Schulbuchverleger
Da sich nun die Schulbuchverleger wieder einmal zu Wort gemeldet haben (s. Nachrichtenseite), möchte ich berichten, daß ich den Geschäftsführer schon 1997 in drei Briefen auf die verhängnisvollen Folgen der Reform hingewiesen und davor gewarnt habe, in den Reformkritikern seine Gegner zu sehen. Es trifft übrigens zu, was Herr Dräger berichtet: Die Schulbuchverleger haben nicht nur die teure Kampagne in Schleswig-Holstein geführt, sondern auch das Pamphlet von Augst/Schaeder gekauft und an alle Bundestagsabgeordneten verteilt (wie Zehetmair und seine Kollegen an alle Schulen) und anschließend jeden einzelnen Bundestagsabgeordneten privat anrufen und im Sinne der Reform bearbeiten lassen. Das muß man bedenken, wenn der Verband nun wieder einmal Sachlichkeit anmahnt.
Hier ist der letzte meiner drei Briefe:
8. Dezember 1997
An den Geschäftsführer des
Verbandes der Schulbuchverleger,
Herrn Andreas Baer
Zeppelinallee 33
60325 Frankfurt
Sehr geehrter Herr Baer,
am selben Tage, als Sie den Bundestagsabgeordneten die Broschüre von Augst/Schaeder zustellten, beschloß die Mannheimer Rechtschreibkommission, eine veränderte Fassung der Neuregelung vorzulegen und im kommenden Januar bei einer Anhörung erörtern zu lassen. Was dies für die Schulbücher bedeutet, brauche ich Ihnen nicht zu erklären. Selbstverständlich sind durchgreifende Änderungen der Reform erforderlich, da die vorschnell umgesetzte Fassung sich bei genauerer Analyse als völlig unmöglich erwiesen hat.
Was von der Broschüre von Augst/Schaeder zu halten ist, habe ich schon Mitte September zu Protokoll gegeben. Ich lege eine aktualisierte Neufassung meiner Stellungnahme bei. Schon bei Ihrer für den 14. Januar geplanten Veranstaltung wird es etwas seltsam wirken, daß Sie eine Werbeschrift empfehlen, deren Verfasser inzwischen selbst nicht mehr dazu stehen. Beachten Sie bitte auch, was ein Kenner wie Prof. Munske kürzlich in der „Süddeutschen Zeitung“ über diese Broschüre gesagt hat (Zitat in meiner beigefügten Schrift).
Wie soll das weitergehen? Niemand kann im Ernst glauben, daß die gegenwärtige entstehende Revision die letzte sein wird. Wie lange wollen die Politiker, wie lange wollen auch die Schulbuchverleger sich noch von dieser Mannheimer Kommission auf der Nase herumtanzen lassen?
Alle diese ärgerlichen und kostspieligen Umstände hätte man sich durch rechtzeitige Berücksichtigung der wohlüberlegten Kritik ersparen können. Das mindeste, was nun zu fordern wäre, ist ein sofortiges Aussetzen der Reform nach niedersächsischem Vorbild. Mehr als Schadensbegrenzung kann nicht mehr erreicht werden.
Immer mehr Beobachter fordern die Auflösung der Mannheimer Kommission wegen erwiesener Unfähigkeit und die Einsetzung einer neuen, aus unabhängigen, nicht mit der Ausarbeitung der Neuregelung befaßt gewesenen Fachleuten aus allen Bereichen der Schriftkultur. Auch dann wäre ein Moratorium selbstverständlich die erste Notmaßnahme.
Keiner der Reformkritiker führt etwas gegen die Schulbuchverlage im Schilde, im Gegenteil: Wir alle wollten die unweigerlich bevorstehenden Fehlinvestitionen nach Kräften verhindern, sind aber leider nicht durchgedrungen. Es hilft jedenfalls nichts, weiterhin auf die angeblich geschäftsschädigenden Kritiker zu schimpfen und andererseits nachweislich falsche Behauptungen über die Reform zu verbreiten, an die die Reformer inzwischen selbst nicht mehr glauben.
Mit den besten Wünschen
Theodor Ickler
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Th. Ickler
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