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Norbert Lindenthal
10.08.2004 05.31
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Berliner Zeitung

Dienstag, 10. August 2004

Flehen um Klarheit

Doch einheitliche Rechtschreibregeln sind fraglicher denn je

Birgit Walter

Jetzt wird sogar schon über eine Volksabstimmung zur Rechtschreibreform debattiert. Das Grundgesetz lässt noch nicht einmal einen Volksentscheid zur EU-Verfassung zu, aber 70 Rechtsprofessoren aus Deutschland, Österreich und der Schweiz wollen das Volk zur Rechtschreibung fragen. Und wer darf da hin gehen? Nur die Erwachsenen, die das Neue nicht wollen, was eine verständliche Regung ist? Oder auch die Kinder, die ungefragt das Neue lernen mussten und sich mit dem Alten neuen Stress aufhalsen würden? Gilt das Wahlrecht dann ab sieben? Muss man Grundkenntnisse in der Rechtschreibung nachweisen, oder dürfen auch die votieren, die seit dem Ende der Schulzeit weder ein Buch noch eine Zeitung in die Hand nehmen? Da werden sich die Rechtsprofessoren sicher schnell einig werden, wie hier zu verfahren ist.

Seitdem der Spiegel, die Süddeutsche Zeitung und der Springer-Verlag am Freitag plötzlich ihre Rückkehr zur alten Rechtschreibung verkündet haben, wird die durch die Reform ausgelöste Rechtschreibunsicherheit ergänzt durch ein rechtliches Chaos in der ganzen Frage. Im August nächsten Jahres sollte bindend werden, was seit 1998 in den Schulen gelehrt wird. Und jetzt?

Jetzt ist noch vollkommen offen, ob die alte oder die neue Rechtschreibung das Tauziehen gewinnt oder doch eine Mischform aus beiden Regelwerken. Derzeit werden in den Zeitungen alle Varianten gehandhabt: von der strengen alten bis zur modifizierten neuen Rechtschreibung, wobei jede Zeitung anderen Regeln folgt, die mitunter von Redakteur zu Redakteur differieren.

Den dringendsten Klärungsbedarf haben die Schulen und die Schulbuchverlage. Der Präsident des Deutschen Lehrerverbandes, Josef Kraus, hat daher auch ein schnelles Ende der Debatte gefordert. Nichts sehne man mehr herbei, „als ein Ende der Debatte und wieder Klarheit, was die Normen in der Orthografie betrifft“. Von den Ministerpräsidenten erwarte er eine Entscheidung, „wie immer sie auch aussehen mag“.

Aber Klarheit ist nicht in Sicht, nur Meinungen werden abgesondert. So verwies ein Sprecher der Bundesregierung auf frühere Äußerungen von Bundeskanzler Gerhard Schröder, der es für falsch halte, nach der abgeschlossenen Diskussion um die Änderungen die Reform wieder rückgängig zu machen. Der Leiter der Duden-Redaktion, Matthias Wermke, zeigte sich „fast sicher“, dass es bei der Reform bleibe. Hinter dem derzeitigen „Aufstand“ stünde kein Konzept. Johano Strasser vom Schriftstellerverband PEN plädiert dagegen für eine Rücknahme der Rechtschreibreform so schnell wie möglich. „Die Reform ist als geheime Kommandosache von der Bürokratie ausgeheckt worden“, sie dürfe dem Publikum nicht aufgezwungen werden. Der Vorsitzende des Deutschen Journalisten-Verbandes Konken warnte vor einem „Waterloo der deutschen Sprache“. Es könne nicht sein, dass 60 Prozent der Medien zur alten Rechtschreibung zurückkehrten, während der Rest weiter die neuen Regeln anwende. Die Medien müssten ihrer Vorbildfunktion gerecht werden. Martin Wansleben, Hauptgeschäftsführer der Deutschen Industrie- und Handelskammer, sagte dieser Zeitung: „Die Rechtschreibreform war sicher nicht bis ins letzte Detail gelungen, aber das kann durch Korrekturen ausgebügelt werden. Eine komplette Rolle rückwärts halten wir aber nicht für sinnvoll. Das würde die Verwirrung perfekt machen und Kosten in Millionenhöhe verursachen. Haben wir in Deutschland wirklich keine anderen Sorgen?“

Offenbar nicht. Dieses Thema wird uns weiter verfolgen als bis zur nächsten Ministerpräsidentenkonferenz am 8. Oktober. Denn von ihr darf man keine Klarheit erwarten, weil sich ihre Teilnehmer nicht einig sind: Bisher wollen zwölf der 16 Bundesländer an der Reform festhalten. Nur Niedersachsen und das Saarland wollen zurück zur alten Schreibweise, Bayern und Baden-Württemberg wünschen eine Zwischenlösung. Bei dieser Konstellation ist doch bestenfalls eine Verlängerung der Übergangszeiten in Sicht, niemals eine Einigung. Aber ohne Einigung kann jeder machen, was er will. Schleswig-Holstein hat 1996 schon einmal probiert, den Reform-Unsinn nicht mitzumachen. Auch heute kann jedes Land theoretisch seine eigenen Schreibregeln aufstellen, gesetzliche Hürden gibt es nicht. Alles basiert auf Freiwilligkeit, auch die Absichtserklärungen der Schweizer und Österreicher. Jeder darf schreiben, wie er will. Aber wer kann das wollen?

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Norbert Lindenthal
07.08.2004 23.50
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Berliner Zeitung



Samstag, 07. August 2004

RECHTSCHREIBREFORM – Die Orthographie-Debatte hat sich verschärft. Springer-Verlag und Spiegel kehren zu den alten Regeln zurück. Blick auf eine deutsche Reformdiskussion.

Verwirrende Schreibweisen

Ralph Kotsch

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BERLIN, 6. August. Der Großangriff auf die Rechtschreibreform begann am Freitagmittag. Da gaben der Spiegel-Verlag und der Springer-Verlag in einer gemeinsamen Erklärung bekannt, dass sie in all ihren Print- und Onlinetiteln zur alten Rechtschreibung zurückkehren werden. Der Süddeutsche Verlag schloss sich an. Auch Sabine Christiansen war vorbereitet: In ihrer Talkshow am Sonntag, so verkündete sie, werde das Thema „Die neue Rechtschreibung – eine ,nationale Katastrofe‘" besprochen, unter anderem mit Claus Strunz, Chefredakteur der Zeitung Bild am Sonntag, die bei Springer erscheint.

Die Aktion war gut geplant. Eingebunden war auch die Frankfurter Allgemeine Zeitung, die schon im August 2000 wieder zur alten Rechtschreibung zurückgekehrt war. Der Springer Verlag hatte in den vergangenen Wochen versucht, andere Verlage ins Boot zu holen. Einige zierten sich, andere waren dagegen, der Spiegel sagte zu.

Ziel der Initiative sei die „Beendigung einer staatlich verordneten Legasthenie“, heißt es bei Springer und Spiegel. Man verlange die Wiederherstellung einer einheitlichen deutschen Rechtschreibung, um die Verunsicherung der Bevölkerung zu beenden. Dass die Verunsicherung zunächst weiter steigt, wenn die eine Zeitung so und die andere so schreibt, nimmt man in Kauf. In der alten Rechtschreibung werden künftig Publikationen erscheinen, die zusammen mehr als 20 Millionen Auflage erreichen. Dazu gehören: Spiegel, Manager Magazin, die Bild-Zeitung, die seit Tagen eine Kampagne gegen die Reform fährt, alle Bild-Ableger, Bild am Sonntag, Süddeutsche Zeitung, Welt, Welt am Sonntag, Berliner Morgenpost, B.Z., Hörzu, Funk Uhr und viele andere.

Gegen die Rückkehr zur alten Rechtschreibung haben sich unter anderem die Frankfurter Rundschau sowie die Magazine Stern und Focus ausgesprochen. Hier werde „im Zusammenspiel zwischen Journalismus und Politik eine Kampagne vorangetrieben“, wetterte Focus-Chefredakteur Helmut Markwort. Er werde sich daran nicht beteiligen. Gruner + Jahr überlässt die Entscheidung seinen Chefredakteuren, die sich mehrheitlich gegen die alte Schreibweise ausgesprochen haben.

Andere Unternehmen zögern noch. Der Bauer Verlag (Bravo, TV Movie, Auf einen Blick) ist im Grunde für die Initiative von Springer und Spiegel, wartet aber erst die Reaktion anderer Medienhäuser ab. Die Nachrichtenagenturen Deutsche Presseagentur und AP wollen die Meinung ihrer Kunden erfragen. Bei Holtzbrinck hieß es: „Kein Kommentar“. Und die WAZ-Gruppe arbeitet noch an einer Meinung: „Wir entscheiden so weitreichende Dinge nicht im Taifun des Sommerlochs“, sagte ein Sprecher.

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