![]()
Forum (http://Rechtschreibung.com/Forum/index.php)
- Dokumente (http://Rechtschreibung.com/Forum/forumdisplay.php?forumid=1)
-- Schweiz (http://Rechtschreibung.com/Forum/showthread.php?threadid=97)
eingetragen von Sigmar Salzburg am 18.08.2010 um 12.24
Sechste Tagung der Schweizer Orthographischen Konferenz (SOK)
Zunfthaus zur Waag, Zürich den 20. Mai 2010
Am Donnerstag, dem 20. Mai 2010, fand in Zürich die sechste Tagung der Schweizer Orthographischen Konferenz (SOK) statt. Mehr als 50 Teilnehmer aus der Schweiz, aus Österreich und aus Deutschland versammelten sich im Zunfthaus zur Waag, um gemeinsam die aktuelle Situation zu diskutieren und weitere Schritte zur Verbesserung der Lage abzusprechen. Mehr denn je besteht Handlungsbedarf zur Korrektur der Orthographieregeln. Die unübersehbare orthographische Verwahrlosung bei Publikationen aller Art kann nicht ignoriert werden. Journalisten, Schülern, Studenten — und zunehmend auch den Lehrern selbst — ermangelt es inzwischen an grundlegender Rechtschreibsicherheit. Der folgende Passus ist dem Einladungsschreiben der SOK wörtlich entnommen:
»Der Kompromiss, den der Rat für Rechtschreibung vor vier Jahren vorlegte, hat die Sprachrichtigkeit und Einheitlichkeit der Rechtschreibung nicht wiederhergestellt. Die Printmedien arbeiten mit Hausorthographien, wie sie im 19. Jahrhundert nötig waren. Viele Autorinnen und Autoren halten Abstand zu den neuen Regeln. Die Autoren Österreichs haben sich mit einem Vertrag gegen reformerische Eingriffe in ihre Texte geschützt. Der Verband Autorinnen und Autoren der Schweiz (AdS) wird ihnen folgen. In der Schule schaffen die Reform und die verschiedenen Stufen ihrer Verbesserung Unordnung. Die Sprachsicherheit fehlt.«
Einführungsreferat
Nach Begrüßung und einführenden Worten durch die Gründungsmitglieder Peter Zbinden und Nationalrat Filippo Leutenegger wies der Gymnasiallehrer Stefan Stirnemann in seinem engagierten Fachreferat unter anderem auf die widersprüchliche Handhabung der Rechtschreibregeln hin. Die Rechtschreibpraxis bei Zeitungsverlagen, Buchverlagen und Herausgebern von Nachschlagwerken für Schulen wiche in einer unübersehbaren Anzahl von Schreibvarianten voneinander ab. Dasselbe Wort werde einmal so, einmal anders geschrieben. Das sei vor allem für Schüler verwirrend — Schüler seien ohnehin das schwächste Glied in der Kette. Zu ihren Lasten gehe die fehlende Sprachsicherheit. Es wüchse nunmehr eine Generation heran, die sich beim Schreiben ein Leben lang schwertun werde.
[Bild]
-Stefan Stirnemann-
Zwar seien heute immer mehr Personen dazu bereit, die Reform als mißglückt zu bezeichnen, der aus Ratlosigkeit geschlossene Kompromiß der Variantenschreibung sei nicht optimal. Doch ziehe man daraus eigenartige Schlüsse — zum Beispiel diesen: Immer weniger Personen beherrschen die herkömmliche Rechtschreibung, da die Alten wegsterben. Daher habe man sich eben mit der unbefriedigenden Lage abzufinden. Was für ein Argument! Der geneigte Leser möge diese (Un)Logik einmal probeweise auf andere Lebensbereiche anwenden.
Immerhin, und das mag trösten, sind nach rund 14 Jahren Erfahrungen mit dem Retortenprodukt »Rechtschreibreform« so gut wie alle Schriftschaffenden einhellig der Meinung, daß der jetzige Zustand nicht tatenlos hingenommen werden dürfe. »Man muß etwas tun.«
Psychologie der Unsicherheit: Vermeidungsverhalten
Für die deutschen Teilnehmer war die folgende, von mehreren Seiten bestätigte Aussage überraschend: Schüler und junge Leute in der Schweiz erledigten ihre Niederschriften neuerdings gern in Schwyzerdütsch, und zwar mit der Begründung, da könne man keine Fehler machen! Das ist psychologisch begründbar. Fehlende Homogenität und Vieldeutigkeiten sind dem menschlichen Handeln ein Greuel, denn sie erzeugen Ratlosigkeit und Unsicherheit. Unsicherheit ist ein emotional schwer erträglicher Zustand, den der Mensch fliehen möchte; deshalb entwickelt er Vermeidungsstrategien. Im Fall der verwirrenden Rechtschreibregeln heißt die Alternative Ausweichen oder Bleibenlassen. Man schreibt in einer anderen »Sprache« oder eben gar nicht mehr. Ein wahrer Pyrrhussieg der sogenannten Rechtschreibreform!
Die Podiumsdiskussion
An der Podiumsdiskussion, geleitet von Filippo Leutenegger, nahmen Nicole Pfister-Fetz (Geschäftsführerin des Verbandes Autorinnen und Autoren der Schweiz), Gottlieb F. Höpli (Präsident des Vereins Medienkritik Schweiz), Ludwig Laher (Vertreter der Interessengemeinschaft Österreichischer Autorinnen und Autoren und Mitglied des Rates für Rechtschreibung) und Prof. Dr. Dr. Rudolf Wachter (Sprachwissenschaftler an den Universitäten Basel und Lausanne) teil.
[Bild]
-Podiumsdiskussion-
Ludwig Laher betonte abschließend, daß die Variantenschreibung ein fauler Kompromiß sei, der irgendwann einmal zurückgenommen werden müsse. Im weiteren Gedankenaustausch wurde festgestellt, daß die Entscheidungen betreffs der Orthographiereform nicht die sprachliche Ebene betrafen, sondern politischer Natur waren. Der Sündenfall war die Einmischung des Staates. Den Gesichtsverlust für das in der Sache selbst gebotene »Zurück« wollte keiner der maßgeblichen Politiker hinnehmen. Bis heute sind deshalb die Dinge in der Schwebe, ist das Problem ungelöst und wird es bleiben, so lange sich keine Person oder Institution für eine Bereinigung der vielen Sowohl-als-auch einsetzt, mit der keine Sprachgemeinschaft auf Dauer glücklich wird.
[Bild]
-Friedrich Denk-
Eloquenter Diskussionsbeitrag aus dem Publikum: Friedrich Denk, Studiendirektor (i. R.) und Schriftsteller. Denk trat in Deutschland als einer der prominentesten Kritiker der Rechtschreibreform hervor.
Während Deutschland bezüglich der Orthographiemisere in eine Art resignierter Starre verfallen ist, in Österreich wenigstens die Autoren ihre (orthographischen) Urheberrechte einfordern, fungiert die kleine Schweiz als kräftiger Motor einer Basisbewegung, die zu retten versucht, was zu retten ist. In der SOK hat sich eine aktive Schar sprachbewußter und besorgter Personen zusammengefunden, die nicht nur Konferenzen und Tagungen ausrichtet, sondern Woche für Woche, Monat für Monat hinter den Kulissen unaufgeregt und zielstrebig auf eine Heilung der Orthographie hinwirkt. Die SOK leistet wertvolle praktische Arbeit — auf sprachlicher, institutioneller und politischer Ebene. Wir haben allen Grund, dem auf ehrenamtlicher Ebene tätigen Personenkreis dankbar zu sein! Die Zerstörung der Orthographie ist von oben befohlen werden — zu ihrer Rettung aber ist jeder einzelne von uns aufgerufen.
Karin Pfeiffer
Link zur SOK http://www.sok.ch/ (viele lesenswerte Beiträge)
eingetragen von Sigmar Salzburg am 29.04.2010 um 06.10
Besser ist nicht gut genug
Der neue Rechtschreib-Leitfaden der Bundeskanzlei
Stefan Stirnemann, Mitglied der Arbeitsgruppe der Schweizer Orthographischen Konferenz (SOK)
Unsere Bundeskanzlei hat im letzten Jahr die dritte Auflage ihres Leitfadens zur deutschen Rechtschreibung herausgegeben. Verantwortlich ist die Sektion Deutsch der Zentralen Sprachdienste; die Autorinnen und Autoren werden nicht genannt. Offen ist auch die Frage, ob wie bei den früheren Auflagen Peter Gallmann und Horst Sitta als Berater tätig waren. Gallmann und Sitta sind die führenden Schweizer Reformer und Autoren des Dudenverlags; Gallmann ist Mitglied im Rat für Rechtschreibung.
Die Vorgänger des neuen Leitfadens erschienen in den Jahren 1998 und 2000. Die, wie es im Untertitel heisst, «vollständig neu bearbeitete Auflage» wurde nötig, weil der Rat für Rechtschreibung im Jahre 2006 mit dem dritten amtlichen Regelwerk vieles von dem rückgängig machte, womit die Reformer einst stolz angetreten waren. So schreibt nun auch die Verwaltung wieder «es tut mir leid» und nicht mehr «es tut mir Leid». Es gibt wieder fleischfressende Pflanzen, nachdem sie in Bern zehn Jahre lang «Fleisch fressend» gewesen waren, und in gleicher Weise werden viele Wörter wiederhergestellt, welche im Zuge der Neuregelung durch Getrenntschreibung abgeschafft worden waren: gleichgesinnt, schwerwiegend, selbstgenutzt, wildlebend, sogenannt.
Das ist zweifellos eine Verbesserung. Es fragt sich freilich, warum man zehn Jahre lang so vieles so falsch geschrieben hat. Dazu sagen die Autoren des Leitfadens nichts, und das ist die erste Kritik, mit der sie sich auseinandersetzen müssen: sie erwähnen die Reform der Reform nur und erläutern sie nicht. Der Leitfaden will laut Vorwort nicht mehr von einem alten in einen neuen Zustand überführen, das heisst, er gibt nicht mehr an, was herkömmliche Rechtschreibung und was Reform ist. Ein Beispiel: Der Leitfaden 2000 bietet 52 Einträge mit dem Buchstaben h. Von diesen sind nun 31 abgeändert worden, meistens so, dass die herkömmliche Form wieder gilt, entweder ausschliesslich oder als Variante: hoch begabt ist wieder hochbegabt, Holz verarbeitend wieder holzverarbeitend, neben Hand voll tritt als Variante Handvoll. Das alles wird aber ohne jede Erklärung und stillschweigend durchgeführt. Folge: Die Leserinnen und Leser, welche ja kaum die Entwicklungen der letzten zehn Jahre überschauen, können sich kein Bild der Lage machen und müssen glauben, was ihnen der Leitfaden vorgaukelt: dass sie es mit der nunmehr gefestigten Neuregelung zu tun hätten – während tatsächlich Kernbereiche jener Neuregelung zurückgenommen wurden.
Diese Zurücknahme beweist doch wohl, dass der Widerstand gegen die Reform sachlich begründet ist. Davon liest man im Leitfaden nichts. Die Autoren sagen nur, dass es noch immer vehemente Gegnerinnen und Gegner der neuen Regelung gebe, dass ihre Zahl aber kleiner geworden sei – und sie sagen nicht, dass zu diesen Gegnern auch sie selber gehören, sofern nun auch sie vieles wieder schreiben wie vor der Reform. Sie geben als Neuregelung aus, was in Wahrheit Wiederherstellung der herkömmlichen Regelung bedeutet.
Wozu dieses Manöver der Umbenennung? Es erschwert ja den Mitarbeitern der Verwaltung die Arbeit, denn wer sich im Tohuwabohu der neu eingeführten und wieder zurückgezogenen Schreibweisen zurechtfinden soll, muss unbedingt wissen, dass zum Beispiel die nahe stehenden Personen keineswegs der «bisherige Ausdruck» sind, wie auf Seite 12 des Leitfadens behauptet wird, sondern der reformierte Ausdruck, den die Autoren jetzt durch die herkömmlichen nahestehenden Personen ersetzen.
Die Umstellung hat aber noch andere Folgen.
Die zahlreichen Ersetzungen, welche die Autoren gegenüber den früheren Auflagen vorgenommen haben, und dazu die vielen Varianten, die der Rat für Rechtschreibung aufgelistet hat, bewirken, dass wichtige Begriffe in unterschiedlicher Schreibweise vorkommen. Das kann Probleme bei der Auslegung geben. Die Autoren diskutieren verschiedene Lösungsmöglichkeiten, müssen aber am Ende festhalten: «Notfalls – wenn gar kein Weg gangbar erscheint – muss die korrekte Rechtschreibung hinter der
Rechtssicherheit zurückstehen.» So rätselhaft dieser Satz klingt, er zeigt Schwierigkeiten, die es vor dieser Reform nicht gab. Die Schwierigkeiten sind hausgemacht. Ein klares Offenlegen des Standes der Dinge schafft hier Abhilfe. Nötig sind freilich auch klare Grundsätze in der Auswahl der Schreibweisen.
Damit sind wir beim zweiten Kritikpunkt: Die Autoren des Leitfadens erfüllen einen Auftrag des Bundesrates und des Nationalrates nicht. Nationalrätin Kathy Riklin (CVP) reichte am 27. September 2004 ein Postulat ein, das verlangte, dass «die bisher möglichen Bedeutungsdifferenzierungen durch Zusammen- und Getrenntschreibung erhalten bleiben». Am 24. November beantragte der Bundesrat, das Postulat anzunehmen. Was hat der Rat für Rechtschreibung in dieser Frage getan? Er musste offenbar Rücksicht auf die deutsche Innenpolitik und die grossen Wörter- und Schulbuchverlage nehmen und konnte sich nicht dazu durchringen, die falschen Schreibweisen der Reformer wieder abzuschaffen; so gab er durch einen faulen Kompromiss als Varianten aus, was tatsächlich keine Varianten sind.
Gemäss Schweizer Schülerduden gilt zur Zeit zum Beispiel, dass ein wohlbekannter Schriftsteller dasselbe sei wie ein wohl bekannter. Die Autoren des Leitfadens hätten die Pflicht gehabt, die falschen Varianten auszuschliessen. Das haben sie aber in vielen Fällen nicht getan, und so verunmöglichen sie die vom Postulat Riklin verlangte Bedeutungsdifferenzierung. Beispiele: vielversprechend steht ohne Bedeutungsunterschied neben viel versprechend, wohl überlegt steht gleichbedeutend neben wohlüberlegt, und sie ist weit gereist soll dasselbe sein wie sie ist weitgereist. Dazu kommt eine Fülle von weiteren Festlegungen, die man nicht begreifen kann: gleichdenkend ist nur zusammen richtig, andersdenkend aber darf auch anders denkend sein; frauenverachtend gibt es nur so, menschenverachtend darf man auch trennen (Menschen verachtend); wildlebende Tiere schliesslich fressen wild wachsende/wildwachsende Pflanzen.
Woher das Durcheinander? Es kommt von den in vieler Hinsicht unklaren Vorgaben des Rates für Rechtschreibung und vom Zeitdruck, unter dem auch dieser dritte Leitfaden sichtlich leidet. Was ist zu tun?
Für die nächste Auflage muss der Leitfaden nochmals überarbeitet und gründlich verbessert werden. Hoffentlich werden die Autoren dann auch auf ihren absurden Versuch zurückkommen, unserem Land die seit langer Zeit ganz unübliche Form «selbstständig» aufzuzwingen. Den nächsten Leitfaden sollte die Bundeskanzlei gratis abgeben. Wer die dritte Auflage gekauft hat, hat für ein stark fehlerhaftes Erzeugnis Geld ausgelegt.
Auch der Rat für Rechtschreibung wird seine Arbeit fortsetzen müssen, denn auch dem dritten amtlichen Regelwerk fehlt die allgemeine Zustimmung. Vier Hinweise dazu: Gegen 700 österreichische Autorinnen und Autoren untersagen in einer Erklärung Eingriffe in die Textgestalt, «auch jene, die als orthographische Anpassung bezeichnet werden». Die Nobelpreisträgerin Elfriede Jelinek schreibt: «Man darf den Worten und Wörtern nur keine Zwangsjacke anziehen, bis sie sich nicht mehr bewegen können. Aber das ist mit der Rechtschreibreform und deren neuester Reform der Reform (ohne daß die Form je viel schöner würde), die ich kaum irgendwo umgesetzt sehe, leider passiert (...).»
Der Rat für Rechtschreibung schreibt im Protokoll seiner letzten Sitzung vom Oktober 2008: «Allgemein wird dafür gehalten, dass der Text des amtlichen Regelwerks von der Praxis nicht angenommen wird (...). In der Folge wird vorgeschlagen, probeweise für den Bereich Groß-Klein-Schreibung eine Neuformulierung vorzunehmen.» Peter Eisenberg schliesslich, der im Rat die Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung vertritt, schreibt in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 17. April, dass gewichtige Folgeschäden der Neureglung geblieben seien und dass der Text des Regelwerkes des Rates unentschieden, unverständlich und voller Widersprüche sei. Eisenbergs Kernaussage lautet: «Die Orthographie ist weder dazu gemacht, dass man mit ihr erfolgreich Wörterbuchverlage betreibt, noch dazu, in der Schule gelehrt zu werden. Sie ist, wie sie ist. Erst daraus gewinnt sie ihre Würde als allgemein verfügbares kommunikatives Werkzeug.» Eisenberg kündigt einen Verbesserungsvorschlag der Akademie an.
Die Auseinandersetzung um die Neuregelung ist also keineswegs abgeschlossen. Bei uns wird diese Auseinandersetzung durch die Schweizer Orthographische Konferenz (SOK) geführt. Sie muss keine Rücksicht auf deutsche Politik und Wirtschaft nehmen und kann sich auf die Sache ausrichten. Ihre Arbeitsgruppe ging vom Regelwerk des Rates für Rechtschreibung aus. Bei der Ausarbeitung ihrer Empfehlungen richtete sie sich wesentlich nach der Praxis der NZZ.
Die Empfehlungen schlagen durch; sie werden unterstützt vom Vorstand des Verbandes Schweizer Presse und der Konferenz der Chefredaktoren. Am 20. August veranstaltet die Arbeitsgruppe der SOK an der Schweizer Journalistenschule (MAZ) eine erste Ausbildung.
Mit ihren Empfehlungen setzt die SOK die Verbesserungen des Rates für Rechtschreibung vom Jahre 2006 konsequent um und führt in einigen Bereichen weitere Verbesserungen durch.
Die Arbeitsgruppe hat den neuen Leitfaden der Bundeskanzlei geprüft und besprochen; dieser Artikel benennt einen kleinen Ausschnitt seiner Probleme. Für sie gibt es klare und einfache Lösungen. Die SOK hat diese Lösungen und würde sie gerne auch in Bern zur Diskussion stellen. Die SOK würde sich über eine Zusammenarbeit mit den Autoren des Leitfadens freuen.
http://www.sok.ch
Rechtschreibung
Leitfaden zur deutschen Rechtschreibung
Schweizerische Bundeskanzlei, in Absprache mit dem Präsidium der Staatsschreiberkonferenz
3., vollständig neu bearbeitete Auflage 2008
Quelle:
http://www.sprachkreis-deutsch.ch/files/mitteilungen/2009-1-2.pdf
eingetragen von Sigmar Salzburg am 09.05.2007 um 10.02
Wilhelm Tell will die Geßlerhüte des Reformreiches nicht mehr grüßen:
Die Schweizer Medien steigen weitgehend aus der Rechtschreibreform aus. Das hat die dritte Tagung der Schweizer Orthographischen Konferenz (SOK) gezeigt, die am 7. Mai in Zürich stattfand…
http://www.deutsche-sprachwelt.de/nachrichten/neues_detail.php?id=442
eingetragen von Detlef Lindenthal am 25.10.2006 um 15.03
baz.ch:
>>Präsentation des neuen Schweizer Schülerdudens
Zürich. SDA/baz. Die Neuausgabe des Schweizer Schülerdudens wird diese Woche an der Bildungsfachmesse Worlddidac in Basel präsentiert. Die Bearbeitung wurde nötig, nachdem der Rat für deutsche Rechtschreibung Änderungen vorgeschlagen hatte.
Die Erziehungsdirektorenkonferenz (EDK) hatte im Juni beschlossen, die Korrekturen der Rechtschreibereform auch für die Schweiz zu übernehmen. Für die Volksschule gebe es aber nur marginale Veränderungen, teilte die EDK damals mit.
Der Lehrmittelverlag des Kantons Zürich hat die Neuausgabe in Zusammenarbeit mit der Interkantonalen Lehrmittelzentrale und dem Dudenverlag an die Hand genommen, wie der Zürcher Regierungsrat am Montag mitteilte. <<
http://www.baz.ch/news/index.cfm?ObjectID=7446CC70-1422-0CEF-70A43B31E5EED722
________
Sonderbar: In meiner Schulzeit haben wir über Wörterbücher einerseits weder gesprochen noch sie in der Schule benutzt, und schon gar nicht in forteilend veränderlichen Fassungen; andererseits haben unsere Jahrgänge (ja, es sind die Jahrgänge der Vielleser) viel brauchbare und verläßliche Rechtschreibung gelernt.
__________________
Detlef Lindenthal
eingetragen von Detlef Lindenthal am 06.04.2006 um 04.14
>>ST. GALLEN
Rechtschreibkurs für Lehrer verboten
Der St. Galler Erziehungsdirektor und EDK-Präsident Hans Ulrich Stöckling hat einen Weiterbildungskurs für Lehrer zur Rechtschreibung verboten. Als Referenten waren Kritiker der Reform vorgesehen. Zu einseitig, fand Stöckling.
Das kantonale Erziehungsdepartement bestätigte einen entsprechenden Bericht des «St. Galler Tagblatts». Der Kurs hätte im Rahmen eines Weiterbildungsprogramms für Mittelschullehrer stattfinden sollen. «Von alt zu neu – von neu zu alt: Die neue Rechtschreibung – Hinweise, Klärungen und Stellenwert», so der Titel.
Die Anregung kam laut Kursleiter Mario Andreotti von der Fachschaft. Als Referenten waren der deutsche Germanist Theodor Ickler und der in Gossau SG unterrichtende Gymnasiallehrer Stefan Stirnemann vorgesehen. Beide traten als Kritiker der neuen Rechtschreibung auf.
Drei ausdrückliche Gegner der Reform als Kursveranstalter: «So geht das nicht», fand Stöckling und legte sein Veto ein. Es gehe nicht darum, eine Diskussion abzuklemmen, erklärte der Präsident der Konferenz der Erziehungsdirektoren (EDK) gegenüber dem «St. Galler Tagblatt». Gegen einen ausgewogen besetzten Kurs hätte er nichts gehabt.
So aber wäre Lehrern und Eltern gegenüber ein «falsches Signal» gesetzt worden, sagte der FDP[*1]-Politiker. Die Rechtschreibreform sei unter Dach und Fach. Letzte Änderungen werde die EDK im Juni beschliessen. Jetzt erneut Unsicherheit zu schüren, wäre laut Stöckling unverantwortlich.<<
http://www.espace.ch/artikel_197749.html
_______________
[*1] Freisinnig-Demokratische Partei ... freisinnig ... demokratisch ... Rechtschreib„reform“ – Herr Stöckling, merken Sie etwas? (Damals „1984“ gelesen, die Vorgehensweise verstanden und begeistert aufgegriffen???)
__________________
Detlef Lindenthal
eingetragen von Detlef Lindenthal am 15.08.2005 um 05.47
>>
13.8.2005
Rechtschreibung: Es gilt der «reformierte» Duden
Was bei den deutschen Nachbarn noch hohe Wellen schlägt, wird hier fast überall praktiziert: die neue Rechtschreibung.
von Edith Fritschi
Diskussionen? Kaum noch. Die neue Rechtschreibung, nach der Übergangsfrist für Schulen und Ämter definitiv, wird mittlerweile praktiziert; der neue Duden wird von den meisten als verbindlich betrachtet. «Das gesamte Unterrichtsmaterial ist nach dem neuen Regelwerk gedruckt», sagt Werner Bächtold, Bereichsleiter Bildung für die Volksschulen der Stadt Schaffhausen. Und fügt an, dass man die Regeln ziemlich liberal handhabe. In strittigen Fällen drückt man eher ein Auge zu. «Stimmt», meint Bächtold. Das habe auch mit einem neuen Didaktikverständnis zu tun. «Wichtig im Unterricht sind das Verständnis, die Wiedergabe sowie die mündlichen und schriftlichen Ausdrucksmöglichkeiten.» So werde bei Aufsatzkorrekturen im Volksschulbereich, nicht jeder Rechtschreibfehler angestrichen. «Im Vordergrund steht die Gesamtbewertung.»
Neue Regeln anerkannt
Tatsache ist, dass die Übergangsfrist zur Reformumsetzung vorbei ist. Wurden Wörter, die nach der alten Regelung geschrieben wurden, bisher akzeptiert, so gelten sie nun als Fehler, sagt Jakob Geier, Leiter des Schulamts. «Jetzt gilt die neue Regelung.» Wie streng das in den einzelnen Klassenzimmern gehandhabt wird, entzieht sich seiner Kenntnis. Geier: «Die Schweiz hat die neue Rechtschreibung anerkannt, die Bücher sind nach dem neuen Regelwerk gestaltet. Eine Diskussion ist überflüssig.» Der Kanton Schaffhausen brauche keine eigenen Richtlinien. Im Übrigen hätten die Schüler seit sieben Jahren mit der neuen Rechtschreibung gearbeitet, für sie sei das kein Problem mehr. Zudem gibt es in sprachlichen Fächern keine Bücher mehr, die nach dem alten Reglement gedruckt wurden. Auch der Kanton hat umgestellt und den Leitfaden der Bundesverwaltung übernommen (vgl. SN vom 27. Juli).
Für Erwin Knupfer, der in der Mittelstufe am Schulhaus Breite unterrichtet, ist die neue Rechtschreibung Alltag. «Die Umsetzung in der Schule ist passiert», sagt er. Die problematischen Fälle, um die noch gestritten wird, spielten auf seiner Unterrichtsstufe nur ein marginale Rolle. «Die ewig herumgereichte Gämse (Gemse) interessiert in der Praxis wenig.» Wichtig seien die Regeln zur Gross- und Kleinschreibung oder die Interpunktion. Zudem versuche man den Schülern zu vermitteln, wie ein Wort nachgeschlagen werde - nämlich im Infinitiv des Verbs. Sucht einer nach dem Präteritum, wird er kaum fündig werden. «Letztlich», meint Knupfer, «geht darum, zu verstehen, warum ein Wort etwa mit zwei n geschrieben wird. «Wir wollen das Grundverständnis für die Sprache vermitteln.»
Arpad Andreànszky, Deutschlehrer an der Kantonsschule, ist da anderer Meinung. Die Situation sei verwirrlich. Zwar sei die Übergangsfrist vorbei, aber eindeutige Direktiven der Erziehungsdirektorenkonferenz gebe es bisher nicht. «Wir warten auf die Weisung», meint Andreánsky, der sich generell nicht als Reformfreund zeigt. «Rund fünf Prozent der Wörter oder Ausdrücke des gesamten deutschen Wortschatzes seien umstritten. «Gerade aber diese Wörter werden sehr häufig gebraucht.» Was tun? «In der Praxis dürfte sich der Trend durchsetzen, dass man jede Schreibweise gelten lässt», meint er. Beim Wort «rauh» etwa, das jetzt «rau» geschrieben wird. Da müsse man wohl beides stehen lassen. Ähnlich sehen es offenbar auch die anderen Deutschlehrer an der Kantonsschule. Andreànszkys Meinung nach sorgen einige neue Reformregeln eher für eine Verarmung in der deutschen Sprache als für eine Erleichterung: «Reformen sollten klärend wirken», meint er. Und nicht für Verwirrung sorgen. «Und man sollte die Sprache und die Orthografie als Kulturgut nicht aufs Spiel setzen.» Daraus liessen sich Herkunft und Wurzeln ableiten.
Verwirrung statt Klarheit
Zudem sei die Reform in vielen Fällen genau gegenläufig zum Entwicklungsprozess der Sprache, der allmählich im Duden Niederschlag gefunden habe. «Im Übrigen ist es das erste Mal, dass sich eine Redaktion wie die des Duden so stark eingemischt hat», sagt er. Und weist darauf hin, dass die deutsche Rechtschreibung schon immer viel liberaler gehandhabt worden sei als etwa die französische, wo die Herren der «Académie française» streng darüber wachten, dass ja nichts geändert werde.
Für all jene, die den Reformprozess und dessen Auswirkungen als Jux betrachten, hat er wenig Verständnis. «Das ist sträflich. Sprache ist ein wichtiges Kulturgut.» Man könne wieder mal nur abwarten und in der Praxis versuchen, eine vernünftige Lösung zu finden, damit kein Kuddelmuddel entstehe.
Generell gilt: Je höher die Schulen, desto weniger Freunde hat die Reform. Erst in höheren Stufen werden die strittigen Fälle, die es nach wie vor gibt, wichtig. Da herrscht wohl immer noch so etwas wie eine Übergangsfrist.<<
http://www.shn.ch/pages/artikel.cfm?id=141118
__________________
Detlef Lindenthal
eingetragen von Detlef Lindenthal am 03.08.2005 um 10.34
>>Rechtschreibung: Reform
Alleingang von Annoni
Erziehungsdirektor Mario Annoni verlängert die Übergangsfrist für die Inkraftsetzung der neuen deutschen Rechtschreibung. Statt am 1. August 2005 soll sie an bernischen Schulen erst ein Jahr später gelten.
OZ/aid. Der Kanton Bern hält an der bisherigen Praxis fest. Dies bedeutet, dass an den Schulen des Kantons Bern grundsätzlich nach den neuen Regeln der deutschen Rechtschreibung unterrichtet wird. Bis die umstrittenen Bereiche der Neuregelung geklärt sind, gelten die alten Schreibweisen jedoch weiterhin nicht als Fehler.
Auf den 1. August 1998 sind neue Regeln für die deutsche Rechtschreibung in Kraft getreten. Mit der Einführung der Neuregelung wurde seinerzeit festgelegt, dass die alten Schreibweisen während einer Übergangsfrist von sieben Jahren noch nicht als Fehler zu bewerten seien. Diese Übergangsfrist ist nun abgelaufen, sodass ab Beginn des neuen Schuljahres nur noch die neuen Regeln gelten sollen. So empfahl es die Erziehungsdirektorenkonferenz (EDK), und so wird es jetzt der Kanton Bern nicht handhaben. Warum? In der Zwischenzeit werden in einigen Bereichen der Neuregelung Korrekturen diskutiert. Da diese Korrekturen noch nicht abschliessend behandelt sind, hat die Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren Ende Juni den Kantonen - in Übereinstimmung mit Deutschland und Österreich - empfohlen, für diese umstrittenen Bereiche die Übergangsfrist zu verlängern. Demnach sind die neuen Regeln ab 1. August verbindlich. Nur in den umstrittenen Bereichen (Getrennt- und Zusammenschreibung, Zeichensetzung und Worttrennung am Zeilenende) werden die alten Schreibweisen noch nicht als Fehler gewertet.
Unterschiedliche Wege
Die deutschsprachigen Kantone gehen mit den Empfehlungen der EDK unterschiedlich um. Während sie die einen unverändert übernehmen, wollen andere die Umsetzung zuerst noch diskutieren (Kantone der Zentralschweiz). Der Kanton Zürich hat die neuen Regeln ohne Vorbehalt für alle Bereiche in Kraft gesetzt.
Im Kanton Bern wurde vor den Sommerferien ein parlamentarischer Vorstoss zur Rechtschreibreform eingereicht, der in der Septembersession des Grossen Rates behandelt wird. Um den Entscheid des Kantonsparlaments nicht vorwegzunehmen, hat der Erziehungsdirektor beschlossen, die Übergangsfrist für die Neuregelung der Rechtschreibung um vorerst ein Jahr zu verlängern. Dies bedeutet, dass die Schülerinnen und Schüler weiterhin nach den Regeln der neuen Rechtschreibung unterrichtet werden, alte Schreibweisen aber nach wie vor nicht als Fehler gelten. Damit behält der Kanton Bern die bisherige Praxis für ein weiteres Jahr bei. Der Kanton Bern, so Annoni, stehe nach wie vor hinter der Reform der Rechtschreibung und hoffe, dass die noch offenen Fragen in absehbarer Zeit befriedigend geklärt werden können.
Kommentar
Lob und Vorwürfe
Otto Zutter
Der Kanton Bern verlängert die Übergangszeit für die neue Rechtschreibung an den Schulen um ein Jahr. Das hat Erziehungsdirektor Mario Annoni gestern entschieden und das ist gut so. Auch wenn er für seine Absage an die Empfehlungen der Erziehungsdirektorenkonferenz den Alleingang gewählt hat.
Vorwürfe allerdings sind der europäischen Bildungsbürokratie zu machen. Zuständig für das Regelwerk ist der aus Deutschen, Österreichern und Schweizern zusammengesetzte Rat für deutsche Rechtschreibung. Neun lange Jahre Vorbereitungszeit haben nicht ausgereicht, um alle strittigen Punkte zu bereinigen. Vielmehr werden bei der Ankündigung der definitiven Einführung auf den 1. August 2005 Korrekturen der Korrektur angekündigt. Das ist unverständlich.
Dazu kommt, dass die Bundesverwaltung und die bernische Kantonsverwaltung bereits entschieden haben, die definitive Einführung der neuen Rechtschreibung aus diesen Gründen auszusetzen.
Mit andern Worten: Für die Schulen wäre das neue Regelwerk verbindlich geworden, für die Verwaltung nicht. Wieso also kompliziert, wenn es einfacher auch geht?<<
http://www.bielertagblatt.ch/article.cfm?id=194907&startrow=7&ressort=Schweiz-BE&kap=bta&job=7921310
__________________
Detlef Lindenthal
eingetragen von Detlef Lindenthal am 03.08.2005 um 09.52
Kanton Bern verlängert bisherige Rechtschreibe-Praxis um ein Jahr
02.08.2005 17:57
BERN - Der Kanton Bern verlängert die Übergangsfrist für die neue deutsche Rechtschreibung um ein Jahr. Damit weicht Bern von der Empfehlung der Erziehungsdirektorenkonferenz ab.
Die Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren (EDK) wollte die Übergangsfrist nur noch teilweise verlängern und zwar in den Bereichen, die heute noch umstritten sind. Dazu gehören die Getrennt- und Zusammenschreibung, die Worttrennung am Zeilenende und die Zeichensetzung.
Der Kanton Bern hatte Mitte Juli der EDK vorgeschlagen, die bisherige Übergangsfrist nicht nur in Teilbereichen, sondern für das gesamte Regelwerk zu verlängern. Das von der EDK empfohlene Vorgehen sei nicht praxistauglich und schaffe weitere Verunsicherung bei Lehrerschaft und Schülern, lautete die Begründung.
Im Kanton Bern ist zum Thema neue deutsche Rechtschreibung noch ein parlamentarischer Vorstoss hängig, der voraussichtlich in der Septembersession behandelt wird. Erziehungsdirektor Mario Annoni begründete seinen Entscheid damit, diesem Parlamentsentscheid nicht vorgreifen zu wollen.
Das Parlament würde kaum goutieren, wenn die Regierung schon vor der Debatte Vorentscheide treffen würde, sagte Annoni auf Anfrage. Bis jetzt steht Bern mit diesem Entscheid in der Schweiz alleine da.
Viele Erziehungsdirektoren seien zur Zeit noch in den Ferien, betonte Annoni. Er hoffe, dass die Berner-Lösung nach den Sommerferien weitere Anhänger finde.
Ab neuem Schuljahr werden die Berner Schülerinnen und Schüler weiterhin nach den Regeln der neuen Rechtschreibung unterrichtet, alte Schreibweisen gelten aber nach wie vor nicht als Fehler, wie das Amt für Inforamtion mitteilte.
eingetragen von margel am 06.08.2004 um 20.20
Man sollte nicht verschweigen, daß die "Schweizer Demokraten" eine rechtsextreme Partei sind, hervorgegangen aus der berüchtigten "Nationalen Aktion gegen die Überfremdung von Volk und Heimat". Ob man auf einen solchen Verbündeten nicht lieber verzichten sollte?
eingetragen von Reinhard Markner am 06.08.2004 um 16.02
Leider ist Herr Keller nur Vertreter der "Schweizer Demokraten", einer ziemlich unbedeutenden Partei. FDP, CVP und SVP müßten jetzt handeln, von der SPS wird man das nach Lage der Dinge wohl nicht erwarten können.
eingetragen von Bernhard Schühly am 06.08.2004 um 15.24
Lieber Herr Lindenthal!
Bestätigen Sie bitte Herrn Rudolf Keller aus Basel, daß er mit unserer vollen Unterstützung rechnen kann und bieten sie ihm, falls nötig, noch zusätzliche Hintergrundinformationen über die Geschichte der Reform an, besonders die Entscheidungen betreffend, die ohne Absprache mit der Schweizer Seite beschlossen worden sind.
Daß – endlich – auch Spiegel, Bild und der gesamte Axel-Springer-Verlag mit allem was daran hängt, zurückkehren, ist ein voller Erfolg.
Ich meine jetzt in diesem Zusammenhang, wir müßten nicht nur diejenigen mit ständig neuen tadelnden Protestschreiben überfluten, die nicht oder noch nicht wieder auf die bewährte Weise schreiben wollen, man sollte jetzt auch ausdrücklich denjenigen seine Anerkennung ausdrücken, die den Weg wieder gefunden haben.
Übrigens hatte ich schon vor Jahren – als die RSR zum ersten Mal in die öffenliche Diskussion geriet, an die „WELT“ (Axel-Springer) geschrieben. Ich hatte darauf hingewiesen, daß sie doch recht skeptisch in ihren über die Reform berichte und ziemlich kritische Kommentare dazu bringe. Warum sie eigentlich denn dann nicht wieder zurückkehren würde? Damals hatte man sich etwas gewunden nach dem Motto: „Wir würden's schon gerne, aber der Verlag macht's nicht mit“
eingetragen von Norbert Lindenthal am 06.08.2004 um 14.37
Uns erreichte dieser eBrief aus der Schweiz. Wir möchten ihn unseren Lesern weiterreichen.
Norbert Lindenthal
Subject: Rechtschreibreform
To: scheunen-verlag@t-online.de,
c_melsa@gmx.net,
post@rechtschreibreform.com
From: rudolf.keller@baloise.ch
Date: Fri, 6 Aug 2004 14:13:32 +0200
X-Spam-Checker-Version: SpamAssassin 2.63 (2004-01-11) on
p15131269.pureserver.info
X-Spam-Level:
X-Spam-Status: No, hits=-4.7 required=5.0 tests=BAYES_00,NO_REAL_NAME
autolearn=no version=2.63
X-TFF-CGPSA-Filter: Scanned
X-TFF-CGPSA-Version: 1.3.3
Rudolf Keller
An: edda.fels@axelspringer.de, m.stuetzel@faz.de, eva_wienke@spiegel.de
06.08.2004 13:58 Kopie: rudolf.keller@bluewin.ch
Thema: Rechtschreibreform
Sehr geehrte Damen und Herren
Vielen Dank für Ihren Entscheid in Sachen neue deutsche Rechtschreibung!
Vor der Sommerpause habe ich einen erneuten parlamentarischen Vorstoss im
Kantonsparlament von Baselland eingereicht. 1997 bin ich mit einem gleichen
Antrag im Nationalrat noch gescheitert. Jetzt sollte es aber gelingen...
Der Antrag wird im Herbst im Baselbieter Kantonsparlament diskutiert und
hat zum Ziel, dass die für die Schweiz massgebende Erziehungs-Direktoren
Konferenz (EDK) die Rechtschreibreform stoppt.
Mit der Bitte um Kenntnisnahme und freundlichen Grüssen.
Rudolf Keller, Landrat / e.Nationalrat, Adlerfeldstrasse 29, CH-4402
Frenkendorf
rudolf.keller@bluewin.ch
www.baselland.ch > Parlament > Geschäfte > Vorlagen - berichte - VorstösseParlamentarischer Vorstoss
Titel: Motion von Rudolf Keller: Rechtschreibreform stoppen!
Autor/in: Rudolf Keller, Schweizer Demokraten SD
Eingereicht am: 24. Juni 2004
Nr.: 2004-152
Verlauf dieses Geschäfts
Endlich: In Deutschland und in Oesterreich fordern namhafte Kreise, die
Rechtschreibreform nun doch noch zu stoppen. Rudolf Wachter, Professor für
Sprachwissenschaft an der UNI Basel meinte in der BZ, vom 22. Juni 2004:
"Die Reform macht die Rechtschreibung nicht einfacher, ist also die grosse
Mühe der Umstellung nicht wert. Sie ist unter fragwürdigen politischen
Bedingungen und wirtschaftlich-politischen Verflechtungen zustande
gekommen." In weiten Teilen der deutschsprachigen Bevölkerung Deutschlands,
Österreichs, Liechtensteins und der Schweiz wird die geplante
Rechtschreibreform nach wie vor abgelehnt. Diese Bewegung findet zunehmend
Rückhalt in der Bevölkerung. Germanisten, Schriftsteller, Autoren,
Publizisten, Verlage, Buchhändler, Künstler, Bibliothekare, Kulturvereine,
Deutschlehrer und immer mehr auch Politiker aller Schattierungen beginnen
sich zu wehren.
Und: Wer ein neues Lexikon (egal was für eines) konsultiert, stellt fest,
dass dieses Lexikon die neue Rechtschreibung teilweise nach Belieben - oft
sogar - falsch umsetzt.
Jetzt, da der Widerstand in Deutschland immer breiter wird, und da sich in
Österreich ebenfalls (von neuem) Widerstand formiert, muss dieses Problem
auch in der Schweiz nochmals angegangen werden. Denn in unserem Land wurde
die Reform bisher kaum umgesetzt. Eine grosse Zahl von Schweizer
Gymnasiallehrerinnen und -Lehrern haben eine Petition gestartet, mit dem
Ziel, auf die Einführung der Rechtschreibreform sei zu verzichten.
Es ist bedenklich, dass diese Rechtschreibreform von einer weitgehend
anonymen sogenannten Expertengruppe während Jahren in aller Stille
vorbereitet wurde. Die Bevölkerungen der deutschsprachigen Länder wurden
regelrecht überfahren und vor vollendete Tatsachen gestellt. Sprache und
Kultur darf man aber nicht einfach von oben herab verordnen, wie dies nun
geschehen soll. Unbestritten ist, dass sich die Sprache wandelt. Neue Worte
finden Eingang in die Sprache und einzelne Worte werden auf eine andere
Weise geschrieben usw.. All dies entspricht einem normalen Sprachwandel,
gegen den niemand etwas einzuwenden hat. Die neu über die Köpfe der
Bevölkerung hinweg ver-ordnete Sprache ist demgegenüber nicht historisch
gewachsen, sondern eine Festlegung einiger Besserwisser, die ein elitäres
Denken an den Tag legen. Die Durchführung einer solchen Sprachreform würde
insgesamt mehrere Milliarden Franken kosten, die in diesen schweren Zeiten
ohnehin niemand hat! Bisher wurden - was eindeutig festzustellen ist - noch
nicht viele Vorbereitungsarbeiten in Angriff genommen. Aber auf das Jahr
2005/2006 hin sollen die Umstellungen definitiv umgesetzt werden. Und ab
dann sollen die neuen Regeln in den Schulen verbindlich werden. Nicht nur
der neue Duden machts aus, sondern beispielsweise alle Schulbücher, die neu
geschrieben und gedruckt werden müssten. Auch andere Druckerzeugnisse wie
Bücher, Formulare usw. müssten neu erstellt werden. Mehrere Generationen
von Menschen würden zudem sinnlos gezwungen, sich eine neue Sprache
anzueignen. Bereits vor einiger Zeit wurde in der "Frankfurter Erklärung"
festgehalten, "dass diese Rechtschreibreform Millionen von Arbeitsstunden
vergeudet, jahrzehntelange Verwirrung stiftet und dem Ansehen der deutschen
Sprache schadet." In der BZ, vom 22. Juni 2004 lesen wir: "Der Aufruf der
Schweizer Gymnasiallehrkräfte erfolgt zum jetzigen Zeitpunkt, da in
Deutschland die "zwischenstaatliche Kommission für deutsche
Rechtschreibung" durch den "Rat für die deutsche Rechtschreibung" abgelöst
werden soll. Mit der Schweiz wird erst nach den Entscheiden der
Kultusminister verhandelt, da man in Deutschland offenbar davon ausgeht,
dass sie alles mitmachen wird... Die Reform zu stoppen scheint aber möglich
zu sein... Die Reform hat die Wissenschaft und die deutsche Sprache gegen
sich."
(Siehe auch überwiesene Motion Rudolf Keller, vom 6. März 1997, und
Landratsdebatte dazu, vom 24. April 1997!)
Der Baselbieter Regierungsrat wird deshalb beauftragt, der
Erziehungs-Direktoren Konferenz (EDK) zu beantragen, die Rechtschreibreform
in der Schweiz nicht zu vollziehen.
eingetragen von Theodor Ickler am 28.04.2001 um 16.06
Von Gallmann und Sitta gibt es ja das "Handbuch Rechtschreiben", das bereits 1996 erschienen ist und eine so umfangreiche und durchgreifende Kritik am Reformwerk enthält, daß man sich nur wundern kann. Denn beide haben ja die Neuregelung mitgestaltet. Aber wenn man sie fragt, berufen sie sich auf "Kompromiss" und "viele Köche verderben den Brei". Ähnlich aber auch Heller und alle anderen, außer Augst natürlich ("Die Neuregelung ist in jedem Punkt sinnvoll"!).
Und in dieser orthographischen Bruchbude richten sich nun alle irgendwie ein, während draußen die Baumeister schon wieder ein Brett nach dem anderen abreißen.
__________________
Th. Ickler
eingetragen von Christian Melsa am 28.04.2001 um 15.10
Etwas merkwürdig ist an dem Dokument der Staatskanzlei natürlich, daß zunächst darauf hingewiesen wird, daß die Reform ja nur umgesetzt hätte, wie ohnehin schon vom Volk geschrieben wurde, am Ende dann aber komischerweise doch beruhigt wird, daß aus Gewohnheit unterlaufene Abweichungen von den neuen Schreibungen nicht so schlimm seien. So ganz zur Deckung bringen lassen sich diese beiden Ansätze wohl nicht. Was ist denn nun die allgemeine Schreibgewohnheit?
eingetragen von Christian Melsa am 28.04.2001 um 15.01
Wären einige der in dem Dokument von Sitta/Gallmann angesprochenen Punkte von einem Reformgegner vorgebracht worden, so wäre die Reaktion ihrer Betreiber höchstwahrscheinlich wieder gewesen: unzutreffend, polemisch etc.
Man muß sich doch irgendwie wundern, warum jemand, der so über die Neuregelung urteilt, ihre Umsetzung überhaupt für einen (immateriellen) Gewinn hält. Nun gut, daß die GZS in den Sand gesetzt wurde, ist kein Geheimnis, wahrscheinlich wird davon ja ohnehin durch die Revisionen nicht mehr viel übrigbleiben. Die Silbentrennung kümmert heutige Menschen in Zeiten der rechnergestützten Textverarbeitungen sowieso nicht mehr, und von der ß/ss-Regelung ist man in der Schweiz auch nicht berührt. Für das, was dann noch von der Reform bleibt, ist der für sie betriebene Kostenaufwand und der allseits verbreitete psychische Anpassungsdruck freilich ein Schauspiel kaum überbietbarer Groteskheit.
eingetragen von Theodor Ickler am 28.04.2001 um 08.31
Leitfaden zur Neuregelung der deutschen Rechtschreibung
2., erweiterte Auflage 2000
Schweizerische Bundeskanzlei in Zusammenarbeit mit der Staatsschreiber-Konferenz
Vorwort
Liebe Leserinnen und Leser
Eine einfachere Rechtschreibung! Das ist das Ziel der Orthografiereform, die wir Ihnen in diesem Leitfadenvorstellen wollen. An den Schulen des gesamten deutschen Sprachraums ist die Reform bereits mit Erfolg eingeführt worden und Schulungen in der Bundesverwaltung haben gezeigt, dass Beamtinnen und Beamte besser abschneiden, wenn ihre Texte nach den neuen Regeln beurteilt werden. Die Reform ist also keine Revolution, sondern fasst vieles, was die Sprachgemeinschaft ohnehin schon tut, in eine Regel. Zudem erleichtert sie den Lernenden die Aufgabe, indem sie etwas mehr Logik ins Spiel bringt und zahlreiche Ungereimtheiten und unnötige Ausnahmen beseitigt.
Die zweite Auflage unseres Leitfadens gibt Ihnen in Kapitel 1 eine kurze Einführung ins Thema. Das stark erweiterte Kapitel 2 enthält neu auch Hinweise zur Umsetzung der Reform in den Schulen, den Medien und der Wirtschaft. Kapitel 3 bietet einen Überblick über das neue Regelwerk. Die Darstellung der Getrennt- und Zusammenschreibung wurde differenziert und die Frage der Substantivierung von Wortgruppen in der neuen Ziffer 18a geklärt. Kapitel 3 orientiert sich inhaltlich aber nach wie vor an der Schrift, welche die Zürcher Linguisten Professor Dr. Horst Sitta und Dr. Peter Gallmann für die Schule verfasst haben. Beiden möchten wir an dieser Stelle für ihre langjährige Pionierarbeit zur Neuregelung der deutschen Rechtschreibung danken. Das Wörterverzeichnis in Kapitel 4 wurde stark erweitert; es enthält jetzt über 1000 Neuschreibungen und Einträge zu orthografischen Zweifelsfällen.
In der Schweiz ist die Reform beim Publikum gut angekommen; die öffentlichen Verwaltungen haben sie aufgegriffen und an prominenter Stelle zügig umgesetzt - der Bund beispielsweise in der neuen Bundesverfassung und der Kanton Aargau im neuen Steuergesetz. Aber auch die Meldungen der Schweizerischen Depeschenagentur und die allermeisten Zeitungen und Zeitschriften erscheinen seit dem 1. August 1999 in neuer Rechtschreibung.
Auf Bundesebene haben wir für jede grössere Verwaltungseinheit zwei bis vier Personen in so genannten Superuser-Kursen intensiver ausgebildet und im Umgang mit Konversionsprogrammen geschult. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Bundesverwaltung finden so in ihrer Nähe stets eine Person, die sie bei der Umsetzung der Reform fachlich und technisch beraten kann. Ein solches Modell eignet sich gewiss auch für grössere Betriebe der Privatwirtschaft.
Und nun das Wichtigste: Eine Rechtschreibreform, und sei sie noch so zurückhaltend, führt zu Beginn ganz natürlicherweise zu Verunsicherungen. Bleiben Sie in solchen Situationen gelassen im Wissen darum, dass der Gedanke, den Sie schreibend vermitteln wollen, die Hauptsache ist und dass Sie keinen Fehler begehen, wenn Sie namentlich in der Anfangsphase versehentlich noch alte Schreibungen verwenden. Rechtschreibung soll der Kommunikation dienen, nicht die Schreibenden terrorisieren, denn das wäre ferveelt.
Wir wünschen Ihnen Spass am Umgang mit dem Neuen und hoffen, dass wir mit dieser Broschüre dazu beitragen.
Urs Albrecht Werner Hauck Margret Schiedt
PS:
Haben Sie Fragen, Probleme, Fehler gefunden? Mailen Sie uns, wir sind für jeden Hinweis dankbar
(Weiter unter http://www.admin.ch/ch/d/bk/sp/leitfre/index.htm)
__________________
Th. Ickler
eingetragen von Reinhard Markner am 27.04.2001 um 19.21
»So etwas schluckt ein intelligenter Leser wohl nur, wenn er sich das Nachdenken strikt verbietet.« (Gallmann/Sitta)
Präziser kann man über die RR nicht urteilen !
eingetragen von Theodor Ickler am 27.04.2001 um 14.16
Noch im Sommer 1996 holte der Reformer und angehende Bertelsmannautor Hermann Zabel zu einem Schlag gegen den Dudenverlag aus. Er machte dem neuen Rechtschreibduden zum Vorwurf, die neuen Regeln eigenmächtig ausgelegt zu haben, und warb für den Bertelsmann. Dies hat er in seinem "Wüterich"-Buch selbst dokumentiert. (In Wirklichkeit war der Duden um Klassen besser als das Bertelsmannwörterbuch von Götze, das von Fehlern nur so strotzte und sofort durch fortlaufend korrigierte Fassungen abgelöst werden mußte.) Der hessische Kultusminister Holzapfel ließ sich davon so beeindrucken, daß er ebenfalls - mit Zabels Argumenten, aber noch primitiver - das Wörterbuch seines Parteifreundes Götze öffentlich empfahl.
Damit war nicht nur für den Dudenverlag, sondern auch für die Reformer und Dudenautoren Sitta und Gallmann Feuer unterm Dach. In diese Lage reagierten sie, wie wir es an den hier wiedergegebenen Dokumenten sehen. (Sitta soll auch daran mitgewirkt haben, daß die Schweiz zur allgemeinen Überraschung den Duden für weiterhin verbindlich erklärte, obwohl doch sonst überall die Ablösung des Duden als Hauptziel der Reform erklärt wurde - so vom Österreicher Karl Blüml, der am Österreichischen Wörterbuch beteiligt ist. Wenn man sich das Schreiben an den "lieben Christian" ansieht, scheint das glaubwürdig.)
Die Texte offenbaren zunächst die tiefe Verfeindung, die zwischen den Schweizern und dem Reformer Zabel bestand. Wenn man weiß, daß ihr Verhältnis zu Nerius keineswegs freundlicher war und ist (dafür gibt es gedruckte Belege), kann man sich ein Bild von jenem Arbeitsklima im Internationalen Arbeitskreis machen, das Dudenchef Drosdowski als "mafiaähnliche Verhältnisse" bezeichnete.
Besonders aufschlußreich ist natürlich das enge Verhältnis der Duzfreunde Sitta und Schmid, letzterer ist Generalsekretär der EDK - eines schweizerischen Pendants zu unserer KMK.
Der Text atmet den Geist der Konspiration. Trickreich wird die in langen Jahren klug vorbereitete Durchsetzung der Reform zu Ende geführt.
Der Brief an den "lieben Christian" war offensichtlich aufgrund eines Versehens der panikartig reagierenden Dudenredaktion an die Öffentlichkeit gelangt und der eigentlichen Stellungnahme nur ganz kurze Zeit vorangestellt.
Ich möchte dem Leser den Genuß der Texte nicht durch zu viele Kommentare vergällen, sondern erwähne nur noch, daß ich vor mehreren Jahren in einem von der "Süddeutschen Zeitung" veröffentlichten Leserbrief die Praktiken des geschäftstüchtigsten Reformers in scharfer Form bloßgestellt habe. Eine Verteidigung wurde wohlweislich gar nicht versucht. Man schweigt und verdient (Zürich!).
– geändert durch Theodor Ickler am 28.04.2001, 16:27 –
__________________
Th. Ickler
eingetragen von Theodor Ickler am 27.04.2001 um 13.51
(Fortsetzung der Stellungnahme von Sitta/Gallmann)
Wir stimmen dem zu.
3. Ganz anders als Dieter E. Zimmer beurteilen wir die Präsentation der Rechtschreibregeln im Duden. Zimmer schreibt:
Der "Duden" erleichtert es dem Benutzer nicht nur nicht, vom Wort zur Regel zu finden. Er macht es ihm extra schwer. Zwar druckt er wie der "Bertelsmann" die neuen amtlichen Regeln, löst sie aber außerdem in ein eigenes Regelwerk mit eigener Zahlung auf. Die Ziffern im Wörterverzeichnis verweisen einen auf die "Duden-Regeln, und erst wenn man dort nachschlägt, findet man den betreffenden Paragraphen der amtlichen Regeln. Vom Wort zur Regel findet man im 'Duden' also nur über einen umständlichen und redundanten Umweg.
Wir haben unsere Position in dieser Frage schon oben deutlich gemacht: Wir waren im Internationalen Arbeitskreis nie der Meinung, wir formulierten Regeln für den Alltagsschreiber. Wir haben uns eigentlich immer an die Lexikographen adressiert und uns darauf verlassen, dass diese das Regelwerk adressatengerecht umformulieren. Genau dies tut der Duden in seinen Richtlinien zur Rechtschreibung, Zeichensetzung und Formenlehre in alphabetischer Reihenfolge. Wer hier hinreichende Auskunft auf seine Fragen erhält, muss gar nicht mehr im Amtlichen Regelwerk nachschlagen. Wozu sollte er? - Wie schon gesagt: Wir halten es für ein Unglück, dass nun in allen Rechtschreibwörterbüchern das Amtliche Regelwerk abgedruckt wird - wir vermuten: weniger, um auf die Regeln hinzuführen, als um sich den Anschein von Amtlichkeit zu geben.
4. Eine ganz absurde und naive Auffassung - wir vermuten, er macht hier einfach einen Scherz - vertritt Dieter E. Zimmer in folgenden Formulierungen:
Kurz, beide Verlage hatten es so eilig, daß nun der Fall eingetreten ist, der um keinen Preis eintreten sollte: Die große Errungenschaft von 1901, die deutsche Einheitsorthographie, ist dahin ... Und wenn die beiden Verlage an der Sache, an der sie langfristig zu verdienen hoffen, mehr Interesse hätten als am schnellen Geschäft, nähmen sie sofort beide Rechtschreibwörterbucher vom Markt und vertragten ihre Konkurrenz, bis sie mit einer Einheitsorthographie aufwarten können.
Absurd - und eines Autors vom Rang Dieter E. Zimmers unwürdig - ist die Aufforderung, die Rechtschreibbücher vom Markt zu nehmen und sich zu einigen. Sie gleicht der Laienaufforderung an die Wissenschaft: Nun einigt euch mal schön, vorher tun wir nichts! Oder dem nicht weniger unsinnigen Gedanken: Jetzt schliessen wir erst mal für die nächsten Jahre die Schule, bis wir uns auf die Möglichkeit ihrer Reform geeinigt haben. So geht es einfach nicht. Was geht, ist die schnelle Konstitution der Zwischenstaatlichen Kommission und deren ernsthafte Arbeit. Was dabei unterbleiben sollte, ist öffentliche Polemik.
Naiv ist die Hoffnung, es sei unter den gegebenen Umständen möglich, eine unité de doctrine in allen Wörterbüchern (und es werden weiss Gott bald mehr als zwei sein, die man vergleichen kann) zu erreichen. In dieser Hinsicht stehen
uns komplizierte Zeiten bevor. Sie ergeben sich einfach aus dem Fortschritt, den Dieter E. Zimmer ja feiert, dass das Monopol des Duden gebrochen ist.
4 Fazit
Wir gehen davon aus, dass uns eine eher unruhige Zeit bevorsteht - weniger bestimmt durch Initiativen aus der Schweiz, wo man die Neuregelung mit sympathischer Gelassenheit angenommen hat; aber es werden Unruhen aus Deutschland herüberschwappen, vor allem in nachrichtenarmen Zeiten. Unsympathisch am Ganzen ist, dass uns diese Unruhen Zeit und Arbeit kosten werden. Aber "Handlungsbedarf" besteht unserer Meinung nach nicht. In der Debatte ist ungemein viel heisse Luft, es wird aufgebauscht, verallgemeinert und angeklagt. Aus unserer Sicht bleibt es voll und ganz gerechtfertigt, den Duden in der Schweiz als Referenzwerk zu gebrauchen.
Wir selbst streben im Übrigen zweierlei an und bitten die EDK an dieser Stelle um Unterstützung:
1. Gelassenheit in der Behandlung der angesprochenen Punkte
2. Drängen auf schnelle Einberufung der Zwischenstaatlichen Kommission.
Mit Dank für Eure Unterstützung und herzlichem Gruss
Horst Sitta
Peter Gallmann
An die Stelle dieser eingescannten Fassung wird in einer späteren Dokumentation eine Faksimile-Wiedergabe treten. Vgl. auch den begleitenden Brief von M. Wermke unter "Dudenpropaganda I". (Anm. von Th. Ickler)
– geändert durch Theodor Ickler am 28.04.2001, 16:21 –
__________________
Th. Ickler
eingetragen von Theodor Ickler am 27.04.2001 um 13.43
Prof. Dr. Horst Sitta
Dr. Peter Gallmann
Universität Zürich
Schweizerische Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren
Christian Schmid
Zähringerstrasse 25
Postfach 5975
3001 Bern
29.9.1996
Lieber Christian,
ich beziehe mich auf unser Telefongespräch vom 25.9. und auf die Sendung von Unterlagen, die ich am 26.9. an dich abgeschickt habe. Unterdessen hat in der ZEIT vom 26.9. der normalerweise klug und abgewogen argumentierende Dieter E. Zimmer einen längeren Artikel unter der Überschrift "Beschreibung eines Kampfes. Im Ringen Duden gegen Bertelsmann um die richtige deutsche Rechtschreibung verliert das Publikum" veröffentlicht. Da dies in Folge schon der dritte Artikel in kurzer Zeit ist (nach knappen Meldungen im SPIEGEL vom 16.9. und in FOCUS VOM 23.9.) und da darüber hinaus die Diskussion munitioniert wird von einem "Gutachten" von Herrn Kollegen Zabel, Professor an der Universität Dortmund und seinerzeit Mitglied des Internationalen Arbeitskreises, rechnen wir damit, dass die in Deutschland gepflegten Unruhen in die Schweiz hereinschwappen werden - wir hatten schliesslich schon in der Vergangenheit alle Hände voll zu tun, wenn Herr Heller am Deutschen Fernsehen wieder einmal mit problematischen Behauptungen zugeschlagen hat. Und wir rechnen auch damit, dass Menschen mit Fragen an euch gelangen werden.
In dieser Situation fanden wir es gut, einmal für uns and für euch zu prüfen und zusammenzustellen, was an Vorwurfen erhoben wird, was dahinter steckt, wie gerechtfertigt das alles ist und was wir unseren Klienten in Schule and Öffentlichkeit raten können. Zum Verteiler: Wir geben das Papier an euch und wir arbeiten selbst damit, wenn wir angefragt werden. Wir schicken es - ungebeten - in alter Kollegialitat auch an die Präsidenten der deutschen und der österreichischen Kommission. Das sind unsere ersten Adressen. Wir sind aber - und das als Lehrende an der Universitat Zürich, nicht als Beauftragte der EDK auch bereit, es an die (seriöse) Presse zu geben, an Lehrerverbände, an das Radio usw. Und auch ihr sollt damit machen können, was euch gut scheint.
Wir gehen im Folgenden (1) auf die Vorgeschichte ein, wie wir sie sehen, wir behandeln dann (2) die uns gewichtig erscheinenden Punkte in dem Papier von Herrn Kollegen Zabel und wir nehmen schliesslich (3) noch Stellung zu dem, was Dieter E. Zimmer schreibt, soweit es nicht schon durch das beantwortet ist, was wir unter den vorangehenden Punkten zusammengestellt haben. Dabei konzentrieren wir uns auf die Debatte um den Duden, lassen also Bertelsmann u.a. völlig ausserhalb der Betrachtung: die Plenarversammlung der Schweizerischen Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren hat schliesslich in ihrer Erklärung vom 30.5.1996 befunden: "Der Duden bleibt auch in seiner 21. Auflage massgebendes Referenzwerk für alle Rechtschreibfragen im Schulunterricht."
Stellungnahme zu den Unruhen bezüglich der Umsetzung der neuen Rechtschreibregelung in Deutschland
1 Zur Vorgeschichte
Was ist eigentlich geschehen? Seit mehr als 100 Jahren steht der Duden in unserer Sprachgemeinschaft für die Einheitsschreibung. Er hat sie, noch bevor es eine amtliche Regelung gab, weitgehend etabliert und hat sich dabei - verdientermassen - weite Verbreitung, hohe Akzeptanz und grosses Ansehen erworben - so sehr, dass 1955 die deutsche Kultusministerkonferenz ihm die Kompetenz gegeben hat, in Sachen Rechtschreibung in Zweifelsfällen den Ausschlag zu geben.
Man kann dieses Alleinvertretungsrecht problematisch finden, viele Kollegen aus der Linguistik haben das getan und auch Dieter E. Zimmer tut das, wenn er von einem "seltsamen und unnormalen Zustand" spricht, der nun ein Ende hat. Richtig ist aber auch: Dieser Zustand hat uns über die letzten 100 Jahre eine einheitliche Rechtschreibung garantiert - sogar in der Zeit des geteilten Deutschland, in der es zwei Duden gab, wobei aber auf beiden Seiten trickreich darauf geachtet wurde, dass die Einheitlichkeit im Grossen erhalten blieb. Anders gesagt: Das Auseinanderdriften der Schreibungen in unterschiedlichen Wörterbuchern war in den fünfziger Jahren für die KMK der Anlass, eine gewissermassen kanonische Entscheidungsinstanz, nämlich, den Duden, zu etablieren, und das hatte durchaus seine Vorteile für die Schreibgemeinschaft.
Dann kam der 1. Juli 1996. Mit ihm endete die alleinige Auslegungskompetenz des Duden für die Regeln - gemäss KMK-Beschluss von 1955 galt sie nur bis zum Zeitpunkt einer Neuregelung der Rechtschreibung. Und damit kam, was kommen musste. In dieser Welt, in der Worte wie Markt und Handel Hochwertworte sind, drängten und drängen natürlich mehrere ins "Geschäft" - wir wären nicht verwundert, wenn es am Ende des Jahres ein Dutzend wären, die Rechtschreibwörterbucher anböten. Die Einheitsschreibung ist dadurch im Kern nicht gefährdet, aber Unterschiede in den rundständigeren Bereichen der Rechtschreibung sind sehr wohl möglich.
Der Grund dafür liegt in der Aufgabe: Der Internationale Arbeitskreis für Orthographie hat nach langer und detaillierter Arbeit ein Regelwerk vorgelegt, das 112 Paragraphen (und ein Wörterverzeichnis mit Beispielschreibungen) enthält. Dieses Regelwerk muss nun - nach seiner Genehmigung - von Lexikographen auf unseren Wortschatz angewendet werden. Die Anwendung besteht in der Interpretation des Textes des Regelwerks und deren Applikation auf unsere Sprache. Dass beides gar nicht einheitlich sein kann, liegt in der Natur der Sache.
Die Probleme, um die es hier geht, liegen an verschiedenen Orten: Einige liegen in den Regeln (a), andere in ihrer Interpretation (b), wieder andere in der Umsetzung der Regeln im Wörterbuch (c). Wir können hier nur andeuten:
Zu (a), den Regeln:
- Es gibt strenge Regeln, Muss-Regeln (zum Beispiel manche Bindestrichregeln), die ein Wörterbuch unbedingt berücksichtigen muss.
- Es gibt offene Regeln, Kann-Regeln (zum Beispiel im Bereich der Worttrennung), hier oft mehrere nebeneinander, bei denen sich die Frage stellen kann, ob alle bzw. - wenn nicht - welche im Regelteil des Wörterbuchs verzeichnet werden sollen.
- Es gibt freigegebene Bereiche (zum Beispiel bei der Getrennt- und Zusammenschreibung), wo eigentlich der Schreibende entscheiden können soll. Wie soll sich hier das Wörterbuch grundsätzlich verhalten?
Mindestens bei den Regeln der letzten beiden Typs sind Unterschiede zwischen verschiedenen Wörterbüchern vorprogrammiert.
Zu (b), der Interpretation der Regeln:
- Es gibt die richtige Auslegung einer Regel; "richtig" heisst hier: in Übereinstimmung mit den Intentionen der Regelverfasser.
- Es gibt - was den Regelverfassern möglicherweise entgangen ist - oft mehrere "richtige" Auslegungen einer Regel; "richtig" heisst dann zum einen das vorangehend Genannte: in Übereinstimmung mit den Intentionen der Regelverfasser. Zum andern kann es sich aber auch um eine von den Verfassern nicht beabsichtigte, wohl aber vom Wortlaut der Regel gedeckte Interpretation handeln.
- Es gibt die falsche Auslegung einer Regel; "falsch" heisst hier: nicht in Übereinstimmung mit den Intentionen der Regelverfasser und mit dem Wortlaut des Textes.
Mit falschen Auslegungen muss man natürlich vor allem dort rechnen, wo Menschen interpretieren, die die Arbeit am Regelwerk nicht mitgemacht haben.
Zu (c), der Umsetzung der Regeln im eigentlichen Wörterbuch:
Unterschiedliche Wörterbuchredaktionen können natürlich zu unterschiedlichen Umsetzungsformen kommen. So kann man sich etwa die Fraqe stellen, ob man für die Darstellung der Trennung am Zeilenende jedes Wort mehrfach aufführen muss, um die unterschiedlichen Trennmöqlichkeiten zu zeiqen, oder ob man das mit Mitteln, die in der Lexikographie auch sonst üblich sind (zum Beispiel eingeführten Verweismitteln), leisten kann.
Apropos: Noch gar nicht gesprochen worden ist über die Möglichkeit, dass bei der Arbeit am Regelwerk auch Regeln formuliert worden sein können, die fragwürdig sind, was sich womöglich erst bei der konkreten lexikographischen Arbeit herausstellt.
All diese Probleme waren natürlich weder dem Internationalen Arbeitskreis noch den Behörden unbekannt. Auf Vorschlag des Internationales Arbeitskreises ist daher auch durch die Wiener Erklärung vom 1. Juli 1996 die Gründung einer zwischenstaatlichen Kommission (mit sechs Vertretern aus Deutschland, drei aus Österreich und drei aus der Schweiz) beschlossen worden. Als ihre Aufgabe wurde (in Artikel III der Wiener Erklärung) bestimmt: "Die Kommission wirkt auf die Wahrung einer einheitlichen Rechtschreibung im deutschen Sprachraum hin. Sie begleitet die Einführung der Neuregelung und beobachtet die künftige Sprachentwicklung. Soweit erforderlich erarbeitet sie Vorschläge zur Anpassung des Regelwerks." - Die Einführung der Neuregelung läuft - leider - ohne die Kommission, stattdessen werden die Debatten in den Medien ausgefochten. Nichts ist bedauerlicher als das. Die Schweiz hat übrigens ihre Vertreter für die Kommission benannt, Deutschland und Österreich nicht, und wie es aussieht, wird sich die Entscheidungsfindung in Deutschland noch eine Weile hinziehen.
2 Zur Kritik H. Zabels am Duden
Die Debatten in den Medien werden natürlich nicht besser, wenn auch die Linguisten dort mitreden und womöglich Öl ins Feuer giessen. So treten wir auch eher ungern vor die Öffentlichkeit, um wenigstens ein paar ganz unhaltbare Behauptungen zurechtzurücken.
Mit Datum vom 19.9.1996 hat Hermann Zabel uns ein Schreiben zugeleitet, das, wenn wir es richtig verstehen, an die Kultusministerien der deutschen Bundesländer, auf jeden Fall aber an das Ministerium für Schule und Weiterbildung in Düsseldorf gegangen ist. Zum Schluss seines vier Seiten langen Schreibens (dessen Inhalt offenbar auch an anderen Stellen verbereitet worden ist; so bezieht sich auch der Focus in seiner Veröffentlichung auf H. Zabel) behauptet er, die Dudenredaktion sei eigenmächtig mit der neuen Regelung umgegangen und verlangt: "Unter Bezugnahme auf Ihren o.g. Erlass sollte überdeutlich geworden sein, dass der neue Duden in den Schulen des Landes Nordrhein-Westfalen wegen der nachgewiesenen Abweichungen vom Amtlichen Regelwerk nicht verwendet werden darf."
Wir müssen gestehen, dass wir oft mit einer Mischung von Amüsiertheit und Entsetzen auf die Haltung Normen gegenüber reagiert haben, die uns in Deutschland immer wieder begegnet und uns aus Schweizer Warte ausgesprochen hysterisch vorkommt. Nur zwei Punkte pauschal zu Beginn:
1. Auch wenn man alles, was an Vorwürfen gegen die Umsetzung der Reform in den neuen Wörterbuchern zu lesen war, zusammenrechnet, kommt man auf Prozentsätze, die das öffentliche Gegacker nicht wert sind, das da veranstaltet wird. Von geringen Ausnahmen abgesehen, die man getrost als Petitessen oder - dem Zeitgeist entsprechend - als Peanuts abtun kann, ist vorzügliche lexikographische Arbeit geleistet worden - nicht nur beim Duden, aber auch und vor allem beim Duden.
2. Wir waren uns im Internationalen Arbeitskreis immer einig darin, dass das Regelwerk ein Referenzwerk sein soll und dass es möglich sein muss, sich innerhalb des Rahmens, den dieses Werk setzt, zu bewegen, nicht aber notwendig, ihn ganz auszuschöpfen . Das heisst: Es darf in den Wörterbüchern keine Entscheidungen gegen das Regelwerk geben, aber das Regelwerk muss auch nicht in seiner ganzen Differenziertheit umgesetzt werden, schliesslich enthält es eine Reihe von Bestimmungen, die allenfalls für Vertreter des graphischen Gewerbes von Gewicht sind, nicht für Alltagsschreiber. Die Frage ist jetzt allenfalls: Ist der Duden für den Alltagsschreiber da oder für den Buchdrucker? Oder anders: Vielleicht wäre es ja wirklich gescheit (wie das bis 1915 der Fall gewesen war), einen Duden und einen Buchdruckerduden zu haben.
Vor diesem Hintergrund bedauern wir es übrigens sehr, dass es mehrere Wörterbücher (auch der Duden) für nötig gehalten haben, das Amtliche Regelwerk abzudrucken. Was wir brauchen, sind Reqeln, die die Menschen verstehen, die für sie gemacht sind, an denen sie sich orientieren können. Das Regelwerk ist ein juristischer Text, an dem man das nicht kann. Schliesslich laufen wir alle auch nicht täglich mit dem BGB unter dem Arm herum, wenn wir im Alltag korrekt leben wollen.
Was sind nun aber im Detail die Vorwürfe, die gegenüber dem Duden erhoben werden? Wir folgen dem Papier von H. Zabel. Dabei geben wir im ersten und im zweiten Fall - petit - den ganzen Text von H. Zabel wieder, um den Argumentationsduktus vorzuführen. In den folgenden Fällen beschränken wir uns auf eine kurze Wiedergabe seiner kritischen Behauptungen
1. Laut-Buchstaben-Zuordnungen (einschließlich Fremdwortschreibung)
Mit diesem Bereich hat sich aus gegebenem Anlaß die Amtschefkonferenz in den letzten Monaten des Jahres 1995 noch einmal intensiv beschäftigt. Es bestand Konsens in der Auffassung, dass bei orthographischen Varianten im Bereich der Fremdwortschreibung stets eine Hauptvariante und eine Nebenvariante angegeben werden muss.
An dieses Prinzip hat sich die Duden?Redaktion in einer Reihe von Fällen nicht gehalten.
Beispiele:
Eurythmie: Die Nebenvariante Eurythmie wird im neuen Duden nicht aufgeführt.
Cellophan: Der Hinweis auf die Nebenvariante Cellophan fehlt auf S. 187.
Graphologe: Ein Hinweis auf die Nebenvariante erfolgt nicht.
Die Nebenvariante Graphologe wird an anderer Stelle als "eindeutschende Schreibung für Graphologe" genannt.
Bei
Bravour
Expose
Hämorrhoide
quadrophon
wird mit dem Hinweis "eindeutschend" die integrierte Form eingeleitet. Dieser Hinweis ist nicht geeignet, den Benutzer des Wörterbuchs erkennen zu lassen, welche der beiden Formen die Hauptvariante bzw. die Nebenvariante ist. Der durch das neue Regelwerk nicht gedeckte Begriff "eindeutschend" wird von der Duden-Redaktion auch an anderen Stellen verwendet.
Nur durch die Kennzeichnung von Haupt- und Nebenvarianten kann übrigens verhindert werden, dass es über kurz oder lang zu einem neuen Buchdrucker?Duden kommt. Die Setzer brauchen klare Anweisungen, aus diesem Grunde benötigen sie einen Hinweis auf die jeweilige Hauptvariante.
In den vorliegenden Fallen liegen eindeutige Abweichungen vom Amtlichen Regelwerk vor.
Uns liegt daran, hier festzuhalten:
1. Es geht bei diesem Punkt um annähernd 200 Wörter, eine verschwindend geringe Menge im ganzen Wörterbuch.
2. Vom Schweizer Stundpunkt aus betrachtet, kann man, wenn Haupt- und Nebenvarianten nicht ausgewiesen werden, nur sehr zufrieden sein, sollen doch in der Schweiz gemäss Beschluss der EDK Fremdwörter, die aus den beiden anderen Lundessprachen (also Französisch und Italienisch) stammen, nicht eindeutschend geschrieben werden. Darauf wird übrigens auch im Vorwort der amtlichen Regelung hingewiesen, und man wird davon ausgehen dürfen, dass die Dudenredaktion diese Situation vor Augen hatte, wo sie auf diese Markierung verzichtet hat.
3. Die Regelung im Amtlichen Regelwerk ist an dieser Stelle alles andere als konsequent; so wird etwa Bibliografie als Hauptvariante angegeben, aber Geographie. So etwas schluckt ein intelligenter Leser wohl nur, wenn er sich das Nachdenken strikt verbietet.
4. In den Fällen, die wir überprüft haben, verzeichnet der Duden entweder beide möglichen Schreibungen oder er verweist mit einem roten Regelverweis darauf, dass es eine Schreibvariante gibt. Es werden also jedenfalls keine Variantenschreibungen unterschlagen.
5. Wir sind grundsätzlich der Meinung, dass eine starre Fixierung auf die Bestimmung als Haupt- und Nebenvariante in den Wörterbüchern, wie sie im Jahre 1996 im Amtlichen Regelwerk getroffen worden ist, jede weitere Entwicklung der Schreibung verhindern würde, an der uns doch gelegen sein muss. Varianten auf Dauer will ja eigentlich niemand, sie sind in unseren Augen immer nur Zwischenstationen auf dem Weg zu einer neuen Schreibung. Von daher ist es geradezu notwendig, in den Wörterbuchern neue Varianten ohne detaillierte Charakterisierung anzubieten, den Schreibbrauch aber sehr genau zu beobachten und in Zukunft, d.h. bei Gelegenheit einer neuen Auflage, aus den Beobachtungen Konsequenzen zu ziehen.
6. Zu den Einzelfällen: Wir sehen davon ab, dass in unseren Augen Fälle wie Eurythmie und Cellophan nicht gerade im Zentrum des deutschen Wortschatzes platziert sind. Wenn aber dazu etwas zu sagen ist, dann dies:
- Eurythmie erscheint als Stichwort im Duden ebenso wie Eurhythmie, allerdings nicht als Variantenschreibung. Beide Stichwörter sind schon seit mehreren Auflagen im Duden verzeichnet. Dabei ist etymologisch gesehen Eurythmie eigentlich die Hauptvariante, Eurhythmie (mit rh) ein etablierter Rechtschreibfehler.
- Auf Seite 187 führt der Duden Cellophan mit der Charakterisierung eingetragenes Warenzeichen auf; auf Seite 842 wird Zellophan aufgeführt, und es wird von dort auf Cellophan verwiesen. Das Vorgehen ist absolut korrekt.
- Beim Stichwort Graphologe wird mit einem roten Verweis auf R 33 verwiesen, wo die Möglichkeit der Variantenschreibung mit f erläutert wird.
- Schreibungen von fremden Wörtern, die den deutschen Laut?Buchstaben-Entsprechungen gehorchen, eindeutschend zu nennen kann doch wohl in einem Volkswörterbuch (und das ist der Duden bekanntlich schon lange) nicht falsch sein. Der Begriff eindeutschend sei durch das neue Regelwerk nicht gedeckt, meint H. Zabel, dort heisse es integriert. Mit diesem Wort wird der Durchschnittsbenutzer jedoch kaum etwas anfangen können.
7. Zum Schluss: H. Zabel fürchtet die Möglichkeit, "dass es über kurz oder lang zu einem neuen Buchdrucker-Duden kommt". Wir haben schon darauf hingewiesen, dass wir eine solche Möglichkeit nicht befürchten, eher erhoffen; im Übrigen hat es in der grafischen Industrie immer spezielle Festlegungen gegeben. Wichtiger ist uns aber etwas anderes: Müssen wir H. Zabel so verstehen, dass alle Alltagsschreiber deswegen den Hinweis auf die jeweilige Hauptvariante zur Kenntnis nehmen müssen, weil eine kleine, spezialisierte Berufgsgruppe bestimmte Informationen dringend braucht? Das wäre ja wohl eine völlige Verkehrung der vernünftigen Proportionen.
7
Lesend, was wir nur zum Komplex Laut-Buchstaben-Beziehungen aufführen mussten, registrieren wir: Die aufgeführten Falle sind so peripher, dass man sich nicht genug wundern kann, wie aufgeregt sie behandelt worden sind.
2. Getrennt- und Zusammenschreibung
In diesem Bereich notiert die Duden?Redaktion an einer Reihe von Stellen, an denen nach dem Regelwerk Zusammenschreibung notwendig ist, Getrenntschreibungen auf (z.B. stramm ziehen, rein waschen, gleich gesinnt). Außerdem haben die Mitglieder der Duden-Redaktion auch in diesem Bereich eine Reihe beschlossener orthographischer Varianten einfach unter den Tisch fallen lassen, d.h. unterschlagen.
Wir beschränken im Folgenden unsere Auseinandersetzung mit H. Zabel auf den ersten Satz seines Textes. (Der zweite ist so pauschal, dass sich schlichtweg nicht auf ihn eingehen lässt.) Dabei gehen wir in zwei Schritten vor; wir weisen zum einen (1) auf die grundsätzlichen Probleme im Bereich Getrennt- und Zusammenschreibung hin, und wir gehen zum zweiten (2) auf die drei Beispiele von H. Zabel ein.
1. Die langen Jahre der Arbeit am Regelwerk im Internationalen Arbeitskreis haben allen Beteiligten - H. Zabel wird das bestätigen konnen - deutlich gemacht, dass kaum ein Bereich so schwer zu regeln ist wie die Getrennt- und Zusammenschreibung. Hinter der Schwierigkeit steckt kein orthographisches, sondern ein grammatisches Problem. Orthographisch lässt sich hier sehr leicht festlegen (vgl. die Vorbemerkungen zur Getrenntund Zusammenschreibung im Amtlichen Regelwerk):
Die Getrennt- und Zusammenschreibung betrifft die Schreibung von Wörtern, die im Text unmittelbar benachbart und aufeinander bezogen sind. Handelt es sich um die Bestandteile von Wortgruppen, so schreibt man sie voneinander getrennt. Handelt es sich um die Bestandteile von Zusammensetzungen, so schreibt man sie zusammen. Manchmal können dieselben Bestandteile sowohl eine Wortgruppe als auch eine Zusammensetzung bilden. Die Verwendung als Wortgruppe oder als Zusammensetzung kann dabei von der Aussageabsicht des Schreibenden abhängen.
Dieser Satz (der noch nicht als Regel daherkommt!) beschreibt exakt das Problem: Man kann richtig schreiben, wenn man weiss, was eine Wortgruppe bzw. eine Zusammensetzung ist. Das festzustellen ist aber nicht leicht, und manchmal ist es ganz unmöglich: Erst die Aussageabsicht des Schreibenden legt das letztlich fest.
Vor diesem Hintergrund ist auch zuzugeben, dass der Bereich Getrennt- und Zusammenschreibung nicht an allen Stellen optimal geregelt ist. Versteht man Regeln als klare Handlungsanweisungen - für Lexikographen ebenso wie für ganz normal Schreibende - so bietet etwa die folgende Regel (§ 34 (2.2) des Amtlichen Regelwerks) ein Beispiel für eine extrem wenig hilfreiche Formulierung:
Partikeln, Adjektive oder Substantive können mit Verben trennbare Zusammensetzungen bilden. Man schreibt sie nur im Infinitiv, im Partizip I und im Partizip II sowie im Nebensatz bei Endstellung des Verbs zusammen. Dies betrifft [...] Zusammensetzungen aus Adverb oder Adjektiv + Verb, bei denen [...] der erste Bestandteil in dieser Verbindung weder erweiterbar noch steigerbar ist, wobei die Negation nicht nicht als Erweiterung gilt [...].
Verräterisch ist hier schon das Wort können im ersten Satz. Im Übrigen versuche man einmal, diese Regel auf eine Reihe von Fügungen anzuwenden, bei denen man immerhin auf den Gedanken kommen könnte, sie sei einschlägig. Die folgenden Schreibungen entsprechen der neuen Regelung:
bekannt machen, aufrecht gehen, aufrechterhalten, (sich) bereithalten, (sich) bereit erklären, bloßstellen, fertig stellen, frei stellen, freisprechen, totschlagen, blau schlagen
Bei Regeln wie dieser werden wir wohl auch in Zukunft in den Wörterbuchern nachschlagen müssen. Das Problem im gegebenen Zusammenhang ist nur: Wo schlagen eigentlich die Wörterbuchmacher nach?
2. Wir kommen damit zu den inkriminierten Schreibungen stramm ziehen, rein waschen und gleich gesinnt. Die Dudenredaktion hat hier interpretiert, musste interpretieren. Wir versuchen die Interpretationen nachzuvollziehen:
- stramm ziehen fällt unter den oben herangezogenen Paragraphen 34. Die Dudenredaktion hat hier offenbar Steigerbarkeit angesetzt (etwas stramm ziehen / etwas strammer ziehen) und musste entsprechend Getrenntschreibung ansetzen.
- Entsprechendes gilt für rein waschen: Hier ist Erweiterbarkeit möglich: Sie hat sich von diesen Anklagen nie ganz rein waschen können.
Damit nur die Problematik ganz deutlich ist: Wir können uns Wörterbuchentscheidungen vorstellen, die auf Zusammenschreibung hinauslaufen. Das hängt damit zusammen, dass die Kriterien Erweiterbarkeit und Steigerbarkeit nicht klar trennen. Nur: Falsch ist die Option Getrenntschreibung gewiss nicht.
- Getrenntschreibung bei gleich gesinnt kann sich auf die Wortliste stützen, der zu entnehmen ist, dass Fügungen mit gleich, wo es in gleicher Weise bedeutet, getrennt zu schreiben sind.
Zwischenfazit: Wir mussen im Bereich Getrennt- und Zusammenschreibung dort, wo Regeln interpretierend auf den Wortschatz angewendet werden, auch in Zukunft tuft unterschiedlichen Entscheidungen rechnen. Welche von diesen Entscheidungen letztlich als falsch und welche richtig einzustufen ist, das ist angesichts der Kompliziertheit in diesem Bereich nicht von vornherein auszumachen.
Wir werden bezüglich der weiteren Punkte im Folgenden eher etwas holzschnittartig argumentieren.
3. Schreibung mit Bindestrich
Bezogen auf den Bereich Schreibung mit Bindestrich erhebt H. Zabel den Vorwurf, der Duden führe in einer Reihe von Fällen die beschlossenen Bindestrichschreibungen im Wörterverzeichnis nicht auf. Er nennt hier die Beispiele Hair-Stylist, Job-Sharing, Ich-Laut und Sex-Appeal.
Unserer Auffassung nach stilisiert H. Zabel hier ein Darstellungsproblem zu einem Grundsatzproblem hoch. Hätte das Wörterbuch überall, wo Bindestrichschreibung möglich ist (und sie ist nach der Neuregelung an vielen Stellen möglich) auch die Bindestrichschreibung verzeichnet, hätte das eine starke Aufblähung mit sich gebracht. Der Duden beschränkt sich darauf, hinsichtlich der Möglichkeit der Bindestrichschreibung auf seinen Regelteil zu verweisen und wir finden dieses Verfahren ökonomisch, korrekt und nicht angreifbar. - Die amtliche Wortliste verfährt übrigens nicht anders.
4. Worttrennung am Zeilenende
Bezogen auf die Worttrennung am Zeilenende wirft H. Zabel der Dudenredaktion vor, sie unterschlage (im Wörterverzeichnis!) Trennmöglichkeiten, die durch die Neuregelung eingeführt worden sind. Wörtlich: "Sie führt hunderte Trennungen wie Ap-ril, ext-ra, Pat-rone, Rek-rut usw. ohne jeden Verweis auf andere, ebenso richtige Möglichkeiten auf, und während andere Neuerungen farbig gekennzeichnet sind, fehlt eine solche Markierung hier vollkommen, sofern nicht st oder ck betroffen sind."
Wir möchten hier festhalten:
1. Der Duden enthält - sowohl in seinem Regelteil als auch im abgedruckten Amtlichen Regelwerk - selbstverständlich alle Trennregeln.
2. In allen inkriminierten Fällen (von April bis Rekrut) gibt es einen (roten) Verweis auf die allgemeinen Trennregeln.
3. Hinter dem Ganzen steckt - natürlich - wieder ein Darstellungsproblem (das von H. Zabel zu einem Grundsatzproblem aufgebauscht wird). Wir wollen es am Beispiel Rekrut demonstrieren. Hier ist neu möglich: Re-krut und Rek-rut.
Die Frage ist nun, wie man in einem Wörterbuch mit diesen unterschiedlichen Möglichkeiten umgeht. Eine Möglichkeit ist, überall dort, wo eine mögliche Trennfuge liegt, einen senkrechten Strich zu setzen; das ist aber verwirrend, weil ja die Entscheidung für Trennung an der einen Fuge die Trennung an der anderen ausschliesst. Eine andere Möglichkeit ist, für jede weitere Trennmöglichkeit das Wort noch einmal zu verzeichnen. Das ist unökonomisch. Wir haben uns beim Duden informiert, nach welchen Kriterien man dort vorgegangen ist. Die Auskunft ist:
Die Kriterien, nach denen die Dudenredaktion sich für bestimmte Trennungen im Stichwort entschieden hat, finden sich in der amtlichen Regelung: Die Trennung nach Sprechsilben verlangt, dass von mehreren Konsonanten in der Regel der letzte auf die neue Zeile kommt (ext-ra, Rek-rut). Die Trennung von Zusammensetzungen nach ihren Bestandteilen setzt voraus, dass man diese Bestandteile erkennen kann - dies ist nach Meinung der Dudenredaktion vor allem dann gegeben, wenn sich stammverwandte Falle gegenüberstellen lassen (ex-trahieren wegen abs-trahieren, kon-trahieren, sub-trahieren; Re-klame wegen re-klamieren, de-klamieren, pro-klamieren).
Wir finden dieses Vorgehen korrekt.
5. Übriges
Das Schreiben von H. Zabel enthält einen Verweis auf nicht näher spezifizierte Arbeiten von G. Augst, in denen dieser gezeigt habe, dass der Duden im Bereich Zeichensetzung eigene Wege gehe. Da wir die Arbeiten nicht kennen, können wir keine Stellung zu ihnen beziehen. Wörtlich fügt H. Zabel hinzu: "Er (= G. Augst) stellt u.a. fest, dass die Duden-Redaktion neue Regeln und Unterscheidungen einführt sowie Empfehlungen mit dem Schein der Amtlichkeit präsentiert."
Wir meinen hier: Natürlich geht es nicht an, dass ein Wörterbuch eigene Reqeln mit dem Schein der Amtlichkeit präsentiert. Wir haben Derartiges im Duden auch nicht gefunden. Was der Duden hingegen tut, das ist eine Umsetzung des Amtlichen Regelwerks in eine präsentable Sprache, die der Benutzer verstehen kann. Dafür sollten wir dankbar sein. Das Regelwerk - wir sagten es schon - ist weder für den Laienleser geschrieben noch für ihn lesbar.
Wir kommen zu einer Würdigung der Vorwürfe von H. Zabel. Sie kann nicht anders lauten als so:
1. Die Vorwürfe, die H. Zabel erhebt, sind zum grossen Teil aus der Luft gegriffen, zum kleineren Teil aufgebauschte Petitessen.
2. Die Konsequenzen, die er fordert (den Duden in den Schulen nicht zur Verwendung zuzulassen) sind durch nichts begründet.
3 Zu dem ZEIT-Artikel von Dieter E. Zimmer
Vieles von dem, was zu dem Schreiben von H. Zabel gesagt worden ist, lässt sich auch auf den Artikel von Dieter E. Zimmer beziehen - offensichtlich hat ihm das Argumentarium H. Zabels zur Verfügung gestanden. Wir beschränken uns daher darauf, hier einiges kurz zu rekapitulieren und einiges Wenige geradezurücken:
1. Dieter E. Zimmer, der hier marktwirtschaftlich argumentiert, findet ein Nebeneinander mehrerer konkurrierender Rechtschreibwörterbucher grundsätzlich positiv. Wenn man dieser Meinung ist, darf man aber nicht zugleich fordern, dass die konkurrierenden Wörterbucher bis in die letzten Einzelheiten inhaltlich identisch sind. Konkurrenz schliesst Variation im Bereich der Kann?Regeln sowie in den randständigen Bereichen der Rechtschreibung mit ein. Wer die Konkurrenz unter den Rechtschreibbüchern bejaht, bejaht zugleich eine gewisse Relativierung des Gedankens der Einheitsschreibung.
2. Mag sein, dass der Duden in der Vergangenheit ein "nicht unheikles Verhältnis" zu den offiziellen Regeln hatte. Das heisst: Er hat an Stellen, an denen keine oder nicht mehr aktuelle Regeln da waren, kreativ weitergedacht. Wir würden sagen: Gott sei Dank. Angesichts der Untätigkeit der Politik in den letzten 100 Jahren hätte ein mutiger und selbstbewusster Duden ruhig noch mehr tun können - wir hätten dann keine Rechtschreibreform gebraucht. Auch Dieter E. Zimmer stellt ja fest:
Dabei wird man der 'Duden'-Redaktion nicht vorwerfen konnen, ihr Privileg mißbraucht zu haben. Sie hat Dudens Namen geradezu zu einem Synonym für professionelle Lexikographie gemacht und auch die Pflichten der Sprachseelsorge, die die Herausgabe derartiger Werke mit sich brachte, gewissenhaft auf sich genommen.
(Fortsetzung folgt)
__________________
Th. Ickler
Alle angegebenen Zeiten sind MEZ
Rechtschreibung.com – Nachrichten zur Rechtschreibfrage