Liberalisierungen, behutsame Anpassungen
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Neue Liberalisierungen der Rechtschreibreform
Seit Mittwoch wird einmal mehr über die Rechschreibreform diskutiert. Die Zwischenstaatliche Kommission für deutsche Rechtschreibung mit Sitz in Mannheim schlägt in einem Bericht Liberalisierungen vor, einige Punkte des eigentlich geheimen Papiers drangen in die Öffentlichkeit und fanden ihren Niederschlag in den Medien. Droht also eine Reform der Reform? Nein, sagt Kommissionsmitglied und Redakteurin des Österreichischen Wörterbuchs Ulrike Steiner. Es handle sich lediglich um minimale "Änderungen. Nur wenige Bereiche seien überhaupt betroffen.
Die Rechtschreibreform spaltet auch nach fast sechs Jahren noch die deutschsprachige Welt in Befürworter und Gegner, in Anwender und Verweigerer, und nicht zuletzt gibt es auch jene, die munter zwischen Alt und Neu wechseln.
Ihnen könnten die Liberalisierungen durchaus recht kommen, denn es handelt sich mitnichten um eine neue Reform, wie das österreichische Kommissionsmitglied Ulrike Steiner gegenüber science.ORF.at betont.
Alte neue Schreibregeln bleiben in Kraft
Von 'Änderungen' kann man überhaupt nicht sprechen, sagt sie. Es gehe lediglich um bestimmte Varianten in Bereichen der Rechtschreibung, die von Kritikern besonders bemängelt wurden. Dort könnte dem Vorschlag der Kommission zufolge eine zweite Form zugelassen werden.
Mit anderen Worten: Die seit 1998 gültige neue Rechtschreibung wird nirgends aufgehoben oder verändert, die alten neuen Regeln bleiben in Kraft. Man erhalte in einigen wenigen Fällen lediglich eine zusätzliche Möglichkeit der Schreibung.
Beispiele für die Liberalisierung
Treten die Liberalisierungen in Kraft, so können Schreibende in Zukunft etwa zwischen den beiden Varianten ein ratsuchender Mensch und ein Rat suchender Mensch wählen. Auch Leid tun und leidtun wären damit in Zukunft zwei gültige Varianten für die gleiche Aussage.
Wenige Bereiche sind betroffen
Wie Steiner weiter erklärt, sind zudem nur sehr wenige Bereiche der Rechtschreibung überhaupt betroffen.
Bei der Worttrennung oder Zeichensetzung beispielsweise gebe es gar keine Liberalisierung, im Bereich der Groß- und Kleinschreibung fänden sich minimale "Änderungen, die meisten Varianten seien bei der Getrennt- und Zusammenschreibung vorgeschlagen worden.
Müssen neue Wörterbücher erstellt werden?
Was aber ist mit Lehrbüchern oder dem gerade ein paar Jahre alten Duden im heimischen Bücherregal?
Wie die Sprachwissenschaftlerin betont, muss sich niemand ob der Liberalisierung gleich ein neues Wörterbuch anschaffen. Zu gering seien die Änderungen. Und im Jahr 2005 erscheinen die deutschen Wörterbucher ohnehin in neuer Auflage denn dann fällt die alte Schreibung endgültig raus.
Im Zuge dieser neuen Auflage aber könnten die minimalen Veränderungen problemlos nachgetragen werden, zeigt sich Steiner überzeugt.
Begleitung und Beobachtung als Aufgabe
Warum aber kommt es überhaupt zu diesen Liberalisierungen, ist doch die eigentliche Reform erst wenige Jahre alt?
Nach Angaben von Steiner ist es gerade die Aufgabe der Kommission (bestehend aus zwölf Mitgliedern aus Deutschland, Österreich und der Schweiz), die Reform zu begleiten und die Entwicklung der Sprache zu beobachten.
Denn schließlich ist keine lebende Sprache ein starres Gebilde. Sprache verändert sich, sagt Steiner und dem muss man auch bei der Rechtschreibung oder Grammatik nachkommen.
Behutsame Anpassungen an den Sprachgebrauch
Es gehe darum, behutsame Anpassungen an den jeweiligen Sprachgebrauch zu vollziehen, so die Sprachwissenschaftlerin. Diese Veränderungen aber müssten auch in den Regeln ihren Niederschlag finden.
Mit anderen Worten: Letztlich entscheiden im Laufe der Zeit die Benutzer einer Sprache über deren Gestalt. Die Arbeit der Kommission ist nur dann sinnvoll, wenn wir nachbessern und 'Veränderungen' einbringen, sagt folgerichtig auch Steiner.
Das aber sei nichts Neues, das habe es vielmehr schon immer gegeben. Der Duden habe das früher allerdings heimlich, still und leise gemacht, jetzt dagegen gibt es einen Bericht, in dem man alles nachlesen kann.
Ein Vorschlag Änderungen noch möglich
Der kleine Schönheitsfehler: Man kann im dem Bericht derzeit überhaupt nichts nachlesen es sei denn, man gehört zum erlauchten Kreis der Minister oder Kommissionsmitglieder.
Das hat jedoch vielleicht durchaus seinen Sinn, denn bei den Vorschlägen der Kommission handelt es sich wie der Terminus selbst bereits ausdrückt nicht um eine fixe Sache. Entschieden wird die mögliche Liberalisierung erst von der Kultusministerkonferenz, die demnächst tagen soll.
Und wie Steiner zum Abschluss noch einmal betont, ist noch gar nicht sicher, dass es bei jenem derzeit diskutierten Bericht der Zwischenstaatlichen Kommission bleibt. Eine Abänderung der Vorschläge sei noch möglich dieses Wochenende tagt die Kommission wieder in Mannheim.
Sabine Aßmann, science.orf.at (31. 1. 2004)
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