Das beste eingewanderte Wort
Ist ein Franzose besser als ein Engländer?
Gemeint sind die so genannten Schraubwerkzeuge. Oder was ist besser oder gar schöner: Ein Hammer, eine Zange oder ein Amboß? Der Unfug solcher Fragestellungen ist offensichtlich – nur nicht dem Goethe-Institut unter der Leitung der sprachlaienhaften Staatsjuristin Jutta Limbach. Sie will anscheinend vergessen machen, daß unter ihrer Leitung das Bundesverfassungsgericht den Kultusministern praktisch einen Freibrief für ihre hanebüchene „Rechtschreibreform“ ausgestellt und damit der deutschen Sprache einen schweren Schaden zugefügt hat. Nun wurde in einer Veranstaltung – die artverwandte Dieter-Bohlen-Show „Deutschland sucht den Superstar“ ist immerhin noch sinnvoller – das Wort „Tolpatsch“ („Tollpatsch“), zum „besten eingewanderten Wort“ gekürt.
Der Jury gehörten neben den Staatsdienern Limbach und Thierse auch Dudendödel Wermke und Vicco von Bülow alias Loriot an. Letzterer nimmt sich darunter recht fremd aus, denn er hatte noch anläßlich der BILD-Aktion 2004 gegen die „Schlechtschreibreform“ gestichelt: „Wenn wir so weitermachen, grunzen wir bald nur noch.“ Jetzt hat man den alten Herrn irakkriegsmäßig zum „embedded critic“ gemacht – Zehetmair würde „eingetütet“ sagen. Loriot erkennt sicher den infantilen Unsinn der Augstschen Wortfälschung aus „toll“ und „patschig“ – als Komödie, die das Leben schreibt?
Daß der Aktionismus des Goethe-Instituts ganz andere Ziele verfolgt als die Förderung der deutschen Sprache, wird an den Äußerungen einer Frau Ruckteschell deutlich:
Dem von Barbara Eulberg vorgeschlagenen Siegerwort „Tollpatsch“, laut Duden ein „ungeschickter Mensch“, sieht man seine ungarische Herkunft kaum noch an: „Ein sehr gutes Beispiel für eine gelungene Integration“, findet Katharina von Ruckteschell, Leiterin der Sprachabteilung des Goethe-Instituts. „Talpas“ nannte man im Ungarischen einst scherzhaft die Infanteriesoldaten, die „breitfüßig“, also schwerfällig des Weges kamen. (WELT v. 25.04.2008)
Breitfüßigkeit und Schwerfälligkeit hat gewiß nichts mit Tollheit zu tun. Das ist aber völlig unwichtig, denn es geht um „Integration“, wozu anscheinend auch eine „Rechtschreibreform“ inszeniert werden mußte. Deswegen kommt die „glückliche Ehe“ von „Curry“ und „Wurst“ auf Platz zwei und der „Engel“ mit „Migrationshintergrund“ auf Platz drei. Hier wird jedoch das griechisch-lateinische „Angelus“ unterschlagen und damit die Reformfrage: Warum „Stängel“, aber nicht „Ängel“? Vollends klar wird der politische Beweggrund der ganzen Aktion an der Behauptung der Sprachleiterin: „Jede Sprache, auch die deutsche, würde ohne fremde Einflüsse sterben“ . – Die Isländer haben selbst Allerweltwörter wie „Telephon“, „Interesse“ und „Photographie“ durch eigene Wortschöpfungen ersetzt: sími, áhugi, ljósmynd, ohne daß ihre alte Wikingersprache abgestorben wäre.
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Sigmar Salzburg
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