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-- GZS (http://Rechtschreibung.com/Forum/showthread.php?threadid=820)
eingetragen von Stephan Fleischhauer am 25.03.2004 um 19.26
Ich würde "warm buddeln" auch als VZ-Gebilde interpretieren; es müsste schon ein sehr ungewöhnlicher Kontext dagegensprechen.
Das eigentliche Problem ist, trennscharfe Kriterien für die Unterscheidung von VZ und Adverb zu finden. Vielleicht ist eine Unterscheidung auch nicht immer gerechtfertigt.
eingetragen von gestur am 25.03.2004 um 18.58
"warm" ist im ersten Fall ein Ergebniszusatz und im zweiten Fall ein Modaladverb. Durch Zusammen- bzw. Getrennt-Schreibung der infiniten Formen wird der Bedeutungsunterschied ausgedrückt.
eingetragen von Stephan Fleischhauer am 25.03.2004 um 18.46
Ad hoc gebildet wäre so etwas wie "warmbuddeln", eine Eigenkreation, bilde ich mir jedenfalls ein. (Meine Freundin bildet sich ein, sie hätte das Wort "Monosex" erfunden.) Ad-hoc-Bildungen können unmittelbar verständlich sein, auch wenn es sie nie vorher gab. Man spricht auch von "Produktivität" z.B. der Zusammensetzungen, der Verbzusatzkonstruktionen usw.
Mein "warmbuddeln" wird beim Satzbau nicht wie ein einzelnenes Wort behandelt: Ich buddel mich warm! "Warm" ist ein Verbzusatz, weil es nicht befriedigend wäre, von einem Adverb zu sprechen (Adverb: Ich buddel "gern"). Schwer zu erklären, aber nachfühlbar. Meistens geht es um ein Resultat, eine Richtung ("hochfliegen"); durch das Gefüge wird eher etwas benannt als beschrieben.
Verbzusatz-Gebilde werden oft zusammengeschrieben, so wie meins.
eingetragen von gestur am 25.03.2004 um 18.08
"VZ" steht für Verbzusatz, Beispiel: Präfix "los-"
"ad hoc" heißt "zu diesem" und bedeutet "aus dem Augenblick heraus", in der Wortbildungslehre wird auch "okkasionelle Wortbildungskonstruktion", also "Gelegenheitswortbildung, textgebundene Wortbildung" gesagt; sie werden nicht zu den "Lexemen" gezählt; nicht alle Gelegenheitsbildungen festigen sich im Sprachgebrauch so weit, daß sie gespeichert werden; das hängt davon ab, ob eine entsprechende Bezeichnungsnotwendigkeit besteht und die Wortbildung akzeptiert wird. Bei Substantiven und Adjektiven sind sie häufiger als bei Verben, dort werden sie hauptsächlich bei neuen technischen Verfahren gebildet oder aus entsprechenden Substantiven rückgebildet.
eingetragen von Detlef Lindenthal am 25.03.2004 um 16.49
Was sind
– VZ-Verben und
– Ad-hoc-Bildungen;
lassen sich dafür zur Verdeutlichung Beispiele nennen?
eingetragen von Stephan Fleischhauer am 25.03.2004 um 16.29
Gibt es eigentlich bestimmte Einschränkungen, VZ-Verben ad hoc zu bilden? Sind es z.B. nur Zusätze bestimmter Art?
eingetragen von Theodor Ickler am 25.03.2004 um 08.21
Offene Reihen gibt es natürlich auch bei der z. T. hochproduktiven Wortbildung. Was ich meinte, ist die Unterscheidung festgewordener (idiomatischer) Konstruktionen wie z. B. auseinandersetzen, richtigstellen, untergehen einerseits und Ad-hoc-Bildungen andererseits. Man kann die GZS bei Verbzusätzen nicht auf die erste Gruppe, also die sog. Mehrwortlexeme, die als solche auch ins Wörterbuch gehören, beschränken.
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Th. Ickler
eingetragen von J.-M. Wagner am 24.03.2004 um 20.35
Zitat:Es gibt rein theoretisch noch eine andere Deutungsmöglichkeit für die Verbzusätze: Im der infiniten Form handelt es sich tatsächlich um ein Wort (dafür spricht das Nichtvorhandensein einer Sollbruchstelle), das aber mit den zwei (oder mehr) bei Distanzstellung oder bei einer umfangreichen Erweiterung (die zudem austauschbar ist) an seiner Stelle zu verwenden Wörtern so eng verwandt ist, daß man von einer Unterscheidung abgesehen hat. Aber das ist vermutlich ein zu leichtfertig herbeigeredeter Ausweg...
Ursprünglich eingetragen von Stefan Weise (unter dem Leitthema Von den Reizen der neuen Rechtschreibung)
Ich will auf die Frage hinaus, ob es denn tatsächlich Wörter sind, die durch diese verstärkte Auseinanderschreibung verschwinden, oder nicht doch eher Wortgruppen, die man zusammenzuschreiben gewohnt war.
Ich weiß, dass dies der Kernpunkt der ganzen GZS-Unsicherheiten ist, kenne aber nicht die Argumente derjenigen, die unerschütterlich daran festhalten, dass es sich um Wortvernichtung handelt & nicht um konsequente Wortgruppenschreibung.
(aus: Re: Hie böse, da ernsthaft)
Zunächst möchte ich anmerken, dass es durchaus als normal anzusehen ist, wenn etwas, was nicht zusammengeschrieben dasteht, als ein Wort gilt. Das Verb 'aufgeben' in dem Beispielsatz 'Ich gebe nie auf' dürfte ein ganzes Buch voller ähnlicher Beispiele aufblättern. Wäre die Form 'gebe...auf' nicht ein Wort, wäre die Grammatik & vor allem die Frage der GZS um Einiges komplizierter, weil sich dann die Diskussion z.B. nicht mehr um alle Formen des Wortes 'sitzenbleiben' drehen würde, sondern nur noch um die infiniten Formen, wobei die finiten Formen seltsamerweise exakt mit denen einer Wortgruppe 'sitzen bleiben' übereinstimmen (grammatisch natürlich nur, & sofern man überhaupt von Flexionsformen einer Wortgruppe reden darf).
Auch, was zuammengeschrieben wird, ist nicht immer ein Wort, wie Univerbierungen wie 'sodass' oder 'näherbringen' meiner Ansicht nach zeigen. Es ist ja gerade der Witz an der ganzen GZS-Diskussion, dass durchaus auch Wortgruppen zusammengeschrieben werden & nicht nur Wörter.
Daraus folgt für mich, dass man weder die Zusammenschreibung vom Wortbegriff ableiten, noch die Entscheidung, ob etwas ein Wort ist, auf die Zusammenschreibung gründen kann, wie es aber tatsächlich in der Grammatik häufig geschieht.
(aus: Re: Re: Re: Wo genau steht diese Regel?)
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Jan-Martin Wagner
eingetragen von Detlef Lindenthal am 23.03.2004 um 09.49
>> ... habe ich nicht verstanden ... <<
>> ... Verbzusatz ... <<
>> ... offene Reihen ... <<
>> ... Mehrwortlexeme ... <<
Liebe Fachforisten,
in diesem Zusammenhang möchte ich unaufdringlich anfragen und vorschlagen, ob nicht der ein oder andere starke Ausdruck vermittels eines Beipieles noch stärker werden kann.
Denn sicherlich können dann deutlich mehr Leute (so auch meine Wenigkeit) dazu eine Meinung entwickeln und etwas dazulernen.
Gruß,
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Detlef Lindenthal
eingetragen von Stephan Fleischhauer am 23.03.2004 um 09.14
Das mit den offenen Reihen habe ich nicht verstanden. Gibt es so etwas nicht auch bei den Zusammensetzungen?
eingetragen von Theodor Ickler am 22.03.2004 um 18.32
Man könnte vermuten, daß die Verbzusätze zusammen mit den Verben neue Lexeme bilden (Mehrwortlexeme, im Unterschied zu den Wörtern). Das trifft aber nur teilweise zu, weil Verbzusätze offene Reihen bilden. Der VZ ist einfach der nächste Spezifikator des Verbs, oft so eng (Richtung und Resultat bezeichnend), daß eben wirklich nichts dazwischentreten kann. Dann schreibt man traditionell auch gern zusammen, wenn der VZ nicht zu umfangreich ist. Also eher nicht zur Wortbildung bzw. Lexembildung zu rechnen, sondern zur Syntax.
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Th. Ickler
eingetragen von gestur am 22.03.2004 um 17.33
"baden gehen"
ist als Wortgruppe morphosemantisch motiviert, d. h. die Gesamtbedeutung der Wortgruppe ergibt sich aus den Einzelbedeutungen ihrer Bestandteile.
"badengehen"
ist idiomatisiert, also völlig demotiviert, d. h. es weist keinen semantischen Zusammenhang zwischen der Gesamtbedeutung und den Einzelbedeutungen seiner Bestandteile mehr auf, es ist nicht mehr analysierbar. Es ist ein neuer Begriff entstanden. Die Häufigkeit seiner Benutzung entscheidet, ob der Begriff stabil ist, und über seine Lexikalisierung. Idiomatisierte Wortbildungskonstruktionen ergeben nur als Wort ihren Sinn, nicht als Wortgruppe.
eingetragen von Theodor Ickler am 22.03.2004 um 16.12
Ich hatte ausdrücklich von Richtungszusätzen gesprochen. Transitive Verben werden damit zu Transportverben, intransitive zu Verben der Fortbewegung (Selbstbewegung).
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Th. Ickler
eingetragen von Stephan Fleischhauer am 22.03.2004 um 16.00
Ich bin gerade auf einer anderen Website über folgende Passage gestolpert:
"Dass mancher in der übertragenen Bedeutung 'badengehen' in einem Wort schrieb, obwohl es im Duden schon immer anders stand, zeugt von der Intuition, diese Bedeutung orthographisch auszudrücken (der Intuition, mit der nach dem Muster von 'zusammenschreiben' auch' getrenntschreiben',' grossschreiben', 'kleinschreiben' in einem Wort schreiben möchte, wenn diese Zusammensetzungen terminologische Qualität haben)."
Meinem Gefühl nach ist "getrenntschreiben" nicht unbedingt falsch. Im Ickler ist es eigens aufgeführt, allerdings als frei gebildete Wortgruppe, wenn ich es richtig interpretiere. Ich sehe eine gewisse Ähnlichkeit bei dem fraglichen Gebilde mit den orthographischen Rückbildungen wie "blindfliegen".
Ich finde orthographische Rückbildungen insofern sehr interessant, weil hier die Nähe der VZ-Konstruktionen zu den Zusammensetzungen deutlich wird. Mir scheint deshalb die Rede von den "zusammengesetzten Verben" - auch wenn sie im strengen Sinne unbrauchbar ist - gar nicht so unpassend.
Kann man sagen, dass die VZ-Konstruktionen in einem Zwischenbereich von Syntax und Wortbildung anzusiedeln sind?
eingetragen von gestur am 19.03.2004 um 20.51
aufessen, austrinken, anstehen, vorsitzen, unterliegen usw.
eingetragen von Theodor Ickler am 19.03.2004 um 13.32
Wir haben eine gewisse Parallele in den schon mehrmals behandelten "kongruenten" Doppeltbesetzungen, z. B. hinauf auf den Berg steigen.
Natürlich sind in die Schule mitnehmen und mit in die Schule nehmen nicht dasselbe, es sind ja verschiedene Konstruktionen. Folglich ist mit einer systematischen Unterscheidung rechnen, die aber erst noch untersucht werden müßte.
Übrigens finde ich "Transportverb" ganz in Ordnung. Ich benutzte diesen Ausdruck immer. Durch Richtungszusätze wird jedes Verb zum Transportverb, z. B. das Buch auf den Tisch knallen, in die Ecke pfeffern usw.
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Th. Ickler
eingetragen von Stephan Fleischhauer am 18.03.2004 um 20.40
Vielen Dank erstmal für die Antwort! Das stimmt, in dem besagten Beispiel ist "nehmen" semantisch umgedeutet, zum Transportverb (das meine ich ganz laienhaft), eben in Richtung "mitnehmen". Ich bin aber ein wenig verunsichert, denn ich empfinde auch einen semantischen Unterschied zwischen "mit zur Schule nehmen" und "zur Schule mitnehmen".
Vielleicht läuft das ganze auf die Frage hinaus, ob man das Wörtchen "mit" auch weglassen kann. Z.B.: "Kannst du die Briefe zur Post nehmen?" - Hätte das Wort "nehmen" dann wieder seine ursprüngliche Bedeutung? (Glaube nicht.) Mir scheint, dass das "mit" den Transportverb-Charakter zwar verdeutlicht, aber nicht enthält.
In gewisser Hinsicht erinnern mich VZ-Konstruktionen an Zusammensetzungen: Das Erstglied bestimmt das Wesen des Ganzen. Dementsprechend überfärbt der Verbzusatz das Verb. Das vermisse ich bei "mit in die Schule nehmen". Mit dem Postulat einer VZ-Phrase ist mir da nicht geholfen.
eingetragen von Theodor Ickler am 18.03.2004 um 15.58
Lieber Herr Fleischhauer,
entschuldigen Sie bitte meine Säumigkeit, ich hatte anderes zu tun und Ihren letzten Beitrag noch gar nicht gesehen.
Wir haben hier ein ungelöstes Problem.
Erstens muß man anerkennen, daß in "Kannst du mich mit zur Schule nehmen?" keineswegs das einfach "nehmen", sondern das Lexem "mitnehmen" vorliegt, aus rein semantischen Gründen. Das spricht schon mal gegen ein freies Adverb und für den Verbzusatz.
Die Unterbrechbarkeit kann man nur dann vermeiden, wenn man das Eingeschobene als quasi attributive Erweiterung des VZ ansieht, d. h. mit "Verbzusatz-Phrasen" rechnet - oder? (Ich habe diese Frage kürzlich in einer ganz interessanten Magisterarbeit untersuchen lassen.)
Das Wörtchen "mit" hat es überhaupt in sich, aber es ist nicht das einzige seiner Art. (Gisela Zifonun hat es mal behandelt, andere auch.)
So bleibe ich erst einmal dabei: Nichtunterbrechbarkeit ist schon ein Kriterium, aber es ist nicht ganz einfach zu handhaben, entweder wegen der Ausnahmen oder wegen der komplizierten Eskamotierung dieser Ausnahmen ...
Übrigens gibt es eine Parallele: Ich habe ja immer wieder auf die Unmöglichkeit des prädikativ gebrauchten (erweiterten) Partizip I hingewiesen, zugleich aber auf Ausnahmen (Näheres im Kritischen Kommentar), die sich hinsichtlich ihrer Bedingungen bloß nicht so einfach darstellen lassen. Das entkräftet aber die Grundregel nicht, und "Die Arbeit ist zufrieden stellend" bleibt falsch, nicht wahr? Es ist immer besser, die Ausnahmen mitsamt ihren zum Teil subtilen Bedingungen gleich zu erwähnen, als später die Grundregel in Frage stellen zu lassen.
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Th. Ickler
eingetragen von Stephan Fleischhauer am 18.03.2004 um 10.55
Wat is nu mit die Nichtunterbrechbarkeit?
eingetragen von gestur am 14.03.2004 um 15.45
Die "Deutsche Schulgrammatik" von 1955 kennt noch keine "trennbaren und untrennbaren Verben":
"§ 96 Das zusammengesetzte Verb
a.) Unechte Komposita zerfallen bei der Konjugation in ihre Bestandteile. Den Hauptton haben sie auf dem Bestimmungswort:
achtgeben - ich gebe acht, loslassen - ich lasse los, vollfüllen - ich fülle voll, wegnehmen - ich nehme weg;
b.) echte Komposita haben den Hauptton auf dem Grundwort und werden bei der Konjugation nicht zerlegt:
vollbringen - ich vollbringe, übertreffen - ich übertreffe.
Zusätze:
1.) Es gibt noch eine dritte, kleinere Gruppe von Komposita: sie haben auch den Ton auf dem Bestimmungswort, zerfallen aber bei der Konjugation nicht in ihre Bestandteile (mittelbare Komposita). Diese Komposita sind nicht aus einem Bestimmungswort und Verb zusammengesetzt, sondern sie sind daurch entstanden, daß ein zusammengesetztes Substantiv durch Anhängung von '-en' zu einem Verb wurde:
brandmarken - ich brandmarke; ebenso: ratschlagen, schriftstellern, wallfahren, wilddieben.
Daß die mittelbaren Komposita Ableitungen von zusammengesetzten Wörtern sind, geht auch daraus hervor, daß sie wie alle mit Suffix gebildeten Verben schwach flektieren: schlagen - ich schlug; aber: ratschlagen - ich ratschlagte.
2.) Die mit: durch, über, um, unter, wider, wieder zusammengesetzten Verben können großenteils je nach der Bedeutung echte oder unechte Komposita sein:
übersetzen - wir übersetzen ins Englische,
übersetzen - wir setzen über (einen Fluß)."
eingetragen von Stephan Fleischhauer am 14.03.2004 um 14.22
Lieber Herr Ickler,
mir ist nicht klargeworden, warum es für die Nichtunterbrechbarkeit von Verbzusatz-Konstruktion Ausnahmen geben soll. Zumindest leuchten mir Beispiele wie „mit in die Schule nehmen“ nicht ein. Man könnte dieses Beispiel auch als Ausnahme von der Betonungsregel anführen – wenn es sich überhaupt um ein VZ-Gebilde handelt. Meines Erachtens aber ist „mit“ im genannten Beispiel ein freies Adverb. (Ich sehe das auch im Einklang mit dem Eintrag im Rechtschreibwörterbuch unter „mit“.)
Interessant finde ich, dass die Präposition „mit“ in bestimmten Fällen betont wird: „Kann ich mit euch gehen?“ Liegt hier vielleicht ein erweiterter Zusatz vor? (Vgl.: „Kann ich mit euch mitgehen?“) Und wäre dies dann eine Ausnahme von der Ununterbrechbarkeit?
Ich meine nein, plädiere für den Rausschmiss der Ausnahmeregel und hoffe auf interessante Diskussion.
eingetragen von J.-M. Wagner am 12.03.2004 um 22.58
Daß eben nicht nur Wörter, sondern auch Wortgruppen zusammengeschrieben werden, wird erst zu einem Problem, wenn man, wie Herr Ickler es mit Blick auf Herrn Schaeder festgestellt hat, eine vorgefaßte Meinung über den Zusammenhang von Wortbegriff und Zusammenschreibung hat. Insbesondere darf man nicht vom Vorliegen einer Zusammenschreibung auf eine Zusammensetzung schließen wollen. (Zu den entsprechenden aussagenlogischen Konsequenzen siehe die Erörterungen über Sprache und Logik.)
Der Unterschied zwischen Zusammenschreibung und Zusammensetzung könnte noch klarer dargestellt werden: Manche überlesen die Angabe Zusammenschreibung bei Kontaktstellung oder können ihr keine Bedeutung beimessen. Konkret: Es würde mich nicht wundern, wenn die Auffassung relativ verbreitet wäre, daß kennenlernen ein eigenständiges Wort (d. h. eine echte Zusammensetzung) ist.
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Jan-Martin Wagner
eingetragen von J.-M. Wagner am 12.03.2004 um 22.42
Zitat:Sind Sie sich da sicher? Soweit ich es bei meiner Beschäftigung mit dem Thema mitbekommen habe, stellt die Frage Was ist ein Wort? ein durchaus schwieriges Problem dar, wenn man versucht, sich ihr in voller Allgemeinheit anzunehmen. Siehe dazu etwa Vilmos Ágel/Roland Kehrein, Das Wort Sprech- und/oder Schreibzeichen? Ein empirischer Beitrag zum latenten Gegenstand der Linguistik. In: Vilmos Ágel / Andreas Gardt / Ulrike Haß-Zumkehr / Thorsten Roelcke (Hrsg.): Das Wort. Seine strukturelle und kulturelle Dimension. Festschrift für Oskar Reichmann zum 65. Geburtstag. Tübingen: Niemeyer (2002), S. 328.
Ursprünglich eingetragen von Detlef Lindenthal
Oder anders ausgedrückt: Ein Wort schreibt man zusammen, zwei oder mehr Wörter schreibt man getrennt.
Was nun allerdings ein Wort ist, ergibt sich nicht aus der Schriftsprache und ihren Schwierigkeiten, sondern aus der Sprache an sich, und da wird noch viiiel mehr gesprochen als geschrieben, und es herrscht eine überaus brauchbare Einigkeit darüber, was denn ein Wort ist und was nicht.
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Jan-Martin Wagner
eingetragen von Theodor Ickler am 12.03.2004 um 10.53
Schon vor vielen Jahren stellte Schaeder, der darüber geforscht hat, fest, daß nicht nur Wörter zusammengeschrieben werden, sondern auch gewisse Wortgruppen, vor allem die Verbzusatzkonstruktionen, und zwar seit rund 500 Jahren. Da er dies jedoch aufgrund vorgefaßter Meinungen über den Zusammenhang von Wortbegriff und Zusammenschreibung für illegitim hielt, stellte er die Rechtschreibreform vor Jahrzehnten unter das Motto, der "Tendenz der Sprachgemeinschaft zur Zusammenschreibung entgegenzuwirken". Ein richtiger Sprachwissenschaftler hätte sich bemüht, das Phänomen zu verstehen und zu erklären.
Dies ist nur einer der Punkte, an denen sich die Reformer auf einen Kampf gegen die Sprachgemeinschaft eingelassen haben. Zur Zeit wird in winzigen Schritten am Rückbau der GZS-Regeln gearbeitet, aber damit kann es entgegen den Erwartungen der immer noch ahnungslosen Kultusminister nicht sein Bewenden haben. Es muß unser Bestreben sein, dies jetzt in die Öffentlichkeit und damit auch an die Kultusminister heranzutragen.
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Th. Ickler
eingetragen von Detlef Lindenthal am 12.03.2004 um 10.26
>>Weil ich als Autodidakt sonst angreifbar wäre.<<
Klar, als Autodidakt könnte man angreifbar sein. Als staatlich Ausgebildeter allerdings ebenfalls.
Kopernikus, Luther, van Beethoven, Diesel und Einstein waren auch Autodidakten bezüglich ihres Lebenswerkes.
Will sagen: Wenn eine Sache richtig ist, dann kann sie auch vertreten werden.
Gruß,
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Detlef Lindenthal
eingetragen von gestur am 12.03.2004 um 10.19
Fast immer aus Fleischer / Barz, Wortbildung der deutschen Gegenwartssprache
Weil das das Standardwerk ist.
Weil ich als Autodidakt sonst angreifbar wäre.
eingetragen von Detlef Lindenthal am 12.03.2004 um 09.54
Liebe Frau Gestur,
lieber Herr Gestur,
danke, daß Sie hier zur GZS griffige Regeln angeben.
Mir als Handwerker würden Sie einen großen Gefallen tun, wenn Sie in einer weiteren Fassung Ihrer Regeln, was immer sich auf deutsch sagen läßt, auch mit deutschen Wörtern ausdrücken und durch Beispielsätze verdeutlichen.
Dann meine Frage: Was halten Sie von der von mir angegebenen Überregel: „Ein Wort schreibt man zusammen“?
– Nun noch etwas Gruppendynamisches: Wenn ich hier schreibe, schreibe ich unter meinem Klarnamen, bin damit Google-suchbar und stehe als Bürger, Gesetzgeber und Republikuntertan (gibt es sowas??? Der Bürger ist doch der Souverain!!!) voll dafür ein.
Nun gut, nicht immer und nicht jedem erlauben es die Verhältnisse, unter Klarnamen zu schreiben.
Aber für die hier fleißigen Schreiber(innen) margel und gestur wäre es schön, wenn sie sich anredbare Decknamen geben könnten; zum Beispiel wie bei dem Therapeuten von Herrn Fleischhauer, Dr. B. Wußt. Da kann man doch gleich viel netter miteinander reden. Also, wie ist es, Martina Gelling und Gerlinde Sturm? ;-) Danke!
Gruß,
Detlef Lindenthal (der echte)
eingetragen von gestur am 12.03.2004 um 09.25
Ein Wort wird intern nicht flektiert und hat in der Regel nur einen Betonungsakzent.
Die Teile einer Wortgruppe werden einzeln flektiert und betont, darüber hinaus ist die Wortgruppe syntaktisch expandierbar.
Idiomatisiert heißt: Die Wortbildungskonstruktionen (WBK) sind lediglich in ihrer äußeren Struktur als komplexe Bildungen zu erkennen, weisen aber keinen Zusammenhang mehr - auch nicht metaphorisch - zwischen der Gesamtbedeutung und den Einzelbedeutungen ihrer Bestandteile auf (Nichtanalysierbarkeit).
eingetragen von Detlef Lindenthal am 12.03.2004 um 07.42
Ist es nicht sonderbar, daß allerlei Menschen nach allerlei Regelein für die GZS suchen, aber dabei die Überregel aus dem Auge verlieren?
Überregel für die GZS ist (ausgedrückt in den Begriffen von Mengenlehre, Textverarbeitung und regelrechten Ausdrücken (regEx):
Was ein Wort ist, wird in Wortbegrenzer (Weißraum (Leerzeichen, Tabulator, Zeilenschaltung, ...), Satzzeichen (.,:;„“ ...), ...) eingeschlossen.
Oder anders ausgedrückt: Ein Wort schreibt man zusammen, zwei oder mehr Wörter schreibt man getrennt.
Was nun allerdings ein Wort ist, ergibt sich nicht aus der Schriftsprache und ihren Schwierigkeiten, sondern aus der Sprache an sich, und da wird noch viiiel mehr gesprochen als geschrieben, und es herrscht eine überaus brauchbare Einigkeit darüber, was denn ein Wort ist und was nicht.
Ich behaupte nicht, daß mit der Überregel:
„Jedes Wort schreibt man zusammen.“
der (unweigerlich vorhandene) Grenzbereich (Kannst Du auch mit helfen? Kannst Du auch mithelfen?) (wo zudem oftmals beide Auffassungen möglich sind) aufgeklärt werden kann; aber ich behaupte, daß diese Grundregel mindestens vor weit ausholenden Grenzverletzungen mit rechtschreib„reformistisch“ verfügten Wörterverboten (sogenannte, tiefgreifend, lahmlegen, ...) schützt.
Wörterverbote sind Sprachverbote und damit Menschenrechts- und Völkerrechtsverletzungen und gehören vor internationale und nationale Gerichtshöfe.
Mit der Grundregel
„Wörter dürfen nicht verboten werden.“
sind wir auf der sicheren Seite einer Welt von Kulturmenschen.
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Detlef Lindenthal
eingetragen von Stephan Fleischhauer am 12.03.2004 um 07.33
Das mit der dauerhaften bzw. vorübergehenden Beteiligung überzeugt mich nicht. Man kann vielleicht sagen, dass bei der Konstruktion mit Verbzusatz die Grundbedeutung des Verbs verblasst oder "überfärbt" wird ("holistischer" Verbzusatz?). Darum vielleicht auch die Rede von einem neuen Begriff.
eingetragen von Wolfgang Wrase am 12.03.2004 um 02.37
Zitat:Im Gegensatz zu gestur bin ich der Ansicht, daß diese Passagen keineswegs einfach, sondern außerordentlich kompliziert und kaum nachvollziehbar sind, außer für Höchstleistungsgrammatiker. Unter anderem deshalb ist es aus Sicht der Regelformulierung natürlich "einfacher", wenn ein Kriterium wie "neuer Begriff" aufgegeben wird. Dazu kommt, daß "neuer Begriff" ein schwammiges Kriterium ist: Was heißt "neu"? Für wen "neu", inwiefern "neu"? Die Schwammigkeit hat zur Folge, daß bei der ersten Verwendung in dem Zitat mit einem Beispiel gearbeitet wird ("mitteilen").
Ursprünglich eingetragen von gestur
Im Gegensatz zum Duden von 1996 steht im Duden von 1955 eine sehr einfache Erklärung, ausführlicher als im Duden von 1967:
"II.) In Verbindung mit einfachen Zeitwörtern:
1.) ... vorübergehende Beteiligung oder den Gedanken des Anschlusses ...
2.) Zusammenschreibung,
a) ... dauernde Vereinigung oder Teilnahme ...
b) ... neuer Begriff entsteht ...
III.) In Verbindung mit zusammengesetzten Zeitwörtern:
a) Getrenntschreibung, z. B. mit ansehen;
b) Zusammenschreibung, wenn ein neuer Begriff entsteht.
Das Kriterium der Entstehung eines neuen Begriffes wurde im Duden von 1996 weggelassen.
Wer - wie die Reformer - unbedingt Regeln vereinfachen will, hat gerade bei der GZS natürlich ein großes Betätigungsfeld. Der Haken bei der Sache ist nur, daß die Schreiber immer nach ihrem Sprachgefühl schreiben werden - und im Sinne der automatischen Rechtschreibung, indem sie die GZS voneinander abschauen und aus Parallelfällen ableiten, sei es als Analogie, sei es als gegensätzlicher Fall zum Zweck der Differenzierung. Dabei kommen dann, wenn man das in der Regel formuliert, allein schon bei dem relativ übersichtlichen Einzelfall "mit + Verb" sehr komplexe Kriterien zutage, die überdies nicht klar abgrenzbar sind. Die Regelformulierung suggeriert hier die eindeutige Zuordnung jeweils von Getrennt- und Zusammenschreibung. In Wirklichkeit schwankt der Gebrauch. Und die GZS insgesamt ist noch um einige Größenordnungen komplizierter.
Die Schlußfolgerung daraus kann aber nicht sein, daß man - wie die Reformer - nun willkürlich irgendwelche Kriterien streicht, nur damit die Regeln etwas verschlankt aussehen. Denn danach werden sich die Schreiber nie richten, jedenfalls die allermeisten. Somit führt eine solche Manipulation der GZS auf Regelebene nur zu einer tiefen Entfremdung von Regel und Schreibwirklichkeit und zu viel mehr "Fehlern" als zuvor.
Die richtige Schlußfolgerung muß sein, solche Betrachtungen wie die hier zitierten als Aufbereitung für theorieverliebte Feinschmecker einzustufen, die der Schreiber in Wirklichkeit nicht brauchen kann. Und vor allem muß man früher oder später einsehen, daß es unmöglich ist, die GZS erschöpfend in Regeln zu fassen, jedenfalls wenn man nicht die Sprachgemeinschaft vergewaltigen will, was sowieso nicht funktioniert. Man muß bei der GZS mit einigen relativ pauschalen Angaben arbeiten, man muß diese als Hinweise und Empfehlungen anbieten und hinzufügen, daß im Zweifelsfall (also fast immer) das Sprachgefühl entscheiden sollte. Denn so ist es auch: In Wirklichkeit entscheidet fast immer das Sprachgefühl. Da kann man Regeln formulieren oder ändern, so viel man will. Am besten ist, man läßt es bleiben.
eingetragen von Stephan Fleischhauer am 12.03.2004 um 00.31
Warum sollte es sich dann z.B. bei "mit nach Hause gehen" um eine unterbrochene Verbzusatz-Konstruktion handeln?
eingetragen von gestur am 11.03.2004 um 17.43
Im Gegensatz zum Duden von 1996 steht im Duden von 1955 eine sehr einfache Erklärung, ausführlicher als im Duden von 1967:
"II.) In Verbindung mit einfachen Zeitwörtern:
1.) Getrenntschreibung, wenn 'mit' die vorübergehende Beteiligung oder den Gedanken des Anschlusses ausdrückt.
2.) Zusammenschreibung,
a) wenn 'mit' eine dauernde Vereinigung oderTeilnahme ausdrückt;
b) wenn durch die Verbindung ein neuer Begriff entsteht, z. B. mitteilen.
III.) In Verbindung mit zusammengesetzten Zeitwörtern:
a) Getrenntschreibung, z. B. mit ansehen;
b) Zusammenschreibung, wenn ein neuer Begriff entsteht.
Das Kriterium der Entstehung eines neuen Begriffes wurde im Duden von 1996 weggelassen.
eingetragen von gestur am 11.03.2004 um 17.13
Literaturverweise:
Theodor Ickler, Die sogenannte Rechtschreibreform, Ein Schildbürgerstreich, Getrennt- und Zusammenschreibung, Vorzügliche Arbeit;
Theodor Ickler, Kritischer Kommentar, § 34, Das Beispiel wieder
eingetragen von Stephan Fleischhauer am 11.03.2004 um 17.09
Nach meinem Gefühl ist im gesprochenen Deutschen möglich: "Wir müssen das mit berücksichtigen", "Kannst du mit aufstehen?" - mit Betonung auf "berücksichtigen", "aufstehen". Hier kann "mit" kein Verbzusatz sein! Stimmt etwas mit meinem Sprachgefühl nicht?
eingetragen von gestur am 11.03.2004 um 16.08
-mente war vorher das Substantiv mente = Geist, Sinn.
eingetragen von Stephan Fleischhauer am 11.03.2004 um 15.56
Kurze Nachfrage:
Was meinen Sie mit: "Für Verbindungen mit wieder kann man eine Erklärung geben"?
eingetragen von Theodor Ickler am 11.03.2004 um 15.35
Da ich gerade wieder mal in Pauls Prinzipien der Sprachgeschichte lese, staune ich aufs neue, wieviel noch 1920 getrennt bzw. schwankend geschrieben wurde. Und man kann ja nicht strikt beweisen, daß "vernünftigerweise/vernünftiger Weise" ein Wort ist. Das Übliche und damit Unauffällige sollte wohl den Vorrang vor dem (gerade noch) Konstruierbaren (und damit grammatisch Korrekten) haben.
Für Verbindungen mit "wieder" kann man eine Erklärung geben, anderes muß einfach auf Beobachtung beruhen. Und da es sich um ein Buch mit Empfehlungen handelt, muß nicht alles, was denkbar ist, eigens verzeichnet sein. Der Lehrer muß aufgrund seiner Ausbildung beurteilen können, was er - als möglicherweise unüblich, aber möglich - durchgehen läßt. Wenn er seine Aufgabe nicht darin sieht, Schüler auszusieben, sondern darin, ihnen die sinnvolle Textgestaltung beizubringen, dürfte das die beste Lösung sein.
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Th. Ickler
eingetragen von Stephan Fleischhauer am 11.03.2004 um 14.53
Mir schwirren schon einige Jahre Fragen zu Herrn Icklers sehr liberaler Auffassung der Getrennt- und Zusammenschreibung im Kopf herum. Ich will einmal ein paar davon loslassen.
Wie kann man die Häufigkeit von Zusammenschreibungen im Bereich der Verbzusatzkonstruktionen ermitteln? Der Satz „Wann werden wir uns wieder sehen?“, fände man ihn in einem Text, wäre kein Beleg für die Getrenntschreibung, denn man könnte die adverbiale Konstruktion (mit Betonung auf „sehen“) nicht ausschliessen.
Meistens dürfte der Kontext solche Zweifel ausräumen: „Du wirst dich hier bald wohl fühlen“ – das wäre ein klarer Beleg. Nur was ist, wenn das keiner so schreibt? Muss man es dann trotzdem zulassen?
In der Einleitung einer sehr frühen Fassung des Icklerschen Wörterbuchs (von Anfang 1999) stehen in direkter Folge zwei möglicherweise unvereinbare Maximen:
„ ...
3. Keine Schreibweise, die der deutschen Grammatik gerecht wird, kann orthographisch als falsch gelten.
Aus diesen Grundsätzen folgt, daß niemand, der korrekt schreiben, d.h. einen orthographisch unauffälligen Text erzeugen will, ...“
Kann es nicht auch grammatisch korrekte Schreibungen geben, die dennoch orthographisch auffallen?
Ist weiter gehend (bei Ickler mit Bogen) orthographisch unauffällig? (Es mag bei attributiven Gebrauch grammatisch korrekt sein.)
(Im Schildbürger-Buch lässt Herr Ickler übrigens die Schreibung zum Besten geben zu, wegen der grammatischen Korrektheit. S. 178.)
§ 9 in Icklers Wörterbuch, der die obligatorisch zusammengeschriebenen Verbzusätze aufführt, enthält zwei offene Listen. Die erste („einzelne, zum Teil reihenbildende Verbindungen“) sollte besser geschlossen werden (d.h. den gesamten Wörterbuchbestand enthalten).
Was spricht dagegen, z.B. die Zusätze los, wieder, wohl hinzuzufügen?
Alle angegebenen Zeiten sind MEZ
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