1. August – Tag der Gedenktage
Bettina Röhl schrieb gestern bei Tichys Einblick:Auf der Sommerpressekonferenz wiederholte Merkel ihre Durchhalteparole „Wir schaffen das“. Ihr Neun-Punkte-Plan offenbarte das volle Grauen des Merkelschen Versagens. Wir müssen dazu festhalten: Frau Merkel erhielt Anfang September 2015 nicht nur die Unterstützung des Koalitionspartners für ihre Politik, sondern auch die der gesamten sogenannten Opposition – „repräsentative Demokratie“ eben, ohne Repräsentation eines großen Teils der Bevölkerung.
Die Initiative „WIR gegen die Rechtschreibreform“ blickt in diesen Wochen gleich auf mehrere Jubiläen „gräulichen“ Staatsversagens zurück:
Am 1. Juli jährte sich zum zwanzigsten Mal der Tag der „Absichtserklärung“ zur Rechtschreibreform in Wien, 1996. Das hochgradig blödsinnige Machwerk war von einer „zwischenstaatlichen“ Kommission von Kleinschreibbastlern ausgeheckt, in Deutschland von 16 bescheuerten Kultusministern abgesegnet, von 16 kurzsichtigen Ministerpräsidenten beschlossen und in Wien mit Hilfe des Innenministeriums international wirksam bekräftigt worden.
Der Reformer Gerhard Augst ... ... erinnert sich noch, wie die [linken] Schriftsteller damals, 1973, mit der Großschreibung auch das Großkapital stürzen wollten... „Heute kann man sich nur noch wundern, dass die Kultusminister 1996 das Regelwerk überhaupt noch beschlossen haben. Spiegel 30/2005 Auch nach dem Scheitern ihrer Kleinschreibambitionen machten Augst und Konsorten weiter und nervten mit „gräulichem lerm“.
Am 1. August 1998, vor 18 Jahren, wurde dann die Reform gegen die Mehrheit im Volk und unter Geiselnahme der Schüler in Kraft gesetzt, obwohl in Schleswig-Holstein ein Volksentscheid schon in Sichtweite war. Am 27. September wurde die „Reform“ vom Volk gestoppt, am 16. Dezember beschloß dennoch die staatsgefällige Lügenpresse die begleitende Zwangsmissionierung der erwachsenen Bevölkerung, und am 17. September 1999 annullierten die dreisten Kieler Volks„vertreter“ den Volksentscheid.
Am 1. August 2000, vor 16 Jahren, kehrte die Frankfurter Allgemeine unter dem Beifall aller traditionsbewußten Deutschen zur bewährten Rechtschreibung zurück. Die konzernabhängigen und linken Zeitungen jedoch (außer junge Welt und konkret) setzten weiter auf die orthographische Zwangsbeglückung. Die Rechtschreibkatastrophe wurde immer offenbarer. Einige neue CDU-Ministerpräsidenten waren zur Umkehr bereit. Daher beschlossen 2004 der Springerverlagschef Dr. Matthias Döpfner und der Chefredakteur des Spiegel, Stefan Aust, die Rückkehr ihrer Blätter zur bewährten Rechtschreibung – in der Hoffnung, daß die übrigen Zeitungen folgen würden.
Am 1. August 2004, vor 12 Jahren, erschienen wieder alle Zeitungen des Axel-Springer-Verlages in der herkömmlichen Rechtschreibung. Stefan Aust allerdings hatte seine Macht über- und den Einfluß von Bertelsmann & Co. unterschätzt, so daß er bald ausgebootet wurde. Die Focus-Konkurrenz blieb demonstrativ bei der Staatsschreibe. Unter anderem von der inzwischen entpromovierten Kultusministerin Schavan kam dann die Idee des Rechtschreibrates, der die Mängel der „Reform“ ausbügeln, in Wirklichkeit aber die entlaufenen Verlage wieder einfangen sollte. Der Versager der ersten Stunde, Zehetmair, wurde erster Vorsitzender.
Am 1. August 2005, vor 11 Jahren, setzten die Kultusminister die „Reform“ in hysterischem Eifer in den Schulen in Kraft, jedoch mit Vorbehalt für einige noch zu erwartende Änderungen. Die SPD-Sekretärin Nahles verdammte dabei CDU-Länder, die noch bis zur endgültigen Klärung warten wollten. Zehetmair belaberte Springer und FAZ, die schließlich zugelassenen Korrekturen an der „Reform“ zu übernehmen, um wieder eine angebliche „Einheit“ in der deutschen Rechtschreibung herzustellen.
Mitte 2005 gestand die damalige Präsidentin der Kultusminsterkonferenz, Johanna Wanka, im Interview dem Spiegel: „Die Kultusminister wissen längst, daß die Rechtschreibreform falsch war. Aus Gründen der Staatsräson ist sie nicht zurückgenommen worden.“ Das ließ sie aber erst nach Ablauf ihrer Präsidentschaft am 2. Januar 2006 veröffentlichen. Zehn Jahre lang hatten die Versager ihre Fehler geleugnet, und außer Zehetmair und Wanka tun das alle anderen auch heute noch.
Am 1. August 2006 wurde dann die „Reform der Reform“ für die Schulen in Kraft gesetzt. Sie war nun am 2. und 30. März 2006 wiederum von 16 Kultusministern und 16 Ministerpräsidenten genehmigt und beschlossen worden. Darauf wurde der endgültige „Rechtschreibfriede“ ausgerufen, wobei Wert auf die Mitteilung gelegt wurde, daß der undemokratisch ernannte Rechtschreibrat über die Änderungen „demokratisch“ abgestimmt habe. Einige herkömmliche Schreibweisen wurden gnädig als Varianten zugelassen und erzeugten Verwirrung bei unterwürfigen Textproduzenten.
Das Gift der „Reform“, das Heysesche ss-System, das sich auf alle Texte wie Mehltau legt, das alle bewährte Literatur für die nächste Generation veraltet erscheinen läßt, das die Vernichtung aller Jugend- und Schulbücher bewirkt, das seitdem die größte Fehlerquelle ist, blieb nach Vorgabe der Versager-Politiker unantastbar, um den Anschein zu wahren, die Rechtschreib„reform“ sei nicht die größte Scharlatanerie seit dem letzten Weltkrieg, sondern das Ergebnis verantwortungsvoller, weitsichtiger Politik.
Wie wir heute sehen, ist es um den Weitblick der Politiker kläglich bestellt, denn für das Deutsch, das uns nun bevorsteht, hätte es keiner Rechtschreib„reform“ bedurft. Die Einfältigen freuen sich schon darauf, daß alles „bunter, vielfältiger und religiöser“ wird.
(PS. Der Text ist noch nicht endgültig)
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