Forum (http://Rechtschreibung.com/Forum/index.php)
- Dokumente (http://Rechtschreibung.com/Forum/forumdisplay.php?forumid=1)
-- Verlage (http://Rechtschreibung.com/Forum/showthread.php?threadid=984)


eingetragen von Sigmar Salzburg am 18.01.2023 um 21.08

[Spiegel] Nach Empörung über die Mitarbeit von Ex-Verfassungsschutzpräsident und CDU-Rechtsaußen Hans-Georg Maaßen an einem Grundgesetz-Kommentar des wichtigsten deutschen juristischen Fachverlags C.H. Beck ist die Zusammenarbeit nun beendet. Man habe sich entschlossen »unsere Möglichkeiten zu nutzen, den Verlagsvertrag mit Herrn Dr. Maaßen zu beenden«, teilte der Verlag mit. Daraufhin habe der 60-Jährige diesen am 17. Januar selbst gekündigt...

Maaßen war einst ein hochgeschätzter Topbeamter. Mit der Flüchtlingskrise 2015 begann der CDU-Politiker politisch anzuecken. Drei Jahre später endete seine Karriere beim Bundesamt für Verfassungsschutz mit einem Skandal*). Ihm wird eine zu geringe Distanz zur AfD vorgeworfen. Außerdem steht er offenbar rechten Ideologen und Verschwörungsanhängern nahe.

Im August hatte sich C.H. Beck noch unbeeindruckt von der Kritik gezeigt. Inzwischen hat der Verlag sich offenbar umentschieden. Die Kommentierung von Maaßen sei »fachlich nicht zu beanstanden«. Hinsichtlich der Person und der öffentlichen Äußerungen von Maaßen sei jedoch eine heftige Diskussion mit fortschreitender Polarisierung entstanden...

spiegel.de 18.1.2023 (Hervorhebung rs.com)

*) Es war eigentlich ein Skandal der Dummdickfelligkeit von Frau Merkel!

Die herausragenden Kanzler Schmidt und Kohl, die von 1982 bis an ihr Lebensende etwa die gleiche Meinung zur Ein- und Unterwanderungsfrage vertraten, dürften wohl heute das Grundgesetz auch nicht mehr so interpretieren, wie es die Verfasser einmal gemeint hatten.

Hans-Georg Maaßen@HGMaassen
1/2 Ich bin über die Presseverlautbarung des C. H. Beck-Verlages sehr erstaunt. Mit meiner außerordentlichen und fristlosen Kündigung bin ich den Herausgebern und dem Verlag weit entgegenkommen.
9:04 nachm. · 18. Jan. 2023

Hans-Georg Maaßen@HGMaassen
2/2 Man hatte mich dringend um Auflösung des Vertrages gebeten, weil einer der Herausgeber von seiner Landesregierung wegen meiner Mitarbeit am Kommentar politisch erheblich unter Druck gesetzt worden sei.
9:43 nachm. · 18. Jan. 2023


eingetragen von Sigmar Salzburg am 22.10.2020 um 11.39

Die „Junge Freiheit meldete (in traditioneller Rechtschreibung):

Nach 40 Jahren Zusammenarbeit
Fischer-Verlag kündigt Autorin Monika Maron


BERLIN. Der S. Fischer Verlag hat die Zusammenarbeit mit seiner Stammautorin Monika Maron nach 40 Jahren beendet. Als Grund vermute sie ihre Äußerungen über den Islam und die Flüchtlingspolitik, sagte die 79 Jahre alte Schriftstellerin der Welt. Ihre Ansichten reichten aus, „um als neurechts oder sogar rassistisch zu gelten“.

Marons Verlag hatte die Veröffentlichung ihres Essaybands in einer „neurechten Edition“ mit dem Namen „Exil“ kritisiert. Dieser war von einer Dresdner Buchhändlerin herausgegeben worden. Der S. Fischer Verlag hatte beanstandet, daß auch der Verleger Götz Kubitschek den Essayband vertreibt.

Die Buchhändlerin sei eine Freundin, bei der sie seit über zwanzig Jahren Bücher vorstelle ...

Der S. Fischer Verlag habe bereits 2018 eines ihrer Bücher beanstandet. Bei „Munin oder Chaos im Kopf“ habe es „allerlei Bedenken“ gegeben. Ihr sei damals gesagt worden, man wolle sie vor sich selbst schützen, sagte Maron.

Sie sei mit einigen politischen Entwicklungen nicht einverstanden. Beispielsweise wehre sie sich gegen Gendersprache, weil ihr dieses „Kauderwelsch“ zusetze. Zudem störe sie das islamische Kopftuch, das sie als Zeichen der Unterdrückung, nicht als Symbol religiöser Freiheit betrachte, verdeutlichte die Autorin...

Maron hatte fast die Hälfte ihres Lebens in der DDR verbracht. Dort war 1981 auch ihr erster Roman „Flugasche“ veröffentlicht worden. Nachdem dieser in der DDR verboten worden war, hatte der S. Fischer Verlag das Buch im Westen veröffentlicht. Die Tatsache, daß ihr Verlag sie nun in eine Lage versetze, in der sie sich schon vor vierzig Jahren mit „Flugasche“ befunden habe, mache sie „traurig und fassungslos“...

jungefreiheit.de 19.10.2020
Monika Maron hatte, wie viele, die sich gegen die Rechtschreib„reform“ wehrten, schließlich beim S. Fischer Verlag klein beigeben müssen. Sie blieb aber widerständig in ihrer Ablehnung der genderischen Sprachverstümmelung und der neuen Political Correctness, darunter auch das Kontaktverbot zu allen, die die Merkelsche Linkswende und Islamisierung Deutschlands nicht mitmachen wollen.

Das erinnert an die einstige „Hallstein-Doktrin“ der Bundesrepublik von 1955 bis 1969: Jeder Staat, der diplomatische Beziehungen zur DDR aufnahm, sollte Ausgrenzung bis Erpressungsdruck erfahren. Heute ist es linke Strategie gegen alles, was als „rechts“ denunziert wird: Mit den Stimmen der AfD gewählte Ministerpräsidenten und Vorstände werden sogleich wieder abgesetzt, meist begleitet von öffentlichem Antifa-Terror – „Volksdemokratie“ eben.

Das gleiche wiederholt sich im Literaturwesen, wie man an der einfallsreichen Ausgrenzung „rechter“ Verlage auf den letzten Buchmessen sehen konnte. Und jetzt eben an Monika Maron. – Fischer-Verlagsleiterin Siv Bublitz:
Wir versuchten, mit ihr ins Gespräch zu kommen. Aber das scheiterte letztendlich: Sie empfand unsere Fragen als Zumutung und war zu einer klaren Distanzierung nicht bereit. Wir entschieden dann, keinen Vertrag für ein neues Buch anzubieten...

faz.net 20.10.2020


eingetragen von Sigmar Salzburg am 13.02.2009 um 08.06

el!es-Verlag

Geschrieben von Ruth Gogoll am Mittwoch, 17. Dezember 2008

… Da der Wettbewerb erst am 31. Januar 2009 endet, können die Geschichten natürlich erst danach veröffentlicht werden. Es kommt auch noch darauf an, wie gut die Rechtschreibung in den Geschichten ist. Wenn die Geschichten rechtschreibmäßig ziemlich fehlerfrei sind, brauchen wir sie nur online zu stellen. Geschichten, bei denen die Rechtschreibung erst mühsam korrigiert werden muß, brauchen natürlich länger – bzw. wenn die Rechtschreibung wirklich nicht beachtet wurde, dann veröffentlichen wir das gar nicht. …

el!les 17.12.08

Nach einem Hinweis bei FDS:

Der Unsinn der neuen Rechtschreibung
Geschrieben von: Ruth Gogoll
Donnerstag, 09. Oktober 2008
Wie alle wissen, verwenden wir im el!es-Verlag ausschließlich die alte Rechtschreibung und haben uns nie der neuen angeschlossen, weil von Anfang an zu erkennen war, was für ein Unsinn das ist. …
Tolle Situation. Ich bedauere alle Kinder, die in den letzten zwölf Jahren, seit der ersten Einführung der dummen, unüberlegten »Reform«, zur Schule gehen mußten und immer noch gehen müssen. Sie werden nie wissen, wie man wirklich richtig schreibt – und das ist nicht ihre Schuld….
Sogar die Reformer selbst haben mittlerweile den Überblick verloren, denn keines der Werke, die sie selbst schreiben, Schulbücher, Lexika, Sprachlernbücher etc., ist vollständig und richtig in den von ihnen selbst propagierten Regeln verfaßt. Sie halten sich also selbst nicht an ihre Regeln. Warum sollte es dann irgend jemand anderer tun? …
el!e 9.10.08

... aber schon:

Rechtschreibung für alle?
Geschrieben von: Ruth Gogoll
Montag, 20. August 2007
Wie Sie alle – da Sie erfahrene Leserinnen der el!es-Bücher sind – wissen, verwenden wir bei el!es immer noch die alte Rechtschreibung und ignorieren die neue.
Das wird auch in Zukunft so bleiben, denn einen größeren Unsinn als die deutsche Rechtschreibreform kann ich mir kaum vorstellen. …

el!es 20.07.07

... und:

RE: [de-users] Rechtschreibung und Silbentrennung OpenOffice.org
6. Sept. 2005 ... Ruth Gogoll Wed, 07 Sep 2005 01:32:09 -0700.

… in der alten Rechtschreibung wurde aus "ck" bei der Trennung "kk", und ich arbeite ausschließlich mit der alten Rechtschreibung, wie ich schon sagte.

Gogoll 06.09.05


eingetragen von Karl-Heinz Isleif am 20.06.2005 um 15.36

Zitat:
... Hans Zehetmair, Vorsitzender des Rats für Rechtschreibung, hat an die sich sperrenden Zeitungen appelliert, die neue Rechtschreibung zu übernehmen. Diese Zeitungen sollten "wieder zum Common Sense zurückfinden", sagte er dem "Tagesspiegel"...

Wenn alle Meldungen stimmen, dann hat Herr Zehetmair begeistert mitgeholfen, als der gesunde Patient krankoperiert wurde. Jetzt hat sich Herr Zehetmair bereiterklärt, dem Verstümmelten eine Prothese an den Stumpf zu nageln. Er gilt ob dieser Großherzigkeit nun als geläutert, als Mann von Ehre und als größter Hoffnungsträger im deutschen Kulturraum.

Karl-Heinz Isleif


eingetragen von Detlef Lindenthal am 20.06.2005 um 09.08

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von glasreiniger
Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Detlef Lindenthal
... ohne Argumente- und Strategiepflege wird das nichts, denn dann kann der kulturpolitische Gegner seinen Angriff dreist aussitzen.

Nicht nur das, er geht auch zum Gegenangriff über, so heute auf der Leserbriefseite der Süddeutschen Zeitung. Steinfeld wird heute z.B. seine FAZ-Vergangenheit vorgehalten.
Können Sie vielleicht die lesenswerten Beiträge von der SZ-Leserbriefseite hier einstellen? Den Artikel von Thomas Steinfeld habe ich hier nochmals veröffentlicht.

Was macht eigentlich der Fall Sowein?
Den sehe ich insoweit als geklärt an, als ich, statt, wie von Herrn Sowein gewünscht, Herrn Riebes Beitrag Nr. 6166 zu löschen, Herrn Soweins drei Antwortbriefe veröffenlicht habe (Beitrag Nr. 29249). Das gehört, fand ich, zur Pressefreiheit. Daß Herr Sowein und Herr Lachenmann nichts wieder von sich hören ließen, sehe ich als ein Zeichen von etwas Lernfähgikeit an.
__________________
Detlef Lindenthal


eingetragen von glasreiniger am 16.06.2005 um 09.32

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Detlef Lindenthal

glasreiniger schrieb:
... Grundlage, die Prof. Ickler im Rat legt.
Ja, gut: Herrn Prof. Icklers Arbeit im KM-RfdR ist ein Standbein, und als ein weiteres Standbein kommt der Kommentar von Thomas Steinfeld in der SZ hinzu.
...
Aber ohne Argumente- und Strategiepflege wird das nichts, denn dann kann der kulturpolitische Gegner seinen Angriff dreist aussitzen.


Nicht nur das, er geht auch zum Gegenangriff über, so heute auf der Leserbriefseite der Süddeutschen Zeitung. Steinfeld wird heute z.B. seine FAZ-Vergangenheit vorgehalten.

Was macht eigentlich der Fall Sowein?


eingetragen von Detlef Lindenthal am 12.06.2005 um 18.35


glasreiniger schrieb:
... Grundlage, die Prof. Ickler im Rat legt.
Ja, gut: Herrn Prof. Icklers Arbeit im KM-RfdR ist ein Standbein, und als ein weiteres Standbein kommt der Kommentar von Thomas Steinfeld in der SZ hinzu.
Die Pflege und den Schutz unserer Sprache und unseres Denkens halte ich für so wichtig, daß ich ihm viele weitere Standbeine wünsche, wie bei einem Tausendfüßler. Und wenn ein Mindestmaß an Verständigung die Standbeine verbindet, kann auch Bewegung in die Sache kommen.
Wenn Herr Prof. Augst mal einen lichten Augenblick hat und sich die Augen reibt und feststellen kann: Hej, die RS„R“ ist ja immer noch da und weder in sich zusammengefallen noch zur Seite geschoben – dann liegt das nur daran (so meine Meinung), daß die spärlichen Standbeine unseres Tausendfüßlers sich untereinander nicht gut verständigen mochten oder konnten.

Argumente und strategische Ansätze sollten reichlich gepflegt, bevorratet und angewandt werden, und nicht nur spärlich und zaghaft.
Nicht kleckern, klotzen! Das beeindruckt einen kulturpolitischen Gegner, entmutigt ihn und macht ihn unsicher, gibt ihm Freiraum zum Nachdenken und bricht die Tabus seines Herdenzwanges auf. Aber ohne Argumente- und Strategiepflege wird das nichts, denn dann kann der kulturpolitische Gegner seinen Angriff dreist aussitzen.
__________________
Detlef Lindenthal


eingetragen von glasreiniger am 12.06.2005 um 15.01

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Detlef Lindenthal:
Lieber glasreiniger,

im Rat wird demokratisch abgestimmt; sonderbar, welch Unterschied dabei zu Abstimmungen im Volk entsteht.
– Gilt Ihr Lob auf die strategische Bedeutung des Zehetmair-Rates nach wie vor?


Wenn Sie vermuten, ich habe den Zehetmair-Rat gelobt, irren Sie. Ich stelle nur fest, daß von allen aktuellen Aktivitäten die von Prof. Ickler die ergiebigste zu sein scheint. Wie Herr Isleif richtig feststellt, kommt es eigentlich auf die großen Zeitungen an. Da ist es in der Tat ein Problem, daß Zehetmairs Rat den Vorwand liefert, nicht Farbe bekennen zu müssen. Leider kann man da wenig machen. Ich habe versucht, als im vorigen Jahr die Sache wieder ins Rollen zu kommen schien, mit sachlichen Leserbriefen und Forumsbeiträgen den vernünftigen Kräften in der Redaktion der SZ (welches diejenige ist, die ich abonniert habe) den Rücken zu stärken. Der Effekt ist aber im Getröte übereifriger Sektierer (vom VRS-eV) völlig verpufft, leider.

Man muß also sehen, was noch. Das wird aber immer weniger. Aber Artikel wie den von Th. Steinfeld in der SZ, auf den KH Isleif zu Recht verweist, verdanken wir der Grundlage, die Prof. Ickler im Rat legt.


eingetragen von Karl-Heinz Isleif am 12.06.2005 um 11.39

Das beantworte ich gerne:

Alle diejenigen Zeitungen, die schlicht so zu schreiben beschlossen, wie es vor der großen Unordnungsverordnung Brauch war. Die FAZ zum Beispiel, aber nicht nur sie, hat ja schon vor Jahren gemerkt, daß der Patient nie krank war, daß das Operieren und Amputieren, das schier endlose und verstümmelnde, schlecht, unnötig und sinnlos war. Auch bei der Süddeutschen ist noch nicht alle Hoffnung verloren, solange Thomas Steinfeld solche Artikel schreiben kann wie den vom 3./4. Juni.

Um unverdrossen auf den Rat der Räte zu hören, die den großen Pfusch damals veranstalteten, muß man seinen Kopf schon ziemlich abschalten. Unsere Sprache braucht keinen guten Rat und keine Reformräte - sie hat ja nie eine Reform gebraucht.

Karl-Heinz Isleif


eingetragen von Detlef Lindenthal am 12.06.2005 um 06.38


Karl-Heinz Isleif schrieb:
Die Zeitungen, bei denen mit dem eigenen Kopf gedacht werden darf, sind die einzige Hoffnung
Das ist ein wichtiger Punkt, denn Zeitungen (und überhaupt Medien) sind das Nervensystem einer Gemeinschaft.
Mit dem mir inzwischen eigenen Mißtrauen frage ich dazu: Welche Zeitungen kommen dafür in Frage, daß man sagen könnte: Die denken mit dem eigenen Kopf? Und was ist, wenn die bisherigen Denkleistungen unserer Zeitungen sich insgesamt als unzureichend herausstellen?

Zusatzfrage: Wie schätzen Sie das Mit-dem-eigenen-Kopf-Denken bei den Rechtschreibschützern ein?
__________________
Detlef Lindenthal


eingetragen von Karl-Heinz Isleif am 11.06.2005 um 22.27

Die Zeitungen, bei denen mit dem eigenen Kopf gedacht werden darf, sind die einzige Hoffnung, daß Selbstüberschätzer wie eben Herr Zehetmair sich am Ende nicht durchsetzen.

Karl-Heinz Isleif


eingetragen von Detlef Lindenthal am 11.06.2005 um 21.16

Hans Zehetmair (Foto: dpa) - Zeitungen sollen Rechtschreibreform akzeptieren
Hans Zehetmair (Foto: dpa)

N24.de   10. Juni 2005

Zeitungen solle Rechtschreibreform akzeptieren

Hans Zehetmair, Vorsitzender des Rats für Rechtschreibung, hat an die sich sperrenden Zeitungen appelliert, die neue Rechtschreibung zu übernehmen. Diese Zeitungen sollten "wieder zum Common Sense zurückfinden", sagte er dem "Tagesspiegel". Bisher erscheinen unter anderen die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" und die Blätter des Springer-Verlages mit der alten Rechtschreibung.

Zehetmair äußerte sich zuversichtlich, da auch offizielle Vertreter der Journalistenverbände und der Zeitungsverleger im Rat für Rechtschreibung seien, der jetzt erste Kompromissregelungen zum 1. August vorgelegt habe.

Die jetzt vorgelegten Kompromisslösungen in Einzelfällen seien "kein radikales Zurückschrauben, sondern ein moderates Angleichen der Unebenheiten und Ungereimtheiten". Es sei ein "entschiedenes Aufeinanderzugehen" gewesen, am Schluss mit "nur vier Gegenstimmen bei 33 Pro-Stimmen".

(N24.de, Netzeitung)



Mehr zum Thema:
Rechtschreibreform gilt, aber mit Ausnahmen
Neue Rechtschreibung ab August verbindlich


Lieber glasreiniger,

im Rat wird demokratisch abgestimmt; sonderbar, welch Unterschied dabei zu Abstimmungen im Volk entsteht.
– Gilt Ihr Lob auf die strategische Bedeutung des Zehetmair-Rates nach wie vor?

__________________
Detlef Lindenthal


eingetragen von Detlef Lindenthal am 09.06.2005 um 08.04

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von glasreiniger
Aber es hat doch keinen Sinn, einen RfR zu postulieren, den es nicht gibt. Es war sicherlich ein massiver taktischer Fehler, erst einen eigenen Rat zu gründen, und dann: ward nix mehr gehört. Aber das liegt in der Vergangenheit und läßt sich weder verändern noch ignorieren.
Wo gibt es denn sowas: Ein „Rat für deutsche Rechtschreibung“, und der hat noch nicht einmal eine eigene Netzseite? – Grüße an Herrn Malorny :-) – Für jeden Tag, an dem der RfdR sich nicht arbeitsfähig zusammensetzt, sehe ich einen massiven taktischen Fehler.
Über das angesprochene VwG-Verfahren weiß ich nichts, weil darüber mich keine Nachrichten erreicht haben. – Richter gehören, das weiß ich seit dem SH-VwG-Urteil und dem BVerfG-Urteil, mit zum absurdistanischen Machtapparat. Strategisch gewonnen hat die Menschheit dann, wenn Leute, die für Absurdistan arbeiten, mit ihren Gehalts- und Altersbezügewünschen auch an Absurdistan verwiesen werden.
__________________
Detlef Lindenthal


eingetragen von glasreiniger am 09.06.2005 um 06.55

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Detlef Lindenthal
Und daraus erlaubte ich mir zu schlußfolgern, daß die Rechtschreibfrage eine Strategie-, Macht- und Sittenfrage ist.


Sicher ist das so. Aber es hat doch keinen Sinn, einen RfR zu postulieren, den es nicht gibt. Es war sicherlich ein massiver taktischer Fehler, erst einen eigenen Rat zu gründen, und dann: ward nix mehr gehört. Aber das liegt in der Vergangenheit und läßt sich weder verändern noch ignorieren. Die von der RSR geschaffenen Fakten, nämlich die allgemeine Rechtschreibverwirrung, kann man doch auch nicht ignorieren.

Derzeit ist die Unterstützung des Weges von Prof. Ickler die einzig wirksame Strategie. Das könnte sich z.B. heute beim Niedersächsischen Verwaltungsgericht ändern, aber darauf wette ich keinen Pfifferling. Oder Sie?


eingetragen von Detlef Lindenthal am 09.06.2005 um 06.37


glasreiniger schrieb:
Wir reden offenbar von verschiedenen Dingen.
Nun, das wäre schade. Dabei will ich nicht verhehlen, daß ich als Schriftsetzer und Lektor selbst an der Schaffung von Rechtschreibung beteiligt bin (auf dem hohem fachlichen Niveau der Druckbranche) und 1996 mit Traurigkeit und Wut sah, wie Nichtfachleute unser am Hochtechnologiestandort Deutschland wichtigstes Arbeitswerkzeug – die Schriftsprache – samt Nachwuchsausbildung zu verhunzen begannen. Überdeutlich war für mich zu erkennen, daß es den „Reformern“ unterm Strich überhaupt nicht um Fach- und Redlichkeit, sondern nur um vordergründige Machbarkeit und Macht ging. Und daraus erlaubte ich mir zu schlußfolgern, daß die Rechtschreibfrage eine Strategie-, Macht- und Sittenfrage ist.
Auf diese Herausforderung sehe ich als einzig angemessene Antwort, sich selbst mit Strategie- und Sittenfragen zu befassen. Strategie ist die Kunst, ein Ziel zu erreichen (hier zum Beispiel: Erhaltung und Weiterentwicklung bestmöglicher Verständigung).
Und dafür wäre uns mit eigenen Denkleistungen und Klarstellungen besser bedient als mit dem Schachern um Kompromisse und um das „Gesichtwahren“ (welch schauerliche Nichtsitte!). Wer solchen Bockmist verzapft wie die KMK, gehört bloßgestellt, wie durch Niedersachsens MP Christian Wulff einst begonnen. Faule Kompromisse mit der Macht sind immer verbunden mit der Gefahr, daß Verrat an der Redlichkeit geübt wird und überdies das Ziel nie erreicht wird.
__________________
Detlef Lindenthal


eingetragen von glasreiniger am 07.06.2005 um 07.24

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Detlef Lindenthal

glasreiniger schrieb:
natürlich haben Sie recht, wenn Sie Einrichtungen wie den Rat grundsätzlich für abwegig halten.
den RfdR halte ich überhaupt nicht für abwegig; im Gegenteil habe ich am 4.6.04, als Frau Ahnen über den Deutschlandfunk die Gründung des RfdR anregte, als erster hier den Vorschlag aufgegegriffen (siehe Beiträge Nr. 23317 f., 23325); und nach zäher Überzeugungsarbeit haben sich die Münchner dann erst am 22.8.04 zusammengesetzt.


Wir reden offenbar von verschiedenen Dingen. Wir brauchen aber nicht mehr über die Münchner Variante nachzukarten, da sie offensichtlich belanglos ist - warum auch immer. Es sind taktische Fehler gemacht worden, und, was schlimmer ist, es werden weiter welche gemacht. Auf die Situation, wie sie jetzt gegeben ist, sollte man sich aber schon einstellen. Dann kann man die darin immer noch liegenden Chancen am besten nutzen.


eingetragen von Detlef Lindenthal am 06.06.2005 um 20.19


glasreiniger schrieb:
Lieber Detlef Lindenthal,
natürlich haben Sie recht, wenn Sie Einrichtungen wie den Rat grundsätzlich für abwegig halten.
Lieber glasreiniger,

den RfdR halte ich überhaupt nicht für abwegig; im Gegenteil habe ich am 4.6.04, als Frau Ahnen über den Deutschlandfunk die Gründung des RfdR anregte, als erster hier den Vorschlag aufgegegriffen (siehe Beiträge Nr. 23317 f., 23325); und nach zäher Überzeugungsarbeit haben sich die Münchner dann erst am 22.8.04 zusammengesetzt. Warum dort dann sogleich Beißhemmung eintrat, kann ich mit meinen unterentwickelten Psychologiekenntnissen leider nicht beantworten; immer wieder gelingt es mir nicht, mich in das Seelenleben von Beamten und Schriftstellern hineinzudenken.
Der Rat wäre, insbesondere bei sachgerechter Presse- und Argumentationsarbeit, eine ultimative Brechstange gewesen, aber Herr Dräger und Herr Prof. Ickler waren gegen ihn, ohne verstehbare Begründung. Der Gedanke dazu kam ja auch von einem Handwerker. Siehe dann allerdings auch Beitrag Nr. 27263.
__________________
Detlef Lindenthal


eingetragen von glasreiniger am 05.06.2005 um 17.34

Lieber Detlef Lindenthal,

natürlich haben Sie recht, wenn Sie Einrichtungen wie den Rat grundsätzlich für abwegig halten. Ich war zunächst auch skeptisch wg. Prof. Icklers Entscheidung, dort doch noch mitzuwirken, da die Neuschreiber dies zweifellos als "Einbindung von Kritikern" verkaufen werden.

Die Entwicklung hat mich aber, was dies betrifft, hoffnungsvoller gemacht. Er geht, wie man seinem Rechtschreib-Tagebuch entnehmen kann, mit der gebührenden Demut und Skepsis zur Sache. Seine rein sachlich argumentierende Kritik scheint mehr Eindruck zu machen als erwartet. Und die inneren Widersprüche des Verfahrens werden zu einer Menge Munition für denjenigen, der zu schießen versteht. Verstehen Sie seine Arbeit doch einfach als Informations- und Propagandamaterialbeschaffung.


eingetragen von Detlef Lindenthal am 05.06.2005 um 06.24


Karl-Heinz Isleif schrieb:
Außer Herrn Ickler traue ich dort keinem, sondern ich verdächtige sie alle, ihren eigenen kleinen Reformtraum zu träumen, mit der Hoffnung, Eingang in die ewigen grammatischen Jagdgründe der Lehr- und Sprachbücher zu finden.
Leider hat auch Herr Prof. Ickler sich schon vor Jahren zu nicht zu Ende gedachten Experimenten an den Wortregeln verführen lassen; mit z.B. *zugrundeliegen und der undurchsichtigen Sache mit dem flachen U-Bogen hat auch er seinen eigenen kleinen Reformtraum geträumt.

Es ist ein Grundfehler der „Reformer“, wenn sie a.) meinen, man könne husch-husch aus dem Stand klüger sein als 550 Jahre Handwerkererfahrung, und b.) meinen, man könne neue Regeln einführen, ohne sie erst mal klar offenzulegen und um eine breite Erörterung zu bitten.
Wörterbücher und Regeln, die nur von wenigen Augen gesichtet wurden, haben eine zu hohe Fehlerwahrscheinlichkeit.
Wikipedia will ein großes Wörterbuch machen, ist aber noch nicht vorangekommen und hat wohl auch nicht die Erfahrung damit und den Durchblick dafür. Und natürlich kommt Wikipedia mit „reformierter“ Schreibung, also mit Wörterverboten.
Mein eigener Vorschlag eines vergleichenden Netzwörterbuches mit den Wortbeständen von
    Adelung,
    Grimm,
    Mackensen,
    Wahrig,
    Duden _20 ff.,
    Ickler und
    Nutzer-Beiträgen („Was soll ins Wörterbuch?“)
ist leider auf der Strecke geblieben; man kann den Anfang (noch) unter Deutsches-Woerterbuch.de im Netz besichtigen.
Wichtig ist es, zwischen den Wörtermengen vergleichen zu können: Was wurde zwischen Duden _22 und _23 geändert? Welche Wörter schreibt Ickler anders als Duden _20?
Werner Breuch und Firma INSO haben die beiden mir bekannten brauchbaren Lösungen für Rechtschreib-Überprüfung und Silbentrennung; für eine Wörterbuchlösung sollte man deren Wissen nutzen.
__________________
Detlef Lindenthal


eingetragen von Karl-Heinz Isleif am 04.06.2005 um 22.18

Vor den Räten, die an unserer Schrift herumzudocktern die Stirn haben, graust es mir. Außer Herrn Ickler traue ich dort keinem, sondern ich verdächtige sie alle, ihren eigenen kleinen Reformtraum zu träumen, mit der Hoffnung, Eingang in die ewigen grammatischen Jagdgründe der Lehr- und Sprachbücher zu finden.

Es waren doch lauter grau- und langhaarige Linguisten, Germanisten und andere Isten mit furchteinflößenden dicken Titeln vor den Namen, die der gutgläubigen deutschen Sprachwelt den Weg in den Sumpf bereiteten. Die uns mit haarsträubenden etymologischen Begründungen oder auch ohne solche den tollsten grammatischen Unsinn als das Gelbe vom Ei verkauften. Deren wissenschaftliche Kompetenz nach jahrzehntelangem geistigen Schürfen schließlich ein zusätzliches p am Tip gebar. Man lese doch nur, was einige dieser ‘Wissenschaftler’ auch heute noch zu den Ergebnissen ihrer Forscherei zu sagen haben.

Wieso sollen die nächsten 'Experten' eigentlich besser sein?

Sollten sie nicht alle ihre abgenutzten Aktenmappen endlich unter den Arm klemmen, heimgehen, dort ihren Schrebergarten pflegen, aber vorher noch mit leiser Stimme und in Demut den Weg der FAZ als den einzig richtigen zugeben?

Karl-Heinz Isleif
Tokyo, Japan


eingetragen von Detlef Lindenthal am 04.06.2005 um 17.11


Soester-Anzeiger.de schrieb::
RECHTSCHREIBREFORM
Noch ein Provisorium

Man möchte verzweifeln angesichts solch einfältiger politischer Bockschüsse. Da brütet ein von den Kultusministern höchstselbst eingesetzter Expertenrat (und diesmal sind es tatsächlich Experten) mit qualmenden Köpfen über möglichen Korrekturen an der Rechtschreibreform - und noch bevor überhaupt die Empfehlungen komplett auf dem Tisch liegen, verkünden die Minister das verbindliche Inkrafttreten der ihrer Ansicht nach unstrittigen Fälle. Unabhängig von Sinn und Unsinn der betreffenden Fälle ist das eine Missachtung der Kompetenz des Rates, der nicht weniger als eine Mehrheit der Menschen in diesem Land vertritt. Als hätte die Umsetzung der im Kern nach wie vor sinnvollen Reform nicht schon genug Dilettantismus gesehen. Den meisten Bürgern mag es ja egal sein, wie sie schreiben, doch zehntausende Lehrer und Schüler (deren Beurteilung auch an der Rechtschreibleistung hängt!) müssen nun ebenso wie verzweifelte, kostengebeutelte Verlage mit einem weiteren linguistischen Provisorium leben.

Einen klaren Kurs hätte allein eine demonstrative Einigkeit zwischen Ministern und Rat bringen können, etwa mit einem neuen Termin für ein Komplettpaket. Indem das nicht geschehen ist, werden die ohnehin schon niedrigen Erwartungen der Menschen an die Politik erneut bestätigt. Beschämend. · MARKUS HANNEKEN

http://www.soester-anzeiger.de/lokales/soester_anzeiger/story.jsp?id=158261

Einige Anmerkungen aus meiner Sicht: Im Expertenrat sind tatsächlich „Experten“ (für die der Volksmund das milde beleidigende Wort „Experten“ hat); z.B. Herr Zehetmair.
Der Rat vertritt keine Mehrheit in diesem Land, sondern vorwiegend seine Eigengeräusche im Echo auf die Dudenverlag- und Kultusministervorlagen.
„... die Umsetzung der im Kern nach wie vor sinnvollen Reform ...“ Hmm; wer sowas schreibt, ist auch ein „Experte“.
„... zehntausende Lehrer und Schüler ...“ – sonderbar; wir waren sonst von 700.000 Lehrern und 12,5 Mio. Schülern ausgegangen.
„... verzweifelte, kostengebeutelte Verlage ...“ – die große Mehrheit der Schulbuchverlage haben 1998 mit ganzseiten Anzeigen und in etlichen Stellungnahmen der „Reform“ zugejubelt.
__________________
Detlef Lindenthal


eingetragen von Karin Pfeiffer-Stolz am 10.02.2005 um 15.13

... das Datum 1.8.2005 tatsächlich zur Zäsur werden sollte, dann MÜSSEN die Lehrer sich mit den vielen Variationsmöglichkeiten der Rechtschreibung befassen. Ich glaube nicht, daß die Eltern es hinnehmen würden, wenn ihr Kind eine schlechtere Zensur mit nach Hause bringt, weil es geschrieben hat: „Es tut mir leid.“

Eine ganz schöne Zwickmühle für die Reformer und Politiker. Ich möchte nicht in ihrer Haut stecken. Aber womöglich fällt denen etwas ein, was uns den Mund offenstehen lassen wird. An allen Ecken mangelt es, doch an Phantasie fürs Rausmogeln aus Verantwortungen fehlt es unserer Führungskaste nicht.
__________________
Karin Pfeiffer-Stolz


eingetragen von Fritz Koch am 10.02.2005 um 12.00

gegenüber den Eltern und Schülern, die das finanziell nicht können. So wird das neue Prinzip "Studium-nur-noch-für-Reiche" auch an den Schulen eingeführt.


eingetragen von Wolfgang Scheuermann am 10.02.2005 um 11.41

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Karin Pfeiffer-Stolz
Heute bekamen wir schriftlich einen Rüffel für eine Schreibweise, die der Duden inzwischen wieder erlaubt:
„RS-Fehler „Es tut mir Leid!“ Das L ist dreimal unterstrichen.

Ich befürchte, daß die Schulen als letzte bemerken werden, daß es die Reformschreibung aufgrund der vielen Nachbesserungen überhaupt nicht mehr gibt.


Das ist vor allem gesellschaftswissenschaftisch interessant. Ich denke schon, daß viele Lehrer bemerkt haben, daß diese Leid-Schreibung falsch ist. Aber es hat ja gar keinen Sinn, andauernd dagegen Widerstand zu leisten; man kann sich ja doch nicht durchsetzen. Man kann im Gegenteil gezwungen werden, das Falsche zu lehren (was das meiner Meinung nach Unerträglichste an der Rechtschreibreform ist)!
Und wer so mißhandelt wurde, kann es einfach nicht mehr auf die Reihe kriegen, wenn jetzt von der gleichen Seite, die ihm diese Zumutungen ungerührt abverlangt hat, auf einmal gesagt wird: Mach's doch wie du willst!
__________________
Dr. Wolfgang Scheuermann


eingetragen von Ruth Salber-Buchmüller am 10.02.2005 um 09.32

Aller Voraussicht nach werden
ab August 2005 gar keine Fehler
mehr angestrichen. Diktate
werden ohnehin fast keine mehr
geschrieben.
So werden dann Schwierigkeiten
und Streit
vermieden, und die Schulen können
tönen, daß alles problemlos
verläuft.

__________________
Ruth Salber-Buchmueller


eingetragen von Fritz Koch am 09.02.2005 um 19.35

wird es lustig, wie sich Eltern und Lehrer streiten werden und welche von beiden Parteien sich besser auskennt. Arbeitsbeschaffungsprogramm für Rechtsanwälte. Zahlt das die Rechtsschutzversicherung? Wenn ja, sollten alle Eltern eine haben.


eingetragen von Karin Pfeiffer-Stolz am 09.02.2005 um 18.20

Heute bekamen wir schriftlich einen Rüffel für eine Schreibweise, die der Duden inzwischen wieder erlaubt. Eine Grundschule schickte uns drei kopierte Seiten aus einem Übungsheft des Stolz Verlages zu. Auf jeder Seite waren Korrekturen nach Lehrerart angebracht: „Tut mir wirklich leid!“ – über das kleine l wurde jeweils ein großes L gezeichnet, dazu die Bemerkung:
„RS-Fehler „Es tut mir Leid!“ Das L ist dreimal unterstrichen.

Ich befürchte, daß die Schulen als letzte bemerken werden, daß es die Reformschreibung aufgrund der vielen Nachbesserungen überhaupt nicht mehr gibt.
__________________
Karin Pfeiffer-Stolz


eingetragen von Matthias Dräger am 31.01.2005 um 15.09

Achtung! Vor Inbetriebnahme der
Tastatur bitte GEHIRN einschalten!


(Obiger Text kann farbig ausgedruckt und in Sichtweite der Tastatur angebracht werden.)

Lieber Herr Margel,
allein die von Prof. Ickler auf rr.com eingeleitete Vorabveröffentlichung der Beschlußvorlage für die KMK-Sitzung im Frühjahr 2004 inkl. deren Faxaussendung an 460 Zeitungsredaktionen hat dazu geführt, daß

- die Mannheimer Zwischenstaatliche Kommission keine Blanko-Vollmacht erhielt, im weiteren Verlauf aufgelöst werden mußte!
- die KMK mit ihren nachfolgenden Winkelzügen und der öffentlichen Berichterstattung in so unruhiges Fahrwasser geriet, daß sie aus Niedersachsen letztendlich ihre Kündigung erhielt
- und, und, und...

Ich würde dieses Forum und seine Wirkung auf den Ablauf der Ereignisse nicht kleinreden, es wird der Sache nicht gerecht.
Dieses Forum ist vielmehr DER Ort, an dem sich alle an dem Thema Interessierten über den Gang der Dinge aktuell unterrichten, soweit die öffentliche Nachrichtenlagen eine solche Unterrichtung gestattet.


eingetragen von margel am 31.01.2005 um 14.35

Es mag ja sein, daß in diesem Forum wirklich manchmal ein wenig zuviel "gequackelt" wird, weitab vom eigentlichen Schwerpunktthema. Aber eines dürfte klar sein: Was auch immer hier an Sachverstand, Argumenten, Kritik vorgebracht wird - es bleibt ohne jede Wirkung auf den Fortgang und das Schicksal der Reform. Höchstwahrscheinlich wird diese Runde von den entscheidenden Stellen überhaupt nicht wahrgenommen.(Manchmal vielleicht gar nicht so unerwünscht...). Was folgt daraus?


eingetragen von margel am 31.01.2005 um 13.25

Wie denkt man in neuer Rechtschreibung? Oder was nennen Grundschul- und Sprachheillehrer überhaupt Denken?


eingetragen von Sigmar Salzburg am 31.01.2005 um 13.08

... hier wird gequackelt – und im gerade laufenden Wahlkampf in Schleswig-Holstein werden irreale Schaukämpfe unter den Parteien über das Schulsystem ausgefochten. Niemand hat sie bisher dafür vorgeführt, daß die Schreibweise von Siegfried Lenz und Günter Grass ab 1.8. in den Schulen als Fehler geahndet wird.
__________________
Sigmar Salzburg


eingetragen von Ruth Salber-Buchmüller am 31.01.2005 um 12.47

Meines Erachtens können wir uns
in der jetzigen Situation nicht
mit der Erklärung zurücklehnen,
daß hier eben das "offene System",
dort aber das "geschlossene System"
vorliegt.
Auch ist eine seiten- und tagelange
Unterhaltung über das "Nähen mit der
heißen Nadel" zwar von der bloßen Sache her
interessant, aber sie bringt uns HIER
keinen Schritt weiter.
Die Reaktion einer Schule, heute vorgestellt
von Karin Pfeiffer-Stolz, ist ebenso nieder-
schmetternd wie erhellend.
Es kann noch so viel auf den Foren der SZ, des Spiegel
geschrieben und lamentiert werden, die
Zeitungen selbst nehmen sich hohngrinsend
kein Jota davon an.
Die Zeit arbeitet mit Wucht gegen uns.
Die neue Schreibe frißt sich immer mehr
in die Köpfe ein als Normalität.
Die FAZ wird verlacht, die Welt ebenso.


__________________
Ruth Salber-Buchmueller


eingetragen von Fritz Koch am 31.01.2005 um 10.20

Ein "geschlossenes System" nennen das die Systemanalytiker. Dieses Gefühl hatte ich schon vor 50 Jahren als Schüler, und daran hat sich offensichtlich nichts geändert.
Der schulische Index für Zeitungen in normaler Rechtschreibung existiert also bereits.
Dagegen ist die normale Rechtschreibung ein "offenes System". Geschlossene Systeme neigen zum Absterben.
Die armen Schüler, die nach der Schule mit dem wirklichen Leben konfrontiert werden, am besten werden sie auch wieder Lehrer. (Andernfalls Zahnarzt, nach dem Ratschlag in der "Feuerzangenbowle".)


eingetragen von Karin Pfeiffer-Stolz am 31.01.2005 um 10.14

Im Januarkatalog hatten wir unseren Kunden im Editorial mitgeteilt, daß unser Lagerbestand an Lernhilfen aus den letzten Jahren der Reformschreibung entspreche und wir uns damit den Vorgaben der Kultusminister gebeugt hätten. Gleichzeitig bekundeten wir aber auch unsere Absicht, redaktionelle Texte und Schriften, die sich nicht an Schüler wendeten, weiterhin in klassischer Rechtschreibung abdrucken zu wollen. Damit nähmen wir die laut Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 14.08.1998 ausdrücklich gewährte Freiheit beim Schreiben in Anspruch.

Dieses Editorial hat anscheinend sehr viel Staub aufgewirbelt. Daraus wird erkenntlich, daß es beim Streit um die Reform weniger um die Schüler, sondern um rein ideologische und politische Betrachtungsweisen geht.
Das nachfolgende Schreiben, das uns per E-Mail zugegangen ist, mag dies exemplarisch beleuchten:

Sehr geehrter Herr Stolz,
ich schreibe an Sie in Ihrer Eigenschaft als Geschäftsführer des Stolz Verlag.
Ihre Einstellung bzgl. der neuen Rechtschreibung (dargelegt in Ifo 45) teile ich ausdrücklich nicht. Wir, als LehrerInnen einer Grund- und Sprachheilschule, lehren und schreiben in der neuen Rechtschreibung und denken nun auch in dieser Form. Wir sind Ihr ausdrücklicher Kundenkreis. Ich spreche im Namen meiner KollegInnen: wir fühlen uns missachtet, wenn Sie sich außerhalb Ihres Kundenkreises stellen, indem Sie mit uns in alter Rechtschreibung kommunizieren.
Ebenso missfällt uns der konservative Redaktionsstil einiger Tageszeitungen, in deren Redaktionsleitung antiquierte Leute sitzen, die an einer Rechtschreibung hängen, die noch viel unlogischer, aber vertrauter, ist. Artikel dieser Tageszeitungen finden in unserem Unterricht daher keinen direkten Raum mehr.

Mit freundlichen Grüßen
Unterschrift


_____________

__________________
Karin Pfeiffer-Stolz


eingetragen von Fritz Koch am 04.11.2004 um 16.56

wollen das ß ganz abschaffen. Manche von ihnen sagen das auch. Das ist eine gefährliche Tendenz, der entgegengewirkt werden muß, sonst werden die, die auf der Straße grüßen, zur Minderheit. Vielleicht ist das sogar die unausgesprochene Absicht der Reformer.


eingetragen von Karsten Bolz am 04.11.2004 um 16.40

Zitat:
Besonders drastisches Beispiel: das / dass. Die heute mehr denn je auftretende Verwechslung von „dass“ (daß) und „das“ ist beredeter Beweis für die Untauglichkeit der Neuregelung.
Muß es hier nicht heißen "beredter Beweis"?
__________________
Karsten Bolz


eingetragen von Karin Pfeiffer-Stolz am 04.11.2004 um 16.30

Künftig wird in unseren neu erscheinenden Lernhilfen auf der Umschlagseite 3 folgender Aufklärungstext abgedruckt.

Vom Lesen
In der Diskussion um die Vereinfachung der Orthographie ist eines ganz aus dem Blick geraten: der Leser. Der einzige Zweck der Schrift ist, gelesen zu werden. Die durch die Schreibreform von 1998 erzwungenen Schriftbilder erschweren nicht nur das Schreiben, sondern vor allem auch das Lesen.
Die reformierte s-Schreibung wurde bereits vor 100 Jahren in Österreich eingeführt und wegen ihrer Praxisuntauglichkeit schon nach kurzer Zeit wieder verworfen. Die negative Erfahrung wiederholt sich: Nicht nur Erwachsene machen Fehler, sondern auch Schüler sind zunehmend verwirrt. Das eingeebnete Schriftbild „ss“ (bisschen, Esssaal, dass) bietet dem lesenden Auge keinen Halt. Die Folge: Mißverständnisse, vermindertes Lesetempo, Fehler bei der Verschriftlichung.
Das ß ist kein antiquierter Buchstabe, sondern eine wichtige Lesehilfe, die nun wegfällt – besonders für leseschwache Kinder ein wahres Unglück.

Statt weniger immer mehr Fehler
Nicht nur in Schülerheften, sondern auch in Zeitungen liest man heute: „Es ist immer wieder behauptet worden, das ...“ oder „... wird eingeführt, dass wurde heute auf der Konferenz bekräftigt.“
Selbst die Rheinland-Pfälzische Kultusministerin und derzeitige Vorsitzende der KMK, Doris Ahnen, überrascht auf ihrer Homepage den Leser mit folgendem Satz: „Wir haben grossen Wert darauf gelegt ...“. Im täglichen Schriftverkehr wundert man sich schon längst nicht mehr über die „Strassen“, aus denen die freundlichen „Grüsse“ kommen. Allerorten Verwirrung über den nach der Reformschreibung veränderten Gebrauch der Buchstaben s, ss oder ß.

Logisch, aber nicht praxistauglich
Die Regel „Doppel-s nach kurzem Vokal“ ist zwar logisch – jedoch nur für den erwachsenen Schreiber, der die klassische s-Schreibung sicher beherrscht. Für Schreibungeübte und Schulkinder hingegen ergeben sich jetzt mehr Probleme als bisher. Wie kommt das?

Die Schwierigkeiten entstehen zum Teil aus der Teilregel „ss nach kurzem Vokal“. Mit dieser Regel können nur erwachsene Umlerner etwas anfangen. Kinder und Neulerner geraten prompt in die Logikfalle (C. Ludwig). Die Verwirrung beim Schreiben von s-Wörtern wurde auch belegt durch eine wissenschaftliche Studie mit Schulkindern, durchgeführt von Professor Dr. Harald Marx von der Universität Leipzig: die Fehlerzahlen steigen, je länger der Unterricht in der Reformschreibung fortdauert.
Bei konsequenter Anwendung der Reformregel entstehen Wortkreationen wie „Misst“, „du bisst“, „Zeugniss“, „Reisebuss“. Während die konsequente Anwendung der Teilregel „ß nach langem Vokal und Zwielaut“ zu ebensolch abenteuerlichen Schreibweisen führt: „meißtens“, „Gaßgeruch“, „leißten“ usw.
Die Regel „Schreib wie du sprichst“ ist für die Praxis untauglich. Wer benutzt schon die „Bühnensprache“? Fazit: Um die s-Laute richtig schreiben zu können, müßte den Kindern vorher die „alte“ ß-Schreibung beigebracht werden. Eine bittere Erkenntnis.

Das ß – ein lesefreundlicher Buchstabe
Das „Buckel-ß“ mit seiner Oberlänge ist ein markanter Buchstabe, der beim Lesen und Einprägen der Wortbilder hilft. Schreiben lernt man nicht durch Regeln, sondern durch Lesen. Deshalb muß das Gesamtbild einer Schrift ausgeprägte und leicht zu differenzierende Merkmale besitzen – wie sie das ß hat. Dieser eigenwillige Buchstabe verdankt seine Entstehung allein dem Bemühen um leichtere Lesbarkeit. Der Doppelbuchstabe ss ist durch die graphisch einplanierte Optik schwerer lesbar als ß, besonders negativ wirkt sich das aus beim relativ häufigen Zusammentreffen von drei s (Schlussstrich, Flusssand, Esssaal, Ausschusssitzung).
Der Buchstabe ß dient außerdem der graphischen Markierung des Silben- und Wortendes. Mühelos lesbar sind: Schlußstrich, Flußsand, Eßsaal, Ausschußsitzung. Übrigens: Fehler in der s-Schreibung gab es vormals eher selten, denn die klassische s-Schreibung war ebenso logisch wie leicht zu lernen. „Doppel-s am Schluß gibt Verdruß!“ Das konnte jeder anwenden.

Lernhemmungen durch „Ranschburg“
Die Buchstaben s und ss sind einander graphisch sehr ähnlich. Da sie weder Ober- noch Unterlänge besitzen, heben sie sich nicht aus dem Text heraus. Das sogenannte Ranschburg-Phänomen führt beim Lesen und Schreiben zu Verwechslungen. Wörter, die einander formal gleichen, werden ständig verwechselt. Besonders drastisches Beispiel: das / dass. Die heute mehr denn je auftretende Verwechslung von „dass“ (daß) und „das“ ist beredter Beweis für die Untauglichkeit der Neuregelung.

Ausblick
Etwa hundert Jahre nach dem mißglückten österreichischen Experiment wiederholt sich die bereits einmal gemachte negative Erfahrung mit der ss-Schreibung. Was ist zu tun? Das Klügste wäre der Abbruch des Experiments. Das wird auf Dauer auch unumgänglich sein. Aber schon heute ist die Einheitlichkeit unserer Orthographie zerrüttet, hat das Kulturgut Sprache einen Imageschaden erleiden müssen. Mit dieser sachlichen Aufklärung hoffe ich dazu beitragen zu können, daß wir sobald wie möglich einen besseren Weg der Verschriftung einschlagen werden können.
__________________
Karin Pfeiffer-Stolz


eingetragen von Karin Pfeiffer-Stolz am 21.10.2004 um 09.50

In Deutschland gilt derjenige als viel gefährlicher,
der auf den Schmutz hinweist als der, der ihn gemacht hat.
Carl von Ossietzky


Der „Stellvertreterkrieg“

Sprache und Demokratie
Auch in einer Demokratie entscheiden immer nur wenige, das ist nicht anders möglich. Hinter verschlossenen Türen werden von Funktionären in Gremien Beschlüsse gefaßt, die oft genug nicht im Einklang mit den Wünschen der Bevölkerungsmehrheit stehen. Der Bürger, über dessen Kopf hinweg entschieden wird, hat aufgrund seiner Lebensumstände nicht die Möglichkeit, sich direkt an allen Entscheidungsfindungen zu beteiligen: schließlich ist er vollauf damit beschäftigt, sich sein tägliches Brot zu erarbeiten und für seine Familie zu sorgen. Er vertraut darauf, daß die von ihm gewählten Volksvertreter für ihn sprechen und verantwortlich handeln. Trotzdem hat er oft genug den Eindruck, daß „die da oben“ sowieso tun, „was sie wollen“. Sofern es um den ungewollten Neubau einer Straße geht oder die nachteilige Änderung einer Gebührenordnung, wird er sich grollend fügen und die Sache irgendwann vergessen. Nicht jede Reform ist populär, manche Änderung dennoch politisch notwendig.

Wo endet die Macht des Staates? Die sogenannte Rechtschreibreform ist ein Eingriff in den persönlichsten und deshalb hochempfindlichen Bereich eines jeden von uns: sie greift in unsere Sprache und deshalb auch in das Denken ein. Die Rechtschreibung ist ein Teil der Schriftsprache, Eingriffe in sie verändern zugleich Sprache und Denken. Folgerichtig werden die willkürlich erzwungenen Veränderungen vom Volk als Zumutung empfunden; beharrliche Kritik und Gegenwehr – nun schon seit Jahren andauernd – sind dafür Beweis. Dominierend in der „Schreibreformbewegung“ ist eine kleine Gruppe von Aktivisten, die in den vergangenen Jahrzehnten gelernt hat, das in der Verfassung verankerte Instrumentarium der „Mitbestimmung“ für sich zu vereinnahmen. Sie handhaben es perfekt, haben alle wichtigen Schaltstellen der Macht besetzt und sind heute in der Lage, die öffentliche Meinung in ihrem Sinne zu beeinflussen. Es sind dies dieselben Leute, die in den Siebzigern des vorigen Jahrhunderts nicht müde wurden, vor allem die heranwachsende Generation vor „Manipulationen“ durch Politik und Medien zu warnen und Kinder aufforderten, niemandem zu vertrauen, nicht einmal den eigenen Eltern.

Kritik zu üben setzt auch heute Zivilcourage voraus
Man sollte meinen, daß eine inhaltliche Diskussion über einen Gegenstand, wie es die Rechtschreibung ist, sachlich geführt werden könne. Wer so denkt und erstmals konstruktive Kritik laut werden läßt, erlebt zu seiner Überraschung folgendes: Er wird persönlich angegriffen, verlacht, für dumm oder arrogant erklärt und außerdem noch mit Kübeln übelriechender Häme übergossen. Die eigentlichen Sachargumente werden ignoriert, der Kampf auf einen Nebenkriegsschauplatz umgeleitet. Was gegen die Reform gesagt wird, interessiert nicht. Verblüfft und zunehmend irritiert fragt sich der Kritiker: Woher diese Entrüstung? Ist Rechtschreibung ein Tabu? Wer schlechte Nerven oder wenig Selbstbewußtsein hat, wird von der Bühne fliehen und sich in das scheinbar Unvermeidliche fügen. Die Reformschreibung und ihre Urheber zu kritisieren, setzt auch heute noch Zivilcourage voraus – jene Eigenschaft, deren Fehlen im vergangenen Jahrhundert gerade von den Emanzipationspädagogen am heftigsten beklagt wurde, die jetzt die Rechtschreibreform durchdrücken wollen. Und ausgerechnet sie können es am wenigsten ertragen, selbst Zielscheibe von couragiert vorgetragener Sachkritik zu sein. Hier ist in einem Teil der Nachkriegsgeneration ein Bewußtsein gekeimt, das sich selbst von den Niederungen des Menschseins ausnimmt, die Täterfrage stets nach außen transportiert und als ständiges Opfer die Schuldfrage nie an sich selbst heranläßt. Dermaßen geistig gewappnet und immun gegen Kritik, mutieren Kritiker zu „Angreifern“, ja sogar zu „Feinden“. Und entsprechend werden sie dann auch behandelt.

Auf Irrtümern beharren
Man fragt sich: Was spricht für die Fortsetzung der „Rechtschreibreform“, da die versprochenen Erleichterungen ausgeblieben sind? Wozu daran festhalten, da ihre offensichtlichen Mängel allseits beklagt werden? Und: Wie soll unser couragierter Kritiker verstehen, daß man die mangelhafte Schreibung – oder Teile davon – einzig aus dem Grunde behalten möchte, weil einige Schülerjahrgänge damit in Berührung gekommen sind? Ist nicht inzwischen durch eine repräsentative wissenschaftliche Erhebung belegt, daß Schüler seit der Einführung der Reformschreibung deutlich mehr Fehler machen, und das mit zunehmender Tendenz? Die Leseleistungen sind bislang nicht untersucht worden. Wir dürfen jedoch getrost davon ausgehen, daß auch das Lesen unter der Verschlechterung des Schriftbildes durch die Reformschreibung qualitativ leidet. Das Lesen hängt eng mit dem Schreiben zusammen und umgekehrt. Keines ist vom anderen zu trennen. Sollen Schüler, bildlich gesprochen, auch weiterhin in „löchrigem“ Schuhwerk herumlaufen, nur weil ein „vorwärtsdenkender“ Schuster die Produktion revolutionieren wollte, wobei er sein Handwerk nicht beherrschte – und die Politiker sich nun schämen, weil sie dies nicht gleich erkannt haben? Starrköpfig auf Fehlentscheidungen beharren: Ist das die Antwort des rational denkenden Menschen im 21. Jahrhundert?

Die Befreier von heute sind die Diktatoren von morgen
Es gibt Freigeister, die schwärmen vom derzeitigen Zustand der allgemeinen Schreibvielfalt. Diese sei allein schon deshalb zu begrüßen, weil nun endlich jeder so schreiben könne, wie er wolle. Ein sympathisches, schulterklopfendes, nestwärmendes Argument – und dennoch ein Trugschluß. Die Erfahrung lehrt: Wo verläßliche Wegmarken fehlen, macht sich nicht Erleichterung, sondern Unsicherheit breit. Unsicherheit aber ist ein äußerst unangenehmer Wegbegleiter.
Neben der unverhohlenen Freude an der um sich greifenden Schreibanarchie lassen sich weitere Kerngedanken aus dem reformfreundlichen Gedankengut herausschälen:
Prima! Endlich eine „heilige Kuh“ geschlachtet!
Nur senile, altmodische, kleinkarierte und eingebildete Geister sind gegen die Reform!
Ach, typisch deutsch, diese Korinthenzähler-Diskussion! Globale Anpassung ist nötig!
Gute Orthographie ist kein Bildungsprivileg – damit ist nun endlich Schluß!
Fort mit der privaten „Dudendiktatur“! Der Staat kann es besser!

Endlich haben wir also die heißersehnte „Rechtschreibfreiheit“. Haben wir sie wirklich? Wie die hitzig geführten Auseinandersetzungen zeigen, sind es gerade die selbsternannten Befreiungskämpfer in Sachen „Orthographie“, die mit größter Strenge darüber wachen, daß die neuen Schreibformen überall und von allen akribisch eingehalten werden. Also auch von der Presse, für die der kultusministerielle Erlaß keine Geltung besitzt. Hat nicht das Bundesverfassungsgericht ausdrücklich garantiert, daß außerhalb der Schulen jeder frei sei, so zu schreiben, wie es ihm beliebe? Als die Springer-Presse sich diese staatlich garantierte Freiheit nahm und vor kurzem zur klassischen Rechtschreibung zurückkehrte, bezeichneten das entrüstete Stimmen als „Rechtsbruch“ und sogar als „Machtmißbrauch“.

Späte „Rache“ am Establishment
Zur Zeit haben wir ein Interregnum. Ein Rechtschreibinterregnum. Die vermeintlich autoritäre Herrschaft des Duden ist gebrochen, die neue „Macht“ noch nicht installiert. Das kommt vor allem den Schülern zugute: Ihnen werden weniger Fehler angestrichen, die allgemeine Unsicherheit und die Doppelgültigkeiten haben eine Art orthographischer „Narrenfreiheit“ geschaffen. Doch diese goldenen Zeiten gehen ihrem Ende entgegen: Nach dem 1. August 2005 wird die neue „Herrschaft“ in der Orthographie für Ordnung sorgen – mit eisernem Besen. Die Geschichte lehrt, daß die Befreier von heute die Diktatoren von morgen sind. Diese Diktatoren treten als Wissenschaftler auf, Expertokraten in fortgeschrittenem Alter, an denen die vielen Lebensjahre hauptsächlich physische Spuren hinterließen. Um es noch respektloser zu sagen: Geistig nicht von ihrem jugendlichen „Revoluzzerdenken“ emanzipiert, meinen sie immer noch, die Gesellschaft egalitär umkrempeln zu müssen. Im Verbund mit ihren gleichaltrigen, inzwischen politisch avancierten Gesinnungsbrüdern und -schwestern konnte man den umstürzlerischen Jugendträumen endlich späte Erfüllung verleihen: Die Rechtschreibreform als eine Art Vergeltung für das Böse in einer Gesellschaft, in der, wie es einmal jemand wörtlich ausdrückte, „von einem gespitzten Bleistift in der Hand des deutschen Schülers ein direkter Weg nach Auschwitz führt.“

Wozu ist sie denn da, die Schrift?
Freiheit ist ein Zustand, in dem persönliche Routine und Lebensgewohnheiten möglichst wenig gestört werden. In einem stabilen Rahmen kann man seinen täglichen Pflichten nachgehen. Unfrei ist, wem diese Lebensroutine versagt, wem Gewohntes zerschlagen, wem ständig Neues aufgezwungen wird. Der Zwang zum Umlernen der vertrauten Schriftsprache ist ein schmerzhafter Eingriff in die Gewohnheit – ein Stück Unfreiheit eben. Es ist beim besten Willen kein Vorteil darin zu entdecken, gut funktionierende Schreib- und Lesegewohnheiten ändern zu müssen, weil eine Minderheit es als persönliches Lebensziel betrachtet, eine ganze Sprachnation nach eigenem Gutdünken umerziehen zu wollen.

Der harte internationale Wettbewerb, dem sich Deutschland künftig mehr den je wird stellen müssen: Ist es nicht nachgerade überlebensnotwendig, eine funktionierende Hochsprache zu besitzen? Sollen wir uns bewußt damit abfinden, ein schriftliches Kauderwelsch zu produzieren, bei dem ein Deutschlernender nicht mehr weiß, wo er im Wörterbuch nachschlagen muß, weil viele Begriffe ganz aus den reformierten Nachschlagewerken getilgt sind? Wozu ist sie denn da, die Schrift? Doch wohl dazu, um gelesen, um verstanden zu werden! Variantenreichtum stiftet da nur Verwirrung. Wer möchte, daß andere seine Niederschrift lesen, muß sich klar und deutlich ausdrücken können. Er wird sich freiwillig an die allgemein anerkannte Norm halten. Nach mehr als hundert Jahren Einheitlichkeit der Orthographie ist es schier unbegreiflich, daß es inzwischen nötig ist, dies überhaupt betonen und rechtfertigen zu müssen! Es geht nicht um das Schreiben. Es geht um das Lesen: Der Schreiber hat dem Leser gegenüber eine Bringschuld, nicht umgekehrt!

Die neue Schulorthographie: ein Sündenfall
Ein Text, der dem Leser Hindernisse in den Weg legt, wird ungern oder überhaupt nicht gelesen. Eine Abstimmung mit den Füßen, oder mit den Augen sozusagen. Man kann niemanden zwingen, etwas zu lesen, wenn er das nicht will. Lesen basiert auf Freiwilligkeit. Daher liegt es im ureigenen Interesse des Schreibers, den potentiellen Leser zum Lesen zu motivieren. Daher muß es im ureigenen Interesse eines jeden Verlages sein, Schriftbild und Orthographie einheitlich, normgerecht und lesefreundlich zu gestalten, um Leserschaft anzulocken und bei der Stange zu halten. Daher müssen auch die Lehrer den Zweck des Rechtschreibunterrichts begreifen: Nicht um Unterdrückung oder Selektion geht es, sondern allein darum, den Kindern das Lesen und Schreiben nahezubringen, wie es allgemein üblich ist und überall verstanden wird! Es ist geradezu ein Sündenfall, Kinder der gehobenen Kultursprache zu entfremden, indem man sie von ihr fern hält und ihnen einredet, sie sei zu schwierig zu erlernen!

Doch die Anhänger der Reformschreibung argumentieren genau umgekehrt: Für sie ist rück- bzw. unanständig, ja sogar unsozial, wer die klassische Rechtschreibung verteidigt. Man scheint sich darin einig zu sein: Wer „alt“ schreibt, ist nicht nur ein Klassen- sondern auch ein Kinderfeind. Dabei wird ganz übersehen, daß mit der Reformschreibung unsere Kinder von Tradition und Kultur abgeschnitten werden, daß ihnen das Lesen und Schreiben vermiest werden soll. Der größte Schaden entsteht durch die andauernde Diskussion über die angeblich zu schwere Schriftsprache. Das muß in den Heranwachsenden das Gefühl erzeugen, daß man es besser nicht mit ihr versuche, weil doch vergeblich. Das Neben dem Schaden am Sprachkörper selbst entsteht ein weiterer: die Abwertung der Schrift und der Schriftkultur als solcher.

Das Problem ist nicht die Orthographie, sondern der Umgang mit ihr
Oft ist beklagt worden, daß mangelnde Rechtschreibkenntnisse die Ursache für die Diskriminierung von Menschen sei. Daran ist etwas Wahres. Die Orthographie selbst ist jedoch nicht Ursache für Ausgrenzung oder Bildungshemmnisse, sie ist nur eines von unzähligen, wertneutralen Systemen, die als Unterdrückungsinstrument mißbraucht werden können. Das Problem ist nicht die Orthographie, das Problem ist der Mensch selbst. Um gesellschaftliche Toleranz gegenüber schlechten Rechtschreibleistungen zu erreichen, muß man nicht die Orthographie ändern, sondern die Einstellung der Menschen zur Orthographie. Eine Neuregelung von Rechtschreibnormen trägt nichts zur Lösung der eigentlichen Probleme bei, die da sind: Ungleichheit von individuellen Begabungen, Fähigkeiten, Fertigkeiten, Einstellungen, Lernwille, Ausdauer und so weiter. Wer meint, mit einer Änderung der Orthographie die „Chancengleichheit“ herstellen zu können, verwechselt Ursache mit Wirkung und zeigt damit, daß er die Logik hinter den Abläufen gründlich mißversteht. Es wird deutlich, daß folgerichtiges Denken nur auf der Basis einer exakten Schriftsprache gedeiht, einer Literalität, welche die Grundlage unserer Hochkultur bildet und die durch nichts anderes ersetzt werden kann. Eine Gesellschaft, die ihre Literalität preisgibt, ist dem Untergang geweiht, und kein Computer wird im Ernstfall dabei helfen, einen Bittbrief an den lieben Gott zu formulieren.
Es bedarf also keineswegs der Orthographie, um Menschen demütigen zu können. Genügt nicht bereits eine etwas schräg gewachsene Nase oder ein anatomisch erzwungenes Lispeln, um eine Person auszugrenzen? Im vorigen Jahrhundert konnte ein politisch als mißliebig erklärter Stammbaum das Todesurteil bedeuten; heute zieht man Spott, Häme und persönliche Verunglimpfung auf sich, sobald man es wagt, sachlich begründete Kritik an einer mißlungenen Reform zu üben, die uns alle betrifft und deren Folgen bislang nichts als Negatives hervorgebracht haben und weiter Negatives hervorbringen werden.

Die falsche Antwort auf künftige Herausforderungen
Welchen triftigen Grund also gibt es für die Preisgabe einer hochentwickelten Kultursprache, die ihre Aufgabe so gut, ja geradezu so hervorragend erfüllt hat, daß auf ihrer Basis großartige Kultur-, Wissenschafts- und Wirtschaftsleistungen erbracht worden sind? Mit welcher Begründung wird ebendiese Sprache heute plötzlich als untauglich und sogar als „unlernbar“ hingestellt? Es gibt keine. Machen wir uns nichts vor: Der Streit um die Rechtschreibung ist nichts anderes als ein Stellvertreterkrieg. Es geht den Reformern weder um Buchstaben noch um Wörter. Sie kämpfen nicht für Verbesserungen. Sie hatten und haben anderes im Sinn.
Wer meint, die Ungleichheit der Welt nur auf gewaltsame Weise eliminieren zu können, wird das beseitigen wollen, was ihm selbst unerreichbar erscheint. Deshalb ist die Rechtschreibreform destruktiv: Sie will allgemein anerkannte und im Volkswissen verankerte Formen der historisch gewachsenen Schriftsprache ab 1. August 2005 als „falsch“ diskriminieren, weil sie ihrer Ansicht nach für Teile des Volkes eine Bildungsbarriere aufrichtet. Obwohl die Neuregelung als politischer Fehler erkannt worden ist, wollen unsere Politiker daran festhalten. Noch einmal: Ist das die Antwort des modernen Deutschland auf internationalen Herausforderungen?

Erschreckend und zugleich traurig ist es, mitzuerleben zu müssen, wie unsere Sprache durch den völlig unnötigen „Stellvertreterkrieg“ beschädigt wird. Das ist alles andere als unwichtig. Ohne diese Sprache nämlich, ohne deren Verläßlichkeit und Eindeutigkeit, werden wir keine der drängenden und überaus ernsten Fragen lösen können, die derzeit ganz Deutschland beschäftigen. Wer meint, bei den Vorgängen um die sogenannte Rechtschreibreform handele es sich um eine banale Nebensächlichkeit, verkennt die Macht des geschriebenen Wortes. Mit diesem „Rechtschreibkrieg“, in dem es nur vordergründig um Buchstaben geht, wird bewußt die Beschädigung eines Kulturgutes in Kauf genommen, auf dessen Unversehrtheit alle – Reformer wie Kritiker – so dringend angewiesen sind. Und wie bei jedem Krieg wird niemand etwas dabei gewinnen. Am Ende bleiben nichts als Trümmer.

Karin Pfeiffer-Stolz
Oktober 2004

(Zu meiner Person: Ich bin Autorin und leite mit meinem Mann gemeinsam einen kleinen Lernhilfenverlag. Gezwungenermaßen habe ich mich von 1996 an bis Anfang dieses Jahres darum bemüht, die Reformschreibung beruflich und privat zu praktizieren. Ich hatte mich zuvor weder mit sprachwissenschaftlichen noch mit politischen Hintergründen der sog. Rechtschreibreform vertraut gemacht. Dies holte ich im Februar 2004, zunehmend durch die Unstimmigkeiten der Reformschreibung frustriert, nach. Die beim Studium der Fakten gewonnene Sachkenntnis zwang mich zum Umdenken und führte zur Ablehnung sowohl der Reformschreibung als auch der politischen Begleitumstände. Die Rückkehr zur klassischen Schreibweise empfand ich als Erleichterung – sowohl des Lesens, als auch des Schreibens. Der Mühsal der Vermeidungsschreibung entronnen, darf nun wieder nach Herzenslust formuliert werden, ohne ständig auf der Suche nach Alternativen für „reformdemolierte“ Begriffe sein zu müssen. Diese Erfahrung wird jeder bestätigen, der sich beiden Schreibweisen ergebnisoffen gestellt und ihre Tauglichkeit in der Praxis überprüft hat.)

– geändert durch Karin Pfeiffer-Stolz am 22.10.2004, 08.59 –
__________________
Karin Pfeiffer-Stolz


eingetragen von Fritz Koch am 30.09.2004 um 17.19

werden bei der Verwandlung ins Passiv beide Akkusative zu Nominativen. Aus Aktiv: "Der Lehrer lehrt den Schüler Mathe" wird im Passiv: "Der Schüler wird vom Lehrer Mathe gelehrt".
Gebräuchlicher im Passiv ist aber: "Dem Schüler wird vom Lehrer Mathe gelehrt".


eingetragen von Ruth Salber-Buchmüller am 29.09.2004 um 14.50

Ich muß Frau Pfeiffer-Stolz
ganz spontan meine Hochachtung aussprechen.
Dieser Brief ist erstklassig.
__________________
Ruth Salber-Buchmueller


eingetragen von Heinz Erich Stiene am 29.09.2004 um 13.47

Liebe Frau Pfeiffer-Stolz, für den Dativ bei "lehren" hätten Sie sich nicht bei der besserwisserischen Dame zu entschuldigen brauchen. Der ist nämlich nicht nur in der heutigen Umgangssprache gebräuchlich, sondern findet sich zuhauf bei den besten klassischen Schriftstellern und Dichtern. Im übrigen mein Kompliment für Ihren schnörkellosen Brief.
__________________
Heinz Erich Stiene


eingetragen von Karin Pfeiffer-Stolz am 29.09.2004 um 13.07

Beitrag gelöscht
__________________
Karin Pfeiffer-Stolz


eingetragen von Karin Pfeiffer-Stolz am 27.09.2004 um 15.51

Ein Schreiben, dessen Inhalt nachdenklich und betroffen macht. Man muß hoffen, daß das Volk in den nächsten Jahren erfahren wird, wer die wahren Betreiber und Gewinnler der Pseudoreform wirklich waren.

Sehr geehrte Frau Pfeiffer,

mein Name ist F., und ich bin Grundschullehrerin einer 3. Klasse in Hessen.
Ich halte mich durchaus für eine engagierte Lehrerin, welche den Kindern immer wieder kleine Highlights verschafft, ansonsten aber darauf achtet, ihnen „Inhalte fürs praktische Leben“ zu vermitteln. Im Moment bin ich jedoch ein wenig irritiert und sauer betreffend aktueller Ansätze, die nun schon 2 Jahre laufende Rechtschreibreform zu kippen. Es kann echt nicht wahr sein!
Die Verantwortlichen haben einige Jahre damit zugebracht, sich Regeln auszudenken, die (zugegeben, nicht in jedem Fall) die Schreibung vereinfachen sollen. Es ist ja auch nicht so, dass diese Reform aus heiterem Himmel auf uns herabgefallen ist. Im Vorfeld sind, soviel ich weiß, durchaus auch Leute einbezogen wurden, die mit Sprache und deren Schreibung zu tun haben. Ich kann nun nicht sagen, wie viele sich schon da gegen die Neuerungen geäußert haben und nicht erhört worden sind, doch für mich blieb immer der Eindruck, dass sich eigentlich nur Wenige wirklich dafür interessierten. Dann kam die Reform und es wurde allerorten darüber geredet und sich natürlich furchtbar aufgeregt. Reform ja oder nein? Verlage stellen ihre Schreibweise um, dann machen sie es doch wieder rückgängig! Ein hin und her, wie so typisch für unser Land! Nun haben sich die meisten Bundesländer FÜR die neue Rechtschreibung ausgesprochen, Schulbücher wurden geändert, und der Unterricht entsprechend umgestellt. Was das an Kosten für Verlage, Länder, Schulen und nicht zuletzt die Eltern bedeutete, kann man sich leicht ausmalen.
Wie schwerwiegend die Änderungen tatsächlich im täglichen Leben für den Einzelnen sind, kann man an 5 Fingern abzählen. Und ob alt oder neu, es wird immer Wörter geben, bei denen man, egal wie alt man ist, besser noch mal in den Duden schaut...!

Ich habe ihr Interview mit Frau Claudia Ludwig aufmerksam gelesen. Sicher haben viele Ihrer Aussagen Hand und Fuß, aber wieso bitte schön, kommt sie erst jetzt mit solchen Überlegungen an die Öffentlichkeit? Zumindest muss ich zugeben, dass ich in den letzten 2 Jahren kaum noch Gegenstimmen gegen die Rechtschreibreform wahrgenommen habe;aber vielleicht lese ich auch nur die falschen Zeitungen...! Es macht mich im Moment schlichtweg wütend, dass zum Beispiel im Juni diesen Jahres an unserer Schule neue Sprachbücher für sehr viel Geld angeschafft wurden und im Juli/ August man plötzlich anfängt, und sagt „Ätschibätsch! War alles nur ein Spaß! Die Bücher könnt ihr gerade so wieder einäschern!“.
Worum geht es hier eigentlich??? Mir kommt das Ganze wie ein großes Geschäft vor, bei denen in erster Linie die Verlage ordentlich Geld machen können! Sich nämlich dann zu mokieren, wenn man schon einmal den großen Reibach gemacht hat, find ich ziemlich fadenscheinig!

Weiterhin sind wir nun an einem Punkt angelangt, wo ich als Lehrerin gar nicht recht weiß, was ich meinen Kindern nun beibringen soll! Gerade im 3. Schuljahr, wo man anfängt die Kinder mit Rechtschreibregeln vertraut zu machen, stehe ich nun ehrlich auf dem Schlauch! Erwartet man, dass ich heute sage, wir schreiben muss mit Doppel-S und morgen: " Ach nein, dann doch mit ß.“! Nicht nur, dass meine Glaubwürdigkeit darunter leidet. Ein intelligentes Kind hat vielleicht wenig Schwierigkeiten sich entsprechend umzustellen, aber was ist mit denen, für welche Rechtschreibung eh ein Krampf ist, oder den vielen ausländischen Kindern in meiner Klasse?! Gibt es überhaupt jemanden, der sich mal Gedanken darüber macht, wie wir – Leute an der „Basis“ – mit der Willkür der Verantwortlichen umgehen sollen???

Der größte Hohn ist ja, dass wir nun soweit sind, dass jeder macht was er will. Die eine Zeitung alt, dann neu, dann doch wieder alt...Verlage wechseln ebenso spontan zwischen alt und neu, und in Deutschland herrscht, was Rechtschreibung betrifft, nun ein „buntes Durcheinander“!

Kann mir nun mal jemand sagen, wie lange das jetzt so weiter geht? Ich wäre dankbar für eine klare, eindeutige, unbürokratische Aussage, die Hand und Fuß hat und einheitlich für ganz Deutschland zu erwarten ist. Ist es nicht schon schlimm genug, dass jedes Bundesland seine eigene Schulpolitik betreibt? Müssen wir uns das Leben noch weiter erschweren?!

So, nun habe ich mich lang und breit ausgelassen und meinen Frust abgeladen. Sollten Sie die falsche Adresse gewesen sein, tut es mir leid! Aber ich habe den Eindruck, Ihnen liegt die Bildung unserer Kinder ebenso am Herzen wie mir, und somit bin ich bei Ihnen doch nicht so verkehrt.
Gern würde ich einige Bücher aus Ihrem Angebot bestellen, da sie mich inhaltlich wirklich ansprechen, aber solange es noch keine einheitliche Regelung gibt, werde ich mich hüten, auch nur einen Pfennig für neue Bücher auszugeben!

Bis dahin! Haben Sie eine gute Zeit!

Mit freundlichem Gruß
F.

P.S. Fehler in Rechtschreibung und Kommasetzung in meinem Text entdeckt? Sehen Sie es mir nach!;-)


__________________
Karin Pfeiffer-Stolz


eingetragen von Fritz Koch am 27.09.2004 um 15.46

der alten Rechtschreibung diskutiert werden
und welche davon durch die Reform verbessert werden?

Dazu müssen die Reformanhänger Beispiele bringen.

Deren Hauptargument scheint zu sein: Man muß die Regeln lernen (die der Duden gerade wieder geändert hat oder selbst nicht mehr befolgt), dann braucht man nicht viel lesen, um richtig schreiben zu können. Andernfalls könnte man die falschen Bücher lesen und als Vorbild nehmen. Verkürzt: Bücherlesen behindert die Durchsetzung der Reform.
Ab 3. Oktober müssen die Reformdurchsetzer sogar Nichtlese-Empfehlungen für die größten deutschen Zeitungen aussprechen, weil deren Lesen die Schulrechtschreibung gefährdet. Vielleicht müssen die dann von Gerichts wegen Warnhinweise drucken wie "Die Kultusminister: Das Lesen dieser Zeitung gefährdet Ihre neue Rechtschreibung!"


eingetragen von Karin Pfeiffer-Stolz am 27.09.2004 um 15.38

Dieses Schreiben enthält viel Einsichtiges, aber zur Synthese des Wesentlichen kommt es leider nicht ...

Ihr Lieben vom Stolzverlag,
Euren Katalog mit Gedichten, Kritiken, Kommentaren usw. lese ich immer mit Begeisterung und habe auch schon so manches bei Euch bestellt oder von Euch übernommen. Aber jetzt muss ich mich doch mal zu Wort melden! Dass Ihr zur Rücknahme der „neuen Rechtschreibung“ aufruft, bringt mich in Rage! Ich bin Jahrgang 52 und somit mit der „alten Rechtschreibung“ groß geworden. Diese hat mich als Schülerin total verwirrt, weil ich mit unfehlbarer Sicherheit immer sofort auf die Ausnahmen von den Regeln gestoßen bin. Jedes Diktat meiner Schullaufbahn habe ich 5 oder 6 geschrieben, nur die Aufsätze haben mich immer wieder in höhere Regionen der Noten gebracht, weil ich da seltsamerweise so gut wie keine Rechtschreibfehler gemacht habe, weil ich nicht an irgendwelche Regeln gedacht habe. Ich habe es so sogar zur Grund- und Hauptschullehrerin gebracht (allerdings mit den Fächer „Kunst“ und „Mathematik“!). Als ich nun selber den Schülern Rechtschreibung beibringen musste, stieß ich immer wieder auf unlogische Dinge und hatte wirklich oft Probleme den Schülern die Rechtschreibung verständlich zu machen. Es ist allerdings auffallend, dass Kinder, die viel lesen wesentlich weniger Fehler machen. Meine Meinung ist deshalb, dass sich vieles nicht über Regeln einprägt, sondern über das immer wieder gelesene Wort. Ich hätte mir von der „neuen Rechtschreibung“ erhofft, dass es nur noch Großschreibung von Namen gibt, wie im Englischen. Und es gäbe sicher weniger Verwirrung mit „ss“ und „ß“, wenn letzteres ganz weggefallen wäre. Aber Probleme damit haben nicht die Schüler, die jetzt die „neue Rechtschreibung“ lernen, sondern wir „Alten“, die einfach noch an andere Regeln gewöhnt sind. Und dann gibt es die Leute, die irgendetwas von „ss“ und „ß“ gehört haben, dass da was anders sein soll und jetzt das gar nicht richtig „Verdaute“ versuchen anzuwenden.
Jede Umstellung braucht ihre Zeit, bis die Menschen sich daran gewöhnt haben, deshalb gleich wieder alles umzukehren, finde ich unverantwortlich!
Wir sollten uns zurücknehmen und den „Jungen“ Zeit geben (und auch uns!) mit der „neuen Rechtschreibung“ zurechtzukommen. Weisen wir uns einfach gegenseitig auf anderes oder Fehler, die wir gemacht haben, hin und amüsieren uns über „Süssmost, frisch gepreßt“. Oder ist es wirklich so schlimm, wie ich bei „Stängel“ kurz zu stoppen und dann weiter zu lesen?!
(Ich bin natürlich nur Grundschullehrerin, die es, ehrlich gesagt, nicht für all zu wichtig im Leben findet zu wissen, was ein „Adverb“ ist! ) Und von dem allen abgesehen, überlegen Sie doch mal, was eine Rücknahme der „neuen Rechtschreibung“ kosten würde! Können wir dieses Geld nicht besser ausgeben?!
Mit freundlichen Grüßen (und keiner Garantie für Rechtschreibung – alt oder neu!)
A. H.-B.


__________________
Karin Pfeiffer-Stolz


eingetragen von Karin Pfeiffer-Stolz am 27.09.2004 um 15.27

Eine Lehrerin aus Rinteln lädt ihren „Reformüberdruß“ auf uns ab. (Wer in unserem Katalog gelesen hat, weiß, daß von Polemik weit und breit keine Spur zu finden ist.)

Frau K. schreibt:
Ihre Stellungnahmen zur Rechtschreibreform finde ich ärgerlich, unpassend und unprofessionell! Ein Versandkatalog ist nicht der richtige Ort für politische Äußerungen, schon gar nicht für Polemik!“

__________________
Karin Pfeiffer-Stolz


eingetragen von Theodor Ickler am 17.09.2004 um 08.43

VdS Bildungsmedien e. V.
vormals Verband der Schulbuchverlage e. V.



An die Präsidentin der
Kultusminiserkonferenz
Frau Doris Ahnen
Lennéstraße 6

53113 Bonn




Frankfurt am Main, den 19. Februar 2004
Ba/hs 036/04




4. Zwischenbericht zur Rechtschreibreform


Sehr geehrte Frau Ahnen,

nach der Presseinformation der KMK vom 5. Februar 2004 empfiehlt die Amtschefkommission "Rechtschreibung" der KMK, jene Vorschläge, die im 4. Zwischenbericht der Zwischenstaatlichen Kommission vorgelegt wurden, zum 1. August 2005 - dem Ende der Übergangszeit - umzusetzen. Unser Verband, der im Beirat der Kommission repräsentiert ist und den Vorschlägen der Rechtschreibkommission zugestimmt hat, begrüßt diese Entscheidung der Amtschefkommission ausdrücklich, auch wenn duch die neuen Vorschläge ein Teil der Schulbücher und Unterrichtsmaterialien im Laufe der Zeit und ohne Genehmigungsrelevanz wieder überarbeitet werden muss.

Gleichwohl besorgt uns der in derselben Presseinformation enthaltene Hinweis, die Amtschefkommission sähe "noch Raum für Gespräche über Einzelheiten der Neuregelung der deutschen Rechtschreibung. Entsprechendes Interesse wurde aus dem Präsidium der Kultusministerkonferenz signalisiert. Im Übrigen könnten Ergebnisse aus den angeführten Gesprächen in dieser Zeitspanne noch eingeführt werden."

Wir vermuten, dass die in dem Zitat angeführten Gespräche vor allem mit der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung geführt werden sollen, die sich seit geraumer Zeit - und verstärkt seit März 2003 - wieder vor allem an der öffentlichen Diskussion um das neue Regelwerk beteiligt und erhebliche Veränderungen daran fordert.

Wir möchten Ihnen für diese Gespräche folgende Position unseres Verbandes verdeutlichen, die wir im Beirat wie auch gegenüber der Kommission formulierten: Wir sind mit dem Vorschlag der Zwischenstaatlichen Kommission, so wie er im 4. Bericht zusammengefasst ist, grundlegend einverstanden, greifen doch die Änderungs- bzw. Präzisierungsvorschläge behutsam und logisch begründet in den ursprünglichen Vorschlag zur Neuregelung der Rechtschreibung ein. Der Zwischenbericht verdeutlicht auch, dass sich Kommission wie Beirat insbesondere mit den Änderungsvorschlägen speziell der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung in angemessener Form auseinandergesetzt haben. Folglich gibt es aus unserer Perspektive keine Notwendigkeit mehr, das bestehende Regelwerk weiter substanziell zu verändern bzw. über die Kommissionsvorschläge hinausgehende, zusätzliche Änderungen einzuführen.

Die - vor allem über die Medien - geäußerte Kritik an den Vorschlägen der Zwischenstaatlichen Kommission kommt nach unseren Beobachtungen aus Kreisen, die mit der täglichen Schulpraxis de facto nichts zu tun haben. Es kann dies unserer Einschätzung nach nicht der Anlass sein, die Neuregelung in grundlegenden Teilen - nach den angekündigten Gesprächen - wieder rückgängig zu machen. Hierfür sehen wir keinen Grund.

Wir dürfen Sie auch darauf hinweisen, dass die Neuregelung in den Schulen aller Bundesländer nicht nur nach unseren Informationen sachgerecht, unproblematisch und sicher angewandt wird. Wir haben weder von Lehrerinnen und Lehrern noch von Schülern fundamentale oder auf Einzelregelungen bezogene grundsätzliche Kritik übermittelt bekommen - seit Jahren wird die Neuregelung offensichtlich erfolgreich in den Schulen angewandt. Dies bedeutet auch, dass unsere Mitgliedsverlage erheblich dazu beitragen konnten, die Neuregelung methodisch und didaktisch umzusetzen. Die Aussicht darauf, das [sic] zum 1. August 2005 - oder womöglich noch später - eine wesentlich veränderte Rechtschreibung in Kraft treten könnte, würde die Schulen erheblich belasten und in ihnen Unruhe stiften - ein Zustand, den man weder den Schulen noch den mit der Umsetzung betroffenen Verlagen zweimal in sechs Jahren zumuten kann.

Es ist ferner festzustellen, dass derzeit in mehreren Bundesländern erhebliche Lehrplanrevisionen stattfinden oder fast abgeschlossen sind. Ich nenne hier Baden-Württemberg, wo die neuen Bildungspläne fertig sind und in kurzer Zeit in Kraft treten. In Bayern, Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen werden ebenfalls zum 1.8.2004 neue Kernlehrpläne oder vergleichbare Richtlinien eingeführt oder sind bereits in nennenwertem Umfang wirksam geworden. Die Schulen sind darauf bereits eingestellt und vorbereitet worden, die Verlage haben darauf mit einer neuen Schulbuchproduktion reagiert, die in wesentlichen Teilen vorliegt und genehmigt wurde oder gerade wird. Folglich ist es nicht möglich, zusätzliche, ggf. gravierende Veränderungen, die noch durch nachträgliche Gespräche vereinbart würden, "in dieser Zeitspanne" (gemeint ist wohl: bis zum 1. August 2005) noch einzufügen und umzusetzen. Dies würde bedeuten, dass die Schulbuchverlage ihre gerade in mehreren Bundesländern auf den Markt gebrachten Lehrwerke wieder überarbeiten müssten - der finanzielle Auwand hierfür kann von dieser Branche nicht noch einmal aufgebracht werden, nachdem diese bereits Mitte der neunziger Jahre erheblich in die Umsetzung der Rechtschreibreform investieren musste, ohne dass die Schulbuchetats der Länder und Kommunen entsprechend angepasst wurden.

Aus den vorgetragenen Gründen bitten wir Sie dringend, der Anregung der Amtschefkommission zu folgen und die Neuregelung der Rechtschreibung ausschließlich mit den Änderungen des 4. Zwischenberichtes zum 1. August 2005 gültig werden zu lassen.

Wir erlauben uns, dieses Schreiben auch allen anderen Kultusministerinnen und -ministern sowie den zuständigen Senatoren zuzustellen.

Mit freundlichen Grüßen
VdS Bildungsmedien e.V.
(Unterschrift)
Andreas Baer


__________________
Th. Ickler


eingetragen von margel am 16.09.2004 um 16.17

Die Schulbuchverleger, die den Kultusministern und ihren Kapriolen völlig schutzlos ausgeliefert sind, reklamieren natürlich Gegenleistungen, das ist legitim. Ob die Politiker ihnen auch den Gefallen tun werden, über dem Thema Rechtschreibreform endlich Friedhofsruhe einkehren zu lassen, ist dennoch fraglich. Das ist schon ein dicker Hund, diese unerbetenen Ratschläge. Wenn da mal nicht die Rechnung ohne den Wirt gemacht, sprich die notorische Empfindlichkeit der Oberen in Machtfragen zu wenig beachtet wurde.- Die schönste Blüte in diesem auch sprachlich sumpfigen Gelände: "Elternkauf"!


eingetragen von Klaus Eicheler am 16.09.2004 um 16.12

Mir fällt bei diesem Brief auf: An keiner Stelle wird auch nur die Spur eines Arguments erwähnt, welchen Vorteil die Rechtschreibreform bringen soll – das wäre ja wohl die einzige Basis, mit der sich die Beibehaltung der Reform begründen ließe.

Es ist ein für mich abscheuliches Gewinsel um die Erhaltung der eigenen Vorurteile bei gleichzeitigem Herunterspielen der Nachteile der Reform.
__________________
Klaus Eicheler


eingetragen von Theodor Ickler am 16.09.2004 um 15.25

Man beachte die eigentümliche Logik der Schulbuchverleger:

Bisher hat also das Nebeneinander von Büchern in alter (auch außerhalb der Schule noch überall gegenwärtiger) und neuer Rechtschreibung nicht zu einem Rechtschreibchaos geführt. Sollte sich jedoch der Anteil der Bücher in alter Rechtschreibung durch Rücknahme der Reform allmählich wieder erhöhen, so sieht der VdS ein Rechtschreibchaos heraufziehen!

Dazu ein Auszug aus einem Brief des Vorsitzenden des VdS Bildungsmedien e.V., Gerd-Dietrich Schmidt (Juni 2004):

"Durch eine jüngste Untersuchung im Auftrag der KMK wurde festgestellt, dass durch die Ausleihverfahren Lehrwerke und vergleichbare Unterrichtsmaterialien im Durchschnitt 9 Jahre lang an die Schülerinnen und Schüler ausgeliehen werden; das bedeutet, dass ein erheblicher Teil der Bestände noch die "alte" Rechtschreibung enthält, die "D-Mark" noch verzeichnet und darüber hinaus nicht mehr richtlinienkonform ist. Das Land Niedersachsen hat sich gerade dafür entschieden, seine hoffnungslos veralteten Bestände auf unbestimmte Zeit weiter auszuleihen und zu vermieten.
Wie sehen in der Tat kein "Rechtschreibchaos" in den Schulen und befürchten dies auch nicht für die Zukunft."

__________________
Th. Ickler


eingetragen von Theodor Ickler am 16.09.2004 um 13.23

Den folgenden Brief erhielten alle Ministerpräsidenten. Die meisten sollen umgehend ihre Unterstützung zugesagt haben und werden im Oktober entsprechend entscheiden - für die Schulbuchverleger, gegen die Sprache und gegen die Schüler und die Bevölkerungsmehrheit.



VdS Bildungsmedien e. V.
vormals Verband der Schulbuchverlage e. V.



An den Ministerpräsidenten des Landes ...



Frankfurt am Main, den 16. Juli 2004
Ba/hs 164/04


Neuregelung der deutschen Rechtschreibung


Sehr geehrter Herr Ministerpräsident,

Medienberichten zufolge soll sich die Ministerpräsidentenkonferenz im Oktober mit der Neuregelung der deutschen Rechtschreibung befassen, nachdem die Ständige Konferenz der Kultusminister im Juni dieses Jahres die bereits seit einem Jahrzehnt bekannte Reform unter Hinweis auf den vierten Bericht der Zwischenstaatlichen Kommission für Rechtschreibung bestätigte, so dass die Neuregelung nunmehr zum 1. August 2005 insbesondere für die Schulen amtlich werden kann. Einige Ministerpräsidenten kritisierten in diesem Kontext in den Medien auch, die Reform sei gescheitert, sie führe zu einer Beliebigkeit der Schreibung, behindere Bildungschancen und müsse folglich durch Entscheidung der Ministerpräsidentenkonferenz zurückgenommen werden.

Die Bildungsverlage - allesamt Mitglieder unseres Verbandes - sind ebenso wie Lehrerinnen, Lehrer, Schülerinnen und Schüler unmittelbar Betroffene der Neuregelung; sie setzen die Reform in Schulbüchern, Lehrwerken für die berufliche Bildung, Wörterbüchern und vielen anderen Unterrichtsmaterialien seit 1996 um und leisten damit einen zentralen Beitrag zur Vermittlung der Neuregelung in allen allgemein bildenden und beruflichen Schulen. In dieser Situation erlauben wir uns, auf die geäußerte Kritik einzugehen und ebenso wesentliche Erkenntnisse im Kontext der Umstellung auf die neue Orthographie da[r]zulegen:

Die in Mainz von der Kultusministerkonferenz verabschiedete Reform ist seit vielen Jahren in der Öffentlichkeit wie von Experten erörtert worden; an dieser Debatte haben sich - z.B. im Beirat der Zwischenstaatlichen Kommission - entgegen landläufiger veröffentlichter Meinungen auch die Schriftstellerorganisationen, die Lehrer- und Elternverbände, die Nachrichtenagenturen wie Journalisten u.a.m. beteiligt. Diese Gruppen haben in dem Beirat keine grundsätzlichen Bedenken gegen die Neuregelung der Rechtschreibung geäußert, sie haben im Gegenteil am 4. Bericht der Kommission mitgewirkt und tragen die darin beschriebenen Modifikationen der Reform mit.

Die Umsetzung der Reform erfolgt in den Schulen bereits seit 1996, ohne dass es jemals zu einem "Rechtschreibchaos" gekommen ist oder dass dieses zu befürchten wäre. Die Kontakte unseres Verbandes und unserer Mitglieder zu den Lehrerinnen und Lehrer[n] - und dies sind einige Tausend im Jahr - haben weder eine Protestwelle noch eine generelle Unzufriedenheit mit den neuen Regeln erkennen lassen, sondern eher eine sachliche Akzeptanz der Reform. Ebenso wenig wurde von den Lehrer- und Elternorganisationen - deren Mitglieder das neue Regelwerk nun "hautnah" erfahren - oder von den Schulverwaltungen in den letzten Jahren über Unverträglichkeiten oder wesentlichen [sic] Problemen bei der Anwendung der neuen Schreibweisen berichtet. Insgesamt lässt sich heute das Fazit ziehen, dass die Reform in den Schulen "angekommen" ist, dort selbstverständlich unterrichtet und praktiziert wird.

Wir halten aus diesen wie auch aus weiteren Gründen eine Rückkehr zu einer alten Rechtschreibung - welche Form der Rechtschreibung hiermit gemeint ist, bleibt unklar - für nicht sinnvoll und für nicht realisierbar. Zum einen würde eine derartige Entscheidung die Schulen und den Unterricht gravierend belasten.

Zum anderen würde die Rücknahme der Reform für die Schulbuchverlage Kosten in Millionenhöhe bedeuten: So müssten in kürzester Zeit rund 60 Millionen Euro für die erneute Umstellung der Lehrwerke und Unterrichtsmaterialien zusätzlich investiert werden; mit den Makulierungen der dann unverkäuflich gewordenen Lagerbestände würden sich die Gesamtkosten auf gut 250 Millionen Euro belaufen - ohne dass damit alle lieferbaren Titel wieder umgestellt wären und ohne dass die Verlage diesen massiven Zusatzaufwand amortisieren könnten. Dadurch würden die Schulbuchverlage in ihrer Existenz bedroht.

Zum anderen würden die erheblichen Investitionen, die Länder und Bund bei der Einführung der Neuregelung erbrachten, schlagartig vernichtet. Wir weisen darauf hin, dass seit 1996 von der öffentlichen Hand Schulbücher mit neuer Rechtschreibung im Wert von ca. 2 Mrd. EUR angeschafft wurden. Ob der Verlängerung der Ausleihzeiten auf im Bundesdurchschnitt ca. 9 Jahre (dies stellte der 1. Nationale Bildungsbericht der Kultusministerkonferenz 2003 fest) wird [werden] mindestens zwei Drittel dieser Bücher noch aktuell in den Schulen genutzt. Durch einen Beschluss der Rückkehr zur alten Rechtschreibung würden also Lernmittel im Wert von ca. 1,4 Mrd. EUR pädagogisch wertlos bzw. stark entwertet.

Eine "kostenneutrale" Umstellung auf die "alte" Rechtschreibung, dass also Bücher in "alter" und "neuer" Rechtschreibung nebeneinander im Unterricht existieren können, ist heute genauso wenig möglich wie in den 90ger [sic] Jahren: So muss eine Umstellung der Lernmittel in den "rechtschreibsensiblen" Fächern erfolgen, sonst würde wirklich ein "Rechtschreibchaos" in den Schülern entstehen. Hierzu zählen in jedem Fall alle Titel für die Grundschule, wo das Schreibenlernen zentraler Lerninhalt ist, und in den weiterführenden Schulen zumindest jene für das Fach Deutsch. Diese "rechtschreibsensiblen" Lernmittel machen ca. ein Viertel des gesamten Lernmittelbestandes aus: Es wären also sofort Lernmittel im Wert von ca. 350 Mio. EUR zu erneuern. Die öffentlichen Schulbuchausgaben lagen 2003 aber - nach einer zehnjährigen Kürzungsstrecke - bei bundesweit nur noch 250 Mio. EUR. Selbst wenn die Schulen nur noch Lernmittel für die rechtschreibsensiblen Fächer kaufen würden, könnten sie eine Erneuerung mit den vorhandenen Geldern nicht erreichen. Angesichts der Finanzlage der Kommunen, die meistens für die Lernmittelfinanzierung zuständig sind, ist mit einer drastischen Aufstockung des Etats - notwendig wäre mehr als eine Verdopplung - in keinem Fall zu rechnen. Wenn die Ministerpräsidentenkonferenz eine Rückkehr zur "alten" Rechtschreibung beschließen sollte, müsste sie gleichzeitig auch ein Finanzierungsmodell vorlegen. Alles andere wäre unseriös.

Hinzu kommt, dass in einer ganzen Reihe von Bundesländern die Lernmittelfreiheit erheblich eingeschränkt oder - wie in Niedersachsen - sogar aufgehoben wurde. In vielen Bundesländern, in denen es bislang noch keine Elternbeteiligung an der Lernmittelbeschaffung gibt, befindet sich die politische Willensbildung zur Einführung gerade im Entscheidungsprozess (z.B. in Hamburg, Bayern, Baden-Württemberg). Die Eltern haben bereits 2003 bundesweit Lernmittel im Wert von ca. 200 Mio. EUR gekauft. Wegen der anstehenden politischen Entscheidungen wird der Elternkauf bereits ab 2005 weiter drastisch ansteigen. Durch einen Rückkehrbeschluss zur "alten" Rechtschreibung würden auch diese Lernmittel von heute auf morgen entwertet. Die Bücher können dann nicht mehr an Geschwister weiter gegeben oder auf Schulbuchflohmärkten verkauft werden. Die erhebliche Zeche für das politische Hin und Her in Sachen Rechtschreibung würden so auch die Eltern zahlen müssen - und zwar genau diejenigen Eltern, die mit eigenem Geld Bildungsengagement zeigen. Dies wäre politisch und sachlich kaum zu vermitteln.

Ferner kann nicht davon ausgegangen werden, dass Österreich und die Schweiz einem "einsamen" Rückkehrbeschluss einfach folgen würden - allein wegen der auch dort sehr hohen Folgekosten für Schulen und Verwaltungen. Dies könnte dazu führen, dass in den deutschsprachigen Ländern unterschiedliche Orthographien vorherrschen würden - ein nicht begründbarer und ebenso wenig darstellbarer Zustand.

Wesentlich ist zudem, dass für alle unmittelbar Betroffenen - also die Schulen, die Schüler wie die Bildungsverlage - eine anhaltende Rechts- und Planungssicherheit gewährt wird. Die Vorstellung, die Schulen könnten permanente, grundlegende Änderungen ebenso laufend und problemlos umsetzen[,] ist ebenso unzutreffend wie die Annahme, die Schulbuchverlage könnten ihre Programme ständig komplett umarbeiten.

Abschließend sei darauf hingewiesen, dass nach unserer Überzeugung ein Ende der Debatte um die Rechtschreibung angebracht ist: Die Schulen haben aktuell wie künftig wesentlich wichtigere und tatsächlich problematische Aufgaben zu lösen, die sich aus den laufenden inhaltlichen und strukturellen Bildungsreformen in den Ländern ergeben. Die Umsetzung der neuen Kernlehrpläne, die Reorganisation des Unterrichts mit dem Blick auf die neuen Bildungsstandards, die neuen Formen der Schulentwicklung und Qualitätskontrolle, die Neuordnung der Lehreraus- und -fortbildung, um nur einige Beispiele zu nennen, sind die elementaren Aufgaben, die jetzt konzentriert angegangen werden müssen, um die nachgewiesenen eklatanten Defizite in den Bildungssystemen zu beheben. Diese grundlegenden und umfassenden Veränderungen im Bildungswesen erfordern die ungeteilte und volle Aufmerksamkeit sowie das Engagement der Politik, sowohl der Kultusminister als auch der Ministerpräsidenten, der Schulverwaltungen, der Lehrerinnen und Lehrer und der Bildungsmedien- und Schulbuchverlage. Hierauf sollten alle Kräfte konzentriert werden.

Mit freundlichen Grüßen
VdS Bildungsmedien e.V.

(Unterschrift)
Andreas Baer
__________________
Th. Ickler


eingetragen von Klaus Eicheler am 14.09.2004 um 16.03

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Elke Philburn
Das klingt nach Gehirnwäsche – die ich in der Tat für gefährlich halten würde.
„Wer einem Mächtigeren zu widersprechen wagt, ist niemals gefährlich. Gefährlich ist nur derjenige, der zu feige ist zu widersprechen.“ – Napoleon I.


__________________
Klaus Eicheler


eingetragen von Elke Philburn am 13.09.2004 um 13.54

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Karin Pfeiffer-Stolz

„Hiermit ersuche ich Sie, mir in Zukunft Ihre Prospekte nicht mehr zu senden, Ihre sehr konservative Ausrichtung halte ich nicht nur für wirklichkeitsfremd – sondern auch für gefährlich.


Das klingt nach Gehirnwäsche - die ich in der Tat für gefährlich halten würde.
__________________
http://www.vrs-ev.de/


eingetragen von Klaus Eicheler am 12.09.2004 um 16.54

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Karin Pfeiffer-Stolz
Ute S. (seit 33 Jahren und immer noch mit Begeisterung Grundschullehrerin)
2004 – 33 = 1971 => Studium 1968 bis 1971 => Macht-kaputt-was-Euch-kaputtmacht kaputtmachen ist konterrevolutionär.
__________________
Klaus Eicheler


eingetragen von Karin Pfeiffer-Stolz am 12.09.2004 um 16.33

Als Reaktion auf unsere sachkritischen Kommentare und den „Warburger Appell“ im Katalog 2004/05 schrieb uns eine Grundschullehrerin aus Hannover:

„Hiermit ersuche ich Sie, mir in Zukunft Ihre Prospekte nicht mehr zu senden, Ihre sehr konservative Ausrichtung halte ich nicht nur für wirklichkeitsfremd – sondern auch für gefährlich.
Ich werde Ihren Verlag nicht weiter durch Bestellungen unterstützen.
Hochachtungsvoll
Ute S.

(seit 33 Jahren und immer noch mit Begeisterung Grundschullehrerin)
__________________
Karin Pfeiffer-Stolz


eingetragen von Detlef Lindenthal am 12.08.2004 um 20.32

Radio Prag:
>>Im Prager Vitalis-Verlag bleibt alles beim Alten
In Deutschland - und mittlerweile auch in Österreich - gibt es zurzeit lebhafte Diskussionen über die Rechtschreibreform. Nachdem große Medien sich entschieden haben, zu den alten Regeln zurückzukehren, ist ein Streit über Sinn und Unsinn der neuen deutschen Rechtschreibung ausgebrochen, der immer weitere Kreise zieht. Auf den in Prag ansässigen, mehrheitlich deutschsprachigen Vitalis-Verlag haben die Spekulationen um eine etwaige Rücknahme der Reform vorerst keine Auswirkungen. Denn: Der Verlag hat die neue Rechtschreibung gar nicht erst eingeführt.<<
http://www.radio.cz/de/artikel/57006


eingetragen von Karin Pfeiffer-Stolz am 06.08.2004 um 08.28

Brief an den DUDEN Verlag, 6. August 2004

Sehr geehrter Herr Wermke,
am 29.7.04 konnte man in einer Pressemeldung Ihres Hauses die interessante Mitteilung lesen, daß „neue Untersuchungen aus Österreich“ belegten, „dass weniger Fehler gemacht werden.“
Welche Untersuchung ist das? Wer hat sie durchgeführt? An wen kann man sich wenden, um Näheres zu erfahren?

Aus der Meldung geht auch hervor, daß bei der Duden-Sprachberatung am häufigsten nach dem Ersatz von ß und ss gefragt werde. Das muß erstaunen. Ist doch gerade die neue s-Regel das einzig wirklich Logische an der Rechtschreibreform! Deshalb Frage Nummer 2: Ist dies vielleicht ein Irrtum, oder stimmt es, daß die meisten Fragen sich auf die s-Schreibung beziehen?

Für Ihre Antwort bedanke ich mich im voraus!

Karin Pfeiffer-Stolz
-Autorin-

__________________
Karin Pfeiffer-Stolz


eingetragen von Karin Pfeiffer-Stolz am 06.08.2004 um 08.27

Sehr geehrter Herr Reich Ranicki,
mit pathetischen Worten leiten Sie Ihren Beitrag zur mißglückten Rechtschreibreform ein. (Der SPIEGEL, 2. August 2004) Sie bekennen sich „schuldig“, sie nur als Beinahekatastrophe bezeichnet zu haben. Das klingt gut. Wahrscheinlich haben viele Menschen die Dynamik und Zerstörungskraft dieser „Jahrhundertreform“ unterschätzt. Da ging es Ihnen nicht anders als mir persönlich. Die Beibehaltung des jetzigen Zustands ist wirklich undenkbar.
Doch, eine Frage sei gestattet:
Weshalb schreiben Sie im selben Atemzug der Ablehnung: „Aber zur Rückkehr zur alten Rechtschreibung ist es schon zu spät.“ ? Wünschen Sie ein Karussell der Reform der Reform der Reform? Wünschen Sie sich wirklich, ein „Rat für Rechtschreibung“ möge sich nach bester planwirtschaftlicher Manier um unsere, um meine, um Ihre Sprache kümmern?
Und sind Sie wirklich damit einverstanden, daß der kulturelle und literarische Bruch zwischen uns und unseren Kindern endgültig besiegelt werden soll?

Über Ihre Antwort würde ich mich freuen und verbleibe bis dahin
mit freundlichen Grüßen

Karin Pfeiffer-Stolz
-Autorin-
__________________
Karin Pfeiffer-Stolz


eingetragen von Karin Pfeiffer-Stolz am 06.08.2004 um 05.31

Brief an den Verleger Jürgen Horbach, Deutsche Verlags-Anstalt (DVA)

Sehr geehrter Herr Horbach,
für Ihre öffentliche Stellungnahme zur Rechtschreibreform möchte ich Ihnen persönlich danken. Es ist uns sowohl ein privates wie auch ein geschäftliches Anliegen, daß wir (als Verleger von Lernhilfen) bald wieder eine funktionierende Schriftsprache benutzen und verbreiten dürfen. Der Streit um die Reform hat nicht nur die politischen, sondern auch die geistigen Fronten geklärt.

Vor kurzem las ich Beiträge von Jens Jessen in der ZEIT. Diese waren nicht nur inhaltlich, sondern auch stilistisch von einem Niveau, das man bei einem Mann seiner gesellschaftlichen und beruflichen Stellung nicht erwartet. Seinem Lebenslauf entnahm ich, daß er auch für DVA/Manesse tätig ist. Das stimmt mich doch sehr nachdenklich. Ich möchte nach der Lektüre der Jessen-Beiträge zur Rechtschreibreform allerdings kein Buch lesen müssen, das durch die Finger dieses Möchtegernintellektuellen gegangen ist. Tut mir leid, wenn ich deutlich werde. Die Beiträge von Jens Jessen waren nicht nur überflüssig, sondern schlicht empörend. Mit dieser Meinung stehe ich nicht allein da.

Mit freundlichen Grüßen
Karin Pfeiffer-Stolz

__________________
Karin Pfeiffer-Stolz


Alle angegebenen Zeiten sind MEZ   

Rechtschreibung.com – Nachrichten zur Rechtschreibfrage