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Sigmar Salzburg
08.08.2017 06.35
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Sütterlin

In „Spiegel Eines Tages“ schreibt Katja Iken unter dem Titel „Vergessene Sütterlinschrift – Ururomas Liebesbriefe“:

Sie retten die Geheimnisse unserer Vergangenheit: Hamburger Senioren entziffern alte, für Laien unleserliche Schriften. Der weltweit angefragte Verein fördert Schockierendes zutage – aber auch Wunderschönes.

„Mein Heinrich, wenn wir uns erst wiedersehen! Die Stunde und den Tag stelle ich mir als den schönsten meines Lebens vor, wie oft, wie glücklich male ich es mir jetzt schon aus!“ ...

Eine Gruppe von Hamburger Senioren entzifferte ... die mit heißem Herzen verfassten Treueschwüre, die da vor 150 Jahren zwischen Hamburg und Lyndoch Valley hin- und hergingen. Silbe für Silbe, eine Knochenarbeit – spannend wie ein Krimi...

Mittlerweile hat die Sütterlinstube Hamburg rund 3500 Aufträge bearbeitet, ist sechs Monate im Rückstand, erhält Anfragen aus aller Welt. „Wir werden regelrecht überrannt“, sagt Witte. Denn die Senioren können nicht nur Sütterlin entziffern, jene 1911 vom Berliner Grafiker Ludwig Sütterlin vereinheitlichte Normschrift, sondern auch ältere, etwa die Kurrent- oder die Kanzleischriften.
spiegel.de 2.8.2017
Was allgemein unter dem Namen des Graphikers Sütterlin gehandelt wird, galt höchstens 30 Jahre, bis zur reformmäßigen Abschaffung der deutschen Fraktur und Schreibschrift durch Hitler 1941. Sütterlin hatte seine Schrift für die Schulen auf gleiche Linienstärke vereinfacht, aber meine Mutter übte noch Anfang der Zwanziger mit „Haarstrich und Druckstrich“ die Kurrentschrift und behielt sie lebenslang bei. Beim Lesen ihrer und älterer Briefe konnte ich immer nur die Schönheit der Schrift und die Sicherheit in der Rechtschreibung bewundern.

Jetzt hatte ich wieder Anlaß, in alten Dokumenten zu lesen. Eine aus Südamerika zugewanderte Namensvetterin, deren Vorfahren aus der oberschlesischen Stadt Oppeln stammen, wollte wissen, ob und wie wir miteinander verwandt seien. Also las ich (bis jetzt erfolglos) wohl 20000 Einträge von Standesämtern und Kirchen, um das herauszufinden. Die Salzburgs in Oppeln seien alle miteinander verwandt, sie wüßten nur nicht wie, hatte meine Mutter gehört.

Die Einträge schwankten zwischen bewundernswerter Kalligraphie bei den seit 1874 tätigen preußischen Standesämtern und kaum leserlichen Taufbucheintragungen der Hauptkirche. Um 1815 waren die Salzburgs meistens Weber. Die Ehefrauen hießen noch „Eheweib“. Die Namen waren zur einen Hälfte polnischer und zur anderen deutscher Herkunft. Allerdings stimmten 1921 in der von den Alliierten erzwungenen Volksabstimmung 95 Prozent der Einwohner für einen Verbleib bei Deutschland und 5 Prozent für einen Anschluß an Polen, zu dem jedoch das Land 800 Jahre lang nie gehört hatte.

Die ab 1945 erfolgte Vertreibung zählt zu den großen Verbrechen der polnischen Nationalisten und sowjetischen Stalinisten – die aber ab 1970 auf Betreiben von SPD und FDP mit den Ostverträgen praktisch für rechtmäßig erklärt wurden. Damals wurde die Vertreibung von 20 Prozent der Deutschen aus ihren angestammten Ost- und Randgebieten hingenommen. Nun wird 40 Jahre später eine weitere Verdrängung der Deutschen durch inzwischen fast 20 Prozent Orientalen und Afrikaner von den perversen Altparteien geduldet oder gar bejubelt. Sie müssen abgewählt werden.

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Sigmar Salzburg
08.05.2015 17.37
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Die Abschaffung der Schreibschrift ...

... ist für viele Schul- und Schreibreformierer das nächste Ziel. Ein Kulturverlust? Nein, denn schon stehen die Software-Entwickler bereit, auch jede Handschrift für den Tatsch-Skrien tippbar zu machen. Demnächst werden die ABC-Schützen wie Albert Einstein schreiben können:

Harald Geisler, ein Typografie-Experte aus Frankfurt, will nun die Handschrift Albert Einsteins als Font auf den Computer bringen. Damit ließen sich Texte verfassen, deren Schriftbild so aussieht, als hätte der Begründer der Relativitätstheorie sie selbst zu Papier gebracht. Auf der Crowdfunding-Plattform Kickstarter hat Geisler bereits die 15.000 Dollar eingesammelt, die er für den Start des Projekts benötigt...

Für das Projekt hat Geisler bei der Hebrew University Jerusalem die Rechte zur Nutzung der Handschrift erworben. Der Font soll dann kommerziell angeboten werden. Wer sich am Kickstarter-Projekt beteiligt, bekommt eine private Lizenz für 15 Dollar und eine kommerzielle ab 50 Dollar.

spiegel.de 7.5.2015

Die beigegebene Schriftprobe zeigt: Einstein schrieb eine sehr schöne Lateinschrift, ß-frei und noch mit altertümlichem „th“. Das war aber nicht durchgängig üblich. Sein jüngerer Physikerkollege Wolfgang Pauli verwendete das „ß“ traditionell, wie man an seinen Briefen seit den Zwanziger Jahren sehen kann.

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Sigmar Salzburg
02.04.2015 07.27
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Umfrage unter 2000 Pädagogen:

Lehrer beklagen schlechte Handschrift bei Schülern

Falsche Stifthaltung, unleserliche Schrift: In einer Umfrage gaben 79 Prozent der Lehrer an, ihre Schüler hätten zunehmend Probleme mit der Handschrift. Manche Pädagogen würden am liebsten wieder Schriftnoten vergeben.

„Das Lernen wird erschwert, da die Schüler ihre eigene Schrift nur mit Mühe lesen können“, teilt ein Lehrer einer weiterführenden Schule in Nordrhein-Westfalen mit. Der Pädagoge hat sich neben rund 2000 Kollegen aus ganz Deutschland an einer Umfrage des Lehrerverbands zum Thema Handschrift beteiligt.

Das Ergebnis der Befragung: Lehrer sorgen sich zunehmend um die Handschreib-Kompetenzen ihrer Schüler – diese hätten sich in den vergangenen Jahren verschlechtert. Nur 38 Prozent ihrer Schüler, sagen die Lehrer, könnten 30 Minuten oder länger beschwerdefrei schreiben. Fast alle Lehrer sahen zudem einen Zusammenhang zwischen der Handschrift eines Schülers und seinen schulischen Leistungen.
[...]
Nicht nur mangelnde Handschreib-Fähigkeiten werden immer wieder diskutiert, es gibt auch Überlegungen, künftig auf das Erlernen der Schreibschrift zu verzichten. So wollen zum Beispiel die Schweiz und Finnland in Zukunft auf Lernen am Computer setzen, das Erlernen einer Handschrift wird damit auf lange Sicht überflüssig.

„Ausdruck der Persönlichkeit“

Die Präsidentin der deutschen Kultusministerkonferenz (KMK), Brunhild Kurth (CDU), will die traditionelle Schreibschrift jedoch erhalten: „Die zunehmende Digitalisierung können wir nicht aufhalten. Umso wichtiger ist es, dass die Schule dafür sorgt, dass alle Schüler eine individuelle und lesbare Handschrift entwickeln“, sagte die sächsische Bildungsministerin. „Dazu gehört auch, dass, wann immer möglich, also auch in den höheren Klassen, mit der Hand geschrieben wird.“
Es gehe um den Erhalt motorischer Fähigkeiten – und um mehr: „Handschriftliches kann man nicht einfach löschen, man muss gut überlegen, bevor man schreibt. Damit wird das strukturierte Denken gefördert“, sagte Kurth. Und: Handgeschriebenes sei „Ausdruck der Persönlichkeit, es macht möglich, sich selbst als Individuum zu begreifen.“

spiegel.de 1.4.2015

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Sigmar Salzburg
12.07.2014 10.55
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Handschrift contra Tastatur

Wer schreibt, der lernt

Wie prägt sich der Uni-Stoff am besten ein? Zwar dominiert beim Mitschreiben im Hörsaal derzeit meist das Laptop-Geklapper. Doch Lernforscher stellten fest: Wer von Hand notiert, schneidet messbar besser ab.

Die Zeiten, in denen Studenten ausschließlich mit Notizblöcken in den Seminaren saßen, sind längst passé. Kugelschreiber, die übers Papier fahren, finden sich kaum noch, stattdessen: Smartphones, Tablets und Laptops. Das könnte allerdings ein Problem sein.

Forscher der Princeton-Universität und der Universität von Kalifornien haben nämlich herausgefunden, dass die handschriftliche Methode die bessere ist: In drei Studien konnten sie zeigen, dass Studenten, die sich Notizen auf dem Laptop machen, bei Leistungstests schlechter abschnitten als diejenigen Studenten, die das Wichtigste per Hand mitschreiben.

Der Grund: Auf dem Laptop tendiert man dazu, alles wörtlich zu notieren. Wer sich hingegen Notizen per Hand macht, filtert aus dem Gehörten das für sich Entscheidende direkt heraus und formuliert es in eigene Worte um. Und das kann man sich besser merken.
spiegel.de 12.7.2014

Es kommt wahrscheinlich noch mehr hinzu: Durch das bewegte Nachvollziehen der Wortbilder der Schreibschrift werden mehr Gehirnzellen aktiviert und Erinnerungen geweckt, als durch die Tipperei auf einer willkürlichen Tastenanordnung.

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Sigmar Salzburg
08.04.2014 08.52
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Schweiz schafft Schreibschrift ab

BERN. Die Mehrheit der Schweizer Kantone sowie Lehrerverbände haben sich für eine Abschaffung der Schreibschrift ausgesprochen. Wie die Neue Züricher Zeitung berichtet, soll statt dessen künftig eine Basisschrift mit nicht verbundenen Buchstaben gelehrt werden.
„Die Basisschrift ermöglicht es den Schülern besser, ihre individuelle Handschrift zu entwickeln“, begründete die Präsidentin des Schweizer Lehrerverbands, Beat Zemp, den Vorstoß.
jungefreiheit.de 8.4.2014

1) Beat Zemp ist deutlich ein Mann und sein Vorname die männliche Form von „Beate“.
2) Analogie: „Die Rechtschreibreform ermöglicht es den Schülern besser, ihre individuelle Rechtschreibung zu entwickeln“.

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Sigmar Salzburg
07.05.2012 15.59
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Zerstörtes Kulturerbe

Sütterlin
Übersetzer der vergessenen Schrift


Von Verena Töpper

Was hat eigentlich Opa im Krieg gemacht? Seine Tagebücher würden es verraten – wenn man sie nur entziffern könnte. Sütterlin ist zur Geheimschrift geworden, Transkribierer sind weltweit gefragt. Eine Hamburger Seniorengruppe hilft: mit USB-Stick und Rollator.
[...]
[Hannelore] Faroß unterrichtet Sütterlinschrift an der Volkshochschule Norderstedt. Fünfmal zwei Stunden, dann können die Schüler schreiben wie ihre Vorfahren – und Tagebücher, Briefe oder Rezepte von Opa, Tante oder Uronkel lesen. Martina Petzold möchte ein Poesiealbum der Großmutter entziffern, Hans Baierlein alte Briefe. Jeder Schüler hier hat ein Erbstück zu Hause, das er nicht lesen kann.

„Bald lebt niemand mehr, der Sütterlinschrift in der Schule gelernt hat“, sagt Hannelore Faroß. „Und wer soll dann die ganzen Zeitdokumente lesen?“ Deshalb ist die pensionierte Sekretärin Lehrerin geworden, im Alter von 73 Jahren. Sie hat an einem Lehrbuch mitgearbeitet und bietet sogar einen Fernkurs an.

Briefe und Tagebücher aus aller Welt

140 Leute haben mit ihrer Hilfe schon Lesen und Schreiben der Sütterlinschrift gelernt, viele Ahnenforscher waren dabei, selbst aus Israel kamen Anfragen. Die bisher jüngste Schülerin war 13 Jahre alt. Ein schwieriger Fall, sagt Faroß: „Die neue Rechtschreibung und Sütterlin – das passt einfach nicht zusammen.“ Wörter mit „ss“ am Ende gibt es nämlich in der alten Schrift nicht.

Faroß selbst war lange Zeit nicht klar, dass ihre Schriftkenntnisse etwas Besonderes sind. Dann las sie einen Aufruf im Videotext des NDR: Der Hamburger Verein Sütterlinstube suchte pensionierten Nachwuchs, um Schriftstücke von der deutschen in die lateinische Schrift zu übertragen – Lebensläufe, Grundbucheintragungen, Tagebücher, Briefe, Testamente.

Mehr als 1500 Aufträge haben Faroß und ihre Vereinskollegen in den vergangenen elf Jahren bearbeitet. Und jede Woche kommen neue Dokumente per Post oder E-Mail, aus allen Teilen Deutschlands, aber auch aus den USA, Mexiko, Brasilien oder Australien. Manchmal ist nur eine Seite zu transkribieren, manchmal ein ganzes Buch. Und nicht immer handelt es sich um Sütterlinschrift. „Aber wer das lesen kann, kann auch viele andere deutsche Schriften lesen“, etwa Kurrent- oder Kanzleischrift, sagt Faroß. Das älteste Dokument, das die Sütterlinstube übertragen hat, ist eine Vermögensaufstellung aus dem Jahr 1550.
[…]

spiegel.de 7.5.2012

Meine Mutter und Großmutter haben noch Latein- und Kurrentschrift gelernt. Die Abschaffung von Fraktur und deutscher Schrift ist eins der Kulturverbrechen Hitlers, die mit der „Rechtschreibreform“ von den Kultusministern noch vollendet wurden.

Dazu paßt:

Mitglieder einer El-Kaida-Splittergruppe haben in Timbuktu ein Mausoleum unwiederbringlich zerstört. Die Grabstätte gehörte zum Unesco-Weltkulturerbe, Einheimische sind entsetzt.
...
focus.de 6.5.2012

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Sigmar Salzburg
15.02.2012 11.28
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Süddeutsche Zeitung Magazin

Wieder einmal wird wortreich der kulturbanausische Aktionismus der Schul- und Schreibreformer verharmlost. Und selbst die vielsagende degressive Handschriftenprobe beginnt mit einer Lüge: Sie fängt erst nach der von den 16 Kulturschurken erpreßten ss-Reform an.

Das Ende der Handschrift?
Die Kringel in Liebesbriefen, alte Tagebucheinträge, elterliche Geburtstagsgrüße: all das versetzt beim Wiedersehen Erinnerungsstiche. Aber reichen Sentimentalitäten aus, um für die Handschrift ins Feld zu ziehen?
VON PETER PRASCHL

Es lohnt nicht, alles hier bereits Durchgekaute zu wiederholen. Nur ein paar Schnipsel aus dem Text:

… Die Argumente der Reformer: Die Unterrichtszeit, die man spart …

Dieses Denken aus der Fließbandproduktion kennen wir schon von den vorherigen Reformpropagandisten:

[Der Verleger Frohmut Menze (AOL-Verlag), der in Zusammenarbeit mit Bertelsmann die Rechtschreibreform duchsetzen hilft, wird in Zabels Buch „Widerworte“ mit einer Berechnung zitiert, die sich auch in seinen Briefen findet: Durch die Rechtschreibreform würden wegen der Erleichterungen 1.250.000.000 Unterrichtsstunden eingespart, d. h., auf zehn Jahre umgerechnet, „knapp 11 Milliarden DM“. Th. Ickler]

Erstaunlich viele Menschen halten diese Entwicklung für apokalyptisch. Die Bundesbildungsministerin Annette Schavan befürchtet, Kinder damit zu unterfordern…

Aber als Kultusministerin hat sie, um ja keinen zu überfordern, den Schulkindern und letztlich dem ganzen Volk die „Quentchen“ und „Stengel“ verboten.

Von drohenden grafomotorischen Störungen ist die Rede …

Sehe ich zum ersten Mal – greuliche Orthographie, schlimmer als Polyfonie.

… und dann noch die Horrormeldung:

Nach Berechnungen der National Academy of Sciences sterben in den USA jedes Jahr 7000 Menschen, weil ihre Ärzte unleserliche Rezepte ausstellen...

Ohnehin können einem die Argumente der Schreibschriftbewahrer gelegentlich Beklemmungen verursachen: Dass durch das Schreiben per Hand die Feinmotorik gefördert wird, klingt, als ginge es um eine Art Handgymnastik – statt um ein Mittel, sich auszudrücken und die eigenen Gedanken durch Schrift zu verfestigen. ...

sz-magazin.sueddeutsche.de 14.2.2012

Eine der schönsten Schriften der Welt, die arabische, kann man gar nicht anders als kursiv und verbunden schreiben. Wenn es nach den Veränderern ginge, müßten in der orientalischen Welt wieder die punisch-phönizischen Runen eingeführt werden (die ich natürlich auch geübt habe), die aber keinem dortigen Schulkind zuzumuten wären.

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Sigmar Salzburg
16.01.2012 15.50
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Alle Jahre wieder …

… wird eine neue Reform-Sau durch die Schulen getrieben!

Schnörkelloses Streitobjekt
Bildung: Sieben bayerische Grundschulen erproben die neue »Grundschrift«, darunter drei im Raum Aschaffenburg – Droht der Kulturverfall?

Kreis Aschaffenburg »K..., Ko..., Ka..., Pirat.« Nein, im Wort Pirat kommt das K nicht vor. Der kleine Seeräuber im Heft wird durchgestrichen. »K..., Ko..., Käse. Ja!« Der Erstklässler in der Grundschule Winzenhohl lernt gerade das Alphabet. Er übt wie alle Schulanfänger in Bayern zunächst, Druckbuchstaben zu schreiben.

Im Gegensatz zu den meisten anderen muss er aber später keine Schreibschrift mehr lernen, wie sie Millionen Deutsche in ihre Schulhefte kratzten. Der Junge lernt die neue »Grundschrift«.

Weg mit Köpfchen und Schleifchen

… Seit 2010 erprobt die Grundschule im Hösbacher Ortsteil Winzenhohl diese neue Methode, im vergangenen Schuljahr noch als eine von nur zwei Schulen in ganz Bayern. Mittlerweile sind es laut Kultusministerium sieben Schulen im Freistaat, die beim Schulversuch mitmachen: … Maresa Karpf … ist schon jetzt von der »Grundschrift« überzeugt: Abgesehen davon, dass Lehrmaterial Mangelware sei (am Anfang malte sie per Hand in alte Übungshefte Schwünge an Druckbuchstaben) – sei der ganze Schreiblehrgang entschlackt; ihr bleibe im Unterricht viel mehr Zeit für Rechtschreibung oder Lesen.

Kritiker: Sinkender Anspruch

Es stelle sich ohnehin die Frage, warum die Kinder all die Bögen und Kringel lernen müssten. »Ab einem gewissen Alter fangen viele sowieso wieder an, zu drucken.« Die ersten Erfahrungen jedenfalls haben der 40-Jährigen, die seit 15 Jahren unterrichtet, nach eigenen Angaben gezeigt: Leichteres Schreibenlernen regt dazu an, gerne zu schreiben.

Trauert sie dem Verlust einer hübsch schnörkeligen Schrift nach? »Überhaupt nicht«, so Karpf: Stillstand dürfe es nicht geben in der Pädagogik. »Wenn man nie was getestet hätte, würden wir heute noch mit dem Gänsekiel schreiben«. [!] Schulleiter Fred Völker, als Grundschulverbands-Vorstandsmitglied in Bayern erklärter Grundschrift-Fan, ergänzt: »Kinder sind heutzutage motorisch schwächer. Da müssen wir uns als Schule doch bewegen.«

Es gehe dabei nicht um Ideologien. Völker spielt auf den Streit um die neue Methode an: Seit der Einführung im Sommer in Hamburg tobt ein Kulturkampf, der bald so laut sein könnte wie der um die Rechtschreibreform. Von Kulturverfall ist die Rede, von Reformwut, von sinkendem Anspruch an die Schüler, von einem schulpolitischen Himmelfahrtskommando.

Den Erstklässler in Winzenhohl juckt das nicht. Er malt stolz seine ersten steifen Ks ins Heft, während Laura am Tisch gegenüber, sie ist schon in der zweiten Klasse, ihre Ks mit kräftigen Schwüngen übt. Längst kann sie flüssig schreiben. »Und schön«, sagt ihre Lehrerin Maresa Karpf. Jens Raab


Hintergrund: Die Debatte um die »Grundschrift«
Das Gekrittel am Gekrakel in deutschen Schulen ist groß: Viele Schüler könnten ihre eigene Schrift nicht entziffern, jammern Lehrer. Das Problem nehme mit Motorik-Problemen – als Folge von Zeitmangel oder der Dominanz von Computern – zu. Von Rechtschreibproblemen ganz zu schweigen. Für den 10 000 Mitglieder starken Grundschulverband, eine bundesweite »Basisinitiative« von Lehrern und Wissenschaftlern, liegt ein Schlüssel zur Problemlösung in der »Grundschrift«. Sie führe schneller und einfacher zu gut lesbarer Gebrauchsschrift. Sie hebt sich ab von den drei in Deutschland gängigen, normierten »Ausgangsschriften«, die Grundschüler lernen (siehe »Schriftenwirrwarr«). Diese entwickelten sich aus der »Deutschen Normalschrift«, die 1941 die Nazis einführten. Das bayerische Kultusministerium, das 2014/2015 einen neuen Grundschullehrplan einführen will (siehe Beitrag unten), prüft derzeit, ob die Grundschrift dann eingeführt werden soll. »Noch ist alles offen«, betonte gestern Ministeriumssprecherin Marion Rüller. Die Kritik an der »Grundschrift« ist vielstimmig. Die »Retortenschrift« eines einzelnen Verbands diene finanziellen Interessen (der Grundschulverband verkauft Lehrmaterial). Sie befördere das bestehende Schriftenwirrwarr und den Verfall der Handschrift sowie Konzentrationsstörungen.

[Fettdruck original]

main-netz.de 14.1.2012

Merke: Ein dezenter Hinweis auf die Nazis fördert die Durchsetzung. Bei der „Rechtschreibreform“ fehlte er auffällig!.

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Sigmar Salzburg
10.12.2011 09.54
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Deutschlandfunk

PISAplus 10.12.2011 · 14:05 Uhr

Schwerpunktthema: „Die Schulä fenkt an“

Wie Kinder in der Grundschule Schreiben lernen
Moderation: Regina Brinkmann


Aktuelles Schwerpunktthema: „Die Schulä fenkt an“ – Wie Kinder in der Grundschule Schreiben lernen

Die Zeiten, in denen Kinder ihre ersten Buchstaben auf Anweisung der Lehrer auf kleine Schiefertafeln malten, sind lange vorbei. Heute entscheiden sie selbst, was und wie sie schreiben möchten. Die sogenannte Anlauttabelle macht es möglich.

Jedem Buchstaben wird dort ein Bild zugeordnet. Mit Hilfe dieser Tabelle bringen die meisten Kinder innerhalb kurzer Zeit ihre ersten Wörter wie „Farat“ oder „Muta“ auf Papier. Rechtschreibung ist dabei erst einmal Nebensache, die Kinder sollen durch Korrektur nicht demotiviert werden. Während Bildungsforscher begeistert sind, stehen Eltern dieser Methode immer wieder skeptisch gegenüber. Und Lehrer weiterführender Schulen klagen zunehmend über Rechtschreibprobleme ihrer Schüler.

PISAplus fragt: Wie berechtigt ist die Sorge der Eltern, dass ihre Kinder in der Grundschule nicht richtig Schreiben lernen? Was spricht aus wissenschaftlicher Sicht dafür, Kinder erst einmal frei nach Gehör schreiben zu lassen?

Als Gesprächspartner:

Prof. Dr. Petra Hanke, Institut für Allgemeine Didaktik und Schulforschung an der Uni Köln

Heinz-Peter Meidinger, Bundesvorsitzender Deutscher Philologenverband

Geplante Beiträge:

Heike Zafar: Laut für Laut durch das Alphabet – Ein Schulbesuch

Deutschlandfunk 10.12.2011

Das reformierte Lernen: Erst Falsches einüben – dann sich mit mühsam eingepaukten Regeln dem angeblich Richtigen annähern.

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Sigmar Salzburg
07.12.2011 16.50
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Grundschrift versus Schreibschrift

Lasst die Schnörkel leben!

Verglichen mit den Leidenschaften, die vor einigen Jahren der Streit um die Rechtschreibreform in der allgemeinen Öffentlichkeit auslöste, ist es kaum mehr als ein hier und da aufkommendes Grummeln: der Streit um die neue „Grundschrift“, die in Deutschland eingeführt werden soll, wenn es nach dem „Grundschulverband e. V.“ geht, der sie energisch als Befreiung der Abc-Schützen von der überflüssigen Pein des doppelten Schreibenlernens propagiert….
Alle aktuellen schulischen Normschriften wurzeln aber nicht in der deutschen, sondern in der lateinischen Schreibschrift, die von den Nationalsozialisten 1941 eingeführt wurde, weil sie darauf spekulierten, europäische Hegemonialmacht zu werden...
sueddeutsche.de 7.12.2011

Danach wurde sie von den Besatzern beibehalten, weil die mitlesen wollten und anschließend von den „Fortschrittlichen“, die das als ersten Schritt zur Rechtschreibreform ansahen. Einer meiner Lehrer leistete 1949 noch Widerstand und brachte der 40köpfigen Klasse die richtige deutsche Schrift bei.

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PL
04.08.2011 16.50
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Als ob die gehetzten Schulkinder die Muße der mittelalterlichen Mönche hätten …



Bildquelle

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Sigmar Salzburg
04.08.2011 06.33
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Karin Pfeiffer-Stolz in der taz

NEUE SCHRIFTART

Schreiben mit Holzpantoffeln

Hamburg führt bald die „Grundschrift“ ein. Lehrer brauchen Nachhilfe und Schüler erfinden sich ihre Handschrift selbst. Eine Polemik.

VON KARIN PFEIFFER-STOLZ


Mal ehrlich: Würden Sie in Holzpantoffeln zu einem Wettlauf antreten? Dumme Frage. Etwas vergleichbar Dummes aber wird zurzeit für das schulische Lernen vorgeschlagen und ist kurz davor, auf politischem Wege verwirklicht zu werden. Ohne Politik ist heute ohnehin keine Pädagogik mehr zu machen, das sei am Rande vermerkt.

Die zähe Lobbyarbeit eines in Frankfurt ansässigen Interessenverbandes beginnt Früchte zu tragen: Der Grundschulverband hat erreicht, dass in Hamburg ab dem kommenden Schuljahr eine neue Retortenschrift für den Schreibunterricht zugelassen wird: die „Grundschrift“.

Druck- und Schreibschrift?
Um der zu erwartenden Kritik den Wind aus den Segeln zu nehmen, kleben die Frankfurter der Verkaufspackung nun ein vom Inhalt ablenkendes Etikett auf. Die „Grundschrift“ sei keine Druckschrift, sondern eine Schreibschrift. So vernimmt man – und staunt. Denn eine Druck- und Schreibschrift, die gibt es bislang nicht. Aber der Reihe nach.

Hamburgs Schüler dürfen sich glücklich schätzen. Denn sie befinden sich in derselben Lage wie Sportler, denen man Holzpantinen verordnet, weil man damit schneller und besser läuft als mit Turnschuhen. Die Druckschrift ist für die Hand ungefähr dasselbe, was der Holzpantoffel für den Fuß ist. Man schreibt nicht mehr fließend, man druckt gewissermaßen. Wer kennt das nicht: Beim Schreiben längerer Texte in Druckschrift verkrampfen sich die Finger lautlos.

Der Vorsitzende des Grundschulverbandes, Horst Bartnitzky, wirbt für die neue Schrift wie folgt: „Damit Kinder besser schreiben lernen!“ Es folgt das Versprechen, Kinder würden „eine flüssige und lesbare Handschrift entwickeln – die Schrift, die sie in Schule, Ausbildung und Beruf brauchen“. Wir dürfen daraus den Schluss ziehen, dass Schüler auch künftig in der Lage sein sollen, Texte gewandt und flott mit der Hand zu schreiben, weil dies nach wie vor zu den Voraussetzungen für den Eintritt ins Berufsleben gehört.

Suppe mit Gabel löffeln
Wenn der Clown auf der Bühne versucht, mit der Gabel Suppe zu essen, dann lachen wir ihn aus. Keine Gabel wird zu einem Löffel, auch wenn diese noch so oft in die Suppe getunkt worden ist. Das gilt auch für die Druckschrift. Sie bleibt eine Druckschrift, sogar noch dann, wenn in Hamburg einmal alle Schulkinder die Druckbuchstaben mit der Hand schreiben sollten.

Die Druckschrift ist die ideale Schrift zum Zwecke des Lernens der Buchstaben. Und sie ist zugleich die Grundlage mechanischen Druckens. Für die Hand aber gibt es die Schreibschrift. Deren Buchstabengestalt hat sich im Verlaufe der Schriftgeschichte allmählich ökonomisch geformt. Miteinander verbundene Buchstaben erwiesen sich als bestgeeignetes Medium für handgeschriebene Texte.

Schreibschrift ermöglicht fließendes, schnelles Schreiben. Schreibschrift ist keine Druckschrift, sie besitzt andere Buchstabenformen. Wenn ein Interessenverband der gutmütigen Kundschaft die Einzellettern der Druckschrift als Handschrift verkaufen will, ist dies schon mehr als Dummheit – es ist Chuzpe aus wirtschaftlichem Interesse.
Offensichtlich hat man im Grundschulverband von Anfang an befürchtet, dass die Abschaffung der Schreibschrift bei Eltern und Lehrern auf heftige Ablehnung stoßen würde. Den Beleg dafür liefert der ehemalige Vorsitzende des Grundschulverbandes, Bartnitzky: „Da der Begriff ,Druckschrift' gemeinhin mit dem Vorgang des Druckens verbunden wird, suchten wir einen anderen Begriff für die handgeschriebenen Druckbuchstaben. Es sollte die grundlegende Funktion als erste Schreibschrift deutlich machen sowie den Charakter als Ausgangsschrift für die Entwicklung einer individuellen Handschrift. Wir wählten den Begriff Grundschrift.“ Deswegen hat der Grundschulverband auch vorgesorgt: Materialpakete mit den handgeschriebenen Druckvorlagen werden zum Preis von 39 Euro feilgeboten.

Nichtunterricht
Während für die Schulkinder alle möglichen Freiheiten gelten, sollen sich deren Lehrer nach einer strengen Norm richten. Die Lehrpersonen bekommen quasi die Instruktion, die exakten Buchstabenformen sowie eine ökonomische Schreibbewegung keinesfalls zu unterrichten. Das klingt wie Nichtunterricht der allerfeinsten Sorte! Jede Einmischung in den Lernprozess der Kinder beeinträchtige nämlich den Lernerfolg. Grobe pädagogische Fehler seien zum Beispiel das Vorgeben der Schreibrichtung oder das Verwenden von Linien als Hilfe zum Einüben der unterschiedlichen Größenverhältnisse bei Buchstabenformen. Auf liniertes Papier könne verzichtet werden, denn ganz frei, ganz ungebunden entwickle sich die ideale Handschrift! Ein „vorbildliches“ Ergebnis dieses Antiunterrichts ist, fotografisch festgehalten, auf der Homepage des Grundschulverbands zu bewundern. Interessierte können es dort abrufen.

Kinder „entdecken“ jetzt neben der individuellen Orthografie auch die eigene Schrift. Offensichtlich sind Schrift und Orthografie genetisch verankert. Die guten Anlagen entfalten sich dann am besten, wenn wir die Kinder dabei nur nicht behindern. Wir müssen uns darauf einrichten, dass es bald viele individuelle Schriften geben wird. Das Ziel dieser lebendigen Vielfalt wird umso rascher erreicht, wenn beim Erstunterricht jedem Schüler freigestellt ist, auf welche Weise er einen Buchstaben schreiben möchte. Ob von oben nach unten oder von unten nach oben, ob von rechts nach links oder von links nach rechts, all das spielt keine Rolle. Hauptsache, man kann es lesen.

Aber gerade da sind Zweifel angebracht. Die „Schreibbewegung von links nach rechts“ wird zwar nicht vorgeschrieben, dennoch sei ihr der Vorrang zu geben, da sich in unserer Schriftkultur diese Schreibrichtung nun einmal etabliert habe. „Es ist also hilfreich, wo immer es geht, die Schreibbewegung von links nach rechts zu wählen“, sagt Bartnitzky. „Ein Beispiel: Beim kleinen a oder d könnte zuerst rechts der Abstrich geschrieben, dann nach links der Bauch ergänzt werden.“

Handschrift selbst finden
Man darf davon ausgehen, dass sich die von der Kinderhand auf Papier hinterlassenen Buchstaben zu lustigen Haufen zusammenballen, die an alle möglichen Fantasiegebilde erinnern, bloß nicht an Schrift. Ob es intelligenten Kindern Spaß macht, wenn sie schreiben sollen, wie sie möchten, ist mehr als fraglich. Kinder haben den Wunsch zu lernen, wie man es richtig macht. Die Zurückhaltung der Erwachsenen werden sie als Gleichgültigkeit interpretieren und damit den Eindruck gewinnen, dass die Schreib- und Lesekunst nicht wichtig und daher wertlos sei. Schriftkultur muss gepflegt werden, sonst verfällt sie. Wir dürfen die Kunst des Schreibens unseren Kindern nicht vorenthalten nach dem fragwürdigen Motto: Erfindet doch eure Handschrift selbst!

Der Grundschulverband stellt die Behauptung auf, die Schreibschrift sei „historisch überholt“ (Bartnitzky). Was eher „historisch überholt“ sein könnte, sind Einrichtungen, deren Gründung zeitlich etwa 40 Jahre zurückdatiert. Der Grundschulverband besitzt weder ein demokratisches Mandat, noch haben seine Mitglieder das Recht, im Namen der Allgemeinheit zu sprechen. Wer unsere Schreibschrift einseitig für „historisch überholt“ bezeichnet, muss dafür bessere Gründe anführen als jene fadenscheinigen Behauptungen, die die handfesten Sonderinteressen nur dürftig verbergen.

Bei genauem Hinsehen wird deutlich, dass die traditionelle Schreibschrift der flächendeckenden und lukrativen Vermarktung des eigenen Schriftproduktes im Wege steht. Sollte die „Grundschrift“ tatsächlich die bessere Alternative sein, dann wird sie sich im freien Wettbewerb auf dem pädagogischen Markt behaupten, ohne dafür steuergeldfinanzierte Werbemaßnahmen ergreifen und die Politik als Erfüllungsgehilfe einspannen zu müssen. Pädagogische Probleme können nur mit pädagogischen Mitteln gelöst werden, nicht aber mit politischen! Die fortlaufenden Verstöße gegen diesen Grundsatz sind Hauptursache für die dauernden Unruhen an den Schulen und den daraus resultierenden Leistungsverfall im Lesen, Schreiben und Rechnen.

Nachhilfe für Lehrer
Ein Lehrer könnte sich nun zu Recht fragen: „Wozu soll ich 39 Euro ausgeben für Druckschriftvorlagen, da es doch gut eingeführte, kostenlose Schuldruckschriften gibt, für deren Gebrauch keine Schulung nötig ist?“ Soll er die private Sammlung teuer bezahlter Unterlagen wegwerfen und sich für eine üppige Summe mit neuem Material eindecken müssen? Wozu persönliche Zeit opfern für Fortbildung einzig zu dem Zweck, dem Geheimnis einer handgeschriebenen Druckschrift auf die Spur zu kommen? Was soll die Schriftenverwirrung? Wollte der Grundschulverband denn nicht genau dieser an den Kragen gehen? „Schluss mit dem Schriftenwirrwar!“, tönt es aus Frankfurt. Und als Maßnahme wird just das getan, was man beklagt: Man vergrößert die Verwirrung und fügt zu den bereits bestehenden Schriften eine weitere hinzu.

Ich bezweifle, ob hinreichend klar ist, was auf die Schule zukommt, wenn wir dem Projekt „Grundschrift“ vorschnell unser Wohlwollen schenken. Man sollte sich intensiv mit dieser neuen Schrift auseinandersetzen, bevor sie gänzlich das Terrain erobert: Den Fuß hat sie bereits in der Hamburger Tür. Aktuelle Umfragen haben erwartungsgemäß gezeigt, dass knapp 90 Prozent der Befragten gegen die neue Druckschrift sind und für die Beibehaltung der Schreibschrift votieren. Wie die Erfahrung zeigt, werden politische Entscheidungen in vielen gesellschaftlichen Bereichen zunehmend gegen den erklärten Willen der Betroffenen durchgeboxt. Bereits lange ehe überhaupt öffentliche Diskussionen geführt werden, sind hinter den Kulissen Geschäfte angebahnt und Verträge geschlossen worden.

taz.de 3.8.2011

Hinweis von Rechtschreibung.com:
Einen lesenswerten Artikel zum gleichen Thema hat auch Heike Schmoll in der FAZ.net v. 2.8.2011 verfaßt:


Politische Handschriften
Die Grundschulen sind seit jeher ein beliebtes Experimentierfeld für pädagogische Neuerungen. In Hamburg ist nun ein Streit über das richtige Schreibenlernen entbrannt, der über den Stadtstaat hinausweist...

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Sigmar Salzburg
12.07.2011 15.08
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Gegen die Abschaffung der Schreibschrift

Rechtschreibfehler hängen nicht von der Schriftform ab

Die Schulleiterin der Cyriakusschule ist gegen die Abschaffung der Schreibschrift. Sie betont den didaktischen Wert. Zudem besitze Schreiben eine kontemplative und ästhetische Seite.


Auf einem DIN A4-Blatt hat Ursula Kraemer-Büscher ihre Argumente verfasst – handschriftlich. Die Rektorin der Cyriakusschule bezeichnet sich selbst als eine „Traditionalistin“. Von der Idee, die Schreibschrift abzuschaffen, hält sie gar nichts.

„Die Erklärung, man könne so die Rechtschreibung verbessern, finde ich unsinnig. Fehler hängen nicht von der Schriftform ab, sondern sind Schwächen in der Wortbildungsfindung. Da stimmt die Zuordnung zwischen Laut und Buchstabe nicht“, argumentiert sie. „Die anspruchsvolle Schreibschrift ist zudem ein Training für die Vernetzung der rechten und der linken Gehirnhälfte. Und es fördert die Figurengrundwahrnehmung,“, so die Schulleiterin weiter.
[…]
Die jetzige Diskussion erinnert Kraemer-Büscher an die Einführung der so genannten vereinfachten Ausgangsschrift (VA). „Damals hat es die gleichen Argumente gegeben: die Traditionalisten auf der einen, die Reformisten auf der anderen Seite.“ Schon damals war sie skeptisch. „Noch mehr Vereinfachen geht nicht. Außerdem kommt in meinen Augen zu kurz, dass Schreiben auch etwas Kontemplatives, etwas Ästhetisches besitzt.“
derwesten.de 12.7.2011

Das Hauptargument der Pädagogik-Klempner ist ja die angebliche Zeitersparnis. Aber: Das Einüben einer schönen, handgerechten Schreibschrift fördert Intelligenz und Feinmotorik – ganz ähnlich wie das Erlernen eines Musikinstruments, und das ist keine Zeitverschwendung.

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Sigmar Salzburg
04.07.2011 14.50
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Pro und kontra Schreibschrift im Spiegel

Aus für die Schreibschrift
Schnörkel-Luxus oder Kulturgut?

… An vielen Schulen verschwindet die gute, alte Schreibschrift. Recht so, sagt der Didaktiker Hans Brügelmann, Schönschreiben gehört in die Kunststunde. Die Schreibtrainerin Ute Andresen hält dagegen: Es droht ein Kulturverfall.

[Seit Jahrhunderten lernt und gebraucht man vernünftigerweise verbundene, flüssige Schreibschriften. Auf die Argumente aus dem reformbekannten Siegen kann man daher verzichten. ]

Ute Andresen, Schreibtrainerin aus München

Gegen ein Ende der Schreibschrift-Ausbildung
„Wozu noch Schwimmunterricht? Hundepaddeln genügt doch: Der Kopf bleibt über Wasser und voran kommt man auch!“ So ähnlich argumentiert der vermeintliche Fortschritt, wenn es um den Schreibunterricht für Grundschulkinder geht.

Der Grundschulverband behauptet, die Schreibschrift sei mühsam zu erlernen und geradezu eine zweite Schrift. Richtig! Jedoch nur, wenn Kinder Druckschrift in beliebiger Schreibweise eingeübt haben. So ist es üblich beim eigenaktiven Schriftspracherwerb. Den setzt der Grundschulverband als Methode voraus. Eine Schreibschrift nach Vorbild ist damit nicht vereinbar, denn die eigenwillige Schreibweise von Buchstaben haftet zäh und ist nur mit äußerster Mühe zu überwinden. Darum sollen nun alle Kinder ihre Schrift selbst gestalten, angelehnt an eine Grundschrift. Das Ergebnis wird als „persönliche Handschrift“ geadelt, auch wenn es nur unbeholfen ist. So wird Schriftkultur untergraben.

Wer Kinder mit der Grundschrift auf die Freiheit verpflichtet, sich Buchstaben und deren Verbindung weitgehend selbst beizubringen, macht sie zu Versuchskaninchen. Eltern, die dabei Fehlentwicklungen beobachten und eingreifen möchten, entmündigt man mit einer ihnen unbekannten Methode. Und der Übergang in eine Schule, in der man Schreibschrift schreibt, wird schwieriger.

Schönschreibunterricht wurde im Westen längst abgeschafft. In der ehemaligen DDR gab es ihn bis 1989. Dort schreibt man heute noch schöner und lesbarer als in westlichen Bundesländern. Guter Schriftunterricht quält nicht, er ist ein Glück für die Lernenden und heute noch möglich. Er ist aber selten geworden, weil die Lehrerausbildung ihn nicht mehr vorsieht…

Die Vereinfachte Ausgangsschrift (VA) aber ist eine Hauptursache des Schriftverfalls. Sie ist eher ruckweise als flüssig zu schreiben und provoziert Verformungen bis zur Unleserlichkeit. Dabei wurde sie durchgesetzt als Fortschritt, der das Schreiben der Kinder erleichtert und verbessert. Und zwar von eben dem Verband, der jetzt mit der Grundschrift dem Schriftverfall abhelfen will. Wieder verspricht er Erleichterung, ohne aber vorab sein altes Projekt und dessen böse Folgen zu analysieren. Das ist verantwortungslos…

Wer mittels Grundschrift und Verbannung der Schreibschrift die Ansprüche herabsetzt, erreicht das Gegenteil.

Ute Andresen, Jahrgang 1940, ist heute freiberufliche Schreiblehrerin und war Präsidentin der Deutschen Gesellschaft für Lesen und Schreiben. …

spiegel.de 4.7.2011

NB.: In der Untertertia habe ich zeitweise Aufsätze in Druckschrift abgegeben, weil die Lehrerin ständig über meine Schrift mäkelte. Ich habe es aber bald aufgegeben, weil es zu mühsam war. Wie muß es erst Kindern gehen, die ständig so schreiben sollen.

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Sigmar Salzburg
03.07.2011 09.31
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Buchstabensuppe



Aus Götz Wiedenroths treffender
Geschichte der Rechtschreibreform

(unter besonderer Berücksichtigung des schleswig-holsteinischen Volksentscheids)

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