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eingetragen von Sigmar Salzburg am 11.10.2004 um 11.24

Aus dem gerade verschickten Rundbrief 3/04 des Deutschen Freidenkerverbandes e.V., Landesverband Nord:

Für und Wider die Rechtschreibreform

Gedanken eines Korrektors

Im August diesen Jahres ist durch den Beschluss des Springer-Verlages und des „Spiegel", auf die alte Schreibweise zurückzukehren, eine neue Diskussion über die Rechtschreibungsreform entfacht worden. Der Sinn der Rechtschreibreform wird in Frage gestellt und ihre Abschaffung provoziert Leidtragende sind unsere Kinder und Jugendlichen und letztlich die gesamte Gesellschaft. Wir baten unser Vorstandsmitglied Gerd Adolph, von Beruf Korrektor, zu nachfolgenden Fragen seine Meinung zu äußern.

Frage 1: Welche Hintergründe vermutest du bei dieser Aktion von Springer und Co. 1
Frage 2: Was würde eine bundesweite Korrektur der Rechtschreibreformfür die Gesellschaft bedeuten!
Frage 3: Wer konnte Nutzen aus dieser Korrektur ziehen!

Hier die Antwort von Gerd Adolph:

Im November 1997 ging es in Schleswig-Holstein um die Abstimmung über die Rechtschreibreform. Eine solche Abstimmung hätte bundesweit stattfinden müssen, aber man versteckte sich hinter der Kulturhoheit der Länder. Ich habe seinerzeit gegen diese Reform gestimmt, obwohl schon ein Jahr vorher diese Reform in den Schulen eingeführt wurde. Die Schüler/innen mussten sich damit abfinden und hatten sich am Ende daran gewöhnt. Für „meine Zeitung", die Kieler Nachrichten, galt nach wie vor die alte Rechtschreibung, da die Mehrheit der Bevölkerung das so wollte. Der Volksentscheid in Schleswig-Holstein fiel auch dementsprechend aus. Den Schüler/innen gefiel das natürlich nicht, da sie sich schon mehr oder weniger umgestellt hatten. Die Landesregierung hatte die Volksabstimmung gekippt. Mitte 1999 hieß es dann auch in „meinem Betrieb" (Kieler Nachrichten), wir sollten uns auf die neue Rechtschreibung einstellen, da die Agenturen alle schon danach verfahren. Das betraf nicht nur den Textteil der Zeitung, mit denen wir als Korrektoren weniger zu tun haben, sondern auch den Anzeigenteil. Also waren wir gezwungen, nach dem neuen Rechtschreibduden Korrektur zu lesen (obwohl die Leute, die es anordneten, selber nicht durchblickten). Man musste „wittern", wo sich etwas geändert haben könnte, und anschließend im neuen Duden nachschlagen. (Ein Korrektor kommt nie ohne Duden aus, der ist sein Handwerkszeug, egal ob alt oder neu, denn niemand kann im Gehirn alles speichern.) Wir haben noch den alten Duden, wir könnten auch wieder zurückdenken, aber wollen wir die Bevölkerung und die kommende Generation der Schüler noch weiter verunsichern?

Deshalb plädiere ich für die Beibehaltung der jetzigen Rechtschreibung.

Der Rückführung auf die alte Rechtschreibung (auch wenn nur zu einem Teil, da alles neu gedruckt werden müs-ste) kann doch nur ein kommerzielles Interesse von bestimmten Verlagen zugrunde liegen.


eingetragen von Norbert Lindenthal am 14.03.2003 um 14.57

28. Februar 2003

Sehr geehrte Frau Wendt,

ich beziehe mich auf das eben mit Ihnen geführte Telefongespräch. In Absprache mit meinem Vater und mit schriftlicher Vollmacht ausgestattet bitte ich Sie, schon morgen nicht mehr die Kieler Nachrichten zuzustellen. Vielmehr wünscht mein Vater die Erstattung des schon im voraus gezahlten Teilbetrages für den Rest des Vierteljahres.

Es gibt zwei wichtige Gründe:

Erstens: Mein Vater war sehr schwer erkrankt, und wir Kinder haben ihm unter großer Aufwendung von Pflege einigermaßen auf die Beine helfen können. Es bleibt sehr wenig Zeit für Überlegungen zur Zukunft der Familie. Wenn diese Zeit zu großen Teilen auch noch vom Nachrichtenlesen aufgeschlungen wird, können wir unserer Familienaufgabe nicht so gut nachkommen, wie wenn heute die letzte Zeitungsausgabe kam und wir in den nächsten Tagen ungestört denken können.

Zweitens: Unser Ärger über Ihre Nachrichtenbehandlung im Zuge des Volksentscheides zur Rechtschreibreform 1996 bis 1998 mit Ihrer Entscheidung zur Umstellung, ohne Ihre Leser dazu zu befragen und einen zweiten demokratischen Prozeß in Gang zu bringen, ist unvergessen. Sie sollten dieses Kapitel unserer Landesgeschichte bald thematisieren und echt aufarbeiten.

Wenn ich in Erinnerung rufe, daß Ihr Verlagshaus meinen Vater nach dessen Abbestellung im Zuge der Rechtschreibreform am Telefon neu umworben und geworben hat, sie jetzt dennoch versuchen, irgendwelche Schriftliche-Kündigung-Bedingungen einzuhalten, dann frage ich mich: Wo ist Ihr politisches Gewissen geblieben?

Danke für Ihren jetzigen Rückruf, in dem Sie signalisieren, daß Sie unserem Wunsch entsprechen werden.

Mit freundlichen Grüßen
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Norbert Lindenthal


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