ZEITSchreibung (Nr. 24, 1999)
Neue Rechtschreibung in der ZEIT
Zusammengestellt und erläutert, kritisiert und vorsichtig repariert von Dieter E. Zimmer
Rechtschreibumstellung in 10 Punkten
Die ZEIT übernimmt die Neuregelung der Rechtschreibung im Großen und Ganzen, aber nicht in Bausch und Bogen. An einigen genau definierten Stellen verwendet sie weiter die alten Schreibweisen. Die wichtigsten Punkte sind die folgenden:
1.Nur noch nach langem Vokal oder Diphthong ß, nach kurzem Vokal aber ss (ein einzelnes s im Auslaut wird nach kurzem Vokal jedoch nicht verdoppelt). Beispiele: müssen, du musst, er muss, du musstest; Maß, weiß; das, dass. (Diese Regel ist für über 90 Prozent aller Änderungen verantwortlich, also die mit Abstand folgenreichste.)
2.Bei 40 Wörtern ändert sich die Schreibung in einem Buchstaben. Die mutmaßlich häufigsten fünfzehn sind: Ass, aufwändig, behände, Gräuel, nummerieren, Plattitüde, platzieren, potenziell, rau, Rohheit, selbstständig, Stängel, Tollpatsch, überschwänglich, Zähheit, Zierrat. Außerdem schreibt die ZEIT bereits graf(isch), Foto(graf) und Fonograf (mit allen Ableitungen von -graf-, -fon- und -foto-) und jetzt auch Fantasie (mit Ableitungen).
3.Wenn drei gleiche Buchstaben zusammenstoßen, werden sie alle geschrieben: Schifffahrt. Wird das Wort dabei unübersichtlich, besonders beim Zusammenstoß von drei Vokalen, kann auch ein Bindestrich stehen: Tee-Ei.
4.Wörter aus lebenden Sprachen werden nicht eingedeutscht, auch nicht französische (Chicorée). Mehrgliedrige englische Begriffe werden nur zusammengeschrieben, wenn sie auch im Englischen zusammengeschrieben werden (Blackout, online). Sonst: getrennt, mit Bindestrich, Anfang und alle substantivischen Elemente groß; bei Kombinationen aus
Adjektiv und Substantiv entfällt der Bindestrich. Beispiele: Full-Time-Job, Face-to-Face-Befragung, Know-how, High Fidelity.
5.Eine Reihe bestimmter Formeln aus Adjektiv und Substantiv schreibt die ZEIT weiter groß: Aktuelle Stunde, Grüner Punkt, Kölnisch Wasser.
6.Wie bisher weiterhin: Heinesche Reisebilder, groß (Reisebilder von Heine), aber heinesche Ironie, klein
(Ironie in Heines Art).
7.Groß-/Kleinschreibung: zahlreiche einzelne Änderungen. Grundtendenz: Substantive groß (im Argen liegen, in Bezug auf, auf/in Deutsch, der Einzelne, im Folgenden, Kopf stehen, im Nachhinein, des Öfteren, von Weitem).
8.Getrennt-/Zusammenschreibung: zahlreiche einzelne Änderungen. Grundtendenz: Getrenntschreibung von
Verbverbindungen (aufeinander stoßen, fallen lassen,
kennen lernen, zufrieden geben, zunichte machen).
9.Worttrennung am Zeilenende: Keine Einzelbuchstaben
abtrennen (a-ber). Bei Fremdwörtern und Wörtern vom Typ war-um weiterhin die sogenannte morphologische Trennung nach Sinn- und nicht nach Sprechsilben (her-ein, He-li-ko-pter). -st- wird wie -sp- getrennt (leis-ten), -ck- wie -ch- (ha-cken) die bisherige k-k-Trennung entfällt.
10.Zeichensetzung: Weiterhin Kommas vor vollständigen
Und- und Oder-Sätzen und zum Absetzen erweiterter Infinitiv- und Partizipgruppen. Neu: Komma nach Abführung trotz vorherigem Frage- oder Ausrufezeichen
(Hallo!, rief Susanne).
Häufige und exemplarische Wörter mit geänderter Schreibung:
gestern Abend, am Dienstagabend, dienstagabends, 8-seitig, im Allgemeinen, anheim stellen, anstelle, aufgrund, im Besonderen, da sein, auf/in Deutsch, zu Eigen, der Einzelne, genau genommen, das Gleiche (aber dasselbe), eine Hand voll, imstande, infrage stellen, irgendetwas, irgendjemand, nahe stehen, aufs Neue (aber von neuem), Rad fahren, Recht haben, bei Rot, sodass, so genannt, stattdessen, umso, vonseiten, im Voraus, eine Zeit lang, zugrunde legen, zugunsten, zulasten, zuleide tun, zumute sein, zutage treten
Anm. Th. I.: Die letzten sechs und einige weitere Wörter der Liste wurden auch bisher schon so geschrieben.
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Th. Ickler
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