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Recht und Reform in Schleswig-Holstein
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Sigmar Salzburg
22.12.2005 08.49
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Recht und Reform in Schleswig-Holstein

An dieser Stelle folgen auszugsweise einige Gründe, die ich dafür angeführt habe, daß die Ausgrenzung der traditionellen Rechtschreibung aus dem Schulunterricht unzulässig und mithin der Erlaß des schleswig-holsteinischen Bildungsministeriums v. 23. Juli 2005 – III 31 – 320.351.24 – 1 rechts- und sittenwidrig ist.

Zunächst:
Leitgedanken nach dem Urteil des Verfassungsgerichts v. 14.7.1998

Die Einführung der Rechtschreibreform in ihren verschiedenen Ausgestaltungen seit 1994 beachtet wesentliche Voraussetzungen und Einschränkungen des Urteils des Bundesverfassungsgerichtes v. 14.7.1998 nicht:

1. „Begrenzende Wirkungen ergeben sich aus der Eigenart der Sprache…“ (123)
Die Fehler und Mängel der „Reform“ berücksichtigen nachweisbar nicht die Eigenart der Sprache und deren Logik, sondern stellen teilweise grobe Verstöße dagegen dar.

2. „Der Staat ist nicht darauf beschränkt, nur nachzuzeichnen, was in der Schreibgemeinschaft ohne seinen Einfluß im Lauf der Zeit an allgemein anerkannter Schreibung entstanden ist. Regulierende Eingriffe, die Widersprüche im Schreibusus und Zweifel an der richtigen Schreibung beseitigen oder – etwa aus Vereinfachungsgründen – bestimmte Schreibweisen erstmals festlegen, sind ihm ebenfalls grundsätzlich erlaubt.“ (124)
Die „Reform“ geht weit über den hier gezeichneten Rahmen hinaus: Neben willkürlichen Systemveränderungen sind Fehler und neue Widersprüche in die Rechtschreibung hineingebracht worden. Das Verfassungsgericht hat diese bewußt nicht berücksichtigt und bewertet.

3. „Diese Beurteilung berücksichtigt auch, daß Sachkompetenz und Nähe zur schulischen Praxis die Kultusverwaltungen für die Entscheidung über Notwendigkeit, Inhalt, Ausmaß und Zeitpunkt einer Rechtschreibreform besonders qualifizieren.“(147)
Die Fehlerhaftigkeit und Nichtsnutzigkeit der immer noch nicht abgeschlossenen „Reform“, aber auch die Verhinderungstaktik der Kultusverwaltungen von 1997 gegenüber der eigenen verbesserungswilligen Reformkommission widerlegen diese Einschätzung.

4. „… daß nach der nicht zu beanstandenden Prognose der Kultusverwaltung die Rechtschreibreform die für eine Sprachgeltung notwendige allgemeine Akzeptanz finden werde.“ …( 168)
Die erwartete allgemeine Akzeptanz ist nicht eingetreten.

5. Die „Unbedenklichkeit der schulischen Einführung ‘ einer künftig geltenden Schreibweise der deutschen Sprache’ im Erlaßwege“ … (168)
ist nach den Gesetzen der Logik und den seitherigen Erfahrungen nicht gegeben. Die Fiktion, daß schon heute „die Rechtschreibung von morgen“ gelehrt werden könne, hat zu einem im nachhinein erkennbar unzulässigen Zugriff auf die Rechtschreibung zum Schaden der deutschen Schreibkultur geführt.

6. Das Ziel, das Erlernen richtigen Schreibens durch Vereinfachung der Rechtschreibregeln und Schreibweisen zu erleichtern, ist ein Gemeinwohlbelang, durch den die Neuregelung verfassungsrechtlich hinreichend gerechtfertigt ist. Nach vertretbarer Einschätzung des Landes ist die Rechtschreibreform geeignet, dieses Ziel zu erreichen. (157)
Eine Schreibänderung, die kaum meßbare Erleichterungen, dagegen aber Fehler, erhebliche Störungen und Nachteile bringt und außerdem von einer repräsentativen Mehrheit der Bevölkerung in einem Volksentscheid abgelehnt wurde, ist kein „Gemeinwohlbelang“. Spätestens seit dem 27. September 1998 waren daher die Betriebsamkeiten der Länderregierungen zur Durchsetzung der Rechtschreibreform „verfassungsrechtlich“ nicht „hinreichend gerechtfertig“.

Am Schluß des Urteils heißt es, die vorangegangene Entscheidung des OVG aufnehmend, am „Ziel“ des Schulunterrichts, „Schülern die allgemein üblichen Rechtschreibkenntnisse zu vermitteln“, werde sich nichts ändern. Hieraus ergibt sich zwingend, daß die traditionelle Rechtschreibung, die in der heute praktizierten Form seit hundert Jahren, in den meisten Teilen sogar seit zweihundert Jahren zur allgemeinen Zufriedenheit üblich ist, in den Schulen gelehrt werden muß und nicht aus den Schulen ausgegrenzt werden darf. Daneben mag die Kultusverwaltung die im experimentellen Stadium befindliche Neuschreibung noch als Möglichkeit anbieten, sofern sie nicht grammatisch und historisch falsche Darstellungen zur Pflicht macht.

(Fortsetzung folgt)


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