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eingetragen von Walter Lachenmann am 02.08.2003 um 11.37
Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Martin Reimers
Stammt die Zahl Achtzig nicht aus der "Statistik a la carte" (W. Lachenmann), bei der der Börsenverein die Liste der zu befragenden Verlage von der ZK erhalten hat?
Jeder, der solche Zahlen verbreitet oder glaubt, muß sich fragen lassen, wann er das letzte Mal eine Buchhandlung von innen gesehen hat. Ganz abgesehen hiervon sind die absoluten Zahlen der Veröffentlichungen auch ziemlich irrelevant. Oder soll man jedes Kochbuch und jeden Abreißkalender etwa gleich gewichten wie den neuen Lenz?
Ich denke, die Forschungsgruppe sollte in ihrer nächsten Presseerklärung dringend auf diesen Schwindel hinweisen.
Die Akzeptanz oder Nichtakzeptanz der Reform bei Verlagen läßt sich über Statistiken überhaupt sehr schwer feststellen. Die damals genannten 80 Prozent der Börsenvereinsumfrage waren klar vorprogrammiert, da überwiegend solche Verlage befragt wurden, von denen bekannt war, daß sie der Reform folgen.
Wenn man das Kriterium der Qualität definieren würde und dann unterscheiden nach anspruchsvoller und weniger anspruchsvoller Literatur - also wissenschaftliche und literarische Texte im Gegensatz zu Unterhaltungs- und Gebrauchsliteratur - läge bei der erstgenannten Gruppe die Quote derjenigen, die bei der herkömmlichen Orthographie geblieben sind, erheblich über derjenigen, die die neuen Regeln in irgendeiner Variante (und mit Fehlern zuvor nie erlebten Ausmaßes) anwenden. Dies kann man, wie Herr Reimers festgestellt hat, in den Buchhandlungen sehen, aber auch an den Anzeigen des wöchentlich erscheinenden Börsenblatts für den Deutschen Buchhandel, mit denen die Verlage für ihre Programme und Neuerscheinungen werben. Es könnte tatsächlich eine Aufgabe für die FDS sein, dies deutlicher herauszustellen. Es müßte erreicht werden, daß das orthographische Merkmal „daß" (in Verbindung natürlich mit durchgängig guter herkömmlicher Orthographie) zum Kennzeichen für höherwertige Texte wird. Das wäre besonders wichtig für Autoren und Verlage, die sich in dieser Frage noch nicht endgültig entschieden haben.
Wenn die Herren Zehetmair und Heine unser durch die Reform schärfer gewordenes Bewußtsein für orthographische und sprachliche Zusammenhänge so loben, ohne unseren besseren Erkenntnissen deswegen folgen zu wollen (siehe Nachrichtenbrett), dann sollten wir sie nicht enttäuschen und ihnen immer von neuem vor Augen führen, was es heißt, mit Sprache und ihrer schriftlichen Darstellung verantwortungsbewußt und sensibel umzugehen.
Gerade habe ich noch den neuesten Beitrag von Frau Menges gesehen. Sie hat recht: Mindestens weitere zehn Jahre werden wir den Rechtschreibkuddelmuddel noch haben, die Egalschreiber und Rechtschreibchaoten werden zunehmen, und die Verantwortlichen werden Frau Menges' Wünsche so wenig respektieren wie alles andere, was zu diesem Thema gesagt wird.
– geändert durch Walter Lachenmann am 02.08.2003, 22.11 –
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Walter Lachenmann
eingetragen von Martin Reimers am 02.08.2003 um 10.19
Stammt die Zahl Achtzig nicht aus der "Statistik a la carte" (W. Lachenmann), bei der der Börsenverein die Liste der zu befragenden Verlage von der ZK erhalten hat?
Jeder, der solche Zahlen verbreitet oder glaubt, muß sich fragen lassen, wann er das letzte Mal eine Buchhandlung von innen gesehen hat. Ganz abgesehen hiervon sind die absoluten Zahlen der Veröffentlichungen auch ziemlich irrelevant. Oder soll man jedes Kochbuch und jeden Abreißkalender etwa gleich gewichten wie den neuen Lenz?
Ich denke, die Forschungsgruppe sollte in ihrer nächsten Presseerklärung dringend auf diesen Schwindel hinweisen.
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Martin Reimers
eingetragen von Norbert Lindenthal am 02.08.2003 um 07.26
DDP504 01-Aug-03 15:00 Vorrang Kultur Kultur/Sprache/Rechtschreibreform/ZF1/ (Zusammenfassung - Neu: Hoberg) Rechtschreibreform bleibt umstritten - Lehrerverband spricht von Misserfolg - Neue Bücher meist mit neuen Regeln --Von Ulrike Geist--
Köln (ddp). Fünf Jahre nach ihrer Einführung bleibt die Rechtschreibreform umstritten. Nach Einschätzung des Deutschen Lehrerverbandes haben sich die neuen Schreibregelungen als Misserfolg erwiesen. Sprachwissenschaftler beobachten jedoch, dass die Reform sich bereits weitgehend durchgesetzt hat. Der Vorsitzende der Gesellschaft für deutsche Sprache, Rudolf Hoberg, sagte am Freitag, in 70 bis 80 Prozent aller neuen Bücher würden die Regeln inzwischen angewandt.
Hoberg räumte ein, Schwierigkeiten gebe es noch beim Umgang mit Adjektiven, Adverbien und Substantiven mit Zusammensetzungen wie »Leid tun« oder »Gewinn bringend». Der Experte sieht jedoch keine Gefahr, dass die Regeln sich nicht weiter durchsetzen. Die erste Rechtschreibkodierung 1901 habe dafür auch Jahrzehnte gebraucht, betonte er.
Lehrerverbands-Präsident Josef Kraus kritisierte hingegen, allein auf dem Zeitungsmarkt gebe es mehr als »20 verschiedene Hausschreibungen». Hinzu kämen unterschiedliche Schreibweisen der Verlage. »Das Chaos ist perfekt», resümierte der Pädagoge.
Nach Ansicht Hobergs haben sich die Regeln auch in der Zeitungsbranche durchgesetzt. Er geht davon aus, dass auch die »Frankfurter Allgemeine Zeitung», die die Reform nicht mitmacht, ihren Alleingang nicht mehr lange durchhalten wird.
Kraus kritisierte außerdem, frühere Prognosen, wonach mit der neuen Schreibweise bis zu 70 Prozent weniger Rechtschreibfehler gemacht würden, hätten sich als »leere Versprechung« und als »völlige Utopie« entpuppt. Deutschlehrer seien zu dem Ergebnis gekommen, dass nicht weniger Fehler gemacht werden. Die neue Schreibweise führe sogar zu zusätzlichen Fehlern, betonte Kraus. Das Doppel-S werde zu häufig eingesetzt, da Wörter wie »draußen« oder »außen« von vielen Menschen nun auch mit Doppel-S geschrieben würden.
Kinder, die jetzt in der dritten, vierten oder fünften Klassen seien, hätten nichts anderes gelernt als die neue Rechtschreibung, räumte der Verbandspräsident ein. In älteren Büchern stünden aber die alten Schreibweisen. Und dann sei »die Verwirrung« wieder da.
Hoberg betonte, Jugend- und Kinderbücher erschienen inzwischen zu 100 Prozent in der neuen Rechtschreibung, ebenso Schulbücher. Bei den Sachbüchern liege der Anteil bei etwa 80 Prozent. In der Belletristik sei er noch etwas niedriger, was auch daran liege, dass einige Schriftsteller sich auch prinzipiellen Gründen weigerten, die Reform mitzumachen.
ddp/uge/han
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