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Ludwig-Rohrer@gmx.de aus Amberg, Bayern
Obwohl Icklers Rechtschreibbuch ein rein orthographisches Werk sein soll, hat er doch auch Namen von geschichtlichen Persönlichkeiten darin aufgenommen und mit biographischen Angaben versehen. Daß der Name von Jean-Jacques Rousseau schon wegen der Orthographie in ein Wörterbuch gehört, wird niemand bezweifeln. Daß er den Genfer Rousseau aber zum Franzosen erklärt, ist ein Fehler, der einem Professor eigentlich nicht unterlaufen sollte. Äußerst merkwürdig sind die Angaben aber bei Personen aus der NS-Zeit. Hitler, dessen Name bestimmt keine Rechtschreibschwierigkeiten bereitet, wird nur lapidar als deutscher Reichskanzler bezeichnet. Damit wird dieser Diktator und Massenmörder von Ickler auf eine Stufe mit ehrenwerten Männern wie Luther, Marx, Stresemann gestellt, um nur einige Reichskanzler der Weimarer Republik zu nennen. Das ist ein Skandal und außerdem verfälschend. Denn Hitler war nur ein Jahr lang bis 1934 ausschließlich Reichskanzler. Nach dem Tod Hindenburgs übernahm er auch das Amt des Reichspräsidenten und vereinigte es mit dem des Reichskanzlers. Noch schlimmer ist es im Fall der Namen von Goebbels und Goerderler. Sie stehen in Icklers Buch untereinander und bei beiden steht als Zusatz: deutscher Politiker. Das ist unfaßbar! Der Widerstandskämpfer Goerdeler, der im Kampf gegen den Nationalsozialismus das Leben ließ, wird auf eine Stufe mit dem Nazi Goebbels gestellt! Ich frage mich wirklich, welcher Geist Ickler beseelte, als er diese Angaben machte. Ganz offenbar ein Ungeist!
Anm. von Th. I.: Das Versehen mit Rousseau ist längst bemerkt und korrigiert, ebenso wie noch einige weitere Fehler, deren Zustandekomen ich mir nicht mehr recht erklären kann. Aber wer ist unfehlbar? (Professoren sollten es in Rohrers Augen offenbar sein, aber das ist ein bißchen weltfremd.)
Den anderen Gesichtspunkt könnte man mal diskutieren. Ein Wörterbuch bzw. Lexikon hat es so an sich, daß Menschen und Unmenschen gleichermaßen darin vorkommen. Das bedeutet selbstverständlich keine gleiche Bewertung, schon gar nicht in einem orthographischen Wörterbuch. In der nächsten Auflage werden noch viel mehr Eigennamen stehen. Bei Personen wird, soweit möglich, die Nationalität und die (Haupt-)Funktion angegeben, also meist der Beruf. Wie gut oder wie schlecht sie ihn ausgeübt haben, gehört meiner Ansicht nach nicht hinein. (Der große Brockhaus stellt Hitler und Willy Brandt etc. gleich, indem er sie allesamt schlicht als Politiker einführt.) Die Angaben haben nur den Zweck, die gesuchte Person eindeutig zu identifizieren, und das geschieht am besten ganz schematisch. Daß der eine oder andere Benutzer auch nachschlägt, um mal schnell die Lebensdaten zu verifizieren, wird gern in Kauf genommen.
Die andere Entscheidung, nur solche Eigennamen aufzunehmen, deren Schreibweise schwierig ist, habe ich mir ganz bewußt erspart, weil es hier überhaupt keine Grenzen gibt. Auch bei Hitler kann es Probleme geben (Hüttler?). Daß der Duden bisher die Nazigrößen nicht aufgenommen hat, wohl aber Stalin usw., hängt bestimmt nicht mit orthographischen Kriterien zusammen, sondern dient der hilflosen deutschen Art der Vergangenheitsbewältigung als ob man Vergangenes durch Verschweigen ungeschehen machen könnte. Die unangenehme Folge ist, daß man mit Hilfe des Dudens zwar über Stalin, Stalinismus, Stalinorgeln usw. reden kann, nicht aber über Hitler, Hitlerjungen usw. nicht einmal um sie zu verdammen!
(Die angegebene E-Mail-Adresse von Ludwig Rohrer existiert übrigens nicht; möglicherweise verbirgt sich dahinter einer unserer alten Freunde, aber das ist natürlich für die Sache völlig belanglos.)
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Th. Ickler
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