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Schul- und Lehrer-Nachrichten
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Norbert Lindenthal
20.08.2004 00.03
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Spiegel

10. August 2004

SCHULEN

Lehrerverband sieht kein Schlechtschreib-Chaos

Viele Schüler und Lehrer sind sauer, weil sie das Gerangel um die neue Rechtschreibung ausbaden müssen. Der Deutsche Lehrerverband allerdings hält eine Rückkehr zu den alten Regeln für „zumutbar“.

[Bild]
DPA
Rechtschreibreform: Vorwärts, rückwärts, hü und hott

In der Grundschule haben Schüler die alte Rechtschreibung gelernt, sich dann an die neuen Regeln gewöhnt und müssen nun vielleicht die Rolle rückwärts üben – was Lehrer die Haare raufen lässt, will Schülervertretern erst recht nicht einleuchten. So hält der Landesschülerrat Sachsen-Anhalt gar nichts von einer Rückkehr zu den herkömmlichen Schreibweisen: „Bei allem Idealismus und Verständnis für den Unmut über die neue Schreibung bitten wir inständig darum, wenigstens dieses Mal die Schülerinnen und Schüler nicht zum Spielball der Reformen zu machen und daran zu denken, welche katastrophalen Auswirkungen sich für uns in den Schulen ergeben würden, wenn dieser Schritt gegangen würde“, heißt es in einer Stellungnahme des Landesschülerrats.

Der Deutsche Lehrerverband indes kann keine Indizien für eine Katastrophe erkennen. Ein Stopp der Rechtschreibreform sei „durchaus“ Lehrern und Schülern zumutbar, sagte Verbandspräsident Josef Kraus der „Bild“-Zeitung: „Von den 700 Wörtern Grundwortschatz, den Viertklässler schriftlich beherrschen müssen, brauchen sie gerade einmal 20 Wörter neu zu lernen.“ Ein „viel größeres Chaos gibt es, wenn wir weiter eine Orthographie lehren, die außerhalb der Schule immer weniger praktiziert wird“.


DDP
Auch bei Rechtschreibung konservativ: Josef Kraus

Kraus bezeichnete die von Schulbuchverlagen genannten Umstellungskosten in Höhe von rund 250 Millionen Euro als „aufgebauscht“. Ein Austausch der Literatur sei kein Problem, da viele Bücher „sowieso nach fünf bis sechs Jahren zerfleddert“ seien und ausgetauscht werden müssten. Kraus sagte: „Es kommen keine gigantischen Kosten auf Eltern und Kommunen zu.“ Es solle aber eine Übergangsfrist bis 2010 geben.

Eine generelle Rückkehr zu den Schreibweisen vor der Reform wäre „für einige Verlage sicherlich existenzbedrohend“, sagte Rino Mikulic, Sprecher des Verbandes der Bildungsmedien. Mikulic rechnet aber nicht mit einer Kehrtwende, sondern mit einem Kompromiss und sieht in einer schleichenden Nachbesserung der Rechtschreibregeln für die Schulbuchverlage kein großes Problem.
 
Die Reform reformieren? Diskutieren Sie mit anderen SPIEGEL-ONLINE-Lesern!

Josef Kraus trat Befürchtungen entgegen, Schüler könnten durch die Umstellung schlechtere Noten bekommen: „Kein Kind wird einen Nachteil haben, kein Schüler deshalb sitzen bleiben.“ Die Lehrer würden voraussichtlich über 2005 hinaus nur Fehler anstreichen, die in beiden Schreibweisen falsch seien.

Ganz anders schätzt der Verband Bildung und Erziehung (VBE) die Debatte ein und wirft den Gegnern der neuen Rechtschreibung vor, den generellen Reform-Unwillen auszunutzen. „Es ist bemerkenswert, mit welcher Arroganz und Hochnäsigkeit die Reformgegner über eine ganze Generation von Kindern und Jugendlichen hinwegsehen, die bereits nach den neuen Regeln die deutsche Rechtschreibung erlernt haben – und dies ohne größere Probleme und durchaus mit mehr Gewinn an der Klarheit der Sprache“, sagte der rheinland-pfälzische VBE-Vorsitzende Johannes Müller. Deutschland sei „nach Pisa zum zweiten Mal auf dem besten Weg, sich bildungspolitisch international zu blamieren“, denn die deutsche Sprache gehöre „nun einmal nicht nur den Deutschen“. Müller forderte Planungssicherheit für die Schulen.


AP
Erfreut sich besonderer Beachtung in der „Bild“: Doris Ahnen

Die Abteilung Attacke der „Bild“-Zeitung geht derweil die rheinland-pfälzische Kultusministerin Doris Ahnen frontal an. Die SPD-Politikerin ist derzeit Vorsitzende der Kultusministerkonferenz und eine der schärfsten Kritikerinnen der Verlage, die eine Rückkehr zu den alten Regeln angekündigt haben.

Im Zuge ihrer Kampagne gegen die neue Rechtschreibung verdienten „Bild“-Redakteure sich ein paar Fleißkärtchen, indem sie Ahnens Grußworte und Pressemitteilungen aus den Jahren 2001 bis 2004 flöhten – und siehe da, man fand einige Rechtschreibfehler und dokumentierte sie prompt. Dass auch Texte aus einem Bildungsministerium nicht völlig fehlerfrei sind, ist nicht weiter überraschend. Aber das Springer-Blatt drechselte daraus die schöne Zeile: „Das üben wir noch mal, Frau Schlechtschreib-Ministerin!“.

Jochen Leffers

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Dominik Schumacher
16.08.2004 20.04
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FAZ Frankfurter Allgemeine Zeitung

13.8.2004, Seite 7

Nur 3,4 Prozent

Wäre eine Rückkehr zur bewährten Schreibung für Grundschüler eine Katastrophe? Die folgende Aufstellung der betroffenen Wörter bezieht sich auf den Grundschullehrplan Bayern, 2000, 2. Auflage.

Der Grundwortschatz, der am Ende des vierten Schuljahrs von den Schülern verlangt wird, umfaßt 700 Wörter. Insgesamt finden sich darunter 24 Wörter (3,4 Prozent), die gemäß Rechtschreibreform anders als früher zu schreiben sind:

- 1 Wort unter der Rubrik „Häufig gebrauchte Wörter“, – 4 Wörter im Grundwortschatz der Jahrgangsstufen 1 und 2, – 19 Wörter im Grundwortschatz der Jahrgangsstufen 3 und 4.

Es sind dies folgende Wörter (hier in neuer Schreibung):

in der Rubrik „Häufig gebrauchte Wörter“: dass;

im Grundwortschatz der Jahrgangsstufen 1 und 2: isst muss Spagetti Stängel;

im Grundwortschatz der Jahrgangsstufen 3 und 4: biss bisschen floss Fluss frisst goss Kompass Kuss lässt misst nass nummerieren Nuss Pass riss schloss tausende vergisst wusste.

Von den 24 „Neuschreibungen“ entfallen somit 20 auf die neue ss-Schreibung. (F.A.Z.)

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Dominik Schumacher
10.08.2004 22.24
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Die Rheinpfalz



10.8.2004

Lehrerverband: Kein Chaos bei alter Rechtschreibung

- Grundschüler müssten nur 20 Wörter neu lernen
 
Der Präsident des Deutschen Lehrerverbands, Josef Kraus, erwartet keine Probleme bei einer möglichen Rückkehr zur alten Rechtschreibung. Ein Stopp der Rechtschreibreform sei Lehrern und Schülern „durchaus“ zumutbar, sagte Kraus. „Von den 700 Wörtern Grundwortschatz, den Viertklässler schriftlich beherrschen müssen, brauchen sie gerade einmal 20 Wörter neu zu lernen.“

Neue Rechtschreibung (DDP/AFP)
   
Ein viel größeres Chaos gebe es, „wenn wir weiter eine Orthographie lehren, die außerhalb der Schule immer weniger praktiziert wird“, betonte Kraus in der „Bild“-Zeitung.

Die von Schulbuchverlagen genannten Umstellungskosten in Höhe von rund 250 Millionen Euro bezeichnete der Verbandschef als „aufgebauscht“. Ein Austausch der Literatur sei kein Problem, da viele Bücher sowieso nach fünf bis sechs Jahren zerfleddert seien und ausgetauscht werden müssten. „Es kommen keine gigantischen Kosten auf Eltern und Kommunen zu“, sagte Kraus. Es solle aber eine Übergangsfrist bis 2010 geben.

© Copyright AFP Agence France-Presse GmbH – Es handelt sich bei diesen Veröffentlichungen um automatisiert eingespeistes Material des Diensteanbieters AFP im Sinne des Teledienstegesetzes.

afp, Dienstag, 10. Aug, 07:48 Uhr

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Karin Pfeiffer-Stolz
10.08.2004 05.29
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Mit großer Wahrscheinlichkeit ...

Neben Deutsch war das Fach Mathematik in der Schule eines meiner Lieblingsfächer. Gegen Ende der Schulzeit wurden wir in die Wahrscheinlichkeitsrechnung mit Statistik und Schätzungen eingeführt. Deutlich erinnere ich mich daran, wie mir plötzlich die Mathematikstunden zuwider wurden. Ergebnisse, die man nur schätzen konnte, Rechnungen, die annähernd richtig waren, Wahrscheinlichkeiten, die man auch widerlegen konnte, sie erfüllten mich mit Abneigung. Meine Leistungen – und Zensuren – fielen in demselben Maße, wie meine Lust am Rechnen schwand. Ich erinnere mich gut, daß es auch meinen Mitschülern so erging. Es fehlte uns die Klarheit, die Eindeutigkeit, die Verläßlichkeit des Lerngegenstandes. Heute bin ich sicher, daß man dafür eine gewisse Reife besitzen muß, um das auszuhalten. Als Schüler besaßen wir diese nicht.

Was hat das mit der Orthographie zu tun? Sehr viel. Unsicherheit führt bei jedem Kind zu Unbehagen und damit zu Vermeidungsverhalten. Es will sich befreien aus der Zone von Unklarheit und Mehrdeutigkeiten. Das „Sowohl-als-auch“ ist kein Lernfeld, an dem ein Kind wachsen könnte. Die moderne Pädagogik stellt den Schülern heute viele Möglichkeiten zur Wahl und meint, damit das Ei des Kolumbus gefunden zu haben: Selbständigkeit zu fordern durch Konfrontation mit Vielfalt und Zweideutigkeit. Lesen, Schreiben, das Einmaleins – das sind an der Schule Lerngegenstände, die im Gegensatz zur Wahrscheinlichkeitsrechnung den Vorteil besitzen, klar und eindeutig zu sein. Sobald Mehrdeutigkeiten und Unverläßlichkeiten den Lerngegenstand bestimmen, wird sich der Lernende unbehaglich und unsicher fühlen. Die logische Folge ist sein geistiger Rückzug. Kein Kind will und kann etwas lernen, das nicht eindeutig definiert ist!

Wer in der Rechtschreibung (in der Sprache) Mehrdeutigkeiten zuläßt, indem er Varianten einführt, verunsichert zunächst auch einmal die Lehrer, die für ihre Unterrichtsarbeit Verläßlichkeit ebenso benötigen wie der Lernende. Man kann eben kein „Sowohl-als-auch“ oder ein „Vielleicht“ unterrichten!

Wer jetzt meint, wir könnten mit dieser sogenannten Rechtschreibreform noch einen guten Deutschunterricht, ja Unterricht generell, etablieren, wird sich bald eines Besseren belehren lassen müssen. Unlust und Vermeidungsverhalten, Lernblockaden und Gleichgültigkeit werden dazu führen, daß unsere Kinder an den Schulen immer weniger lernen. Und was können wir dagegensetzen, wenn unsere Werkzeuge selbst stumpf geworden sind? Was man hineinsteckt, bekommt man heraus. Das gilt nicht nur für Computer.

Natürlich stecken wir alle in einer finanziellen und machtpolitischen Zwickmühle. Ich sehe durchaus die Probleme der Kosten, sie gelten auch für mich persönlich. Doch was bleibt uns übrig, als diese irgendwie aufzufangen, wenn wir nicht auf dem schlechten Weg weiter in eine unbehagliche Zukunft marschieren wollen? Die Vernunft diktiert Umkehr. Stures Weitergehen führt tiefer in die Krise.

10. August 2004

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Karin Pfeiffer-Stolz

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Norbert Lindenthal
10.08.2004 05.18
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Main-Rheiner



Vom 10.8.2004

Eltern wollen den Duden zurückgeben

AZ-Umfrage zur Rechtschreibreform / Viele Alzeyer sind sich einig: teuer und unnütz

Grundschüler werden mit der neuen Rechtschreibung groß.
Alle anderen müssen sich die Regeln selbst beibringen.
Foto: AZ-Archiv

Die Rechtschreibreform ist erneut in aller Munde. Die AZ hat sich gestern in der Fußgängerzone umgehört.  

Von unserer Mitarbeiterin Julia Gieger

Ja wie denn jetzt: Orthographie oder Orthografie? Stengel oder Stängel? Shrimps oder Schrimps? Als „sinnlos, blöde, unlogisch und unnötig“, bezeichnet fast jeder der Befragten die Änderungen der deutschen Schriftsprache.

Seit August 1998 löst die umstrittene Rechtschreibreform zahlreiche Debatten aus. Die jüngsten Diskussionen entstanden durch den Aufruf der Axel-Springer AG und des „Spiegel“-Verlags, endgültig wieder zur alten Orthografie zurückzukehren. Doch während sich Verlage, Schriftsteller und Politiker streiten, ist für viele Alzeyer die Reform gescheitert.

Eine 50-jährige Frau verzieht bei so manchen Beispielen der neuen Schreibung gequält ihr Gesicht. Die eingedeutschten Fremdworte sähen optisch am schlimmsten aus, bemerkt sie, wie zum Beispiel „Nessessär“. Gut fände sie, dass die Interpunktion nicht mehr so „steif“ sei, man hätte mehr Freiheit bei der Betonung. Eine 46 Jahre alte Frau aus Framersheim hält die Reform für „reine Geldmacherei“, die Neuauflagen vor allem der Schulbücher seien teuer genug, und wenn jetzt wieder zur alten Rechtschreibung zurückgekehrt werden soll, würden sich die Kosten für Eltern verdoppeln.

Auch eine zweifache Mutter, die gerade mit ihren Kindern in der Stadt unterwegs ist, schreibt weiter nach den alten Regeln, „solange mich niemand zur neuen Schreibung zwingt“, sagt die 45-Jährige. „Die Reform sollte uns die deutsche Schriftsprache vereinfachen, aber es gibt immer noch viel zu viele Sonderregelungen, zum Beispiel mit dem `ss`", bemängelt die Frau. Die Chance, alles nochmals zu verändern, sei vertan, das würde nur noch mehr Geld kosten. Ihre beiden Töchter -  Leonie (11) und Kyra (9) - bekommen die neuen Regeln im Unterricht beigebracht. Leider ist dies nicht an allen Schulen der Fall. Die beiden 15-jährigen Gymnasiastinnen Sina und Meike aus Biebelnheim fänden es praktisch, „wenn uns die neue Schreibweise richtig beigebracht würde“, und das Richtige nicht nur beiläufig beim Korrigieren der Aufsätze als Bemerkung am Rande stünde.

Einige mogeln sich auch mit der Rechtschreibprüfung ihres Computers durch: „Mein PC übernimmt oder berichtigt ja alles von alleine“, sagt ein 35-Jähriger und lacht.

Jürgen Weber ist für die Ausbildungskoordination im Bildungswerk des Alzeyer und Wormser Handwerks zuständig. „Die Rechtschreibreform verunsichert nicht nur die Alten, sondern auch die Jugendlichen mehr, als dass sie Sinn macht“, ärgert er sich. Die Jugendlichen hätten schon mit der alten Rechtschreibung genug Probleme gehabt. Er findet, dass sich die Politiker besser mit dem Arbeitslosenproblem auseinandersetzen sollten, „als solch einen Unfug zu fabrizieren“.

Derzeit erfahren die Verlage und damit auch die Buchhandlungen alle möglichen Auswirkungen der Reform. Wolfgang Arnold, Inhaber der Buchhandlung Machwirth, beschreibt die verfahrene Situation: „Bei den Schulbüchern ist das Geschrei aufgrund der anfallenden Kosten am größten. Eltern fragen sogar schon, ob sie den für 28. August angekündigten neuen Duden auch wieder zurückgeben könnten, wenn die Revision der Reform in Kraft treten sollte...“

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Norbert Lindenthal
10.08.2004 05.10
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Lübecker Nachrichten



10.8.2004

Rechtschreibreform: Geteilte Meinung bei den Lehrern

Sechs Jahre nach Einführung der Rechtschreibreform wird jetzt über die Reform der Reform nachgedacht. Im Nordwestkreis sind die Meinungen geteilt.

Grevesmühlen – Ein Schritt vor und zwei zurück. In der Politik ist derzeit nur eines gewiss: Nichts Genaues weiß man nicht. An den Schulen im Nordwestkreis sieht man skeptisch in die Zukunft. Denn eine Reform der Reform würde nicht nur erheblichen bürokratischen Aufwand, sondern auch eine gewaltige finanzielle Belastung bedeuten. Schulbücher, Duden, Nachschlagewerke – alles, was in den vergangenen sechs Jahren mühsam umgestellt wurde, wäre mit einem Schlag Makulatur.

Und trotzdem sei sie für die alte Rechtschreibung, erklärte gestern eine Lehrerin aus der Kreisstadt, die aber namentlich nicht genannt werden wollte. Denn das Durcheinander seit der Einführung der neuen Schreibweise sei ein katastrophaler Zustand. Die Prüfungen für die älteren Jahrgänge beispielsweise, die sowohl nach der alten wie auch nach der neuen Rechtschreibung unterrichtet worden sind, müssen auf zwei verschiedene Arten korrigiert werden. Eben nach den neuen und nach den alten Regeln.

Eine Reform hätte nach Auffassung der Deutschlehrerin nur Sinn, wenn man sich auf eine Vereinfachung der Schreibweisen geeinigt hätte. Beispielsweise nach dem Vorbild des Englischen, wo Substantive klein geschrieben werden. Statt dessen würden hierzulande die Pädagogen mit einer Flut von Kann-Bestimmungen überschüttet. Und diese Regeln würden es weder den Lehrern noch den Schülern einfacher machen.

Siegfried Teichmann, stellvertretender Schulleiter an der Grevesmühlener Wasserturmschule, sieht die Sache ähnlich. „Ich bin dafür, die alte Rechtschreibung wieder einzuführen“, erklärt Teichmann.

Davon hält Eckehard Thun, stellvertretender Schulleiter der Grund-, Haupt- und Realschule in Rehna, gar nichts. Er sagt: „Was man angefangen hat, sollte man jetzt auch bis zum Ende durchziehen.“ Denn die Rechtschreibreform sei schon so weit fortgeschritten und habe so viel Kraft gekostet, dass es aus seiner Sicht keine Alternative mehr gibt.

Petra Hering leitet die Grundschule in Roggendorf. Ihre persönliche Meinung: „Alles soll so bleiben wie es ist. Ich denke schon, dass die neuen Regeln einfacher für die Kinder sind.“ Außerdem sei es eine Kostenfrage. Etliche Lehrbücher seien erst seit wenigen Jahren in Gebrauch, bei einer erneuten Änderung müsste man sie dann quasi über Nacht ersetzen. Auch von einer immer wieder diskutierten Volksabstimmung in Sachen Rechtschreibreform hält Petra Hering wenig. „Denn dabei würden ja nur die Erwachsenen befragt.“ Die Meinung derjenigen, die es jeden Tag in der Schule direkt betrifft, würde so gar nicht zur Kenntnis genommen.

„Das große Zweifeln an der Rechtschreibreform kommt ziemlich spät“, findet Elke Cornehls aus Gadebusch. Die 60-Jährige ist Leiterin der Regionalschule der Radegaststadt. Die Rechtschreibreform sei am ersten Tag nach den Sommerferien kein Thema im Lehrerteam gewesen, sagte gestern Fritz Christ, Leiter der Ploggenseeschule in Grevesmühlen. Man habe andere Sorgen. Er bezeichnete die Absichtserklärung von großen Zeitungsverlagen, zu den alten Schreibweisen zurück zu kehren, als „eine unmögliche Diskussion“. Ein Zurückdrehen der Rechtschreibreform sei keine Lösung. Immerhin würden die neuen Regeln seit sechs Jahren angewandt, man solle sich hüten, über die Köpfe der Schüler hinweg zu entscheiden.

Auch in der Verwaltung wird dieses Thema seit einigen Tagen wieder diskutiert. So im Amt Rehna. Hauptamtsleiter Bernd Karnatz erklärte gestern: „Ich habe mich inzwischen an die neuen Rechtschreibregeln gewöhnt. Ab und zu schlage ich zwar noch im Duden nach, aber dies wird immer seltener.“ Karnatz hält deshalb von der Methode „Rein in die Kartoffeln, raus aus den Kartoffeln“ in Sachen Rechtschreibung nicht viel.

Von Gerhard Dietrich und Michael Prochnow, LN

ln-online/lokales vom 10.08.2004 01:00
In den letzten 7 Tagen schon 10 mal gelesen – zuletzt am 10.08.2004 um 06:34.

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Klaus Eicheler
09.08.2004 22.54
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Interview Josef Kraus, Präsident Deutscher Lehrerverband

Kraus-Interview (10 Minuten, 1,7 MB)

Jürgen Liminski: [Es geht] um die Sprache der deutschen Kultur, genauer, um die Rechtschreibung. Die Bildungsbehörden der deutschsprachigen Länder wollen sich noch in diesem Monat in Wien über das weitere Vorgehen verständigen, zum aktuellen Stand des Streits um die Reform sprechen wir mit dem Präsidenten des Deutschen Lehrerverbandes, Josef Kraus.

Die Rechtschreibreform, das ist ein Thema wie es deutscher nicht sein könnte – immerhin ist die Sprache, wie Humboldt schon sagte, der Geist-Leib des Menschen, oder, wie Schopenhauer meinte, das geistige Antlitz des Menschen, und da können Wortungetüme mit drei Konsonanten hintereinander schon wie kleine Pockennarben auf der Stirn erscheinen. Es geht nicht nur darum, wie wir schreiben, sondern auch, wie wir reden, wie wir denken, mithin auch um eine Frage der Identität, des Wesens, und das mag den prophetischen Eifer erklären, mit dem Politik und Medien sich seit Freitag über Rücknahme oder auch nicht der Reform streiten.

Die Frontlinie der Debatte verläuft quer durch alle Lager, in der Politik sind einige Ministerpräsidenten dafür, andere aus der selben Partei dagegen, in den Medien allerdings ist eine deutliche Mehrheit für die Rücknahme der Reform in ihrer jetzigen Gestalt auszumachen.

Was aber sagen diejenigen, die diese Reform zu lehren und den jüngeren Generationen zu vermitteln haben? Wir sind nun verbunden mit Josef Kraus, dem Präsidenten des deutschen Lehrerverbandes, er ist selbst Direktor eines Gymnasiums, Deutschlehrer und Autor des Buches „Spaßpädagogik – Sackgassen deutscher Schulpolitik“ – Guten Morgen, Herr Kraus.

Josef Kraus: Guten Morgen, Herr Liminski.

Liminski: Herr Kraus, ist die Reform in einer Sackgasse, ist das das Ende der Spaßrechtschreibung?

Kraus: Ja nun, mit dem Spaß ist es so eine Sache, allein was die Schreibung schon betrifft, Spaß schreibt man nach der alten und nach der neuen Schreibung mit sz, also mit scharfem s, obwohl viele Schüler jetzt meinen, man würde es mit Doppel-s schreiben – nein, also spaßhaft ist das nicht, was wir erlebt haben seit 1996 bzw. 98, wir sind mehr und mehr in der Schule in ein orthographisches Abseits geraten, wir sind in eine Glaubwürdigkeitskrise in den Schulen geraten, wir sollen in den Schulen und mußten in den Schulen den Kindern eine Schreibung beibringen, von der die Kinder natürlich wußten – ab einem gewissen Alter: Die Eltern akzeptieren sie nicht, die Großeltern akzeptieren sie nicht, 80 Prozent der Buchbestände zu Hause und in den Schulbibliotheken sind anders geschrieben, fast alle maßgeblichen deutschen Autoren schreiben anders – also: Es ist ein Glaubwürdigkeitsproblem, und das hat alles andere als mit Spaß etwas zu tun.

Liminski: Wie kann, wie soll es denn nun weitergehen – die Sache muß doch auch irgendwie politisch entschieden werden?

Kraus: Ja nun, entweder politisch oder durch schlaue Kommissionen oder eben durch das Volk oder durch die Medienlandschaft. Die Rechtschreibreformkommission, die Zwischenstaatliche Kommission, die hat ja nun 17 Jahre gearbeitet, sie hat den Auftrag 1987 bekommen und in den 17 Jahren eigentlich nicht unbedingt etwas breit Akzeptiertes zustande gebracht, und die Kultusministerkonferenz auch nicht. Ich erwarte mir tatsächlich von der Initiative einiger Ministerpräsidenten – Wulff war der erste, Müller kam, Böhmer kam, Stoiber kam dazu – daß sie im Oktober das Thema auf die Tagesordnung der Ministerpräsidentenkonferenz setzen und dann hoffentlich eine rasche Entscheidung finden, wie immer sie auch aussehen mag. In den Schulen ist es so, daß wir eigentlich uns nichts mehr herbeisehnen als ein Ende der Debatte und wieder Klarheit, was die Normen in der Orthographie betrifft.

Liminski: Stoiber hat ja auch am Wochenende angekündigt, daß das auf die Agenda kommt, wie kann es denn nun praktisch weitergehen – in drei, vier Wochen kommen die Schüler aus den Ferien zurück und müssen doch irgendwelche Regeln anwenden bei Diktat, Aufsatz oder auch Referaten.

Kraus: Ja nun, aktuell ist die Rechtslage die, daß wir nach wie vor eine Übergangsfrist haben, die begann 1998 und sie endet nach dem jetzigen Status am 1. August 2005; Übergangsphase heißt, daß in dieser Zeit alte und neue Rechtschreibung gelten. Also, egal wie einer schreibt, Hauptsache, es ist nach der alten oder nach der neuen richtig, es wird nicht als Fehler angestrichen.

Ich meine, die Ministerpräsidenten müssen ihre Kultusminister sofort verpflichten, diese Übergangsfrist zu verlängern, um mindestens fünf Jahre, egal was dann rauskommt, und dann müssen wir sehen, wie es kommt – im Moment erkenne ich noch keine Einstimmigkeit, die notwendig wäre in der MPK, also in der Ministerpräsidentenkonferenz, und auch nicht in der KMK. Da profiliert sich natürlich jetzt jeder auch sehr unterschiedlich, aber ich bin mir sicher, daß mit Rücksicht auf die Bedeutung der Sprache, auf die Bedeutung des Sprachunterrichts, die Politik sich doch dann bei der Verantwortung packen läßt.

Liminski: Haben Sie denn schon Reaktionen zur neuen Lage aus der Lehrerschaft und aus den Schulen vielleicht, auch trotz der Ferien?

Kraus: Ja, natürlich bekommt man Reaktionen, und die Reaktionen spiegeln im wesentlichen das wider, was ja auch das Meinungsbild, das äußert heterogene Meinungsbild in der Lehrerschaft, vor allem der Deutschlehrerschaft, oder aller 750.000 deutschen Lehrer in den letzten Jahren betraf. Wir hatten eine Gruppe – und haben nach wie vor eine Gruppe – die die Rechtschreibreform nicht haben wollte und die sicherlich sich jetzt sehr freut, wie sich das entwickelt, und die darauf hofft, daß das der Todesstoß für die Rechtschreibreform ist. Dann gibt es eine zweite Gruppe, die sagt: Egal was jetzt herauskommt, hoffentlich beschleunigt sich jetzt die endgültige Entscheidung, was kommt, denn diese Hängepartie, die uns immer mehr Beliebigkeit in der Schreibung gebracht hat, das ist ungut für die Pädagogik; und da gibt es natürlich diejenigen, die jetzt wütend sind oder ärgerlich sind oder traurig sind, weil es so kam, weil es offenbar der Markt entscheidet – also entsprechend sind die Reaktionen von Freude, von Jubel bis hin zu Verärgerung und Enttäuschung.

Liminski: Lassen sich denn da irgendwie Mehrheitsverhältnisse ausmachen?

Kraus: Ja nun, da ist jede Einschätzung subjektiv, es hat ja nie eine seriöse Studie gegeben, was die Akzeptanz betrifft bzw. schon gar nicht, was also die Veränderung in der Fehlerhäufigkeit betrifft – nach meinem subjektiven Empfinden, und ich habe sehr viel mit Lehrerkollegien und mit Lehrern auch außerhalb des eigenen Hauses zu tun, würde ich mal sagen, die beiden ersten Gruppen die sich freuen, daß nun etwas passiert ist, oder die zumindest darauf hoffen, daß jetzt die Entscheidung beschleunigt wird, sind wahrscheinlich die größeren; die Reformeuphoriker, glaube ich, sind eher das kleinere Drittel, wenn man es mal so mathematisch unsauber ausdrücken möchte.

Liminski: Wie steht es denn mit der Finanzfrage, Herr Kraus, die Reform hat Geld gekostet, die Rücknahme würde auch Geld kosten. Es ist doch immerhin ein Argument.

Kraus: Wenn es einer Kulturnation an die Sprache geht, dann darf das Geld nicht unbedingt oder erst an zweiter Stelle eine Rolle spielen. Im übrigen halte ich Schätzungen, die in die Welt gesetzt wurden, daß eine Rücknahme der Reform 250 Millionen Euro kosten würde, für maßlos übertrieben. Und selbst der größte Schulbuchverleger, den wir in Deutschland haben, der Klett Verlag, hält diese Zahlen für maßlos übertrieben. Man muß die Kirche im Dorf lassen und einfach einmal davon ausgehen, daß Schulbücher in den Kernfächern, ich nenne jetzt einmal an erster Stelle Deutschbücher, Lesebücher, Lesefibeln, Sprachbücher, ohnehin aufgrund des täglichen Gebrauchs oder fast täglichen Gebrauchs höchstens eine Lebensdauer von fünf, sechs Jahren haben; das heißt: Wenn wir eine erneute Übergangsfrist von fünf, sechs Jahren bekommen werden, und die brauchen wir natürlich auch, dann müssen diese Bücher sowieso im Zuge der Ersatzbeschaffung erneuert werden, und dann kostet es nur sehr begrenzt zusätzliches Geld.

Liminski: Sprache entzieht sich politischer Verordnung, sagen die Gegner der Reform, wie der saarländische Ministerpräsident Peter Müller oder auch sein niedersächsischer Kollege Christian Wulff, aber wer entscheidet denn letztlich? Es kann ja auch sein, daß die Politik sich nicht entscheiden kann und endlos weiterdiskutieren will, es wäre ja auch nicht das erste Mal.

Kraus: Ja nun, die Politik ist ja im Grunde genommen gewählt als Repräsentation des Volkes, aber die Sprache gehört natürlich weder der Politik noch irgendwelchen Sprachkommissionen oder Kultusministerkonferenzen, die Sprache gehört dem Volk. Und wenn man Sprache normieren will, und das muß man, wenn man keine Zwei- und Dreiklassengesellschaft haben will hinsichtlich Sprachanwendung, wenn man also Sprache normieren will, dann gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder man normiert sie a priori durch bürokratische Setzungen, das halte ich für undemokratisch, oder aber man normiert sie, indem man die Sprachentwicklung, die Evolution der Sprache nachzeichnet, wie es ja eigentlich bis 1996/98 der Fall war; also Sprache gehört dem Volk, und das Volk nimmt natürlich Einfluß auf die Medien, und wenn die Medien das dann entscheiden, dann hat es letztendlich auch das Volk entschieden.

Liminski: Der Markt, bzw. das Volk entscheidet, sagen Sie, ist diese Debatte nicht auch ein Symbol für die Entfremdung der Politik und ihrer Bürokratie vom Volk – oder auch für die Reformunfähigkeit der Politik sogar?

Kraus: Da ist natürlich sicherlich etwas dran, und wenn ich noch mal daran erinnern darf, daß man 17 Jahre lang gebraucht hat bis zum heutigen Tag, um dieses Durcheinander zu haben, dann hat die Politik dem Volk nicht mehr „auf’s Maul geschaut“ – und dann haben auch die Kommissionen, die schlauen, dem Volk nicht mehr „auf’s Maul geschaut“. Man sollte allerdings auch jetzt nicht den Fehler machen, den nun einige SPD-Ministerpräsidenten geäußert haben, die die Rücknahme der Reform als populistischen Streich abtun; – nein, „populisitisch“, das ist eine Vokabel, die aus dem Lateinischen kommt, heißt „Populus“, und „Populus“ heißt „das Volk“; dieses Volk ist im übrigen nicht reformunfähig; es kommt darauf an, ob man seitens der Politik und seitens der Fachkommissionen die richtigen Reformen inszeniert – und ob die Zwischenstaatliche Reformkommission die richtige Reform inszeniert hat, das wage ich sehr zu bezweifeln – also noch mal: Das Volk ist reformfähig, aber die Kommissionen, die die Reform vorschlagen, sind nicht immer in der Lage, vernünftige Reformen zu inszenieren.

Liminski: Noch mal ein Wort zum Markt oder zum Volk, es sind doch auch nur einzelne, die den Markt beherrschen, kann man da von Volk sprechen?

Kraus: Das Volk hat als – ja , „Konsument“ sozusagen, darüber entschieden, wer die Tonangebenden in der deutschen Medienlandschaft sind, und wenn man so sehr unterschiedliche und jahrelang sich zum Teil ja auch befehdende Verlage sich anschaut, wie hier Springer-Bereich und dort SPIEGEL, und wenn die plötzlich an einem Strang ziehen, dann muß man schon hellhörig werden – und im übrigen: Ich rechne mit einem Dominoeffekt; wir haben ja gesehen, daß sich der Süddeutsche Verlag jetzt anschließt, daß sich der Bauer Verlag anschließen will, daß große Literaturverlage sich mit dem Gedanken tragen, auch die renommiertesten, umzukippen. Ich rechne damit, daß hier noch einiges dazukommt; also: Das ist dann keine Monopolentscheidung, sondern das erfaßt schon die ganze Breite des Medienmarkts.

Liminski: Dominoeffekt, wieder zurück auf Los, die Debatte um die Rechtschreibreform: das war Josef Kraus, Präsident des Deutschen Lehrerverbandes.
Besten Dank für das Gespräch, Herr Kraus.

Kraus: Danke auch.
__________________
Klaus Eicheler

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Norbert Lindenthal
09.08.2004 22.10
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Danke, Herr Eicheler

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Norbert Lindenthal
09.08.2004 21.51
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Präsident des Deutschen Lehrerverbandes Josef Kraus

Der Vorsitzende des Deutschen Lehrerverbandes, Gymnasium-Direktor Josef Kraus heute morgen, 9.8.2004, 8:20, im DLF (10 Minuten, 1,7 MB)

Deutschlandfunk Interview
Montag bis Sonntag

9.8.2004

Lehrerverband fordert schnelle Entscheidung zur Rechtschreibreform

Interview mit Josef Kraus, Präsident des Deutschen Lehrerverbandes (10 Minuten, 1,7 MB)

Moderation: Jürgen Liminski

Schüler üben die neue Rechtschreibung (Foto: AP)
Jürgen Liminski: Die Rechtschreibreform, das ist ein Thema, wie es deutscher nicht sein könnte. Immerhin ist die Sprache, wie Humboldt schon sagte der Geistleib des Menschen oder wie Schopenhauer meinte, das geistige Antlitz des Menschen und da können Wortungetüme mit drei Konsonanten hintereinander schon wie kleine Pockenarben auf der Stirn erscheinen. Es geht nicht nur darum, wie wir schreiben, sondern auch wie wir reden, wie wir denken, mithin auch um eine Frage der Identität des Wesens und das mag den prophetischen Eifer erklären mit dem Politik und Medien sich seit Freitag um die Rücknahme der Reform streiten. Die Frontlinie der Debatte läuft quer durch alle Lager, in der Politik sind einige Ministerpräsidenten dafür, andere aus derselben Partei dagegen, in den Medien allerdings ist eine deutlich Mehrheit für die Rücknahme der Reform in ihrer jetzigen Gestalt auszumachen. Was sagen aber diejenigen, die diese Reform zu lehren und den jüngeren Generationen zu vermitteln haben. Wir sind nun verbunden mit Josef Kraus, dem Präsidenten des Deutschen Lehrerverbandes, er ist selbst Direktor eines Gymnasiums, Deutschlehrer und Autor des Buches, Spaßpädagogik-Sackgassen deutscher Schulpolitik. Guten Morgen, Herr Kraus.

Josef Kraus: Guten Morgen, Herr Liminski.

Liminski: Herr Kraus, ist die Reform in einer Sackgasse, ist das das Ende der Spaßrechtschreibung?

Kraus: Ja nun, mit dem Spaß ist das so eine Sache, alleine was die Schreibung schon betrifft. Spaß schreibt man nach der alten und der neuen Schreibung mit Esszett also mit scharfen S, obwohl viele Schüler jetzt meinen man würde es mit Doppel-S schreiben. Nein, also spaßhaft ist es nicht, was wir erlebt haben sei '96 beziehungsweise '98. Wir sind mehr und mehr in der Schule in ein orthografisches Abseits geraten, wir sind in eine Glaubwürdigkeitskrise in den Schulen geraten. Wir sollen in den Schulen und mussten in den Schulen den Kindern eine Schreibung beibringen, von der die Kinder natürlich wussten, ab einem bestimmten Alter, die Eltern akzeptieren sie nicht, die Großeltern akzeptieren sie nicht, 80 Prozent der Buchbestände zu Hause und in den Schulbibliotheken sind anders geschrieben, fast alle maßgeblichen deutschen Autoren schreiben anders. Also das ist ein Glaubwürdigkeitsproblem und das hat alles andere als mit Spaß was zu tun.

Liminski: Wie kann, wie soll es denn nun weiter gehen? Die Sache muss ja auch irgendwie politisch entschieden werden.

Kraus: Ja nun, entweder politisch oder durch schlaue Kommissionen oder eben durch das Volk oder durch die Medienlandschaft. Die Rechschreibreformkommission, die zwischenstaatliche Kommission hat ja nun 17 Jahre gearbeitet. Sie hat den Auftrag 1987 bekommen und in den 17 Jahren eigentlich nicht unbedingt was breit Akzeptiertes zustande gebracht und die Kultusministerkonferenz auch nicht. Ich erwarte mir tatsächlich von der Initiative einiger Ministerpräsidenten, Wulff war der erste, Müller kam, Böhmer kam, Stoiber kam, dass sie im Oktober das Thema auf die Tagesordnung der Ministerpräsidentenkonferenz setzen und dann hoffentlich eine rasche Entscheidung finden, wie immer sie auch aussehen mag. In den Schulen ist es so, dass wir eigentlich uns nichts mehr herbeisehnen als ein Ende der Debatte und wieder Klarheit was die Normen in der Orthografie betrifft.

Liminski: Stoiber hat ja auch am Wochenende angekündigt, dass das auf die Agenda kommt, wie kann es denn nun praktisch weitergehen? In drei, vier Wochen kommen die Schüler aus den Ferien zurück und müssen doch irgendwelche Regeln anwenden bei Diktaten, Aufsätzen und Referaten.

Kraus: Ja nun, aktuell ist die Rechtslage die, dass wir nach wie vor eine Übergansphase haben, die begann 1998 und die endet nach dem jetzigen Status am ersten August 2005. Übergansphase heißt, dass in dieser Zeit, alte und neue Rechtschreibung gilt. Also egal wie einer schreibt, Hauptsache es ist nach der Alten oder Neuen richtig, es wird nicht als Fehler angestrichen. Ich meine, die Ministerpräsidenten müssen sofort ihre Kultusminister verpflichten, die Übergansphase zu verlängern um mindesten fünf Jahre, egal was dann rauskommt. Und dann müssen wir sehen, wie es kommt. Im Moment erkenne ich noch keine Einstimmigkeit, die notwendig wäre in der MPK, also in der Ministerpräsidentenkonferenz und auch nicht in der KMK. Da profiliert sich natürlich jetzt jeder auch sehr unterschiedlich. Aber ich bin mir sicher, dass mit Rücksicht auf die Bedeutung der Sprache, der Bedeutung des Sprachunterrichts, die Politik sich dann doch bei der Verantwortung packen lässt.

Liminski: Haben Sie denn schon Reaktionen zur neuen Lage aus der Lehrerschaft und aus den Schulen vielleicht auch trotz der Ferien?

Kraus: Ja natürlich bekommt man Reaktionen. Und die Reaktionen spiegeln im wesentlichen das wieder, was ja auch das Meinungsbild, das äußerst heterogene Meinungsbild in der Lehrerschaft, vor allem der Deutschlehrerschaft oder aller 750.000 deutscher Lehrer in den letzten Jahren betraf. Wir hatten eine Gruppe und haben nach wie vor eine Gruppe, die die Rechtschreibreform nicht haben wollte und die sicherlich sich jetzt sehr freut, wie sich das entwickelt und darauf hofft, dass das der Todesstoß für die Rechschreibreform ist. Und dann gibt es eine zweite Gruppe, die sagt, egal was jetzt rauskommt hoffentlich beschleunigt sich jetzt die endgültige Entscheidung was kommt. Denn diese Hängepartie, die uns immer mehr Beliebigkeit in der Schreibung gebracht hat, das ist ungut für die Pädagogik. Und da gibt es natürlich diejenigen, die jetzt wütend sind oder ärgerlich sind oder traurig sind, weil es so kam, weil es offenbar der Markt entscheidet. Also entsprechend sind die Reaktionen von Freude von Jubel bis hin zu Verärgerung und Enttäuschung.

Liminski: Lassen sich denn da irgendwie Mehrheitsverhältnisse ausmachen?

Kraus: Ja nun, da ist jede Einschätzung subjektiv. Es hat ja nie eine seriöse Studie gegeben, was die Akzeptanz betrifft beziehungsweise schon gar nicht, was also die Veränderung der Fehlerhäufigkeit betrifft. Nach meinem subjektivem Empfinden und ich habe viel mit Lehrerkollegien und mit Lehrern auch außerhalb des eigenen Hauses zu tun, ich würde mal sagen, die beiden ersten Gruppen, die sich freuen, dass nun etwas passiert ist oder die zumindest darauf hoffen, dass jetzt die Entscheidung beschleunigt wird, sind wahrscheinlich die größeren. Die Reformeuphoriker, glaube ich, sind eher das kleinere Drittel, wenn man es mal so mathematisch unsauber ausdrücken möchte.

Liminski: Wie steht es denn mit der Finanzfrage Herr Kraus, die Reform hat Geld gekostet, die Rücknahme würde auch Geld kosten, das ist immerhin ein Argument.

Kraus: Wenn es einer Kulturnation um die Sprache geht, dann darf das Geld nicht unbedingt oder erst an zweiter Stelle eine Rolle spielen. Im übrigen halte ich Schätzungen, die in die Welt gesetzt wurden, dass die Rücknahme der Reform 250 Millionen Euro kosten würde, für maßlos übertrieben. Und selbst der größte Schulbuchverleger, den wir in Deutschland haben, der Klett-Verlag, hält diese Zahlen für maßlos übertrieben. Man muss die Kirche im Dorf lassen und einfach mal davon ausgehen, dass Schulbücher in den Kernfächern, ich nenne jetzt mal an erster Stelle Deutschbücher, Lesebücher, Lesefibeln, Sprachbücher ohnehin aufgrund des täglichen Gebrauchs oder fast täglichen Gebrauchs höchstens eine Lebensdauer von fünf sechs Jahren haben. Das heißt, wenn wir eine erneute Übergansfrist von fünf, sechs Jahren bekommen werden und die brauchen wir natürlich auch, dann müssen diese Bücher sowieso im Zuge der Ersatzbeschaffung erneuert werden und dann kostet es nur begrenzt zusätzlich Geld.

Liminski: Sprache entzieht sich politischer Verordnung sagen die Gegner der Reform wie der saarländischer Ministerpräsident Peter Müller oder auch sein niedersächsischer Kollege Christian Wulf, aber wer entscheidet denn letztlich? Es kann ja auch sein, dass die Politik sich nicht entscheiden kann und endlos weiter diskutieren will, das wäre ja auch nicht das erste mal.

Kraus: Ja nun, die Politik ist ja im Grunde genommen gewählt als die Repräsentation des Volkes. Aber die Sprache gehört natürlich weder Politik noch irgendwelchen Sprachkommissionen oder Kultusministerkonferenzen, die Sprache gehört dem Volk. Und wenn man Sprache normieren will und das muss man, wenn man keine Zwei- und Drei-Klassengesellschaft haben will hinsichtlich Sprachanwendung, wenn man also Sprache normieren will, dann gibt es zwei Möglichkeiten. Entweder man normiert sie a priori durch bürokratische Setzungen, das halte ich für undemokratisch oder aber man normiert sie, indem man die Sprachentwicklung, die Evolution der Sprache nachzeichnet wie es ja eigentlich bis 1996, '98 der Fall war. Also Sprache gehört dem Volk und das Volk nimmt natürlich Einfluss auf die Medien und wenn die Medien das dann entscheiden, dann hat es letztendlich auch das Volk entschieden.

Liminski: Der Markt, beziehungsweise das Volk entscheidet, sagen Sie, ist diese Debatte nicht auch ein Symbol für die Entfremdung der Politik und ihrer Bürokratie vom Volk oder für die Reformunfähigkeit der Politik sogar?

Kraus: Da ist natürlich sicherlich etwas dran und wenn ich noch mal daran erinnern darf, dass man 17 Jahren gebraucht hat bis zum heutigen Tag, um dieses Durcheinander zu haben. Dann hat die Politik dem Volk nicht mehr auf das Maul geschaut und die Kommissionen dem Volk nicht mehr auf das Maul geschaut. Man sollte allerdings auch jetzt nicht den Fehler machen, den nun einige SPD-Ministerpräsidenten geäußert haben, die Rücknahme der Reform als populistischen Streich abtun. Nein, populistisch, das ist eine Vokabel die aus dem Lateinischen kommt, heißt populus und populus heißt das Volk. Dieses Volk ist im übrigen nicht reformunfähig, es kommt darauf an, ob man seitens der Politik und seitens der Fachkommissionen die richtigen Reformen inszeniert und ob die zwischenstaatliche Reformkommission die richtige Reform inszeniert hat, das wage ich sehr zu bezweifeln. Also noch mal, das Volk ist reformfähig aber die Kommissionen, die die Reformen vorschlagen, sind nicht immer in der Lage, vernünftige Reformen zu inszenieren.

Liminski: Nochmal ein Wort zum Markt oder zum Volk, es sind doch auch nur einzelne, die den Markt beherrschen, kann man da von Volk sprechen?

Kraus: Das Volk hat als Konsument darüber entschieden, wer die tonangebenden in der deutschen Medienlandschaft sind und wenn man so sehr unterschiedliche und jahrelang sich zum Teil ja auch befehdende Verlage sich anschaut wie hier Springerbereich und dort Spiegel und wenn die plötzlich an einem Strang ziehen, dann muss man schon hellhörig werden und im übrigen, ich rechne mit einem Dominoeffekt. Wir haben ja gesehen, dass sich der Süddeutsche-Verlag anschließt, dass sich der Bauerverlag anschließen will, dass großen Literaturverlage sich mit dem Gedanken tragen, auch die renommiertesten, umzukippen. Ich rechne damit, dass hier noch einiges dazu kommt. Also das ist dann keine Monopolentscheidung, sondern das erfasst schon die ganze Breite des Medienmarkts.

Liminski: Dominoeffekt, wieder zurück auf Los, die Debatte um die Rechtschreibreform, das war Josef Kraus der Präsident des Deutschen Lehrerverbandes. Besten Dank für das Gespräch Herr Kraus.

Kraus: Danke auch.

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Klaus Eicheler
09.08.2004 21.44
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Interview Josef Kraus, DL

... gerade mit dem Abschreiben fertig, wollte ich noch den Namen des Moderators recherchieren – und da finde ich diese Seite:

http://www.dradio.de/dlf/sendungen/interview_dlf/292678/

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Klaus Eicheler

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Norbert Lindenthal
09.08.2004 21.00
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Nein, aber

wir freuen uns, daß Sie es übernehmen!
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Norbert Lindenthal

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Klaus Eicheler
09.08.2004 19.32
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Abschrift Interview Josef Kraus

Schreibt schon jemand?
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Klaus Eicheler

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Dominik Schumacher
09.08.2004 16.25
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Präsident des Deutschen Lehrerverbandes Josef Kraus

Der Vorsitzende des Deutschen Lehrerverbandes, Gymnasium-Direktor Josef Kraus heute morgen, 9.8.2004, 8:20, im DLF (10 Minuten, 1,7 MB)

Wer schreibt 10 Minuten Radiosendung (schnell) ab?

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Dominik Schumacher
09.08.2004 14.33
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Welt

Ausgabe vom Sonntag, den 08.08.2004

Und was passiert in den Schulen?

Die Basis: Was Lehrer von einer Reform der Reform halten

von Volker Corsten

Am Freitag, als der Spiegel Verlag und die Axel Springer AG (in der auch die „Welt am Sonntag“ erscheint) bekannt gaben, dass ihre Publikationen zur alten Rechtschreibung zurückkehren werden, wirkten diejenigen, die den Schülern seit Jahren die neuen Regeln beibringen, etwas ratlos. Die nüchternste Einschätzung kam noch von Josef Kraus, dem Präsident des Deutschen Lehrerverbandes: „Offenbar haben es weder die Politik noch die Sprachkommission in den vergangenen 17 Jahren verstanden, eine in breiten Schichten der Bevölkerung akzeptierte Rechtschreibreform zu konzipieren“, sagte er dieser Zeitung. „Insofern war es zu erwarten, dass die Frage der Rechtschreibreform über kurz oder lang an der Schule vorbei vom Medienmarkt entschieden wird.“ Kraus teilt die Lehrerschaft in drei Gruppen ein: Eine ist gegen die neue Rechtschreibung, eine dafür und eine will einfach nur irgendeine Entscheidung.

Er selber findet, dass die Rechtschreibung durch die Reform „kaum leichter“ geworden sei und sich „eine gewisse Beliebigkeit“ eingeschlichen habe. Marianne Demmer, im Vorstand der Lehrer-Gewerkschaft GEW für Schule zuständig, hält dagegen den Schritt der Verlage „für eine Zumutung“. Sie höre immer wieder, dass Lehrer wie Schüler mit der neuen Rechtschreibung „gut klarkommen“, sagte sie. „Es gibt schlicht eine Reihe von Verbesserungen, die den Kindern einfacher plausibel zu machen sind“, sagt sie. Etwa die Zeichensetzung, die Groß- und Kleinschreibung, die Schreibung mit Doppel-„s“.

Dass immer wieder an der Reform gezweifelt werde, sorge in den Schulen nur für Verunsicherung. „Viele Lehrerinnen sagen mir: Die spinnen alle“, sagt sie. „Keiner hat sich aber bei der alten Schreibung darüber gewundert, dass „soviel“ und „wieviel“ zusammengeschrieben wurde, aber „so viele“ und „wie viele“ auseinander.“ Dagegen würden in der Öffentlichkeit immer wieder dieselben drei Beispiele „zu Tode geritten“, um die Reform zu diskreditieren.

Zudem weist Marianne Demmer auf die Kosten einer Rücknahme der Reform hin. Gerade die Eltern müssten einen hohen Teil der Kosten zahlen, da die kostenlose Bereitstellung von Unterrichtsmaterialien in den meisten Ländern nicht mehr gegeben sei. Die Kosten beziffert Gerd-Dietrich Schmidt, Vorsitzender des Verbandes der Schulbuchverlage, auf insgesamt 260 Millionen Euro. Er wehrt sich auch gegen die Meinung, die Verlage würden an einer Rücknahme der Reform verdienen: „Das kann nicht stimmen, weil für unsere Produkte bei Eltern und Schulen nicht mehr Geld vorhanden ist. Die Branche ist sich komplett einig, dass die Folgen nur negative wären“, sagte er.

Während dagegen am Freitag Thomas Paulwitz von der Zeitung „Deutsche Sprachwelt“ jubelt („Die Vernunft siegt!“), zeigt sich einer, der sich mit der Vermittlung der deutschen Sprache in Theorie und Praxis täglich beschäftigt, entsetzt. Michael Huesmann, Gymnasiallehrer und Fachberater Deutsch in Bremen, sagt: „Eine Rücknahme der Reform wäre eine Katastrophe, denn eine ganze Schülergeneration, die den Übergang zur neuen und nun eventuell wieder zur alten Rechtschreibung erleiden muss, hat keine klare Orientierung.“

Man müsse sich immer klar machen, sagt er, worum es eigentlich gehe: um Verlässlichkeit und Normierung. „Sprache ist immer eine Form von Setzung. Wir verständigen uns in der Gesellschaft über die Bedeutung von Wörtern, weisen ihnen eine bestimmte Rechtschreibung zu. Verhalten wir uns entsprechend dieser Setzung, sind wir eben auf der Seite der Wahrheit“, sagt Huesmann.

Präsident Kraus sieht das etwas nüchterner. Er meint, dass den Ministerpräsidenten „vermutlich kaum etwas anderes übrig bleibt, als die herkömmliche Rechtschreibung wieder für verbindlich zu erklären“. Für die Schüler fordert er eine verlängerte Übergangsfrist beider Schreibweisen bis 2010.

Artikel erschienen am 8. August 2004

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Dominik Schumacher
09.08.2004 10.52
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Tagesspiegel

09.08.2004 09:24
Weiter Streit um Rechtschreibung

Berlin (dpa) – Der Streit um die Rechtschreibreform geht weiter. Der Chef des Deutschen Lehrerverbandes, Josef Kraus, forderte im Deutschlandfunk ein schnelles Ende der Debatte. In den Schulen sehne man sich nichts mehr herbei als wieder Klarheit bei den Regeln der Rechtschreibung. Die Präsidentin der Kultusministerkonferenz, Doris Ahnen, sprach sich inzwischen in der ARD gegen eine Volksabstimmung zum Thema aus. Dafür hatte sich der Chefredakteur der «Bild am Sonntag», Claus Strunz, stark gemacht.

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