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eingetragen von Heinz Erich Stiene am 25.07.2003 um 08.20
Was anderes hätte man von einem unserer Politiker, einem Berufsfeiertagsredner obendrein, erwarten sollen als das sattsam bekannte formalistische Gefloskel von der Stange? Da lobe ich mir die Einsicht des Alten Fritz. Der hatte bekanntlich ein gebrochenes Verhältnis zur deutschen Sprache, auch zur ihrer lautlichen Erscheinung. U.a. dachte er darüber nach - auf französisch, versteht sich - angeblich unschön klingende Wörter wie sagen, geben oder nehmen durch angehängtes –a wohltönender zu gestalten und durch sagena, gebena, nehmena zu ersetzen, denn: ces sons flatteront l‘oreille. Allerdings zweifelte der kluge König selbst an der Durchführbarkeit solcher Visionen, woran Theodor Mundt 1837 in seiner ‚Kunst der deutschen Prosa‘ so erinnerte: "Ihn wandelte freilich dabei sogleich die richtige Besorgniß an, daß, wenn auch der Kaiser selbst mit seinen acht Kurfürsten auf einem feierlichen Reichstag diese Aussprache durch ein Gesetz einführen wolle, es doch aller Orten heißen möchte: Caesar non est super grammaticos, und das Volk bei seiner hergebrachten Mundart verharren würde."
Unter den Verhältnissen einer parlamentarischen Demokratie liegen die Dinge natürlich anders.
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Heinz Erich Stiene
eingetragen von margel am 25.07.2003 um 07.09
Wenn ein Politiker auf eine unangenehme Frage nicht antworten will(sei es aus Unwissenheit, ideologischer Blindheit, manchmal auch schlichter Dummheit), dann antwortet er einfach auf eine nicht gestellte. Besonders einfältig und durchsichtig wirkt immer wieder die Berufung auf das BVerfG-Urteil. Der Fragesteller soll beeindruckt und zu ehrfürchtigem Schweigen gebracht werden, da doch das höchste, das letzte, das unantastbare deutsche Gericht die RR abgesegnet hat. Auch der Duden kann ja nicht oft genug betonen, daß die neue Rechtschreibung "amtlich" sei. Leider, leider kann man damit in Deutschland das Publikum noch immer für dumm verkaufen und ihm den größten Mist andrehen.
eingetragen von Theodor Ickler am 25.07.2003 um 03.54
Der Präsident des Deutschen Bundestages
Referat Kommunikation
Referentin
Berlin, 20.02.01
Sehr geehrter Herr D.,
(...)
Herr Thierse teilt Ihre Einschätzung der Rechtschreibreform als missglücktes, unsinniges Experiment in dieser Form nicht. Nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts verstößt die Einführung der Reform nicht gegen Grundrechte von Schülern und deren Eltern; auch konnte sie nach Entscheidung des Gerichts durch eine bloße Verordnung eingeführt werden. Dies wurde durch eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts bestätigt. Der Bundestagspräsident und sein Büro bedienen sich ebenfalls der neuen Rechtschreibreform.
Bundestagspräsident Thierse lässt Sie auf diesem Wege sehr herzlich grüßen.
Mit freundlichen Grüßen
(Unterschrift)
Katja Friedrich
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Th. Ickler
eingetragen von Matthias Dräger am 23.10.2002 um 08.31
Der Deutsche Bundestag hat in seiner Abstimmung zur Rechtschreibreform am 26. März 1998 beschlossen, daß die neue deutsche Rechtschreibung nicht in den Behörden des Bundes eingeführt werde.
Mit der fadenscheinigen (aber juristisch nicht anfechtbaren) Begründung, daß sich dieser Passus ja nicht im eigentlichen Beschluß des Bundestages, sondern "nur" in der Begründung befinde, hat die Bundesregierung es für möglich gehalten, diese Willensbekundung des höchsten demokratischen Gremiums unseres Staates unter den Tisch fallen zu lassen.
Die Folgen sind offensichtlich: Die Abgeordneten sind gezwungen, Drucksachen des Bundestages und anderer Verwaltungen in einer sog. "neuen" Rechtschreibung zu lesen, während wohl fast alle Abgeordneten auch die FAZ als eines der politischen Leitmedien lesen bzw. lesen müssen.
Hier werden die Menschen orthographisch aufgerieben und die selbstverständliche Sicherheit beim Schreiben untergraben. Daß dies kein Dauerzustand sein kann, dürfte eigentlich klar sein.
Hier wäre irgendwann einmal ein Salomonisches Urteil fällig, also entweder die unsägliche Reformerei aufzugeben oder Schirrmacher und Konsorten in Beugehaft zu nehmen, bis sie gelernt haben, sich den orthographischen Machtverhältnissen unterzuordnen.
eingetragen von Theodor Ickler am 22.10.2002 um 14.43
Herrn
Prof. Dr. Theodor Ickler
Universität Erlangen-Nürnberg
Institut für Germanistik
Ihre E-Mail vom 1. Oktober 2002
Sehr geehrter Herr Professor Dr. Ickler,
vielen Dank für Ihre E-Mail vom 1. Oktober 2002. Sie machen zu Recht
darauf aufmerksam, dass die Neuregelung der deutschen Rechtschreibung
seit ihrem In-Kraft-Treten am 1. August 1998 in den einzelnen
Wörterbüchern und auch in den jeweiligen Auflagen unterschiedlich
ausgelegt und umgesetzt worden ist. Von daher erklärt sich auch die
Schreibweise "eine Hand voll" in den Stenografischen Berichten des
Deutschen Bundestages.
Die Bundesregierung hatte beschlossen, die Neuregelung in den amtlichen
Schriftverkehr der Bundesverwaltung zum 1. August 1999 einzuführen. Seit
dem 1. Januar 2000 setzt der Stenografische Dienst des Deutschen
Bundestages die Neuregelung der deutschen Rechtschreibung in den
Stenografischen Berichten, den Protokollen der Plenarsitzungen, und in
Protokollen anderer Sitzungen um. Da diese Protokolle "aus einem Guss"
sein sollen, sind Einheitlichkeit, Eindeutigkeit und gute Handhabbarkeit
auch im Hinblick auf Orthographie zu gewährleisten.
Der Stenografische Dienst stützt sich bei der Umsetzung der Neuregelung
auf eine Quelle, auf den aktuellen "Duden - Die deutsche
Rechtschreibung", 22., völlig neu bearbeitete und erweiterte Auflage,
Mannheim 2000. Dies schließt allerdings nicht aus, dass in wenigen
Einzelfällen - auf einen haben Sie Bezug genommen - das Produkt eines
anderen Verlages eine andere Schreibung vorsieht.
Mit der oben genannten Vorgehensweise ist es aus unserer Sicht gelungen,
eine einheitliche, regelkonforme Umsetzung der Neuregelung der deutschen
Rechtschreibung in den Protokollen des Stenografischen Dienstes zu
gewährleisten.
Mit freundlichen Grüßen
(Unterschrift)
Deutscher Bundestag
Stenografischer Dienst
Platz der Republik 1
11011 Berlin
__________________
Th. Ickler
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