Die wunderbare Welt der vereinfachenden „Reform“
Der Duden-Verlag hat bei Google News das Privileg, vor den Suchergebnissen seine unausgegorenen Empfehlungen zur an sich schon fragwürdigen Reformschreibung abgeben zu dürfen, z.B.:
Furcht einflößend, furchteinflößend
Wortart: Adjektiv
Häufigkeit: ▮▯▯▯▯
Rechtschreibung
Von Duden empfohlene Schreibung: Furcht einflößend
Alternative Schreibung: furchteinflößend
Worttrennung: Furcht ein|flö|ßend, furcht|ein|flö|ßend
Beispiel: eine Furcht einflößende oder furchteinflößende Gestalt, aber nur eine große Furcht einflößende Gestalt, eine höchst furchteinflößende, noch furchteinflößendere Gestalt [Regel 58]
Der Wiener „Kurier“ hat jedoch die umwerfende orthographische Vereinfachung nicht begriffen, nach der das „Adjektiv“ Furcht einflößend nicht gesteigert werden kann, sondern nur seine nicht empfohlene Zusammenschreibung. Wir lesen also (nach den ebenfalls verstümmelten „Rauhnächten“):
Florian Scheuba, Robert Palfrader und Thomas Maurer ziehen Bilanz über ein Jahr österreichische Realsatire und zwei Staffeln Wir Staatskünstler.
KURIER: Frohe Weihnachten!
Robert Palfrader: Dem kann ich mich nur vollinhaltlich anschließen.
Florian Scheuba: Bin dafür und rufe ein herzliches „Christkind to go!“ aus...
Wie wird gefeiert? Welcher Brauch gehört dazu?
Maurer: In den Raunächten keine Wäsche aufhängen, sonst stirbt jemand aus der Verwandtschaft....
Palfrader: Es schafft fast jeder Österreicher, irgendwann nicht mehr ans Christkind zu glauben. Warum funktioniert das mit Gott nicht?
Maurer: Weil Gott im Zweifelsfall Furcht einflößender als das Christkind ist.
kurier.at 22.12.2015
Stefan Stirnemann wurde hier schon mit dem Beispiel zitiert: „Die deutsche Sprache kennt keine Sätze wie Die Ärztin ist Hustensirup einflössend; «Furcht einflössend» ist ein zusammengesetztes Adjektiv und wird klein und zusammen geschrieben.“
(NB: Unsere Kinderärztin war Hustensaft einflößender als unser Hausarzt, der immer meinte: „Mit Behandlung dauert das eine Woche und ohne sieben Tage!“)
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