Neues von der Zwischenstaatliche Kommission (September 2004)
Ich habe soeben auf den Seiten der Zwischenstaatlichen Kommission folgenden offenen Brief entdeckt. Der Dateiname OffenerBriefSept04 sagt nur etwas über den Veröffentlichungsmonat, im Brief selber ist kein Datum vermerkt. Es ist eine Antwort von Prof. Digeser an Marcel Reich-Ranicki. Hier der Text, so wie er dort zu lesen ist:
Den nachfolgenden offenen Brief hat uns Herr Prof. Dr. Andreas Digeser, emeritierter Professor für Anglistik/Amerikanistik und Sprachwissenschaft (Freiburg) zur Veröffentlichung überlassen.
Es handelt sich um einen ausgewogenen, argumentativen Beitrag in der aktuellen Diskussion, den der „Spiegel“ bisher nicht veröffentlicht hat, der aber für die Leser unserer Website interessant sein dürfte.
Offener Brief an Marcel Reich-Ranicki
Sehr geehrter Herr Reich-Ranicki,
Sie kritisieren im SPIEGEL (Nr. 32 / 2.8.2004, Seite 144) eingehend die deutsche Rechtschreibreform – das Reförmchen, wie viele enttäuscht sagen, die mehr erwartet hatten. Sie beschränken sich in Ihrer Kritik fast ganz auf die Getrennt- und Zusammenschreibung (Bereich B im Regelwerk) so wie schätzungsweise 95 Prozent aller Kritiker (sofern überhaupt seriös). Dies zeigt, welch ein angreifbares Kapitel das ist. Hätte man doch nur die Finger davon gelassen: „Si tacuisses...“. Der kluge Konrad Duden hütete sich, diese Problematik anzutasten, als er 1901 die Grundlage für eine vereinheitlichte deutsche Rechtschreibung legte (übrigens mit deutlichem Hinweis auf die immer nötige Weiterentwicklung). Diese in Jahrzehnten wild gewachsenen Schreibgewohnheiten als Festlegungen in ein überschaubares Regelwerk zu zwingen, erscheint mir als geradezu unmöglich. Auch bei den Orthografie-Diskussionen in England, USA und Frankreich, um nur einige zu nennen, hat man diese Schwierigkeiten weitgehend ausgespart. (Ich erwähne am Rande, dass ich glaube, dass monolinguale Menschen kaum eine Chance haben, die äußerst komplizierten Vorgänge bei der Umsetzung von Lautung in Schreibung zu verstehen). Man überlässt das Trennen von Wortteilen (Morphemen) den oft gefühlsmäßig getroffenen Entscheidungen der schreibenden Menschen, eine Handhabung, wie man sie auch an Ihren Beispielen erkennen kann. In England gibt es noch strenge Literaten, denen anymore ein Gräuel ist; aber das hat sich längst durchgesetzt.
Vieles, was die Experten im Bereich Getrenntschreibung entschieden haben, ist durchaus in Ordnung und hat den modischen Trend, Wortketten durch Zusammenschreibung aneinanderzuhängen (genauso, sogenannt, inderregel), erfolgreich gestoppt. Dies auch mit Rücksicht auf die fremden Leser des Deutschen, die mit Recht stets die unnötig langen Wortzusammenschreibungen beklagten. Diese entsprechen den höchst zahlreichen englischen compound words, nur dass diese getrennt geschrieben werden und dadurch leichter verständlich und flüssiger lesbar sind. Manche Entscheidungen bleiben angreifbar. Ihr Beispiel von der frisch gebackenen Ehe erinnert daran, dass der Schriftsteller Rainer Kunze schon 1997 empört geschrieben hat, neu verheiratet sei doch etwas völlig anderes als neuverheiratet, das eine wohl „erst gerade“ und das andere „erneut“. Leider habe ich nie begriffen, welches nach seiner oder allgemeiner Meinung welches ist. Die Menschen unterliegen dem Irrtum zu glauben, getrennt bedeute konkret und zusammen im übertragenen Sinne. Sitzen bleiben hat mindestens fünf Bedeutungen, davon die meisten figürlich: Der Schüler ist sitzen geblieben; die Frau ist sitzen geblieben; der Bauer ist auf seinen Kürbissen sitzen geblieben usw. Die Experten erkannten: Die Meinung, man könne mit der Getrennt- bzw. Zusammenschreibung Bedeutungsunterschiede suggerieren, ist ein Irrglaube. Und so entschieden sie folgerichtig: sitzen bleiben wie stehen bleiben, liegen bleiben. Ausdrücke wie frisch gebacken, tief schürfend taugen bestens für die figürliche Bedeutung, auch wenn sie getrennt geschrieben sind.
Anders wohlverdient, wohlvertraut: wohl kann man nicht abtrennen, weil es dann als Adverb mit einer eigenen Bedeutung auf sein Bezugswort abstrahlt. Das gleiche gilt für schwer: schwer behindert ist eben nicht das gleiche wie schwerbehindert. Das ist einer jener Fälle, wo in der gesprochenen Sprache (aber eben nicht in der geschriebenen) die Betonung den Unterschied markiert, so wie bei wieder holen und wiederholen. Was sagen Sie zu Gewinn bringend, gewinnbringender als ...; das Gewinnbringendste? Einfach „miserables, falsches Deutsch“? Oder nur ein Beispiel für die Nicht-Beherrschbarkeit des komplexen Problems der Getrennt- und Zusammenschreibung? Da haben wir noch viel Stoff für unaufgeregte Diskussionen.
„Nicht besser ist es um die Großschreibung bestellt“, sagen Sie, und dann schreiben Sie weiter über die Getrenntschreibung. Es ist klar, dass, wo getrennt wird, neue Großschreibprobleme auftauchen können. Aber um der guten, wichtigen Sache willen darf ich Sie bitten, mit mir den Sprung in den Bereich D des Regelwerkes, Groß- und Kleinschreibung, zu wagen. Dort ist alles fabelhaft einfach, durchschaubar und leicht erlernbar geregelt. Die zahllosen Ausnahmeregelungen aus der Zeit von 1955 bis 1990 sind verschwunden. Sie waren munter sprudelnde Fehlerquellen – auch für professionelle Schreiber. Jetzt gilt eine klare Regel: Alle Substantive und Substantivierungen werden großgeschrieben.
Nun gab es zwei Fachleute, die eine Fallgruppe, für welche schon Übergang zur Großschreibung beschlossen war, nachträglich wieder auf Kleinschreibung festlegten: vor kurzem, bei weitem usw. Aber dabei handelt es sich nur um fünf bis sechs Ausdrücke. Dann gibt es da noch die spät gefällte Entscheidung, es tut mir Leid großzuschreiben. Es gibt kaum einen Kritiker, der dieses Beispiel nicht heranzieht. Ich habe diese Großschreibung von Anfang an abgelehnt, und sie ist wohl mittlerweile schon wieder revidiert worden.
Alles in allem ist jedenfalls dieser Kernbereich der Reform, die Groß- und Kleinschreibung, hervorragend gut geregelt und durch seine Vereinfachungen ein Geschenk an unsere Kinder. Ein voller Erfolg! Wer wollte die Verantwortung dafür übernehmen, wenn diese Leistung vernichtet würde? Sie sicherlich nicht; das sehe ich schon aus einigen Ihrer „wohlbedachten“ Bemerkungen.
Bevor ich zu den Verursachern der von Ihnen mit großem Zorn ausgerufenen Katastrophe komme, möchte ich an einem einzigen, rasch herausgegriffenen Beispiel zeigen, wie die Leute, ohne nach Gründen für Änderungen zu fragen, oft höhnisch und spöttisch mit der Reform umgehen. Da ist in einem Nebensatz von „Albernheiten wie Flusssand“ die Rede. Dabei handelt es sich um die alte Regelung, dass man bei drei gleichen Konsonanten-Buchstaben einen wegzulassen hat, obwohl alle drei vorhanden sind, also nicht Esssucht, sondern Essucht. Folgte aber ein weiterer Konsonant, so musste man den ausgeschiedenen Konsonanten, also hier das dritte s, wieder einfügen: Essstörung; denn sonst käme bei Trennung am Zeilenende ein amputiertes Wort auf die neue Zeile: *Ess-törung. Das würde den Lesefluss doch sehr ‚tören’. Alle unsere Kinder mussten diese komplizierte Regelung lernen, und die heutigen Erwachsenen zeigen durch ihre abfälligen Bemerkungen, dass sie das eben nicht gelernt haben. Einfach alle Buchstaben zu schreiben, die ja vorgegeben sind, ist eine schlanke Lösung für das sonst verzwickte Problem. Bei jeder einzelnen Neuerung muss man sich also fragen: Was hat die Fachleute bewegt, da etwas zu ändern? Fast immer handelt es sich um begrüßenswerte Vereinfachungen. Kennt man die Gründe nicht, kann man nicht guten Gewissens mitreden.
Damit komme ich zum Knackpunkt meines Briefes. Sie schreiben: Die Reform war von Anfang an „unzweifelhaft eine Katastrophe“. Die Leser werden sagen: ein Paukenschlag, wie wir ihn von Marcel Reich-Ranicki kennen. Aber wer trägt die Schuld an dieser Katastrophe? Eine Gruppe von Schriftstellern ist schuld daran; das muss endlich einmal ganz klar und offen gesagt werden. Kaum wurden die ersten Neuerungen bekannt, starteten jene Schriftsteller eine riesige Protest-Kampagne und dekretierten, dass alle Texte nur genau so gedruckt werden dürften, wie sie sie schreiben. Obwohl sich nicht alle Schriftsteller beteiligten, war das schon eine Art Todesstoß für die Reform. Denn die große Masse der Menschen, ohnehin gern und bequem in den alten Schreibgewohnheiten verharrend, erkannte unbesehen die Schriftsteller als Autoritäten in Rechtschreibfragen an und sah sich in der Ablehnung auch kleinerer Veränderungen bestätigt: Schriftsteller „stellen Schrift“ und wissen in dieser Sache am besten Bescheid. Ein fundamentaler Irrtum!
Diese Literaten haben in vollem Maße Unrecht. Erstens haben orthografische Veränderungen keinerlei Einwirkungen auf die Inhalte der Texte. Der ganze Mythos des unerlaubten Eingriffs von Reformen dieser Art in die lebendige Sprache und ihre Entwicklung ist blühender Unsinn. Wäre meine Oma Schriftstellerin gewesen, so hätte sie eines Tages überrascht festgestellt, dass ihr Verleger Tür und Tor druckte, obgleich sie doch selbstverständlich Thür und Thor geschrieben hatte. Sie hätte jedoch gleich erkannt, dass sich damit an der Bedeutung samt allen Konnotationen nichts, aber auch gar nichts änderte: Es handelte sich immer noch um die gleiche Tür und das gleiche Tor und die gleiche Tür-und-Tor-Aussage. Jene Schriftsteller hatten im Nu einen enormen Popanz aufgebaut, und viele Millionen samt Nicht-Schreibern und Intellekuellen fielen darauf herein.
Zweitens werden alle literarischen Texte, sofern sie eine gewisse Lebensdauer haben, unweigerlich automatisch modernisiert und dem gerade gängigen Rechtschreibsystem angepasst. Niemand druckt Gryphius oder Gellert, Klopstock oder Claudius heute in deren originaler Schreibung. Goethe, der noch gar nicht lange zurückliegt, unterschied noch zwischen sein und seyn (Verb oder besitzanzeigendes Fürwort). Diesen Unterschied hat man irgendwann sang- und klanglos aufgegeben, ohne dass es Goethes Texten im Geringsten geschadet hätte. Bitte überlegen Sie noch einmal, ob wirklich die Reformer „alle zeitgenössischen Schriftsteller auf einmal“ brüskiert haben. Möglicherweise haben jene Schriftsteller sich sehr unüberlegt und völlig grundlos aufgespielt.
Damit Sie verstehen, warum ich so auf Sie einzuwirken versuche, dass Sie Ihren großen Einfluss in Richtung Vernunft geltend machen, muss ich erklären, warum die Reform ungeheuer wichtig ist und eben nicht „so unnötig wie ein Kropf“ oder „etwas Missratenes“. In den 70er Jahren kämpfte ich in Rundfunk, Fernsehen und Printmedien für die Erhaltung der Großschreibung. Karl Korn von der FAZ stellte mir eine Großformat-Seite zur Verfügung, erschienen 1974, wo ich (auf 22 Schreibmaschinenseiten) den Lesern erkären konnte, warum die so genannte Substantiv-Großschreibung für die deutsche Sprache mit ihrem Klammersatzbau und ihrer besonderen Morphologie unbedingt erhalten werden muss. Im Fernsehen stritt ich zusammen mit dem Verleger Klett (Vater) für die Großschreibung. Ein bekannter Schriftsteller, der sich auch für die Großschreibung zu kämpfen bereiterklärt hatte, sagte zwei Tage vor der Diskussion, einer live-Sendung, im Fernsehen ab. Er hatte sicherlich (allzu spät) erkannt, dass er zwar sagen konnte, er sei für die Großschreibung – aber sonst nichts. Und das wäre viel zu wenig gewesen. Jedenfalls: wir Großschreiber obsiegten schließlich.
Allerdings waren wir Fachleute uns einig, dass die deutsche Großschreibung keinesfalls so bleiben konnte, wie sie war, nämlich mit allen chaotischen Regelungen. Das hätte sehr schnell die Kleinschreiber wieder auf den Plan gerufen. Also arbeiteten wir für den Bereich Groß- und Kleinschreibung ein neues Regelwerk aus, das dann vom Internationalen Arbeitskreis für Orthographie in Mannheim fast unverändert übernommen wurde. Viele heutige Intellektuelle haben gar nicht realisiert, dass diese neue Version der Garant für die Erhaltung der Großschreibung ist. Würde man eine Umfrage bei den Literaten machen, würde sich, so meine ich, herausstellen, dass sie nahezu alle für die Erhaltung der Großschreibung sind.
Wenn jetzt dieser Kernbereich der Reform zerschlagen wird, wenn man die undurchdringlichen Verwirr-Regelungen aus der Mottenkiste holt, ist die Großschreibung gegen die dann wieder erstarkende Macht der Kleinschreiber nicht zu retten. Außerdem wäre das ein Verbrechen an den Kindern und Lehrern, die seit sechs Jahren die neuen Schreibformen mit Erfolg und Leichtigkeit praktizieren.
„Was tun?“, fragen Sie. Die Reform bietet keine Anlässe, verärgert oder aufgebracht zu sein. Also müssen die Menschen zuerst von der viel befahrenen Bahn des Zorns herunterkommen und gemächlich in die Straße der Vernunft einbiegen. Statt jede kleine Neuerung, egal, wo sie einzuordnen ist, als unerhört zu verteufeln, ohne nach den Gründen und Hintergründen zu fragen, müsste man die Einzelheiten studieren und dann, erst dann, mit Sachkenntnis urteilen. Also nicht ‚gefühlig’, sondern sachlich; und kein bisschen polemisch oder populistisch. Stellen Sie sich vor, da nimmt ein prominenter Politiker, ein Ministerpräsident, an einer RTL-Fernseh-Show teil, wo Rechtschreibkenntnisse getestet werden. Er schneidet nur mittelmäßig ab, wird wütend und nutzt dann seine ihm von der Politik verliehene Macht, um öffentlich gegen die Reform zu Felde zu ziehen. Dabei hat er nicht einmal gemerkt, dass in all den nicht ganz kurzen Testaufgaben (so gut wie) keine Neuregelungen im Reform-Sinne enthalten waren! Das ist ein typisches Beispiel dafür, wie manche Kritiker in blindem Eifer die Ablehnung der Reform betreiben.
Gestatten Sie mir also, dass ich drei Vorschläge zum weiteren Verfahren mache:
1. Lassen wir doch die Fachleute (nicht etwa „Beamte“, die nach Ihrer Meinung alles „kaputtgemacht“ haben) weiterhin an der Getrenntschreibung (Bereich B) arbeiten und akzeptieren wir ggf. mögliche fakultative Öffnungen. Ob etwas getrennt oder zusammengeschrieben wird, ist doch bei näherem Hinsehen von sekundärer Bedeutung. Zetern wir also nicht gleich, als ob in diesem Reformkapitel jeder neue Vorschlag große Verwirrung stiften müsste und jedes Mal eine Reform der Reform bedeutete. Denken wir an Dudens ausdrückliche Aufforderung zur Weiterentwicklung der deutschen Orthografie!
2. Ich plädiere nachdrücklich dafür, dass wir die Groß- und Kleinschreibung (Bereich D des Regelwerkes) so erhalten, wie sie von den Experten (nicht von irgendwelchen „Beamten“ aus der „Kultusbürokratie“) vorgegeben wurde. Nachgewiesenen Erfolg sorgfältig bewahren und keinen Rückfall in die unzumutbaren Zustände der Vor-Reform riskieren! Ich rufe allen Ernstes dazu auf, dass wir Rücksicht nehmen auf die Kinder, die Lehrer und die Eltern, indem wir uns zur Reform nur noch strikt sachlich und verantwortungsbewusst äußern.
3. Alles andere kann, wenn es um eine Kurzbetrachtung der Reform geht, als marginal eingestuft werden. Fast alle neuen Festlegungen in den Bereichen A, C, E und F des Regelwerkes sind sinnvoll und akzeptabel, teils Vereinfachungen, teils Klärungen. Angeregt durch Ihren Hinweis auf griechisch demos und kratein, „das Herrschen des Volkes“ (Demokratie), greife ich aber doch noch eine Fallgruppe aus dem Bereich F, Worttrennung am Zeilenende, heraus. Bei den Fremdwörtern war vor der Reform die Trennung nach etymologischen Silben vorgeschrieben, also Chir-urg, Si-gnal, parallel; aber seltsamerweise nicht bei allen. So galt Ka-te-go-rie, tran-si-tiv und eben nicht Kat-ego-rie, trans-itiv. Sehr verwirrend! Die Reformer gaben kurzerhand die Trennung nach Sprechsilben frei. Die sprachgeschichtlichen Zusammenhänge sind bei der übergroßen Mehrheit aller Menschen ohnehin – längst oder neuerdings – verloren gegangen. Würden Sie mich auffordern, Ab-itur zu trennen, um darzulegen, dass ich Lateinkenntnisse habe? Nein, bitte nicht, ich will mich doch nicht lächerlich machen. Aber tatsächlich war Ab-itur laut Duden bis vor einigen Jahren verbindlich vorgeschrieben. Müsste ich entscheiden: ein Herz für Kinder oder Zurschaustellung meines ‚hohen’ Bildungsgrades, so würde ich mich gnadenlos für die Kinder entscheiden.
Dabei fallen mir unweigerlich die heutigen FAZ-Leute ein, die schon vor vier Jahren, als sie im Alleingang die Reform zurücknahmen, ganz unverblümt schrieben, Vereinfachungen in der Rechtschreibung dienten doch nur der Volksverdummung. Mal sehen, ob sich wirklich weitere Zeitungen oder Zeitschriften dieser Meinung anschließen. Karl Korn, so glaube ich, hätte das nicht gutgeheißen.
Und dann verblüffen Sie die Leser mit einem überraschenden Schlusswort: „Es wäre verheerend, sollte es sich einbürgern, dass für die Schriftsteller eine andere Rechtschreibung gilt als für die Schüler unserer Grundschulen“. Da muss ich nun direkt und ohne Wenn und Aber widersprechen. Das wäre im Gegenteil absolut notwendig und unumgänglich. Will man in der Orthografie irgendeinen Fortschritt erreichen, eine Vereinfachung, eine von der Vernunft gebotene Anpassung an den natürlichen Sprachwandel, so müssen selbstverständlich die Jungen anders schreiben als die Alten. Vergessen wir nicht, dass dabei die Inhalte der Sprache gänzlich unberührt bleiben! Meine Großeltern schrieben Thür und Thor, ich Tür und Tor. Das hat uns sprachlich in keiner Weise entzweit.
Damit habe ich Ihre Frage „Was tun?“ in meinem Sinne beantwortet, und ich bin sehr neugierig zu erfahren, wie Sie darüber denken.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr
Andreas Digeser
__________________
Karsten Bolz
|