Luxese (Dudendämmerung, Forts.)
Der Dudenverlag arbeitet seit einige Zeit mit dem Hamburger Trendbüro zusammen. Dort wurden das Szenewörterbuch und das Wörterbuch der New Economy erarbeitet. Auf der Homepage des Dudenverlags findet man Näheres.
Ich hatte schon im vorigen Jahr einige Texte aus dem Internet gezogen, die mir für die Duden-Geschäftspoitik besonders kennzeichnend zu sein schienen. Davon stelle ich einiges hierher, ohne es näher zu kommentieren. Es gibt noch weitere Seiten, auf denen vor allem Jugendliche aufgerufen werden, möglichst orginelle Wörter zu erfinden und einzusenden, damit sie in eine Liste aufgenommen werden können, die dann als Beleg für Sprachwandel angeboten wird ... Die Künstlichkeit des ganzen Unternehmens wird auch gar nicht verschleiert, sie paßt im Gegenteil zur Philosophie des Unternehmens, Trends nicht nur zu beobachten, sondern auch zu schaffen damit definierbare Zielgruppen der Produktwerbung entstehen. Philosophie ist hier nicht zu hoch gegriffen, denn Philosophieprofessoren wie Norbert Bolz fehlen auf keiner der Trendtagungen, die das Hamburger Unternehmen regelmäßig veranstaltet.
DUDEN Wörterbuch der Szenesprachen
herausgegeben vom Trendbüro
erschienen im Dudenverlag
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Projekt
Wordscouts wanted!
Wie reden die Netties und Nerds vor den Monitoren? Was sagen die Skater und Snowboarder, die beim Funsport den Kick suchen? Was melden die Fly-Girls und B-Boys aus der Hip-Hop-Szene? Das DUDEN-Wörterbuch der Szenesprachen ist das erste Wörterbuch, das im Internet ergänzt, kommentiert und weitergeschrieben wird. Die Autoren sind alle Cracks, User, Kooks und Partyhopper, die neue Wörter liefern. Willkommen Wordscouts!
Schöne neue Welt!
Die Grenzen unserer Sprache sollen die Grenzen unserer Welt sein? Wie sieht dann die Sprache einer Gesellschaft aus, in der die Grenzen verwischen, verblassen und sich auflösen? Wie sieht die Sprache einer Generation aus, die sich durch global gültige Stile, Szenen, Moden und Marken definiert. Duden und Trendbüro wollten wissen, welche neuen Wörter hier die Runde machen und was sie uns zu sagen haben.
Und sie bewegt sich doch!
Ein Redaktionsteam widmete sich den neuen Wörtern und Fachbegriffen, die Jugendkultur und Jugendszenen aktuell prägen. In den Bereichen Sport, Musik, Mode, Computer, Partnerschaft und Partykultur wurden fast 1.000 Wörter gesammelt und definiert. Denn: Die deutsche Sprache ist in Bewegung. Sie verändert sich so schnell, wie sich die Welt verändert.
Viel los von A bis Z!
Reisen zum Partyplaneten. Der Computer als Stichwortgeber. Techno und Hip-Hop, Funsport und Laufsteg als Spielplatz. In den Jugendszenen hat vor allem Englisch das Sagen. Beim Chillen und Loungen, Scratchen und Cruisen, Dissen und Chatten. Flexibel sein ist angesagt, auch in der Sprache. Wer vor dem Computer sitzt, ist ein User. Wer auf der Party ein User ist, nimmt Drogen. Wer beim Sport switcht, wechselt die Fußstellung auf dem Board. Wer in der Liebe switcht, wechselt den Freund oder die Freundin im Bett. Was jemand meint, wenn er beamen, scannen oder switchen sagt, hängt ganz vom Kontext ab.
Schöne neue Wörter!
Neues Wort auf Lager? Dein Kommentar ist gefragt. Die Redaktion freut sich auch über Anregungen, Meinungen und Kritik.
Die Redaktion
DUDEN Wörterbuch der Szenesprachen
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Ein Beispiel:
Warmduscher
Coole Typen und echte Kerle duschen eiskalt, pinkeln im Stehen und parken in der prallen Sonne. Alle anderen sind Warmduscher und Abschiedswinker, Abstandhalter, Airbagfahrer, Alarmanlagenbesitzer, Aspirineinwerfer, Badekappenträger, Balkonsonnenbader, Beipackzettelleser, Bettsockenträger, Bildschirmreiniger, Biotonnenbesitzer, Blümchenpflücker, Briefmarkenbefeuchter, Brustschwimmer, Chiliverachter, Chlorbrillenbenutzer, Dackeltrainer, Datensicherer, Dosenerder, Eincremer, Einfahrtfreihalter, Ein-Meter-Brett-Springer, Ersatzweckerbenutzer, Familienzusammenhaltheuchler, Fernbediener, Fertiggerichteverächter, Festnetztelefonierer, Flaschenöffnerbenutzer, Flusensiebreiniger, Foliengriller, Frauennamenannehmer, Frühbucher, Geländerklammerer, Glastrinker, Gurtanleger, Handbuchleser, Händchengeber, Handschuhschneeballer, Handtuchunterleger, Haustürabschließer, Hintenansteller, Immer-ans-Telefon-Geher, Im-Wald-nicht-Raucher, In-Fahrtrichtung-Fahrer, Jeinsager, Karussellfahrer, Kassenbonankucker, Klobrillenhochklapper, Kühlschrankabtauer, Laternenparker, Lichtanmacher, Lichtausschalter, Liftfahrer, Luftpumpenmitnehmer, Marmeladenbrötchenfrühstücker, Möhrenputzer, Mülltrenner, Nachgeber, Nachtstromer, Nasenhaarschneider, Nasse-Badehose-Wechsler, Netiquettenleser, Nicht-Rülpser, Olivenlutscher, Oma-über-die-Straße-Helfer, Passwortaufschreiber, Pizzarandliegenlasser, Radwegbenutzer, Regenschirmhalter, Reiseversicherungsabschließer, Rolltreppenfahrer, Rücksichtnehmer, Sauna-unten-Sitzer, Schattenparker, Schönwetterfußballer, Schreibschutzbenutzer, Schweißabwischer, Seitenaufprallschützer, Servolenker, Sitzpinkler, Sonnenmilchbenutzer, Sparbuchbesitzer, Stilles-Wasser-Trinker, Streichelzoobesucher, Strohsternbastler, Tankanzeigenbeobachter, Tankuhrleser, Teepuster, Toastabkratzer, Topflappenbenutzer, Unkrautzupfer, Unordnungsentschuldiger, Verfallsdatumleser, Wäschevorwärmer, Warndreieckaufsteller, Wattebällchenwerfer, Zahnarztspritzenbettler, Zebrastreifenüberquerer, Zwei-Finger-Tipper oder Zweimalspüler.
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Aus den Internetseiten des Trendbüros:
Die Marke X ist beim Verbraucher gut etabliert. Er kennt sie, vertraut ihrer Qualität und hat ein bestimmtes Gefühl, wenn er sie kauft und benutzt. Nun ändern sich die gesellschaftlichen Bedingungen, unter denen der Verbraucher lebt, und er ändert sukzessive seine Markenwahrnehmung. Darauf muß eine Marke vorbereitet sein. Es gilt, die Marke jung zu halten, damit sie alt werden kann. Evolution ist keine Theorie. Die Frage ist: Wie läßt sich eine Marke quasi in real time auf Veränderungen einstellen, die sich erst vage andeuten? Wir gehen dabei folgendermaßen vor. Zuerst untersuchen wir den Markt: die herrschenden Konsummotive, die Konkurrenzprodukte und deren kulturelle Positionierung. Danach werden der Zeichenvorrat der Marke und die Werte des Markenkerns analysiert und in einer Art kultureller Landkarte (Semiometrie) verortet. Da die Marke aus dem Wertebrennpunkt zu geraten droht, müssen neue Konsumentengruppen erschlossen und alte durch Nachjustierung neu gewonnen werden. Aus der Analyse des Status quo der Kernwerte der Marke ergeben sich die Strategiepotentiale.Wir eruieren die Wünsche und Einstellungen der angestrebten Zielgruppe. Dazu werden Psychoexplorationen oder Kreativ-Workshops auf der Basis assoziativer und projektiver Techniken durchgeführt. Die emotionalen Werte der Zielgruppe werden bestimmt. Aus der Gesamtheit der Analysetechniken ergeben sich die Kommunikations- und Markenstrategie sowie Rahmenbedingungen der stilgruppengerechten Gestaltung der Marketingbotschaft.
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Ein Beispiel für unser Verständnis von Trendforschung.
Wir fragen: Welche Lebensmittel kaufen Konsumenten? Was wählen sie aus dem immensen Angebot aus? Es läßt sich beobachten, daß exklusive, teure Feinkostläden erfolgreich sind. Aber auch Discounter wie Aldi verbuchen steigende Umsätze. Zwei Tendenzen, die sich zu widersprechen scheinen.Unsere nächste Frage: Warum ist das so? Früher hätte die Antwort geheißen: Die Reichen kaufen Spezereien, die Armen pilgern zum Discount. Nun läßt sich aber bei Umfragen feststellen, daß diese Trennung nicht mehr greift. Recherchen zeigen: Konsumenten wechseln zwischen beiden Ladenkonzepten hin und her. Also?Hier manifestiert sich ein Verhalten, das zwei Bedürfnisse bündelt: In wirtschaftlich schwierigen Zeiten sparen die Verbraucher. Der Mensch der neunziger Jahre ist es sich aber als Individuum schuldig, sich manchmal etwas Besonderes zu gönnen. Dieses Luxusbedürfnis befriedigt er mit hochpreisigen Einkäufen. Dieses Wechselspiel nennen wir Luxese, zusammengesetzt aus Luxus und Askese. Daß diese Verhaltensweise bei vielen Bürgern übereinstimmt, macht daraus einen Trend. Dieses Beispiel läßt sich auf verschiedenen Betrachtungsebenen nachzeichnen: auf der Konsumebene, im Freizeitverhalten, in Filmen oder in der Werbung. Unser Blickwinkel schließt die Wechselwirkungen rationaler, emotionaler und sozialer Entscheidungen ein. Kurz gesagt versuchen wir nicht nur festzustellen, daß etwas passiert, sondern vor allem, weshalb es so passiert und nicht anders.
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Trendlinks:
http://www.duden.de Einfach mal nachschlagen! Wissenswertes bei Duden online.
http://www.trendbuero.de Was macht die Zukunft? Trends, Marken, Strategien.
http://www.ffh.de Das ultimative Weichei-Wort des Tages
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Th. Ickler
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