Bücher werden Klopapier wegen der „Reform“
Heißes Eisen „Makulatur“
Hans-Olaf Henkel wird geschreddert
Von Thomas David
Vom stolzen Buch bleibt nur Papiersalat
16. Oktober 2009 Auf einem Hof in Würzburg steht eine Maschine, die Bücher frisst. Ein Arbeiter wirft die verlagsfrischen, noch eingeschweißten Hardcover von einer Transportpalette auf ein Förderband: Am Ende ihrer Reise erkennt man sie nicht wieder. Staub in der Luft, ein Höllenlärm. Wenn der Schredder mit achteinhalbtausend Umdrehungen pro Minute die Bücher zerschlägt, sind Wörter nichts als Schall und Rauch, bis eine Absaugung sie wieder einfängt und eine weitere Maschine sie unter achtzig Tonnen Druck zu siebenhundert Kilo schweren Ballen presst. ….
Sie meinen, aus einem Buch wie Clemens Meyers „Die Nacht, die Lichter“, das letztes Jahr mit dem Preis der Leipziger Buchmesse ausgezeichnet wurde, wird am Ende Klopapier? „Richtig“, sagt Peter Fischer. „Aber besser so, als einfach nur verbrannt.“
„Das Thema Makulatur ist ein unglaublich heißes Eisen“, sagt Gernot Wolf, Pressesprecher der Vereinigten Verlagsauslieferung VVA. „Ich muss natürlich erst den Vertrieb fragen, ob das topsecret ist oder ob man darüber reden darf“, so Gudrun Fähndrich von Kiepenheuer & Witsch. …
Weshalb werden Bücher überhaupt makuliert? „Aus unterschiedlichen Gründen.“ Auf hundertfünftausend Palettenplätzen lagern die kompletten Auflagen von etwa achtundvierzigtausend Titeln, Sigloch verschickt mehr als zweihunderttausend Sendungen täglich, knapp hundert Millionen Bücher pro Jahr. „Es gibt zum Teil Neuerungen oder gesetzliche Auflagen wie die Rechtschreibreform, die eine Makulierung nötig machen. Dann wird durchaus mal was aus dem Handel genommen. Es sind vielfältige Gründe, die uns im Einzelnen aber nicht interessieren. Wir sind der Dienstleister, der das lediglich im Auftrag des Kunden organisiert.“ …
faz.net 16.10.09
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