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-- Fragen und Gedankensplitter (http://Rechtschreibung.com/Forum/showthread.php?threadid=509)
eingetragen von Wolfgang Scheuermann am 16.09.2003 um 07.45
Die Stuttgarter Zeitung hatte - laut Nachrichten-Board - ihre Leser anläßlich des Tages der deutschen Sprache zur Kritik aufgerufen.
Ein Schulmann, der Leiter eines Stuttgarter Gymnasiums, wies die Zeitung auf einen Fehler hin: "Gräuel" sei laut Duden, 21. (!) Auflage, nicht Neutrum, sondern Maskulinum.
Ich meinte, die sächliche Form zuletzt häufiger gelesen zu haben - und ... was sagt unser aller Google?
"Das Greuel" zu "der Greuel": 1 zu 12,4;
"das Gräuel" zu "der Gräuel": 1 zu 5,6.
Nachdem "Gräuel" eindeutig neuer ist als "Greuel" - könnte dies ein Hinweis darauf sein, daß "Gräuel" dabei ist, sich zu versächlichen?
(Die obigen Zahlenverhältnisse sind systematisch deutlich zugunsten von "der" verschoben, da natürlich auch Pluralformen erfaßt sind.)
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Dr. Wolfgang Scheuermann
eingetragen von Wolfgang Scheuermann am 05.08.2003 um 19.46
Unter Netscape Communicator 4.75, den ich im Verlag weiter nutze, tritt das Problem nicht auf - allerdings sieht die neue Startseite damit mehr als scheußlich aus.
Unter Microsoft - wie heißt da gleich der Browser? - muß man nur darauf achten, daß man nicht noch die alte Oberfläche im Cache hat (ggfs. Cache löschen) - und dann darf man nicht vergessen, das Kästchen "7-Tage-Rückblick" anzuklicken - daraufhin erntet man momentan 15 Treffer.
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Dr. Wolfgang Scheuermann
eingetragen von Christoph Kukulies am 05.08.2003 um 15.41
Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Theodor Ickler
Was ist eigentlich mit Paperball los - oder mit mir? Wenn ich z. B. "Rechtschreibreform" eingebe, findet sich rein gar nichts, obwohl doch die Zeitungen allerhand davon enthalten.
Finde ich auch sehr merkwürdig. Gibt man z.B. "Duden" ein, so findet man sofort einen Artikel v. 25.7. aus der Sächsischen Zeitung, in der das Wort Rechtschreibreform vorkommt.
Als ob man das Wort Rechtschreibreform zensiere.
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Christoph Kukulies
eingetragen von Christian Stang am 05.08.2003 um 15.30
GOOGLE bietet jetzt eine "News-Suche" in "700 kontinuierlich aktualisierten Nachrichtenquellen" unter http://news.google.de/
eingetragen von Theodor Ickler am 05.08.2003 um 15.08
Was ist eigentlich mit Paperball los - oder mit mir? Wenn ich z. B. "Rechtschreibreform" eingebe, findet sich rein gar nichts, obwohl doch die Zeitungen allerhand davon enthalten.
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Th. Ickler
eingetragen von margel am 18.07.2003 um 17.26
Was mögen sich spätere Leser einmal unter einer "Gesundheitsreform" vorstellen, was unter einer "Fischer-Reise" oder "Schröder-Rede"?
eingetragen von J.-M. Wagner am 13.07.2003 um 14.00
Zu dem Quadrat, welches das Geviert bildet, siehe z. B. hier.
Mir ist schon klar, daß es, typographisch gesehen, den englischen Sprachraum nicht gibt ich hatte ja explizit nach der Verbreitung einer entsprechenden Konvention im englischsprachigen Raum gefragt. Läßt sich zu der bevorzugten Variante des Gedankenstriches diesseits und jenseits des Atlantiks noch etwas Konkreteres sagen?
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Jan-Martin Wagner
eingetragen von Reinhard Markner am 12.07.2003 um 16.02
Die von Herrn Lindenthal genannte und optisch verdeutlichte Form ist verbreitet, wird aber nicht von allen Verlagen bevorzugt. Von »englischem Sprachraum« würde ich in diesem Zusammenhang übrigens nicht sprechen, es gibt mancherlei Unterschiede in den typographischen Konventionen diesseits und jenseits des Atlantiks (vergleichbar der abweichenden Verwendung der Guillemets in Deutschland und der Schweiz).
eingetragen von Detlef Lindenthal am 12.07.2003 um 10.15
Zum Geviert sagen Latinosnobs gewöhnlich Quadrat.
Im Deutschen werden Gedankenstriche von Leerraum umgeben so wie hier.
Im Englischen haben die Gedankenstrich m-Breite und keinen Leerraum umzu. Just like thiswithout whitespace.
Die Wirkung ist in beiden Fällen die gleiche: die Grauwirkung der Zeile erfährt eine von der gestaltheischenden Seele des Lesers wahrnehmbare Unterbrechung.
Trenn- und Bindestrich sollte wohl dasselbe sein.
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Detlef Lindenthal
eingetragen von Stephan Fleischhauer am 12.07.2003 um 09.33
Ich weiß zwar nicht, was ein Geviert ist, habe aber in englischen Texten auch schon den "langen" Gedankenstrich ohne Zwischenräume gesehen. Das scheint mir recht verbreitet zu sein.
eingetragen von J.-M. Wagner am 11.07.2003 um 17.41
Ich habe zwei Fragen zur typographischen Konvention im englischsprachigen Raum, was die Verwendung von Strichen betrifft:
1.) Welcher Strich wird üblicherweise als Gedankenstrich verwendet, und wie wird er gesetzt? Im deutschsprachigen Raum wird ein Halbgeviert mit Zwischenraum gesetzt. Kann es sein, daß im englischsprachigen Raum stattdessen ein kompreß gesetztes Geviert üblich ist, und wenn ja, wie üblich ist das (durchgängig verbreitet oder hausorthographisch geprägt)?
2.) Wie üblich ist es, typographisch zwischen einem Binde- und einem Trennstrich zu unterscheiden, indem der Bindestrich etwas länger ist? Gibt es evtl. bestimmte Situationen, in denen dieser Unterschied bevorzugt zum Tragen kommt?
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Jan-Martin Wagner
eingetragen von Walter Lachenmann am 31.01.2003 um 11.08
Danke für den Hinweis auf Raddatz. Es beruhigt mich, daß ich nicht der einzige bin, der Gernhardt für völlig überschätzt und in der Substanz für abgrundtief humorlos hält. Natürlich stand in der SZ "dass", ich habe mich sozusagen vertippt.
Ginge es ihm nicht schon so gut, könnte Gernhardt in der Wirtschaft sicherlich viel Geld verdienen als Humorberater. Weltfirmen setzen solche Leute, die zuvor eine harte Schulung durchmachen müssen, ein, um den Mitarbeitern in interaktiven Humorseminaren zu vermitteln, wie eine entspannte und kontrolliert fröhliche Büroatmosphäre das Wohlbefinden des Einzelnen und im Synergieeffekt deren Produktivität bzw. die des Unternehmens drastisch anhebt. Es handelt sich um eine Innovation, über die nicht gelacht werden darf.
– geändert durch Walter Lachenmann am 01.02.2003, 17.31 –
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Walter Lachenmann
eingetragen von Jörg Metes am 31.01.2003 um 10.29
Eine recht schlechte Meinung von der Lyrik Robert Gernhardts hat auch, wie unlängst in der 'Zeit' zu lesen war, Fritz J. Raddatz.
- Doch um auf unser eigentliches Thema zurückzukommen: Hat die 'Süddeutsche' den Gernhardtschen Vers tatsächlich korrekt mit daß zitiert?
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Jörg Metes
eingetragen von Walter Lachenmann am 30.01.2003 um 22.02
Quizfrage, leider eine nicht so ganz appetitliche.
1.
Mit dem Schwanze in der Hand
kommst du durch das ganze Land
2.
Pimmel an der Wand,
daß ich dich hier fand.
Was ist der Unterschied zwischen diesen beiden Latrinensprüchen, wie man sie in anderen Varianten an den entsprechenden öffentlichen Örtlichkeiten nebst allerlei pikturalen Schweinekritzeleien landauf landab antrifft?
Vers 1 ist eine ganz gewöhnliche pubertäre Albernheit aus dem Ferkelsektor.
Vers 2 ist ein Werk des deutschen Dichters Robert Gernhardt und im Feuilleton der Süddeutschen Zeitung vom 28. Januar 2003 wiedergegeben. Niemand hätte dies besser formulieren können als er, sagt das Feuilleton. Es habe zu tun mit moderner Höhlenmalerei als Überlebensmethode und Sehnsuchtsversprechen.
Ja, jetzt wo man weiß, daß dies ein Werk von Robert Gernhardt ist, spürt man plötzlich den ganzen hintergründigen, fast wehmütigen Humor darin! Ein tolles Gedicht, fast wie Dadada, blablabla, gagaga.
Angenommen, auch Vers 1 wäre von Robert Gernhardt, dann wäre dieser natürlich von demselben hintergründigen Humor beseelt, einem etwas weniger wehmütigen, sondern schon etwas frohgemuteren. So aber ist und bleibt dieser eine kleine, harmlose Sauerei.
Da fällt mir noch ein Gedicht ein, das zu dem CONGRESSCENTRUM in Bremen paßt. Wahrscheinlich kennt es jeder, zumindest jeder Lateiner. Leider ist es nicht von Robert Gernhardt, kann also nicht den Rang von Dichtung für sich in Anspruch nehmen:
Käkar und Kikero kickten im Konkil
Käkar im Kylinderhut, Kikero in Kivil.
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Walter Lachenmann
eingetragen von Theodor Ickler am 30.01.2003 um 16.04
Goethe erzählt vom abschreckenden Reitunterricht, und daß er später trotzdem ein sehr guter und waghalsiger Reiter geworden sei. Dann fährt er fort:
"Es kommt übrigens der Fall oft genug vor, daß, wenn die Anfänge einer abgeschlossenen Kunst uns überliefert werden sollen, dieses auf eine peinliche und abschreckende Art geschieht. Die Überzeugung, wie lästig und schädlich dieses sei, hat in spätern Zeiten die Erziehungsmaxime aufgestellt, daß alles der Jugend auf eine leichte, lustige und bequeme Art beigebracht werden müsse; woraus denn aber auch wieder andere Übel und Nachteile entsprungen sind."
(DuW I:4)
– geändert durch Theodor Ickler am 01.02.2003, 08.30 –
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Th. Ickler
eingetragen von Walter Lachenmann am 29.01.2003 um 21.00
Irgendwo zwischen München und Hamburg: Ein Büromöbellieferant wirbt für CONCEPTE.
In Bremen gibt es ein CONGRESSCENTRUM
Bei Hannover: »Vitex Schleifmittel - weltbekannt«. Wie kommt es, daß ich davon noch nie gehört habe?
Kugelschreibergekritzel auf dem verlotterten Rucksack meines dahingelümmelten Gegenübers (ganz in schwarzes Leder gekleidet, Lederarmbänder mit spitzen Nieten, schlechtgelauntes, junges Gesicht mit eigentlich ganz lieben braunen Kulleraugen, aus dem Kopfhörer hämmernde Geräusche wie aus der Schwerindustrie, blickt verständnislos in eine Art Illustrierte aus schwarzem Papier, auf der weiße Schrift und Bilder von mittelalterlichen Burgen und Drachen zu erkennen sind): »Fuck you all - und nennt mich GOTT«. Ich tue weder das eine noch das andere, sondern ziehe um in den Speisewagen.
Und lese in Sten Nadolnys Buch »Das Erzählen und die guten Ideen« folgendes: »Stellen wir uns einen Autor vor, der die Rechtschreibreform haßt. Haß meint stets die Typen zu kennen, die aus Wichtigtuerei, Stumpfsinn oder saudummen guten Absichten irgend etwas angerichtet haben. Ganz nahe liegt dem Autor nun die Idee, eine Art Bestiarium unter dem Titel ›Die Rechtschreibreformer‹ zu errichten und diese darin wie Wachsfiguren in Madame Tussauds Kabinett zu London (Abteilung ›Mörder‹ natürlich) aussehen zu lassen. Wut verleiht Ideen und Sprache, sobald man nicht mehr gelähmt ist von der Widerwärtigkeit des auslösenden Vorgangs. Es kann sogar vergnüglich und gesund sein, sich seine Wut durch schön erstunkene, brillant ätzende Charakteristiken vom Leib zu schreiben.« (Hat Nadolny bei uns hier schon mal hereingeschaut? Keine Ahnung!)
Schräg gegenüber sitzt auch einer, der ein Buch vor sich hat. Er schaut immer zu mir herüber, vielleicht weil auch ich mit einem Buch dasitze, als ob er ein Gespräch von Buchleser zu Buchleser suche, unter Intellektuellen, sozusagen auf Augenhöhe. Ich erkenne aber, daß sein Buch von fränkischen Kochrezepten handelt, und lese erhobenen Hauptes weiter bei Nadolny: »Goethe sagt, zum Schreiben gehörten zweierlei, ›Talent und Ereignis‹. Das letztere hat nichts mit Eigenheit, Eignung oder Aneignung zu tun, sondern mit dem Auge, dem Eräugen von etwas, es ist ›Eräugnis‹ (das war den Rechtschreibreformern glücklicherweise nicht bekannt).«
Daheim: In der Münchner Residenzstraße verkündet ein elegantes Geschäft: WE CLOSE THIS STORE. FINAL SALE. Im Schaufenster: ROCK / EURO 300,-. Es ist aber kein Felsbrocken, sondern ein Kleidungsstück.
In der Süddeutschen Zeitung: Bush und Rumsfeld sind »raubeinig«. Ich habe das erst als Analogie zu »handelseinig« verstanden. Warum bloß? Es fehlt das h - drum!
Wenn einer eine Reise tut, dann kann er was erzählen. Das war's.
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Walter Lachenmann
eingetragen von Theodor Ickler am 02.12.2002 um 10.39
Heute macht Annemarie Schimmel, eine der bedeutendsten Orientalistinnen (Männer eingeschlossen), in der FAZ darauf aufmerksam, daß der Artikel bei Iran falsch ist, im Gegensatz zum Irak. Natürlich im philologischen Sinne. Ich werde das in Zukunft beherzigen, als kleinen Beitrag zur Sprachkultur.
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Th. Ickler
eingetragen von Reinhard Markner am 01.09.2002 um 16.49
Da die meisten Ländernamen auf -ien, -land oder -stan (das ist Persisch und bedeutet Reich, Land) enden und diese alle sächlich sind, ist der Aufwand nicht sehr groß. Verblüffend ist vielleicht, daß es nicht »die Dänemark« und nicht (außer in dem von mir genannten Fall) »im Frankreich« heißt.
eingetragen von Wolfgang Scheuermann am 01.09.2002 um 15.02
Er muß in jedem Falle eine Länderliste lernen. (Oder gibt es da auch noch einen anderen Weg?)
Nebenbei: Die Sache mit dem Genus hatte Herr Markner ja schon beschrieben.
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Dr. Wolfgang Scheuermann
eingetragen von Hanno Hebberling am 01.09.2002 um 12.34
Nach meiner rein phänomenologisch begründeten Einschätzung liegt die unterschiedliche sprachliche Verwendung von etwa "im Iran" oder "in Deutschland" doch schlicht im Genus der Ländernamen:
Der Iran, der Jemen, der Süden, aber
das Deutschland, das Frankenreich bzw.
die Schweiz, die Vereinigten Staaten.
Entsprechend folgt für mich ganz natürlich die Deklination, also folgerichtig im (in dem) Iran, im Jemen, in Deutschland, in der Schweiz.
eingetragen von Wolfgang Scheuermann am 31.08.2002 um 11.44
für die überzeugende (und verblüffend einfache) Antwort. Es gibt also doch eine Regel, eine sehr klare sogar, aber man braucht die offenbar nicht zu kennen, um doch richtig schreiben zu können. Auch wieder irgendwie faszinierend, nicht wahr?
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Dr. Wolfgang Scheuermann
eingetragen von Reinhard Markner am 30.08.2002 um 16.39
Zitat:
Ich kenne mehrere Perser, die Wert darauf legen, als Iraner bezeichnet zu werden und die es als geradezu beleidigend empfinden, wenn man "im Iran" sagt. Sie meinen, ihr Land würde damit herabgesetzt, man dürfe nur "in Iran" sagen (und zweifellos kann man auch das häufiger lesen).
Ich denke, das ist eine ganz interessante Frage: Werden "richtige" Ländernamen ohne und "neue" mit Artikel verwandt?
Ad 1. Der irritierende Effekt solcher Reaktionen entsteht dadurch, daß keine Beleidigung intendiert war. Aus der Sicht von Sprachhygienikern der politisch korrekten Observanz spielt das keine Rolle, entscheidend ist nur das Bewußtsein der Adressaten. Da die Funktion der direkten Artikel im heutigen Farsi nicht wirklich allgemein bekannt ist, kann über die Berechtigung der subjektiven Erregung des iranischen Adressaten natürlich auch niemand urteilen. In einer Gesprächssituation sollte man vielleicht daran erinnern, daß es noch keinen Deutschen aufgeregt hat, daß Deutschland von den Franzosen als Alemannien, von den Finnen aber als Sachsen bezeichnet wird (usw.).
Ad 2. Im Französischen bekommen alle Länder einen Artikel verpaßt, im Deutschen nur wenige. Warum ? Im Grunde sind die Verhältnisse gar nicht so verschieden, denn es ist keine Frage des Artikels, sondern des Geschlechts, und das Französische kennt kein Neutrum. Nur männliche und weibliche Staatsnamen fordern immer einen Artikel. Vgl. aber »im Spanien Francos« und »das Spanien Francos«. Der Perser wird sich also auf jeden Fall mit der Formulierung »im Iran der Ajatollahs« abfinden müssen.
eingetragen von Wolfgang Scheuermann am 30.08.2002 um 11.22
Kürzlich wurde von einem Forumsteilnehmer darauf hingewiesen, daß man in letzter Zeit häufiger "in Irak" lesen könnte - ich kann den Beitrag leider nicht mehr finden.
Ich kenne mehrere Perser, die Wert darauf legen, als Iraner bezeichnet zu werden und die es als geradezu beleidigend empfinden, wenn man "im Iran" sagt. Sie meinen, ihr Land würde damit herabgesetzt, man dürfe nur "in Iran" sagen (und zweifellos kann man auch das häufiger lesen).
Ich denke, das ist eine ganz interessante Frage: Werden "richtige" Ländernamen ohne und "neue" mit Artikel verwandt? Zunächst einmal ist meines Wissens nie jemand jemals auf die Idee gekommen, "in UdSSR" oder "in Sowjetunion" zu sagen; ähnlich sagt mir mein Empfinden, daß es falsch ist, "in USA" zu sagen, aber das kommt dennoch öfter vor.
Aber daraus kann mein keine Regel machen, es gibt, glaube ich, keine. (Tschad, Kongo, Elfenbeinküste usw. sind "komische" Beispiele.) Nehmen wir einmal "Mongolei". Kein Mensch sagt "in Mongolei". Jetzt erfinde ich einmal das Kunstland "Mongolien" - und? - Zweifellos "muß" es "in Mongolien" heißen, nicht wahr?
Ist da etwas, das dem Sprechenden intuitiv völlig klar ist, sich aber Regelungen entzieht? Wenn ja, wäre das wieder ein schönes Beispiel für die Hybris der Reformer, die unbedingt "regeln" wollten, manchmal ohne Sinn und Verstand.
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Dr. Wolfgang Scheuermann
eingetragen von Walter Lachenmann am 16.07.2002 um 06.47
Aus Albert Kapr, Schriftkunst (Dresden 1971):
Der Einfluß des Weimarer und später Dessauer Bauhauses auf die deutsche Schriftkunst wird häufig überschätzt. Obwohl auch bei seiner Entstehung die Einflüsse der englischen Erneuerungsbewegung nicht übersehen werden dürfen, man denke nur an die Rolle von van de Velde, entwickelte sich das Bauhaus durch seine starke Betonung des Technischen mehr zu einer Gegenbewegung, die starken Einfluß auf Architektur, Umweltgestaltung und technische Formgebung hatte, auch für die Typografie, besonders die Werbetypografie Impulse brachte, im Schriftschaffen jedoch durch die Unterschätzung der traditionsgebundenen Leseform nahezu unfruchtbar blieb. Die Typografen des Bauhauses bevorzugten die neutrale Venus- und Akzidenz-Grotesk. Zur Kennzeichnung der geistigen Situation am Bauhaus möchte ich auszugsweise einen Aufsatz von Josef Albers wiederholen: «Wir können nicht mehr klassisch sein. Zeit ist Geld. Weil wir wirtschaftlich denken müssen, werden wir immer mehr amerikanisieren. Wir entfernen uns vom Buch. Damit von der Schriftform des Buches. Die meisten Druck-Erzeugnisse sind nicht mehr Bücher. Dennoch herrscht in nicht buchmäßigen Druck-Erzeugnissen fälschlich die Buchschrift- und Buchsatzform. Gilt die ausgeglichene Zeile als richtig, muß die Schreibmaschine unrichtig schreiben. Mit rationalen Zeiten kommen konstruktive Betonungen.»
Auch die Anmerkungen von Herbert Bayer zu einer neuen Schrift vereinfachen die Aufgaben der Schrift doch zu sehr: «Die Typisierung der Buchstabenelemente auf Quadrat, Kreis und Dreieck verringert das Setzmaterial.» Die entsprechenden Zeichnungen konnten nie in die Produktion übernommen werden.
Es stimmt auch nicht, wenn die Futura-Grotesk von Paul Renner auf Einflüsse des Bauhauses zurückgeführt wird. Der Maler Paul Renner hatte im Gegenteil die Absicht, eine Endstrichlose im Sinne der Schrifttradition zu schaffen. Er nahm sich für seine Versalien die Proportionen der römischen Inschriften zum Vorbild, und auch die Kleinbuchstaben sind keinesfalls nur mit Zirkel und Lineal konstruiert, sondern optisch mit feinem Gefühl durchgearbeitet. Zum großen Erfolg der Futura haben allerdings auch die Anhänger der Bauhaustypografie oder der Elementaren Typografie beigetragen, die Renners Schrift mit Vorliebe verwendeten.
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Walter Lachenmann
eingetragen von Reinhard Markner am 15.07.2002 um 23.11
http://www.myfonts.com/FontFamily262.html
Futura is the fully developed prototype of the twentieth century Geometric Sanserif.
In 1927, stimulated by the Bauhaus experiments in geometric form and the Ludwig & Mayer typeface Erbar, Paul Renner sketched a set of Bauhaus forms; working from these, the professional letter design office at Bauer reinvented the sanserif based on strokes of even weight, perfect circles and isosceles triangles and brought the Universal Alphabet and Erbar to their definitive typographic form. Futura became the most popular sanserif of the middle years of the twentieth century.
Ironically, given its generic past, Futura is the only typeface to have been granted registration under copyright as an original work of art, and, further irony, given the key part played by the Bauer letter design office, the full copyright belongs to Renner and his heirs. This decision in a Frankfurt court implies that a further small group of older typefaces may also be covered by copyright in Germany, particularly those designed for Stempel by Hermann Zapf. This situation appears to be limited to this small group of faces in this one country, although protection of designers’ rights in newer typefaces is now possible in France and Germany through legislation deriving from the 1973 Vienna Treaty for the protection of typefaces.
Mergenthaler’s Spartan is a close copy of Futura; Ludlow’s Tempo is less close.
Functional yet friendly, logical yet not overintellectual, German yet anti-Nazi... with hindsight the choice of Futura as Volkswagen’s ad font since the 1960s looks inevitable.
eingetragen von Walter Lachenmann am 15.07.2002 um 21.02
Daß futura eine »Bauhaustype« sein soll, ist zumindest auch ungenau, etwa wie: Urania ist eine Schreibmaschine aus den dreißiger Jahren (weil sie so alt war, nannten wir die unseres Vaters, die übrigens kein ß besaß, »Urahnia«).
Daß futura für die lateinische Entsprechung des Wortes Zukunft gehalten wird, dürfte keine Seltenheit sein. Was ist es denn wirklich?
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Walter Lachenmann
eingetragen von Reinhard Markner am 14.07.2002 um 18.27
Frisör war in den 20er Jahren schwer hip, aber spätestens in den 60ern wieder ziemlich out. Seit den 80ern gab's dann die Coiffeur-Welle. Da kam man irgendwie auch ohne Kwafför aus. Noch kurz zuvor hatten holländische Rechtschreibreformer versucht, die Neuschreibung odeklonje einzuführen.
Die deutsche Tabakindustrie hat immer am C festgehalten, so wie die Chemiker bei Citronensäure. Kann man an Anzeigen aus den Fifties nachprüfen.
Futura ist übrigens eine Bauhaustype.
eingetragen von Theodor Ickler am 14.07.2002 um 04.24
Frisör war auf dem besten Wege, sich einzubürgern, da kam die schicke (chice) Verfremdungswelle über die Deutschen: Cigarette, Centrum usw. Das gilt im zutiefst provinziellen Deutschland als weltläufig.
Übrigens findet in Frankfurt etwas statt, was sich so beschreibt:
"Frankfurt Futura Mundi ist ein internationales Symposium, das ab 2002 als Höhepunkt des Themenschwerpunkts Bridges for a World Divided der Buchmesse Frankfurt stattfindet. Frankfurt Futura Mundi - Bridges for a World Divided schafft offene Foren, in denen wesentliche Aspekte einer gemeinsamen Zukunft der Menschen diskutiert werden."
Ich möchte wetten, daß diese Leute futura für die lateinische Entsprechung von Zukunft halten.
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Th. Ickler
eingetragen von Elke Philburn am 14.07.2002 um 03.02
Ich kann darüber auch nur spekulieren, aber mein Eindruck ist, daß man Eindeutschungen nur dort vorgenommen hat, wo sie konsequent möglich waren, ohne das Schriftbild völlig zu verfremden.
Bei Ingenieur hätte sich die Schwierigkeit ergeben, daß dieses Wort Laute enthält, die sich nicht durch einen deutschen Buchstaben repräsentieren lassen. Bei Friseur gab es dieses Problem nicht.
Im Gegensatz zu Bureau hätte man bei Niveau nicht nur die Buchstaben für die Vokale, sondern auch das v durch ein w ersetzen müssen, also Niwo. Nicht sonderlich schön. Andererseits gibt es gegen Niveaus nichts einzuwenden. Ebenso wenig wie bei LKWs. Man sagt ja auch BHs, CDs usw.
eingetragen von Hanno Hebberling am 11.07.2002 um 16.50
Hallo liebe Gemeinde der Unverzagten,
nachdem ich mit großem Interesse seit geraumer Zeit insbesondere die Beiträge in den Foren verfolgt habe, habe mich nun endlich als User registrieren lassen, um auch aktiv an den Diskussionen teilzunehmen zu können. Kurz zu meinem Hintergrund: wie aus meinem Profil ersichtlich, bin ich als IT-Consultant tätig, ein Homo Computri also. Vielleicht gerade deswegen bin ich ein umso größerer Freund unser Muttersprache, meine humanistische Schulbildung (altsprachliches Gymnasium) mag ein übriges dazu beigetragen haben. Ferner möchte ich noch erwähnen, daß ich seit etwa zwei Jahren in der Schweiz lebe, jedoch heimatverbundener Schleswig-Holsteiner bin.
Nun zu einigen meiner (zugegebenermaßen etwas ungeordneten) Fragen/Gedankensplittern:
Bereits zur Schulzeit fand ich es ausgesprochen hilfreich, die Herkunft von Fremd- und Lehnwörtern zu kennen, sowohl als Hilfe in semantischer als auch in orthographischer Hinsicht. Entsprechend bemühte und bemühe ich mich, Fremd- und Lehnwörter möglichst ursprungsnah zu schreiben, was schon mit meinen Deutschlehren zu Unstimmigkeiten führte. Beispielsweise bevorzuge ich Graphik vor Grafik, da es sich in der klassischen Schreibweise leicht und klar von griechischen graphein=schreiben ableiten läßt, die Ableitung in der ph-freien Schreibweise jedoch verlorengeht. Nun meine erste Frage an die Liguisten: in meiner Schulzeit lehrte man mich, "Bluse" eingedeutscht zu schreiben, aber andererseits "Blouson" wie im Französischen. Meine "Blouse" wurde mir folgerichtig als falsch angestrichen. Gerade bei diesen außerordentlich eng verwandten Wörtern will mir deren unterschiedliche Schreibweise bis heute nicht einleuchten. Gibt's da eine gute (sprich einleuchtende und nachvollziehbare) Erklärung?
Andere für mich unverständliche Wörter sind etwa:
"Ingenieur" im Gegensatz zu "Frisör" (brrr...sieht für mich grausam aus, der Frisör).
"Büro" im Gegensatz zu "Niveau". Apropos Niveau: wie schaut's denn da mit dem Plural aus? Darf ich Niveaux schreiben oder muß ich das berüchtigte Plural-s (a la LKW's) an den Wortstamm anhängen?
Fragen über Fragen...leider muß ich mich jetzt aus terminlichen Gründen ausloggen, bis später!
Hanno Hebberling
– geändert durch Hanno Hebberling am 13.07.2002, 00.57 –
Alle angegebenen Zeiten sind MEZ
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