![]()
Forum (http://Rechtschreibung.com/Forum/index.php)
- Zeitungen, Rundfunk, Fernsehen (http://Rechtschreibung.com/Forum/forumdisplay.php?forumid=56)
-- Handelsblatt (http://Rechtschreibung.com/Forum/showthread.php?threadid=994)
eingetragen von Norbert Lindenthal am 02.08.2006 um 04.21
HANDELSBLATT, Dienstag, 1. August 2006, 14:45 Uhr
Sprache
„Internet-Denkmal“ für Urheber der Rechtschreibreform
Bissige Rechtschreib-Kritik auf der Seite http://www.deutsche-sprachwelt.de/denkmal.shtml
dpa ERLANGEN. Die reformkritische Zeitschrift „Deutsche Sprachwelt“ hat am Dienstag ein „Internet-Denkmal“ für die Urheber der Rechtschreibreform eingerichtet.
Zum 10. Geburtstag der Reform und der Einführung der neuen Fassung zum 1. August würdigte Chefredakteur Thomas Paulwitz die „historischen Leistungen der Reformer“ mit den Worten: „Möge ihr Werk nie vergessen werden und kommenden Generationen zur Mahnung gereichen.“
Bei dem Mahnmal handele es sich nicht um den „Grabstein der deutschen Rechtschreibung“, betonte Paulwitz am Dienstag: „Die deutsche Sprache wird sich von der Reform erholen. Schon jetzt bröckelt das Werk an allen Ecken und Enden. Wir werden schrittweise eine weitere Rückkehr zu den bewährten Schreibweisen erleben.“
Auf der „Ehrentafel“, die laufend ergänzt werden soll, präsentiert die in Erlangen erscheinende Zeitschrift charakteristische Zitate der Hauptverantwortlichen der Reform. Der Vorsitzende der Rechtschreibkommission, Gerhard Augst, wird mit dem Satz zitiert: „Die neuen Schreibungen und Regeln lösen gerade bei manchen Schreibkönnern Unbehagen und emotionale Abwehr aus.“
Den Vorsitzenden des Ende 2004 eingerichteten Rechtschreibrates, Hans Zehetmair, konfrontiert Paulwitz mit der Frage, ob er sein Engagement für die Rechtschreibreform bereue: Er habe sich „aus Fürsorge um die deutsche Sprache geopfert“, antwortete der frühere bayerische Wissenschaftsminister in der Tageszeitung „Die Welt“ (28. Juli).
eingetragen von Detlef Lindenthal am 01.08.2005 um 18.30
>>Wirtschaft ignoriert Rechtschreibstreit
Von S. Fuchs und H.-P. Siebenhaar, Handelsblatt
Der Streit um die neue Rechtschreibung lässt die Wirtschaft kalt. Nach der langen Übergangszeit von neun Jahren haben Software-Anbieter und Verlage die neuen Regeln in ihre Produkte übernommen. Trotz des Alleingangs von Bayern und Nordrhein-Westfalen beabsichtigen sie nicht, diese Änderungen wieder rückgängig zu machen
DÜSSELDORF. Ab dem 1. August gelten in Deutschland unterschiedliche Rechtschreibregeln. Bayern und Nordrhein-Westfalen setzen die Reform am heutigen Montag nicht in Kraft. Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) und sein Düsseldorfer Amtskollege Jürgen Rüttgers (CDU) wollen abwarten, bis der Rat für deutsche Rechtschreibung seine Empfehlungen für Korrekturen an der neuen Rechtschreibung verabschiedet hat. Alle anderen Bundesländer führen die neuen Regeln verbindlich ein. Auch staatliche Verwaltungen müssen sich dann nach den 1996 beschlossenen Änderungen richten.
„Die neuen Rechtschreibregeln haben wir schon 1999 in unsere Office-Software integriert“, heißt es beim Softwarekonzern Microsoft in München. Der Aufwand, die deutsche Version des Programms und ihre Rechtschreibkontrollfunktion nun noch einmal umzustricken, sei zwar nicht bezifferbar, aber „viel zu groß“.
Auch Lernsoftware-Hersteller wie Cornelsen und der Duden Verlag richten sich mit ihren Angeboten nach den neuen Regeln zur Wörtertrennung, der Abfolge von Konsonanten und der neuen Zeichensetzung: „Es ist klar, dass wir den amtlichen Vorgaben folgen“, sagt eine Cornelsen-Sprecherin.
Schon bei einer Handelsblatt-Umfrage im vergangenen Herbst hatten 71 Prozent der 1 500 größten deutschen Unternehmen eine Rücknahme der Rechtschreibreform abgelehnt. Mehr als zwei Drittel der Firmen richteten sich schon vor einem guten halben Jahr im betrieblichen Alltag nach den neuen Regeln.
Privat lehnt laut der jüngsten Allensbach-Umfrage aber noch immer die Mehrheit der Bundesbürger die neuen Regeln ab. 51 Prozent der Bevölkerung sehen auch jetzt, zum offiziellen Start der Reform, keinen Grund, sich auf die neuen Schreibregeln einzustellen, teilte das Institut in der vergangenen Woche mit.
Die Kunden seien verunsichert, berichten Schulbuchverlage und Softwarehersteller: „Das Ausscheren von Bayern und Nordrhein-Westfalen ist ungewöhnlich und nicht nachvollziehbar“, sagt Andreas Baer, Geschäftsführer des Verbandes der Schulbuchverlage Bildungsmedien, ärgerlich. „Es herrscht ein Klima der Aufregung, die Lehrer sind verunsichert.“
„Auch die Eltern in Nordrhein-Westfalen wissen nicht, was sie für Lernsoftware-Programme im Fach Deutsch kaufen sollen“, sagt Matthias Teschner, Marketingleiter beim Cornelsen Verlag. Zwischen zehn und 20 Prozent weniger als üblich setze das Unternehmen derzeit mit derartigen Produkten um. Bei den Schulen ist das Bestellverhalten seiner Beobachtung nach dagegen normal. „Die Lehrer unterrichten die neuen Regeln einfach.“
Die Uneinigkeit der Bundesländer kommt für die Schulbuchverlage dennoch zu einer ungünstigen Zeit. Angesichts sinkender Bildungsetats in Deutschland werden seit Jahren die Ausgaben für Lehrmittel gekürzt. „Wir haben einen Rückgang der öffentlichen Ausgaben um über 40 Prozent seit 1991“, sagt Schulbuch-Verbandschef Baer. Die Branche setzt in Deutschland nach Verbandsangaben rund 500 Mill. Euro um. Allerdings stagniert das Geschäft seit Jahren.
Die Hersteller von Unternehmenssoftware werden von der deutschen Rechtschreibreform dagegen nicht berührt: „Die Dokumentensprache von Software ist Englisch. Eine englische Rechtschreibreform wäre in der Tat eine Katastrophe, vor allem wenn sie so wie in Deutschland durchgeführt würde“, sagt Heinz-Paul Bonn, Vizepräsident des IT- und Telekomverbandes Bitkom.
HANDELSBLATT, Montag, 01. August 2005, 09:57 Uhr<<
http://www.handelsblatt.com/pshb?fn=tt&sfn=go&id=1079719
__________________________
Welch Heuchelei; 1998 die Chaosschreibung in Wörd usw. einzuführen, dieser Aufwand war nicht „viel zu groß“?
„Die neuen Rechtschreibregeln haben wir schon 1999 in unsere Office-Software integriert“, heißt es beim Softwarekonzern Microsoft in München. Der Aufwand, die deutsche Version des Programms und ihre Rechtschreibkontrollfunktion nun noch einmal umzustricken, sei zwar nicht bezifferbar, aber „viel zu groß“.
__________________
Detlef Lindenthal
eingetragen von Norbert Lindenthal am 27.09.2004 um 06.07
27. September 2004, 07:32 Uhr
Niedersachsen will Sonderregeln nicht akzeptieren
Tarifprivilegien der KMK in der Kritik
Von Dietrich Creutzburg, Handelsblatt
Ein kleiner Zusatz zu einem neuen Altersteilzeit-Tarifvertrag für die Beschäftigten des Landes Berlin brachte das Fass zum Überlaufen: „Die Angestellten der Kultusministerkonferenz (KMK) . . . werden wegen ihrer Bundesnähe nach Bundestarifrecht vergütet“, heißt es in einer schon Ende August verbreiteten Mitteilung von Berlins Innensenator Erhart Körting (SPD).
BERLIN. Im Klartext: Während Länder-Bedienstete allerorten harte Einschnitte bei Arbeitszeit und Weihnachtsgeld hinnehmen müssen, bleiben die rund 170 Mitarbeiter der KMK-Geschäftsstelle verschont. Für sie soll ebenso wie für Bundesbedienstete weiterhin die seit Jahren übliche 38,5-Stunden-Woche gelten. Diese Sonderbehandlung will Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) nicht akzeptieren – ebenso wenig wie den Hinweis auf die „Bundesnähe“ der Konferenz, deren Aufgabe eigentlich die Koordinierung von Länderaufgaben ist.
Bemerkenswert scheint nicht nur die Tarifregelung selbst zu sein, sondern auch der Weg, auf dem sie zu Stande kam. Wie verhandlungsnahe Kreise berichten, enthält der im August zwischen Berlin und der Gewerkschaft Verdi geschlossene Tarifvertrag einen Hinweis, der auch auf der Konferenz der Länderfinanzminister an diesem Donnerstag noch für Zündstoff sorgen dürfte: Eine Stellungnahme der Länderfinanzminister, so zitieren Insider aus dem Vertrag, habe wegen der besonderen Eile der Angelegenheit nicht abgewartet werden können.
Die Mehrkosten für das KMK-Personal sollen sich auf zirka eine Million Euro oder rund zwei Prozent des KMK-Budgets belaufen. Pikant auch: Nach einer Mitteilung der beim Beamtenbund angesiedelten Gewerkschaft Kommunaler Landesdienst (GKL) Berlin sollen von der günstigen Bundesregelung nicht allein die Mitarbeiter der KMK profitieren, sondern auch jene der „sonstigen beim Bundesrat geführten Geschäftsstellen der Fachministerkonferenzen der Länder“ – inklusive der Finanzministerkonferenz selbst.
Dass Niedersachsens Regierungschef Wulff bei dem Thema besonders sensibel ist, kommt nicht von ungefähr. Sein Finanzminister Hartmut Möllring (CDU) ist Vorsitzender der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL), die die Arbeitgeberinteressen der Länder koordiniert. Die TdL liegt derzeit mit allen anderen Tarifpartnern im öffentlichen Dienst über Kreuz, weil sie eigene Wege geht: Sie hatte im Frühjahr einseitig die tariflichen Arbeitszeitregelungen für insgesamt rund 800 000 Arbeiter und Angestellte der Länder gekündigt.
Dieser Schritt ebnete den Weg, um auf Landesebene bereits kurzfristig die Wochenarbeitszeiten für Arbeitnehmer kräftig anzuheben. In Bayern etwa müssen neu eingestellte Arbeitnehmer seither 42 Stunden arbeiten, in NRW 41 Stunden. Dagegen hatten sich die Arbeitgebervertreter der Kommunen und des Bundes entschieden, zunächst weiter mit den Gewerkschaften über eine grundlegende Strukturreform des Tarifrechts im öffentlichen Dienst zu verhandeln. Die Tarifregelung für Mitarbeiter der KMK und anderer Fachkonferenzen droht daher indirekt die gesamte tarifpolitische Strategie der Länder zu verwässern.
HANDELSBLATT, Montag, 27. September 2004, 07:32 Uhr
eingetragen von Ruth Salber-Buchmüller am 18.09.2004 um 09.00
Hinweis:
Eine Beteiligung aus dieser
Runde im FAZ-Forum wäre nicht
schlecht.
__________________
Ruth Salber-Buchmueller
eingetragen von Dominik Schumacher am 16.09.2004 um 09.35
HANDELSBLATT, Donnerstag, 16. September 2004, 08:26 Uhr
UNTERNEHMEN IT + MEDIEN
Änderung der Regeln würde hohe Kosten bei den Anbietern von Firmen- und Schul-Software verursachen
IT-Firmen hadern mit Rechtschreibung
Von Jens Koenen
Die Software-Hersteller sehen das Hin und Her um die deutschen Rechtschreibregeln mit wachsendem Unbehagen. Sie fürchten, dass bei einer erneuten Änderung der Vorgaben viel Arbeit und erhebliche Kosten auf sie zu kommen.
FRANKFURT/M. „Sollten die Regeln geändert werden oder es eine Rückkehr zu den alten Vorschriften geben, wäre das ein großer Aufwand für uns“, sagte ein Sprecher des weltweit größten Software-Konzerns Microsoft, und ergänzte: „Wenn es einen entsprechenden Beschluss der Kultusminister-Konferenz geben sollte, würden wir diesen natürlich umsetzen. Aber im Moment warten wir erst einmal ab.“
Auch die deutsche SAP AG – der weltweite Marktführer für Firmensoftware – verfolgt den aktuellen Streit mit großer Skepsis. In der Firmenzentrale dominiert zur Zeit die Meinung, ungeachtet der aktuellen Diskussion bei der neuen Schreibweise zu bleiben. „Wir sehen derzeit keine Veranlassung, etwas zu ändern“, sagte ein Sprecher von SAP.
Von einer erneuten Änderung der Schreibregeln wären aber nicht nur die großen Software–Hersteller betroffen, auch die zahlreichen Anbieter von Lernsoftware müssten reagieren. Firmen wie KHS-web.de in München oder der Schulbuchverlag Cornelsen haben hunderte CDs auf Lager – alle in den aktuell gültigen Schreibvarianten. „Wir haben viele Titel, die unsere Schulbücher ergänzen und dazu passen. Als Schulbuchverlag sind wir verpflichtet, den Vorgaben der Kultusminister zu folgen“, machte eine Sprecherin des Cornselsen-Verlags deutlich.
Eigentlich hatte die Kultusministerkonferenz beschlossen, dass vom 1. August 2005 an in allen Schulen grundsätzlich die neue Rechtschreibung angewendet werden muss. Nun fordern einige unionsregierte Länder, die Reform zu kippen und die alten Regeln wieder in Kraft zu setzen. Die Diskussion wurde angeheizt, als Anfang August die Verlagsriesen Axel Springer (Bild, Welt) und Spiegel zur alten Rechtschreibung zurückkehrten. Nun wollen die Kultusminister im Oktober über das weitere Vorgehen entscheiden.
Die Softwarefirmen werden die Entscheidung mit Argusaugen verfolgen. Schließlich müssten bei einer Rückkehr zum alten Regelwerk viele Programmbestandteile geändert werden. Dabei ist die Rechtschreibhilfe etwa in der weit verbreiteten Textverarbeitung von Microsoft noch das kleinste Problem. „Man kann schon heute zwischen alter und neuer Rechtschreibung wählen“, sagte ein Sprecher. Aber sämtliche Menues, Hilfen, Buttons, Erklärungen oder Glossare müssten angepasst werden. Damit nicht genug: Es könnte sogar in einzelnen Fällen zu Problemen bei der Zusammenarbeit von Computerprogrammen kommen, wenn diese mit unterschiedlicher Schreibweise arbeiten.
Auch bei SAP würde die Änderung der Schreibweise eines Wortes eine Kettenreaktion auslösen. Dann nämlich werden automatisch die Übersetzungsteams in aller Welt aktiviert und ändern sämtliche Masken und Glossare – in der Annahme, es handelt sich um eine inhaltliche Änderung. Auf diesem Wege hat SAP 1999 die damals neuen Regeln umgesetzt – ein Aufwand, den die Walldorfer nur ungern wiederholen möchten.
HANDELSBLATT, Donnerstag, 16. September 2004, 08:26 Uhr
eingetragen von Norbert Lindenthal am 21.08.2004 um 13.36
21. August 2004, 13:20 Uhr Anmeldung (mit Probeabo) erforderlich
Nur drei Bundesländer lehnen Regeln ab
Ministerpräsidenten für neue Rechtschreibung
HB BERLIN. Die Mehrheit der Länderchefs ist für die neue Rechtschreibung. Das hat eine Umfrage ergeben, wie das Magazin «Focus» am Samstag vorab berichtete. Lediglich Niedersachsen, das Saarland und Sachsen-Anhalt lehnen demnach die neuen Schreibregeln ab.
Es sei deshalb zu erwarten, dass die Konferenz der Ministerpräsidenten die Umsetzung der Reform im Oktober beschließe, schreibt «Focus». Die Umfrage unter den Ministerpräsidenten ergab außerdem, dass es für den Vorschlag des saarländischen Kultusministers Jürgen Schreier (CDU), die Übergangszeit über den 1. August 2005 hinaus zu verlängern und alte sowie neue Rechtschreibung parallel einzusetzen, keine Mehrheit gibt. Neun der 16 Länder sprachen sich demnach gegen Schreiers Plan aus, fünf haben sich noch nicht entschieden.
Die Kultusministerkonferenz (KMK) arbeitet unterdessen daran, den neuen «Rat für deutsche Rechtschreibung» zusammenzustellen, der die Entwicklung der Schriftsprache künftig beobachten und die Regeln anpassen soll. Noch im September solle ein Vorschlag vorgelegt werden, wer dazugehören solle, sagte die baden-württembergische Kultusministerin Annette Schavan (CDU) dem Magazin.
Es sollen auch Vertreter aus Österreich und der Schweiz mitarbeiten. Im Oktober könnte das Gremium mit der Arbeit beginnen, heißt es in dem Bericht.
HANDELSBLATT, Samstag, 21. August 2004, 13:20 Uhr
eingetragen von Dominik Schumacher am 13.08.2004 um 17.36
13.8.2004
POLITIK INTERNATIONAL
"Überflüssige bürokratische Wut"Debatte über Rechtschreibung bricht auch in Österreich los
Lawinenartig hat die Debatte über die Rücknahme der Rechtschreibreform jetzt auch Österreich erfasst. Fast täglich füllen die Kommentatoren und Experten der großen Tageszeitungen ganze Seiten mit dem Für und Wider der neuen Rechtschreibung, sich die Chefredakteure aller Blätter bereits am vergangenen Freitag eindeutig für die Beibehaltung der Reform ausgesprochen hatten. Doch die auflagenstarke „Kronen-Zeitung“ schert jetzt aus dieser Einheitsfront aus.
HB WIEN. Am Donnerstag forderte der Herausgeber des Boulevardblatts (900 000 Leser), Hans Dichand, unter dem Pseudonym Cato offen die Abschaffung der Reform. Die neue Rechtschreibung, die „offenbar in überflüssiger bürokratischer Wut entstanden“ sei, müsse „so schnell wir können“ zurückgenommen werden, da sonst „der uns aufgezwungene Irrsinn verbindlich“ werde. Am Freitag legte das Blatt nach. Unter der Schlagzeile „Die größten Dummheiten“ zählte die „Krone“ die inzwischen bekannten Ungereimtheiten der Reform auf, die auch in Deutschland stets von Gegnern der neuen Rechtschreibung genannt werden.
„Cato“, der in seinem feurigen Kommentar auch „Massendemonstrationen in Deutschland“ zur Bekräftigung seiner Forderung heranzog, begründete seine Forderung mit einer Umfrage der Illustrierten „News“ vom gleichen Tag. Danach sind 62 Prozent aller Österreicher für die Rückkehr zur alten Rechtschreibung. Nach der Befragung von 400 Erwachsenen kam das Blatt auch zu dem Schluss, dass gar 78 Prozent der über 50-Jährigen lieber „Gemse“ als „Gämse“ schreiben und die Reform abschaffen möchten. Was Cato nicht erwähnte: Bei den unter 30-jährigen Österreichern ist die Mehrheit für die Beibehaltung der neuen Schreibweise.
Dass in Austria künftig wieder nach den 100 Jahre alten Regeln geschrieben wird, glaubt indes kaum jemand. Einzig die Rücknahme im Nachbarland Deutschland würde in Österreich vermutlich Folgen haben. Und die wird in der Alpenrepublik zurzeit nicht als sehr wahrscheinlich eingeschätzt. So haben sich Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (ÖVP) und sein Vize Hubert Gorbach von den rechten „Freiheitlichen“ bereits auf die Beibehaltung der neuen Regeln festgelegt. Zwar fordern oppositionelle Sozialdemokraten und Grüne vorsichtig ein „Überdenken“ der Reform, Fristverlängerungen und „Verbesserungen“. Ihre Abschaffung wagen sie dennoch nicht zu verlangen. Nur unter Hinterbänklern der stets populistischen FPÖ von Jörg Haider rumort es.
Dass auch in Österreich die Reform niemand so recht liebt, haben inzwischen alle Kommentatoren und selbst die Experten klar gemacht. Doch der Trend der veröffentlichten Meinung geht eindeutig in die Richtung, die vor einer Woche pikanterweise der Krone-Chefredakteur Michael Kuhn „zähneknirschend“ vorgab: „Wir wollen die Kinder nicht mit einer anderen Rechtschreibung verunsichern als der, die sie in der Schule lernen“, meinte er.
Umfragen unter den rund 1,2 Millionen Schulkindern in Österreich, die seit sechs Jahren die neue Schreibweise lernen, gibt es bisher zwar nicht, doch machten einige von ihnen am Freitag in der linksliberalen Zeitung „Der Standard“ ihrem Unmut über die Diskussion Luft. „Eigentlich ist es mir egal, wie geschrieben wird“, meinte da etwa die 15-jährige Laura Gugrel, „Hauptsache es gibt eine einheitliche Regelung“. Und der 16-jährige Maximilian Salcher vermutete „rein ästhetische Argumente“ bei den Reformkritikern, „denn die neue Schreibung ist verständlicher als die alte“.
HANDELSBLATT, Freitag, 13. August 2004, 16:20 Uhr
eingetragen von Norbert Lindenthal am 07.08.2004 um 02.49
7.8.2004 04.44
Große Aufregung um Rechtschreibreform
Zurück zur Seite 1
Vor allem Springers „Bild“ hatte in den vergangenen Wochen den beiden Rechtschreib-Reformrebellen Wulff und Müller breiten Raum eingeräumt. Nachdem die Kultusministerkonferenz das Thema auf Wunsch von Saarlands Kultusmister Jürgen Schreier (CDU) für die Oktober- Sitzung wieder auf die Tagesordnung nahm, sah „Bild“ die Reform schon als so gut wie gescheitert an. Markwort verweist dabei kritisch auf das „Zusammenspiel“ von Journalismus und Politik, mit dem hier eine „Kampagne“ vorangetrieben wurde: „Wer sich über Chaos beschwert, sollte nicht das Chaos vergrößern. Wir wollen auch nicht den Kampf um die Rechtschreibreform auf dem Rücken unserer jungen Leser austragen, die in den Schulen die neuen Schreibweisen lernen.“
Die Rückkehr der großen Verlage zu den alten Schreibregeln setzt ohne Zweifel die Länder-Regierungschefs politisch massiv unter Druck. Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) plädiert zwar auch dafür, das Thema beim nächsten Treffen „am Kamin“ mit seinen Länderkollegen zu erörtern. Indes ließ er bisher offen, ob er für eine Rücknahme der Reform ist. Schließlich gehörte er im März 1996 mit zu den 16 Ministerpräsidenten, die einstimmig das Reformwerk gebilligt hatten.
Für die Rücknahme wäre erneut ein einstimmiger Beschluss nötig. Die SPD-Länderchefs haben sich auf einer Telefon-Schaltkonferenz bereits gegen ein Einschwenken ausgesprochen. Man würde sich in der aktuellen Föderalismusdebatte „der Lächerlichkeit Preis geben“, wenn die Länder zum einen mehr politischen Einfluss verlangten, sich gleichzeitig aber dem Druck großer Medien beugten, wurde aus der Runde kolportiert. Auch die Bundesregierung denkt nicht an Rückzug.
Aber selbst wenn es zu einem gemeinsamen innerdeutschen Votum gegen die Reform käme - auch die Schweiz, Österreich und Liechtenstein hätten noch ein Wörtchen mitzureden. Und dort ist die Bereitschaft nicht besonders groß, die bereits seit den 60er Jahren geführten Reformdebatten um Kommaregeln, „ss-Schreibung“ und Groß- und Kleinschreibung wieder aufleben zu lassen.
Doch der Streit um die Rechtschreibreform war in Deutschland stets eine Überraschung wert. Um die Jahrhundertwende stoppte Kaiser Wilhelm einmal höchstpersönlich ein Reformwerk, über das Germanisten und Kultusbeamte jahrelang gestritten hatten. Zum Ärger des Kaisers sollte nämlich der „Thron“ sein „h“ verlieren. Erst als die Reformer einschwenkten und dem „Thron“ weiter das „h“ zubilligten, willigte er ein.
HANDELSBLATT, Freitag, 06. August 2004, 17:02 Uhr
WEITERE ARTIKEL AUS DER RUBRIK:
Reich-Ranicki: „Neue Rechtschreibung ist dämlich“ 06. Aug.
Leiter der Dudenredaktion: Viele Fragen bleiben offen 06. Aug.
Gemeinsame Erklärung von „Spiegel“ und Springer 06. Aug.
Umfrage: Soll die "alte" Rechtschreibung wieder eingeführt werden? 06. Aug.
„Bild“ und „Spiegel“ in alter Rechtschreibung 06. Aug.
eingetragen von Norbert Lindenthal am 06.08.2004 um 19.26
6.8.2004 21:33
Markwort gab Döpfner einen klaren KorbGroße Aufregung um Rechtschreibreform
Die Debatte um den Anfang vom Ende der Rechtschreibreform hat große Irritationen ausgelöst. Der Vorstoß des Magazins "Spiegel" und der "Springer"-Zeitungen, die alte Schreibweise über Bord zu werfen, setzt die Politiker massiv unter Druck. So wollen manche Länderchefs nicht ohne Weiteres zur alten Schreibweise zurückkehren.
HB BERLIN. Hat Deutschland ein neues Sommerloch-Thema - oder ist der Ausstieg von „Spiegel“ und Springer-Zeitungen bei der Rechtschreibreform der Anfang vom Ende der neuen Schreibweisen? Die Kultusminister wie die Ministerpräsidenten traf die Mitteilung der beiden großen Verlage am Freitag nicht unvorbereitet. Nicht nur intern hatte es reichlich Vorwarnungen gegeben. Zumindest zwei der Länder-Regierungschefs - Christian Wulff (CDU/Niedersachsen) und Peter Müller (CDU/Saarland) waren nach seit langem auch in Details der Aktion eingeweiht.
Als treibende politische Kraft gilt dabei Springer-Vorstandschef Mathias Döpfner. Mehrfach hatte Döpfner in den vergangenen Monaten Vertreter anderer Verlage nach Hamburg geladen, um ein möglichst breites Medien-Bündnis gegen die seit 1998 an den Schulen eingeführten neuen Schreibregeln zu schmieden. Ursprünglich - so ist aus mehrerer Verlagen zu hören - sollte die „Bombe“ pünktlich zur Frankfurter Buchmesse am 5. Oktober platzen. Das hätte dann Druck auf die zwei Tage später tagenden Ministerpräsidentenkonferenz in Berlin (7./8. Oktober) und auch auf die Kultusminister ausüben sollen, die sich anschließend im Saarland treffen (14./15. Oktober).
Doch bis Freitag blieb es nur beim Schulterschluss von Springer und Spiegel. „Focus“-Chefredakteur Helmut Markwort - dem bei der Aktion die weitere Schlüsselrolle zugedacht war - gab Döpfner einen klaren Korb: „Deutschland hat derzeit wichtigere Probleme als neuen Streit um die Rechtschreibreform“. Die „Süddeutsche Zeitung“ will zwar auch mitmachen, debattiert jedoch intern noch über Details. Als einzige deutsche Tageszeitung hatte sich die „FAZ“ kurz nach dem Start der Reform den neuen Schreibweisen verschlossen.
Lesen Sie weiter auf Seite 2: Wie sich das Chaos weiter vergrößert
eingetragen von Norbert Lindenthal am 06.08.2004 um 18.40
HANDELSBLATT, Freitag, 06. August 2004, 13:15 Uhr
möglicherweise Anmeldung erforderlich: Kennung, Paßwort
Neues Regelwerk habe "legitimen Anspruch"
Kultusministerkonferenz: Verunsicherung beginnt jetzt richtig
Die Kultusministerkonferenz (KMK) hat die Entscheidung der Axel Springer AG und des Spiegel-Verlags kritisiert, wieder die alte Rechtschreibung anzuwenden. Sie führe „in hohem Maße zur Verunsicherung gerade bei Kinder und Jugendlichen“, erklärte das KMK-Sekretariat am Freitag in Bonn.
HB BONN. Seit 1998 lernten etwa 12,5 Mill. Schülerinnen und Schüler nach dem reformierten Regelwerk der deutschen Rechtschreibung. „Das geschah und geschieht weitestgehend ohne Probleme, wie die Rückmeldungen aus den Schulen zeigen.“
Die Kultusministerkonferenz habe über Jahre dafür Sorge getragen, dass die unterschiedlichen Interessen in die Diskussion um die Rechtschreibreform einbezogen wurden. So gehörten die Bundesverbände der Zeitschriften- und Zeitungsverleger dem Beirat für deutsche Rechtschreibung an und hätten ebenso wie die anderen Mitglieder, wie beispielsweise das PEN-Zentrum Deutschland, der Verband der Schriftsteller, die Arbeitsgemeinschaft der deutschsprachigen Nachrichtenagenturen oder der Börsenverein des Deutschen Buchhandels in den vergangenen Jahren den Prozess der Rechtschreibreform zustimmend begleitet.
Die rheinland-pfälzische Bildungsministerin und Präsidentin der Kultusministerkonferenz Doris Ahnen sagte zu der Entscheidung: „Wenn in der Debatte um die Rechtschreibreform laufend von Chaos und Verunsicherung die Rede ist, erlaube ich mir die Frage: Wer verunsichert hier eigentlich die Menschen?“
Die Entscheidung der beiden Verlage zeige keinen Weg auf, wie mit den widerstrebenden Interessen in der Reformdebatte umzugehen sei „und wie sich Sprache künftig weiter entwickeln soll“. Sprache- und Schreibweisen müssten für alle erlernbar sein, sagte Ahnen. Die Schulen entließen Jahr für Jahr über 800 000 junge Menschen in den Arbeitsmarkt. Deshalb sei ein einheitliches Regelwerk „legitimer Anspruch“. Und diese Regeln seien mit der Rechtschreibreform im Sinne der Anwender vereinfacht worden.
Ahnen: „Wir brauchen auch ein einheitliches Regelwerk für den gesamten deutschen Sprachraum.“ Dazu gehörten auch die Länder Österreich, Schweiz und Liechtenstein. Eindinglich warnte die KMK- Präsidentin davor, jetzt eine „rein innerdeutsche Debatte zu führen“.
An dem Reformprozess der deutschen Rechtschreibung seien „über viele Jahre viele Menschen beteiligt gewesen“. Dazu gehörten von Anfang an auch die Verlegerverbände, sagte die KMK-Präsidentin weiter. Es sei deren Aufgabe gewesen, die Auffassungen und Interessen der Verlage dort einzubringen. Um so verwunderlicher sei das jetzige Vorgehen der beiden großen Verlage.
HANDELSBLATT, Freitag, 06. August 2004, 13:15 Uhr
Alle angegebenen Zeiten sind MEZ
Rechtschreibung.com – Nachrichten zur Rechtschreibfrage