Will der SSW mit der Einheitsschule die Sonderschule für alle?
Als Schleswiger und Schleswig-Holsteiner finde ich das in Ordnung, daß unsere südschleswigschen Kollegen hier ihre dänische Partei haben (andererseits ist es ungerecht, denn den hier lebenden Türken würde man keine Befreiung von der 5%-Hürde gewähren). Weniger in Ordnung oder zumindest einigermaßen „instinktlos“ finde ich es, daß ihre Vorfrau, Frau Anke Spoorendonk, sich in Fragen der deutschen Schulen und Sprache einmischt; es erinnert an die Sprachverfolgungen des 19. und 20. Jahrhunderts, wenn Frau Spoorendonk die Rechtschreibreform fordert, mit der bekanntlich viele Wörter verboten werden.
Außerdem hat sie längst, wie die Grünen auch, die Katze aus dem Sack gelassen, als sie am 21.2.1997 im Kieler Landtag sagte: Vizepräsidentin Dr. Gabriele Kötschau:
Das Wort hat Frau Abgeordnete Spoorendonk.
Anke Spoorendonk [SSW]:
Frau Präsidentin! Liebe Kollegen und Kolleginnen! Jetzt sollen also die kleinen Spatzen der deutschen Rechtschreibung mit den großen Kanonen der Staatsgewalt umgebracht werden.
(Beifall des Abgeordneten Helmut Plüschau [SPD])
Irgendwie kommt mir dabei der Gedanke: typisch deutsch! Auch kam mir der Gedanke: Ach, was sind wir doch bloß wieder einmal gebildet!
Wie auch immer, die CDU fordert die Landesregierung auf, den Runderlaß vom 5. November auszusetzen, bis über die in einzelnen Bundesländern laufenden Volksinitiativen gegen die Rechtschreibreform abschließend entschieden worden ist.
Wir sehen keinen Handlungsbedarf und können dem Antrag der CDU beim derzeitigen Stand der Dinge daher nicht zustimmen.
(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
In den vergangenen Wochen ist es zu einem regelrechten Volkssport geworden wir haben hier ja schon ein paar Kostproben bekommen , verbal auf die Rechtschreibreform einzudreschen. Auch wir von der SSW-Landtagsfraktion könnten uns in das Heer der Unzufriedenen einreihen, denn uns geht – lieber Kollege Klug – die Rechtschreibreform nicht weit genug; dennoch stehen wir zu ihr.
(Zuruf des Abgeordneten Meinhard Füllner [CDU])
Wir hätten begrüßt, wenn im Zuge der Rechtschreibreform die Großschreibung zugunsten einer gemäßigten Kleinschreibung, wie sie in fast allen europäischen Ländern de facto existiert, reformiert worden wäre.
(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abgeordneten Konrad Nabel [SPD])
Wir bedauern zwar, daß die geplante Rechtschreibreform die gemäßigte Kleinschreibung nicht vorsieht, es wäre jedoch wenig konstruktiv, die Rechtschreibreform aus diesem Grunde abzulehnen, da sie in ihrem positiven Ansatz zu begrüßen ist.
Es wäre schlimm, wenn eine Reform der Rechtschreibung scheitern sollte, und das aufgrund von Ignoranz, Arroganz und eines Denkens, welches die Vergangenheit der Sprache verklärt. Denn trotz aller Kritik an den geplanten Änderungen, die von Fall zu Fall berechtigt sein mag, darf nicht der trügerische Eindruck erweckt werden, daß die Sprache ihren Zenit bereits erreicht habe und keinerlei Reform benötige. Sprache ist etwas Lebendiges, und die Reformierung von Sprachnormen ist etwas Natürliches. ...“
Quelle: http://www.sh-landtag.de/infothek/wahl14/plenum/plenprot/1997/14-025_02-97.html ; Hervorhebungen hinzugefügt
Heikel finde ich es, wenn die dänische Minderheit sich als Zünglein an der Waage ins deutsche Schulsystem einmischt. Deutschland kann es sich, anders als Dänemark, nicht leisten, zuerst ein Agrarland zu sein, sondern ist auf Hochtechnologie angewiesen; und dafür ist Ausbildung das A und O. Wenn das Lerntempo der Gymnasiasten sich nach den Schwächsten ausrichtet, bedeutet das: Sonderschule für alle. Oder? (Kleine Nachricht am Rande: Es gibt Anzeichen, daß es für das viergliedrige Schulsystem einen Volksentscheid geben könnte.)
Mangels anderer Kolonialerfolge (Grönland ist offenbar nicht so der Renner) und wegen der bekannten Rückschläge in der Beherrschung des Ostseeraumes sinnen manche Jüten seit etlichen Jahrhunderten auf die Ausdehnung nach Süden; „Altona [heute Stadtteil von Hamburg] ist eine dänische Stadt“, habe ich einen dänischen Lehrer vor seiner Schulklasse bei einem Ausstellungsbesuch im Kieler Rathaus sagen hören. Hattstedt wäre ein dänischer Ortsname, sagte mir eine dänische Lehrerin. Autsch.
Mit der Völker-Abstimmung 1920 ist die Reiche-Grenze nördlich von Flensburg recht gerecht gezogen worden; nur wenige zehntausend Deutsche fanden sich im Dänischen Reich, und umgekehrt. Reichsdänen sind nette Leute; Südschleswiger Dänen habe ich als schwierig erlebt.
An Stelle von Frau Spoorendonk würde ich zurückhaltender sein; wenn sich Nordschleswiger Deutsche in gleicher Weise im Kopenhagener Reichstag einmischen, wäre das mir als deutschem Bürger sehr peinlich.
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Detlef Lindenthal
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