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-- Die Rechtschreibung als Prügelknabe (http://Rechtschreibung.com/Forum/showthread.php?threadid=846)


eingetragen von gestur am 06.05.2004 um 17.27

Ernst Leisi schreibt in "Das heutige Englisch":
"Bekanntlich weicht im Amerikanischen auch die Orthographie in einigen Punkten von der britischen ab. Entgegen aller Erwartung findet man so gut wie keinen Zusammenhang zwischen den Eigenheiten der Schreibung und denjenigen der Aussprache. Es ging den Reformern nicht darum, die amerikanischen Aussprache-Besonderheiten schriftlich festzuhalten und deutlich zu machen, sondern vielmehr um eine allgemeine Vereinfachung der Schreibung durch Ausschaltung unnötiger Buchstaben, eine Reform, die sich in allen Punkten genau so gut auf das britische Englisch anwenden ließe. Das Rechtschreibe-Problem wurde also auch in Amerika durchaus mit Bezug auf das gesamte Englisch gesehen, d. h. man erstrebte mindestens in diesem wichtigen Punkt keine trennende Eigengesetzlichkeit.
Generelle Vereinfachungen sind: Der Ersatz der romanischen Endung '-re' (in 'centre' und einer Anzahl geläufiger Wörter) durch die germanische '-er', also 'center, theater, meter'; die Kürzung der Endung '-our' zu '-or' z. B. in 'honor, color, behavior' (wegen der amerikanischen Herkunft des Terminus schreibt man auch im Deutschen 'Behaviorismus'), sowie die Vereinfachung einiger Doppelkonsonanten ('traveler, wagon' gegen britisch 'll', 'gg').
Die übrigen Varianten betreffen Einzelwörter, so 'ax' (britisch 'axe'), 'catalog' ('catalogue'), 'check' ('cheque'), 'jail' ('gaol'), 'tho' ('though'), 'thru' ('through')."


eingetragen von Karin Pfeiffer-Stolz am 06.05.2004 um 08.39

Die Rechtschreibung als Prügelknabe
Die Rechtschreibung dafür verantwortlich zu machen, daß es intellektuelle Unterschiede zwischen Schülern gibt, ist in höchstem Maße unredlich und dumm.
Es bedeutet nichts anderes, als den Sendboten zu verprügeln oder gar zu beseitigen: Wer mir eine schlechte Nachricht überbringt, ist also der wahre Übeltäter und schuld am Schlamassel! Der Bote muß als Prügelknabe für eine Erscheinung herhalten, die er gar nicht verschuldet hat, sondern deren Existenz er lediglich mitteilt.
Leider wird im öffentlichen Leben sehr häufig nach diesem „Prügelknabenprinzip“ verfahren. So leicht die psychologischen Motive nachvollziehbar sind: Von intelligenten Menschen, die sich anmaßen, in ein Regelsystem wie die Sprache eingreifen zu wollen, muß man anderes erwarten dürfen. Erwarten kann man es ja, wenn man mit Enttäuschung und Entsetzen über die Realität fertig wird.
Da nun Reformer und Kultusminister gleichermaßen Anhänger des „Prügelknabenprinzips“ sind, darf man noch einige Streiche erwarten. Vielleicht schaffen wir demnächst die ganze Sprache ab, nur weil einige diese besser beherrschen.
Es ist ja geradenach unanständig, sich um gutes Deutsch zu bemühen! Unsozial! Elitär!
Am besten, wir lassen es gleich ganz bleiben!

Beim besten Willen kann ich mir nicht vorstellen, daß es ähnliche Diskussionen in anderen Sprachgemeinschaften gibt. Es scheint in Deutschland wieder einmal der Schwanz mit dem Hunde zu wedeln.
Wir sind auf dem besten Wege, unseren Bildungsstandard ganz einzuplanieren. 1984 ist Wirklichkeit geworden.

Karin Pfeiffer-Stolz
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Karin Pfeiffer-Stolz


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