Bildungsstandards
Die KMK-Bildungsstandards (abrufbar unter http://www.kmk.org bzw. http://www.kultusministerkonferenz.de) bedürfen einer genaueren Betrachtung, zumal sie durchaus etwas mit der Rechtschreibreform zu tun haben.
Ich will zunächst folgenden Satz herausgreifen:
Die grammatische Terminologie wird nicht im Sinne eines isolierten Begriffswissens, sondern stets im funktionalen Zusammenhang angewandt.
Hier haben wir wieder die landesübliche Diffamierung des Wissens an sich. Unklar bleibt, was der funktionale Zusammenhang sein soll. Beim normalen Sprechen und Schreiben, Hören und Lesen also im funktionalen Zusammenhang ist die grammatische Terminologie fehl am Platz, sie hat ihren Ort in der Reflexion über Sprache und Rede. Der Schüler muß sagen können, was ein Genitivattribut ist, das kann man ja wohl verlangen. Aber genau dies wäre wahrscheinlich ein Fall von isoliertem Begriffswissen ...
Vor einigen Jahrzehnten machten Linguisten die wunderbare Entdeckung, daß Sprechen auch Handeln ist, und damit zog ein bramarbasierender Ton in die Deutschdidaktik ein. Lehrer fühlten sich nicht mehr als weltflüchtige Leser, sondern griffen ein, handelten, waren wichtig. (Die Titel der Sprachbücher zeugten geradezu penetrant davon.) Die Schutthaufen von diesen Phantasieschlössern sind immer noch nicht ganz weggeräumt.
Die Bildungsstandards sind ein weiteres Beispiel für die unendliche Aufblähung einfachster Gegenstände. Für die erste Fremdsprache braucht das Papier der KMK fast hundert Seiten, alles Blabla. Übertroffen nur noch vom Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen.
Der Text enthält auch Beispieltexte. Max Frisch ist ausdrücklich in der Originalorthographie wiedergegeben, Heine ist auf Reformschreibung umgestellt, weil die Rechte erloschen sind ...
(Weiter unter KMK)
– geändert durch Theodor Ickler am 11.12.2003, 16.22 –
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Th. Ickler
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