Leichteres Schreiben im Jahre 18 der „Reform“
Pedantischer Oberlehrer gegen sture Bürokratin
Leserbrief
Zum Thema Deutsche Sprache, schwere Sprache:
Heute durfte ich meinen neuen Personalausweis im Bürgeramt abholen. An dieser Stelle ein großes Lob: die Bearbeitung erfolgte zügig, die Mitarbeiter waren sehr freundlich. Die abschließende Frage, ob ich noch ein Anliegen hätte, musste ich jedoch bejahen. Ich zeigte den eben erhaltenen Wartezettel mit der Aufrufnummer und fragte, ob man das offensichtlich falsch gedruckte Wort Erdgeschoß" denn nicht auf künftigen Ausdrucken korrigieren könne. Natürlich erwartete ich für diesen Hinweis keinen Dank, aber ein beruhigendes: Wir kümmern uns darum!
Die tatsächliche Reaktion jedoch ließ mich erstarren: Nein, das schreibt man jetzt so! Auch die Anmerkung, dass ich die neue Rechtschreibung unterrichte, zeitigte keinen Erfolg. Insgeheim imponierte mir das gezeigte Selbstbewusstsein, bis daraus plötzlich Sturheit wurde, als selbst der Eintrag auf Duden.de nicht überzeugen konnte: Dann nehmen Sie am besten einen richtigen Duden!. Ich musste mir anhören, dass es sich verhält wie bei dem Wort Straße, das könne man angeblich auch so oder so schreiben.
Dies sehe ich nun täglich bei meinen Schülern und kann es ihnen auch nicht mehr verübeln, wenn sie es selbst auf offiziellen Dokumenten immer wieder falsch lesen müssen. Ich hielt es für meine Pflicht, die meiner Meinung nach sinnvollste Regel der Rechtschreibreform der Mitarbeiterin nicht vorzuenthalten: Sollten Sie sich einmal unsicher sein bezüglich ß oder ss, so orientieren Sie sich an der Aussprache: sprechen Sie den Vokal lang (wie bei Fuß oder Straße), schreiben Sie ß. Sprechen Sie dagegen kurz, so schreiben Sie ss (Fluss oder Kuss).
Damit wollte ich einen Kompromiss erzielen und versprach, zu Hause meinen (richtigen) Duden zu Rate zu ziehen, wenn die Mitarbeiterin es mir gleich täte, doch aus Sturheit wurde Trotz. Dafür hat sie angeblich nie Zeit, sodass sie mich bat, diesen Sachverhalt weiterzuleiten. Gesagt, getan dieser Bitte komme ich doch gern nach.
Thomas Brock, Erfurt
thueringer-allgemeine.de 23.5.2014
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