es gemerkt hätte. Inzwischen habe ich sie wieder eingefügt. Der Zusammenhang war ja ohnehin klar.
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Th. Ickler
eingetragen von Elke Philburn am 20.04.2002 um 06.50
Zitat:
(Dies ist das erste Mal, daß ich von einem Rechtschreibschützer lese, daß bisherige Duden-Wörter verboten werden sollten.)
Ich habe das als Ironie aufgefaßt, Herr Lindenthal.
Und nochmal zu Korrektur lesen. Das ist ja kein Neuschreib, sondern so steht's im Wahrig (1985), und auch Google hat zahlreiche Belege. Weshalb ich meine, daß man es zumindest nicht verbieten sollte.
eingetragen von Detlef Lindenthal am 20.04.2002 um 06.25
Lieber Herr Schäbler,
das ist ja ganz fein, daß Sie das nicht mehr mitmachen. Stellen Sie sich vor, es ist Reform, und keiner macht mit. Dann machen die Zeitungszaren die Reform alleine, und die Lehrer erzählen unseren Kindern das, was sie von ihren Schulräten und Ministern erzählt bekommen. Und die erzählen sich gegenseitig die Märchen, die Herr Papier (Paapier oder Papjee) vom Obergericht wider besseres Wissen von dem nachplappert, was Ministerin Böhrk ihm geschrieben hatte (0,05 % der Wörter, das sind rechnerisch 57 1/2 Wörter von 115.000, wären durch die Reform ja nur geändert worden, usw.).
Und auch hier in diesem Forum bekommen wir allerhand erzählt;
Sie schreiben:
>>„Zur Rechtschreiboptimierung meines vorhergehenden Beitrages besteht eigentlich wenig Anlaß. Er ist weitestgehend gehalten in top-up-to-dater Fasson. Fremdwörter sind drin, Dummdeutsch ist drin; nur, verständlich ist er halt nicht. Aber das bringt der Umbruch mit sich. Wir werden uns allesamt dran gewöhnen, wenn wir gewillt sind, das nächstniedrigere Niveau anzustreben.“<<
Professor Ickler schreibt:
>>„Und völlig einverstanden bin ich natürlich mit dem Verfahren der Reformer, gängige Schreibweisen (probefahren, insonderheit) zu verbieten.“<<
(Dies ist das erste Mal, daß ich von einem Rechtschreibschützer lese, daß bisherige Duden-Wörter verboten werden sollten.)
Herr Lachenmann schreibt:
>>„Also, wie wär's mit »abkloen« für einen Vorgang, für den es ein exakteres Wort meines Wissens bisher nicht gibt?“<<
Unsere Sprache kennt eine Fülle von verständlichen, außerordentlich genauen Wörtern für große und kleine Geschäfte; daß Herr Lachenmann keine genauen Wörter dafür kennte, ist unglaubwürdig.
>>„Auch warum Hubraum ein Anglizismus sein soll, müßte uns unser Schlaum-Eier erklären ...“<< (Märchenstunde; niemand in dieser Runde hat bisher gesagt, das Wort Hubraum wäre ein Anglizismus.)
>>
Herr Markner schreibt:
>>„Wieso soll ein geradezu exemplarischer Anglizismus wie *prüflesen auf einmal eine glänzende Wortschöpfung sein?“<<
Märchenstunde; in keiner Weise belegt Herr Markner, wieso prüflesen ein Anglizismus sein soll; und niemand außer mir beanstandet seine überaus fragwürdige Aussage.
Lieber Herr Schäbler, ich stelle hiermit die Frage, welchem Zweck dieses ganze Forum und insbesondere dieser Faden dient: daß wir uns gegenseitig veralbern?
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Detlef Lindenthal
eingetragen von Theodor Ickler am 20.04.2002 um 03.23
- bis auf den angedeuteten Gegensatz, als ob unsereins nur die zweitbeste Lösung anzubieten hätte. Es ist die beste!
Und daß Varianten gängige Praxis werden könnten, braucht man nicht zu hoffen und nicht zu fürchten, denn sie sind ja seit je gängige Praxis. Es kommt bloß darauf an, welche.
Und völlig einverstanden bin ich natürlich mit Ihrer Kritik an dem Verfahren der Reformer, gängige Schreibweisen (probefahren, insonderheit) zu verbieten. In manchen Fällen (von seiten) wird das Übliche gar verboten und statt dessen die Wahl zwischen zwei anderen Möglichkeiten angeboten.
– geändert durch Theodor Ickler am 21.04.2002, 10.13 –
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Th. Ickler
eingetragen von Norbert Schäbler am 19.04.2002 um 22.04
Nur, daß das klar ist.
Ich achte die sich hier zu Wort meldenden Sprachwissenschaftler - allen voran Herrn Professor Ickler - die der Staatsmacht ins Gewissen reden, und die versuchen, das Schlimmste zu verhindern, doch ich - keinem Staatsdiktat unterworfen - bin nicht gewillt, mich mit der zweitbesten Lösung zufriedenzugeben.
Es ist ein Affront:
gegen das Sprachgefühl und das Sprachwissen,
gegen die Lehrtradition der vergangenen hundert Jahre sowie deren Adressaten,
gegen die Sprachentwicklung,
gegen den Sprachusus,
gegen die Kreativität
sowie gegen mein Wert- und Werteempfinden;
wenn es zwölf Sprachbastlern (daraus besteht die Rechtschreibreformkommission) - oder besser einer Sprachmafia – einfällt,
die Sprache neu zu erfinden,
dahingehend,
daß die beste aller Möglichkeiten gestrichen
und durch die zweitbeste aller Möglichkeiten ersetzt wird.
Dabei verwahre ich mich nicht gegen wissenschaftliche Erkenntnisse, und ich habe lange gebraucht, um einzusehen, daß Schreibalternativen eine gängige Praxis werden könnten. O.K.!
Nur! Diese Scheinliberalisierung, diese dreckige, hinterfotzige Machart der "Reform", dieses revolutionäre Umkrempeln, diese Überrumpelungstaktik und die Verballhornung des Faktischen – all das stinkt zum Himmel.
Sieben verdammte Jahre beschäftige ich mich nun mit diesem Nonsens. Nichts, aber auch gar nichts, hat die Reform sachlich und fachlich verbessert.
Lediglich die Diskussion hat sie angeregt, den Blick geschärft für verantwortungsvollen Umgang mit der Sprache, und eine gewisse Relativität hat sie uns nahegelegt:
„Der Inhalt ist wichtiger als die Form!“
Das wußten wir aber schon vorher, und eigentlich ist diese Aussage ein Selbsttor, weil im Computerzeitalter – mehr denn je zuvor – die Form und die Aufmachung den Inhalt regiert.
Und noch ein gewaltiges Selbsttor hat diese Rechtschreibreform geschossen.
Sie gaukelt uns vor, daß Alternativschreibung das Nonplusultra sei.
Gleichzeitig aber verwehrt sie die Schreibung althergebrachter Wörter (z.B. „probefahren“).
Eine schlimmere Normierung hat es doch noch zu keinem Zeitpunkt gegeben (wider besseres Wissen wird die Heyse´sche Regel aus der Klamottenkiste hervorgeholt). Eine so lächerliche Sprachwissenschaft wurde doch noch zu keinem Zeitpunkt staatlicherseits geduldet.
Tut mir leid (Tut mir Leid).
Eine derartige Selbstverarschung mache ich nicht mit.
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nos
eingetragen von Walter Lachenmann am 19.04.2002 um 21.55
Prüflesen ist ja wirklich ganz toll, und vielleicht erlebt auch diese Wortschöpfung einen ähnlichen Siegeszug wie die Hubkarre.
Ich hab auch eine. Der kleine Sohn eines Freundes kam neulich vom Stillen Örtchen zurück und verkündete: »Mama, ich hab' noch nicht abgeklot.«
Also, wie wär's mit »abkloen« für einen Vorgang, für den es ein exakteres Wort meines Wissens bisher nicht gibt?
Wieso »...ss-seule«? Sowas muß man einen erklären! Wenn ich Reformer wäre, hätte ich Lithfasssäule verordnet, denn das Lithfass hat volksetymologisch schon seinen Sinn: Lith von lithos = Stein, und dann eben Fass. Die Dinger sehen doch aus wie Fässer aus Stein.
Auch warum Hubraum ein Anglizismus sein soll, müßte uns unser Schlaum-Eier erklären, das heißt doch ursprünglich Kubikzentimeter und kommt aus dem Ladinischen. Oder ging es doch ums Prüflesen? Linsenlesen kenne ich noch, aber das hilft hier auch nicht weiter.
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Walter Lachenmann
eingetragen von Reinhard Markner am 19.04.2002 um 21.53
Nachzutragen ist folgendes :
Das Wort Litfaßsäule ist aus der Perspektive der Reformer eine dreifache Ausnahme, müßte es doch eigentlich Littfassseule geschrieben werden. Geändert worden ist aber vorläufig nichts, da Litfaß eben ein Eigenname ist, auch wenn er den wenigsten geläufig sein dürfte.
eingetragen von Norbert Schäbler am 19.04.2002 um 16.35
Zur Rechtschreiboptimierung meines vorhergehenden Beitrages besteht eigentlich wenig Anlaß. Er ist weitestgehend gehalten in top-up-to-dater Fasson. Fremdwörter sind drin, Dummdeutsch ist drin; nur, verständlich ist er halt nicht. Aber das bringt der Umbruch mit sich. Wir werden uns allesamt dran gewöhnen, wenn wir gewillt sind, das nächstniedrigere Niveau anzustreben.
Gedanken habe ich mir tatsächlich gemacht, ob ich zwischen „Schlange und Kopf stehen“ einen Bindestrich einfüge (Schlange- und Kopf- stehen), doch dann wäre ich zwangsläufig in der altbewährten Schreibweise (schlange- und kopfstehen) gelandet, und ich wollte ja wenigstens einmal modern sein.
Was die Fahnenstich’sche Leitidee angeht – Herr Fahnenstich hat ja lediglich seiner Verwunderung Ausdruck verliehen, daß man jetzt „Probe fahren“ statt „probefahren schreibt, bzw. schreiben muß – will ich mich ein bißchen weiter aus dem Fenster lehnen, und klar sagen, daß ich diese Hauptvariante – die Alternative „probefahren“ ist ja zwischenzeitlich veraltet und ausgemerzt – total beschissen finde.
Jegliche zarte Kritik („das ist ein ungelenker Ausdruck“), jegliche Duldsamkeit und Toleranz („es ist nichts dagegen einzuwenden, da grammatikalisch richtig gebildet“) geht mir allmählich gegen den Strich. Niemals wäre ein Mensch, der der deutschen Sprache mächtig ist – und schon gar nicht das Weltunternehmen Daimler-Chrysler - auf die Idee gekommen, die „Probefahrt“, das „Probefahren“, „probefahren“ oder „probezufahren“ derart zu verhackstücken.
Wer derartigen Blödsinn mitmacht, wer dem Blödsinn eventuell noch einen Sinn abzugewinnen versucht, der wird irgendeines Tages total verblödet aufwachen.
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nos
eingetragen von Detlef Lindenthal am 19.04.2002 um 15.35
Alles klar, Herren Markner und Lachenmann,
Karre (von lat. carrus, Wagen) ist >>„zweifellos die Eindeutschung für Auto“<< ,
prüflesen ist ein >>„geradezu exemplarischer Anglizismus“<<,
und die Erde ist eine Scheibe.
Und ob Herr Schäbler die Rechtschreibung und Verständlichkeit seines Beitrages überarbeiten mag?
Sicherlich können Sie noch weitere kraftvolle Argumente gegen das Wort prüflesen zusammentragen?
Die Wörter Hubkarre und Hubwagen sind schon vergeben, so heißen die von Hand geführten Gabelstapler für Paletten; z.B.:
Bildunterschrift:
Aluminium-Hubkarre
– hochfeste Leichtmetall-Konstruktion
– selbsthemmende Sicherheitswinde
– verschiedene Ausführungen lieferbar
(http://www.spitzenqualitaet.de/transportgeraete8.html)
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Detlef Lindenthal
eingetragen von Norbert Schäbler am 19.04.2002 um 13.20
Worum geht’s hier eigentlich?
Wird hier Probe gefahren, oder ein Exempel statuiert, oder Schlange oder Kopf gestanden, oder gar Präferenzverfälschung be- und getrieben?
Und was hat der Global-Player (der dämliche Chrysler) mit uns am Hut, oder wir mit ihm?
War ja ursprünglich nur 'ne Idee vom Fahnenstich.
Sachen gibt’s!
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nos
eingetragen von Reinhard Markner am 19.04.2002 um 13.05
Wieso soll ein geradezu exemplarischer Anglizismus wie *prüflesen auf einmal eine glänzende Wortschöpfung sein ? Hier ist ja eine geradezu showerliche Verirrung zu beobachten.
Analog zu *prüflesen empfiehlt sich zweifellos die Eindeutschung Karre für Auto, vielleicht auch *Hubkarre, zu Hubraum.
eingetragen von Walter Lachenmann am 19.04.2002 um 09.38
Ich bin aber ickelhafter als derselbe. Es ist eben nicht Hose wie Jacke. Wenn jemand »Korrektur lesen« schreibt, erkennt man, daß er nur am Rande mit der professionellen Verlegerei oder Druckerei zu tun hat. Das ist allerdings nicht schlimm. Wenn einer von »Prüflesen« schreibt oder spricht, fragt man sich, was es mit dem wohl auf sich hat. Ist auch nicht schlimm.
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Walter Lachenmann
eingetragen von Elke Philburn am 19.04.2002 um 08.37
Zitat:
Nein: Korrekturlesen. Das ist einfach so. Meistens jedenfalls.
Das ist Hose wie Jacke. Wenn wir mal nicht päpstlicher als der Papst sein wollen. Oder ickleriger als der Ickler.![]()
eingetragen von Detlef Lindenthal am 19.04.2002 um 08.15
Danke für die Berichtigung: Litfaßsäule.
Übrigens: Hierfür steht es bei Google Lit... zu Lith... 3700 zu 10.
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Detlef Lindenthal
eingetragen von Walter Lachenmann am 19.04.2002 um 07.46
Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Elke Philburn
('Prüflesen? Sie meinen sicher Korrektur lesen.')
Nein: Korrekturlesen. Das ist einfach so. Meistens jedenfalls.
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Walter Lachenmann
eingetragen von Walter Lachenmann am 19.04.2002 um 07.42
kommt mir so heroisch vor wie Sprachpatriotismus. Es hat aber mit mangelndem Sprachmut nichts zu tun, wenn man feststellt, daß ein Wort, das Herr Lindenthal erfunden hat, in der beruflichen Praxis außerhalb dessen eigenem engeren Wirkungskreis (seinen Kunden, Mitarbeitern und Schülern - die halten das natürlich aus Expertenmund für authentische Fachsprache) nicht vorkommt. Auch hat noch niemals sich über den Sinn des Begriffes Korrekturlesen ernsthaft den Kopf zerbrochen oder sich das Wort nicht merken können. So wird man wohl auch weiterhin dabei bleiben.
Es ist ja schön, wenn man hinter jeder Buchstabenfolge den tieferen Sinn des Wortes, das daraus gebildet wird, erahnt. Als Fachmann denkt sich da manch ein Sprachmutiger, es müsse - spätestens ab einer entsprechenden profi-etymologischen Vermutung - Lithfaßsäule heißen, denn im »Printbereich« spricht man ja auch von Lithographie, Lithos usw. - obwohl der dahinter liegende ursprüngliche Begriff Stein (Lithographie heißt Steindruck) mit der heutigen Technik nicht mehr das Geringste zu tun hat. Nun leitet sich der Name der Plakatsäule von dem ihres Erfinders, des Berliner Buchdruckers E. Litfaß, her - weshalb auch die reformierte Schreibweise »Litfass« völlig unzulässig ist.
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Walter Lachenmann
eingetragen von Elke Philburn am 19.04.2002 um 07.23
Es mag ja sein, Herr Lindenthal, daß Sie nie von ihren Schülern für das Wort prüflesen kritisiert wurden. Dagegen kann sich ein Schüler nicht sicher sein, ob sein Lehrer ihm ein Wort abnimmt, das kaum jemand kennt und an dessen Stelle man ein viel gebräuchlicheres setzen kann.
('Prüflesen? Sie meinen sicher Korrektur lesen.')
eingetragen von Detlef Lindenthal am 19.04.2002 um 07.00
Walter Lachenmann schrieb:
>>„Was den Text angeht, so spricht man vom Korrektur(en)lesen. Prüflesen ist kein gängiger Begriff in diesem Bereich, klingt sehr fremd und reingeschmeckt, kommt eigentlich – soweit ich sehe – gar nicht vor. “<<
Lieber Herr Lachenmann, wenn alle so wenig Sprachmut hätten wie Sie, würde es heute weder Bahnhof noch (Zug-)Abteil noch Fahrkarte geben. Das neue Wort prüflesen hat den Vorteil, daß jedes Schulkind es in etwa und ohne langes Erklären versteht.
Das Sprachempfinden „sehr fremd und reingeschmeckt“ werden nur wenige Menschen teilen, denen die Wendung Korrektur lesen ans Herz gewachsen ist; keiner meiner Kunden, Mitarbeiter und Schüler hat prüflesen je beanstandet. Übrigens sehe ich die Wortbildung so wie bei schneidbrennen (mit Azetylen und Sauerstoff) oder trennschleifen (mit dem Trennschleifer, der Flex, dem Winkelschleifer, welche gleichbedeutend sind). Sinnvolle Anwendungen sind selten, aber deutlich: „Mit dieser Maschine kann man besonders gut trennschleifen“ oder: „Die Auszubildenden sollen können: auftragschweißen, schneidbrennen, trennschleifen.“ – Hierfür noch ein hübsches Zitat aus dem Netz:
„Especially productive in German are double verb compounds, e.g. trennschleifen (cut off by grinding); spritzgießen (make a molding with the help of an injection molding machine); streckziehen (stretch-form).“ (www.ncta.org/html/art1.html)
Gerade die Fachsprachen haben einen hohen Bedarf an noch genaueren Wörtern, und dafür sind Zusammensetzungen Tuwort+Tuwort nützlich. (Übrigens, die Fachsprachen sind es, mit denen der Mehrwert geschaffen und das Geld verdient wird. Ohne Fachsprachen kein Erdgas, kein Kraftverkehr und keine Bananen.)
Je mehr sich die Schreiber in diesem Forum sicher sind, daß es jenes Wort prüflesen eigentlich gar nicht gibt, um so ungetrübter ist meine Freude, daß ich es erfunden habe. Danke!
Wenn ein Abiturient (grob geschätzt) jedes zweite Wort aus dem Duden kennen soll, so muß er vom 2. bis zum 19. Lebensjahr, also in 17 Jahren, etwa 60.000 Wörter lernen; das sind rund 10 Wörter an jedem Tag; auch im Kindergarten, auch sonntags und auch in den Ferien. Wörter wie Korrektur oder Billet oder Perron lassen sich schlechter lernen und auch behalten als Berichtigung, Fahrkarte, Bahnsteig, Hausschuh, Regenrinne, Affenstall, Hasenstall, Kaninchenstall, Kuhstall, Pferdestall, Hühnerstall – etliche dieser Wörter kennt der Mensch, auch wenn er sie bisher noch kein einziges Mal gehört hat.
Auch das von Professor Ickler der Kürze wegen gelobte Wort bat ist weniger gut als die gute alte deutsche Fledermaus: Letzeres Wort läßt sich ohne weiteres nach einmaligem Hören mindestens im Passivwortschatz behalten, denn Maus ist bekannt, und für mittelmäßig begabte Kinder ist es einfach, die gedankliche Brücke von Fleder- zu Flatter- zu schlagen.
In meiner Kindheit hatte mein Bruder eine blecherne Lötlampe aus DDR-Produktion mit eingeprägtem Fledermausbild und den drei Buchstaben BAT. Hätte dort Fledermaus gestanden, hätte ich den Zusammenhang sicherlich buchstabierend ergründet; BAT brachte ich eher mit der Abkürzung British American Tobacco in Verbindung, welche auf den Lithfaßsäulen an meinem Schulweg zu sehen war.
Die Wortzusammensetzungen im Deutschen sind eine große Stärke dieser Sprache; deswegen finde ich die neuen Wörter (und teilweise Übersetzungen) prüflesen, Netzpost, Netzziel, (Netz-)Knoten, Rasterkasten, Festplatte, herunterladen, Hartware, Weichware, Mäusewiese, Mäuseklavier, Klappwegweiser gut.
Wo wir bei den deutschen Wörtern sind: Bemerkenswert ist, daß die Verdeutschung Triebwerk es „nur“ bis zu den Turbinen-Motoren der Flugzeuge geschafft hat und immerhin einmal bis in eine Werbeanzeige von BMW; und Wagen muß wohl mindestens Ledersitze haben und breite Schlappen; sonst sagen wohl die meisten Leute Auto dazu.
Gruß,
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Detlef Lindenthal
eingetragen von Walter Lachenmann am 18.04.2002 um 21.10
Zitat:Im Verlagswesen kommt der Begriff »prooflesen« nicht vor. Den Begriff »Proof« kennt man nur als elektronisch/chemisch erzeugten Ersatz für Andrucke, also Bilder. Beim »Proofen« wird das Druckergebnis im voraus simuliert, um die Bildqualität vor dem eigentlich Drucken beurteilen und darauf Einfluß nehmen zu können. Solche Proofs »liest« man natürlich nicht, man schaut sie an und vermerkt darauf gegebenenfalls seine Änderungswünsche usw.
Ursprünglich eingetragen von Reinhard Markner
Zum Fall "prooflesen" würde man gerne mal die Expertenmeinung von Verleger Walter Lachenmann hören.
Was den Text angeht, so spricht man vom Korrektur(en)lesen. Prüflesen ist kein gängiger Begriff in diesem Bereich, klingt sehr fremd und reingeschmeckt, kommt eigentlich - soweit ich sehe - gar nicht vor. Gegenlesen ist wieder etwas anderes, das ist eher die Kontrolle eines Textes durch einen Kollegen auf Inhaltliches hin, wobei natürlich auch Orthographiefehler angemerkt werden.
Nicht uninteressant ist, daß der Beruf des Korrektors traditionell ein Arbeiterberuf war. Ein Korrektor mußte (auch aus gewerkschaftlichen Gründen) die Berufsausbildung des Schriftsetzers absolviert haben (Voraussetzung war Volksschulabschluß), daran schlossen sich Weiterbildungskurse in Rechtschreibung an, die aber schon in der Setzerausbildung eine wichtige Rolle spielte. Beim Korrekturlesen geht es nicht allein um die Orthographie, sondern zum Beispiel auch darum, Schriftschnitte richtig zu erkennen, auf Einhaltung typographischer Regeln zu achten, grammatikalisch wohl nicht falsche aber »unprofessionelle« Schreibungen anzumerken (keine Silben abtrennen mit weniger als drei Buchstaben, jedenfalls nicht hinten, Wörter unter fünf Silben nicht trennen, auch wenn es nicht falsch wäre, z.B. Ha-se, ei-ne usw.)
Korrektoren hatten vom ganzen Berufsverständnis und Selbstverständnis her eine sehr angenehme handwerklich-solide, ästhetisch sensible und pragmatische Prägung, aus der auch der für die orthographische Praxis wegweisende »Buchdrucker-Duden« wohl entstanden sein mag, und viele Korrektoren und Setzer eigneten sich durch den intensiven Umgang mit Texten aus den unterschiedlichsten Wissensgebieten eine beeindruckende Bildung an. Ich volontierte in den 50er Jahren in einer Tübinger Universitätsdruckerei, in der sich Schriftsetzer bzw. Korrektoren und Professoren durchaus »auf Augenhöhe« über griechische, hebräische und andere wissenschaftliche Texte bzw. deren orthographische Darstellung berieten.
Ein neu nach Tübingen berufener Professor aus Norddeutschland berichtete gleich in den ersten Tagen seines Aufenthalts in der schwäbischen Universitätsstadt nach Hause, wie beeindruckt er davon sei, daß selbst das einfache Volk in dieser Stadt das Griechische in die Alltagssprache aufnähme. Er hätte den Satz zwar rein vom Vokabular her nicht verstanden, aber ein Einheimischer habe, als das Licht plötzlich ausging, in homerischer Manier ausgerufen: Isinixmai! Das muß kein Schriftsetzer gewesen sein, denn das heißt auf tübingerisch nichts anderes als »Ich sehe nichts mehr.« - Über Tübingen wirkt eben Hölderlins Äther, es ist schon was dran.
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Walter Lachenmann
eingetragen von Reinhard Markner am 18.04.2002 um 11.24
Es kommt, was sogar die Reformer gemerkt haben, natürlich nicht zuletzt darauf an, ob die ersten Bestandteile dieser Zusammensetzungen auch ein Eigenleben führen, was bei Prüf und Spritz nicht der Fall ist.
Zum Fall "prooflesen" würde man gerne mal die Expertenmeinung von Verleger Walter Lachenmann hören.
eingetragen von Werner Fahnenstich am 18.04.2002 um 09.03
Jetzt verstehe ich armer Grammatikamateur gar nichts mehr. Wieso ist lt. Herrn Ickler "Probe fahren" korrekt, während prüflesen, spritzgießen, bergsteigen u.s.w. ausschließlich und ohne jede Diskussion klein und zusammen geschrieben werden? Kann mich bitte jemand aufklänren?
Gruß in die Runde
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Werner Fahnenstich
eingetragen von Reinhard Markner am 18.04.2002 um 08.11
Sowohl prüfen als auch proof gehen auf lat. probare zurück. Womit wir wieder bei der Probefahrt wären. Lesen Sie auch manchmal Texte probe, lieber Herr Ickler, bevor Sie sie fahnelesen ?
eingetragen von Theodor Ickler am 18.04.2002 um 01.56
Gegenlesen tut ein anderer, prüflesen muß ich leider meistens selber, liebe Frau Philburn.
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Th. Ickler
eingetragen von Christian Melsa am 17.04.2002 um 22.05
Zitat:Zum Beispiel auch "Eisschnell-Läufer". Ich laufe Eisschnell...?!
Ursprünglich eingetragen von Martin Reimers
Hier müßte man wirklich Leute fragen, die sich mit Wintersportarten auskennen.
Hm. Oder doch eher Ich laufe Eis schnell? Wäre eine nette Falle für die Dudenberatung.![]()
eingetragen von Elke Philburn am 17.04.2002 um 21.59
Ich vermute mal, prüflesen ist sowieso nur eine Lehnübersetzung von to proofread. Das Wort wird nämlich nach Google auffallend oft im Kontext von EDV gebraucht, und da häufen sich die Anglizismen bekanntlich.
Andererseits kann man auch gegenlesen sagen und sich die Umstände ersparen.
eingetragen von Martin Reimers am 17.04.2002 um 21.52
Daß "bergsteigen" nur im Infinitiv gebraucht wird, hat sich ja schon bis in die Duden-Redaktion herumgesprochen. Unter "eislaufen" wird dagegen wieder die ziemlich merkwürdige Form "ich laufe Eis" vorgeschrieben.
Letztlich weiß ich aber auch nicht, ob es die finite Form nicht doch gibt (die Groß- oder Kleinschreibung ist natürlich eine andere Frage). Hier müßte man wirklich Leute fragen, die sich mit Wintersportarten auskennen.
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Martin Reimers
eingetragen von Detlef Lindenthal am 17.04.2002 um 19.43
Es gibt manche Wörter, die werden nur in der Grundform gebraucht
(Wir wollen bergsteigen / prüflesen / spritzgießen)
und als Mittelwort 2 (Partizip 2):
(Ich bin berggestiegen / habe Deinen Aufsatz prüfgelesen)
und vielleicht auch noch als Mittelwort 1: Bergsteigend haben wir Edelweiß gesucht (naja).
Die Auftrennung ist bei manchen Wörtern nicht vorgesehen:
*Ich lese gerade Deinen Aufsatz prüf ?
Richtig: Ich bin gerade dabei, Deinen Aufsatz prüfzulesen.
*Ich steige morgen berg ? *Ich bergsteige morgen ?
Richtig: Ich will / werde morgen bergsteigen.
Richtig ist ohnehin: Er hat den Aufsatz prüfgelesen ; denn die segensreiche Wirkung seines uneigennützigen sprachpflegerischen Einsatzes dauert noch fort.
In gleicher Weise: Er hat den Aufsatz gelesen; denn wie sollte man den folgenden Halbsatz ergänzen:
Er las den Aufsatz > > > > >
> zu Ende, dann räusperte er sich und griff nach dem Rotstift. Jetzt einen sinnvollen Satz mit prüflas oder war dabei prüfzulesen ???
Erbitte ggf. Widerspruch und/oder Ergänzung.
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Detlef Lindenthal
eingetragen von Elke Philburn am 17.04.2002 um 19.19
Müßte man sich nur noch einigen, ob das als trennbares Verb gelten soll ('Er las den Aufsatz prüf') oder nicht ('Er prüflas den Aufsatz'). Sonst versteht man das miß.
eingetragen von Theodor Ickler am 17.04.2002 um 13.46
prüflesen hat unzählige Vorbilder, z. B. spritzgießen. Das ist ganz in Ordnung, ich könnte es mir in der nächsten Auflage vorstellen.
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Th. Ickler
eingetragen von Detlef Lindenthal am 17.04.2002 um 12.14
... habe ich einfach als neues Wort prüflesen genommen. Im Duden und im Ickler steht es nicht. Andere haben es auch erfunden, es ist bei Google 56mal verzeichnet.
Nach R 207 im Duden, 20. Auflage („Man schreibt ein Substantiv mit einem Verb zusammen, wenn das Substantiv verblaßt ist und die Vorstellung der Tätigkeit vorherrscht“), war Korrekutur lesen n.m.M. bereits fragwürdig, prüflesen hingegen eindeutig im grünen Bereich.
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Detlef Lindenthal
eingetragen von Norbert Schäbler am 17.04.2002 um 06.34
Ein ganz kleines bißchen unscharf und zweideutig ist „Probe fahren“ schon, allerdings nur, wenn man die Gänsefüßchen anders setzt: "Probe" fahren.
Den Ford „Probe“ gibt es nämlich als Autotyp.
Übrigens kann man aufgrund einer EU-Verordnung, demnächst auch beim Chrysler-Händler „Probe“ fahren, weil demnächst die Händler autorisiert werden, sämtliche Automarken unter einem Dach zu führen.
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nos
eingetragen von Theodor Ickler am 17.04.2002 um 02.55
Ich glaube, gegen Probe fahren kann man so wenig einwenden wie gegen Korrektur lesen usw.
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Th. Ickler
eingetragen von Werner Fahnenstich am 16.04.2002 um 18.11
Aus der Chrysler-Werbung für den PT Cruiser, gelesen im "Stern":
"Jetzt Probe fahren."
Wenn schon, dann möchte ich den PT-Cruiser fahren und keine Probe.
Gruß in die Runde
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Werner Fahnenstich
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