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Elke Philburn
08.11.2001 21.19
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Zitat:
Und eben, weil sich noch alles in der Schwebe befindet, muß man sich jetzt bemühen, das Bewußtsein in der Allgemeinheit wachzuhalten

Das ist schon alles richtig, was Sie schreiben. Nur: keine Regierung kann die Leute dazu verdonnern, in irgendeiner Weise 'richtig' zu schreiben. Entweder die Leute können's oder sie können's nicht. Den Leuten Mut zu machen, dass sie auch weiterhin die alten Regeln gebrauchen dürfen, ist sicher keine schlechte Idee.

Zitat:
Mögliche und sehr wahrscheinliche psychologische Folge wäre in letzterem Fall, daß die Rechtschreibung allgemein nicht mehr so genau genommen wird.

Ich glaube, dass das schon längst eingetreten ist, wenn auch vorwiegend in den Bereichen, in denen durch die Reform Unsicherheit erzeugt wurde. Vor allem beim Lesen der Reform-Kurzfassungen bekommt man den Eindruck, dass man mit der Rechtschreibung jetzt lockerer umgehen darf. Solange sich das nur in einem bestimmten Bereich bewegt und keine Störungen verursacht, ist das nach meinem Dafürhalten in Ordnung.

Mir fiel dabei ein, dass die Heysesche s-Schreibung möglicherweise nur dann plausibel und einfach lernbar ist, wenn man sie von der bisherigen Regel ableiten kann, keine Ahnung. Habe mir mal die auf der Hauptseite verlinkte Untersuchung angesehen, wonach Kinder Schwierigkeiten haben, Kurz- und Langvokale zu unterscheiden und entsprechend ß und ss richtig zuzuordnen. Wenn dem so ist, stellt sich die Frage, ob eine phonetisch orientierte Erklärung überhaupt Sinn macht oder ob man die beiden Zeichen nicht einfach so vermittelt, wie man es auch mit andere gleichlautenden Zeichen tut.


Zitat:
Dann empfehlen Sie Ihren Studenten doch das Rechtschreib-Wörterbuch von Ickler.

Ich werde mir das Buch bei meinem nächsten Deutschland-Besuch mal kaufen. Empfehlen kann ich es zwar auch, nur werden die Lehrwerke für Deutsch als Fremdsprache eines nach dem anderen umgestellt, und so komme ich nicht drumherum, mich wenigstens im Unterricht und beim Korrigieren an die neue Version zu halten.

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Christian Melsa
08.11.2001 17.05
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Re: Kompromisslos?

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Elke Philburn
Die Reform besteht doch vor allem darin, dass die Leute die neue Rechtschreibung anwenden, nicht dass nun auf den Regalen ein Regelwerk steht, egal ob es jeder beherrscht und beherzigt oder auch nicht.

Fest steht, daß sich in dem, was heute in Deutschland an Schriftwerk gedruckt wird, ein Durcheinander breitgemacht hat, das es so zuletzt im 19. Jahrhundert gegeben hat. Von der hochkulturellen Entwicklung her ist also ein beachtlicher Rückschritt zu beklagen. Das wäre auch kaum anders, wenn niemand auf der „alten“ Rechtschreibung beharren würde, denn mit der Beherrschung der „neuen“ sieht es ja recht ärmlich aus. Und wenn das nach fünf Jahren, seit denen sie öffentlich bekannt ist, immer noch so aussieht, dann kann mit der Behauptung, mit der Reform würde alles einfacher (so sehr, daß der Riesenaufwand an Geld, Zeit und Energie für die Umsetzung sich überhaupt lohnt), ja wohl etwas nicht so ganz stimmen. Warum sollte man dann noch an ihr festhalten? Hinzu kommt natürlich, daß am Anfang die Wörterbücher ziemliche Abweichungen zueinander in der Auslegung der Neuregelung aufwiesen und die neuesten, „nachgebesserten“ Auflagen andererseits vielfach gar nicht mehr korrekt der amtlichen Neuregelung folgen.

An alledem ist jedenfalls die Tatsache schuld, daß überhaupt ein neues Regelwerk in den Schulunterricht eingeführt wurde. Die Neuregelung ist der Erreger der Krankheit. Insofern ist die Reform eben seit fünf Jahren da. Es ist natürlich gerade erst die Hälfte der Übergangsfrist verstrichen, die inzwischen von Kultusministern gern als Erprobungszeitraum bezeichnet wird. Und eben, weil sich noch alles in der Schwebe befindet, muß man sich jetzt bemühen, das Bewußtsein in der Allgemeinheit wachzuhalten, daß sie sich nicht von oben diktieren läßt, wie Sprache kodifiziert zu werden hat, noch dazu mit einem Ergebnis, das auf einen deutlichen Rückschritt hinausläuft (selbst wenn das Durcheinander nicht herrschen würde), damit sich der Unsinn nicht erst noch festtritt. Mögliche und sehr wahrscheinliche psychologische Folge wäre dann, daß die Rechtschreibung allgemein nicht mehr so genau genommen wird. In der breiten Anwendung wird die Präzision bei der Anwendung von Schriftsprache nach und nach verlottern. Und das in einer Zeit, in der schriftsprachliche Kompetenz wichtiger denn je ist, da mehr denn je schriftlich miteinander kommuniziert wird.

Zitat:
(Davon abgesehen: Ich bewundere den persönlichen Einsatz und die Aufopferung zum Wohl der Schriftsprache, meine allerdings, dass niemand dafür seine Gesundheit oder sein Wohlergehen dafür aufs Spiel setzen sollte, falls das mit 'Rand des Ruins' gemeint war).

Wenn unsere Regierungen sich wirklich demokratisch verhalten würden, wäre solch ein Einsatz gar nicht nötig. Weil nun aber dahinter auch ein schamlos dreister Demokratieverrat steckt, eine schleichende Entleerung des Begriffs für Volksherrschaft, ist so mancher auch bereit, sein Engagement so weit zu treiben. In der Vergangenheit haben etliche Menschen für die Demokratie ihr Leben aufs Spiel gesetzt oder sogar verloren! Was für ein Risiko sind 1989 die damaligen DDR-Bürger eingegangen, als sie für die Demokratie auf die Straße gingen! Heute wird behauptet, sie würde existieren. Die Mächtigen bedienen sich einer Rhetorik, in der das Wort für jeden Zweck beschworen wird. An Vorgängen wie der Rechtschreibreform wird die Scheindemokratieheiligkeit der Politik so deutlich, daß zumindest ich das nicht mehr hinnehmen will, nicht mehr hinnehmen kann. Da ist eine Schwelle übertreten worden, die mich zum Protest geradezu zwingt (wozu ja auch im Grundgesetz bereits das Recht zum Widerstand besteht). Ich würde meine Zeit auch lieber mit anderen Dingen verbringen. Aber wenn die Obrigkeit gegen den ausdrücklich mehrheitlichen Volkswillen Sprachnormen ändert, dann ist das ganz einfach unakzeptabel. Jedesmal, wenn ich 1984 lese, ist wieder mehr davon wahr geworden. Ich wehre lieber den Anfängen, zu einer Zeit, in der ich dafür noch nicht mein Leben aufs Spiel setzen muß.

Eine Rücknahme der Rechtschreibreform wäre nämlich auch ein scharfes Signal, ja, geradezu ein omnipräsentes Denkmal dafür, daß das Volk eben doch noch seine grundgesetzlich verbriefte Souveränität zur Geltung bringen kann. Es herrscht doch heute überall diese typische Politikverdrossenheit: „Die da oben machen doch eh, was sie wollen, da kann man ja doch nichts gegen machen.“ Die Menschen sollen sehen, daß das nicht stimmt! Und am besten, sie werden daran schon bei der täglichen Zeitungslektüre durch die dortigen Schreibweisen erinnert, die eben nicht der Unterwerfung selbst dessen huldigen, was „eigentlich“ doch überall abgelehnt wird.

Zitat:
Meiner Idealvorstellung entspräche ein Regelwerk a la Ickler, das einen kurzen, überschaubaren Teil zu bewährten Aspekten der Reform enthält, die sich jeder schnell und unkompliziert aneignen kann. Eine Wohltat also für alle, die sich bisher mit mehr oder weniger sinnvollen Kurzdarstellungen der Rechtschreibreform herumgeplagt haben.


Na, ist doch toll, daß es schon das gibt, was Ihren Idealvorstellungen entspricht! Dann empfehlen Sie Ihren Studenten doch das Rechtschreib-Wörterbuch von Ickler. Damit tun Sie denen garantiert etwas Gutes. Denn mit der Verwendung der „alten“ Rechtschreibung blamiert sich bestimmt niemand. Die besten Literaten deutscher Sprache halten an ihr fest.

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Elke Philburn
08.11.2001 12.04
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Kompromisslos?

Zitat:
Die Reform sicher nicht, aber die soll doch gar nicht durchgesetzt werden, die ist ja schon da, das ist es doch gerade. Es geht um die Rettung einer guten Schriftsprachkultur und der gesellschaftlichen Identifikation damit, nicht zuletzt auch um das Einfordern korrekter demokratischer und bildungspolitischer Sitten.

Ich sehe das durchaus nicht ganz so, Herr Melsa. Die Reform besteht doch vor allem darin, dass die Leute die neue Rechtschreibung anwenden, nicht dass nun auf den Regalen ein Regelwerk steht, egal ob es jeder beherrscht und beherzigt oder auch nicht. Ich bin selber immer im Zweifel, ob ich den Studenten sagen soll es gab eine Rechtschreibreform oder es gibt Bemühungen, die Rechtschreibung zu reformieren. Am wichtigsten erscheint mir darauf hinzuweisen, dass im Moment noch alles in der Schwebe ist und sich die Reform für die Studenten nicht weiter auswirkt.

(Davon abgesehen: Ich bewundere den persönlichen Einsatz und die Aufopferung zum Wohl der Schriftsprache, meine allerdings, dass niemand dafür seine Gesundheit oder sein Wohlergehen dafür aufs Spiel setzen sollte, falls das mit 'Rand des Ruins' gemeint war).

Zitat:
und durch eine unerprobte Neuregelung zu ersetzen

Das ist ein wichtiger Punkt, glaube ich. In der Tat hat man sich auf ein Experiment eingelassen, dessen Folgen man gar nicht abschätzen konnte. Möglicherweise wäre es sinnvoller gewesen, einige ausgewählte Aspekte der Rechtschreibung zu reformieren, um zu sehen, wie die Leute damit umgehen, bevor man die Reform auf weitere Teilbereiche ausweitet.

Zitat:
Wenn das Hin sich als Fehler erweist, sollte man das Her nicht scheuen. Das sollte jedem vermittelbar sein, der nicht der Sturheit anheimgefallen ist.

Sicher. Nur fürchte ich, dass es so viele Leute gar nicht gibt, die die Reform radikal ablehnen und bereit wären, jede Neuerung sofort rückgängig zu machen. Die Mehrheit, schätze ich mal, hegt eher gemischte Gefühle, findet einige Aspekte gut und einleuchtend, andere dagegen albern. Wollte ich also in der Bevölkerung eine möglichst große Wirkung erzielen, würde ich versuchen herauszufinden, welche Neuerungen wirklich angenommen werden und welche nicht. Meiner Idealvorstellung entspräche ein Regelwerk a la Ickler, das einen kurzen, überschaubaren Teil zu bewährten Aspekten der Reform enthält, die sich jeder schnell und unkompliziert aneignen kann. Eine Wohltat also für alle, die sich bisher mit mehr oder weniger sinnvollen Kurzdarstellungen der Rechtschreibreform herumgeplagt haben.

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Christian Melsa
08.11.2001 09.18
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Re: Kann man die Reform noch rückgängig machen?

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Elke Philburn
Die Schwierigkeit besteht nicht darin, auf die 'alte' s-Schreibung umzustellen. Die meisten Leute – mich eingeschlossen – haben sie über Jahrzehnte ausgeübt und sowas verlernt man nicht so leicht. Ich denke, es ist eher das hin und her, das den Leuten nicht gefallen würde. Wer lässt denn schon gern mit sich umspringen, auch wenn dahinter ein guter Grund zu stehen scheint?

Die Frage stellen Sie nur leider erst in dem Augenblick, in dem zu einer Rückumstellung auf das evident Bessere aufgerufen wird. Sie hätte gestellt werden müssen, als verlangt wurde, eine bewährte und, zum erstenmal in der Geschichte der deutschen Sprache, alle lebenden Generationen einende Orthographieregelung zu verwerfen und durch eine unerprobte Neuregelung zu ersetzen, die von Anfang an stark umstritten war.

Wieso läßt man in dem einen Fall, der zu einer Misere führte, mit sich „umspringen“, nicht aber in dem Fall, der zu ihrer Heilung führen würde? „Umgesprungen“ wird übrigens tatsächlich ja auch nur mit den Lehrern und Schülern von den Kultusministerien und mit der Presse von den Agenturen bzw. mit den Redaktionen von den Chefredakteurn oder Verlagen. Die Besinnung auf die bewährte, wohlbegründete „alte“ Rechtschreibung folgt aus besserer Einsicht und eben nicht daraus, daß mit einem „umgesprungen“ wird.

Wenn das Hin sich als Fehler erweist, sollte man das Her nicht scheuen. Das sollte jedem vermittelbar sein, der nicht der Sturheit anheimgefallen ist.

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Christian Melsa
08.11.2001 09.06
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Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Elke Philburn
(Nur eine Sache: An den Rand des Ruins wird sich hoffentlich niemand dafür bringen. Das ist doch die blöde Reform gar nicht wert!)

Die Reform sicher nicht, aber die soll doch gar nicht durchgesetzt werden, die ist ja schon da, das ist es doch gerade. Es geht um die Rettung einer guten Schriftsprachkultur und der gesellschaftlichen Identifikation damit, nicht zuletzt auch um das Einfordern korrekter demokratischer und bildungspolitischer Sitten.

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Elke Philburn
08.11.2001 00.05
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Nichts für ungut, Herr Ickler. Sie haben den besseren Einblick als ich hier auf der Insel.

Selbstverständlich hoffe ich, dass Sie mit Ihren Aktivitäten dazu beitragen werden, Ordnung in das gegenwärtige Rechtschreibchaos zu bringen, ob das nun eine völlige Abkehr von der Reform bedeutet oder nicht. Insofern wünsche ich Ihnen und Ihren Mit-Arbeitern viel Erfolg bei Ihrer Öffentlichkeitsarbeit.

(Nur eine Sache: An den Rand des Ruins wird sich hoffentlich niemand dafür bringen. Das ist doch die blöde Reform gar nicht wert!)

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Theodor Ickler
07.11.2001 20.08
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Lehrer

Die Lehrer an den beiden Schulen meiner zur Zeit schulpflichtigen Töchter sind alle mehr oder weniger reformkritisch, und an die Erleichterung (durch s-Schreibung zum Beispiel) glaubt keiner (mehr). Für die Lehrer, mit denen ich ständig zu Lehramtsprüfungen zusammenkomme, gilt das gleiche. Nicht ich bin es, der das Gespräch auf die RSR bringt, das geht immer von diesen Lehrern aus, und sie nehmen sich gern etwas mit, meinen Kommentar oder die Regeltafeln.
Ich weiß, daß Lehrer fast nichts tun können, und kenne auch die besondere „Sozialisation“ der Lehrer (habe sie selbst durchgemacht). Da bleibt nicht viel. Ausnahmen bestätigen die Regel, aber gerade an unseren wackersten Mitstreitern aus diesem Stande sehen wir ja, wie sie sich abkämpfen bis an den Rand des Ruins.
__________________
Th. Ickler

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Walter Lachenmann
07.11.2001 18.56
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Eine typische Lehrerantwort

Es gibt, und das hat sicherlich auch sein Gutes, eine große Anzahl von Lehrern, die ihren Beruf möglichst im Einklang mit ihren Dienstherren ausführen und zunächst einmal das Gute an dem suchen, was ihnen zu unterrichten aufgetragen wird. Auch ich kenne Lehrer, die die neuen Regeln begrüßen, weil sie leichter zu unterrichten sind, angeblich. Die meisten nehmen dann die ss-Regelung und die s-t-Trennung als Beispiele.
Nun ist aber die ss-Regelung zwar vielleicht leichter zu lehren und zu lernen, sie ist aber orthographisch schlechter als die bisherige Regelung mit der unterschiedlichen Anwendung von ß und ss, wobei die Restanwendung des ß noch nicht einmal plausibel und konsequent ist. Sie ist auch für das Lesen viel schlechter, die Beispiele von Schlußsatz / Schlusssatz usw. sind ja offenkundig. Sie ist schließlich auch ästhetisch ein GRÄUEL.
Unter den Lehrern ist immer wieder eine Einstellung zu ihrem Beruf zu beobachten, die man zwar einesteils nachvollziehen kann, die aber andererseits ziemlich fatal ist. Lehrer wollen natürlich mit ihrer Arbeit erfolgreich sein. Sie wollen die Schüler von einem Lernerfolg zum weiteren führen. Und alles, was dieses Ziel »erleichtert«, erleichtert ihre Arbeit. Dies ist ein Eindruck, den ich nach Gesprächen mit Lehrern im Zusammenhang mit der Rechtschreibreform gewonnen habe, und es hat mich jedesmal ziemlich frustriert, daß bei diesen Lehrern, das sind so gut wie alle recht gute Freunde von mir, wegen dieser »déformation professionelle« überhaupt kein Sensorium für das vorhanden zu sein scheint, was hier eigentlich mit der Sprache geschieht.
So langsam nehme ich es den Leuten schon gar nicht mehr übel, sie irren sich zwar auf unverantwortliche Weise im Hinblick auf einen höheren Anspruch an die Sprach- und Schreibkultur, aber sie haben – wie andere Menschen auch – zunächst einmal ihr Nahziel im Blick: ihren nach außen hin erkennbaren beruflichen Erfolg, das ist hier der vermeintliche Lernerfolg der Schüler. Sie irren sich sicherlich auch hier, denn Schüler lernen nicht leichter, wenn man die Lernziele einfacher macht, sondern wenn man ihnen das Lernen beibringt.

__________________
Walter Lachenmann

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Elke Philburn
07.11.2001 17.33
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Kann man die Reform noch rückgängig machen?

Herr Ickler schrieb:

Zitat:
Außerdem ist sie der Geßlerhut, das rote Tuch für die meisten Reformgegner. Es kann sein, daß wir sie gerade deshalb nicht so bald wieder loswerden, leider. Die Reformer hängen daran, weil es – wie auch die Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung hervorgehoben hat – das Symbol der Unterwerfung ist.

Ach, Herr Ickler, Ihre Interpretation der Reformwilligkeit ist aber auch etwas abstrus. Der durchschnittliche Deutschlehrer, der sich die Heysesche s-Schreibung angewöhnt hat, tut das doch nicht als Geste der Unterwerfung, sondern weil es der Erleichterung dienen soll. Und welcher Lehrer will denn seinen Schülern nicht das Lernen erleichtern. Davon abgesehen ist diese s-Schreibung leichter zu vermitteln, da es weniger Regeln zu lernen gibt, vorausgesetzt, man hat nicht bereits die alte Schreibung erworben.

Zitat:
Kultusminister sind zufrieden, wenn jemand die Heysesche s-Schreibung durchführt, alles andere verstehen sie ja selber nicht.

Das glaube ich ohne Weiteres. Und im Grunde gibt es ja dagegen nichts einzuwenden. Wenn die Heysesche s-Schreibung am Ende zu den wenigen Dingen gehört, die von den Reformwilligen tatsächlich konsequent umgesetzt werden, wird sich der Rest vermutlich über kurz oder lang totlaufen.

Möglicherweise wäre dann der Weg geöffnet für einen Kompromiss, der den Leuten erlaubt, ihre neu angeeignete Schreibweise weitgehend beizubehalten, ohne sich mit all dem Ballast befassen zu müssen, den momentan kaum jemand im Griff zu haben scheint.

Zitat:
Mein Regelwerk ist nicht unzumutbar, die Kurzfassung (erster Teil des Wörterbuchs bzw. Regeltafeln) kann man jedem normalen Menschen in die Hand geben, damit er sich diese Kulturtechnik mit wenig Mühe aneignet.

Das ist schon richtig. Leider ist die Reform dem zuvorgekommen.



Zu Herrn Melsa:

Die Schwierigkeit besteht nicht darin, auf die 'alte' s-Schreibung umzustellen. Die meisten Leute – mich eingeschlossen – haben sie über Jahrzehnte ausgeübt und sowas verlernt man nicht so leicht. Ich denke, es ist eher das hin und her, das den Leuten nicht gefallen würde. Wer lässt denn schon gern mit sich umspringen, auch wenn dahinter ein guter Grund zu stehen scheint?

Und warum soll man den Leuten nicht die gesegnete s-t-Trennung lassen, wenn es schon eines der wenigen 'Highlights' der Reform ist? Wenigstens hätten dann auch die, die schon Mühe und Geld investiert haben, nicht den Eindruck, es sei alles umsonst gewesen

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Christian Melsa
07.11.2001 09.44
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Re: Kappes

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Elke Philburn
(Ich bedauere es übrigens, dass Theo Ickler in seinem Werk zur Rechtschreibung die neue ss/ß-Regel und – vielleicht weniger relevant – die Neuerungen in der Silbentrennung nicht übernommen hat. Das waren so Sachen, die die Rechtschreibreform zunächst attraktiv erscheinen ließen. Wenn man jetzt von den Leuten verlangt, dass sie sich wieder auf das Alte umstellen, kann man kaum Begeisterung erwarten.)

Der Worttrennung am Zeilenende kann wie gesagt ohnehin jeder ohne die geringste Mühe aus dem Wege gehen. Gerade Schüler. Selbst wenn man in einem DIN-A5-Schreibheftchen einmal ein ziemlich langes Wort nicht mehr in eine Zeile bekommt und keine merkwürdige Lücke lassen will, dann wird es sich bei diesem Wort ganz sicher um ein zusammengesetztes handeln, dessen Aufbau dem Schreiber eindeutig klar ist (z.B. Feuer|wehr|leiter|wagen; wer das nicht so zerlegen kann, braucht ohnehin Sonderunterricht). Bis man in der Schule Desoxyribonucleinsäure schreiben muß, hat man eh größere Hefte oder man schreibt halt DNS – übrigens halte ich die nach Reform mögliche Trennung Deso-xyribonucleinsäure nicht unbedingt für bildungsförderlich; wer das so im Wörterbuch entdeckt, dem wird das Lernen ja geradezu erschwert. Nur ein Beispiel von unzähligen.

Um von der „neuen“ zur „alten“ ss/ß-Regelung umzusteigen, braucht man sich nur zwei Dinge zu merken: ß statt ss am Silbenende und vor t. Das sollte gerade so eben noch zumutbar sein, würde ich sagen.

Das lohnt sich allein der besseren Lesbarkeit zuliebe – und man braucht keine Angst zu haben, sich beim Lesen von den meisten Büchern „falsche“ Schreibweisen anzugewöhnen. Der ss-Kram findet ja sowieso fast nur in Zeitungen, Zeitschriften, Schulbüchern und Werbematerial, also mehr oder weniger kurzlebigen Medien, statt. Sollte die Reform wieder aus der Mode kommen, so ist durchaus denkbar, daß man auch dort wieder zu der besseren ss/ß-Regelung zurückkehrt.

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Theodor Ickler
06.11.2001 20.53
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Wohlüberlegt

Die „neue“ s-Schreibung ist bekanntlich eine Erfindung des frühen neunzehnten Jahrhunderts. In Österreich galt sie ein paar Jahre lang bis 1902. Sie war schon damals besonders fehlerträchtig und ist es heute natürlich immer noch, eine echte Erschwerung und Verschlechterung. Außerdem ist sie der Geßlerhut, das rote Tuch für die meisten Reformgegner. Es kann sein, daß wir sie gerade deshalb nicht so bald wieder loswerden, leider. Die Reformer hängen daran, weil es – wie auch die Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung hervorgehoben hat – das Symbol der Unterwerfung ist. Kultusminister sind zufrieden, wenn jemand die Heysesche s-Schreibung durchführt, alles andere verstehen sie ja selber nicht.
Aus diesen Gründen kommt es für mich nicht in Frage, ausgerechnet diesen völlig überflüssigen und schädlichen Punkt zu übernehmen.
Die neue Silbentrennung ist zu 99 Prozent dumm bis idiotisch und disqualifiziert jeden, der sie anwendet. Das eine Prozent ist natürlich die allenfalls diskutable Trennung von s und t. Da jedoch die Nichttrennung nicht die mindesten Schwierigkeiten macht, sehe ich hier keinen Änderungsbedarf. Aber wenn jemand so trennen will – bitte sehr! Auch generelle Kleinschreibung ist ja nicht verboten.

Man darf nie aus den Augen verlieren, verehrte Kollegin, daß ein Text in herkömmlicher Rechtschreibung vorzüglich lesbar ist. Das Grenzsignal ß ist nur einer von vielen Vorzügen. Warum also ändern? Weil es zu schwer ist? Mitnichten! Mein Regelwerk ist nicht unzumutbar, die Kurzfassung (erster Teil des Wörterbuchs bzw. Regeltafeln) kann man jedem normalen Menschen in die Hand geben, damit er sich diese Kulturtechnik mit wenig Mühe aneignet.
__________________
Th. Ickler

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Elke Philburn
06.11.2001 20.18
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Kappes

Zitat:
Schüler, die von Anfang an mit der Reform aufwachsen, haben überhaupt keine Probleme, sie freuen sich über die Erleichterung.

So eine Aussage ist natürlich Blödsinn.

Wie sollen sich denn Schüler über eine Erleichterung freuen, die sie gar nicht nachvollziehen können, weil sie die alte Rechtschreibung nie kennengelernt haben?

Zitat:
„Es gibt eine weitgehende Gewöhnung an die neue Rechtschreibung
bei Schülern und Lehrern.“

Dieser Satz sagt schon mehr, nämlich dass die Rechtschreibung nicht vollständig umgesetzt wird, sondern nur teilweise. Um reformgemäß korrigieren zu können, müssten die Lehrer das Regelwerk aber kennen, und zwar im Detail. Kann man nur nicht verlangen.

Den wirklich schwierigen Kram, der sich mit der Zusammen- und Getrenntschreibung und in deren Folge mit der Groß- und Kleinschreibung ergibt, beherrschen wahrscheinlich nur die wenigsten. Wenn überhaupt. Was in der Grundschule gelehrt wird, ist dagegen noch so einfach und überschaubar, dass es herzlichst wenig aussagt, wenn Lehrer damit keine Probleme haben.

Vermutlich wird sich erst in etlichen Jahren zeigen, was die Rechtschreibreform wirklich gebracht hat.

Wobei ich meine, dass die Idee, die Rechtschreibung zu vereinfachen, im Grundsatz schon richtig war, sie ist nur nicht so ausgeführt worden, dass sie das Ziel der Vereinfachung wirklich erreicht hätte.

(Ich bedauere es übrigens, dass Theo Ickler in seinem Werk zur Rechtschreibung die neue ss/ß-Regel und – vielleicht weniger relevant – die Neuerungen in der Silbentrennung nicht übernommen hat. Das waren so Sachen, die die Rechtschreibreform zunächst attraktiv erscheinen ließen. Wenn man jetzt von den Leuten verlangt, dass sie sich wieder auf das Alte umstellen, kann man kaum Begeisterung erwarten.)

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Christian Melsa
06.11.2001 06.00
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Verhüllte Wahrheiten

Der Satz „Schüler, die von Anfang an mit der Reform aufwachsen, haben überhaupt keine Probleme, sie freuen sich über die Erleichterung“ ist in der Tat kurios, geradezu enttarnend. Ehrlich gesprochen müßte er heißen: „Schüler, die von Anfang an mit der Reform aufwachsen, dürfen überhaupt keine Probleme haben, sie sollen sich über die Erleichterung freuen.“

Sogar die Erwähnung, daß die älteren Schüler die Sache „durchwachsen“ beurteilen, in Verbindung mit der Tatsache, daß man in der Schule ja ohnehin gewöhnt sei, Neues zu lernen (normalerweise allerdings schlicht das, was einem bisher noch nicht bekannt war), ergibt das verhüllte Eingeständnis, daß die Akzeptanz bei denjenigen, die beide Rechtschreibungen miteinander vergleichen können, sehr viel geringer ist als bei den frischen Grundschülern. Da die Schüler jedoch wie gesagt daran gewöhnt sind, ständig Neues zu lernen, gibt es für viele von ihnen trotzdem keine Schwelle, die neue Rechtschreibung einfach so hinzunehmen. Denn zudem ist ja schließlich – wie auch Tagesspiegel-Leser deutlich aufgeklärt werden – auch sowieso schon alles unwiderruflich beschlossen: Jetzt gib dich damit zufrieden oder laß es sein, uns egal. Es ist beinahe ein Armutszeugnis, wie die Kultusminister Lob für die Neuregelung nur von denen holen können, die ihrer Aufforderung zum Loben mangels besserem Wissen oder wegen der hierarchischen Lage folgen.
– geändert durch Christian Melsa am 07.11.2001, 16:42 –

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Theodor Ickler
05.11.2001 14.47
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Im Archiv des „Tagesspiegels“ habe ich den folgenden Beitrag gefunden – vielleicht hat er auch auf diesen Nachrichtenseiten gestanden. Ob sich der „Tagesspiegel“ heute wenigstens schämt, jemals so etwas veröffentlicht zu haben? Man muß das noch einmal lesen und sich auf der Zunge zergehen lassen. Da sollen jene Schulkinder, die nie etwas anderes als die Neuschreibung gelernt haben, sich über die Erleichterungen freuen ... Der Oberreformer Augst beteuert bei jeder Gelegenheit, es mache gar nichts, wenn die Menschen neben der Neuschreibung auf Jahrzehnte auch die alte anträfen, denn so lernten sie, daß Orthographie veränderliches Menschenwerk ist. Und nun soll die FAZ das Chaos verursachen?


Tagesspiegel 28.07.2000

Neue Rechtschreibung


Die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ kehrt zur bisherigen Rechtschreibung zurück – doch will ihr jemand folgen?

Clemens Wergin und Uwe Schlicht


Im Grunde müsste die Debatte um die Rechtschreibreform abgeschlossen sein. Nach mehr als zehnjähriger Diskussion, nach Abkommen und Beschlüssen der Kultusministerkonferenz und der Ministerpräsidenten wurden die neuen
Rechtschreibregeln am 1. August 1998 in 15 Bundesländern in Kraft gesetzt.
Schleswig-Holstein zog nach. Ein Jahr später stellten die Nachrichtenagenturen und die große Mehrheit der Zeitungen auf die neuen Regeln um. Auch der Tagesspiegel. Eine
Übergangsregelung erlaubt bis 2005 weiter auch die alte Schreibweise. Sie hat noch immer Anhänger – die „FAZ“ zum Beispiel, die zum 1. August zur alten Rechtschreibung
zurückkehrt. Das geht einher mit Unruhe, die der Duden verursacht hat, als er vor wenigen Tagen „Präzisierungen“ in der Schreibweise ankündigte. Wir dokumentieren den Diskussionsstand, die ersten Erfahrungen und die Reaktionen.

„Die Rechtschreibreform war das dümmste und überflüssigste Unternehmen in der deutschen Kulturpolitik nach dem Zweiten Weltkrieg: ein gemeingefährlicher Akt.“

Das schreibt Thomas Steinfeld im Feuilleton der FAZ, einen Tag, bevor das Blatt bekannt gibt, dass es zur alten Rechtschreibung zurückkehren wird. Jahrelang hatte sich
die Zeitung gegen die Einführung der neuen Regeln gestemmt. Am 1. August 1999 war sie dann doch den Nachrichtenagenturen gefolgt – „aus pragmatischen Überlegungen“, wie die FAZ schreibt.

Nun also die Wende der Wende. Begründung: Der Versuch, mit den neuen amtlichen Regeln für die Orthografie zu leben, sei gescheitert. Die Deutsche Akademie für Dichtung spricht von einem positiven Signal. Schon hat der Chefredakteur der in
Österreich meinungsbildenden „Kronenzeitung“ angekündigt, man werde „ernsthaft überlegen“, der FAZ zu folgen. Beim Springer-Verlag ist für Freitag eine Konferenz aller
Chefredakteure zum Thema Rechtschreibung geplant. Droht der „Sturm im Wasserglas“ etwa zum Tornado zu werden, der die Reform hinwegfegen könnte?

Anderthalb Jahre herrschte Ruhe an der Rechtschreibfront. Einige Nachhutgefechte hatten die Reformer in Schleswig-Holstein zu überstehen, wo eine Volksabstimmung
die Einführung der neuen Regeln an den Schulen zunächst stoppte. Dann aber setzte sich die Erkenntnis durch, dass Schleswig-Holstein nicht als Sprachinsel im Meer der
Neuschreibung existieren könne. Im Kieler Bildungsministerium spürt man immer noch etwas von der damaligen Furcht vor Isolation. Die Diskussion soll am besten gar nicht mehr aufgenommen werden. „Wir sind heilfroh, keine Insel mehr zu sein“, sagt Sprecherin Patricia Zimnik. Monatelang hat man den neu Eingeschulten die alte Rechtschreibung beibringen müssen mit Büchern, die schon die Neuschreibung benutzten. Bricht der Sprachgraben wieder auf?

Die „Welt“ hatte Anfang dieser Woche berichtet, der am 25. August auf den Markt kommende, revidierte Duden signalisiere ein „klammheimliches“ Abrücken von der Reform. Das brachte erste Unruhe in die Reihen der Befürworter. Die Dementis der
Rechtschreibkommission, der Kultusministerkonferenz und der Redaktionen von Duden und Bertelsmann zeigten, dass sich „Die Welt“ dem unerbittlichen Reformgegner Theodor Ickler angeschlossen hatte. Die Korrekturen betrafen nur Fälle, die vorher zwischen Duden und Bertelsmann strittig waren. Bei allen unklaren Auslegungen hat man sich nun mit der Kommission auf eine gemeinsame Version verständigt.
Bertelsmann setzte diese Klärungen schon im März 1999 in einer Neuauflage um. Nun folgt der Duden. Zum ersten Mal seit Einführung der Reform haben sich die beiden
maßgeblichen Wörterbuchredaktionen auf eine einzige Auslegung geeinigt.

Aus diesem Grund hält Fritz von Bernuth, Geschäftsführer des Cornelsen Schulbuchverlages, den Zeitpunkt der FAZ-Aktion „für besonders absurd“. Die Cornelsen-Gruppe ist der größte Schulbuchverlag Deutschlands. Fast 100 Millionen
Mark hat hier die Umstellung auf die Neuschreibung gekostet. Eine halbe Milliarde Mark hat die Branche insgesamt in die Überarbeitung der Titel gesteckt.

Der Präsident der Kultusministerkonferenz, Willi Lemke (SPD), denkt gar nicht daran, einzuknicken: „Eine ,Reform der Reform' wird nicht vorbereitet, und schon gar nicht – wie suggeriert wurde – hinter dem Rücken der Kultusminister.“ Lemke zudem: „Die neuen Schreibregeln sollen in erster Linie im Unterricht leichter handhabbar sein und das Schreibenlernen leichter machen.“ Die Länder berichten denn auch vom problemlosen Schulalltag mit der neuen Rechtschreibung. „Wir haben fast durchweg positive
Rückmeldungen bekommen“, sagt die Pressesprecherin des bayerischen Kultusministeriums, Brigitte Waltenberger. „Schüler sind gewohnt, dass sie Neues lernen. Erwachsene tun sich damit viel schwerer.“ Württemberg sieht nach den Worten
von Martin Böninger vom Kultusministerium keinen Anlass, nur aufgrund der FAZ aufGegenkurs zu gehen. Im Ministerium betrachte man die Aufgeregtheit „als Sommertheater“.

„Schüler, die von Anfang an mit der Reform aufwachsen, haben überhaupt keine Probleme, sie freuen sich über die Erleichterung. Ältere Schüler, die sich umstellen
mussten, beurteilen die Reform durchwachsen“, berichtet der Pressesprecher des sächsischen Kultusministeriums, Steffen Große.

Sein Brandenburger Kollege Gorhold pflichtet bei: „Es gibt eine weitgehende Gewöhnung an die neue Rechtschreibung bei Schülern und Lehrern.“ Angesichts solcher Rückmeldungen aus den Schulen findet es der Vorsitzende der
Rechtschreibkommission bedauerlich, dass das konservative Blatt umschwenkt.
„Dadurch, dass die FAZ jetzt mutwillig aussteigt, schafft sie erst das Chaos“, sagt Gerhard Augst. „Viele werden jetzt zögern, die neuen Regeln anzuwenden.“ Peinlich findet er, dass von den Beispielen, die die FAZ als besonders abschreckende Fälle zitiert, vier nicht den Regeln der neuen Rechtschreibung entsprechen.

In der Medienwelt zeigt man sich abwartend. „Spiegel“, „Focus“, „Stern“, „Woche“ und „Die Zeit“ ebenso wie die spät bekehrte „Neue Züricher Zeitung“ wollen zunächst bei der
jetzigen Schreibweise bleiben. Es könnte sein, dass die FAZ alleine bleibt. Einsam auf einer orthografischen Insel im Main.
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Th. Ickler

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